Nierensteine und Harnleitersteine

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Nierensteine und Harnleitersteine
Einleitung
Nierensteine sind kleine, feste Ablagerungen, die sich im Nierenbecken bilden. Wenn sie in die Harnleiter wandern, spricht man von Harnleiter- oder
Harnsteinen.
Viele Steine sind so klein, dass sie auch ohne Behandlung innerhalb von einigen Tagen oder Wochen zur Blase wandern und dann mit dem Urin
ausgeschieden werden. Bei kleinen Steinen reicht es daher oft, eine Zeit lang bei Beschwerden Schmerzmittel zu nehmen, viel Wasser zu trinken und
abzuwarten. Bei Steinen mittlerer Größe können bestimmte Medikamente, die die Muskulatur entspannen, das Ausscheiden unterstützen.
Größere Steine können im Ausgang des Nierenbeckens stecken bleiben oder langsam durch den Harnleiter wandern und dabei starke Schmerzen
und andere Beschwerden verursachen. Diese Steine müssen in der Regel durch Schallwellen zertrümmert oder operativ entfernt werden. Welche
Behandlung sich eignet, hängt von Größe, Art und Lage der Steine in der Niere oder den Harnwegen ab.
Viele Menschen haben mehrfach mit Nieren- oder Harnsteinen zu tun. Um dem vorzubeugen, ist es wichtig, nach der Ursache für die Steinbildung zu
suchen.
Symptome
Viele Menschen haben Nierensteine, die keine Beschwerden auslösen und oft nur zufällig entdeckt werden. Manchmal bemerken Betroffene ein
leichtes Ziehen in der Nierengegend, ohne dies mit einem Stein in Verbindung zu bringen.
Erst wenn ein Stein das Nierenbecken blockiert oder durch den Harnleiter wandert, macht er sich bemerkbar: Das Hauptsymptom sind Schmerzen,
die von leichtem Unwohlsein bis hin zu starken krampfartigen Schmerzen reichen. Je nachdem, in welchem Abschnitt des Harnleiters sich der Stein
gerade befindet, können die Schmerzen im Unterleib, Bauch oder Rücken auftreten.
Die Schmerzen sind besonders stark, wenn ein Nierenstein eine Engstelle im Harnleiter passiert, zum Beispiel wenn er vom Nierenbecken in den
Harnleiter wandert oder wenn er in die Harnblase eintritt. Typisch sind starke, plötzlich und anfallsartig auftretende Schmerzen in der Seite, die in
den Unterbauch ausstrahlen können. Sie werden auch als Nierenkolik bezeichnet. Die Schmerzen werden in Wellen stärker und schwächer,
manchmal kommen auch Übelkeit und Erbrechen hinzu. Typisch ist, dass Menschen sich winden, um eine Körperposition zu finden, in der die
Schmerzen nachlassen. Eine Nierenkolik kann zwischen 20 und 60 Minuten andauern.
Schmerzen
bei
Nierensteinen:
Stellen,
an
denen
sie
typischerweise auftreten
Weitere mögliche Symptome eines Steins im Harnleiter sind Blut im Urin, Schmerzen beim Wasserlassen und ein häufiger oder verstärkter
Harndrang. Manchmal können die Schmerzen auch in die Geschlechtsorgane ausstrahlen.
Kleine Harnsteine verursachen nicht unbedingt Beschwerden. Sie fallen manchmal erst auf, wenn sie mit dem Urin ausgeschieden werden. Manche
Steine werden auch nur durch Zufall entdeckt, wenn ein Röntgenbild oder eine Ultraschalluntersuchung vom Bauchraum gemacht wird.
Ursachen
Nierensteine entstehen aus im Urin gelösten Salzen: Ab einer bestimmten Menge ist der Urin übersättigt, die Salze bilden dann zuerst kleine
Kristalle, aus denen mit der Zeit Steine entstehen.
Die häufigsten Nierenstein-Typen sind:
Kalziumsteine: Etwa 80 % der Steine bestehen aus Kalziumsalzen, genauer aus Kalziumoxalat oder Kalziumphosphat.
Harnsäuresteine (Uratsteine): Harnsäure ist für ungefähr 5 bis 10 % der Steine verantwortlich.
Struvitsteine: Etwa 10 % der Steine bestehen aus dem Mineral Struvit, das vor allem Magnesium und Phosphat enthält.
Kalziumsteine sind meist eine Folge von zu viel Kalzium im Urin. Dazu kann es kommen, wenn der Körper zu viel Kalzium aus der Nahrung
aufnimmt, oder ein Kalziumüberschuss im Blut über die Nieren ausgeschieden wird. Ein hoher Kalziumspiegel im Blut kann Folge einer
Überfunktion der Nebenschilddrüsen sein.
Auch eine hohe Konzentration von Oxalsäure im Urin (Hyperoxalurie) kann Kalziumsteine entstehen lassen. Oxalsäure kommt in vielen pflanzlichen
Lebensmitteln vor. Eine Hyperoxalurie kann durch bestimmte Erkrankungen ausgelöst werden oder ernährungsbedingt sein. Oft findet sich aber
keine genaue Ursache.
Harnsäuresteine werden durch bestimmte Erkrankungen begünstigt, die den Harnsäurespiegel im Urin beeinflussen. Dazu gehören vor allem:
Gicht: Bei der Stoffwechselerkrankung Gicht ist der Harnsäurespiegel im Blut erhöht. Ein Teil der Harnsäure wird über den Urin ausgeschieden.
Diabetes: Die genauen Ursachen sind nicht bekannt, aber vermutlich haben Menschen mit Diabetes mehr Harnsäure im Urin.
chronischer Durchfall: Er führt zu Flüssigkeitsverlust und unter anderem deshalb dazu, dass der Urin saurer wird.
Der Säuregehalt des Urins wird durch den pH-Wert bestimmt. Je niedriger der pH-Wert, desto saurer ist der Urin. Ein niedriger pH-Wert begünstigt
die Bildung der meisten Steinarten.
Im Gegensatz dazu entstehen Struvitsteine, wenn der Urin einen zu hohen pH-Wert hat, also weniger sauer ist. Grund ist meist eine Infektion der
Harnwege, zum Beispiel eine Blasen- oder Nierenbeckenentzündung.
Selten sind andere Substanzen für die Bildung von Nierensteinen verantwortlich. Zum Beispiel kann ein genetisch bedingter Überschuss der
Aminosäure Zystin zur Bildung von Zystinsteinen führen. Manche Steine enthalten eine Mischung verschiedener Kristalle.
Risikofaktoren
Da Nierensteine ganz unterschiedliche Ursachen haben können, gibt es auch viele Risikofaktoren:
Flüssigkeitsmangel: Nierensteine entstehen leichter, wenn der Urin wenig Wasser enthält, weil er dann nicht so viele Mineralsalze lösen kann. Wer
sehr wenig trinkt oder sehr viel schwitzt, kann daher eher Nierensteine bekommen.
anatomische Besonderheiten der Niere: Auch Nierenzysten oder eine Hufeisenniere begünstigen Nierensteine. Von einer Hufeisenniere spricht
man, wenn die beiden Nieren an den unteren Enden zusammengewachsen sind.
familiäre Veranlagung: Manche Menschen haben eine familiäre Veranlagung für die Bildung von Nierensteinen. Hierbei spielen vermutlich
bestimmte Gene eine Rolle. Der Zusammenhang könnte aber auch durch einen ähnlichen Lebensstil und ähnliche Lebensverhältnisse von
Familien bedingt sein.
Citrat-Mangel: Bestimmte Substanzen im Urin hemmen die Bildung von Kristallen, vor allem Citrat (das Salz der Zitronensäure). Bei Citrat-Mangel
bilden sich daher leichter Nierensteine. Ein Citrat-Mangel kann zum Beispiel durch chronischen Durchfall oder zu wenig Kalium ausgelöst sein.
Oft lässt sich aber keine genaue Ursache finden.
Ernährung: Eine salzreiche Ernährung scheint die Entstehung von Kalziumsteinen zu begünstigen: Kochsalz bewirkt, dass mehr Kalzium und
weniger Citrat in den Urin ausgeschieden wird. Auch andere Aspekte der Ernährung spielen eine Rolle. Bei vielen Menschen mit Kalziumsteinen
lässt sich aber keine einzelne Ursache finden.
Bestimmte Medikamente können Nierensteine begünstigen. Das HIV-Medikament Indinavir kann beispielsweise im Urin Kristalle bilden und
dadurch Steine verursachen. Andere Medikamente verändern die Zusammensetzung des Urins und begünstigen dadurch die Bildung von
Nierensteinen. Hierzu gehört zum Beispiel das Epilepsie- und Migränemedikament Topiramat. Insgesamt sind Medikamente aber eher selten
Ursache von Nierensteinen.
Häufigkeit
Nierensteine sind weit verbreitet: In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 1 bis 2 % der Bevölkerung. In den USA schätzt man, dass bei 7 % aller
Frauen und 13 % aller Männer irgendwann im Leben Nierensteine diagnostiziert werden. Sie können in jedem Alter auftreten, auch bei Kindern. Am
häufigsten bilden sie sich bei Menschen im Alter von 20 bis 40 Jahren.
Verlauf
Beschwerden verursachen Nierensteine in der Regel erst, wenn sie in den Harnleiter gelangen. Die Symptome hängen stark von ihrer Größe ab: Etwa
70 % der Steine mit einem Durchmesser von weniger als 5 Millimeter wandern von selbst in die Blase und werden dann mit dem Urin
ausgeschieden. Gleiches gilt für etwa 50 % der Steine zwischen 5 und 10 Millimeter. Steine mit mehr als 10 Millimeter Durchmesser müssen meist
behandelt werden.
Wie lange es dauert, bis ein Stein abgeht, ist sehr unterschiedlich. Kleine Steine werden oft nach ein bis zwei Wochen mit dem Urin ausgeschieden.
Wenn ein Stein nicht innerhalb von vier Wochen von selbst ausgespült wird, behandelt man ihn normalerweise.
Bei etwa 30 bis 50 % der Menschen, die wegen eines Nieren- oder Harnleitersteins behandelt wurden, bilden sich innerhalb von fünf Jahren ein
zweites Mal Steine, bei manchen auch öfter. Daher spielt die Vorbeugung eine wichtige Rolle.
Folgen
Unbehandelt können Nierensteine die Harnleiter verengen oder verstopfen, Infektionen begünstigen und vorübergehend die Nieren belasten. Dies
ist aber selten, da die meisten Steine behandelt werden, bevor es zu Komplikationen kommen kann. Anzeichen für eine Infektion der oberen
Harnwege sind Fieber, Schüttelfrost, Schmerzen an den Seiten und im unteren Rückenbereich sowie Übelkeit oder Erbrechen.
Diagnose
Die typischen Anzeichen von Harnsteinen können Hinweise für die Diagnose geben. Sie reichen aber nicht immer aus, um die Ursache der
Beschwerden sicher festzustellen. Mit einer Ultraschalluntersuchung lassen sich die meisten Nieren- und Harnsteine aufspüren. Bei unklaren
Ergebnissen wird manchmal auch eine Computertomografie (CT) gemacht.
Ein einfaches Röntgenbild der Nieren, Harnleiter und Blase ist weniger genau, da manche Steine auf Röntgenbildern nicht sichtbar sind: Während
man Kalziumsteine gut erkennen kann, sind Struvitsteine weniger gut und Harnsäuresteine gar nicht zu sehen. Röntgenaufnahmen können aber
hilfreich sein, um zu überprüfen, ob die Behandlung von Kalziumsteinen erfolgreich war.
Wichtig ist auch, das Blut und den Urin zu untersuchen. Diese Tests können Hinweise auf die zugrunde liegende Ursache geben, zum Beispiel ob
eine Infektion vorliegt oder ob die Kalzium- oder Harnsäurewerte erhöht sind.
Vorbeugung
Wenn man die Steine behandelt, ohne etwas gegen ihre Ursache zu unternehmen, treten sie bei vielen Menschen erneut auf. Welche Art der
Vorbeugung genau sinnvoll ist, hängt von der Zusammensetzung des Nierensteins ab. Daher ist es wichtig, beim Wasserlassen auf Harnsteine zu
achten und diese aufzufangen, indem man beispielsweise durch ein Sieb oder einen Filter uriniert. Werden die Steine operativ entfernt, folgt
anschließend die Analyse im Labor.
Generell empfehlen Fachleute, so viel zu trinken, dass man mindestens zwei Liter Urin am Tag ausscheidet. Je nach Ursache wird außerdem eine
oxalat-, salz-, fleisch- oder eiweißarme Ernährung empfohlen. Unter Umständen können auch Medikamente sinnvoll sein, die den pH-Wert des
Urins beeinflussen oder den Kalzium- oder Harnsäurespiegel im Urin senken. Welche vorbeugenden Maßnahmen sinnvoll sind, hängt auch vom
persönlichen Risiko für weitere Nierensteine ab.
Behandlung
Bei kleineren Nierensteinen, die keine Schmerzen oder Komplikationen auslösen, reicht es aus, abzuwarten, bis sie von allein mit dem Urin
ausgeschieden werden. Anhand der Größe und Lage des Steins lässt sich einschätzen, ob er von selbst abgeht. Schmerzen lassen sich
mit Schmerzmitteln wie Diclofenac, Ibuprofen oder Metamizol lindern. Bei sehr starken Schmerzen werden sie gegebenenfalls mit stärkeren Mitteln
(Opioiden) kombiniert.
Bei Harnleitersteinen, die zwischen 5 und 10 Millimeter groß sind, können bestimmte Medikamente, die die Muskulatur entspannen (Alphablocker),
das Ausscheiden unterstützen. Größere Steine müssen in der Regel entfernt werden. Je nach Lage und Größe werden sie mit Ultraschallwellen
zertrümmert, endoskopisch entfernt oder operiert.
Quellen
Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU). Urolithiasis: Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe. 03.2015 (AWMF-Leitlinien; Band 043 - 025).
Hollingsworth JM, Canales BK, Rogers MA, Sukumar S, Yan P, Kuntz GM et al. Alpha blockers for treatment of ureteric stones: systematic review and
meta-analysis. BMJ 2016; 355: i6112.
Miller NL, Lingeman JE. Management of kidney stones. BMJ 2007; 334(7591): 468-472.
Moe OW. Kidney stones: pathophysiology and medical management. Lancet 2006; 367(9507): 333-344.
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