Abklaerungs-Algorithmus von Sodbrennen 2012

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PD Dr. med. Radu Tutuian
Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin
Fachbereich Gastroenterologie, Inselspital Bern
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Abklärungs-Algorithmus von Sodbrennen
Impedanz-ph-Metrie zusätzlich zu
Protonenpumpenhemmern
Protonenpumpenhemmern (PPI) gehören heute dank geringer Nebenwirkungen zur bevorzugten Testbehandlung an Patienten mit typischen Refluxbeschwerden. Dauern die Symptome an trotz PPI, sollte eine Impedanz-ph-Metrie zur Abklärung zwischen saurem und nichtsaurem Reflux vorgenommen werden. Und bei Patienten mit langjährigen Beschwerden,
insbesondere solchen über 50 Jahre, sollte eine obere Panendoskopie erwogen werden.
Klassifikationssystem der Refluxösophagitis vor, welches bis
heute angewendet wird. Refluxösophagitis als objektivierbare Ursache des Sodbrennens bürgerte sich langsam ein.
pH-Metrie zur Symptomabklärung
Grad I
Erosion(en)
nicht
konfluierend
Grad II
Längskonfluierende
Erosionen
Grad III
Erosionen
über ganze
Zirkumferenz
Grad IV
Chronische Veränderungen (Ulcus)
mit Narbenbildung
(Fibrose, Stenose),
«Endobrachyösophagus» «Zylinder­
zellnarben»
Savary-Miller Klassifikation der Refluxösophagitis
S
odbrennen, das brennende Gefühl hinter dem Brustbein,
das nach einer üppigen Mahlzeit vom Oberbauch heraufsteigt, kennt fast jede dritte oder vierte Person oder hat
schon davon gehört. Sodbrennen ist das bekannteste Symptom der gastro-ösophagealen Refluxkrankheit (GERD). Die
Einschränkung der Lebensqualität von Personen mit nächtlichem Sodbrennen ist vergleichbar mit derjenigen von Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz.
Beinahe jede 10. Person leidet täglich unter Sodbrennen,
fast doppelt so viele Personen, wie an Blutzucker (Diabetes)
erkranken. Auch wenn die meisten Patienten dieses Symptom mit der Bemerkung «man hat sich halt überessen»
beiseite schieben, ersuchen viele Patienten mit häufigem
Sodbrennen ärztlichen Rat. Eine erhöhte Anzahl Refluxepisoden bzw. eine verzögerte Beseitigung der Säure aus der
Speiseröhre kann Verätzungen der Speiseröhre (Refluxösophagitis) hervorrufen. Wenige Jahre nach der Einführung
der Magenspiegelung (Gastroskopie) in der klinischen Praxis
anfangs des 20. Jahrhunderts galt die Refluxösophagitis als
das Hauptzeichen der gastro-ösophagealen Refluxkrankheit. Savary und Miller stellten in den 1970er Jahren ein
In den 1990er Jahren vermehrten sich die Berichte von Patienten mit Sodbrennen und normaler oberer Panendoskopie, was den Begriff der nicht-erosiven Refluxkrankheit
schuf. Messungen der Säureexposition des distalen Teils
der Speiseröhre (intra-ösophageale pH-Metrie) erhärteten
diese Entität. Dabei fixierte man säuremessende Sensoren
an dünnen (2 – 3 mm dicken) Kathetern und platzierte sie
über die Nase in den distalen Ösophagus für 24 Stunden.
Als physiologisches Kriterium für die gastro-ösophageale
Refluxkrankheit galt, wenn während einer übermässig langen Zeit von mehr als 4,2% des Tages der intra-ösophageale pH-Wert unter 4 lag.
Somit konnte man die Diagnose der nicht-erosiven Refluxkrankheit (d.h. bei abnormaler Säureexposition des
distalen Ösophagus trotz endoskopisch unauffälliger Ösophagusschleimhaut) objektivieren. Die intra-ösophageale
pH-Metrie erlaubt auch eine Beurteilung der Assoziation
von Symptomen mit gastro-ösophagealen Refluxepisoden.
Eine positive Symptomassoziation (d.h. mindestens 50%
der Symptome sind den Refluxepisoden vorangegangen)
ermöglicht des Weiteren die Unterscheidung von Patienten mit einem hypersensitiven Ösophagus (Patienten mit
einer normalen Endoskopie, normalen Säureexposition des
distalen Ösophagus und einer positiven Symptomassoziation) von Patienten mit funktionellem Sodbrennen (normale Endoskopie, normale Säureexposition und negative
Symptomassoziation). Neue technologische Entwicklungen gestatten intra-ösophageale pH-Messungen mittels
Kapsel-pH-Metrie. Dabei wird die pH-Kapsel während
einer Endoskopie im distalen Ösophagus befestigt («ge-
Abklärungs-Algorithmus von Sodbrennen
pierced»), von wo sie über die nächsten 48 – 96 Stunden
pH-Daten an einen externen Empfänger sendet. Diese Methode wird nicht nur von Patienten besser toleriert (keine
transnasalen Sonden) sondern erlaubt auch längere Messungsperioden (bis zu 4 Tagen).
Sodbrennen trotz PPI-Therapie
Die Einführung potenter magensäurehemmender Medi­ka­
mente (Histamin-H2-Rezeptorblocker – H2RA und spä­ter
Protonenpumpenhemmer – PPI) brachten weitere Ände­
run­gen im Abklärungsalgorithmus von Patienten mit Sod­
brennen. Die hohe Effizienz der PPIs, kombiniert mit ihrem
nebenwirkungsarmen Profil, machte diese Klasse von Medikamenten zur bevorzugten Testbehandlung an Patienten
mit typischen Refluxbeschwerden. Der Hausarzt behandelt
Patienten mit Sodbrennen oft mit PPIs und interpretiert
dann eine Besserung der Beschwerden innert 1 – 2 Wochen als positiven diagnostischen Test für das Vorliegen
einer gastro-ösophagealen Refluxkrankheit. Problematisch
erweisen sich jedoch die 30 bis 50% der Patienten mit
Sodbrennen, die trotz PPI-Therapie weiterhin Symptome
aufweisen. Bei diesen Patienten stellt sich die Frage, ob die
Beschwerden unabhängig von Reflux (also durch funktionelles Sodbrennen) oder durch persistierenden (nicht-)
sauren Volumenreflux bedingt sind.
Aussagekräftige Impedanz-Metrie
Patienten unter PPI-Therapie bilden wenig bis gar keine
Magensäure, sodass die konventionelle pH-Metrie wenig
aussagekräftig ist. Eine neue Entwicklung zur Messung der
Flüssigkeit, die aus dem Magen in die Speiseröhre zurückläuft, basiert auf elektrischen Widerstandsmessungen in
der Speiseröhre (Impedanz-Metrie). Kombiniert mit pHElektroden kann die kombinierte Impedanz-pH-Metrie
gastro-ösophageale Refluxepisoden unabhängig von deren Säuregehalt identifizieren und hat sich deshalb in den
letzten Jahren zur Methode der Wahl für die Abklärung von
Patienten mit persistierenden Refluxbeschwerden unter
PPI etabliert. Die kombinierte Impedanz-pH-Metrie erlaubt
zwischen drei Arten von Patienten zu unterscheiden, nämlich: Patienten, deren Symptome mit saurem Reflux (d.h..
ungenügende Magensäurehemmung), Patienten, deren
Symptome mit nicht-saurem Reflux (d.h. ausreichende
Säurehemmung, aber schlechter Verschlussmechanismus)
und Patienten, deren Symptome unabhängig von Reflux
(d.h. funktionelle Symptome) sind. Diese Unterscheidung
zwischen Patienten, die von einer Antireflux-Operation
profitieren könnten (Patienten mit. persistierendem saurem oder nicht-saurem Reflux) und Patienten, bei denen
eine Antireflux-Operation keine Besserungsaussichten mit-
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Endoskopie
Normale Endoskopie
Refluxösophagitis
pH-metrie
Abnormale 24-h
pH-Metrie
Normale 24-h
pH-Metrie
Sx Assoz.
Positive
Symptomassoziation
Negative
Symptomassoziation
Hypersensitiver
Oesophagus
Funktionelle
Symptome
Diagnose
Erosive Oesophagitis
Nicht-erosive
Refluxkrankheit
(NERD)
Spektrum der Refluxkrankheit
Refluxsymptome
Behandlung PPI
Erfolg (Bestätigt Dx)
Persistierte Beschwerden
Assoziation Symptome – Reflux?
Symptome
assozierz mit
saurem Reflux
Symptome
assozierz mit nichtsaurem Reflux
Symptome
unabhängig
von Reflux
Abklärungsalgorithmus von Refluxbeschwerden in der Praxis
bringen würden (Patienten, deren Symptome unabhängig
von Refluxepisoden auftreten) ist kritisch.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass bei Patienten mit
häufigen, langjährigen Beschwerden eine obere Panendoskopie erwogen werden sollte, selbst wenn eine empirische Therapie mit PPI von Patienten und Hausärzten als erster diagnostischer Schritt in der Abklärung von Sodbrennen bevorzugt
wird. Dies insbesondere bei Patienten, die älter als 50 Jahre
sind und/oder Alarmsymptome (Dysphagie, Anämie, positiver Hämoccult, rasch-progrediente Beschwerden) haben. Der
nächste Schritt bei Patienten mit normaler Endoskopie und
persistierenden Beschwerden trotz säurehemmender Therapie
wäre eine 24 Stunden Impedanz-pH-Metrie, um abzuklären,
ob diese Symptome mit Refluxepiso­den assoziiert sind oder
nicht, beziehungsweise ob eine Kapsel-pH-Metrie nach Absetzen der PPI-Therapie indiziert ist, um eine Refluxkrankheit
als Ursache der Beschwerden auszuschliessen.
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