Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis
1 Empirische Grundlagen der Quantenmechanik
3
1.1 Historische Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.2 Quantenrauschen der Lichtintensitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
1.3 Energie und Impuls von Lichtquanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
1.4 Wellencharakter von Elektronen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.5 Zusammenfassung; Forderungen an eine Quantentheorie . . . . . . . . . . . . . . . 13
2 Quantentheorie der Polarisationszustande eines Photons
14
2.1 Der Zustandsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.2 Skalarprodukt und dualer Zustandsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.3 Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.4 Matrixdarstellung von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3 Quantentheorie des Elektronenspins
30
3.1 Experimentelle Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.2 Der Zustandsraum des Elektronenspins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.3 Die Darstellung der Drehgruppe im Spinraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.4 Zeitentwicklung des Spinzustandes im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.5 Paramagnetische Resonanz; Pseudospins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
4 Grundlagen der Wellenmechanik
43
4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.2 Operatoren fur Impuls und Ort; Orts-Impuls Unscharfe . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.3 Hamiltonoperator und Schrodingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
4.4 Erwartungswerte; Schrodinger- und Heisenbergbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
5 Eindimensionale Modelle
54
5.1 Die Potentialmulde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
5.2 Streuung an einer Potentialstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
0
5.3 Ein Modell der chemischen Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
5.4 Zustande in einem periodischen Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
6 Quantentheorie des harmonischen Oszillators
66
6.1 Energieeigenzustande des Oszillators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
6.2 Die Eigenfunktionen in der Ortsdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
6.3 Der harmonische Oszillator in einem aueren Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
6.4 Koharente Zustande des Oszillators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
7 Quantentheorie des Drehimpulses
75
7.1 Der Drehimpuls als Erzeuger von Drehungen im Ortsraum . . . . . . . . . . . . . . 75
7.2 Das Eigenwertproblem fur J 2 und Jz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
7.3 Das Eigenwertproblem fur L2 und Lz in der Ortsdarstellung . . . . . . . . . . . . . 80
7.4 Teilchen mit Spin; Drehimpulskopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
8 Gebundene Zustande in Zentralkraftfeldern
91
8.1 Das Wasserstoatom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
8.2 Das Kratzersche Modell eines zweiatomigen Molekuls . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
8.3 Stuckweise konstante Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
9 Quantentheorie der Streuprozesse
100
9.1 Die Eigenfunktionen fur E > 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
9.2 Streuung an einer harten Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
9.3 Die Bornsche Naherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
10 Naherungsmethoden fur gebundene Zustande
111
10.1 Nichtentartete Storungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
10.2 Storungstheorie fur entartete oder fast entartete Niveaus . . . . . . . . . . . . . . . 113
10.3 Beispiel: Der Stark-Eekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
10.4 Die Ritzsche Variationsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
1
11 Zeitabhangige Storungstheorie
122
11.1 U bergangswahrscheinlichkeiten; das Wechselwirkungsbild . . . . . . . . . . . . . . 122
11.2 Monochromatische Storung; die goldene Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
11.3 Anwendung: Ein Atom in einem klassischen Strahlungsfeld . . . . . . . . . . . . . 126
11.4 Die semiklassische Theorie des photoelektrischen Eekts . . . . . . . . . . . . . . . 130
12 Mehrteilchensysteme
133
12.1 Der Zustandsraum fur ein Mehrteilchensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
12.2 Vertauschungssymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
12.3 Die Austauschwechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
12.4 Die Heitler-London-Naherung fur das Wasserstomolekul . . . . . . . . . . . . . . 140
13 Quantentheorie des elektromagnetischen Strahlungsfeldes
143
13.1 Die freien Maxwellgleichungen und die Feldoszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . 143
13.2 Quantisierung der Feldoszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
13.3 Das Strahlungsfeld in Wechselwirkung mit Atomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
14 Literaturliste
156
2
THEORETISCHE PHYSIK III
QUANTENMECHANIK
Vorlesung an der Johannes-Kepler-Universitat Linz
Wintersemester 1998/99
Urbaan M. Titulaer
3
Diese Auage wurde auf der Basis einer von Herrn Markus Draxler erstellten LateX-Version
(mit Korrekturen) des Skriptums 1984/85 erstellt.
Herr DI Stephan Natschlager und Herr DI Mag.Dr. Christian Kloimbock uberarbeiteten das
Manuskript und brachten weitere Korrekturen an. Bis auf Abschnitt 12-4 und den angebrachten
Korrekturen ist der Inhlat mit der fruheren Version weitgehend identisch.
Linz, 20.9.1998
Urbaan M. Titulaer
4
1 Empirische Grundlagen der Quantenmechanik
1.1 Historische Vorbemerkungen
Die Zeit um die letzte Jahrhundertwende war eine Krisenzeit der (theoretischen) Physik. Die
klassischen Gebiete der theoretischen Physik (Mechanik, Elektrodynamik, Thermodynamik) hatten ihre fast endgultige Form gefunden. Versuche, diese erfolgreichen Theorien auch im atomaren
Bereich anzuwenden, fuhrten aber zu fundamentalen Schwierigkeiten. Die wichtigsten waren:
Die Stabilitat von Atomen und Festkorpern: Es gab viele Indizien, da Atome aus Kernen und Elektronen aufgebaut sind (Rutherfordsche Streuversuche, Lorentzsche Theorie des
Zeeman-Eektes), wobei die Elektronen eine Art Planetenbahn um den positiv geladenen
Kern beschreiben. Nach der klassischen Elektrodynamik wurde ein solches Gebilde instabil
sein und unter Emission von Licht immer hoherer Frequenz immer enger zusammenschrumpfen. Dies wird nicht so beobachtet. Im allgemeinen emittieren Atome kein Licht, und wenn,
dann ganz bestimmte charakteristische Frequenzen, und nicht das vorhergesagte Kontinuum
mit dauernd ansteigender Frequenz. Auch kann aus diesem Modell die Groe der Atome
nicht vorhergesagt werden: Planetenbahnen gibt es im Prinzip mit beliebigen Abstanden
zur Sonne, wahrend alle Wasserstoatome (im Grundzustand) gleich gro zu sein scheinen.
Die Theorie der spezischen Warme: Nach der klassischen kinetischen Gastheorie, die auf
Boltzmann und Maxwell zuruckgeht, mute im thermischen Gleichgewicht jeder Freiheitsgrad im Mittel eine Menge Energie gleich 21 kB T, mit kB die Boltzmannsche Konstante und
T die absolute Temperatur, "besitzen". Spezische Warmen waren danach temperaturunabhangig und ganz einfach zu berechnen. Eine solche Rechnung liefert in der Tat fur
Edelgase bei nicht zu niedrigen Temperaturen das richtige Ergebnis, falls man die inneren
Freiheitsgrade der Atome vernachlassigt. Fur aus mehratomigen Molekulen bestehende Gase liefert diese Art von Rechnung immer einen zu hohen Wert: das Experiment deutet an,
da gewisse Freiheitsgrade "eingefroren" sein mussen. Auch die experimentell gefundenen
Temperaturabhangigkeiten, vor allem bei Festkorpern, konnen aus der klassischen Theorie
3
uberhaupt nicht verstanden werden. Ein Extremfall ist das Strahlungsfeld. Dieses hat unendlich viele Moden, mute damit auch unendlich viel Energie schlucken konnen, und konnte
nie mit einem materiellen System ins Gleichgewicht geraten. Experimentell ndet man sehr
wohl eine endliche Energiedichte und eine ganz bestimmte Verteilung der Energie uber die
Frequenzen, die beruhmte Plancksche Verteilung der Hohlraumstrahlung.
Der Schlussel zur Losung dieser Ratsel wurde uber die Betrachtung einer dritten Klasse unerwarteter Phanomene, die man unter dem Sammelbegri Welle-Teilchen-Dualismus einordnen
kann, gefunden. Wir werden deshalb letztere Phanomene zuerst etwas genauer betrachten und
danach zeigen, wie sie Ansatze liefern fur eine Theorie, die im Stande war, die oben angedeuteten
Ratsel zu losen, oder zumindest eine konsistente Beschreibung fur sie zu liefern. Wir werden dabei
zuerst einige Eigenschaften des Lichtfeldes etwas naher studieren; wir werden sehen, da das Licht
neben seinem unbestrittenen Wellencharakter auch einige typische Merkmale eines aus diskreten
Teilchen bestehenden Systems zeigt.
1.2 Quantenrauschen der Lichtintensitat
Jedes Meinstrument registriert bei genugend schwacher Beleuchtung das Licht in diskreten Mengen. Beispiele sind die Korner auf einer photographischen Platte, die Zahlpulse eines Photomultipliers oder die Strompulse im Ausgangsnerv einer biologischen Rezeptorzelle. Die Verteilung
in Raum und Zeit dieser elementaren Meereignisse wird bei Wiederholung des Experiments nie
genau gleich wiedergefunden; sie ist statistisch schwankend. Die Mittelwerte konnen aber aus der
klassischen Lichtintensitat berechnet werden, und zwar gilt: die mittlere Dichte der elementaren
Ereignisse ist proportional zur klassischen Lichtintensitat Ikl (~r).
Fur eine photographische Platte (bei genugend schwacher Beleuchtung) gilt:
mittlere Dichte der geschwarzten Korner s Ikl (~r)
Fur einen Photorezeptor oder Photomultiplier (im Zeitablauf):
mittlere Pulsdichte s Ikl (t)
4
Auch dies gilt wieder nur fur genugend schwache Beleuchtung, wobei die Pulse einander nicht
uberlappen oder auf sonstige Weise beeinussen (Totzeitkorrekturen usw.). Detektoren absorbieren oensichtlich aus dem Lichtfeld diskrete Energiemengen, auch Quanten genannt. Die Zahl der
registrierten Quanten ist nach dem Korrespondenzprinzip im Mittel der klassischen Lichtintensitat proportional:
hN (~r; t)i s Ikl (~r; t)
Der Mittelwert soll dabei interpretiert werden als Mittelung uber vielen Wiederholungen desselben
Experiments (mit jeweils neu gestarteten Uhren, gegebenenfalls auch neue Nullpunkte fur ~r).
Intensitat und Feldstarke
Aus der klassischen Elektrodynamik wissen wir, da die Intensitat dem Quadrat der elektrischen Feldstarke proportional ist. Auch die Leistungsaufnahme vieler Detektoren spricht auf
diese Groe an. Z.B.: ein idealer Ohmscher Widerstand kann als gutes Modell eines Absorbers
(Bolometers) dienen. Dessen Leistungsaufnahme ist
L = J~ E~ = E~ 2
()
Dies ist naturlich eine Idealisierung; ein Bolometer ist ein relativ trages Gerat und kann sehr
rasche Schwankungen des Feldes nicht mitmachen. Um dessen Rechnung zu tragen, betrachten
wir die Fourier-Transformierte von E~ (t), einfachheitshalber an einem festen Ort und mit fester
Richtung (Polarisation)
1
E~ (t) = 2
Z
+1
E^ (!) e i!t d!
1
und schreiben
E~ (t) = E~ + (t) + E~ (t)
E~ + (t) =
1
2
Z+1
E^ (!) e i!td!
0
Z0
1
E~ (t) = 2 E^ (!) e
1
5
i!t d!
E~ + (t) heit "positiver Frequenzteil" von E~ (t); es gilt
E~ + = E~
Zum Beweis:
Z+1
E^ ( !) =
und deshalb
E~
1
= 2
Z0
1
Umbenennung von ! in ! liefert
1
: : : = 2
1
h i
E~ (t) e i!tdt = E^ (!)
1
E^ (!) e+i!t d! = 2
Z0
1
E^ ( !) e+i!t d!
Z+1
0
E^ (!) e i!t d! = E~ +
q.e.d.
Wir setzen jetzt in () die Zerlegung von E~ (t) ein:
L = E~ 2 = E~ + + E~
2
2 2 2
= E~ + + E~ + 2 E~ + ()
Jetzt werden fur schmalbandiges Licht, d.h. wenn E^ (!) nur betrachtliche Werte annimmt fur
!0 ! < ! < !0 + !, die ersten zwei Terme nur Frequenzen vom Betrag s 2!0 enthalten,
wogegen der letzte Term Frequenzen bis zu 2! enthalt. Ein trager Detektor wird nur auf letztere
reagieren, und es macht Sinn, eine eektive klassische Intensitat zu denieren durch
2
Ikl s E~ + Die klassische Intensitat gibt die mittlere Zahl detektierter Lichtquanten, aber auch fur jedes
einzelne Quant die Wahrscheinlichkeit, da es, falls es zur Zeit t uberhaupt detektiert wird, in
einem Volumen d3~r um ~r angetroen wird:
+ 2 3
E~ (~r) d ~r
W (~r) d3~r = R 2
E~ + (~r) d3~r
Ausdrucken dieser Form werden wir in dieser Vorlesung noch haug begegnen. Die Quantenmechanik gibt Aussagen uber Wahrscheinlichkeiten fur gewisse Ereignisse; diese Wahrscheinlichkeiten
werden ausgedruckt durch das Quadrat einer typischen, im allgemeinen komplexen Amplitude (die
6
Komplexitat ist hier vielleicht etwas kunstlich hineingebracht, der obige Ausdruck lat sich aus
einer vollstandigen quantenmechanischen Theorie des Strahlungsfeldes aber auch strenger motivieren). Weiter ist noch wichtig, da fur die Amplituden das Superpositionsprinzip gilt: Mit E~ 1+ (~r)
und E~ 2+ (~r) ist auch jede Linearkombination
E~ + (~r) = 1 E~ 1+ (~r) + 2 E~ 2+ (~r)
eine mogliche Losung der Maxwellschen Gleichungen. Eine solche Losung lat sich in der Praxis
oft in einem Interferenzexperiment realisieren. Die Intensitat ist nicht einfach die Summe sondern
n
o
2
2
2
Ikl s E~ + (~r) = j1 j2 E~ 1+ (~r) + j2 j2 E~ 2+ (~r) + 2Re 1 2E~ 1 (~r) E~ 2+ (~r)
Nach dem inzwischen vertrauteren Muster entsprechen den Interferenztermen fur die klassische
Intensitat im Quantenbild Interferenzen in der Detektionswahrscheinlichkeit fur einen Detektor
im kombinierten Strahl. Nebenbei sei bemerkt, da, insbesondere fur die Untersuchung schwacher
Lichtsignale, die Messung von Koinzidenzen von Quantenzahlern, und von weiteren statistischen
Eigenschaften ihrer Signale, oft die klassischen Techniken der Interferometrie ersetzen kann.
1.3 Energie und Impuls von Lichtquanten
Wir wollen jetzt versuchen, einige Eigenschaften der Lichtquanten zu bestimmen. Dazu betrachten
wir, wie Einstein in seiner beruhmten Arbeit von 1905 den Photoeekt, der die Grundlage vieler
Quantenzahler bildet:
Licht einer gut bestimmten Frequenz trit auf einer Metalloberache ein und setzt dabei
Elektronen frei. Fur die kinetische Energie solcher Elektronen ndet man die Beziehung
Ekin = ~! A
wobei A eine materialspezische Konstante (die Austrittsarbeit) und ~ eine Naturkonstante ist
(Dirac-Konstante = h=2, h : : :Planck-Konstante) ~ = 1; 0545 10
quenz des Lichtes, im weiteren schlicht "Frequenz" genannt.
Es liegt also nahe, dem Lichtquant eine Energie
E = ~!
7
27erg
sec: ! ist die Kreisfre-
zuzuordnen. Diese Beziehung ist auch fur andere Detektoren, wenn auch nicht immer so direkt,
bestatigt worden. Weiter ist sie wesentlich fur die Plancksche Berechung des Spektrums der
Hohlraumstrahlung, der wir spater in der Vorlesung begegnen werden. Bekanntlich lieferte die
Plancksche Rechnung die ersten Indizien fur die Quantelung der Energie des Lichtfeldes.
Impuls eines Lichtquants
Eine klassische elektromagnetische Welle tragt neben Energie auch Impuls (dieser fuhrt zum
Lichtdruck!). Die bei der Absorption ubertragenen Mengen von Energie und Impuls stehen fur
eine ebene Welle in einem festen Verhaltnis, das wir jetzt fur einen idealen Ohmschen Absorber
auswerten:
Energieubertrag (Leistungsdichte):
L = J~ E~ = E~ 2
o
n
E~ = Re E~ 0 ei~k~r i!t = E~ 0 cos ~k~r !t
Also im Zeitmittel (cos2 = 12 )
L = 12 E~ 02
Der Impulsubertrag erfolgt uber die Lorentzkraft (der elektrische Beitrag ist linear in E~ und
uberlebt die Zeitmittelung nicht). Die Kraftdichte ist:
F~ = 1c J~ B~
8
~ E~ = 1c @@tB~ ! B~ = !c ~k E~ folgt:
Aus der Maxwellgleichung r
F~ = E~ 0 !1 ~k E~ 0 cos2 ~k~r !t
Weil ~k ? E~ 0, und wieder cos2 = 21 , ndet man im Zeitmittel
~
~
F~ = 21 E~ 02 !k oder F~ = !k L
Durch Integration uber gewisse Raum- und Zeitbereiche ndet man aus der Leistungsdichte den
Energieubertrag und aus der Kraftdichte den Impulsubertrag. Aus dem Verhaltnis F~ =L schliet
man also fur den Impuls eines Lichtquants
~p = ~~k
Mit der Beziehung ! = c ~k fur das Licht erhalt man die Beziehung E = c j~pj zwischen Energie
und Impuls des Lichtquants. Der Vergleich mit der Einsteinschen Beziehung
q
E = m20 c4 + c2p2 (m0 : : :Ruhemasse)
zeigt, da sich das Lichtquant wie ein Teilchen mit Ruhemasse m0 = 0, auch Photon genannt
verhalt.
Eine Bestatigung dieser Gedanken liefert der Compton-Eekt, d.h. die Streuung von Licht
an (freien) Elektronen. Die Interpretation als Elektron-Photon Streuung liefert folgende Bilanzgleichungen, einfachheitshalber fur ~p = 0 (Elektron anfangs in Ruhe):
q
~! + mc2 = ~!0 + c (mc)2 + p02
~~k
= ~~k0 + p~0
9
Letztere Beziehung liefert
p02 = ~2 k2 + k02 2kk0 cos wobei der Streuwinkel ist, um den das Licht gestreut wird. Einsetzen in die erste Beziehung
ergibt
~2 (! !0 )2 + m2 c4 + 2mc2 ~ (! !0 ) = m2 c4 + ~2 !2 + !02 2!!0 cos 2mc2 ~ (! !0 ) = ~2 !!0 2 (1 cos )
oder
c
!0
c ~
! = mc (1 cos )
mit !c = k1 = 2 :
h (1 cos )
0 = mc
Diese Beziehung wurde in der Tat experimentell von Compton beobachtet; sie war vorher von
h C heit ComptonDebye theoretisch berechnet worden. Die Proportionalitatskonstante mc
Wellenlange. Aus dem Vorkommen der Planckschen Konstante h geht hervor, da es sich hier um
einen typischen Quanteneekt handelt.
1.4 Wellencharakter von Elektronen
Im beruhmten Davisson-Germer Experiment wurde beobachtet, da ein Elektronenstrahl bei
Transmission oder Reexion an einem Kristallgitter Beugungsguren erzeugt, genauso wie Rontgenstrahlen.
Weil man aus der Rontgenstreuung die Gitterkonstanten kennt, lat sich hieraus die Wellenlange
der Materiewellen errechnen. Das Ergebnis ist
= hp
(De Broglie-Beziehung)
oder fur den Wellenvektor (gerichtet entlang p~)
~p = ~~k
Genau wie fur das Licht!
10
Es liegt jetzt nahe, den Materiewellen auch eine Frequenz zuzuordnen, und zwar ! = E=~, wieder
p
wie fur das Licht. Mit E = c m2 c2 + p2 t mc2 + p2 =2m erhalt man allerdings sehr hohe
Frequenzen; das Minimum betragt
!min = mc2 =~ t 7 1020 s1
Solche Frequenzen sind schwer mebar! Es gibt aber einen prinzipielleren Einwand: Eine Frequenzmessung ist immer mit Absorption der untersuchten Welle verbunden. Elektronen konnen
aber wegen der Ladungserhaltung (und Leptonenzahlerhaltung) niemals ruckstandslos absorbiert
werden. Wohl ist es aber moglich Schwebungen zwischen Teilwellen verschiedener Energie zu
erzeugen. Fur die Schwebungsfrequenz erhalt man
!12 = ~1 (E1 E2 )
(Bohrsche Frequenzbedingung)
Weil ohnehin nur Schwebungen experimentell zuganglich sind, macht es fur nichtrelativistische
Teilchen nichts aus, ob man fur die Frequenz der Materiewellen
q
! = c (mc)2 + p2=~
oder
! = p2=2m~
ansetzt.
Ein erstes Beispiel dieser Frequenzbeziehung liefert wieder der Compton-Eekt. Im vorherigen
Abschnitt wurde er gedeutet als Sto zweier Teilchen, eines Elektrons und eines Photons. Alternativ kann man ihn aber auch interpretieren als die Beugung des Lichtfeldes an einer Schwebung
zwischen der einfallenden und der ausfallenden Elektronenwelle. Wellenvektor und Frequenz dieser
Schwebung betragen
~ks = (~p0 p~) =~
!s = p02 p2 =2m~
Oensichtlich kann dasselbe Ereignis auf zwei Weisen beschrieben werden: in "Wellensprache"
oder in "Teilchensprache". Die zwei Beschreibungen sind beide gleich zutreend. Dieser Sachverhalt heit Dualismus oder Komplementaritat.
Die freie Schrodingergleichung.
11
Es liegt jetzt nahe, zur Beschreibung der Materiewellen ein Wellenfeld einzufuhren, als Analogon des Feldes E~ (~r; t) fur das Photon. Die Gleichung, der es gehorcht, soll als Losungen ebene
Wellen haben mit ~k = p~=~ und ! = p2=2m~, also mit der Dispersionsbeziehung ! = ~k2 =2m (alles
nur fur freie Teilchen!). Eine Gleichung, die dieses erfullt, ist die freie Schrodinger-Gleichung:
@ (~r; t) = ~2 r2 (~r; t)
i~ @t
2m
(nicht relativistisch)
Diese Gleichung hat oensichtlich die erwunschten ebenen Wellen als Losungen. Weiters ist sie
linear: nach dem Superpositionsprinzip ist mit jedem Paar von Losungen auch eine beliebige
Linearkombination Losung der Gleichung. Falls wir als physikalische Interpretation festlegen
j (~r; t)j2 d3~r s W (~r; t) d3~r
[in Worten: j j2 gibt die Wahrscheinlichkeit (bei geeigneter Normierung) ein Elektron zur Zeit t
am Ort ~r zu detektieren], so ermoglicht das Superpositionsprinzip das Auftreten von Interferenzerscheinungen, genau wie in der Optik. Bemerkung: Die Freiheit fur die Frequenz entweder
p2 =2m~ oder mc2 + p2 =2m =~ zu wahlen, hat oensichtlich fur die physikalisch relevante Groe
W (~r; t) keine Bedeutung.
Eine weitere Analogie mit der Optik ist das Auftreten von Beugung: fuhrt man einen (schwachen) Elektronenstrahl durch einen Spalt oder Doppelspalt, so entstehen auf einem phosphoreszierenden Schirm hinter dem Spalt oder Doppelspalt die typischen aus der Optik bekannten
Beugungsguren.
Diskrete Energieniveaus und stehende Wellen
Die oben angedeutete Dispersionsbeziehung gilt nur fur freie Elektronen. Fur ein Elektron in
einem aueren Potential V (~r) lautet die Beziehung zwischen Impuls und Energie
p2 + V (~r)
E = 2m
Nach unseren obigen Kriterien ist fur das zuzuordnende Wellenfeld eine ebene Welle nicht zu
erwarten. Vielmehr handelt es sich um das Analogon eines Mediums mit ortsabhangigem Brechungsindex. Wie aus der Optik bekannt, kann man durch geschickte Wahl des Brechungsindexprols Lichtleiter und Resonatoren herstellen. Im letzten Fall treten stehende Wellen auf und im
12
Resonator konnen sich nur Wellen ganz bestimmter Frequenzen (Eigenfrequenzen) ausbilden. Es
wurde zuerst von Schrodinger erkannt, da das Potential des Kerns fur eine Elektronenwelle genau
einen solchen Resonator bildet (in seiner Arbeit "Quantisierung als Eigenwertproblem"). In den
beruhmten Stoversuchen von Franck und Hertz wurde in der Tat bestatigt, da die Elektronen
in einem Atom nur ganz bestimmte Energien En annehmen konnen. U bergange sind moglich und
oft verbunden mit der Emission von Licht mit der Frequenz !mn = (En Em ) =~, also wieder die
schon begegnete Schwebungsfrequenz zwischen den zwei beteiligten stehenden Materiewellen.
1.5 Zusammenfassung; Forderungen an eine Quantentheorie
1. Mit Elektronen, und anderen Elementarteilchen, ist immer ein Wellenfeld verknupft, das
einer linearen Wellengleichung gehorcht. Nach dem Superpositionsprinzip ist jede Linearkombination zweier Losungen dieser Gleichung wieder eine Losung: die Losungen bilden
einen linearen Raum, wie die Losungen der freien Maxwellgleichungen.
2. Das Betragsquadrat der Wellenamplitude liefert die Wahrscheinlichkeit, das entsprechende
Teilchen zu detektieren. Auch die "klassischen" Wellen (Licht, Schall, Oberachenwellen)
konnen sich letztendlich nur als diskrete Teilchen (Quanten) manifestieren. Dies wird immer
oensichtlicher bei Erniedrigung der Energie.
3. Falls die Welle einen wohldenierten Wellenvektor, bzw. eine wohldenierte Frequenz hat,
so hat das korrespondierende Teilchen einen wohldenierten Impuls bzw. Energie nach den
Korrespondenzregeln
~p = ~~k
bzw.
13
E = ~!
2 Quantentheorie der Polarisationszustande eines Photons
Nach dieser heuristischen Einfuhrung werden wir jetzt eine Theorie vom obigen Typ konkret
konstruieren. Allerdings werden wir uns zuerst mit einem mathematisch sehr einfachen Beispiel
beschaftigen, wobei wir uns nicht mit Ort, Energie und Impuls eines Teilchens beschaftigt sind,
sondern mit seinen "inneren Freiheitsgraden". Das einfachste Beispiel eines solchen inneren Freiheitsgrades ist der Polarisationszustand eines Photons.
2.1 Der Zustandsraum
Wir betrachten die folgende Versuchsanordnung: Eine ebene, monochromatische Lichtwelle mit
komplexem Signal
0
B Ax
E~ + = B
@
1
CC eikz
A
i!t
(Ax , Ay komplex)
Ay
fallt auf einen Detektor in der x y-Ebene. Die Welle sei so schwach, da einzelne Quanten
registiert werden konnen. Wir haben weiter einen Satz von Polarisationsltern zur Verfugung, die
wir nach Belieben in den Strahl einbringen konnen:
ein x-Filter lat nur in x-Richtung polarisiertes Licht durch
ein y-Filter lat nur in y-Richtung polarisiertes Licht durch
ein +-Filter lat nur positiv zirkular polarisiertes Licht durch
ein -Filter lat nur negativ zirkular polarisiertes Licht durch
Klassisch gilt fur die Intensitaten mit und ohne Filter:
Ix = Intensitat mit x-Filter = jAx j2
I Intensitat ohne Filter jAx j2 + jAy j2
und analog
jAy j2
Iy =
I jAx j2 + jAy j2
Mit den klassischen Intensitaten korrespondieren in einer Quantentheorie Wahrscheinlichkeiten:
Wx s Ix = Wsch. ein Quant hinter dem x-Filter zu nden
Wy s Iy = Wsch. ein Quant hinter dem y-Filter zu nden
W s I = Ix + Iy = Wsch. ein Quant ohne Filter (oder vor dem Filter) zu nden
14
Normierte Amplituden. Angenommen wir haben feststellen konnen, da sich genau ein Quant
im Apparat bendet. (Z.B. durch Einbauen eines Zahlrohres vor dem Filter - technisch nur moglich
fur genugend hochfrequentes Licht). Wir konnen dann die normierten Amplituden
ax = Ax
A~
2
A~ = jAxj2 + jAy j2
ay = Ay
A~ einfuhren. Die Betragsquadrate dieser Amplituden
Wx = jax j2
Wy = jay j2
geben jetzt die Wahrscheinlichkeit, da das Quant das x-Filter, bzw. das y-Filter passiert, an.
Falls ein Quant ein x-Filter passiert hat, so wird es auch beliebig viele weitere x-Filter passieren (klassisch wird die Intensitat ja auch nicht weiter erniedrigt durch weitere, hier als ideal
angenommene, Filter!).
Denition: Ein Quant, das ein x-Filter passiert hat, bendet sich im Zustand der x-Polarisation. Dieser Zustand wird mit jxi angedeutet; jxi heit "ket"-Symbol. Analog deniert man:
jyi = Zustand eines Quants nach Passieren des y-Filters
j+i = Zustand eines Quants nach Passieren des +-Filters
j i = Zustand eines Quants nach Passieren des -Filters

Superpositionsprinzip. Klassisch kann man durch Uberlagerung
von zwei linear polarisierten
Wellen mit fester Phasenbeziehung eine zirkular polarisierte Welle erzeugen (und umgekehrt). Dies
wird ausgedruckt durch die Beziehung zwischen den Einheitsvektoren fur die Polarisationsrichtung:
~e+ = p12 (~ex + i~ey ) ~e = p12 (~ex i~ey )
~ex = p12 (~e+ + ~e ) ~ey = ip1 2 (~e+ ~e )
Diese Beziehungen der klassischen Felder ubertragen wir jetzt auf die Zustande:
j+i = p12 (jxi + i jyi) j i = p12 (jxi i jyi)
jxi = p12 (j+i + j i) jyi = ip1 2 (j+i j i)
Weiters kann man noch einen Zustand mit linearer Polarisation in der Richtung ~n = nx~ex + ny~ey
(mit n2x + n2y = 1) denieren durch
j~ni = nx jxi + ny jyi
15
und einen Zustand elliptischer Polarisation durch
j~ai = ax jxi + ay jyi
mit komplexen ax und ay ; normiert auf jax j2 + jay j2 = 1.
Die moglichen Zustande bilden also einen zweidimensionalen, komplexen linearen Vektorraum,
auch Zustandsraum genannt (genauer gesagt korrespondieren nur die Vektoren mit Lange eins
zu Polarisationszustanden eines Lichtquants, und gehoren Vektoren, die sich nur durch einen
Phasenfaktor unterscheiden, zum selben Zustand).
Bemerkung: Die Korrespondenz folgt nicht zwingend aus dem klassischen Ausdruck. Die
Korrespondenz beruht auf einem Vergleich von Betragsquadraten mit Intensitaten, und wir hatten
gewisse Phasenfaktoren etwas anders wahlen konnen. Im nachsten Kapitel werden wir diese
Freiheit zur Vereinfachung der Darstellung ausnutzen. Im hiesigen Kontext ist sie aber eher
lastig.
Die Zustande jxi und jyi, aber z.B. auch j+i und j i, bilden eine Basis des Zustandsraumes:
jeder Zustand kann geschrieben werden als
j~ai = ax jxi + ay jyi
;
jax j2 + jay j2 = 1
j~ai = a+ j+i + a j i
;
ja+ j2 + ja j2 = 1
oder auch
Die Entwicklungsamplituden ax , ay , a+ und a haben wieder die Wahrscheinlichkeitsinterpretation
jax j2 = Wsch., da ein mit ja > prapariertes Quant ein x-Filter passiert
ja+ j2 = Wsch., da ein mit ja > prapariertes Quant ein +-Filter passiert
usw.
Die Amplituden a+ und a sind naturlich durch ax und ay vollstandig bestimmt. Eine einfache
Rechnung zeigt
a+ = p12 (ax iay ) a = p12 (ax + iay )
ax = p12 (a+ + a ) ay = pi2 (a+ a )
16
2.2 Skalarprodukt und dualer Zustandsraum
Im vorhergehenden Abschnitt begegneten wir schon der typischen Aufgabenstellung: Falls ein
Quant im Zustand j~ai prapariert worden ist, was ist dann die Chance, da es ein ~c-Filter passiert?
Die Antwort wurde dadurch gefunden, da wir die Projektion von j~ai auf den durch das ~c-Filter
praparierten Zustand j~ci bildeten. Aus der linearen Algebra wissen wir, da man eine solche
Projektion durch ein Skalarprodukt bilden kann, wofur wir folgende Notation einfuhren:
h~c j~ai Amplitude mit der j~ci in j~ai vorkommt
Die gesuchte Wahrscheinlichkeit ist das Betragsquadrat dieser Amplitude
W~c~a = jh~c j~aij2 =
Wsch., da ein Quant ein ~c-Filter passiert,
falls es im Zustand j~ai ist.
Wir sehen hier, da ein Filter auf zwei Weisen funktionieren kann:
1. Als Polarisator prapariert es das Quant im Zustand j~ai
2. Als Analysator fragt es ab, mit welcher Amplitude der Zustand j~ai im angebotenen Zustand
vorhanden ist.
Es ist ublich, nach Dirac, mit dieser Abragefunktion des ~c-Filters einen Abfrage- oder "bra"Vektor h~cj zu assoziieren. Die bra-Vektoren bilden mathematisch den zu dem Zustandsraum
dualen Vektorraum (zum ursprunglichen isomorph!). Die Zuordnung, auch Adjunktion genannt,
ist antilinear
j~ai = ax jxi + ay jyi =) h~aj = ax hxj + ay hyj
Das Skalarprodukt hat damit die Eigenschaften:
1. Linearitat im zweiten Argument:
h~cj [a1 j1i + a2 j2i] = a1 h~c j1i + a2 h~c j2i
2. Antilinearitat im ersten Argument: falls j~ci = c1 j1i + c2 j2i dann:
h~c j~ai = c1 h1 j~ai + c2 h2 j~ai
17
3. (Folgt aus 1 und 2): Faktorvertauschung bedeutet komplex konjugieren:
h~a j~ci = h~c j~ai
Fur die physikalische Interpretation beinhaltet dies das Reziprozitatsgesetz:
W~c~a = W~a~c
In Worten: die Wsch., da ein im j~ci-Zustand prapariertes Quant ein ~a-Filter passiert, ist gleich
der Wsch., da ein im j~ai-Zustand prapariertes Quant ein ~c-Filter passiert.
Aus den obigen Linearitatsannahmen kann man jedes Skalarprodukt herleiten, falls man die
Skalarprodukte der Basisvektoren kennt. Fur die Norm jedes Einheitsvektors soll man eins wahlen:
hx jxi = hy jyi = 1
Weiter soll kein Quant durch zwei gekreuzte Filter hindurchkommen konnen:
hx jyi = hy jxi = 0
Aus den Linearitatseigenschaften folgt jetzt:
hx j+i = p12 ; hy j+i = pi2
h+ jxi = p12 ; h+ jyi = p2i
usw:
und weiter
h+ j+i = h j i = 1
h+ j i = h j+i = 0
also, die Basis fj+i ; j ig benimmt sich genau wie fjxi ; jyig.
Zerlegung nach einer Basis; Reihen- und Spaltenvektoren
Die Zerlegung eines willkurlichen Vektors nach einer Basis kann man in der eben durchgefuhrten Notation auch wie folgt ausdrucken:
j~ai = jxi hx j~ai + jyi hy j~ai = j+i h+ j~ai + j i h j~ai
bzw.
h~aj = h~a jxi hxj + h~a jyi hyj = h~a j+i h+j + h~a j i h j
18
Die Entwicklungskoezienten werden also gegeben durch
ax = hx j~ai ; ay = hy j~ai
a+ = h+ j~ai ; a = h j~ai
Der abstrakte Vektor j~ai ist vollig charakterisiert durch seinen Entwicklungskoezienten bezuglich
einer Basis. Er wird gelegentlich auch dargestellt durch einen aus den Entwicklungskoezienten
gebildeten Spaltenvektor:
0
B ax
j~ai Darst:
=) B
@
ay
1 0
CC oder BB a+
A @
a
1
CC
A
Dem bra-Vektor ordnet man den adjungierten Zeilenvektor zu
h~aj =)
ax ay
oder
a+ a
Die Adjunktion j~ai ! h~aj wird also durch Kippen und komplex Konjugieren des Spaltenvektors
dargestellt.
Fur das Skalarprodukt ndet man die Darstellung
0
B cx
h~a j~ci =) ax ay B
@
cy
0
B c+
bzw:
a+ a B
@
Darst:
c
1
CC = a c + a c
A xx yy
1
CC = a c + a c
A ++
Die Darstellung macht also aus den abstrakten Elementen des Zustandsraumes die ublichen Gebilde der einfachen Vektorrechnung. Die Darstellung setzt aber die Festlegung einer Basis voraus,
ist also weniger allgemein.
2.3 Operatoren
Ein Operator ist eine lineare Abbildung der Vektoren des Zustandsraumes. Operatoren treten in
der Quantenmechanik in verschiedenen Zusammenhangen auf. Wir betrachten hier drei Beispiele:
1. Wirkung eines Filters: Der Eekt des Einbringens eines Filters im Strahlengang lat sich
in zwei Schritte zerlegen:
19
(a) als Analysator fragt es die Amplitude h~a j i ab
(b) als Polarisator erzeugt es den Zustand j~ai, mit der Amplitude des Analysators als
Vorfaktor (U berlebensamplitude).
Zusammen ergibt dies die Abbildung
j i ! j 0 i = j~ai h~a j i
Die Wirkung des Filters wird also beschrieben durch die Projektion
P~a = j~ai h~aj
(Projektionseigenschaft: P~a2 = j~ai |h~a{zj~a}i h~aj = j~ai h~aj = P~a )
=1
Beispiel: Wirkung eines x-Filters: Px = jxi hxj angewandt auf j i = cos jxi + sin jyi
liefert Px j i = cos jxi, also eine Projektion auch im geometrischen Sinne.
2. Transformationen. Ein Beispiel ist die Drehung der Polarisationsebene, z.B. durch den
Durchgang durch ein doppelbrechendes Medium (oder eine Koordinatentransformation).
Aus der Abbildung 4 liest man fur die Drehung um einen Winkel ab:
T jxi = cos jxi + sin jyi
T jyi = sin jxi + cos jyi
20
Zusammengefat zu einem Operator ergibt dies:
T = (cos jxi + sin jyi) hxj + ( sin jxi + cos jyi) hyj
oder
T = cos [jxi hxj + jyi hyj] + sin [jyi hxj jxi hyj]
Es ist instruktiv, diesen Operator auch in der Basis fj+i ; j ig zu bestimmen. Wir nden
T j+i = p12 [(cos i sin ) jxi + (sin + i cos ) jyi] = e i j+i
T j i = p12 [(cos + i sin ) jxi + (sin i cos ) jyi] = e+i j i
also
T = e i j+i h+j + e+i j i h j
Mit der Adjunktion j~ai ! h~aj fur Vektoren ist auch eine Adjunktion von Operatoren
verbunden
j~ai h~cj ! j~ci h~aj
Der Adjungierte eines Operators T wird mit T y angedeutet. Aus beiden obigen Darstellungen sieht man sofort
Ty = T = [T ]
1
Also fuhrt der adjungierte Operator auf genau die inverse Drehung uber den Winkel ,
21
die die ursprungliche Drehung ruckgangig macht. Ein Operator U mit der Eigenschaft
U yU = UU y = I
heit unitar
Dabei ist I = jxi hxj + jyi hyj = j+i h+j + j i h j die Identitat, d.h. der Operator der
jeden Vektor auf sich selbst abbildet (Nachrechnen!)
3. Observable. In der Quantenmechanik bezeichnet man als "Observable" eine Groe, fur
die eine Mevorschrift angebbar ist. Beispiele sind: Impuls oder Energie eines Teilchens,
Drehimpuls eines Teilchens oder eines Systems von Teilchen. Fur das in diesem Kapitel diskutierte System konnte eine Meanordnung aus einer Kombination von Filter und Detektor
bestehen. Die Antwort auf eine solche Anordnung ist aber nicht in jedem Zustand vorhersagbar, nur in gewissen Zustanden, hier fur den von einem identischen Filter praparierten
Zustand und den zu ihm orthogonalen Zustand. Etwas allgemeiner setzen wir an
Nur in bestimmten Zustanden hat eine Observable einen festen Wert. Diese Zustande
heien Eigenzustande; die zugehorigen Werte der Observable heien Eigenwerte.
Durch Angabe von Eigenzustanden und Eigenwerten ist die Observable bestimmt. Die
Menge der Eigenwerte heit das Spektrum der Observable.
Beispiel: Drehimpuls eines Lichtquants (in der ~k-Richtung)
Eine elektrodynamische Rechnung (Maxwellscher Spannungstensor) ergibt den bei Absorption einer zirkular polarisierten Welle absorbierten Drehimpuls. Analog zur Bestimmung des
Impulses nden wir so:
Ein Lichtquant im j+i-Zustand ubertragt Drehimpuls +~
Ein Lichtquant im j i-Zustand ubertragt Drehimpuls ~
Wir setzen jetzt an, da j+i und j i Eigenvektoren des Drehimpulsoperators sind mit Eigenwerten +~ und ~:
Sz j+i = ~ j+i ; Sz j i = ~ j i
22
Damit ist der Operator aber bereits festgelegt:
Sz = ~ j+i h+j ~ j i h j
Operator des "Photonspins"
Wir sehen:
(a) die Eigenvektoren bilden eine Basis
(b) die Eigenwerte sind reell (weil Mewerte)
Aus beiden Eigenschaften geht hervor:
Szy = Sz : Sz ist selbstadjungiert (auch: hermitesch)
Fur jede Observable kann man eine Form angeben wie oben fur Sz :
A=
X
k
k jk i hk j
Diese Form heit Spektraldarstellung. Die Eigenwerte k sind reell; die Eigenzustande
jk i bilden eine Basis. Dies beinhaltet insbesondere:
8
>
< = 0 fur i 6= k
Orthogonalitat = hi jk i = ik >
: = 1 fur i = k
X
Vollstandigkeit =
k
jk i hk j = I
Bemerkung: Gelegentlich gibt es fur einen Eigenwert mehrere Eigenzustande (wie z.B. fur
den Operator I). Auf die dann auftretenden Komplikationen gehen wir spater ein. Das
Fazit wird sein, da eine Spektraldarstellung immer moglich ist, nur sind die darin auftretenden Eigenvektoren nicht mehr eindeutig bestimmt, wie wir schon aus den verschiedenen
Darstellungen von I vermuten konnten.
Die nachste Frage ist: Was liefert eine Messung der Observable A fur einen Zustand j i der
kein Eigenzustand von A ist?
Als Beispiel ziehen wir wieder den Drehimpuls des Photons heran. Als Megerat konnte ein
(+)-Filter kombiniert mit einem Detektor dienen. Registriert der Detektor das Quant, so
hat es Spin den +~, wird es nicht registriert, so hat es den Spin ~.
23
Im Zustand j i =
+ j+i +
j i ist das Ergebnis einer solchen Messung nicht genau
vorhersagbar; sie wird mit Wahrscheinlichkeit j + j2 = jh+ j ij2 das Ergebnis +~ und mit
Wsch. j j2 = jh j ij2 das Ergebnis ~ liefern. Fur den allgemeinen Fall setzen wir also
an:
Eine Messung von A im Zustand j i liefert immer einen Eigenwert i von A; jeder tritt auf
mit der Wsch. W i = jhi j ij2. Der Mittelwert vieler solcher Messungen wird gegeben
durch
A =
X
i
i jhi j ij2 =
X
i
h jii i hi j i
In dieser Struktur erkennen wir die Spektraldarstellung
A=
X
i
i ji i hij
Also gilt
A = h jAj i
Drehimpuls und Drehungen
Zum Schlu dieses Abschnittes diskutieren wir noch eine bemerkenswerte Beziehung zwischen den Operatoren
T = e i j+i h+j + ei j i h j
und
Sz = ~ j+i h+j ~ j i h j
Es gilt die Beziehung
T = e
i Sz
~
()
wobei wir die Operatorfunktion eA uber ihre Taylorreihe denieren (wie fur Matrizen, siehe
nachster Abschnitt):
X
eA = k!1 Ak
k=0
1
24
Die Ausarbeitung ist besonders einfach fur einen Operator in seiner Spektraldarstellung:
[ji i hij]k = jii |hi jii :{z: : hi jii} hi j = ji i hij
k 1 mal
jk i hk j ji i hij = 0 fur i 6= k weil hk jii = 0
also
eA =
X
i
ei jii hi j
der obige Zusammenhang zwischen T und Sz ist ein Beispiel dieser Formel. Ein zu ()
aquivalenter Ausdruck ist:
d
i
d T = ~ Sz T
Mathematisch sagt man: ~1 Sz ist die Erzeugende [auf englisch: generator] der Drehungen
um die z-Achse.
2.4 Matrixdarstellung von Operatoren
1. Die Wirkung eines Operators auf einen Zustand j i liefert einen neuen Zustand j 0 i :
j 0i = j i
()
Jetzt zerlegen wir beide Zustande nach einer Basis jii:
P ji i
i i
j 0 i = Pi i0 jii
j i=
i = hi j
i
0
0i
i = hi j
Multiplizieren von () mit hij liefert jetzt:
0
i = hi j
0 i = X hij jki hk j
k
i
oder:
0
i = ik k
ik = hij jki
Derselbe Sachverhalt wird auch ausgedruckt durch die Formel
=
X
ik
25
ik jii hkj
Beweis:
j i =
X
ik
ik k jii =
X
i
0
i ji i = j
0i
Also, genau so wie wir den Zustandsvektor j i nach Zugrundelegung einer Basis durch den
Spaltenvektor
0 1
BB 1 CC
BB .. CC
BB . CC
@ A
mit i = hi j i darstellen konnen,
n
so lat sich der Operator durch die Matrix mit Elementen ik = hij jki darstellen.
Beispiel: Der Operator T in der jxi jyi Basis folgt aus der Darstellung auf S.24:
T;xx = hxj T jxi = cos = T;yy
T;xy = hxj T jyi = sin = T;yx
oder, als Matrix geschrieben:
0
B cos T = B
@
1
sin C
CA
sin cos Adjunktion von Operatoren beinhaltet Spiegelung und komplexe Konjugation der Elemente:
jii hkj adj! jki hij
also:
Aik adj! Aki
Ayik = Aki
Fur einen selbstadjungierten (hermiteschen) Operator hat man also Aik = Aki. Wir prufen
dies nach fur eine Observable in Spektraldarstellung:
Aik = hij A jki =
Aki = hkj A jii =
26
X
l
X
l
l hi jl i hl jki
l hl jii hk jl i
Weil l = l , hi jl i = hl jii usw. folgt sofort
Aik = Aki
q.e.d.
Die in diesem Abschnitt konstruierten Matrizen hangen naturlich von der gewahlten Basis
ab. Ein Basiswechsel zwischen zwei orthonormalen Basen wird immer von einer unitaren
Matrix vermittelt: Die neue Basis sei gegeben durch
j i = Pi Ui jii hj = Pi Ui hij
Es mu nun gelten:
h j i = =
X
i;k
Ui hi jki Uk =
X
i
Ui Ui
Dies entspricht genau der Denition der adjungierten Matrix:
=
X
i
Ui Uiy
UU y = I
Fur die Darstellung eines Zustandsvektors ndet man:
~ = h j i = X Uiy hi j i :
~ = X Uiy i
i
i
und fur die Darstellung einer Matrix:
X
~ = hj j i = Uiy hij jki Uk :
X
~ = Uiy ik Uk
i;k
i;k
Wir sehen, da die Transformation, die fur die Basisvektoren naturlich aussieht, im Darstellungsraum etwas kunstlich aussieht. Man kann Abhilfe schaen dadurch, da man eine
Transformationsmatrix Di = Uiy = Ui einfuhrt.
Dann gilt:
y
~ = Pi Di i ~ = Pi;k Di ik Dk
Auch Di ist eine unitare Matrix, wie man leicht nachpruft:
X
i
X
Di Diy = Ui Uiy =
i
27
"X
i
Ui U y
i
#
= 
Wir geben abschlieend die Aquivalente
verschiedener abstrakter Ausdrucke in einer Darstellung:
ket-Vektor
j i
bra-Vektor
h j
0 1 0
1
BB 1 CC BB h1 j i CC
BB .. CC = BB .. CC
BB . CC BB . CC
@ A @
A
hn j i
n
1;
P i i i
h ji
Skalarprodukt
Operator
nach Anwendung. von n
ik = hij jki
Bild von j i
::: ;
j 0i = j i
0
i=
P
k ik
Erwartungswert
h jAj i
P
Hermitizitat
Ay = A
Aik = Aki
Unitaritat
UU y = I
k
ik i Aik k
P U U = il
k ik kl
Aus den oben angegebenen Transformationsregeln fur Vektoren und Matrizen folgt, da
diese Beziehungen bei einem Basiswechsel erhalten bleiben. Als Beispiel berechnen wir:
X~ ~
y D
~0 = X Di i0 = X Di ik k = X Di ik Dk
l l =
i
ik
ikl
Zum Schlu erwahnen wir noch zwei Theoreme der Matrixalgebra, die fur die Quantenmechanik wichtig sind:
Jede selbstadjungierte Matrix kann durch einen Basiswechsel (d.h. mittels einer unitaren
Transformation) auf Diagonalform gebracht werden. In unserer Sprache heit das:
Jeder hermitesche Operator hat eine Spektraldarstellung (mit reellen Eigenwerten).
Zwei selbstadjungierte Matrizen konnen dann und nur dann durch dieselbe unitare
Transformation gleichzeitig auf die Diagonalform gebracht werden, falls sie vertauschen,
d.h. falls gilt:
X
k
Aik Bkl =
28
X
k
Bik Akl :
Fur uns bedeutet das: Zwei Observable haben dann und nur dann einen gemein-
samen Satz von Eigenvektoren, falls sie vertauschen, d.h. falls gilt AB = BA.
Nur in diesem Fall lat sich also eine Basis angeben, in der sowohl A als auch B wohlbestimmte Wert haben.
29
3 Quantentheorie des Elektronenspins
3.1 Experimentelle Befunde
1. Der Stern-Gerlach-Versuch: Stern und Gerlach fuhrten einen Strahl aus Ag-Atomen
durch ein inhomogenes B-Feld. Dabei wurde der Strahl in zwei Teilstrahlen aufgespalten.
~~
Wegen F~ = m
~ r B ist dies ein Indiz fur ein magnetisches Moment. Wegen der Kugelsymmetrie des Ag-Atoms kann dieses nicht von den Bahndrehimpulsen der Elektronen
herruhren.
Die Deutung ist also: Das "Leuchtelektron" besitzt ein intrinsisches magnetisches Moment.
Die im Versuch abgefragte Komponente kann oensichtlich nur zwei verschiedene Werte
~
annehmen. (Der Einfachheit halber betrachten wir nur eine B-Komponente,
was bei der
~ B~ = 0 eine gute Naherung ist.
Versuchsanordnung trotz r
2. Magnetische Momente sind oft mit Drehimpulsen verbunden. Da dies auch hier der Fall
ist, folgt auch dem Einstein-de Haas-Versuch. Ein Weicheisenstab wird an einem Faden
frei drehbar aufgehangt. Umpolen des (starken) Magnetfeldes B erzeugt ein Drehmoment.
Weil man inzwischen wei, da das magnetische Moment des Eisenstabes von den Eigenmomenten der Elektronen stammt, schliet man, da mit den Momenten ein Drehimpuls
verknupft ist. Weiter ndet man fur den Proportionalitatsfaktor, das sog. gyromagnetische
30
Verhaltnis, den Wert s mit
e
s = mc
(bis auf winzige Korrekturen)
Der Eigendrehimpuls des Elektrons wird als Spin bezeichnet.
Aus s und der Sattigungsmagnetisierung (sowie der Zahl der Elektronen) kann man jetzt die
moglichen Werte eines Komponenten dieses Drehimpulses feststellen. Man ndet
Sz = 21 ~
Also genau die Halfte des Wertes fur das Photon! Den Wert 21 ~ fur den Spin ndet man nicht nur
fur das Elektron, sondern auch fur Proton, Neutron und viele andere Elementarteilchen, die als
Fermionen bezeichnet werden. Die jetzt folgenden Betrachtungen fur den Elektronenspin kann
man auf diese anderen Fermionen genau so anwenden.
3.2 Der Zustandsraum des Elektronenspins
Annahme: Der Feldgradient im Stern-Gerlach-Versuch weist in die z-Richtung. Der Versuch
ist dann eine Meanordnung fur die z-Komponente des magnetischen Moments und damit des
Drehimpulses des Leuchtelektrons im Ag-Atom.
Die Drehimpulskomponente kann zwei Werte annehmen. Es liegt daher nahe, zwei Basiszustande einzufuhren:
ji = j+z i : Sz = + 21 ~ , mz =
j i = j z i : Sz =
31
1
2~
1 ~
2 s
, mz = + 12 ~s
Fur den Operator Sz bietet sich folgende Spektraldarstellung an:
Sz = ~2 (ji hj j i h j)
In der Basis ji,j i hat er die Matrixdarstellung
Sz = ~2 z
0
B1
z = B
@
0
1
0C
CA
1
z heit die Paulimatrix fur die z-Komponente. Anders als im Fall des Photons (wo ~ez die
Richtung des Wellenvektors ~k war) ist hier die z-Richtung nicht durch die Physik des Problems
festgelgt, sondern nur durch das Megerat. Wir hatten genau so gut einen Feldgradienten in
x- oder y-Richtung anlegen konnen. Es mussen also auch Zustande j+xi ; j xi ; j+yi ; j yi usw.
existieren. Weil ji,j i eine Basis bilden, mussen all diese Vektoren Linearkombinationen von ji
und j i sein.
Ansatz:
j+xi = a ji + b j i
j xi = a0 ji + b0 j i
Forderungen:
1. Symmetrie (oder Kontrollexperiment: Einer der Teilstrahlen in der Stern-Gerlach Anordnung wird durch ein zweites, zum ersten senkrechtes, inhomogenes Feld gefuhrt; die zwei so
entstandenen Teilstrahlen haben dann gleiche Intensitat).
Dies liefert:
jaj2 = jbj2 = ja0j2 = jb0 j2
(wegen der Normierung alle = 21 )
2. Willkurliche Phase. Diese Willkur konnen wir dadurch ausnutzen, da wir a und a0
positiv reell (also p12 ) wahlen. Fur b und b0 bleibt dann:
ei
b= p
2
32
i0
b0 = ep
2
3. h x jxi = 0 :
1 1 + ei( 0 ) = 0 =) 0 = 2
also:
j+xi = p12 ji + ei j i
j xi = p12 ji ei j i
Jetzt konnen wir noch uber die freie Phase in j i verfugen und den Faktor ei gleich eins
setzen. Das Ergebnis ist
j+xi = p12 (ji + j i)
j xi = p12 (ji j i)
Fur die Zustande j+yi und j yi gelten die gleichen Forderungen:
j+yi = p12 ji + ei j i
j yi = p12 ji ei j i
U ber die Phase in j i ist aber schon verfugt worden, und wir brauchen eine weitere Bedingung
um festzulegen. Dies ist:
4. jh+x j+yij2 = 12 (analog zu jaj2 = jh+z j+xij2 = 21 ) :
1 (hj + h j) ji + ei j i2 = 1 1 + ei
4
4
33
2 = 1 =) cos = 0
2
Also: = 2 . Die verbleibende Wahl bedeutet eine Vertauschung von j+yi und j yi , also
eine Art Umorientierung des Achsensystems. Wir werden gleich aus der Darstellung der
Drehungen nden, da unsere Wahl einem "normalen" System entspricht. Wir wahlen
j+yi = p12 (ji + i j i)
j yi = p12 (ji i j i)
;
Die Operatoren Sx und Sy werden jetzt gegeben durch
Sx = ~2 (j+xi h+xj j xi h xj)
Sy = ~2 (j+yi h+yj j yi h yj)
;
Wir konstruieren auch wieder die Matrixdarstellungen auf der ji ; j i-Basis. Als Beispiel
berechnen wir zwei Elemente von Sx :
hj Sx ji = ~2 [h j+xi h+x ji h j xi h x ji]
i
h
= ~ jh j+xij2 jh j xij2 = 0
2
hj Sx j i = ~2 [h j+xi h+x j i h j xi h x j i]
1 1 ~
~
=
=
2 2
2
2
Das Ergebnis lat sich also schreiben als Si = ~2 i mit den Paulimatrizen i deniert durch
0
1
0
B 0 1 CC ; = BB 0
x = B
y @
@
A
1 0
i
1
0
iC
CA ; z = BB@ 1
0
0
1
0C
CA
1
Die Paulimatrizen, und damit auch die Komponenten des Drehimpulses, vertauschen nicht
miteinander. Dies war auch nicht zu erwarten, weil wir schon gesehen haben, da zwei
Komponenten nie im selben Zustand einen scharfen Wert annehmen (keine gemeinsamen
Eigenzustande).
Wir berechnen jetzt die Kommutatoren, deniert durch:
[A; B] = AB BA
Es gilt:
[x ; y ] = 2iz
und zyklisch
34
oder vornehmer:
[i; k ] = 2i"ikl l
wobei die Indizes i; k; l die Werte x; y; z annehmen konnen und
8
>
>
0 falls i; k; l nicht alle verschieden
>
<
"ikl = > 1 falls i; k; l gerade Permutation von x; y; z
>
>
: 1 falls i; k; l ungerade Permutation von x; y; z
Der antisymmetrische Tensor "ikl heit auch Levi-Civitta-Tensor.
Beweis fur ein Beispiel:
1 0
0
BB 0 1 CC BB 0
A@
@
1 0
i
1
iC
CA
0
0
0
B
B
@
i
1 0
1 0
1 0
1 0
iC
CA BB@ 0 1 CCA = BB@ i 0 CCA BB@ i 0 CCA = 2i BB@ 1
1 0
0
0
i
0 i
0
1
0C
CA
1
Fur die Komponenten des Spindrehimpulses gilt analog
[Si ; Sk ] = i~"ikl Sl
Diese Vertauschungsrelationen werden sich spater als charakteristisch fur jeden Drehimpulsoperator erweisen. Sie folgen aus dem Zusammenhang zwischen Drehimpulsoperator und Drehgruppe.
3.3 Die Darstellung der Drehgruppe im Spinraum
In unserer Diskussion von Drehungen der Polarisationsebene fur das Licht hatten wir einen Zusammenhang zwischen dem Drehungsoperator T fur Drehungen um die z-Achse und der zKomponente des Photonspins gefunden:
T = e iSz =~
Wir schlagen jetzt vor, diese Beziehung zu verallgemeinern und setzen fur den Spin-Zustandsraum
an:
T!^ ; = e i!^ S~ =~
()
Wobei T!^ ; eine Drehung um den Winkel um die Richtung !^ vermitteln soll. Die Wirkung auf
die Zustandsvektoren wird hier nicht explizit diskutiert. Wir untersuchen hier die Wirkung auf
35
den Spinoperator. Die Komponente von S~ in der Richtung n^ ist gegeben durch
0
B cos Sn^ = n^ S~ = sin cos Sx + sin sin Sy + cos Sz = ~ B
@
2
sin e i
sin ei
cos 1
CC
A
Unter der Transformation T!^ ; transformiert Sn^ gema
S~n^ = T!^ ; Sn^ T!^y;
Wir werten dies zuerst aus fur innitesimales = :
X
T!^ ; = 1 ~i !i Si + : : :
i
und nden
X
X
S~n^ = nk Sk ~i [!k Sk nl Sl nl Sl !k Sk ] + O 2
kl
k
X
i
=S
i~ ! n " S + O 2
n^
~
klm
k l klm m
also:
S~n^ = Sn^ + [^! n^ ] S~
wobei wir die Vertauschungsregeln und die Denition des Vektorprodukts benutzt haben. Obiger
Ausdruck ist aber genau das, was man fur eine Drehung des Vektors n^ um um !^ erwarten wurde:
oensichtlich funktioniert unser Ansatz () fur die Darstellung der Drehgruppe im Spinraum!
Den Ausdruck fur endliche Drehungen ndet man durch Hintereinanderschalten innitesimaler
Drehungen
N
i
1 ~ !^ S~ N
T!^ ; = Nlim
!1
Dieser Ausdruck kann ausgewertet werden in der Darstellung bestimmt von den Eigenvektoren
von S~ !^ und liefert
T!^ ; = e ~i S~!^
wie ursprunglich angesetzt. [Wir bemerken nebenbei, da man durch U bergang zur Eigenvektorbasis beliebige Funktionen hermitescher Operatoren denieren kann].
36
Die Nichtvertauschbarkeit der Komponenten von S~ kann man jetzt auch geometrisch verstehen:
Falls man hintereinander zwei Drehungen um verschiedene Achsen ausfuhrt, ist das Ergebnis
von der Reihenfolge abhangig! (Experimentell nachprufen, z.B. mit Streichholzerschachteln) Als
Rechenbeispiel betrachten wir zwei innitesimale Drehungen um x- und y-Achse:
i i
Tx; Ty; = 1 ~ Sx 1 ~ Sy = 1 ~i (Sx + Sy ) ~12 Sx Sy 2
Ty; Tx; = 1 ~i Sy 1 ~i Sx = 1 ~i (Sx + Sy ) ~12 Sy Sx 2
Der Unterschied betragt:
1 [S ; S ] 2 = i S 2
~2 x y
~ z
also genau eine Drehung um die z-Achse um 2!
3.4 Zeitentwicklung des Spinzustandes im Magnetfeld
Die Energie eines magnetischen Dipols mit Dipolmoment M~ in einem Feld B~ betragt bekanntlich
H = M~ B~
was fur unseren Fall auf H = s S~ B~ hinauslauft. Falls das Magnetfeld zeitlich konstant ist, und in
die Richtung n^ zeigt, sind die Eigenzustande von Sn^ gleichzeitig auch Eigenzustande des Energieoder Hamiltonoperators mit den Eigenwerten
En = 21 ~s B
Nach unserem Postulat 3 auf Seite 13 korrespondiert mit einer scharfen Energie eine rein harmonische Zeitabhangigkeit mit der Frequenz !n = En =~. Also:
Falls H j n i = En j n i
dann: j n (t)i = j n (0)i e iEn t=~
Fur j n (t)i gilt dementsprechend die Dierentialgleichung
d j (t)i = i H j (t)i
dt n
~ n
37
Der Operator H im rechten Ausdruck ist aber unabhangig von Index n. Obige Gleichung gilt
also nicht nur fur Eigenzustande von H, sondern auch fur jede Linearkombination solcher Eigenzustande, d.h. fur einen beliebigen Zustandsvektor:
d j i = iHj i
dt
~
Schrodinger-Gleichung
Es gibt aber einen wichtigen Unterschied zwischen den Eigenzustanden j n i und den sonstigen
Zustanden. Fur die ersteren ergibt die Zeitentwicklung einen reinen Phasenfaktor, der bei der
Berechnung von Mittelwerten von Observablen keine Rolle spielt:
h n (t)j A j n (t)i = e
i
~ En t
2
h nj A j n i = h nj A j n i
oder
W n (t)i = jh n (t) ji ij2 = W
n (0)i
Die Zustande j n (t)i heien deshalb stationar; die Eigenwertgleichung
Hj i = Ej i
heit deshalb auch stationare (oder zeitunabhangige) Schrodinger-Gleichung.
P
Fur eine Superposition j (0)i = n cn j n i gilt dagegen:
j (t)i =
X
n
cne ~i En t j ni
und in h (t)j A j (t)i oder W (t)i treten sehr wohl zeitabhangige Terme auf, und zwar mit
Frequenzen !mn = (En Em ) =~, in unserem Beispiel mit der Larmorfrequenz
!L = s B
Ehe wir auf die Zeitentwicklung von Erwartungswerten naher eingehen, betrachten wir zuerst eine
alternative Herleitung der Schrodinger-Gleichung fur unseren Spezialfall, eine Herleitung, die auch
fur zeitabhangige Felder gultig ist.
Nach der klassischen Elektrodynamik wirkt auf einen magnetischen Dipol mit Dipolmoment
M~ im Feld B~ ein Drehmoment
N~ = M~ B~
38
Mit M~ = s J~ wurde das fur einen klassischen Drehimpulsvektor bedeuten
d~
~ ~
dt J = s J B
Blochgleichung
Der Vektor J~ fuhrt also eine Drehung um B~ mit der Larmorfrequenz !L = s B aus. Es liegt
daher nahe, fur die Dynamik der quantenmechanischen Zustande die Darstellung dieser Drehung
im Spinraum zu wahlen:
i !LB^ S~ dt
j (t + dt)i = 1
~
j (t)i
oder
d
dt j
(t)i = ~i H j i mit H = !LB^ S~ = s B~ S~
also wieder die schon erhaltene Schrodinger-Gleichung, wobei jetzt aber B~ noch eine Funktion der
Zeit sein darf.
Betrachten wir jetzt die Zeitentwicklung des Erwartungswertes eines Operators A, der selbst
nicht von t abhangt:
d
dt h
jAj i =
d
dt h
j Aj i +h jA
d
dt j
i
Durch Substitution der Schrodingergleichung und ihrer Adjungierten
d
dt h
j = ~i h j H
(H ist selbstadjungiert!)
erhalt man
d
dt h
j A j i = ~i h j [H; A] j i
Fur unser spezielles Beispiel kommen als Operatoren eigentlich nur die Komponenten von S~ in
Betracht (Jede 2 2-Matrix lat sich schreiben als Linearkombination der drei i und der Einheitsmatrix, und letztere hat eine triviale Dynamik, weil sie mit jedem Hamilton-Operator vertauscht).
Einsetzen liefert:
[H; Sk] = s
X
i
Bi [Si ; Sk ] = i~s "ikl Bi Sl = i~s "kli Sl Bi
39
Also mit der Abkurzung hSk i = h j Sk j i
d
dt hSk i =
hD E
i
s S~ B~ k
d.h. Die Erwartungswerte gehorchen der klassischen Bewegungsgleichung. (hier: der Blochgleichung). Dies gilt nicht nur fur unser spezielles Beispiel sondern allgemein. Die Aussage ist als das
Ehrenfestsche Theorem bekannt.
3.5 Paramagnetische Resonanz; Pseudospins
Als Beispiel der oben diskutierten Dynamik betrachten wir einen Spin in einem starken Feld B0 in
der z-Richtung und einem schwachen variablen Feld b (t) in der x-Richtung. Der Zustandsvektor
in der ji, j i-Basis sei gegeben durch
j (t)i = a+ (t) ji + a (t) j i
Die Schrodinger-Gleichung in dieser Darstellung ist das Paar gekoppelter Dierentialgleichungen
a_ + (t) =
1 is B0 a+ (t)
2
1 is b (t) a
2
(t)
a_ (t) =
1 is b (t) a+ (t) + 1 is B0 a
2
2
(t)
Diese Gleichungen lassen sich vereinfachen durch die Substitution
a+ (t) = a~+ (t) e 12 i!L t ; a (t) = ~a (t) e+ 12 i!Lt
mit !L = s B0 . Fur die neuen Amplituden erhalt man
a~+ (t) = 2s ib (t) ei!L t ~a (t)
a~ (t) = 2s ib (t) e i!L t ~a+ (t)
Bemerke: ja~ j2 = ja j2 ! Fur schwaches b (t) kann man rechts in guter Naherung a~ (t) durch
a~ (0) ersetzen und erhalt als Naherungslosung
Z
s
~a+ (t) = ~a+ (0) 2 i dt0b (t0 ) ei!L t0 a~ (0) + O b2t2
t
0
Zt
s
a~ (t) = ~a (0) 2 i dt0 b (t0) e
0
40
i!L t0 ~a+ (0) + O b2t2 Also insbesondere ein Feld, das Frequenzen in der Nahe der Larmorfrequenz !L enthalt, wird
U bergange zwischen den Zustanden ji und j i erzeugen.
Falls a (0) 1, a+ (0) 0 (System im Grundzustand) wird der Spin angehoben, und Energie
aus dem Wechselfeld absorbiert (Paramagnetische Resonanz). In einem typischen Experiment
wird die Absorption als Funktion der Frequenz des Feldes b (t) gemessen. Dies liefert eine genaue
Bestimmung des Magnetfeldes am Ort des Spins, also meist im Inneren eines Atoms oder Molekuls
(bei Kernspins; bei Elektronenspins ist die Bewegung des Elektrons zu berucksichtigen).
Falls dagegen die Spins im oberen Zustand ji prapariert worden sind (z.B. durch schnelles
Umpolen des Magnetfeldes), so wird das Wechselfeld zu energieerniedrigenden U bergangen fuhren;
es wird Energie vom Spinsystem auf das Feld ubertragen, und das Spinsystem wirkt als Verstarker
fur das Feld. Dies ist die Grundidee eines Maser-Verstarkers.
Allerdings funktioniert ein Maser i.a. nicht mit Spins in einem Magnetfeld. Der obige Formalismus lat sich aber leicht ubertragen auf andere Systeme mit nur zwei relevanten Zustanden:
1. Das Ammoniakmolekul NH3 hat eine Pyramidenform; das Stickstoatom kann dabei
sowohl oberhalb als unterhalb der von den H-Atomen bestimmten Ebene liegen. Die zwei
Kongurationen konnen wir als ji und j i bezeichnen. Sie sind energetisch entartet, aber
zwischen ihnen konnen Tunnelubergange auftreten. Der Hamiltonoperator kann durch geschicktes Verfugen uber die freien Phasen in ji und j i in die Form
H0 = 0 x
gebracht werden. Die zwei Kongurationen haben aber ein verschiedenes elektrisches Dipolmoment; in Anwesenheit eines elektrischen Feldes ist der Hamilton-Operator
H = 0 x pE (t) z
also bis auf eine Umbenennung der Achsen gleich dem Hamilton-Operator fur paramagnetische Resonanz. Dies ist eines der Systeme, womit ein Maser konstruiert wurde. Voraussetzung fur die Gultigkeit dieser einfachen Beschreibung ist, da die Temperatur so niedrig
ist, da man angeregte Zustande des NH3-Molekuls (Vibration, elektronische Anregungen)
vernachlassigen darf.
41
2. Ein Atom in einem Lichtfeld. Voraussetzung ist wieder, da die Temperatur so niedrig
ist, da ohne Licht alle Atome im Grundzustand sind. Ist das Licht genugend monochromatisch und vollstandig polarisiert, so wird weiter nur noch ein Zustand mit E1 E0 ~!0
ins Spiel gebracht. Durch Wahl des Nullpunktes der Energieskala kann man wieder den
Hamilton-Operator ohne Lichtfeld in der Form
H0 = 21 (E1 E0) z 21 ~!0 z
schreiben und falls der U bergang ji $ j i dipolerlaubt ist, kann die Ankopplung an das
Licht durch einen Term
H1 = pE (t) x
beschrieben werden.
Systeme wie oben beschrieben heien auch Pseudospinsysteme. Zur Behandlung ihrer Dynamik kann die Analogie mit dem Spin, insbesondere die Darstellung der Dynamik als eine Drehung
im Spinraum, oft vorteilhaft sein.
42
4 Grundlagen der Wellenmechanik
4.1 Grundlagen
Wir betrachten jetzt den Fall eines Teilchens, das sich im Raum bewegt (zuerst ohne innere
Freiheitsgrade). Eine wichtige Observable, die wir zur Konstruktion des Zustandsraumes heranziehen, ist der Impuls des Teilchens. Ein Impulslter lat sich etwa wie folgt konstruieren: Hinter
einer Quelle stellen wir zuerst eine Blende auf (Richtungsselektion). Hinter dieser ersten Blende
durchlauft das Teilchen eine Strecke in einem konstanten B-Feld (senkrecht zur Zeichnungsebene)
und eine zweite Blende selektiert dann den Betrag von ~p aus. Der so praparierte Zustand wird
mit j~pi bezeichnet.
Warnung: Das Spektrum der moglichen Impulse ist nicht diskret, und anders als im SternGerlach-Experiment liefert unser Filter immer eine unvollstandige Selektion, obwohl die Unscharfe
durch Verlangerung der Laufstrecken beliebig klein gemacht werden kann. (Nicht durch weiteres
Schlieen der Blende!). Der Zustand jp~i ist also ein gewissermaen idealisierter, uneigentlicher
Zustand, was sich in gewissen Eigenschaften zeigen wird.
Die Zustande j~pi und jp~ 0 i fur ~p 6= ~p 0 mussen orthogonal sein: h~p 0 j~pi = 0 fur ~p 6= ~p 0 . Wir
konnen aber nicht verlangen h~p jp~i = 1, weil die Chance genau den Wert p~ aus dem Kontinuum
von moglichen Werten zu nden, gleich Null sein wird. Wohl kann aber gelten:
Z
h~p 0 j~pi d3p~ 0 = 1
43
Dies lat sich erfullen, falls wir verlangen
hp~ 0 jp~i = (~p 0 ~p)
mit (~x) = (x)(y)(z), wobei (x) die Diracsche -Funktion darstellt. Diese hat bekanntlich die
R
Eigenschaften: (x) = 0 fur x 6= 0; dxf (x) (x) = f (0).
Wir verlangen jetzt, da die uneigentlichen Zustande j~pi eine Basis unseres Zustandsraumes
bilden, d.h. der Zustandsraum soll gebildet werden von den Linearkombinationen
j i=
Z
~ (~p) j~pi d3p~
mit i.a. komplexen Funktionen ~ (~p). Oensichtlich mu gelten:
~ (~p) = h~p j i
und, wegen der Wahrscheinlichkeitsinterpretationen des Skalarprodukts:
Z 2
~ (~p) d3~p = 1
~ (~p) heit Impulsraumamplitude oder Impulsraumdarstellung des Zustandes j i. Aus der Normierungsbedingung folgt, da die "Zustande" j~pi nicht zum Zustandsraum gehoren!
Der Zustandsraum fur ein Teilchen ist also abbildbar auf den unendlichdimensionalen Raum
aller quadratisch integrierbaren Funktionen. Dieser Raum heit auch Hilbert-Raum.
Analog zu den idealisierten Zustanden j~pi mit festem Impuls konnen wir weiter die idealisierten
Zustande j~ri einfuhren:
j~ri "Zustand" in welchem das Teilchen mit Sicherheit
im Punkte ~r gefunden wird
h~rj der korrespondierende Abfragezustand.
Mit Hilfe des letzteren konnen wir denieren
(~r) = h~r j i
Ortsamplitude des Zustandes j i
(auch Wellenfunktion genannt)
44
mit der physikalischen Interpretation
j (~r)j2 d3r = Wsch., das Teilchen in d3r um ~r zu nden
R
Die Normierungsbedingung lautet wieder d3r j (~r)j2 = 1.
Um die Beziehung zwischen (~r) und ~ (~p) zu bestimmen, nutzen wir das Postulat 3 auf S.13
aus. Die Ortsamplitude eines Zustands mit wohlbestimmten Impuls ~p soll eine ebene Welle mit
Wellenvektor ~k = ~p=~ sein:
h~r j~pi = N1 e ~i ~p~r ; h~p j~ri = N1 e
i
~ ~r
~p
wobei N ein noch zu bestimmender reeller Normierungsfaktor ist. In Analogie zur entsprechenden
Beziehung fur die Zustande jp~i verlangen wir wieder
h~r0 j~ri = (~r0 ~r)
Einsetzen der Entwicklungen nach den j~pi-Zustanden:
R
R
j~ri = j~pi h~p j~ri d3 ~p ; h~r 0 j = h~r 0 j~p 0 i h~p 0j d3~p 0
fuhrt zu:
h~r 0 j~ri =
=
ZZ
Z
= N12
h~r 0 jp~ 0 i h~p 0 j~pi h~p j~ri d3 ~pd3 ~p 0
h~r 0 j~pi h~p j~ri d3 ~p
Z
0
e ~i p~(~r ~r ) d3 ~p
Jetzt gilt (in einer Dimension):
Z+1
1
eixp dp = 2 (x)
und
(x) = j1 j (x)
Einsetzen liefert:
h~r0 j~ri = N12 (2~)3 (~r0 ~r)
und ein Vergleich mit der obigen Forderung ergibt N = (2~)3=2 also
h~r j~pi = (2~1)3=2 e ~i ~p~r ; h~p j~ri = (2~1)3=2 e
45
i
p ~r
~~
Auch die j~ri-Zustande bilden eine vollstandige Basis fur den Zustandsraum, was formal ausgedruckt werden kann als
Z
j~ri h~rj d3~r = I
zum "Beweis" bilden wir das "Matrixelement" zwischen hp~0 j und j~pi.
Z
d3~r hp~0
j~ri h~r j~pi =
1
(2~)3
Z
3
d3~re ~i (~p0 p~)~r = (2(2~~))3 (~p0 ~p)
Dieser "Beweis" ist nicht streng! Eigentlich durfen wir nur Matrixelemente betrachten zwischen
R
R
normierbaren Zustanden j i = ~ (~p) jp~i d3p~ und j 0 i = ~0 (~p0) j~p0i d3 ~p0! Die Durchfuhrung des
obigen Beweises wurde dann eine Vertauschung nicht absolut konvergenter Integrale erfordern,
was einer separaten Rechtfertigung bedarf. Der strenge Beweis ist inzwischen von Mathematikern
und mathematischen Physikern geliefert worden (fur eine strenge Behandlung siehe: M.Reed and
B.Simon, Methods of modern mathematical physics, Vol I-IV, Academic Press, N.Y., 1972). Wir
werden uns in dieser Vorlesung uber diese und ahnliche mathematischen Skrupeln hinwegsetzen
und des ofteren rein formale "Beweise" benutzen.
Mit Hilfe der Vollstandigkeitsbeziehungen konnen wir auch die Amplituden ~ (~p) und (~r)
durcheinander ausdrucken:
~ (~p) = h~p j i =
(~r) = h~r j i =
Z
Z
h~p j~ri h~r j
i d3~r =
1
(2~)3=2
Z
Z
e ~i p~~r (~r) d3~r
h~r j~pi h~p j i d3~p = (2~1)3=2 e+ ~i ~p~r ~ (~p) d3~p
Zwischen ~ (~p) und (~r) vermittelt also eine Fourier-Transformation.
Bemerkung: Einfachheitshalber werden wir ofters Teilchen diskutieren, die sich nur in einer
Raumdimension bewegen. Der Hilbertraum fur ein solches Teilchen wird von den Zustanden jxi,
oder auch von den Zustanden jpx i aufgespannt. Die Zustande jxi konnte man sich uber eine
Beziehung vom Typ
Z
jxi 0 (y; z) jx; y; z i dydz
mit beliebigem, und uns weiter nicht interessierendem 0 (y; z), in dem "groen Hilbertraum"
eingebettet denken.
46
4.2 Operatoren fur Impuls und Ort; Orts-Impuls Unscharfe
Einfachheitshalber arbeiten wir in diesem Abschnitt zuerst eindimensional, und schreiben fur die
Zustande jpx i schlicht jpi. Die Zustande jpi und jxi sind so konstruiert, da in ihnen die Observable
Impuls, bzw. Ort einen scharfen Wert haben. Es liegt denn auch nahe, den Impulsoperator P
mittels seiner Spektraldarstellung als
P=
und den Ortsoperator X ganz analog als
X=
Z
Z
p jpi hpj dp
x jxi hxj dx
zu denieren.
In den zugehorigen Darstellungen ist die Wirkung auf die Zustandsamplituden ~ (p) und (x)
recht einfach:
hpj P j i = p hp j i = p ~ (p)
hxj X j i = x hx j i = x (x)
Zur Bestimmung von z.B. P in der Ortsdarstellung braucht man etwas Rechenarbeit:
hxj P j i =
ZZ
hx jpi hpj P jx0 i hx0 j i dpdx0
ZZ
0
1
= 2~ eipx=~ pe ipx =~ (x0) dpdx0
@ 1 ZZ eip(x x0 )=~ (x0) dpdx0
= ~i @x
2~
@ Z (x x0) (x0) dx0
= ~i @x
@ (x)
= ~i @x
also
@ hx j i
hxj P j i = ~i @x
In der Ortsdarstellung wird der Operator P also dargestellt durch den Dierentialoperator ~i @x@ .
Ein solcher Dierentialoperator ist die Verallgemeinerung einer Matrix zum unendlichdimensio47
nalen Raum [Betrachte z.B. die numerische Berechnung der Ableitung: Die Funktion (x) wird
dargestellt durch den Vektor n = (n); die Ableitung durch n0 = 21 ( n+1
n 1)].
Ganz analog berechnet man
@ hp j i
hpj X j i = ~i @p
Der Impulsoperator als Erzeugende von Translationen: Analog zum Drehungsoperator
kann man einen Verschiebungsoperator Ta denieren durch
Ta jxi = jx + ai
Der Operator T mu unitar sein (Basistransformation!), also
Tay = Ta 1 : Tay jxi = jx ai
Fur die Darstellung von Ta in der Ortsdarstellung gilt also
hxj Ta j i = hx a j i = (x a)
Es gilt aber (Umschreibung der Taylorreihe!)
1 ( a)k @ k
X
(x a) =
(x) = e
k! @x
k=0
@
a @x
(x)
also:
Ta = e ~i aP
in der Ortsdarstellung, und deshalb auch allgemein.
Vertauschungsregeln fur P und X : Da P mit Raumtranslationen verknupft verknupft ist,
kann man nicht erwarten, da Anwendung von P mit Anwendung von X (Bestimmung des Ortes)
kommutiert. Man ndet tatsachlich in der Ortsdarstellung:
@ x ~x @
(PX XP) (x) = ~i @x
i @x
also:
[P; X] = ~i I
48
(x) = ~i (x)
P und X konnen also nicht gleichzeitig einen festen Wert haben. Wir konnen sogar mehr aussagen:
Das Produkt der Unscharfen in P und X kann einen Minimalwert nicht unterschreiten. Den
genauen Wert werden wir aus einer allgemeineren Beziehung herleiten; dabei wird auch der Begri
"Unscharfe" genau deniert.
Die Unscharferelation: Fur zwei Vektoren j1i und j2i, mit willkurlicher Lange, folgt aus
der Schwarzschen Ungleichung
h1 j1 i h2 j2i jh1 j2ij2
Substituiere jetzt
j1 i = A A j i ; j2i = B B j i
dabei seien A und B beliebige hermitesche Operatoren. Die Langen dieser Vektoren sind ein Ma
fur die Unscharfe von A und B im Zustand j i:
h1 j1i 2A = h j A2 j i h j A j i2
aus der Schwarzschen Ungleichung folgt also (mit A~ = A A )
2A 2B h j A~B~ j
2
i
Nun gilt:
h
i
h j A~B~ j i = 12 h j A~B~ + B~ A~ j i + 12 h j [A; B] j i
~ B~ = [A; B]!). Die zwei Terme sind Summe und Dierenz zweier komplex konju(Beachte: A;
y
gierter Groen [ A~B~ = B~ y A~y = B~ A~ und h j C j i = h j C y j i ], und deshalb rein reel, bzw.
rein imaginar. Es gilt also sicher:
2A 2B 1 jh j [A; B] j ij2
4
allgemeine Unscharferelation
Fur A = P und B = X wir die rechte Seite j i-unabhangig und man erhalt:
2P 2X ~2
4
Dies ist die beruhmte Heisenbergsche Unscharferelation.
49
In drei Dimensionen:
R~ (~r) = ~r (~r)
~ (~r)
P~ (~r) = ~i r
~ ~ (~p)
R~ ~ (~p) = ~i r
P~ ~ (~p) = ~p ~ (~p)
[Pi; Rk ] = ~i ik I
Die Unscharferelation gilt also nur fur korrespondierende Komponenten der Vektoroperatoren P~
~ Py und Rz konnen z.B. sehr wohl gleichzeitig beliebig scharf bestimmt sein.
und R;
4.3 Hamiltonoperator und Schrodingergleichung
Nachdem wir Operatoren fur R~ und P~ konstruiert haben, konnen wir auch Operatoren konstruieren fur Observable, deren klassische A quivalente Funktionen von ~r und ~p sind: Wir ersetzen
~ Diese Vorschrift ist nicht immer eindeutig; wahrend klassisch
uberall ~r und ~p durch R~ und P.
xpx und px x dieselbe Groe darstellen, ist dies mit XPx und Px X nicht mehr der Fall. Eine
Bedingung mu aber immer erfullt sein: mit einer reellen klassischen Groe mu ein hermitescher
Operator korrespondieren. So wird man gefuhrt zur Korrespondenz
xpx ! 12 (XPx + PxX)
Solche Komplikationen treten aber uberraschend selten auf.
Als erstes Beispiel betrachten wir den Hamilton-Operator fur ein Teilchen in einem konservativen Kraftfeld. Die klassische Hamiltonfunktion ist:
1 ~p2 + V (~r)
H (~r; ~p) = T + V = 2m
Der korrespondierende Operator ist also
1 P~ 2 + V R~ H = 2m
mit V R~ deniert uber die Taylorreihe. In der Ortsdarstellung ergibt dies
~2 r~ 2 + V (~r)
H = 2m
Die stationaren Zustande bestimmt man uber das Eigenwertproblem des Operators H:
H j n i = En j n i
oder
~2
~r2 + V (~r) n (~r) = En n (~r)
2m
50
Diese Gleichung heit, wie im Spinfall, die stationare Schrodingergleichung. Gema der Korrespondenz E = ~! fur Zustande mit scharfer Energie gilt fur die Zeitabhangigkeit der Zustande
j ni:
j n (t)i = e
i
~ En t
j ni
Die Zeitabhangigkeit willkurlicher Zustande erfolgt uber die zeitabhangige Schrodingergleichung
d
i
dt j i = ~ H j i
~ @ = ~2 r2 + V (~r)
i @t
2m
oder
Wie fur den Spin folgt diese Gleichung sofort aus der stationaren Gleichung und dem Superpositionsprinzip.
Ein zweites wichtiges Beispiel ist ein Teilchen in einem beliebigen elektromagnetischen Feld.
Dafur lautet die klassische Hamiltonfunktion
1 ~p e A~ (~r; t)2 + e (~r; t)
H (~r; ~p) = 2m
c
Aus dem Vektorpotential A~ und dem skalaren Potential folgen die Feldstarken uber
B~ = rot A~
~
E~ = 1c @@tA grad ;
Der entsprechende quantenmechanische Operator ist
1 ~ r
e A~ (~r; t)2 + e (~r; t)
~
H = 2m
i c
~ A~ + A~ r
~ auftritt!
wobei im ersten Term die symmetrische Kombination r
Wahrscheinlichkeitsdichte und Wahrscheinlichkeitsstrom: Aus der Schrodingergleichung
mit !
A=!
0 und ihrer Adjungierten folgt fur die Wahrscheinlichkeitsdichte W (~r; t) = (~r; t) (~r; t)
@ W (~r; t) = @ +
@t
@t
~2
2
= ~i
2m r
i~ r2
= 2m
@ @t
+V mit
~j = ~
2im
~2 2
r
V
2m
r2 = div ~j
~
r
51
r~ Es gilt also die Kontinuitatsgleichung
@
~
@t W + div j = 0
die die Erhaltung der Wahrscheinlichkeit ausdruckt.
4.4 Erwartungswerte; Schrodinger- und Heisenbergbild
Die Schrodingergleichung @t@ j i = ~i H j i hat die formale Losung
j (t)i = U (t) j (0)i
dabei heit U (t) = e ~i Ht auch Evolutionsoperator. Nebenbei sei bemerkt, da diese Beziehung
die Rolle von H als Erzeugende von Zeittranslationen schon zum Ausdruck bringt.
Fur den Erwartungswert eines Operators A im Zustand j (t)i erhalt man somit
hAi (t) = h (t)j A j (t)i = h (0)j U y (t) AU (t) j (0)i
Diesen Ausdruck kann man auf zwei Weisen deuten:
1. (wie gehabt) als den Erwartungswert des zeitabhangigen Operators A im zeitabhangigen
Zustand j (t)i. Diese Interpretation heit auch Schrodingerbild
2. als den Erwartungswert eines zeitabhangigen Operators
A~ (t) = U y (t) AU (t)
im zeitunabhangigen Zustand j i. Die Observable A~ (t) ist so etwas wie "die Groe A eine
Zeit t spater". Diese Lesart heit Heisenbergbild. Aus den Identitaten
d y
i
y
dt U (t) = ~ HU (t)
; dtd U (t) = ~i U (t) H
und der Kettenregel folgt fur A~ (t) die Dierentialgleichung
d A~ (t) = i hH; A~ (t)i
dt
~
()
In beiden Bildern erhalten wir fur die Bewegungsgleichung eines Erwartungswertes:
d h j A j i = i h j [H; A] j i
dt
~
52
Im Schrodingerbild wirde diese Gleichung bereits hergeleitet. Im Heisenbergbild folgt sie aus ()
durch Bildung des Erwartungswertes im Zustand j i :
Bemerkung: Im Schrodingerbild in der Ortsdarstellung erhalt man zuerst fur ein A mit klassischem Analogon A (~r; ~p)
d h j A j i = d Z (~r) A ~r; ~ r
~ (~r) d3~r
dt
dt
i
= ~i
Z
f[H (~r)]A (~r)
(~r) AH (~r)g d3~r
und erst nach zweifacher partieller Integration (U berwalzen der Terms
tialterm ist eher harmlos)
~2
2m r
2
in H; der Poten-
d h j A j i = ~ Z (~r) [H; A] (~r) d3~r
dt
i
Dies geht alles nur dann gut, falls bei den partiellen Integrationen keine Restterme entstehen.
Fur im ganzen Raum denierte (~r) folgt aus der Normierungsbedingung schon, da (~r) im
Unendlichen genugend rasch verschwinden mu. Gelegentlich betrachtet man aber Modelle, in
denen ein Teilchen durch "Wande" auf einen Teil des beschrankt ist. Dabei soll man immer
darauf achten, da man die Randbedingungen so wahlt, da beim U berwalzen von r2 keine
Restterme entstehen. Etwas formaler betrachtet: Nur bei geschickter Wahl der Randbedingungen
ist der Operator r2 in einem Teil des Raumes ein echt selbstadjungierter Operator.
53
5 Eindimensionale Modelle
5.1 Die Potentialmulde
Dieses Beispiel ist dazu geeignet, das Prinzip der Entstehung diskreter Energieniveaus zu illustrieren.
Wir betrachten folgendes Modell:
8
>
< 0 fur jxj > a
V (x) = >
: V0 fur jxj < a
Physikalisch beschreibt dies etwa ein Elektron in einer dunnen Metallfolie oder in einer anders
zusammengestzten Schicht innerhalb eines Halbleiters (Heterostruktur). In Ortsdarstellung lautet
die zeitunabhangige Schrodingergleichung:
~2
2+V
@
=E
2m x
Wir suchen nach Losungen mit E = "; V0 > " > 0 (Losungen mit E > 0 konnen wie im nachsten
Abschnitt behandelt werden; Siehe auch 9.1) Man unterscheidet zwei Bereiche:
1. x > a: Dort gilt:
00 (x) = 2 (x)
2 = 2m"=~2
Die Losungen sind:
(x) ejxj
Nur die Losung mit dem Minuszeichen kann Teil einer normierbaren Gesamtlosung sein
54
2. x < a: Dort gilt:
00 (x) = k2 (x)
k2 = 2m (V0 ") =~2
mit den Losungen
g (x) cos kx
u (x) sin kx
Die Losungen in den Teilbereichen mussen jetzt zu einer Gesamtlosung zusammengestuckelt
werden. Dazu brauchen wir Randbedingungen, und zwar:
und 0 sollen an den Sprungstellen von V stetig sein
Stetigkeit von ist eine Bedingung fur die Existenz von 0 und damit des Wahrscheinlichkeitsstromes j ( 0
0 ). Unstetigkeit von 0 wurde zu einer -Funktion in 00 fuhren; diese
kann durch die restlichen Terme in der stationaren Schrodingergleichung nicht mehr kompensiert
werden (solange V (x) keine -Funktionenen enthalt: siehe 5.3 und 5.4!) .

Weiter kann man noch folgende Uberlegung
heranziehen: Der Paritatsoperator P deniert
durch
P jxi = j xi
vertauscht mit dem Hamiltonoperator [wegen V (x) = V ( x)]; er hat also mit H einen gemeinsamen Satz von Eigenfunktionen1 . Wegen P 2 = I hat P nur die Eigenwerte 1; die zugehorigen
Eigenfunktionen sind alle gerade bzw. alle ungerade Funktionen. Bei der Suche nach Eigenfunktionen konnen wir uns also auf Funktionen beschranken, die entweder gerade oder ungerade in x
sind; Linearkombinationen brauchen nicht betrachtet zu werden.
Wir setzen also an:
entweder:
g
n (x) =
oder:
u
n (x) =
fur:
1 Die Ortsdarstellung
Aex
B cos kx Ae x
A0 ex B 0 sin kx A0 e x
x < a jxj < a
x>a
n (x) des Eigenvektors j n i eines Operators A wird auch Eigenfunktion von A
55
genannt.
Die Stetigkeitsbedingungen lassen sich in Matrixform schreiben (fur x = a):
0
BB e
@
bzw.:
0
BB e
@
1 0
cos ka C B A
CA B@
a
e a +k sin ka
B
1
CC = 0
A
1 0 1
0
sin ka C
CA BB@ A CCA = 0
0
a
e a
B
k cos ka
Diese Gleichungen haben nur nichttriviale Losungen, falls die jeweiligen Determinanten verschwinden:
oder k = tanka
k sin ka = cos ka
fur gerade Losungen
k cos ka = sin ka oder k = cot ka fur ungerade Losungen
Diese Gleichungen lassen sich graphisch losen. Wir betrachten zuerst:
= q 2 k2 =
k2
k
r 2
k
1
mit
0
2 = 2mV
~2
Die Funktion divergiert fur k ! 0 und hort auf zu existieren fur k = . Wir stellen jetzt in einer
Zeichnung dar
f1 (k) =
r 2
k
1 f2 (k) = tan ka f3 (k) = cot ka
Den Schnittpunkten von f1 (k) mit f2 (k) entsprechen geraden, denen von f1 (k) mit f3 (k)
entsprechen ungeraden Eigenfunktionen.
56
In k, und damit auch in ", wechseln gerade und ungerade Eigenfunktionen einander ab. Mit
wachsendem a schrumpft das Tangentenmuster immer naher zusammen und die Zahl der Eigenzustande nimmt zu, und zwar betragt sie N = [2a=] + 1 mit [x] ganzzahliger Anteil von x.
Weiter pruft man auch nach, da die n-te Eigenfunktion genau n 1 Nullstellen besitzt. Letzteres
ist eine allgemeine Eigenschaft aller eindimensionalen Potentiale.
5.2 Streuung an einer Potentialstufe
Wir betrachten das Potential
V (x) = V0 (x)
V0 > 0
und betrachten ein Teilchen, das von links ankommt. Neben der einlaufenden Welle erwartet man
aus der optischen Analogie eine reektierte und eine durchgelassene Welle, letztere mit einem
geanderten Wellenvektor k0.
Fur x < 0 lautet die stationare Schrodingergleichung (E > 0)
~2 00 = E =) (x) = eikx + r e
2m
ikx
~2 k2 = 2mE
Fur x > 0:
~2 00 = (E V )
0
2m
Wir brauchen jetzt eine Fallunterscheidung:
1. V0 < E:
2m (E V0 ) =~2 = k02 ist positiv
Die gesuchte Losung ist (x) = t eik0 x
57
2. V0 > E:
2m (V0 E) =~2 = 2
und die einzige akzeptable Losung ist (x) = ~t e x .
Randbedingungen:
1. V0 < E:
und 0 stetig in x = 0
9
>
=
1+r = t
! r = kk00+kk t = k02+kk
>
0
ik (1 r) = ik t ;
Zur physikalischen Interpretation betrachten wir die entsprechenden Wahrscheinlichkeitsstrome. Fur die einfallende Welle gilt, mit e = eikx,
~ ( r
je = 2im
e e
e r e )
~ e ikx ikeikx eikx ( ik) e ikx
= 2im
oder
je = ~mk
Analog fur
r
= r e ikx : jr = ~mk jrj2
und fur den durchgelassenen Strom:
0
t = t eik x :
0
jt = ~mk jtj2
Wir denieren jetzt den Reexionskoezienten R und den Transmissionskoezienten T
durch
k0 k 2
j
j
j
r
2
R = jj j = jrj = k0 + k
e
0
0
j
j
T = jj t jj = kk jtj2 = 04kk 2
e
(k + k)
58
Wie auf Grund der Erhaltung der Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, gilt:
R+T = 1
Wie uberall sonst in der Quantenmechanik sind R und T zu interpretieren als Wahrscheinlichkeiten, hier als die Wsch., da ein einfallendes Teilchen bei x = 0 reektiert, bzw. durchgelassen wird.
2. V0 > E:
9
>
=
1 + r = ~t
! r = ikik+ t~ = ik2ik
>
ik (1 r) = t~ ;
Wegen jrj2 = 1 nden wir R = 1; T = 0. Es gibt also keinen durchgelassenen Strom, das
Teilchen hat aber durchaus eine gewisse Wahrscheinlichkeit, um im energetisch verbotenen
Gebiet detektiert zu werden. Mit merklicher Wahrscheinlichkeit passiert dies nur bis zu
Tiefen von der Ordnung einiger Eindringlangen 1.
Ein interessanter Eekt ohne klassisches Analogon tritt auf bei der Streuung an positiven
Potentialbergen endlicher Lange . Das Potential und der Losungsansatz sind in der Skizze aufgetragen worden. Durch Auswertung der Randbedingungen ndet man (fur a 1):
t=
4ik e a + O e 3a (ik )2
Das Teilchen hat also eine endliche Wsch. durch den Potentialberg hindurchzuschlupfen (Tunneleekt); der Eekt ist nur dann merkbar, falls a der Ordnung eins ist. (Fur die genaue Rechnung
siehe Merzbacher, Quantum Mechanics, x6.5.).
59
5.3 Ein Modell der chemischen Bindung
Chemische Bindung kann klassisch nicht recht verstanden werden, jedenfalls nicht die kovalente Variante. In der Quantenmechanik fuhrt man sie darauf zuruck, da ein Elektron, das von
zwei Kraftzentren angezogen wird, oft die Grundzustandsenergie erniedrigen kann, falls die Zentren naher zusammenrucken. Realistische Beispiele sind recht kompliziert [siehe 12.4], aber der
Grundgedanke lat sich am folgenden Modell erlautern:
Ein Teilchen bewegt sich in einer Dimension unter Einu des Potentials
V (x) = U [ (x + a) + (x a)]
Wir suchen stationare Zustande mit E < 0. Die Losungen fur x 6= a sind wieder der Form
e x + e+x . Aus Normierbarkeit und Symmetrie der Losungen folgt dann die in Abb. 13
angegebene Form der Losung. Fur x = a mussen wir wieder Stetigkeit von
verlangen. Die
Ableitung braucht aber nicht mehr stetig zu sein: ein Knick in (x) bewirkt eine -Funktion in
der zweiten Ableitung, die gerade gebraucht wird, um in der stationaren Schrodingergleichung
~2 00 + V (x) = E
2m
die -Funktion im Potentialterm zu kompensieren:
~2 [ 0 (a + ")
2m
0 (a ")] = U (a)
60
()
Wir erhalten also
aus Stetigkeit: Ag = cosh a ea Au = sinh a ea
aus () :
oder:
cosh a sinh a =
2mU
~2
cosh a fur g
sinh a cosh a =
2mU
2
sinh a fur u
~
8
>
2mU = < (1 + tanh a) = fg ()
~2 >
: (1 + coth a) = fu ()
fur g
fur u
Wir sehen: Eine gerade Losung gibt es immer; der Wert von erhoht sich mit abnehmendem
a. Ein Elektron im Grundzustand fuhrt zu einer anziehenden Kraft (bonding state).
Dagegen existiert eine ungerade Losung nur fur a > ~2 =2mU; das zugehorige wachst mit
wachsendem Abstand der Kraftzentren. Ein Elektron im ungeraden Zustand fuhrt also zu einer
abstoenden Kraft (antibonding state).
5.4 Zustande in einem periodischen Potential
Als Modell fur das Problem eines Elektrons in einem Festkorper betrachten wir das eindimensionale
Problem eines Teilchens in einem periodischen Potential mit der Periode a:
V (x + a) = V (x)
61
In diesem Fall vertauscht der Hamiltonoperator mit dem Translationsoperator Ta , eingefuhrt auf
Seite 48.
[H; Ta] = 0
[a ist die Periode des Potentials V (x) ].
Wir konnen also nach den Eigenfunktionen von H unter den Eigenfunktionen von Ta suchen; diese
gehorchen
Ta j i = e ia j i oder
(x a) = e ia (x)
wobei wir den Eigenwert von Ta mit e ia bezeichnet haben. Wir konnen dies noch etwas umformen, indem wir schreiben
(x) = eix u (x) mit u (x + a) = u (x)
Falls reell ist, ist dies eine etwas modulierte ebene Welle; die Groe heit Pseudoimpuls,
und die Funktion (x) heit Blochfunktion. Die Aussage, da (x) die obige Form hat, heit
Blochsches Theorem. Da nur uber eia deniert ist, ist es zweckmaig, den Bereich von zu beschranken auf die Brillouin-Zone
:
a
a
Wir werden jetzt zuerst den Spezialfall
V (x) = +U0
X
n
Kronig-Penney-Modell
(x na)
diskutieren. Die stationare Schrodingergleichung lautet fur diesen Fall
00 + k2
2mU0
~2
X
n
(x na) = 0
k2 = 2mE=~2
In dem Bereich 0 < x < a setzen wir als Losung an
(x) = Aeikx + Be ikx
Aus der Stetigkeit bei x = 0 und dem Losungsansatz folgt:
(0 + ") = (0 ") = e ia (a ") =) A + B = e ia Aeika + Be ika
62
und aus der Sprungbedingung bei x = 0
0
A B = e ia Aeika Be ika + 2mU
ik~2 (A + B)
Die zwei Gleichungen haben dann und nur dann eine Losung, falls die zugehorige Determinante
1 ei(k
D (; k) = 1 ei(k
)a
)a
1 e
2c
ik
i(k+)a
1 + e i(k+)a 2ikc
c = mU2 0
~
verschwindet. Aus dieser Bedingung ndet man nach Division durch 4e ik :
cos a = cos ka + kc sin ka
()
Wir tragen die rechte Seite als Funktion von ka auf. Wir nden abwechselnd Gebiete mit
jcos aj > 1 und jcos aj < 1. In Bereichen der ersten Art gibt es keine reellen Werte von ,
mit denen man die Gleichung erfullen kann. Die zugehorigen Energiebereiche heien verbotene
Bereiche. In diesen Bereichen ist der Kristall fur Elektronen undurchlassig; es existieren Losungen
mit rein imaginaren (hier ohne Beweis), die fur die Konstruktion von Oberachen- und Defektzustanden herangezogen werden konnen.
Zwischen den verbotenen Bereichen liegen erlaubte Bander, die in Abbildung 16 aufgetragen wurden. In der Nahe der unteren Bandkante ist die Funktion E () parabolisch, und kann
geschrieben werden als
2 2
En () = En (0) + ~2m
63
Die hierdurch denierte Konstante m heit eektive Masse.
Allgemeines Potential. Fur ein allgemeines periodisches V (x) kann man wegen der Periodizitat von u (x) immer schreiben
u (x) =
X cn
n
pa e2inx=a
oder
X cn 2inx=a X ix
p e
cne n (x)
(x) = eix
n a
n
Substitution in die Schrodingergleichung ergibt
X ~2 2
X
2n
H (x) = 2m + a cn n (x) + V (x) cnn (x) = E (x)
n
n
Multiplikation von links mit m (x) und Integration von 0 bis a liefert das Gleichungssystem
"
#
~2 + 2n 2 E c + X V c = 0
m
mn n
2m
a
n
mit
Vmn =
Za
0
m (x) V (x) n (x) dx
64
()
Die Gleichung () ist eine (unendliche) Matrix-Eigenwertgleichung, die fur jedes eine unendliche
Reihe von Eigenwerten liefert. Diese konnen wieder in ein Banderschema wie vorher skizziert
zusammengefugt werden. Man ndet wieder eine Abwechslung verbotener und erlaubter Energiebereiche, wie im speziellen Beispiel des Kronig-Penney-Modells.
In der Praxis ndet man Naherungslosungen dadurch, da man im obigen Ansatz fur u (x)
nur endlich viele Terme mitnimmt und die entstandene Matrixgleichung numerisch lost.
65
6 Quantentheorie des harmonischen Oszillators
6.1 Energieeigenzustande des Oszillators
Die Hamiltonfunktion des klassischen ein-dimensionalen harmonischen Oszillators wird gegeben
durch
1 p2 + 1 m!2 x2
H (p; x) = 2m
2
Entsprechend wahlen wir als quantenmechanischen Hamiltonoperator
1 P 2 + 1 m!2 X 2
H = 2m
2
Wir werden die Eigenzustande von H mittels eines Tricks bestimmen. Dieser beruht darauf, da
H in P und X quadratisch ist. Aus [P; X] = ~i folgt
[P; H] = ~i m!2 X ; [X; H] = mi~ P
Betrachte jetzt die Linearkombinationen
a = p12~
Einsetzen liefert
p
1 P
m!X + i pm!
ay = p12~
p
1 P
m!X i pm!
1
p
~
!
[a; H] = p i pm! P + m!X = ~!a
2~
ay; H = ~!ay
Weiter gilt noch
a; ay = ~ 1 (i + i) = I
i 2~
Sei jetzt ji ein Eigenzustand von H zum Eigenwert . Es gilt dann:
Ha ji = ~!a ji + aH ji = ( ~!) a ji
Hay ji = ~!ay ji + ay H ji = ( + ~!) ay ji
66
Also: a ji und ay ji sind bis auf Normierungsfaktoren Eigenzustande von H zum Eigenwert
~!, bzw. + ~!! Also:
a ji = c j ~!i
ay ji = c0 j + ~!i
Die Operatoren a und ay werden daher Leiteroperatoren genannt.
Um jetzt weiter zu kommen, drucken wir H in a und ay aus mittels den Umkehrformeln
X=
q
y
2m! a + a
~
P = 1 q ~m! a ay
i
2
Substitution in H ergibt
1 ~m! a ay 2 + m!2 ~ a + ay2
H = 2m
2
2 2m!
i
h
~
!
2
a ay + a + ay 2
= 4
= ~2! aay + aya
Und mit Hilfe von a; ay = I :
H = ~! ay a + 1
2
Aus dieser Form geht hervor, da fur die Eigenwerte von H gelten mu: 21 ~!. Beweis: Setze
a j i = j i
hj H ji ~! h j i + 21 ~! h ji 21 ~!
weil ji als auf eins normiert vorausgesetzt wird. Das stufenweise Erniedrigen des EnergieEigenwertes mittels Anwendung von a mu also irgendwann ein Ende nden, was nur passieren
kann, falls mal der Fall c = 0 auftritt. Dann gilt aber:
a j0 i = 0
und aus obiger Rechnung
0 = 12 ~!
Durch n-faches Anwenden von ay erhalt man (bis auf die Normierung) die Zustande jn i mit
n = n + 21 ~!. Wir werden die Zustande jn i weiter auch mit jni bezeichnen.
67
Zum Schlu bestimmen wir noch die Konstanten c und c0 . Sei jni der normierte Eigenzustand
zu n + 12 ~!. Es gilt dann:
hnj ay a jni = hnj 1
1
~! H 2 ~! jni = n hn jni :
Es gilt dann aber auch:
a jni = cn jn 1i
also
jcnj2 hn 1 jn 1i = hnj aya jni = n
p
und wir konnen die freie Phase in jn 1i ausnutzen und festlegen: cn = n. Analog:
jc0n j2 hn + 1 jn + 1i = hnj aay jni
= hnj ay a + 1 jni = n + 1
Also jc0n j2 = n + 1. U ber die Phase konnen wir jetzt nicht mehr frei verfugen; wir konnen aber
ausnutzen, da
aay jni = ac0n jn + 1i = cn+1c0n jni = (n + 1) jn0i
p
p
Weil cn+1 auf n + 1 festgelegt wurde, folgt sofort: c0n = n + 1. Damit haben wir auch den
Ausdruck fur den normierten Zustand jni:
jni = p1 ay n j0i
n!
6.2 Die Eigenfunktionen in der Ortsdarstellung
In der Ortsdarstellung gilt:
p
~ @
m!x + pm!
a = p1
@x
2~
Zur Vereinfachung fuhren wir die skalierte Variable y ein:
p x a = y + 1 @ ay = y
y = m!
2~
2 @y
68
1 @
2 @y
Jetzt bestimmen wir den Grundzustand
0 (y) = hy j0i
aus a j0i = 0:
@ (y) = 0
y 0 (y) + 12 @y
0
Die Losung ist die Gau-Funktion
und einsetzen in
0 (z)
e y2 . Die Normierung folgt durch umrechnen auf x
R 2 (x) dx = 1; das Ergebnis ist:
0
m! 41
0 (x) =
~
e
m! x2
2~
Wie man zeigen kann, ist dies genau ein Zustand minimaler Unscharfe fur das Produkt 2x 2p !
Wir konnen jetzt auch die angeregten Zustande bestimmen:
m! 41 1 1 @ n y2
(y)
=
n
~ pn! y 2 @y e
p erhalt. Man
oder eigentlich die Funktion, die man aus n (y) durch Substitution von y = x m!
2~
uberzeugt sich leicht, da die n-fache Anwendung des Operators y
@ n e y2 = p1 H yp2 e y2
y 21 @y
2n n
1 @
2 @y
resultiert in
wobei Hn (y) ein Polynom n-ter Ordnung ist, das sog. Hermite-Polynom. Das Polynom Hn (y)
ist gerade fur gerades n und ungerade fur ungerades n; weiter hat Hn (y) genau n Nullstellen. Die
ersten paar Hermite-Polynome sind gegeben durch
H1 (y) = 2y
H2 (y) = 4y2 2
H3 (y) = 8y3 12y
wie man leicht aus obiger Beziehung nachpruft.
6.3 Der harmonische Oszillator in einem aueren Feld
Klassisch gelten fur einen Oszillator in einem Feld F (t) die Bewegungsgleichungen
x_ = p=m
p_ = m!2 x + F (t)
Sie lassen sich aus dem Hamiltonoperator
p2 + 1 m!2 x2 xF (t)
H = 2m
2
69
oder
r ~
y F (t)
a
+
a
2
2m!
H = ~! ay a + 1
herleiten. Weil dieser Hamiltonoperator zeitabhangig ist, gibt es keine stationaren Zustande. In
solchen Fallen ist es oft zweckmaig, die Dynamik im Heisenbergbild zu betrachten. Weil jede
Funktion von P und X auch als Funktion von a und ay zu schreiben ist, betrachten wir zuerst die
Heisenbergschen Bewegungsgleichungen fur a~ (t) und a~y (t).
Fur den Fall eines zeitabhangigen Hamiltonoperators tritt hierbei allerdings eine kleine Komplikation auf. Auch fur zeitabhangiges H (t) gilt fur den Zustandsvektor:
d
dt j (t)i = U (t) j (0)i
mit
d
i
dt U (t) = ~ H (t) U (t)
Der Heisenbergoperator A~ (t) wird wieder deniert durch
A~ (t) = U y (t) A~ (0) U (t)
Jetzt gilt
d A~ (t) = i hU y (t) H (t) A~ (0) U (t) U y (t) A~ (0) H (t) U (t)i
dt
~
was durch einsetzen von I = U (t) U y (t) geschrieben werden kann als
d A~ (t) = i hH~ (t) ; A~ (t)i
dt
~
wobei H~ (t) aus H (t) gebildet werden kann durch Ersetzen aller Operatoren durch die entsprechenden Heisenberg-Operatoren. Fur H zeitunabhangig ist der Unterschied unerheblich, weil U (t)
und H kommutieren.
Jetzt konnen wir die Bewegungsgleichung fur a~ (t) und a~y (t) aufstellen:
d ~a (t) = i hH~ (t) ; ~a (t)i = i!~a (t) + p i F (t)
dt
~
2m!~
h
i
i ~
i
d y
y
y
dt ~a (t) = ~ H (t) ; ~a (t) = +i!~a (t) p2m!~ F (t)
Eine weitere Vereinfachung bringen die Substitutionen
a~ = be i!t ; a~y = bye+i!t
70
Wir nden:
d b (t) = p i F (t) ei!t
dt
2m!~
d y
i!t
p i
dt b (t) = 2m!~ F (t) e
mit der Losung
und nach Rucksubstitution
Z
i
b (t) = b (0) + p
F (t0 ) ei!t0 dt0
2m!~ 0
t
~a (t) = a~ (0) e i!t + (t) I
a~y (t) = a~y (0) ei!t + (t) I
mit
Z
F (t0) ei!(t t0) dt0
(t) = p i
2m!~ 0
t
Die Zeitentwicklung von a~ und ~ay ist also besonders einfach. Zusatzlich zum Phasenfaktor, der
auch schon fur F (t) = 0 auftritt, erhalten wir nun einen einfachen Zusatzterm, der ein Vielfaches
des Einheitsoperators ist.
Beispiel: Es sei das System zur Zeit t = 0 im Grundzustand. Gefragt ist der Erwartungswert
der Energie zur Zeit t.
Losung:
r
~ h0j a~ (t) + a~y (t) j0i F (t)
h0j H~ (t) j0i = ~! h0j a~y (t) a~ (t) + 21 j0i
2m!
r ~
1
= ~! (t) (t) + 2
2m! h0j (t) + (t) j0i F (t)
[alle weiteren Terme verschwinden, weil sie ein a~ (0) j0i oder h0j a~y (0) enthalten]. Nach Abschalten
des Feldes ist netto im Mittel eine Energieaufnahme erfolgt. Sie betragt
hE i = ~! j (t)j2
6.4 Koharente Zustande des Oszillators
Wir betrachten jetzt die Wirkung von U (t) auf die Zustande, insbesondere auf den Grundzustand
j0i. Bekanntlich gilt: a j0i = 0.
71
Betrachte jetzt:
aU (t) j0i = U (t) U y (t) aU (t) j0i = U (t) a~ (t) j0i
Jetzt gilt aber ~a (t) j0i = a~ (0) e i!t + (t) j0i = (t) j0i, also:
aU (t) j0i = (t) U (t) j0i
U (t) j0i ist also Eigenzustand des nichthermiteschen Operators a zum (i.a. komplexen) Eigenwert (t). Ein Eigenzustand von a heit auch koharenter Zustand. Wir werden jetzt einige
Eigenschaften des koharenten Zustandes ji deniert durch a ji = ji diskutieren.
1. Entwicklung nach den Energie-Eigenzustanden jni
Wir konnen ansetzen
ji =
X
n
hn ji jni
Anwendung von a ergibt
a ji = ji =
X
n
p
hn ji n jn 1i
Jetzt ergibt Multiplikation mit hmj:
hm ji =
X
n
p
p
hn ji nm;n 1 = ji = hm + 1 ji m + 1
also
hm + 1 ji = p m+1
hm ji = : : : = p m+1
(m + 1)!
h0 ji
Damit sind samtliche Koezienten in h0 ji ausgedruckt. Letztere Groe lat sich, bis auf
einen Phasenfaktor, aus der Normierung bestimmen:
h ji =
X
n
h jni hn ji =
X jj2n
jh0 jij2 = ejj2 jh0 jij2
n!
n
Wir konnen also wahlen:
X n
h0 ji = e 21 jj2 =) ji = e 12 jj2 p jni
n!
72
Die Wahrscheinlichkeit, die "Anregungszahl" n zu nden, ist gegeben durch
2n
2
Wn = h jni2 = e jj jn!j
also genau durch eine Poisson-Verteilung.
2. Ortsdarstellung
Die Eigenwertgleichung a ji = ji fuhrt in der Ortsdarstellung in der skalierten Variable
y zu
@
y + 21 @y
(x) = 0
mit der Losung
2
(x) e (y )
mit i.a. komplexem . Wie man leicht zeigt, ist dies genau ein Wellenpaket mit minimalem
Unscharfeprodukt. Die Erwartungswerte von P und X sind dabei gegeben durch
r
r
~ hj a + ay ji = 2~ Re hj X ji = 2m!
m!
r
p
y
hj P ji = 1i ~m!
2 hj a a ji = 2~m! Im Man zeigt auch leicht explizit:
2X = ~ ; 2P = ~m!
2
2m!
3. Freie Zeitentwicklung
Aus der Darstellung als Superposition von Eigenzustanden und deren Zeitentwicklung folgt:
falls
j (0)i = ji
dann
X n
j (t)i = e 21 jj2 p e i(n+ 21 )!t jni
n
=e
n!
1 i!t 1 jj2
2 e 2
X e i!tn
p
jni
n
= e 21 i!t e i!t
73
n!
Also: ein koharenter Zustand bleibt koharent; die Mittelwerte gehorchen:
r
2~ Re e i!t = hxi cos !t + 1 hpi sin !t
hxit = m!
0
m! 0
p
hpit = 2~m! Im e i!t = hpi0 cos !t m! hxi0 sin !t
Die Mittelwerte benehmen sich also genau so wie Koordinate und Impuls eines klassischen
Oszillators. An und fur sich ist das nichts aufregendes; es ist einfach eine Folge des Ehrenfestschen Theorems. Das Besondere ist, da dabei die Form des Wellenpaketes unverandert
bleibt, und zwar ein Wellenpaket minimaler Unscharfe. In diesem Sinne sind die koharenten
Zustande so klassisch wie in der Quantenmechanik nur moglich. Sie eignen sich gut um
den klassischen Grenzfall eines quantenmechanischen Oszillators zu diskutieren, und wurden schon von Schrodinger zu diesem Zwecke eingefuhrt. In jungster Zeit wurden sie vor
allem fur den Fall der quantenmechanischen Beschreibung des elektromagnetischen Feldes
(das ja bekanntlich auch als ein System harmonischer Oszillatoren aufzufassen ist) benutzt,
zuerst von Glauber 1963 (Sommerschule Quantum Optics and Elektronics, Les Houches
1964).
Schlubemerkungen:
1. Koharente Zustande sind eine "Spezialitat" des harmonischen Oszillators; fur allgemeinere
Systeme existieren i.a. keine Wellenpakete mit so einfacher Zeitentwicklung.
2. Am Anfang dieses Abschnitts haben wir nur gezeigt, da gelten mu U (t) j0i = ei(t) j(t)i;
der Phasenfaktor (t) ist dabei nicht bestimmt worden (auer fur F (t) = 0, wo gilt (t) =
1 !t).
2
Weil der Phasenfaktor fur fast alle Anwendungen unwichtig ist, werden wir auf seine
Bestimmung verzichten (siehe Glauber, loc. cit. fur Naheres)
74
7 Quantentheorie des Drehimpulses
7.1 Der Drehimpuls als Erzeuger von Drehungen im Ortsraum
Eine innitesimale Drehung des Ortsvektors ~r um um n^ wird gegeben durch
~r0 = ~r + ^n ~r
Die zugehorige Transformation im Zustandsraum wird dementsprechend angesetzt als
j~r0i = Dn^ ; j~ri = j~r + ^n ~ri
oder
Dn^ ; =
Z
j~r + ^n ~ri h~rj d~r
Die Wirkung in der Ortsdarstellung folgt jetzt leicht:
h~rj Dn^ ; j i = h~r ^n ~r j i = (~r ^n ~r)
Nun gilt aber:
0 (~r) = (~r ^n ~r) = (~r) ^n ~r r
~ (~r)
~ = ~i P~
und mit r
i (^n ~r) P~ (~r) = (~r) i ^n ~r P~ (~r)
~
~
0 (~r) = (~r)
also:
0 (~r) = 1
oder abstrakt:
j
0i = 1
i ^n L~ (~r)
~
i
~
~ ^n L j i
mit
mit
L~ = ~r P~
L~ = R~ P~
Dabei heit L~ = R~ P~ der Drehimpulsoperator. Er ist das direkte Analogon des klassischen
Drehimpulses. Wie beim Spin erzeugt er auch hier die Drehungstransformationen. Fur endliche
Drehungen gilt, vollkommen analog zum Spinfall
Dn^ ; = e ~i (n^ L~ )
75
Die Transformation von Operatoren unter Drehungen erfolgt uber
A~ = Dn^ ; ADny^ ;
wieder analog zum Spinfall (S. 34). Ein besondere Rolle spielen die drehungsinvarianten Operatoren, fur die A~ = A gilt. Man sieht leicht, da dies bedeutet, da A mit jeder Komponente von
L~ vertauschen mu.
d A~ j = i n^ L~ A + i A n^ L~ = i hn^ L~ ; Ai = 0
d =0
~
~
~
fur jedes n^ . Also
h
i
L~ ; A = 0
Solche Operatoren A heien auch skalare Operatoren.
Eine weitere interessante Klasse von Operatoren sind die Vektoroperatoren, wie z.B. R~ und P~ .
Fur diese gilt:
[Li ; Rk ] =
X
l;m
"ilm [Rl Pm ; Rk] =
X
l;m
"ilm Rl mk ~i = i~
X
l
"ikl Rl
bzw.
[Li ; Pk] =
X
l;m
X
"ilm [Rl Pm ; Pk ] =
l;m
"ilm Pm lk ~i = i~
X
l
"ikl Pl
Allgemein wird ein Vektoroperator charakterisiert durch
[Li ; Ak ] = i~
X
l
"ikl Al
Ein weiteres Beispiel eines Vektoroperators ist L~ selbst. Z.B. gilt
[Lx ; Ly ] = [Lx ; Rz Px RxPz ] = i~ ( Ry Px + Rx Py ) = i~Lz
und allgemein:
[Li ; Lk ] = i~
X
m
"ikm Lm
()
also genau die fruher fur die Komponenten von S~ gefundenen Beziehungen!
76
Behauptung:
Falls A~ ein Vektoroperator ist, ist A2 ein skalarer Operator.
Beweis:
" X
Li ;
k
#
X
Ak Ak = i~
k;l
f"ikl Al Ak + Ak "ikl Al g
Umbenennen von k und l im zweiten Term ergibt
L ; A2 = i~ X (" + " ) A A = 0
i
ikl ilk l k
k;l
wegen der Antisymmetrie von "ikl .
Beispiele so konstruierbarer skalarer Operatoren sind P 2, R2 und L2 und aus ihnen gebildeten
Funktionen, wie z.B. der Hamiltonoperator fur ein zentralsymmetrisches Potential:
1 P 2 + V R~ Hs = 2m
i
h
Die Eigenfunktionen von H konnen wegen L~ ; Hs = 0 unter denjenigen einer willkurlichen Komponente von L~ gesucht werden; ublicherweise wahlt man dafur Lz .
Weil weiter oensichtlich gilt:
L2; H = 0
L ; L2 = 0
und
s
z
konnen wir sogar gemeinsame Eigenfunktionen von L2 und Lz nden, und dann unter denen nach
Eigenfunktionen von Hs suchen.
7.2 Das Eigenwertproblem fur J und Jz
2
Wir verallgemeinern die obige Fragestellung etwas und betrachten drei hermitesche Operatoren
~ mit den Vertauschungsrelationen
Jx ; Jy ; Jz , zusammengefat zu J,
[Ji ; Jk ] = i~
X
l
"ikl Jl
Man sieht wieder leicht, da J 2 = Jx2 +Jy2 +Jz2 mit jedem einzelnen Ji vertauscht. Wir untersuchen
jetzt das Eigenwertproblem fur J 2 und Jz .
77
Wir betrachten dazu zunachst die Leiteroperatoren J = Jx iJy . Man sieht sofort: J = J+y
und J ; J 2 = 0. Weiter gilt
[Jz ; J+ ] = [Jz ; Jx] + i [Jz ; Jy ] = i~ (Jy iJx ) = ~J+
also
[Jz ; J+ ] = ~J+
und analog
[Jz ; J ] = ~J
Sei jetzt ji ein gemeinsamer Eigenzustand von J 2 und Jz mit
J 2 ji = ~2 ji ; Jz ji = ~ ji
Betrachte jetzt die Zustande J ji. Es gilt:
J 2J ji = J J 2 ji = ~2 J ji
Jz J ji = J Jz ji ~J ji = ~ ( 1) J ji
also:
J ji ist Eigenzustand. von J 2 und Jz mit E.W. ~2 und ~ ( 1)
Nun mu aber gelten ~2 = hj J 2 ji hj Jz2 ji = ~2 2 . Also
p
p
Dies impliziert, da die von J+ ; J+2 ; : : :, bzw. J ; J 2 ; : : : erzeugten "Leitern von Zustanden" nicht
willkurlich weitergehen konnen. Es mu ein "hochster" Zustand jmax i und ein "niedrigster"
Zustand jmin i bei vorgegebenen existieren mit
J+ jmax i = 0
bzw.
78
J jmin i = 0
Die Eigenwerte von Jz in jmax i und jmin i seien max und min . Bilde jetzt:
J J+ jmax i = (Jx iJy ) (Jx + iJy ) jmax i
= Jx2 + Jy2 + i [Jx ; Jy ] jmax i
= J 2 Jz2 ~Jz jmax i
= ~2 2max max jmax i
Das ganze soll verschwinden ! = max (max + 1)
analog:
J+ J jmin i = J 2 Jz2 + ~Jz jmin i
= ~2 2min + min jmin i = 0
also
= min (min 1)
Nun gilt aber a2 + a
b2 b = a2 + ab ab b2 + a + b = (a + b) (a b + 1).
Also die beiden obigen Gleichungen konnen nur dann erfullt sein, falls gilt:
min = max oder min = max + 1
Die zweite Moglichkeit entfallt wegen max > min . Umbenennung von max = j liefert
= j (j + 1)
Die zugehorigen Werte von sind: j; j 1; j 2; : : :usw.
Unter ihnen mu auf jeden Fall auch der Wert j vorkommen. Also mu gelten j ( j) =
ganze Zahl ! 2j = ganze Zahl.
Fazit:
Die Eigenwerte von J 2 sind ~2 j (j + 1) mit 2j = eine ganze Zahl.
Bei festem j gibt es 2j + 1 Zustande, die Eigenzustande von
Jz sind mit Eigenwerten ~jz , wobei jz = j; j + 1; : : : ; j 1; j
79
Dem Spezialfall j = 21 sind wir beim Elektronenspin schon begegnet.
Wir werden weiter den gemeinsamen Eigenzustand von J 2 und Jz mit Eigenwerten ~2 j (j + 1)
und ~jz mit jj; jz i andeuten. Zum Schlu dieses Abschnitts bestimmen wir noch explizit die
Wirkung von J auf diese Zustande. Dazu setzen wir an:
J+ jj; jz i = c jj; jz + 1i ; hj; jz j J = c hj; jz + 1j
Weil jj; jz + 1i normiert ist, soll gelten
jcj2 = jcj2 hj; jz + 1 jj; jz + 1i = hj; jz j J J+ jj; jz i
Wir wissen aber schon:
J J+ = J 2 Jz2 ~Jz =) jcj2 = ~2 j (j + 1) jz2 jz
Also mit geeignet gewahlter Phase fur jj; jz i:
p
c = ~ j (j + 1) jz (jz + 1)
oder auch
p
hj 0 ; jz0 j J+ jj; jz i = ~ j (j + 1) jz (jz + 1)j 0 ;j jz0 ;jz +1
und analog
p
hj 0 ; jz0 j J jj; jz i = ~ j (j + 1) jz (jz 1)j 0 ;j jz0 ;jz
1
7.3 Das Eigenwertproblem fur L und Lz in der Ortsdarstellung
2
Im vorigen Abschnitt haben wir nur die Vertauschungsregeln zwischen den Komponenten von J~
ausgenutzt. Fur den Bahndrehimpuls L~ haben wir noch zusatzliche Information, die wir dazu
verwenden konnen, das Spektrum von L2 und Lz weiter einzuschranken. Die Drehoperatoren
Dn^ ; = e ~i n^ L~ wirken auf die Zustande j~ri wie die korrespondierenden Drehungen des Koordinatensystems auf die Ortskoordinate ~r. Insbesondere mu also eine Drehung um einen Winkel 2
den Zustand j~ri in sich selbst uberfuhren! Dann mu aber fur einen Eigenzustand ji von L2 und
Lz gelten:
h~rj e
2iLz =~ ji = e 2ilz h~r ji = h~r ji
80
also Lz hat nur ganzzahlige Eigenwerte. Wir nden also
L2 und Lz haben Eigenwerte ~2 l (l + 1) und ~m
mit l; m ganzzahlig; l 0 und l m l
Wie in der Literatur ublich, werden wir ab jetzt die sogenannten Quantenzahlen j und jz fur
den Spezialfall des Bahndrehimpulses L~ mit l und m angeben. Eigentlich haben wir noch nicht
gezeigt, da alle l 0 auch wirklich als Eigenwerte vorkommen; dies wird aber aus der gleich
folgenden expliziten Konstruktion der Eigenfunktionen folgen.
Die Drehimpulsoperatoren in der Ortsdarstellung
~ . Wir werden diesen Ausdruck in
In der Ortsdarstellung gilt, wie schon gezeigt: L~ = ~i ~r r
spharischen Polarkoordinaten umschreiben:
x = r sin cos y = r sin sin z = r cos Die Einheitsvektoren dieses Koordinatensystems sind
@~r
r^ = sin cos ^x + sin sin ^y + cos ^z = @r
@~r
^ = cos cos ^x + cos sin ^y sin ^z = r1 @
@~r
^ = sin ^x + cos ^y = r sin1 @
Der Gradientoperator lautet entsprechend:
~ = r^ @ + ^1 @ + ^ 1 @
r
@r r @ r sin @
Der Drehimpulsoperator lautet in Polarkoordinaten
~ = ~ r r^ r
~ = ~ ^ @ ^ 1 @
L~ = ~i ~r r
i
i @ sin @
()
Nach Substitution der Ausdrucke fur ^ und ^ ndet man fur die kartesischen Komponenten:
sin @@ cos cot @@
@
~
@
Lx = ~i
Ly = i cos @ sin cot @
@
Lz = ~i @
()
Der Operator L2 kann nicht naiv aus () hergeleitet werden, weil ^ und ^ selbst noch von und abhangen. Wir konnen entweder L2 aus () bestimmen durch stures Rechnen, oder das
81
Ergebnis der Dierentialgeometrie benutzen, wonach man bei der Bildung des Quadrats eines
Vektor-Dierentialoperators naiv rechnen darf, falls man nur im ersten Faktor von L~ L~ Dierentialoperatoren durch ihre Adjungierten bezuglich des Skalarprodukts
Z
h j i = (r; ; ) (r; ; ) r2 sin drdd
ersetzt. Dieses liefert
@
i @r
~
) ~i
@
@r
+ r2
Beide Methoden liefern:
L2 = ~2
oder:
@
i @
~
) ~i
@
@ + cot @
i @
~
) ~i @@
@
@
1 @2 +
cot
+
@
@ sin2 @2
@ sin @ + 1 @ 2 L2 = ~2 sin1 @
@
sin2 @2
Das Eigenwertproblem fur L2 und Lz : jl; mi in der Ortsdarstellung
Aus der obigen Darstellung fur Lz folgen die Eigenfunktionen von Lz fast direkt. Man pruft
leicht nach, da gilt:
@ eim = ~meim
Lz eim = ~i @
Eine Eigenfunktion von Lz zum Eigenwert ~m hat also in der Ortsdarstellung die Form f (r; ) eim
mit willkurlichem f (r; ). Aus dem Ausdruck fur L2 geht hervor, da dessen Eigenfunktionen noch
eine willkurliche Funktion von r enthalten. Wir werden sie deshalb nur auf der Einheitskugel
spezizieren und setzen an:
hr^ jl; mi = Ylm (; )
mit der Normierungsbedingung
Z
Ylm Yl0 m0 sin dd = l;l0 m;m0
Es wird sich zeigen, da die Ylm (; ) mit den in der Vorlesung Elektrodynamik eingefuhrten
Kugelachenfunktionen identisch sind.
82
Weiters wird es genugen, die Yl0 (; ) zu bestimmen, weil daraus die weiteren Ylm (; ) durch
Anwenden von
@ i cot @ L = ~ei @
@
gebildet werden konnen, z.B.:
Yl;1 =
1
p
L Y
~ l (l + 1) 0 (0 1) l;0
Die Funktionen Yl0 (; ) hangen wegen Lz Yl0 (; ) = 0 nur von ab und wir schreiben Yl0 =
Nl Pl (cos ), mit Nl ein noch zu bestimmender Normierungsfaktor. Die Legendrefunktionen
Pl (cos ) genugen L2 Pl = ~2 l (l + 1) Pl , oder in der Ortsdarstellung
1 @ @
sin @ sin @ + l (l + 1) Pl (cos ) = 0
Mittels der Substitution = cos fuhrt dies zur Legendreschen Dierentialgleichung.
@
@ 1
2
@ + l (l + 1) P () = 0
l
@
()
Fur l = 0 ist die Losung oensichtlich P0 () = 1. Wir versuchen jetzt die Konstruktion von
Leiteroperatoren. Dazu schreiben wir () in der Form [A + l (l + 1)] P = 0. Aus den Erfahrungen mit dem harmonischen Oszillator vermuten wir, da die Pl Polynome vom Grad l sind.
Dementsprechend werden wir versuchen Leiteroperatoren mit den Bausteinen 1 2 @@ und zu konstruieren. Wir bestimmen dazu die Kommutatoren
A; 1
2
@ = @ 1 2 @ ; 1 2 @ @
@
@
@
@
= ; 1 2 @
1 2 @
@
@
@
d.h.:
h
i
A; 1 2 @@ = 2A ;
und:
@ [A; ] = @ ; 1
h
i
A; 1 2 @@ Pl = 2l (l + 1)Pl
2
@ + @ 1 2 @ ; @ @
@
@ 2
= 2 1 2 @
83
Wir denieren jetzt:
ayl =
und erhalten
h
i
A; ayl Pl =
@ + (l + 1) 1 2 @
2 (l + 1) l + 2 (l + 1) 1
2
@ 2 (l + 1) P
l
@
= 2 (l + 1) ayl Pl
Das so konstruierte ayl erfullt also die Bedingung fur einen Aufsteigeoperator fur A:
Aayl Pl = ayl APl 2 (l + 1) ayl Pl = (l + 1) (l + 2) ayl Pl
d.h.
@ + (l + 1) P () = c P ()
1 2 @
l
l l+1
()
In diesem Ausdruck ist cl eine Konstante, die ziemlich belanglos ist, weil wir die Pl () ohnehin
noch nicht normiert haben. Die konventionelle Normierung lautet Pl (1) = 1, also cl = l + 1. Die
ersten paar Legendre-Polynome sind:
P0 = 1
P1 = P2 = 12 3 2 1
P3 = 21 5 3 3
Eine andere, aquivalente Darstellung der Legendre-Polynome ist (ohne Beweis):
@ l 2 1l
Pl () = 21l l! @
l
()
Aus dieser Darstellung ist sofort klar, wie auch aus (), da Pl () ein Polynom l-ten Grades ist.
Weiter sieht man aus () sofort (wie?), da
Z+1
1
m Pl () d
84
verschwindet fur alle m < l, und da deshalb die Pl (x) fur verschiedene l orthogonal sind, wie
es sich fur Eigenfunktionen von A zu verschiedenen Eigenwerten gehort. Vollstandigkeitshalber
geben wir noch (ohne Beweis) die Normierung :
Z+1
1
Pk () Pl () d = 2l 2+ 1 kl
Daraus folgt sofort die Normierung der Kugelachenfunktionen Yl0 :
r
+ 1 P (cos )
Yl0 = 2l4
l
Beweis:
Z Z2
0 0
Yl20 (cos ) sin dd =
Z+1Z2
1 0
+ 1 2 2 = 1
Yl20 () ddy = 2l4
2l + 1
Die Ylm (; ) mit m 6= 0 konnen jetzt, wie oben schon angedeutet, durch Anwenden von Lm
konstruiert werden. Das Ergebnis ist (ohne Beweis):
Ylm = (
1)m
s
2l + 1 (l m)! P m (cos ) eim
4 (l + m)! l
mit
Plm () = 1 2
m2 @m P ()
@ m l
Die Plm () konnen als Polynome l-ten Grades in sin und cos geschrieben werden.
7.4 Teilchen mit Spin; Drehimpulskopplung
Bisher haben wir die raumlichen und die Spin-Freiheitsgrade eines Teilchens nur getrennt betrachtet. Allgemein braucht man aber zur Spezikation des Zustandes eines Teilchens Information uber
beide. Eine solche Spezikation ware z.B.:
Ortszustand j~pi
Spinzustand j+z i Gesamtzustand j~p; +z i
oder Ortszustand j~p0i Spinzustand j z i Gesamtzustand j~p0; z i
Nach dem Superpositionsprinzip mussen dann auch beliebige Linearkombinationenerlaubte Zustande
sein, z.B.:
j i=
Z
~+ (~p) d~p j~p; +z i +
85
Z
~ (~p0 ) d~p0 jp~0 ; z i
Falls wir bezuglich des Raumes die Impulsdarstellung, und bezuglich des Spins die j+z i ; j z iDarstellung wahlen, lat sich der Gesamtraum als ein Paar von Funktionen darstellen:
0
B ~+ (~p)
j i Darst.
!B
@
1
CC
A
~ (~p0)
Gelegentlich werden wir nur bezuglich des Spins zu einer expliziten Darstellung ubergehen und
schreiben:
1
0
B j + i CC
j i Darst.
!B
A
@
j i
Operatoren konnen jetzt sowohl auf den Spinfreiheitsgrad als auch auf die raumlichen Freiheitsgrade wirken. In der obigen "gemischten" Schreibweise sind sie Matrizen, deren Elemente Hilbertraumoperatoren sind. Beispiele:
0
0
1
Lz 0 C
+ ~2 I 0
Darst. B
Darst. B
B
B
C
Lz ! @
A ; Sz ! @
~
0
Lz
2I
0
1
CC
A
Ein weiteres Beispiel ist der Hamiltonoperator fur ein Teilchen in einem ortsabhangigen Magnetfeld
B~ (~r) = B (~r) z^:
0
B
p2 + B (~r) S Darst.
H = 2m
s
z ! B
@
p2 ~
2m + 2 s B
~
R
p2
0
2m
1
0
CC
A
~
~
2 s B
R
Schlielich betrachten wir noch das Potential fur ein sich bewegendes Punktteilchen mit magnetischem Moment M~ in einem elektrischen Feld E~ (~r). Nach der (relativistischen) Elektrodynamik
lautet dies
= M~ ~vc E~ (~r)
Fur zentralsymmetrisches E~ (~r) = r^E (~r) (z:B. wie in einem H-Atom) fuhrt dies zu
1 M~ ~p r^E (~r) = E (~r) M~ L~
= mc
mcr
In der Quantentheorie kann man also einen Beitrag zum Hamiltonoperator vom Typ
0
B Lz L
!B
L~ ~ = Lx x + Ly y + Lz z Darst.
@
L+
86
Lz
1
CC
A
erwarten. Wir untersuchen jetzt die Drehungen im erweiterten Zustandsraum. Die innitesimale
Drehung ist ein Produkt aus innitesimalen Drehungen fur Raum- und Spinfreiheitsgrade:
Dn^ ; = I ~
I ~i ^n S~ = I ~i ^n J~ + O 2
i ^n L~
mit J~ = L~ + S~ der Gesamtdrehimpuls-Operator. Man pruft leicht nach, da J~ die charakteristischen Vertauschungsrelationen eines Drehimpulses hat: [Jk ; Jl ] = i~"klm Jm . Dabei benutzt man,
da Li und Sj vertauschen, weil sie auf verschiedenen Freiheitsgraden wirken.
Falls ein Hamiltonoperator Terme wie L~ S~ enthalt, vertauscht er nicht langer mit den Kompo~ Wir werden die Eigenfunktionen von H deshalb
nenten von L~ und S~ , wohl aber mit denen von J.
unter denjenigen von z.B. J 2 und Jz suchen mussen. Weil J~ mit L2 kommutiert, mussen diese
Eigenzustande Linearkombinationen der Zustande jl; m; sz i sein:
jl; j; jz i =
X
m;sz
jl; m; sz i hl; m; sz jl; j; jz i
Die Entwicklungskoezienten hl; m; sz jl; j; jz i heien Clebsch-Gordon-Koezienten.
Wir werden das Verfahren zur Bestimmung der Clebsch-Gordon-Koezienten fur einen etwas
~ der aus zwei miteinander kommuallgemeineren Fall, namlich fur einen Drehimpulsoperator J,
tierenden Teildrehimpulsen J~1 und J~2 aufgebaut ist, diskutieren. Dabei konnen J~1 und J~2 Bahnoder Spindrehimpuls verschiedener Teilchen sein, oder auch Bahn- und Spindrehimpuls desselben
Teilchens. Weil J12 und J22 mit J~ vertauschen, konnen wir fur die gemeinsamen Eigenvektoren
von J12 ; J22; J 2 und Jz Linearkombinationen der Zustande jj1 ; j1z ; j2 ; j2z i ansetzen. Wir werden im
weiteren jz ; j1z und j2z mit m; m1 und m2 andeuten und die Quantenzahlen j1 und j2 nicht langer
explizit erwahnen. In dieser Kurznotation schreiben wir fur die gesuchte Linearkombination
jj; mi =
X
m1 ;m2
jm1 ; m2i hm1 ; m2 jj; mi
Unsere Aufgabe ist es jetzt, zu bestimmen, welche j und m uberhaupt vorkommen, und die
entsprechenden Linearkombinationen zu konstruieren. (Bemerke, da wir im alten System die
Quantenzahlen mit Strichpunkten, im neuen mit Beistrichen trennen, um den Unterschied anzudeuten)
87
Bezuglich m ist die Frage einfach zu beantworten: weil Jz = J1z +J2z mu gelten m = m1 +m2 .
Weiter gilt fur den Zustand jj1 ; j2i mit maximalen Werten von m1 und m2 :
J+ jj1 ; j2i = (J1+ + J2+ ) jj1 ; j2i = 0
Der Zustand jj1; j2i ist also ein Zustand mit maximalem m; also mit m = j:
jj1 ; j2i = jj1 + j2 ; j1 + j2 i
Wir betrachten nun die Zustande mit m = j1 + j2 1. Davon gibt es zwei, namlich jj1 1; j2i
und jj1 ; j2 1i. Eine bestimmte Linearkombination erhalt man durch Anwenden von J auf den
obigen Zustand:
J jj1 ; j2i = jj1 1; j2i + jj1; j2 1i
()
wobei und die auf S. 80 bestimmten Matrixelemente von J1 und J2 sind. Nach Normierung
liefert dieser Zustand also den Zustand jj1 + j2 ; j1 + j2 1i. Fur den zu () orthogonalen Zustand
gilt
J+ f jj1 1; j2i + jj1 ; j2 1ig = ( ) jj1 ; j2i = 0
Diese zweite Linearkombination ist also wieder ein Zustand mit maximalem m, d.h. bis auf die
Normierung der Zustand jj1 + j2 1; j1 + j2 1i.
Beispiele: J~1 = L~ mit j1 = 1; J~2 = S~
Der "maximale" Zustand wird identiziert als 23 ; 32 = 1; 21 . Anwendung des Leiteroperators
J ergibt
q3
3 ; 1 = ~p1 (1 + 1) 1 (1 1) 0; 1 + ~ 1; 1 2 2
2
2
p p oder 3 23 ; 12 = 2 0; 21 + 1; 12 , und wir erhalten
3 1 q 2 1 q 1 1 2 ; 2 = 3 0; 2 + 3 1; 2
q 1 0; 1 + q 2 1; 1 und 12 ; 12 =
3
2
3
2
~
3
2 2
+1
3 3
2 2
1
wobei das Vorzeichen des zweiten Zustandes eine Konventionssache ist.
Fortsetzung der allgemeinen Diskussion. Fur den Fall j2 =
1
2
kann man jetzt alle
weiteren Zustande durch Anwendung von J aus den soeben konstruierten herleiten. Man erhalt
88
zwei Multiplette mit j = j1 + 21 und j = j1
1.
2
Die Gesamtzahl der so erhaltenen Zustande
stimmt auch:
2 j + 1 + 1 + 2 j
1 2
1
1
2
+ 1 = 2 (2j + 1)
1
Falls sowohl j1 und j2 groer als 12 sind, hat man fur m = j1 + j2 2 drei unabhangige Zustande.
Zwei unabhangige Linearkombinationen sind als jj1 + j2 ; j1 + j2 2i und jj1 + j2 1; j1 + j2 2i
zu identizieren. Die zu beiden orthogonale Kombination ist dann jj1 + j2 2; j1 + j2 2i, weil
sie von J+ vernichtet wird (J+ bildet den dreidimensionalen auf einen zweidimensionalen Unterraum ab, mu also einen Nulleigenvektor haben).
Dieses Spiel lat sich wiederholen bis zu m = jj1 j2 j. Ab dann wachst die Dimension des
Unterraumes nicht weiter an mit abnehmendem m, und die weiteren Zustande konnen lediglich
durch Anwenden von J bestimmt werden.
Beispiel:
3 ; 1 = q 2 L 0; 1 + q 1 L 1; 1 + q 2 S 0; 1 2 2
3
2
3
2
3
2
q 16 3 1 q 2 p 1 q 1 p 1 q 2 1 4 2 ; 2 = 3 2 1; 2 + 3 2 0; 2 + 3 0; 2
J
also
3 ; 1 = q 1 1; 1 + q 2 0; 1 2 2
3
2
3
2
analog
1 ; 1 = q 2 1; 1 + q 1 0; 1 2 2
3
2
3
2
Nochmaliges Anwenden von J bringt 21 ; 21 zum Verschwinden und bildet 32 ; 12 auf
3 ; 3 = 1; 1 2
2
2
ab. Allgemein erhalten wir so (fur j2 < j1 ) 2j2 +1 Multiplette mit j = j1 +j2 ; j1 +j2 1; : : : ; j1 j2 .
Die Gesamtzahl der Zustande stimmt auch:
2j2
X
p=0
f2 (j1 + j2 p) + 1g = 21 (2j2 + 1) [2 (j1 + j2 ) + 1 + 2 (j1 j2 ) + 1]
= (2j2 + 1)(2j1 + 1)
89
Die Clebsch-Gordon-Koezienten, die im Prinzip fur jedes Paar (j1 ; j2) nach dem obigen Schema
berechnet werden konnen, sind auch ausfuhrlich tabelliert worden. Die hier konstruierten Eigenzustande fur das Beispiel j1 = l = 1; j2 = s = 12 zeigen eine Korrelation zwischen Raumrichtung
und Spinrichtung auf, z.B. gilt in der Ortsdarstellung:
1
0
0
1 ; 1 = p1 BB Y1;0 CC = p1 BB cos 2 2
A 4 @
3@ p
i
sin e
2Y11
1
CC
A
In diesem Zustand hat man also ein Teilchen, das auf der z-Achse detektiert wird, mit Sicherheit
den Spinzustand j+z i, ein Teilchen in der A quatorebene mit Sicherheit den Spinzustand j z i usw.
Falls die Teildrehimpulse J~1 und J~2 Bahndrehimpulse verschiedener Teilchen sind, so wird in
den Eigenzustanden von J 2 i.a. eine Korrelation zwischen den Richtungen der einzelnen Teilchen
auftreten. In der Kern- und Elementarteilchenphysik ist die Analyse der Winkelkorrelationen von
Zerfallsprodukten die wichtigste Methode zur Bestimmung des intrinsischen Drehimpulses eines
Kernzustandes, bzw. eines instabilen Elementarteilchens.
90
8 Gebundene Zustande in Zentralkraftfeldern
8.1 Das Wasserstoatom
Wir betrachten die stationare Schrodingergleichung fur ein Elektron im Feld einer Punktladung
+Ze. Der Hamiltonoperator lautet in Ortsdarstellung:
~2 r2 Ze2
H = 2m
jr j
Bekanntlich lautet der Laplaceoperator in Polarkoordinaten (siehe auch S. 82)
@
@ 2 @ 1 @
@2
+ r @r + r2 @ + cot @
+ 2 1 2 @
r2 = @r
r sin 2
@ 1
1
@
2
= r2 @r r2 @r
r 2 ~2 L
@ 2 r 1 L2
= r1 @r
2
r 2 ~2
Wir konnen also die Eigenfunktionen von H unter den Eigenfunktionen von L2 und Lz suchen
und fur (~r)
(r; ; ) = R (r) Ylm (; )
ansetzen. Substitution in H = E und Wegkurzen der Ylm liefert die sog. Radialgleichung
1 @ r2 @ R(r) l (l + 1) R (r) + 2Ze2 m 1 R (r) = 2mE R (r)
r2 @r @r
r2
~2 r
~2
Wir konnen den ersten Term noch etwas weiter vereinfachen mittels der Substitution R(r) =
u (r) =r:
1 @ r2 @ u (r) = 1 @ 2 r u (r) = 1 @ 2 u (r)
r2 @r @r r
r @r2 r
r @r2
also nach Substitution in der vollen Gleichung und Multiplikation mit r:
@ 2 u (r)
@r2
l (l + 1) u (r) + 2Ze2 m u (r) = 2mE u (r)
r2
~2 r
~2
Dies hat die Form einer Schrodingergleichung, allerdings mit einem zusatzlichen Potential (Zentrifugalpotential), wie schon aus der Mechanik bekannt. Wir fuhren jetzt noch skalierte Variablen
(mit den auf S.3 angesprochenen "naturlichen" Groen fur Atome) ein mittels
~2 = Bohrradius
aB = me
2
= r=aB
~2 = Rydbergenergie " = E=Ry
Ry = 2ma
2B
91
und erhalten so schlielich:
d2 u
d2
l (l + 1) u + 2Z u = "u
2
()
Dabei mussen wir die zugelassenen Funktionen so wahlen, da der Operator dd22 auf 0 < < 1
selbstadjungiert ist. Allgemein gilt
Z1
0
2
w () d u () d =
d2
Z1 d2w ()
0
d2
dw (0)
u () d + w (0) du
(0)
u
(0)
d
d
Wir mussen also entweder u (0) = 0 oder du
d (0) = 0 fur alle u () (und w ()) verlangen.
Die erste Bedingung ist physikalisch vernunftig; sie bedeutet, da (~r) im Ursprung weniger
singular ist als r 1 ; eine Singularitat wie r
1
wurde fur r2 (~r) einen Beitrag proportional zu
(~r) bedeuten, die in Losungen der Schrodingergleichung nicht auftreten darf. Die Bedingung
du (0) = 0 schliet solche Losungen nicht aus, und wir verlangen also u (0) = 0.
d
Wir betrachten zunachst die Gleichung () fur ! 1. In diesem Grenzfall gilt dd2 u2 = "u, also
p
u () = cst:e " . Nur die Losung mit dem Minuszeichen kann normierbar sein. wir setzen also
an
p
u () = v () e "
wobei v () fur ! 1 schwacher als exponentiell anwachsen soll. Es gilt:
d2u = e p" d2v 2p"e p" dv + "ve p"
d2
d2
d
dv
Die Funktion v () soll deshalb der Gleichung v0 d
p
v00 2 "v0 l (l+2 1) v + 2Z v = 0
gehorchen. Wir versuchen jetzt den Potenzreihenansatz v () = wird bestimmt vom Verhalten im Grenzfall ! 0:
c0 ( 1) 2
()
1
P
c . Die niedrigste Potenz
=0
l (l + 1) c0 2 = 0
also:
( 1) = l (l + 1) =) = l oder = l + 1
92
Wegen der Randbedingung u (0) = 0 ist nur = l + 1 akzeptabel. Wir setzen also an:
v = l+1
1
X
=0
c und substituieren in ():
X c ( + l + 1) ( + l) +l
1
p
2 " ( + l + 1) +l + 2Z +l l (l + 1) +l
1
=0
In dieser Summe mu der Koezient jeder Potenz von separat verschwinden:
p
c +1 [( + l + 2)( + l + 1) l (l + 1)] c 2 " ( + l + 1) 2Z = 0
Wir erhalten die Rekursionsbedingung
p" Z
(
+
l
+
1)
c +1 = 2 ( + l + 2)( + l + 1) l (l + 1) c
()
p
Fur ! 1 wird das Verhaltnis c +1 =c asymptotisch 2 " . Das entspricht dem Koezientenp
verhaltnis in der Taylorreihe fur e+2 " ; falls die Rekursionsbeziehung nicht abbricht, konstruieren
p
wir also eine Losung mit dem falschen asymptotischen Verhalten e+ " ! Dies kann nur vermieden
werden, falls die Rekursion abbricht fur irgend ein m > 0, d.h. falls
p
(m + l + 1) " = Z =) " =
Z2
(m + l + 1)2
m 0
Die Energieeigenwerte sind also
2
En = Zn2 Ry
n1
Die Quantenzahl m + l + 1 = n (Hauptquantenzahl) kann auf n verschiedene Weisen aus l
und m zusammengesetzt werden, und zwar mit 0 l n 1. Fur jedes l hat man 2l + 1
unabhangige Zustande, also insgesamt
nP1
o
(2l + 1) = 21 n (2n 1 + 1) = n2. Die Zustande werden
charakterisiert durch die Quantenzahlen n; l; m; die Wellenfunktionen sind, wie man aus dem
Vorhergehenden zusammenlesen kann:
rZ
nlm (r; ; ) = Ylm (; ) rl e naB Qln l 1 (r)
wobei Qlk ein Polynom vom Grad k ist, das man, bis auf die Normierung, durch Losen der Rekursionsbeziehung erhalten kann. Es ist eng verwandt mit den Laguerre-Polynomen. Die Normierung
R1
enthalt elementare Integrale vom Typ r e r dr; sie ist im Prinzip einfach, aber lastig.
0
93
Zur Notation: Statt der Quantenzahl l gibt man gelegentlich den Buchstaben aus untenstehendem Schema an
l = 0 1 2 3 4 5 6 7 s p d f g h i j Falls wir jetzt schreiben
nlm = aB
3=2 Y
lm (; ) gnl ()
so gilt fur die ersten paar glm (fur Z = 1)
g1s () = 2e e
1
2
g2s () = p12 1
1
2
p
g2p () = 121 6e 21 Zum Schlu bemerken wir noch, da aus den Energieeigenwerten auch die Frequenzen des bei
U bergangen emittierten Lichtes folgen:
!mn = [Em En] =~ = Z 2 m12
1
n2
Ry=~
8.2 Das Kratzersche Modell eines zweiatomigen Molekuls
Die fur das Wasserstoatom verwendete Losungsmethode lat sich leicht auf ein ziemlich primitives Modell eines stark ionischen zweiatomigen Molekuls ubertragen. Dafur wurde von Kratzer
folgendes Potential vorgeschlagen
a
1 a20
2 r2
0
VK (r) = 2D r
Dabei ist a0 der Gleichgewichtsabstand und D die Tiefe des Potentialminimums. Die Abstoung
in VK ist unrealistisch weich; mehr realistische Modellpotentiale existieren, sind aber nicht oder
nur teilweise exakt losbar. Weiter nehmen wir zur Vereinfachung an, da eins der Atome sehr viel
schwerer ist als das andere, und als ruhend betrachtet werden kann. Die Schrodingergleichung
lautet:
r2
a0
+ 4mD
~2 r
1 a20
2 r2
94
= 2mE
~2
Wir verwenden wieder den Ansatz (~r) = Ylm (; ) ulr(r) , was zur reduzierten Gleichung
d2ul
dr2
1 a20 u = 2mE u
2 r2 l
~2 l
l (l + 1) u + 4mD a0
r2 l ~2 r
fuhrt. Mit den skalierten Variablen
= r=a0 E = "2ma20 =~2 2 = 2mDa20 =~2
erhalten wir
2
2
u00l l (l + 1)2 + ul + 2 ul = "ul
p
p
Fur ! 1 soll die Losung sich wie e " verhalten. Die Substitution ul = vl e " fuhrt zu
2
2
p
vl00 2 "vl0 l (l + 1)2 + vl + 2 vl = 0
Wir machen jetzt den Ansatz
vl () = 1
X
=0
c Der fuhrende Term folgt aus dem asymptotischen Verhalten fur ! 0:
q
( 1) = l (l + 1) + 2 =) = 21 2 + l + 12 2
Nur die positive Wurzel ist mit ul (0) = 0 vertraglich.
Fur die weiteren c erhalten wir wieder eine Rekursionsbeziehung:
X c ( + ) ( + 1) l (l + 1) 2 +
2
also:
p
2 " ( + ) 2 +
1
=0
p
( + ) " 2
c +1 = 2 ( + + 1)
( + ) l (l + 1) 2 c
p
Das typische asymptotische Verhalten von vl () ist wieder e+2 " , also eine akzeptable Losung
entsteht nur bei Abbruch der Rekursion:
p" = 2
mit
+
>0
oder
~ 4
El = 2ma
2 0
2
1
2
+ +
95
q
1
2 +
2
l+
1 2
2
In der Praxis ist 2 1 und man kann nach und l entwickeln. Dabei zeigt sich, da als
Vibrationsquantenzahl aufzufassen ist. Aus den hoheren Termen geht hervor, da Vibration und
Rotation nicht additiv zur Energie beitragen.
8.3 Stuckweise konstante Potentiale
Fur jedes spharisch symmetrische Potential kann man mittels der Substitution lm (r; ; ) =
Ylm (; ) u(rr) die Radialgleichung
d2 u
dr2
l (l + 1) u = 2m [E V (r)] u
r2
~2
herleiten. Wir werden jetzt diese Gleichung fur stuckweise konstante Potentiale V (r) diskutieren.
Fur l = 0 sind die Losungen identisch mit denjenigen des entsprechenden eindimensionalen Problems; man mu aber darauf achten, da nur Losungen mit u (0) = 0 auch fur das dreidimensionale
Problem akzeptabel sind.
Fur l 6= 0 kann man jetzt versuchen, Losungen zu erhalten (jedenfalls lokal) durch Anwenden
von Aufsteigeoperatoren. Die erhote Relation ist
Al+1 ayl ul = ayl Al ul = 2m [E~2 V0 ] ayl ul
mit
@2
Al = @r
2
l (l + 1)
r2
Weil der Operator @r@ als Baustein fur ayl in Frage kommt, berechnen wir zuerst
@
@r
2l (l + 1)
; Al =
r3
Dies lat vermuten, da ayl neben @r@ noch ein Vielfaches von r
deshalb
1
erhalten soll. Wir berechnen
1 1 @ @ @ 1 @ 2 @ 2
r ; Al = r ; @r @r + @r r ; @r = r2 @r r3
und nach einigem Herumprobieren nden wir, da fur
@
ayl = l +r 1 @r
96
gilt.
i
ayl ; Al = 2 (l +2 1)
h
r
@ l + 1
y
@r + r = (Al+1 Al ) al
also wie erhot: Al+1 ayl = ayl Al . In dieser Weise konstruiert man aus den elementar zu bestimmenden Eigenfunktionen fur l = 0 schrittweise welche fur l > 0 zum gleichen Eigenwert. Dies gilt
aber nur lokal! Die Operatoren ayl erhalten nicht die Stetigkeit der Ableitung an Sprungstellen des
Potentials. Das Zusammenstuckeln der Losungen uber den Randbedingungen mu fur jedes l neu
geschehen. Ehe wir hierauf eingehen, betrachten wir aber die lokalen Losungen etwas genauer.
Fur die mittels ayl konstruierten Losungen ist die nachfolgende Notation ublich: (sph. steht
fur spharisch)
u0 (r): ul (r):
sin kr
kl+1 r jl (kr)
cos kr kl+1 r nl (kr)
Name:
Beispiel ( = kr):
sph. Bessel-Fkt.
j1 () = sin2
sph. Neumann-Fkt.
n1 () = cos2 + sin cos kl+1 r hl (kr) sph. Hankel-Fkt. erster und zweiter Art h1 () = 12 i ei
Die spharische Besselfunktion ist regular im Ursprung und verhalt sich dort wie cl l f 2 , wobei
eikr
cl eine Konstante und f 2 eine fur = 0 regulare Funktion ist. Diese Struktur ist fur l = 0
aus der expliziten Gestalt oensichtlich. Das entsprechende ul () hat die Form k 1 cl l+1 f 2 ,
und man sieht, da Anwenden von ayl die gleiche Struktur in ul+1 () hervorruft. (Beide Terme in
ayl erzeugen fur sich Terme der Ordnung l , aber diese heben sich auf und der nachste Term, der
Ordnung l+2 , wird der fuhrende in ul+1 ()).
Die Neumannfunktionen, und damit auch die Hankelfunktionen, sind singular im Ursprung,
und verhalten sich dort wie l 1 ; sie ergeben also in der Nahe von r = 0 keine akzeptablen
Losungen, wohl aber im Auenbereich jenseits einer Sprungstelle im Potential.
Das asymptotische Verhalten fur ! 1 erhalt man dadurch, da man in den Operatoren ayl
immer den Anteil @@ herausholt. Fur die Hankelfunktionen ergibt dies
hl () @ l
l i(
i
@ e = (i) e
also
hl () h0 l 2
97
l=2)
Weil die jl () und nl () Linearkombinationen der Hankelfunktionen sind, gelten fur sie ganz
analoge Ausdrucke. Weiters sieht man (durch Hinzuschreiben des Faktors e iEt=~ ), da die h+l
auslaufende Wellen und die hl einlaufende Wellen beschreiben.
Bisher haben wir stillschweigend angenommen, da E > V (r) ist, und damit k eine reelle
Zahl. Fur E < V (r) erhalt man die entsprechenden Funktionen mit imaginarem Argument ir
p
mit = 2m (V0 E) =~2. Zur Vermeidung von Faktoren il fuhrt man die Funktionen k ()
ein mit
u0 (r): ul (r):
er
Beispiel:
1
Asymptotik
1
l+1 r kl (r) k1 () = 2 e kl () (1)l k0 ()
Fur ! 1 sind die kl+ () exponentiell abklingend und daher fur die Konstruktion normierbarer
Eigenfunktionen geeignet; die kl () wachsen exponentiell an.
Bemerkung: In obiger U bersicht haben wir die Denitionen und Konventionen von Messiah,
Quantum Mechanics, ubernommen. Andere Autoren verwenden gelegentlich etwas andere Denitionen mit zusatzlichen Faktoren 1 bzw. i fur Neumannfunktionen bzw. Hankelfunktionen.
Gebundene Zustande fur den spharischen Potentialtopf.
Fur das Potential V (r) = V0 (r a) mu oensichtlich der Ansatz
r 1 ul (r) = Ajl (kr)
fur x < a
r 1 ul (r) = Bkl+ (r) fur x > a
~2 k2=2m = E
~2 2=2m = V0 E
gewahlt werden. Die Stetigkeitsbedingung fur r 1 u (r) in r = a liefert (bis auf Normierung)
A = kl+ (a) ; B = jl (ka)
Stetigkeit der Ableitung liefert dann die Bedingung
k kl+ (a) jl0 (ka) = jl (ka) kl+0 (a)
Aus dieser Bedingung folgen die Eigenwerte fur k, und damit fur E. Fur l = 0 erhalt man
k e a cos ka = e a sin ka =) cot ka = k
also die schon auf S. 56 bestimmte Eigenwertgleichung fur die ungeraden Eigenfunktionen des
98
eindimensionalen Problems. Auch fur die hoheren l ndet man Bedingungen vom Typ
cot ka = fl (k; ; a)
die man, wie auf S. 56 fur l = 0, grasch losen kann, nachdem man als Funktion von k ausgedruckt hat.
Das hier besprochene Modell kann als Ausgangspunkt fur das Schalenmodell eines Kerns verwendet werden. Allerdings braucht man dann noch zusatzlich eine Spin-Bahn-Wechselwirkung
von Typ
HLS = gL~ S~
(g > 0)
Dieser Operator hat die Eigenwerte des Gesamtdrehimpulses als Eigenzustande mit Eigenwerten
bestimmt durch
L~ S~ = 12 J 2 L2 S 2
also die Eigenwerte
1 2
2 g~ [j (j + 1) l (l + 1) s (s + 1)]
im Speziellen
1 g ~2 l
2
fur j = l + 12 und 21 g~2 (l + 1) fur j = l
99
1
2
(und l 6= 0).
9 Quantentheorie der Streuprozesse
9.1 Die Eigenfunktionen fur E > 0
In diesem Kapitel werden wir uns mit den Eigenfunktionen fur E > 0 eines zentralsymmetrischen
Potentials, welches fur r > a verschwindet, beschaftigen. Physikalisch spielen diese Eigenfunktionen eine Rolle bei der Beschreibung von Streuexperimenten. Dem eindimensionalen Analogon
sind wir schon im Abschnitt 5.2 begegnet. Als Einfuhrung diskutieren wir das Problem deshalb
nochmals in einem etwas allgemeineren Rahmen. Gegeben sei ein Potential V (x) = V ( x) mit
V (x) = 0 fur jxj > a. Es gibt dann zwei symmetrieangepate Losungen, eine gerade und eine
ungerade, die im Auengebiet wie folgt aussehen. [Wir haben die Funktionen g (x) und u (x)
reell gewahlt. Dies darf man immer machen, weil aus der Realitat von V (x) folgt, da mit (x)
auch Re (x) der Gleichung H = E genugt.]
x>a
g
x< a
A+ eikx + A+ e ikx A+ e ikx + A+ eikx
A eikx + A e ikx A e ikx A eikx
Die Koezienten A+ und A werden durch das Anpassen an die Losung im Innengebiet jrj < a
u
bestimmt. Die physikalisch relevante Losung soll aber die Form haben:
s (x > a) = t eikx
;
s (x <
a) = eikx + r e ikx
wobei jrj2 und jtj2 als Reexions- und Transmissionskoezienten in einem Streuexperiment zu
deuten sind. Die Losung s ist jetzt als Linearkombination von g und u zu konstruieren:
s= g+ u
mit: A+ + A = 0
A+ A = 1
Losung dieser Gleichungen ergibt
= 2A1+ ; = 2A1
und damit:
Im A+ A
t = A+ + A = A A
+
Re
A
+ A
r = A+ A = A A
+
100
Im Ergebnis fallen zwei Sachen auf:
1. Die Wahrscheinlichkeitserhaltung jrj2 + jtj2 = 1 ist automatisch erfullt.
2. Bestimmend fur jrj2 und jtj2 ist nur die Phase der Amplituden A in den Symmetrieangepaten Losungen. Dies beruht letztendlich auf der Realitat von g und u und damit
auf der Realitat von V (x).
Das dreidimensionale Problem. In drei Dimensionen haben die Symmetrie-angepaten
Losungen fur r > a die Form
lm (~r) = Ylm (; )
A h+ (kr) + Ah (kr)
l l
l l
Dabei ist die Phase von Al dadurch bestimmt, da die Losung in r = a glatt anschlieen soll an
die Losung im Innengebiet, die der Randbedingung
(i) (~r) = 0
lim r lm
r!0
genugt. Wegen der Radialsymmetrie konnen die Al unabhangig von m gewahlt werden. Wir
konnen die lm (~r) noch etwas umschreiben unter Benutzung der Beziehungen auf S. 97:
lm (~r) = Ylm (; ) [
2 Im Al jl (kr) + 2 Re Al nl (kr)]
Wir werden die Funktionen lm (~r) jetzt dadurch normieren, da wir ansetzen:
2 Im Al cos l ;
2 Re Al sin l ;
Al = 21i eil
Einsetzen liefert
1
(+) (kr)eil
lm (~r) = Ylm (; ) 2i [hl
hl( )(kr)e il ]
(r > a)
Die Groe l heit Phasenverschiebung. Die Phasenverschiebungen l geben fur das Auengebiet den Einu des Streupotentials wieder. Wir haben unsere Denition so gewahlt, da fur
verschwindenes Potential V (r) = 0 auch samtliche l verschwinden.
Die physikalisch relevante Losung. Analog zum eindimensionalen Problem suchen wir
jetzt eine physikalische Losung, die zusammengesetzt ist aus:
Einfallende Ebene Welle + Auslaufende Streuwelle
101
Aus der Analogie mit dem elektrodynamischen Streuproblem vermuten wir, da asymptotisch fur
groe r gelten mu
ikr
(~r) A ei~k~r + f (; ) e r
()
Falls wir die z-Achse entlang ~k legen, hat das Problem Rotationssymmetrie um die z-Achse und
es mu gelten f = f (), also
(~r) A
eikr cos + f () 1 eikr
r
Aus dem allgemeinen Ausdruck fur die Wahrscheinlichkeitsstromdichte
~j (~r) = i~ ( r 2m
r )
geht hervor, da der erste Term einen Strom in der z-Richtung vom Betrag
~je = i~ jAj2 i~k i~k = ~~k jAj2
2m
m
pro Flacheneinheit senkrecht zur ~k-Richtung tragt. Der zweite Term tragt einen Strom in Radialrichtung
eikr @ e ikr
i
~
2
2
jr () = 2m jAj jf ()j r @r r
2
~
~mk jAj2 jf r()2 j
e ikr @ eikr
r @r r
Durch ein Flachenelement mit Raumwinkel d2
und Radius R geht also ein nach auen gerichteter
Strom
~
jd2 = ~mk jAj2 jf ()j2
(also unabhangig von R)
Wir denieren jetzt den dierentiellen Streuquerschnitt d2 mittels:
2
d2 = Streustrom/Raumwinkeleinheit
Primarstrom/Flacheneinheit d Einsetzen liefert jetzt sofort:
d2 = jf ()j2 d2
Die Amplitude f () in () hat also eine direkte physikalische Interpretation.
102
Konstruktion des Streuzustandes aus den
l0 .
Wir versuchen jetzt eine Linearkombi-
nation der lm (r; ; ) zu konstruieren, die asymptotisch mit () zusammenfallt. Dazu brauchen
wir wegen der Rotationssymmetrie um die z-Achse nur die Zustande l0 . Die Aufgabe ist also,
Koezienten cl zu bestimmen, so da gilt:
X
l
cl l0 (r; ; ) A
eikr cos + f () e
ikr r
()
Dabei ist auch die Streuamplitude f () noch zu bestimmen; sie soll letztendlich durch die Phasenverschiebungen l ausgedruckt werden, weil letztere alle Information uber das Streupotential
enthalten. Dazu benotigen wir zuerst das asymptotische Verhalten der in den l0 enthaltenen
Hankelfunktionen. Auf S. 97 wurde schon berechnet
hl () (i)l 1r ei
also:
X
l
X r 2l + 1
1 h( i)l eil eikr (i)l e il e
cl l0 (r; ; ) cl 4 Pl (cos ) 2ikr
ikr
i
l
Als Nachstes mussen wir die einfallende Welle umschreiben. Dazu benutzen wir die mathematische
Identitat (ohne Beweis)
ei cos =
X
l
(2l + 1) il jl () Pl (cos )
Durch Einsetzen der asymptotischen Entwicklung der jl () erhalten wir damit
A X (2l + 1) heikr ( 1)l e ikr i P (cos )
Aeikr cos 2ikr
l
l
Substitution aller dieser Ergebnisse in () fuhrt zu:
ikr
1 X P (cos ) nhc~ ( i)l eil (2l + 1) Ai eikr
Af () e r = 2ikr
l
l
l
h
i o
c~l (i)l e il ( 1)l (2l + 1) A e ikr
mit c~l = 24l+1
cl . Die zweiten Terme in den geschweiften Klammern sind einlaufende Wellen,
die im Streuteil der Gesamtlosung nicht auftreten durfen. Weiters sind die Pl (cos ) bezuglich
103
unabhangige Funktionen, was zu Folge hat, da in der Summe uber l die Koezienten von
Pl (cos ) e ikr einzeln verschwinden mussen. Dies bedeutet:
c~l = (i)l (2l + 1) eil A
Substitution in den obigen Ausdruck fur f () fuhrt jetzt zu:
1 X (2l + 1) e2il 1 P (cos )
f () = 2ik
l
l
Wie wir im nachsten Abschnitt sehen werden, nehmen fur niedrige Energien die l mit wachsendem
l rasch ab, und die obige Reihe kann durch wenige Terme angenahert werden. Der physikalisch
beobachtete Streuquerschnitt () = jf ()j2 wird durch eine Doppelsumme gegeben:
X
() = k12 (2l + 1)(2l0 + 1) ei(l l0 ) sin l sin l0 Pl (cos ) Pl0 (cos )
l;l0
Der uber den Winkeln integrierte totale Streuquerschnitt tot wird wieder relativ einfach wegen
R sin dP P 0 =
l l
0
2
2l+1 ll0 :
tot = 4
k2
X
l
(2l + 1)sin2 l
()
9.2 Streuung an einer harten Kugel
Als Anwendung der Theorie im vorhergehenden Abschnitt betrachten wir die Streuung an einem
stuckweise konstanten Potential
V = V0 > 0 fur r < a
V =0
fur r > a
und zwar im Grenzfall V0 E. In diesem Fall kann man zeigen, da die Wellenfunktion kaum
ins verbotene Gebiet hineindringt und die Randbedingung (r = a) = 0 erfullt.
[Im eindimensionalem Analogon, S. 59, sieht man, da am Potentialsprung fur groes =
p2mV =~2 der Ordnung k= ist, und deshalb im Grenzfall ! 1 verschwindet].
0
Mit Hilfe der Formel lm = Ylm (; ) jl (kr + l ) sehen wir, da sich die Phasenverschiebung
bestimmen lassen aus:
cos l jl (ka) + sin l nl (ka) = 0
104
oder auch:
tan l = njl (ka)
l (ka)
Fur l = 0 liefert dies: tan 0 = tan ka also
0 = ka
Der Beitrag zum Gesamtquerschnitt () der l = 0-Streuung (weiterhin: s-Streuung) alleine betragt
2
2
0 = 4
k2 sin ka = 4a
fur k # 0.
Fur l = 1 errechnet man die Phasenverschiebung aus
sin ka ka cos ka = ka tan ka ' 1 k3 a3
tan 1 = cos
ka + ka sin ka 1 + ka tan ka
3
fur ka 1
Fur sehr niedrige Energie ist also der p-Beitrag zu f () gegenuber dem s-Beitrag vernachlassigbar.
Fur hoheres l kann man aus den Reihenentwicklungen fur jl () und l+1 nl () schlieen, da l
sich fur niedrige Werte von ka verhalt wie
(2l + 1) k2a2
2l+1
(ka)
tan l ' l = (2l + 1)!! (2l 1)!! 1 (2l + 3) (2l 1) + mit (2l + 1)!! = (2l + 1) (2l 1) (2l 3) : : :3 1. Fur ka < 1 nehmen die l also rasch ab. Der
Gesamtquerschnitt im Grenzfall k # 0 betragt also genau 4a2, also das 4-fache des klassischen
Wertes kl = a2. Der Beitrag der l-ten "Partialwelle" zum Streuquerschnitt wird bedeutend,
sobald k so weit angewachsen ist, da ka in der Nahe der ersten Nullstelle von nl gelangt. Diese
Nullstelle liegt in etwa bei ka = l + 21 .
In der klassischen Mechanik gibt es genau die gleiche Grenze fur die Drehimpulswerte, die in einem Sto eine Rolle spielen konnen. Der klassische Drehimpuls fur ein Teilchen mit Stoparameter
105
b ist gleich Lkl = bp, also Lmax
kl = ap. Mit den Korrespondenzregeln
p
Lkl () ~ l (l + 1) = ~ l + 21 + O l
liefert dies l = ka
1
2
1
;
p () ~k
fur den maximalen klassisch noch beteiligten Drehimpuls. Eine grobe
Abschatzung fur tot nden wir dadurch, da wir sin2 l gleich Null setzen fur l > ka
gleich 21 fur l < ka
1
2.
1
2
und
Dies liefert:
lX
max
4
2 2
2
1 2
tot = k2 (2l + 1) 12 = 2
2 (lmax + 1) ' k2 ka + 2 ' 2a
k
l=0
also genau zweimal der klassische Wert. Eine sorgfaltigere asymptotische Analyse bestatigt obiges
Ergebnis fur tot im Grenzfall hoher Energie. Diese Abschatzung ist nicht auf Streuung an harten
Kugeln beschrankt, und gilt fur ein beliebiges Streupotential, das eine raumliche Ausdehnung a
hat (Dominanz des Zentrifugalterms im eektiven Potential aus 5.1).
9.3 Die Bornsche Naherung
Fur hohe Energien, wo viele Partialwellen lm (; ) fur die Konstruktion der Streulosung benotigt
werden, wird die Behandlung mittels der Phasenverschiebungen rasch sehr kompliziert. In diesem
Falle empehlt sich ein von Born vorgeschlagenes Naherungsverfahren, das auf einer iterativen
Losung der Schrodingergleichung beruht. Wir schreiben dazu die stationare Schrodingergleichung
in der Form
r2 + k2 = 2m
~2 V ,
k2 = 2mE
~2
Falls fur einen typischen Wert V von V (~r) gilt k2 2~m2 V , so kann man fur eine Reihenentwicklung
=
0 + 1 + 2 +:::
ansetzen, in der n den Beitrag n-ter Ordnung in V bezeichnet. Falls wir diese Reihe in die obige
Schrodingergleichung einsetzen und nach Ordnungen in V sortieren, erhalten wir eine Reihe von
106
Gleichungen:
r2 0 + k2 0 = 0
r2 1 + k2 1 = 2~m2 V
0
r2 2 + k2 2 = 2~m2 V
1
usw.
die wir sukzessive losen konnen unter Berucksichtigung der fur das physikalische Ausgangsproblem
gultigen Randbedingungen. So wahlen wir fur
0
die einfallende Welle
i~k ~r
0 (~r) = e 0
Substitution in die Gleichung fur
~k0 = k^z
1;
i~k0~r
r2 1 + k2 1 = 2m
~2 V e
()
liefert eine inhomogene Helmholtzgleichung. Wir suchen eine Losung die nur auslaufende Wellen
enthalt. Eine solche Losung konstruiert man mit Hilfe der Greenschen Funktion. Die Greensche
Funktion G (~r ~r0 ) ist eine Losung der Gleichung
r2 + k2 G (~r ~r0 ) = (~r ~r0 )
Eine solche Losung, welche die Randbedingungen unseres Streuproblems erfullt, ist
ikj~r ~r0 j
e
1
0
G (~r ~r ) = 4 j~r ~r0 j
(siehe VL Elektromagnetismus). Die Losung der Gleichung () erhalt man durch Faltung von
G (~r ~r0 ) mit der Inhomogenitat:
Z eikj~r ~r0j
m
0 i~k0 ~r 0
1 (~r) = 2~2
j~r ~r0 j V (~r ) e d~r
Wir bestimmen jetzt das asymptotische Verhalten von
1 (~r) weit weg von dem Gebiet, wo V
von Null verschieden ist, und zwar im Punkt ~r = r^n. Es gilt dann
j~r ~r0j '
q
j~r
~r0j2 ' r
r
0
1 2~rr2~r + 0
' r 1 ~r r n^ + 107
(~r0)
Wir ersetzen nun im obigen Integral die Groe j~r ~r0j im Nenner durch r, und im Exponenten,
wo sie noch mit der groen Zahl k multipliziert wird, durch zwei Terme der obigen Taylor-Reihe.
Das Ergebnis ist
m eikr Z V (~r0 ) ei(~k0 kn^)~r d~r0
2~2 r
0
1 (~r ) Falls wir jetzt noch einfuhren
~q = ~k0 k^n
;
~~q = Impulsubertrag
so lat sich dieses Ergebnis schreiben als
eikr
1 (~r) r f ()
Z
m
mit f () = 2~2 V (~r0 ) ei~q~r d~r0
Dabei ist der Winkel zwischen ~k0 und n^ . In der ersten Bornschen Naherung ist also die Streuamplitude f () der Fouriertransformierten des Streupotentials, mit dem Impulsubertrag als Fouriervariable, proportional.
Nach Bedarf kann man jetzt hohere Bornsche Naherungen dadurch konstruieren, da man
2 ; 3; usw.
aus den Gleichungen
r2 + k 2
mit
= 2m V
n ~2
n 1
Z eikj~r ~r0 j
m
0
0
n (~r) = 2~2
j~r ~r0j V (~r ) n 1 (~r) d~r
mit Hilfe der Greenschen Funktion bestimmt, und aus ihrem asymptotischen Verhalten sukzessive
Korrekturen zu f () berechnet. In der Praxis begnugt man sich aber meistens mit der ersten
Bornschen Naherung. Das Kriterium fur deren Gute ist:
1 0
im Bereich des Streupotentials
108
also z.B. fur r = 0:
Za
Z
0
ikr
0
m
e
2m
j 1 (0)j = 2~2 r0 V (r0) ei~k0 ~r d~r0 = k~2 eikr sin kr0V (r0) dr0 1
0
Die erste Bornsche Naherung (und uberhaupt die Entwicklung, auf der sie beruht) ist also gut fur
schwaches Potential oder hohe Energie. Die naive Abschatzung 2mV =~2 k2 1 sollte aber eher
durch 2mV a=~2 k 1 ersetzt werden.
Beispiel: das (abgeschirmte) Coulomb-Potential.
Als Anwendung betrachten wir die Streuung an dem Potential
r
V (r) = V0 er
()
Dieses Potential enthalt im Grenzfall ! 0; V0 ! 0; V0= = e1 e2 das reine Coulomb-Potential;
der Fall 6= 0 beschreibt in guter Naherung das Potential eines Kerns, das abgeschirmt wird
durch die Elektronenhulle. Das Potential () mit = m c=~ gleich der Compton-Wellenzahl
der -Mesonen, wird auch als Wechselwirkungspotential zwischen Nukleonen angesetzt und heit
dann Yukawa-Potential. Wir berechnen zuerst die Fourier-Transformierte
V (~q) =
Z
ei~q~r V (r) r2 sin drdd
Z
4
=
q V (r) r sin qr dr
1
Z1
1
4V
4V
0
0
r
= q e sin qr dr = 2iq iq + iq
Z
eiqr V
(r) r2 ddrd =
0
0
= (q4V
2 + 2)
Jetzt setzen wir ein: f () =
m
2~2 V
(~q) und j~qj = ~k0 ~k = 2k sin 2 und erhalten so
1
0
fB () = 2mV
2
2
2
~ 4k sin 2 + 2
109
Fur den Fall reiner Coulomb-Streuung reduziert sich das zu
fBC () =
me1 e2
2
2~ k2 sin2 2
Alle diese Ergebnisse gelten zuerst nur in der ersten Bornschen Naherung. Es stellt sich aber heraus, da das exakte Ergebnis fur den Coulomb-Fall sich nur um einen (-abhangigen) Phasenfaktor
vom obigen Ergebnis unterscheidet:
2
fCex () = fBC () e i ln(sin 2 )+i0
1 e2
mit = me
~2 k
und 0 eine -unabhangige Konstante. Der physikalisch beobachtbare Streuquerschnitt d2 =
jf ()j2 wird also von der ersten Bornschen Naherung schon exakt vorhergesagt; dies ist aber
fur ein allgemeineres V (r) durchaus nicht zu erwarten. Falls wir () statt in k in der Energie
E = ~2 k2=2m ausdrucken, stimmt der Streuquerschnitt
d2 =
e21 e22 d2
16E 2 sin4 2
sogar genau mit dem klassischen Rutherfordschen Ergebnis uberein.
110
10 Naherungsmethoden fur gebundene Zustande
10.1 Nichtentartete Storungstheorie
Nur in den wenigsten Fallen lat sich die stationare Schrodingergleichung exakt losen. Wir werden deshalb in diesem Kapitel einige Naherungsverfahren diskutieren, mit denen man wenigstens
Abschatzungen fur die Eigenwerte und Eigenvektoren fur viele praktische Probleme nden kann.
Das erste Verfahren dieser Art ist die Storungstheorie, die man anwenden kann, falls der betrachtete Hamiltonoperator H sich nur wenig von einem Hamiltonoperator H0 , dessen Eigenwerte
und Eigenvektoren bekannt sind, unterscheidet:
H" = H0 + "W
(" reell, H0 und W hermitesch)
H0 j n0i = En0 j n0i
Wir nehmen zuerst einfachheitshalber an, da die Eigenwerte En0 alle verschieden (im Jargon:
nichtentartet) sind. Unser Ansatz ist jetzt, da die Eigenwerte und Eigenvektoren von H" sich als
Potenzreihen in " darstellen lassen:
H" j n (")i = En (") j n (")i
()
mit
En" = En0 + "En1 + "2En2 + j n (")i = j
n0i + " j n1 i + "2 j n2i + Wir setzen diesen Ansatz in () ein und verlangen, da jede Ordnung in " separat verschwindet.
Dies fuhrt dann zu einer sukzessiven Bestimmung der Terme in beiden Reihen.
Die Terme nullter Ordnung in " liefern:
H0 j n0i = En0 j n0i
was laut Annahme immer erfullt ist.
Die Terme erster Ordnung in " liefern:
H0 j n1i + W j n0 i = En0 j n1 i + En1 j n0i
111
Wir multiplizieren diese Gleichung jetzt von links skalar mit h n0j. Wegen h n0j H0 = h n0j En0
fallen zwei Terme gegeneinander weg und wir erhalten
En1 h n0 j n0i = En1 = h n0j W j n0i
Als Kurzschreibweise fuhren wir ein: h m0 j W j n0i Wmn . In dieser Notation gilt also:
En1 = Wnn:
Zur Bestimmung von j n1i multiplizieren wir die Gleichung erster Ordnung von links skalar
mit h m0 j. Das liefert
Em0 h m0 j n1i + Wmn = En0 h m0 j n1i + En1mn
Fur m 6= n schlieen wir
h
m0 j n1i =
Wmn
En0 Em0
Fur m = n erhalten wir eine Identitat, die es uns nicht erlaubt h n0 j n1i zu bestimmen. In der
Entwicklung von j n1i nach dem vollstandigen Satz j m0 i bleibt also der Koezient von j n0i
zuerst unbestimmt:
j
n1i = n1 j n0i +
X
Wmn j i
m0
m6=n En0 Em0
[Dabei lauft die Summe uber alle Eigenzustande von H0; also nicht nur die gebundenen, sondern
gegebenfalls auch diejenigen des kontinuierlichen Spektrums. Die Summe ist dabei zu lesen als:
Summe uber das diskrete + Integral uber das kontinuierliche Spektrum.]
Wir mussen aber zusatzlich noch verlangen, da j n (")i ein normierter Zustand ist:
[h n0 j + " h n1j + ] [j n0i + " j n1 i + ] = 1
Bis zur Ordnung " liefert das :
1 + n1 + n1 = 1 =)
Ren1 = 0
Jetzt nutzen wir noch aus, da j n (")i ohnehin nur bis auf einen Phasenfaktor bestimmt ist:
mit j n (")i ist auch ei(") j n (")i eine Losung der stationaren Schrodingergleichung. Wir konnen
112
diese Freiheit dadurch ausnutzen, da wir j n (")i immer reell halten. Dies heit insbesodere:
n1 reell, also n1 = 0 !
Man kann das Verfahren jetzt beliebig weiter fuhren. Wir werden uns hier auf die Berechnung
von En2 beschranken. Dazu sammeln wir zuerst die Terme der Ordnung "2 aus ():
H0 j n2i + W j n1i = En2 j n0i + En1 j n1i + En0 j n2i
und multiplizieren wieder von links skalar mit h n0j:
En0 h n0 j n2i + h n0j W j n1i = En2 + En1 h n0 j n1 i + En0 h n0 j n2i
Der erste und der letzte Term fallen gegeneinander weg, und wie wir soeben gefunden haben, sind
j
n0i und j n1 i orthogonal.
Substitution von j n1i ergibt:
En2 =
X WnmWmn
m6=n En0
E m0
Wir bemerken noch, da fur den Grundzustand wegen Wnm = Wmn und Em0 > E00 der Beitrag
zweiter Ordnung die Energie immer erniedrigt.
10.2 Storungstheorie fur entartete oder fast entartete Niveaus
Das obige Schema bricht im allgemeinen zusammen, falls es Entartung gibt, d.h. falls es vorkommen kann, da gilt En0 = Em0 . Auch in hoheren Ordnungen treten immer wieder Nenner vom
Typ [En0 Em0] auf, mit j n0 i und j m0 i verschiedene Eigenzustande von H0. Gelegentlich funktioniert unser Schema trotzdem, namlich falls die Storung W zwischen den entarteten Zustanden
keine von Null verschiedenen Matrixelemente hat. Das passiert z.B. fur ein spharisch symmetrisches Problem, falls die einzige Entartung die m-Entartung ist, und die Storung mit Lz vertauscht.
Allgemeiner treten, jedenfalls in niedrigster Ordnung, gerade dann keine Schwierigkeiten auf, wenn
die Matrixelemente von W zwischen Zustanden gleicher Energie verschwinden.
Letzteres lat sich aber immer erreichen durch Ausnutzung der Freiheit, die man bei der Wahl
der Eigenvektoren im Falle der Entartung ohnehin hat. Nehmen wir an, zum Eigenwert En0 von
113
H0 gehoren p zueinander orthogonale Eigenzustande j n0k i:
H0 j n0k i = En0 j n0ki
h
k = 1; 2; : : : ; p
n0k j n0l i = kl
Statt der j n0ki konnte man aber auch einen willkurlichen Satz von Linearkombinationen als
(n) irgendeine unitare (in der Praxis
"die Eigenvektoren zum Eigenwert En0" betrachten. Sei Uk
vorzugsweise reell-unitare, also orthogonale) p p Matrix, so erfullen auch die Vektoren
j
n0i =
X
k
(n) j
Uk
n0ki
(n) so, da sie die p-dimensionale
das obige Paar von Beziehungen. Wir wahlen jetzt die Matrix Uk
hermitesche Matrix Wkl(n) deniert als
Wkl(n) = h n0kj W j n0l i
auf Diagonalform bringt:
X
k;l
(n)yW (n)U (n) = w(n)
Uk
kl l
Falls wir dieses Programm fur samtliche entartete Eigenwerte von H0 ausfuhren, so hat W keine
Matrixelemente 6= 0 mehr zwischen j n0i mit gleichem n.
Im Falle der Entartung besteht die Durchfuhrung der Storungsrechnung also aus zwei Schritten.
1. Vorbereitung: Bestimmung der "richtigen ungestorten Zustande" durch Losung der endlich
dimensionalen Eigenwertprobleme (eins fur jedes benotigte n)
X
l
(n)
Wkl(n)Ul(n) = w(n) Uk
2. Durchfuhrung der Storungsrechnung wie im vorherigen Abschnitt, aber mit den Eigen-
P
(n) j
zustanden j n0i = k Uk
n0k i.
Dabei nden wir insbesondere in der ersten Ordnung
H0 j n0i + W j n1i = En1 j n0i + En0 j n1i
P
und nach skalarer Multiplikation mit h n0j = l Ul(n)y h n0l j
En1 = w(n)
114
Falls die w(n) alle verschieden sind, wird die Entartung durch die Storung aufgehoben. Wir werden
die Storungsrechnung hier nicht weiter verfolgen (siehe Messiah, Bd. II, fur nahere Details), aber
begnugen uns mit der Bemerkung, da man fur En2 jetzt einen endlichen Ausdruck erhalt.
Zum Schlu dieses Abschnitts bemerken wir noch, da man auch dann in Schwierigkeiten gerat,
falls Em0 En0 zwar nicht verschwindet, aber von der gleichen Groenordnung ist wie "Wnm . Dann
ist auch "2 En2 von der gleichen Groenordnung wie "En1, und es ist nicht langer gewahrleistet,
da das Abbrechen der Storungsreihe nach endlich vielen Termen etwas Vernunftiges liefert. Dies
ist der Fall der Fastentartung. In der Praxis lat sich dieser Fall meistens vermeiden durch eine
vernunftige Aufspaltung von H in H0 + "W .
Beispiel: Atom mit einem Leuchtelektron im Magnetfeld. Die Hamiltonfunktion fur das
Leuchtelektron lat sich, unter Mitnahme der Spin-Bahn-Kopplung, schreiben in der Form
p2 + V (r) + e B~ L~ + 2S~ + g (r) L~ S~
H = 2m
2mc
2
Nehmen wir an, die Eigenzustande von 2pm + V (r) seien bekannt. Falls B~ konstant ist, kann man
die z-Achse entlang B~ wahlen; in den Zustanden nl (r) Ylm (; ) jz i mit dem Spinzustand jz i
ist jetzt B~ L~ + 2S~ auch scharf bestimmt, und man konnte die ersten drei Terme in H als H0
wahlen und den L~ S~ -Term mittels Storungsrechnung behandeln. Fur nicht zu groes B~ wurde
man damit aber genau in den Fall der Fastentartung geraten. Dies lat sich hier leicht vermeiden:
man wahle
p2 + V (r)
H0 = 2m
e B~ L~ + 2S~ + g (r) L~ S~
"W = 2mc
und die Komplikation tritt nicht auf.
10.3 Beispiel: Der Stark-Eekt
Als Hauptanwendung betrachten wir den Einu eines konstanten elektrischen Feldes auf die
Energieeigenwerte eines Teilchens. Falls wir die z-Achse entlang der Feldrichtung legen, erhalten
wir fur die Storung:
"W = eEz
115
Wir betrachten jetzt zuerst den Fall, da die ungestorten Energieniveaus neben der m-Entartung
keine weitere Entartung zeigen: Enl 6= En0l0 falls l 6= l0 (Beispiel: das Kratzer-Modell oder ein
Teilchen in einem stuckweise konstanten spharisch symmetrischen Potential). Weil "W mit Lz
vertauscht, hat W keine Matrixelemente zwischen entarteten Eigenzustanden von H0; und wir
konnen nichtentartete Storungsrechnung anwenden. (Etwas anders gesagt: Dadurch, da wir als
Eigenzustande von H0 die gemeinsamen Eigenzustande mit Lz gewahlt haben, haben wir schon
die "richtigen ungestorten Eigenzustande" gefunden).
Wir konnen ohne explizite Rechnung noch etwas uber die Matrixelemente znm des Operators
z herausnden. In Polarkoordinaten gilt: z = r mit = cos . Auf S. 84 haben wir fur den
Aufsteigeoperator des Gesamtdrehimpulses gefunden:
ayl =
@ + (l + 1) 1 2 @
Auf ahnliche Weise ndet man fur den Absteigeoperator al (Die Notation ist vielleicht etwas
y
verwirrend: man sieht leicht, da gelten mu ayl = al+1 , und nicht al : die Adjungierte von ayl
soll von l + 1 nach l fuhren.)
@ + l
al = 1 2 @
Es gilt also:
= (2l + 1)
1
oder, mit Berucksichtigung der Normierungen
ayl + al
s
s
1 + m) (l + 1 m) Y
(l + m) (l m)
Ylm = (l +(2l
l+1;m + (2l + 1) (2l 1) Yl 1;m
+ 1) (2l + 3)
Wir sehen also:
h
nlm0 j z j n0 l0 m0 0i = 0
falls: l0 6= l 1
oder: m0 =
6 m
Beziehungen dieses Typs heien Auswahlregeln. Insbesondere gilt immer:
Wnn = h nlm0 j eEz
" j nlm0 i = 0 =) En1 = 0
116
In Abwesenheit weiterer Entartung tritt also in erster Ordnung in E keine Verschiebung der
Energieniveaus auf.
Wir berechnen jetzt die zweite Ordnung (Der Parameter " ist nachtraglich gleich eins gewahlt)
En2 = e2 E 2
X
2
zmn
m6=n En0 Em0
In zweiter Ordnung tritt also eine Energieverschiebung auf, der quadratische Stark-Eekt. Wir
konnen das Ergebnis auch schreiben als
En2 = 21 nE 2
wobei n die elektrische Polarisierbarkeit des Atoms im Zustand n ist.
Die Berechnung von n erfordert die Bestimmung unendlich vieler Terme und ist meistens
nicht in geschlossener Form moglich. Eine Ausnahme bildet der Grundzustand des H-Atoms.
Zuerst geben wir eine grobe Abschatzung von 0 . Dazu benutzen wir die Tatsache, da verglichen
mit dem n = 0-Niveau die sonstigen Niveaus relativ kleine Em0 haben. Wir konnen deshalb in
erster Naherung Em0 gegenuber E00 vernachlassigen. Man erhalt so
i
2 X
2h
0 ' E2e
h0j z jmi hmj z j0i = E2e h0j z 2 j0i h0j z j0i2
00 m6=0
00
Wegen h0j z j0i = 0, E00 = ~2 =2ma2B , aB = ~2 =me2 , lat sich dies auch schreiben als
2 2
0 ' 4me~2 aB 31 h0j r2 j0i = 4aB 13 r2 0 = 4a3B
R
R
wegen 2 0 = 2 4e 2 2 d = 4 4 e 2 d = 3, also r2 0 = 3a2B , wobei wir die auf S. 94
gegebene Form fur 000 (r) benutzt haben. Die grobe Abschatzung liefert also: 0 ' 4a3B . Fur
den hier betrachteten Spezialfall lat sich der Ausdruck fur 0 auch exakt auswerten (Merzbacher,
x17.4) mit dem Ergebnis: 0 = 4; 5a3B .
Die angeregte Zustanden des Wasserstoatoms
Fur die angeregten Zustande des H-Atoms tritt zusatzlich zur m-Entartung noch eine weitere
Entartung auf. Als Beispiel betrachten wir die n = 2-Zustande. Die Storung eEz hat ein nichtverschwindendes Matrixelement zwischen dem 2s-Zustand und dem Zustand 2p; m = 0. Einsetzen
117
der Ausdrucke von S. 94 und S. 84 ergibt (mit a = aB )
1 2 r 1
2 a e r=2a
200 = p
4 2a
1 23 r
1
e r=2a cos 210 = p
4 2a a
3
also:
ZZZ 4
r 2 ar e r=a cos2 sin drdd
1 3 Z 2r4 r5 e r=a dr
= 2
4 8a4 2
a
1 a5 (2 4! 5!) = 3a
= 24a
4
1 1
h2; 0; 0j r cos j2; 1; 0i = 4
8a4
Die Matrix Wkl(2) ist also die 2 2-Matrix (proportional zur Paulimatrix x)
0
B
Wkl(2) = B
@
0
3aeE
1
3aeE C
CA
0
Sie hat die Eigenwerte
w(2) = 3aeE
mit den Eigenvektoren
j i = p12 [j2; 0; 0i j2; 1; 0i]
In den angeregten Zustanden des H-Atoms wird also die Entartung schon in erster Ordnung in E
teilweise aufgehoben (linearer Stark-Eekt).
Bei etwas genauerer Betrachtung sieht man, da eigentlich ein Fall der Fastentartung vorliegt.
Das 2p-Niveau wird durch die Spin-Bahn-Kopplung in J =
1
2
und J =
3
2
aufgespalten, wobei
letzteres etwa 10 4eV niedriger liegt. (Der Eekt ist hier nur aus der relativistischen Theorie
errechenbar.)
Feldtheoretische Eekte fuhren zu einer noch um eine Groenordnung kleineren Aufspaltung
zwischen dem 2s-Niveau und dem 2p 12 -Niveau. Falls wir diese Aufspaltung mit 2 bezeichnen,
erhalten wir fur W (2) :
0
B
W (2) = B
@
3aeE
118
1
3aeE C
CA
+
q
mit den Eigenwerten w(2) = 2 + (3aeE)2 . Abbildung 20 gibt diese Eigenwerte als Funktion
des Feldes E. Man sieht bei ' 2aeE einen U bergang von einem quadratischen in einen linearen
Eekt. Fur noch groere Werte von E wird auch der 2p 23 -Zustand eine Rolle spielen; wir werden
diesen Fall aber hier nicht weiter diskutieren.
10.4 Die Ritzsche Variationsmethode
Storungstheorie ist nur dann anwendbar, wenn der untersuchte Hamiltonoperator in der Nahe
eines exakt losbaren Hamiltonoperators liegt. Falls das nicht der Fall ist, kann man gelegentlich
wenigstens uber den Grundzustand mittels der Variationsmethode etwas genauer aussagen.
Diese Methode beruht auf dem Lemma:
fur jedes normierte gilt: h j H j i E0
Beweis:
Sei j i =
X
n
cn j n i mit j n i den Eigenzustanden von H und
Es gilt dann h j H j i =
X
n
jcnj2 h n j H j ni =
X
n
jcn j2 En E0
X
X
n
jcn j2 = 1.
jcn j2 = E0
Erste Anwendung: Sei V1 (~r) V2 (~r) fur alle ~r. Dann gilt fur die Grundzustandsenergien
2
Ei0 von Hi = 2pm + Vi (~r) : E10 E20.
119
Beweis: Wahle im obigen Lemma H = H2 und j i = j
E20 h
=h
10 j H2 j 10i
10 j H1 j 10i +
Z
d~r j
10 (~r)j
10i.
2 [V
Es gilt dann
2 (~r)
V1 (~r)]
E10
Diese Aussage kann gelegentlich verwendet werden, um die Grundzustandsenergie abzuschatzen;
man konnte z.B. das Potential V (~r) einschlieen zwischen zwei Potentiale V+ und V mit bekanntem Grundzustand (z.B. stuckweise konstante Potentiale).
Hauptanwendung:
Man wahlt fur j i, in der Ortsdarstellung, eine Wellenfunktion (1; : : : ; n;~r), im weiteren "Versuchsfunktion" genannt, die noch von einigen Parametern 1; : : : ; n abhangt. Jetzt
berechnet man
E (1; : : : ; n) =
N (1; : : : ; n) =
Es gilt dann:
Z
Z
d~r (1; : : : ; n;~r) H (1; : : : ; n;~r)
d~r j (1; : : : ; n;~r)j2
E (1; : : : ; n) E0 1min
;::: ;n N (1; : : : ; n)
Dieses Minimum ist unter den Losungen des Gleichungssystems
@N
@E
@i @i = 0
;
i = 1; : : : ; n
enthalten. Dabei ist ein Lagrange-Multiplikator, der nachher so gewahlt werden mu, da
N = 1 ist. Falls das Gleichungssystem mehrere Losungen hat, soll diejenige mit dem niedrigsten
E gewahlt werden; diese wird mit Evar angedeutet; es gilt immer Evar > E0 .
Beispiel: Das eindimensionale Potential V (x) = U (x). Die exakte Losung ist bekannt:
0 (x) ' e jxj ; = mU=~2 , also: E0 = U 2m=2~2 . Als Versuchswellenfunktion nehmen wir
jetzt:
8q
>
< 32 (1 jxj) fur jxj < 1
(x) = >
:0
fur jxj > 1
120
Diese Funktion ist schon korrekt normiert, also N () = 1. Weiters gilt:
~2
3
E () = 2 2m 2 U
@E () = 3 4 ~2 U
@
2 2m
Das Minimum wird angenommen fur = mU=2~2 , und wir nden Evar = 3mU 2 =8~2 = 43 E0 .
Eine andere mogliche Versuchsfunktion ware die Grundzustandsfunktion eines harmonischen
Oszillators mit Frequenz !:
m! 14 m! x2
2~
(x)
=
gleichfalls mit N (!) = 1
!
~ e
21
E (!) = 41 ~! U m!
~
@E = 1 ~ U m 12 =) ! = 4mU 2
m
@! 4 2 ~!
~3
also:
2
Evar = mU
~2
2mU 2 = mU 2 = 2 E = 0; 637 : : :E
0
~2
~2 0
Fast jede Versuchsfunktion gibt also die richtige Groenordnung; wir erhalten aber bessere Ergebnisse, falls wir wenigstens einige Aspekte der exakten Losung, z.B. den Knick bei x = 0, schon
richtig in die Versuchsfunktion einbauen.
Das Erraten von geeigneten Versuchswellenfunktionen ist eine Kunst, wofur sich kaum Vorschriften formulieren lassen. Das Ergebnis ist aber sehr wohl zu bewerten: Denitionsgema hat
derjenige die beste Versuchsfunktion, der den niedrigsten Wert fur Evar erreicht hat. Grundzustandswellenfunktionen konnen durch Variationsrechnung sehr viel weniger genau bestimmt
werden; weil Evar
E0 quadratisch von var
0
abhangt, kann auch eine relativ schlechte
Versuchswellenfunktion zu einem relativ guten Wert der Grundzustandsenergie fuhren.
121
11 Zeitabhangige Storungstheorie
11.1 U bergangswahrscheinlichkeiten; das Wechselwirkungsbild
In diesem Kapitel betrachten wir Losungen der zeitabhangigen Schrodingergleichung fur eine
zeitabhangige Hamiltonfunktion vom Typ
H (t) = H0 + "W (t)
Zur Zeit t = 0 sei das System in einem Eigenzustand j n0i von H0 und wir fragen, mit welcher
Wahrscheinlichkeit das System zur Zeit t = t1 in dem Zustand j m0 i detektiert werden kann.
Einer Fragestellung dieses Typs sind wir schon im Abschnitt 3:4 begegnet. Die hier vorzufuhrende
Theorie ist denn auch eine direkte Verallgemeinerung der dort durchgefuhrten Rechnung.
Eine formale Losung der Schrodingergleichung wird gegeben durch
j (t)i = U (t) j (0)i
d U (t) = i (H + "W ) U (t)
dt
~ 0
mit
Die gesuchte Wahrscheinlichkeit wird deshalb gegeben durch
wmn (t) = jh m0 j U (t) j n0ij2

und wird Ubergangswahrscheinlichkeit
genannt. Wir werden U (t) mittels eines iterativen
Verfahrens, der sog. Diracschen Storungstheorie, berechnen. Ehe wir dieses Verfahren diskutieren,
fuhren wir noch eine Transformation der Grundgleichungen durch; wir setzen an
U (t) = e ~i H0 t U^ (t)
Durch Einsetzen pruft man leicht nach, da gilt:
d U^ (t) = i "W^ (t) U^ (t)
dt
~
W^ (t) = e ~i H0 t W (t) e ~i H0 t
mit
()
Die oben durchgefuhrte Transformation heit Transformation ins Wechselwirkungsbild. Letzteres ist eine Art Kompromi zwischen dem Schrodinger- und dem Heisenberg-Bild. Fur Operatoren
im Wechselwirkungsbild erhalt man aus () die Bewegungsgleichung:
d W^ (t) = @ W^ (t) + i hH ; W^ (t)i
dt
@t
~ 0
122
wobei @t@ eine Dierentiation nach der explizit vorkommenden Variablen darstellt, z.B.:
@ hX^ cos !ti = !X^ sin !t
@t
Wir stellen noch einmal die Grundformel der drei Bilder nebeneinander:
S.-B.:
H.-B.:
WW.-B.:
d
dt W (t) =
d ~
dt W (t) =
d ^ (t) =
dt W
@
@
i
@t W (t)
@t j i = ~ H j i
h
i @ ~E
@W
i H; W
~
~
(t)
+
(t)
@t
~
@t = 0
E
E
h
i
@W
i H0; W
@ ^ = i "W
^
^
^
(t)
(t)
+
(t)
^
@t
~
@t
~
Wichtig ist, da die Zeitentwicklung eines Matrixelements h 1 j A (t) j 2 i in den drei Bildern identisch ist!
Nach diesem Exkurs kehren wir zuruck zur Bewegungsgleichung fur den Evolutionsoperator
U^ (t). Wir setzen an
U^ (t) = U^0 (t) + "U^1 (t) + "2 U^2 (t) + und losen die Bewegungsgleichung dtd U^ (t) = ~i "W^ (t) U^ (t) iterativ mit der Anfangsbedingung
U^ (0) = I:
d^
^
dt U0 (t) = 0 =) U0 (t) = I
i^ ^
i^
d^
dt U1 (t) = ~ W (t) U0 (t) = ~ W (t)
Die rechte Seite ist ein von U^1 (t) unabhangiger Operator, und die Gleichung kann durch Quadratur
gelost werden:
Z
U^1 (t) = ~i W^ (t0 ) dt0
t
0
Die nachste Ordnung liefert
d U^ (t) = i W^ (t) U^ (t) =) U^ (t) = 1 Z dt0 Z dt00W^ (t0 ) W^ (t00)
1
2
dt 2
~
~2
t
0
t0
0
und auch die hoheren Ordnungen sind leicht hinzuschreiben.
Wir werden uns aber weiter nur mit der ersten Naherung befassen, und berechnen die in
123
wmn (t) enthaltene U bergangsamplitude
cmn h m0 j "U1 (t) j n0i = " h m0 j e ~i H0 tU^1 (t) j n0i
Z
0
0
i
i Em0 t
~
= ~e
" h m0 j e ~i H0 t W (t0) e ~i H0 t j n0i dt0
t
0
Zt
= ~i e ~i Em0 t" e ~i (Em0 En0 )t0 Wmn (t0) dt0
0
Wir schreiben zunachst W (t0 ) als Fourierintegral:
W (t0 ) = 1
Z
2
und erhalten:
Z
i Em0 t
i"
~
cmn = 2~ e
Z
W (!) e i!t0 d!
+1 t
10
0
d!dt0Wmn (!) ei(!mn !)t
wobei wir die U bergangsfrequenz !mn = ~1 (Em0 En0) eingefuhrt haben.
Ausfuhrung der t0 -Integration liefert
Z
i(!mn !)t 1
cmn = 2i"~ e ~i Em0 t d!Wmn (!) e i (!
mn !)
+1
1
()
Im Grenzfall groer Zeiten kann diese Formel mittels
1 sin !t = (!)
lim
t!1 !
noch weiter vereinfacht werden:
2
cmn = i"~ e ~i Em0 t Wmn (!mn ) =) wmn = ~"2 jWmn (!mn )j2
Dabei sind wir davon ausgegangen, da Wmn (!) existiert, was i.a. nur der Fall ist, wenn W (t)
nur endlich lang wirksam ist.
11.2 Monochromatische Storung; die goldene Regel
Das obige Verfahren ist nicht ohne weiteres durchfuhrbar, falls gilt W (t) = We i!0 t , also W (!) =
2W (! !0 ). In diesem Fall erhalten wir aber trotzdem eine handliche Formel, falls der Endzustand im kontinuierlichen Spektrum liegt, was z.B. beim Photoeekt der Fall ist. Wir konnen
124
die U bergangsamplitude genau so wie im vorigen Abschnitt berechnen, falls der Endzustand ein
uneigentlicher Zustand j i im kontinuierlichen Spektrum ist; mit W (!) = 2W (! !0)
i(!n !0 )t
cn (t) = i"~ e ~i E ()t Wn e i (! ! ) 1
n
0
2i" e ~i E ()t W e 12 i(!n !0 )t sin 12 (!n !0 ) t
n
~
(!n !0)
Dies liefert fur die U bergangswahrscheinlichkeit:
2
2
wn (t) = 4"
~2 jWn j
sin2 12 (!n !0) t
(!n !0 )2
Mit wachsendem t erhalt die Funktion sin2 21 !t =!2 ein immer scharferes Maximum bei
! = 0 mit Hohe 14 t2 und Breite t 1 . Die Flache unter der Kurve wachst also linear mit
t an und es erscheint vernunftig, die Rate (Wsch. pro Zeit) Rn = dtd wn zu betrachten:
2
2
Rn = 4"
~2 jWnj
sin 21 (!n !0 ) t cos 12 (!n !0) t
(!n !0 )
oder, mit 2 sin 21 x cos 21 x = sin x
2
2 sin (!n !0 ) t
j
W
j
Rn = 2"
n
2
~
(!n !0 )
Fur t ! 1 erscheint hier wieder die -Funktion:
2
2
Rn = 2"
~2 jWn j (!n !0 )
oder, nach Substitution von !n = ~1 [E () En0]
2
2
Rn = 2"
~ jWn j (E () En0 ~!0 )
Jetzt erinnern wir uns, da der Endzustand j i ein uneigentlicher Zustand ist. Man kann also
experimentell nie feststellen, da der Endzustand genau j i ist, nur da die Observablen, die den
Zustand j i festlegen, in irgendeinem Toleranzbereich um die fur j i charakteristischen Werten
liegen. Der obige Ausdruck mu also immer uber dem Toleranzbereich integriert werden.
Beispiel: Sei j i charakterisiert durch den Impuls eines Teilchens (das entweichende Teilchen
in einem Streuzustand). Es sei der Toleranzbereich d3~p = p2 dpd
. Die U bergangsrate ist dann:
2
2
2
R~pn d3~p = 2"
~ jWp~nj (E (~p) En ~!) p dpd
125
Wir konnen die p-Integration ausfuhren:
2
2
2
Rd2
= 2"
~ jW~pn j (E) d h i1
2
= mp =
mit (E) deniert durch: p2 dp = (E) dE. Mit E = 2pm ergibt dies (E) = p2 dE
dp
p
p
m 2mE ) (E) = m 2mE. Die Groe (E) heit auch Zustandsdichte. Ausgangspunkt
ist immer die Spektralzerlegung des Operators H0. Falls H0 diskrete Eigenzustande jni mit den
Eigenwerten En0 und uneigentliche "Eigenzustande" j i mit den Eigenwerten E () hat, so gilt:
H0 =
X
n
Z
En0 jni hnj + dE () j i h j
wobei die j i so normiert sind, da gilt: h j 0 i = ( 0). Jetzt fuhren wir im -Raum eine
Koordinatentransformation durch, so da E eine der neuen Koordinaten wird; die weiteren Koordinaten fassen wir zu einem Entartungsparameter zusammen; d = (E; ) dEd [im obigen
p
Beispiel: = p^; (E; ) = m 2mE, unabhangig von ]. Der allgemeine Ausdruck fur Rd wird
dann
2
2
Rd = 2"
~ jWE;nj (E; ) d
Diese Regel heit Fermis Goldene Regel: U bergangsrate = 2~ [Matrixelement der Storung]2
Zustandsdichte. Die Regel setzt voraus, da das Matrixelement uber dem Toleranzbereich fur nur schwach von E abhangt.
11.3 Anwendung: Ein Atom in einem klassischen Strahlungsfeld
Als Anwendung betrachten wir ein Atom in einem klassischen Strahlungsfeld. Das Strahlungsfeld
sei beschrieben durch das Vektorpotential A~ (in Coulombeichung, d.h. mit div A~ = 0). Wie schon
fruher erwahnt (S. 51) erhalt man den Hamiltonoperator in Anwesenheit des Strahlungsfeldes aus
demjenigen ohne Strahlungsfeld mittels der Substitution
P~
Wir erhalten so fur den Hamiltonoperator
P~
=)
e A~ R~ ; t
c
2 1 ~r
~ e A~ R~ ; t + V R~
H = 2m
i
c
i 2
2
~ r2 + V R~ ~e hr
~ A~ + A~ r
~ + e 2 A2
= 2m
2mci
2mc
126
Wegen div A~ = 0 konnen wir die beiden Terme in den eckigen Klammern zusammennehmen;
weiters konnen wir fur genugend schwache Felder den A2-Term vernachlassigen und erhalten so
e A~ R~ ; t P~
H ' H0 mc
mit H0 = 2Pm2 + V R~ . Wir haben also die Storung in die im ersten Abschnitt dieses Kapitels
behandelte Form gebracht mit
e A~ R~ ; t P~
"W (t) = mc
~ t sei eine Superposition harmonischer ebener Wellen mit
Wir werden jetzt annehmen, A~ R;
Fortpanzungsrichtung n^ :
1Z ~
~ )
A (!) e i!(t n^R=c
d!
A~ R~ ; t = 2
Aus der Realitat von A~ R~ ; t folgt A (!) = A ( !).
Betrachte jetzt ein Atom, das sich zur Zeit t = 0 im Eigenzustand jni von H0 mit Energieeigenwert En0 bendet. Mit Hilfe des allgemeinen Ausdrucks auf S. 124 nden wir fur die
U bergangsamplitude zum Zustand jmi mit der Energie Em0:
cmn = i"~ e ~i Em0 tWmn (!mn )
ie e ~i Em0 tA~ (! ) hmj ei!mn n^ R=c
~ P~ jni
= mc
mn
~
und fur die U bergangswahrscheinlichkeit
2 2
~ P~ jni
wmn = m2ec2~2 A~ (!mn ) hmj ei!mn n^ R=c
2
()
Aus der obigen Beziehung zwischen A~ (!) und A~ ( !) folgt sofort wmn = wnm : Die U bergange
n ! m und m ! n sind gleich wahrscheinlich.
Wir betrachten jetzt das Matrixelement in () etwas naher. Falls der betrachtete U bergang mit
einer Frequenz im sichtbaren Teil des elektromagnetischen Spektrums korrespondiert, so ist die
Wellenlange [!mn =c] 1 gro gegenuber der raumlichen Ausdehnung der Wellenfunktionen h~r jmi
und hn j~ri. Wir konnen dann die Expontialfunktion ersetzen durch den niedrigsten Term in ihrer
Taylorreihe, der einen nichtverschwindenden Beitrag liefert. Der erste Term in der Entwicklung
127
h i
ist hmj P~ jni. Wegen mP~ = ~i H0; R~ konnen wir auch schreiben
h
i
Em0 En0 hmj R~ jni
~
hmj P~ jni = im
~ hmj H0; R jni = im ~
oder
hmj P~ jni = im!mn hmj R~ jni
In niedrigster Ordnung erhalten wir also nur dann einen U bergang, falls R~ , oder auch der Operator
fur das elektrische Dipolmoment d~ = eR~ ; ein nichtverschwindendes Matrixelement zwischen
den Zustanden jmi und jni hat. Ein solcher U bergang wird als elektrischer Dipolubergang
bezeichnet und heit auch dipolerlaubt. Aus unserer Diskussion des Starkeekts wissen wir, da
d~ nur dann ein nichtverschwindendes Matrixelement hat, falls fur die Gesamtdrehimpulse lm und
ln der Zustande jmi und jni gilt:
jlm ln j = 1
~ Auswahlregeln fur die z-KompoWeiter gelten noch, abhangig von der Polarisation des Feldes A,
nente des Drehimpulses:
A~ (!mn ) = A (!mn ) z^
: mm mn = 0
A~ (!mn ) = A (!mn ) (^x + i^y ) : mm mn = 1
A~ (!mn ) = A (!mn ) (^x i^y ) : mm mn = 1
Diese zusatzlichen Auswahlregeln kommen insbesondere dann zum Tragen, falls sich das Atom
in einem zusatzlichen statischen Magnetfeld bendet. Die Absorptionslinie bei !mn wird dann
aufgespalten in verschiedene Zeemankomponenten, und mit Hilfe der oben hergeleiteten Ausdrucke
kann man Lage und Intensitat der Komponenten in Abhangigkeit der Polarisation des ausfallenden
Lichtes (dessen Schwachung gemessen wird) bestimmen.
Falls fur ein Paar Zustande jmi und jni das Matrixelement hmj R~ jni verschwindet, so heit
der U bergang verboten. Der U bergang kann trotzdem stattnden, aber man braucht dann im
Matrixelement hohere Terme aus der Taylorentwicklung der Exponentialfunktion. Der nachste
Term in dieser Taylorentwicklung ergibt das Matrixelement
2
1 hmj i! R~ n^ P~ jni = m !mn
~ ~
mn
c
2c hmj R n^ R jni
128
welches mit dem elektrischen Quadrupolmoment zusammenhangt. Die Auswahlregeln sind hier
jlm ln j = 2 oder 0, wie man leicht nachpruft. Der assoziierte U bergang heit Quadrupolubergang.
Wegen der Transversalitat des Strahlungsfeldes gilt n^ A~ = 0, so da nur nichtdiagonale Elemente des Quadrupoltensors R~ R~ zum Tragen kommen. Insbesondere bedeutet dies, da keine
U bergange auftreten fur lm = ln = 0: mit n^ in der z-Richtung enthalt das Matrixelement Win-
RR cos sin ei sin dd, die alle verschwinden. Auch in hoheren OrdnunRR
gen werden s-s-U bergange vermittelt: Samtliche Integrale vom Typ f (cos ) sin2 ei dd
kelbeitrage von Typ
verschwinden wegen der -Integration; s-s-U bergange sind absolut verboten in erster Ordnung
Storungstheorie. Sie treten in hoherer Ordnung oder mittels des hier vernachlassigten A2 -Terms
auf. Dabei sind dann aber i.a. mehrere Frequenzen des Strahlungsfeldes im Spiel und der U bergang
fuhrt nicht zu einer scharfen Absorptionslinie.
Zum Abschlu dieses Abschnittes betrachten wir noch kurz den Fall eines fast-monochromatischen Feldes. In Abwesenheit zufalliger Entartung wird nie mehr als ein einziges Niveau aus einem
vorgegebenen Ausgangszustand heraus angeregt. Man nehme jetzt weiter an, der entsprechende
U bergang sei dipolerlaubt und einer der beteiligten Zustande sei ein s-Zustand; der zweite Zustand ist dann notwendigerweise ein p-Zustand. Falls das Strahlungsfeld weiter noch vollstandig
polarisiert ist, so wird von den drei entarteten p-Zustanden immer nur ein bestimmter Zustand,
oder eine bestimmte Linearkombination, mit dem s-Zustand gekoppelt. (Beispiel: bei linearer
Polarisation in z-Richtung der m = 0-Zustand). Unter den oben angegebenen Umstanden verhalt
sich ein Atom im Lichtfeld also in guter Naherung wie ein Zwei-Niveau-System. Bis auf eine
Konstante lautet die eektive Hamiltonfunktion (mit jmi = ji und jni = j i)
Heff = 21 ~!mn z i!cmn dmn A (0; t) x
Wegen E~ (~r; t) = 1c @ A~@t(~r;t) und A (~r; t) = e i!mn t A (~r; 0) fuhrt dies zu
Heff = 12 ~!mn z dmn E (0; t) x
einer Form, der wir schon auf S. 42 begegnet sind (dort mit der Notation p fur das relevante
Dipolmatrixelement).
129
11.4 Die semiklassische Theorie des photoelektrischen Eekts
Wir betrachten jetzt wieder ein Atom in einem klassischen Strahlungsfeld, aber mit einer Frequenz
! > jE0j, soda U bergange in Zustande im kontinuierlichen Teil des Spektrums erzeugt werden.
Weiters setzen wir fur das Strahlungsfeld eine monochromatische, ebene, linear polarisierte Welle
an:
h i
A~ (~r; t) = !c E0x^ cos ! t zc
Fur das atomare System wahlen wir ein Wasserstoatom, das sich zur Zeit t = 0 im Grundzustand
bendet. Der Endzustand ist ein Zustand im Kontinuum. Eigentlich muten wir dazu einen der
im Kapitel 9 erwahnten Streuzustande wahlen. Zur Vereinfachung der Rechnung werden wir
diese aber durch eine ebene Welle ersetzen. Wie wir in unseren Betrachtungen uber die Bornsche
Naherung sahen, ist dies eine akzeptable Naherung fur nicht zu niedrige Energien im Endzustand.
Wir werden weiter noch die Dipolnaherung verwenden. Der resonante Anteil von "W (t) ist dann
gegeben durch
e c 1 E x^e i!(t zc ) P~ ' e E e i!tP
"W (t) = mc
x
!2 0
2m! 0
wobei wir die Dipolnaherung ausgenutzt haben. Das Matrixelement fur einen U bergang in den
Zustand jp~i lautet
e E p hp~ j0i = epx E0 1 p 2
2m! 0 x
2m! (2~) 32 4a 32
Z
e i~k~r e r=a d3~r
2
der Betrag von ~p hangt mit ! zusammen uber 2pm = ~! jE0j; weiters ist ~p = ~~k.
Das Integral kann in Polarkoordinaten ausgewertet werden:
ZZZ
e
ikr e r=a r2 drdd =
4 Z sin kr e r=a dr = 4 2ka3
k
k (1 + k2 a2)2 ()
1
0
was fur das Matrixelement schlielich zu
p
p
2epx a 23
1
2e~kx a 23
1
E
=
0
2
m! ~ (1 + k2a2 )
m! ~ (1 + k2 a2 )2 E0
fuhrt. Weil die Annaherung des Endzustandes durch eine ebene Welle ohnehin nur gerechtfertigt
ist fur ka 1, konnen wir das Ergebnis noch weiter vereinfachen zu
ekxE0 2
Matrixelement = m!k
4 ~a5
21
130
21
eE0 sin cos 2
= m!k
3
~a5
mit den k^-Winkelkoordinaten und .
Dieses Ergebnis setzen wir jetzt in Fermis Goldene Regel ein: Gesucht wird die Rate, mit
der U bergange stattnden, wobei das entweichende Elektron in einem Raumwinkel d2
emittiert
wird. Die entsprechende Zustandsdichte ist, wie auf S. 126 berechnet:
(E) d2
= mpd2
= m~kd2 Das endgultige Ergebnis wird also:
2
2
d2R = 2
~ jMatrixelementj (E) d oder
2 eE0 sin cos 2 2 m~kd2 ~ m!k3
~a5 2 2 sin2 cos2 0
2
= 4e ~Em!
2 k 5 a5 d d2R =
1 2
Es ist ublich, diese Rate auf die einfallende Energiestromdichte zu normieren. Fur diese Groe
wissen wir aus der Elektrodynamik
c E2
S = 8
0
Wir erhalten also fur die normierte Rate (pro Energiestromdichte)
32e2 sin2 cos2 d2
d2RS = ~mc!
2 k 5 a5
Wir betonen nochmals, da ! und k keine unabhangigen Variablen sind, sondern uber ~2 k2=2m =
~! jE0 j miteinander verknupft sind. Fur groes ! nimmt die Rate also sehr rasch mit !
ab, namlich wie ! 9=2 . Dieses Ergebnis ist nicht spezisch fur das Wasserstoatom; das zu (*)
korrespondierende Integral weist, zumindest fur s-Zustande, eine ahnliche Skalierung mit k fur
k ! 1 auf. Auch die Winkelverteilung der Photoelektronen (mit dem cos2 des Winkels zwischen
Feldrichtung und Impuls des Photoelektrons) wird immer gefunden, falls das Elektron aus einem
s-Zustand herausgeworfen wird, wie aus der Herleitung leicht nachzuprufen ist.
In der obigen Rechnung wird das Strahlungsfeld als klassische Groe betrachtet. Falls wir das
Strahlungsfeld als Photonenstrom auassen (siehe Kap. 13), so kann man aus RS den Streuquerschnitt fur Absorption eines Photons unter gleichzeitiger Emission eines Photoelektrons herleiten:
131
d2 = d2 RS ~!. Der so erhaltene Ausdruck folgt auch aus einer voll-quantenmechanischen
Behandlung des Strahlungsfeldes.
132
12 Mehrteilchensysteme
12.1 Der Zustandsraum fur ein Mehrteilchensystem
Schon in Kapitel 7 sind wir Systemen mit zwei Teilchen begegnet. Wir werden in diesem Abschnitt die dort eingefuhrte Behandlung etwas systematischer wiederholen. Grundlegend ist wieder der Begri eines quantenmechanischen Zustandes. Ein Zustand korrespondiert mit einer
Praparationsweise des Systems, oder, etwas abstrakter, mit der Spezizierung der Werte eines
maximalen Satzes miteinander vertauschenden Operatoren. (Maximal heit hier, da es keinen
weiteren Operator gibt, der mit samtlichen Operatoren des Satzes kommutiert, naturlich mit Ausnahme des Einheitsoperators). Ein Beispiel fur einen solchen Satz fur das System von zwei Spin- 12
Teilchen ohne weiteren inneren Freiheitsgraden ist:
Die Operatoren R~ 1 und R~ 2 fur die Teilchen 1und 2
Die z-Komponenten der Spins, S1z und S2z
Einen solchen Basiszustand werden wir mit j~r1 ; s1;~r2; s2 i angeben; dabei nimmt s1 bzw. s2
die Werte 1 an fur den Zustand in dem S1z = 12 ~s1 , bzw. S2z = 21 ~s2 . Der allgemeine Zustand
ist eine Linearkombination dieser (uneigentlichen) Basiszustande:
j i=
XXZ
s1 s2
d3~r
1
Dabei soll der Normierungsbedingung
XXZ
s1 s2
d3~r1
Z
Z
d3~r2 (~r1 ; s1;~r2; s2 ) j~r1 ; s1;~r2; s2i
d3~r2 j (~r1 ; s1;~r2; s2)j2 = 1
genugen. Das Betragsquadrat von hat die inzwischen vertraute Wahrscheinlichkeitsinterpretation:
j (~r1; s1 ;~r2; s2)j2 d3~r1d3~r2 ist gleich der Wahrscheinlichkeit
das Teilchen 1 im Volumen d3~r1 um ~r1 mit Spin 12 ~s1 und zugleich
das Teilchen 2 im Volumen d3~r2 um ~r2 mit Spin 12 ~s2 anzutreen.
Statt der Operatoren R~ 1; R~ 2; S1z und S2z konnte man naturlich einen beliebigen anderen maximalen Satz zu verwenden. In der Atomphysik bietet es sich an, statt R~ 1 die Operatoren H1; L21
133
und L1z zu wahlen, wobei H1 der Hamiltonoperator fur ein Teilchen im Potentialfeld des Kerns
ist. Der Index 1 erinnert daran, da in H; L2 und Lz die Operatoren R~ und P~ durch R~ 1 und ~i @~
@ R1
zu ersetzen sind. Die so erhaltenen Basiszustande sind
jn1 l1 m1 s1 ; n2l2 m2 s2 i =
Z
d3~r1
Z
d3~r2 n1 l1 m1 (~r1) n2 l2 m2 (~r2 ) j~r1 ; s1;~r2; s2 i
Zustande von diesem Typ heien Produktzustande. Die Wellenfunktionen faktorisieren; es gibt
Einteilchenfunktionen
1
und
2 , so
da
(~r1; s1 ;~r2; s2) = (~r1 ; s1) (~r2; s2 )
und die oben spezizierte Wahrscheinlichkeit lat sich ausdrucken als Produkt von Wahrscheinlichkeiten fur die einzelnen Teilchen: in einem Produktzustand sind die Positionen und Spins
der einzelnen Teilchen vollig unkorreliert. Hieraus alleine geht schon hervor, da die Produktzustande zwar mathematisch bequem sind, aber da kaum zu erwarten ist, da sie physikalisch
z.B. als Grundzustande eines Systems aus wechselwirkenden Teilchen realisiert sind. So werden
in einem System zweier negativ geladener Teilchen die Teilchen "versuchen sich aus dem Wege zu gehen". Dies lat sich nur erreichen, falls die Wellenfunktion eine Linearkombination von
Produktzustanden ist, also vom Typ
(~r1 ; s1;~r2; s2) =
X
j;k
cjk j (~r1 ; s1) k (~r2; s2 )
Das oben angegebene Verfahren fur ein 2-Teilchen-System lat sich muhelos auf ein System aus
o
n
N Teilchen verallgemeinern; der allgemeine Zustand ist dann, in der R~ i; Szi -Darstellung
j Ni =
X Z
s1 :::sN
Z
d3~r1 : : : d3~rN (~r1; s1 ; : : : ;~rN ; sN ) j~r1; s1 ; : : : ;~rN ; sN i
mit vollig analoger Wahrscheinlichkeitsinterpretation und Normierungsvorschrift. Auch hier kann
man auf andere Darstellungen ubergehen, z.B. auf die Impulsdarstellung
~ (~p1 ; s1; : : : ; ~pN ; sN ) =
Z
Z
1
3~r : : : d3~r e
d
1
N
(2~)3N=2
i
p1 +:::+~pN )
~ (~
(~r1; s1 ; : : : ;~rN ; sN )
oder eine Darstellung mit den stationaren Zustanden eines geschickt gewahlten Einteilchensystems.
134
12.2 Vertauschungssymmetrie
Eine besondere Stellung nehmen Mehrteilchensysteme aus identischen Teilchen ein, z.B. ein System
aus zwei Elektronen. Fur ein solches System ist es nicht sinnvoll danach zu fragen, wo sich "das
Teilchen 1" bendet (Einstein: "Man kann ein Elektron nicht rot anstreichen"). Eine sinnvolle
Frage ist:
Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist von den N vorhandenen
Teilchen eines im Bereich d3~r um ~r anzutreen.
Bei vorgegebenen (~r1; : : : ;~rN ) (Spinfreiheitsgrade unterdruckt) ist die zugehorige Wahrscheinlichkeitsdichte:
W (~r) =
Z
d3~r
1:::
Z
d3~rN j (~r1; : : : ;~rN )j2
P
N
X
=1
(~r ~r )
also der Erwartungswert des symmetrischen Operators (~r ~r ). Allgemein sind nur symmetrische Observablen physikalisch sinnvolle Observablen. Etwas mathematischer ausgedruckt: eine
sinnvolle Observable soll mit dem Vertauschungoperator fur jedes Paar von Teilchen kommutieren.
Diesen Vertauschungsoperator denieren wir am Beispiel zweier Teilchen: Der Vertauschungsoperator P12 ist deniert durch
P12 j~r1 ; s1;~r2; s2 i = j~r2; s2 ;~r1; s1 i
Er vertauscht also die Koordinaten und Spins der beiden Teilchen. Die Verallgemeinerung ist
oensichtlich:
Pik j~r1 ; s1; : : : ;~ri; si ; : : : ;~rk ; sk ; : : : ;~rN ; sN i = j~r1 ; s1; : : : ;~rk; sk ; : : : ;~ri; si ; : : : ;~rN ; sN i
Auch die Wirkung von P12 auf die Wellenfunktion eines Produktzustandes ist leicht errechenbar:
P12 j (~r1; s1 ) k (~r2 ; s2) = j (~r2 ; s2) k (~r1; s1 )
Jetzt nutzen wir aus, da jedes Meinstrument auch als Praparationsinstrument verwendet werden
kann und umgekehrt: Ein System aus mehreren identischen Teilchen lat sich nur als Eigenzustand
135
eines Satzes von vertauschungssymmetrischen Operatoren praparieren. Auch jeder vernunftige
Hamiltonoperator mu mit samtlichen Pij vertauschen.
Fazit : Falls ein Mehrteilchensystem irgendwann in einem Eigenzustand des
Vertauschungsoperators Pij war, so kommt es aus dem entsprechenden
Unterraum des Hilbertraums niemals mehr heraus.
Wegen Pij2 = I sind die moglichen Eigenwerte von gleich 1. Zustande mit Pij j i = j i heien
symmetrisch, solche mit Pij j i = j i antisymmetrisch unter Vertauschung von i und j.
Um zu entscheiden, welche dieser Moglichkeiten in der Natur realisiert ist, brauchen wir eine
Theorie, in der man auch die Entstehung (und Vernichtung) von Teilchen beschreiben kann. Dies
ist in der bisher beschriebenen Quantenmechanik nicht der Fall, wohl aber in der (relativistischen)
Quantenfeldtheorie. Dort lat sich aus sehr allgemeinen Prinzipien herleiten, da Erzeugungs- und
Vernichtungsprozesse so ablaufen, da gilt:
1. Mehrteilchensysteme aus Teilchen mit ganzzahligem Spin (Photonen, Pionen, 4 He-Atome)
kommen nur in symmetrischen Zustanden vor. Diese Art Teilchen heit auch Bosonen oder
Bose-Teilchen.
2. Mehrteilchensysteme aus Teilchen mit halbzahligem Spin (Elektronen, Protonen, Neutronen,
3 He-Atome) kommen nur in
antisymmetrischen Zustanden vor. Diese Teilchen heien auch
Fermionen oder Fermi-Teilchen.
Innerhalb der gewohnlichen Quantenmechanik mu man dieses Ergebnis der Quantenfeldtheorie als zusatzliches Postulat einfuhren, ein Postulat, dessen Folgerungen experimentell bestatigt
worden sind. (Das Postulat ist auch historisch viel alter als der feldtheoretische Beweis.)
Auf Grund des eben erwahnten Postulats sind fur ein System aus identischen Teilchen die
Produktzustande keine akzeptablen Basiszustande mehr. Statt dessen hat man:
p12 [ j (~r1; s1) k (~r2; s2 ) + j (~r2 ; s2) k (~r1; s1 )] Bosonenzustand
p12 [ j (~r1; s1) k (~r2; s2 )
j (~r2 ; s2) k (~r1; s1 )]
136
Fermionenzustand
Fur Mehrteilchensysteme kann der entsprechende Fermionenzustand in der Form einer Determinante geschrieben werden
1
j1 ; : : : ; jN = p N! j1 (~r1; s1 )
j1 (~r2; s2 )
j2 (~r1; s1 )
j2 (~r2; s2 )
jN (~r1; s1 )
jN (~r2; s2 )
..
.
..
.
...
j1 (~rN ; sN ) j2 (~rN ; sN ) ..
.
jN (~rN ; sN ) eine solche Determinante heit auch Slater-Determinante.
Sowohl der Zweiteilchenzustand als auch die Slater-Determinante verschwindet identisch, falls
zwei der verwendeten Einteilchenfunktionen j (~r; s) gleich sind. Fur ein Fermionensystem gibt es
also keine physikalisch akzeptablen Zustande, in denen sich zwei Teilchen im selben Einteilchenzustand benden. Diese Regel ist unter dem Namen Pauli-Verbot oder Pauli-Prinzip bekannt
und ist z.B. wichtig in der Theorie des Atombaus.
Eine weitere Konsequenz ist, da (~r1; s1 ;~r2; s2 ) eine Nullstelle haben mu fur ~r1 = ~r2 und
s1 = s2 : zwei Fermionen mit gleichem Spin konnen nicht an der selben Stelle sein. Das PauliPrinzip bewirkt eine rein kinematische Abstoung zwischen Fermionen mit parallelem Spin.
12.3 Die Austauschwechselwirkung
Der Vertauschungsoperator P12 fur zwei Fermionen kann geschrieben werden als Produkt von
Vertauschungsoperatoren fur Orts- und Spinkoordinaten: P12 = Pr Ps mit
Pr j~r1; s1 ;~r2; s2 > = j~r2; s1;~r1; s2 >
Ps j~r1; s1 ;~r2; s2 > = j~r1; s2;~r2; s1 >
Diese Aufspaltung ist hilfreich fur Systeme, deren Hamiltonoperator nicht von den Spins abhangt,
wie z.B.
H = H1 + H2 + V12 R~ 1 R~ 2
mit
P12 + V (R )
H1 = 2m
1
;
137
P22 + V (R )
H2 = 2m
2
Dieser Hamiltonoperator vertauscht nicht nur mit P12, sondern auch mit Pr und Ps separat. Die
Eigenzustande von H sind also unter den gemeinsamen Eigenzustanden von Pr und Ps zu suchen.
Die Eigenfunktionen von Ps kann man sofort hinschreiben:
Ps = +1 : j+; +i ; j ; i und p12 [j+; i + j ; +i]
Ps = 1 : p12 [j+; i j ; +i]
Man zeigt leicht, da die Zustande mit Ps = +1 gerade die Eigenzustande von S 2 = S~1 + S~2
2
zum Eigenwert 2~2 sind (Gesamtspin 1, oder Triplettzustande), wahrend der Zustand mit Ps =
1 Eigenzustand von S 2 zum Eigenwert 0 ist (Singulettzustand). Wir nden also fur Ps die
explizite Darstellung:
Ps = ~12 S 2 I
oder
Ps = 12 [I + ~1 ~2 ]
Kehren wir jetzt zuruck zum Hauptproblem. Es gibt zwei Arten, um einen Zustand j i mit
P12 j i = j i zu konstruieren, der zugleich Eigenzustand von Pr und Ps ist:
Ps = 1; Pr = +1 : Singulettzustand symm. Ortszustand
Ps = +1; Pr = 1 : Triplettzustand antisymm. Ortszustand
Die Energieeigenzustande mit symmetrischen Eigenfunktionen werden i.a. Eigenwerte haben,
die von denjenigen mit antisymmetrischen Eigenfunktionen verschieden sind. Abhangig von den
weiteren Umstanden kann es also fur die zwei Elektronen "vorteilhaft" sein, ihre Spins entweder parallel oder antiparallel einzustellen: es gibt einen Beitrag zur Gesamtenergie des Systems,
der sogar fur spinunabhangige Hamiltonoperatoren von den relativen Spinrichtungen abhangt.
Dieser Beitrag zur Gesamtenergie wird mit Austauschwechselwirkung bezeichnet. Die Austauschwechselwirkung ist der physikalische Grund fur das Auftreten von Ferromagnetismus und
Antiferromagnetismus in den meisten Materialien. Obwohl sie allgemeiner deniert werden kann,
werden wir sie an Hand einer storungstheoretischen Berechnung erlautern.
Wir betrachten dazu in H = H1 + H2 + V12 R~ 1 R~ 2 den letzten Term als Storung. Wir
nehmen an, das Eigenwertproblem fur H1 und H2 (die ja bis auf Umbennung der Koordinaten
identisch sind) sei gelost:
Hij (~ri ) = Ej j (~ri)
138
i = 1; 2
Einfachheitshalber nehmen wir an, es gibt keine Entartung. Die ungestorten Eigenfunktionen von
H1 + H2 haben jetzt die Form
(s)
1
ij (~r1 ; s2;~r2; s1) = p2 [i (~r1) j (~r2) + j (~r1) i (~r2)]s (s1 ; s2)
()
(t;m) (~r ; s ;~r ; s ) = p1 [ (~r ) (~r ) (~r ) (~r )] m (s ; s )
1 2 2 1
j 1 i 2 t 1 2
ij
2 i 1 j 2
wobei s (s1 ; s2 ) der Singulett-Spinzustand ist und mt (m = 0; 1) einer der drei Triplett-Spinzustande. Fur i = j verschwindet ii(t) . Insbesondere ist also der Grundzustand immer ein Singu-
lettzustand. Die Storung fuhrt hier lediglich zu einer Verschiebung des Energieeigenwertes. Fur
i 6= j wird die Entartung zwischen Singulett- und Triplettzustande aufgehoben: Es gilt
E
= Uij + Aij
D (t;m) (t;m0) = mm0 [Uij + Aij ]
ij V12 ij
D
mit
Uij =
Aij =
ZZ
ZZ
(s)
(s)
ij V12 ij
d3~r1d3~r2 ji (~r1)j2 jj (~r2)j2 V12 (~r1;~r2)
d3~r1d3~r2 i (~r1 ) j (~r2) V12 (~r1;~r2) i (~r2 ) j (~r1 )
Diese Ergebnisse lassen sich leicht herleiten durch Substitution von () und Umbenennung der
Variablen ~r1 und ~r2 in einigen der auftretenden Terme. Man nennt Uij die direkte Wechsel-
wirkung und Aij die Austauschwechselwirkung. Wegen der Spinunabhangigkeit von V12 hat
dieser Operator keine Matrixelemente zwischen Singulett- und Triplettzustanden. Bis zur ersten
Ordnung Storungstheorie gilt also fur die Energieeigenwerte:
Eij(s) = Ei + Ej + Uij + Aij
Eij(t) = Ei + Ej + Uij Aij
Im von den Zustanden () aufgespannten Teilraum kann man den eektiven Hamiltonoperator
Hijeff = Ei + Ej + Uij Ps Aij
= Ei + Ej + Uij 21 Aij [I + ~i ~j ]
()
einfuhren. Eektive Hamiltonoperatoren dieses Typs werden haug in der Theorie des Magnetismus benutzt. Dabei wahlt man fur i (~r) und j (~r) Einteilchenzustande fur benachbarte Atome.
139
Die Theorie wird etwas komplizierter, weil diese Zustande nicht mehr Eigenzustande von H1 +H2
sind, und weiters nicht streng orthogonal zueinander, soda die Zustande () nicht korrekt normiert sind, wie wir im nachsten Abschnitt fur ein analoges System zeigen werden. Trotz dieser
Komplikationen lat sich letztendlich aber eine eektive Hamiltonfunktion vom Typ () herleiten.
Eine wichtige Anwendung der oben skizzierten Theorie ist die Berechnung des Spektrums des
Heliumatoms. Man erhalt dabei separate Spektra fur Singulett- und Triplettzustande. U bergange
zwischen beiden sind recht schwach, da die meisten Wechselwirkungen spinunabhangig sind. Die
zwei Arten von Zustanden verhalten sich gewissermaen wie zwei unterschiedliche chemische Substanzen; man nennt sie
Singulett-Zustande:
Para-Helium
Triplett-Zustande:
Ortho-Helium
Explizite Rechnungen ergeben, da die Ortho-Zustande immer etwas tiefer liegen als die korrespondierenden Para-Zustande, im Einklang mit dem experimentellen Befund. (Die Aufspaltung
betragt 15 bis 43 eV ).
12.4 Die Heitler-London-Naherung fur das Wasserstomolekul
Die auf S.134-136 beschriebene Methode ist fur die tatsachliche Berechnung der magnetischen
Eigenschaften, oder mehr allgemein fur die Berechnung von Wechselwirkungseekten, weniger geeignet: In der Praxis sind die Eigenwerte und Eigenfunktionen von H1 (eine Hamiltonfunktion
mit zwei Kernen oder Ionenrumpfen) nur im seltensten Fall bekannt. Andererseits sind fur die
Wellenfunktionen eines einzelnen Kerns im allgemeinen verlaliche Naherungen verfugbar. Wir
werden eine solche Naherung, die auf Heitler und London zuruckgeht, fur den Fall des Wasserstomolekuls etwas naher diskutieren. Wir betrachten die Kerne als fest und konstruieren ungestorte
Wellenfunktionen (in Analogie mit der Rechnung auf S.59 fur das eindimensionale Modell) aus
den Grundzustandswellenfunktionen (~ra ) s ja > und (~rb ) s jb > fur Wasserstoatome mit
Kernen in ~ra bzw. ~rb = ~ra , wobei in der Praxis der "Bohr'sche Radius" aB noch als zusatzlicher
Variationsparameter benutzt werden kann (siehe Flugge, Problem 163).
140
Als Ansatz fur die Singulett- und Triplettzustande des Wasserstomolekuls nehmen wir
s (1; 2) =
p2(11+ S2) [ a(~r1) b(~r2) + b(~r1) a(~r2)] sing (s1;s2)
t(1; 2) =
p2(11 S2) [ a(~r1) b(~r2)
b(~r1 ) a (~r2 )] trip (s1; s2 ):
Dabei sind a (~r) und b (~r) die um die Mittelpunkte ~ra und ~rb (Position der beiden Kerne)
zentrierten Grundzustandsfunktionen des Wasserstoatoms und S(R) das U berlappintegral:
S(R) =
Z
d3~r
2
R
R
a (~r) b (~r) = 1 + a + 3a2 e R=aB ;
B
B
R := j~ra ~rbj
Fur den Erwartungswert des Hamiltonoperators
~ 2 ~ 2 2 1
2
2
~
1
1
1
H = 2m r1 + r2 e j~r ~r j + j~r ~r j + j~r ~r j + j~r ~r j + j~r e ~r j + j~r e ~r j
1
a
2
a
1
b
2
b
1
2
a b
in den obigen Zustanden erhalt man
"s;t =< H >s;t= 1 1 S 2 [< abjH jab > < abjH jba >]
wobei < abjH jab >= 2E0 + Q mit E0 die Grundzustandsenergie der Wasserstoatome und Q die
Coulombenergie darstellen und
< abjH jba >= 2E0S 2 + A
mit A der Austauschenergie.
Zusammenfassend erhalt man also
"s;t = 2E0 + 1USA2
Fur explizite Ausdrucke von U und A siehe Schwabl, S.250 oder Flugge. Wir bemerken nur, da
A, wie auch S , fur r ! 1 exponentiell wie e 2r=aB abnimmt.
Verglichen mit dem Ausdruck auf S.136 enthalten U und A noch einige Zusatzterme; der wichtigste Unterschied ist aber der Nenner 1 S 2 , der damit zusammenhangt, da die Basisfunktionen
keine Eigenfunktionen der Einteilchen-Hamiltonfunktion sind (die Terme e2 =j~r ~rbj ) sind fur die
Eigenfunktion um ~ra Teil der Storung!),
141
Am Ende der Rechnung mu der Abstand j~ra ~rbj so gewahlt werden, da die Grundzustandsenergie minimal wird. In dieser Naherung ndet man durch Auswerten der Integrale R0 =
_ Fur die Bindungsenergie (Dissoziationsenergie) n0:77
AA_ (experimentell: R0 = 0:742
AA).
det man 3; 75eV (experimentell: 4; 45eV); dabei mu auch noch die Nullpunktsenergie der Molekulschwingung in Rechnung gebracht werden (~! = 0; 54eV, genau der experimentelle Wert); sie
kann aus einer Parabelnaherung fur E0 (R) bestimmt werden.
Magnetismus in Festkorpern In einem Festkorper kann man ahnlich vorgehen; allerdings
werden dort die A ( !
r ) durch Orbitale oder durch Wannier-Funktionen (auf einen Gitterplatz
konzentrierte Funktionen, die durch "Fourier-Rucktransformation" der Blochfunktionen erhalten
werden) ersetzt.
142
13 Quantentheorie des elektromagnetischen Strahlungsfeldes
13.1 Die freien Maxwellgleichungen und die Feldoszillatoren
Die Maxwellgleichungen in Vakuum lauten bekanntlich
@ E~
@t
@ B~
@t
= c rot B~
div E~ = 0
= c rot E~ div B~ = 0
Wir betrachten jetzt spezielle Losungen vom Typ
E~ (~r; t) = ~e (~r) q (t)
B~ (~r; t) = ~b (~r) p (t)
Einsetzen in die Maxwellgleichungen liefert:
~
~e dq
dt = cp rot b
und
~b dp = cq rot~e
dt
()
1 dp
Diese Gleichungen implizieren, da p1 dq
dt und q dt Konstanten sein mussen:
dp = q
dt
dq = p
dt
und
()
und die Groen p und q erfullen die Oszillatorgleichungen
p = !2 p
und
q = !2 q
mit !2 = Die moglichen Werte von !2 bestimmt man aus den Gleichungen
~e = c rot ~b
~b = c rot ~e
die aus () durch Einsetzen von () folgen. Mit Hilfe der Formel rot rot = grad div r2 und
div~e = div ~b = 0 folgt jetzt
2
r2~e = !c2 ~e
2
r2~b = !c2 ~b
143
Diese Eigenwertgleichungen sind der zeitunabhangigen Schrodingergleichung fur ein freies Teilchen
sehr ahnlich, und wir wissen schon, da es nur Losungen gibt mit !2 > 0, was unsere Notation im
nachhinein rechtfertigt. Welche Werte von !2 tatsachlich auftreten, hangt von den dem System
auferlegten Randbedingungen ab. Weiter sind nur solche Losungen zulassig, die den Nebenbedingungen div~e = div ~b = 0 gehorchen.
Die obige Eigenwertgleichung legt nur das Produkt !2 = fest. Die einzelnen Faktoren und sind gewissermaen frei wahlbar: man kann im Ansatz E~ = q~e immer einen konstanten
Faktor von q auf ~e hinuberwalzen. Wir werden die "symmetrische" Wahl = = ! verwenden.
Dies bedeutet insbesondere, da die Funktionen ~e und ~b zusammenhangen uber
~b = c rot~e
!
~e = !c rot ~b
Dies heit, da ~b aus ~e bestimmt werden kann. Wir erhalten also ein vollstandiges Losungssystem
der Maxwellgleichungen im Vakuum dadurch, da wir ein vollstandiges Losungssystem der Eigen~ ~e = 0 und den zutreenden Randbedinwertgleichung r2~e = ~e mit der Nebenbedingung r
gungen angeben. Ein solches vollstandiges System heit auch Modensystem; wir werden die
Modenfunktionen mit ~ek (~r) bezeichnen.
Beispiele von Modensystemen sind:
1. Stehende Wellen in einem Hohlraumresonator mit ideal leitenden Wanden (TE und
TM Typen): siehe Vorlesung Elektrodynamik.
2. Stehende Wellen in Laserresonatoren: ein fur viele Anwendungen wichtiges Beispiel.
Die Lasermoden sind keine exakte Losungen der Maxwellgleichungen (Beugungsverluste an
den Spiegeln werden vernachlassigt), aber die Fehler sind fur viele praktische Rechnungen
meist unerheblich.
3. Ebene Wellen im freien Raum. Hier hat man einen kontinuierlichen Modenindex ~k,
den Wellenvektor, und einen zusatzlichen Polarisationsindex, der zwei Werte annehmen
kann. Dazu wahlt man sich zwei Basisvektoren e^1k und e^2k , die mit k^ ein orthogonales
144
rechtshandiges Achsensystem bilden. Es gilt in diesem Fall selbstverstandlich !~k = cj~kj.
4. Zur Vermeidung eines kontinuierlichen Modenindex fuhrt man gelegentlich periodische
Randbedingungen auf einem Kubus ein:
~e (x + na; y + ma; z + pa) = ~e (x; y; z)
fur alle n; m; p
(und normiert auf dem Kubus 0 x; y; z a). Man erhalt so diskrete Losungen vom Typ
~en (~r) e^i~kn ei~kn ~r
mit ~kn = a (nx ; ny ; nz ) ; ! = c ~kn nx ; ny ; nz durchlaufen alle ganzen Zahlen.
Die Einfuhrung periodischer Randbedingungen ist ein Kunstgri, um mit diskreten Modensystemen rechnen zu konnen; am Ende soll immer der Limes a ! 1 genommen werden.
Normierung: Aus der Beziehung zwischen ~b und ~e folgt:
Z
2Z
~bk (~r) ~bk (~r) d3~r = c 2 rot~ek rot~ek d3~r
! V
2Z
c
= !2 ~ek rot rot~ek d3~r + Randterm
V
H
Der Randterm ist proportional zu S~ dO~ , wobei S~ den Poyntingvektor (Energiestromdichte)
darstellt. Bei samtlichen Beispielen verschwindet entweder S~ selbst (Hohlleiter) oder das Integral
(periodische Randbedingungen). Der Randterm entfallt daher, und mit div~e = 0 ndet man
rot rot ~ek = r2~ek = !c22 ~ek , d.h.
Z
Z
~bk (~r) ~bk (~r) d3~r = ~ek (~r) ~ek (~r) d3~r
Wir wahlen jetzt als Normierung fur die Modenfunktionen
Z
bzw.
Z
~ek (~r) ~ek0 (~r) d3~r = 4!k kk0
(diskretes k)
~ek (~r) ~ek0 (~r) d3~r = 4!k (k k0) (kontinuierliches k)
Man kann nun eine willkurliche Losung der freien Maxwellgleichungen nach Modenfunktionen
entwickeln. Der Einfachheit halber werden wir ab jetzt den Fall diskreter Moden mit reellen
Modenfunktionen diskutieren (der Fall kontinuierlicher Moden ist nur formasl verschieden)..
145
Es gilt
X
E~ (~r; t) = ~ek (~r) qk (t)
mit
X~
mit
k
B~ (~r; t) =
k
bk (~r) pk (t)
Z
1
qk (t) = 4!
k
1 Z
pk (t) = 4!
k
E~ ~ek d3~r
B~ ~bk d3~r
Fur die im Feld enthaltene Energie gilt:
1 Z d3~r E 2 + B 2 W = 8
1 X q q 0 Z d3~r ~e ~e 0 + p p 0 Z d3~r ~b ~b 0
= 8
k k
k k
k k
k k
V
V
kk0
woraus mit den obigen Normierungsbedingungen folgt:
W=
X1
k
2
2
2 ! k p k + qk
Wir konnen W auch als eine Hamiltonfunktion W = H (fpk ; qk g) interpretieren, aus der die obigen
Bewegungsgleichungen hergeleitet werden konnen:
@H = ! q
p_k = @q
k k
k
@H = ! p
q_k = @p
k k
k
Die elektrischen und magnetischen Modenamplituden konnen also aufgefat werden als Koordinaten und Impulse eines Systems ungekoppelter Feldoszillatoren.
Der Vollstandigkeit halber diskutieren wir noch die Bewegungsgleichung in Anwesenheit eines
vorgegebenen klassischen Stromes J~ (~r; t). Die erste Maxwellgleichung andert sich dann zu
@ E~ = c rot B~ + 4J~
@t
Durch skalare Multiplikation mit ~ek (~r) und Integration uber ~r erhalt man hieraus (mit Hilfe von
rot ~b = !c ~e)
q_k = !k pk + gk (t)
mit
gk (t) = !1
k
was auf einen Zusatzterm im Hamiltonoperator H1 =
Z
d~r J~ (~r; t) ~ek (~r)
P p g (t) schlieen lat. Die Feldosk k k
zillatoren fuhren erzwungene Schwingungen aus. Der Wechselwirkungsterm kann umgeschrieben
146
werden zu
H1 =
Z
d~r J~ (~r; t) 1Z
=c
X
k
pk (t) !1 ~ek (~r)
k
d~r J~ (~r; t) A~ (~r; t)
P
mit A~ (~r; t) = k !ck pk (t) ~ek (~r). Es lat sich leicht nachprufen, da fur das so denierte A~ (~r; t)
die Beziehungen
rot A~ = B~
1 @ A~ = E~
c @t
und
gelten.
13.2 Quantisierung der Feldoszillatoren
In voller Analogie mit dem Vorgehen bei der Quantisierung eines "materiellen" Oszillators werden
wir jetzt die Zahlen pk und qk durch Operatoren Pk und Qk ersetzen, fur die wir die Vertauschungsrelationen
[Pk ; Qk] = ~i kk0
postulieren. Der Hamiltonoperator fur eine einzelne Mode lautet jetzt
Hk = 12 !k Pk2 + Q2k
; H1k = Pk gk (t)
Zur Diskussion des Spektrums fuhren wir wieder Leiteroperatoren ein:
ak = (2~) 1=2 (Qk + iPk ) ayk = (2~) 1=2 (Qk iPk )
p Qk = ~=2 ak + ayk
p Pk = i ~=2 ak ayk
Der Hamiltonoperator fur die freie Feldmode lat sich jetzt umschreiben als
Hk = ~!k ayk ak + 12
h
i
; ak ; ayk = 1
und das Eigenwertproblem kann genau so wie in Kap. 6 gelost werden:
Hk jnk i = Enk jnk i
Enk = nk + 21 ~!k
Wir nennen jetzt die Zahl nk die Zahl der Lichtquanten oder Photonen in der Mode k. Oensichtlich tragt ein Lichtquant die Energie ~!k . Der Grundzustand j0k i heit auch das k-Vakuum;
147
der Zustand jnk i wird daraus gebildet mittels
nk
jnk i = pn1 ! ayk j0k i
k
Neben den Zustanden jnk i mit fester Quantenzahl sind auch die koharenten Zustande von Bedeutung; letztere werden deniert als
X
jk i = e 12 jkj2 pn1 ! nk jnk i
k
Ganz analog zu den Rechnungen in Kap. 6 kann man zeigen, da solche Zustande erzeugt werden,
falls die Mode k zum Zeitpunkt t = 0 im Vakuumzustand ist und eine Zeit lang mit einem
klassischen Strom J~ (~r; t) wechselwirkt.
Der Zustandsraum fur das gesamte Strahlungsfeld
Wir konnen jetzt ein System von Basiszustanden dadurch charakterisieren, da wir fur jede
Mode die Besetzungszahl festlegen. Ein solcher Zustand wird charakterisiert durch den unendlichen Satz von Zahlen fnk g; der Vakuumzustand ist jf0k gi und es gilt oensichtlich:
jfnk gi =
1 1 nk Y
pn ! ayk
jf0k gi
k=1
k
Der von den Zustanden jfnk gi aufgespannte Raum heit auch Fock-Raum. Gelegentlich werden
wir statt des ganzen Satzes fnk g nur diejenigen nk angeben, die von Null verschieden sind.
Wie schon immer sind nicht nur die Zustande jfnk gi akzeptable physikalische Zustande, sondern auch ihre Linearkombinationen. Wir konnen diese Freiheit insbesondere dazu ausnutzen,
da wir Zustande mit einem Photon mit wohldeniertem Impuls und/oder Spin konstruieren. Die
bisher verwendeten Modenfunktionen ~ek (~r) waren reell, d.h. sie entsprachen stehenden Wellen
mit linearer Polarisation. Wie wir schon im einfuhrenden Kap. 2 sahen, korrespondiert aber mit
einem wohldenierten Impuls eine laufende Welle und mit einem wohldenierten Spin ein komplexer Polarisationsvektor (zirkulare Polarisation). Wegen der Vollstandigkeit der Modenfunktionen
~ek (~r) lat sich aber die gesuchte Feldamplitude nach den Modenfunktionen zerlegen:
const:ei~k~r e^~k =
X
148
j
c~k;j ~ej (~r)
Falls wir jetzt die ebene Welle so normieren, da gilt
X
X 2
c~k;j = 1 bzw. c~k;j c~k00 ;j = ~k ~k0 0
()
j
j
so konnen wir
a~yk =
X
j
c~k;j ayj
als Erzeuger fur ein Photon im Zustand ~k betrachten, und den Operator
n~k = a~yk a~k
mit
a~k =
X
j
c~k;j aj
als Zahloperator fur die Anzahl der Photonen im Zustand ~k.
P
P
Beweis: Fur den Operator N = k nk = k ayk ak gilt:
"X
l
3
2
3"
2
3
#
# 2X
X
X
X
ayl al j0k i + 4 c~k;j ayj 5 j0k i
ayl al 4 c~k;j ayj 5 j0k i = 4 c~k;j ayj 5
j
j
l
P
j
Der Zustand 1~k = a~yk jf0gi ist also Eigenzustand von N = k nk zum Eigenwert 1. Die
Bedingung () sorgt dafur, da der Zustand 1~k korrekt normiert ist. Ob der Zustand 1~k auch
noch Eigenzustand des Hamiltonoperators des freien Feldes ist, hangt von den fur die Konstruktion
des Modensystems ~ek (~r) verwendeten Randbedingungen ab.
Bemerkungen:
1. Die klassischen Groen E~ (~r; t) ; B~ (~r; t) und A~ (~r; t) werden in einer voll-quantenmechanischen Theorie ersetzt durch die Operatoren
X
E~ (~r; t) = Qk (t)~ek (~r)
k
B~ (~r; t) =
X
k
Pk (t) ~bk (~r)
X
A~ (~r; t) = !c Pk (t)~ek (~r)
k
k
Alle diese Operatoren sind als Heisenbergoperatoren aufzufassen. Sie bestehen aus einem
Erzeugungsanteil, eine Linearkombination von ayk , und einem Vernichtungsanteil, eine Linearkombination von ak . Die Anwendung jedes dieser Operatoren auf einen Fockraumzustand
wird also die Gesamtzahl der im Zustand vorhandenen Photonen um genau eins erhohen
oder erniedrigen.
149
P
2. Der Hamiltonoperator des freien Feldes H = k ~!k nk + 12 enthalt den konstanten, aber
P
divergenten, Term k 12 ~!k . Weil H ohnehin nur bis auf eine Konstante bestimmt ist, lat
man diesen unasthetischen Term oft weg. Die Nullpunktsenergie hat aber sehr wohl eine
physikalische Bedeutung. Ein Beispiel ist der Casimir-Eekt:
In einem Hohlraum hat man zusatzlich eine idealleitende bewegliche Trennwand T. Die
P
Summe k 21 ~!k hangt jetzt von der Lage x der Trennwand ab. Die mit einer A nderung
P
x von x korrespondierende Variation k 21 ~!k ist konvergent und fuhrt dazu, da T eine
Anziehung zur nachstgelegenen Wand des Hohlraumes empndet. Auch die van-der-Waals
Krafte zwischen makroskopischen dielektrischen Korpern lassen sich herleiten aus einem
Potential, das der Nullpunktsenergie des Feldes entspricht.
13.3 Das Strahlungsfeld in Wechselwirkung mit Atomen
Aus der semiklassischen Theorie von Kap. 11, Abschnitte 3 und 4 konnen wir eine voll-quanten~ mechanische Theorie erhalten, indem wir das klassische Feld A~ (~r; t) durch den Operator A~ R;
t
aus dem vorherigen Abschnitt ersetzen. Dabei soll R~ als der Ortsoperator fur das Leuchtelektron des Atoms aufgefat werden. Als Basiszustande fur das kombinierte System konnen wir die
Zustande jm; fnk gi wahlen; m bezeichnet den Zustand des Atoms und fnk g die Besetzungszahlen
der Moden des Strahlungsfeldes.
Als erstes Beispiel diskutieren wir ein Atom in Wechselwirkung mit nur einer einzigen Mode des
Strahlungsfeldes, z.B. in einem Hohlraum oder Laserresonator. Weiter sei die Resonatorfrequenz
!k mit einer U bergangsfrequenz !ml des Atoms identisch; der entsprechende U bergang sei weiter
150
dipolerlaubt, so da wir die Dipolnaherung machen konnen:
e A~ (0; t) P~
H1 = mc
Jetzt wird:
fur U bergange von m nach l (Em < El ) der ak -Anteil
fur U bergange von l nach m (Em < El ) der ayk -Anteil
~
des A-Operators
wirksam. Diese U bergange nden also durch Absorption, bzw. Emission eines
Photons statt. Die entsprechenden Matrixelemente sind, fur einen Anfangszustand mit genau nk
Photonen in der Resonatormode k
r
ie ~ hl; n 1j a ~e (0) P~ jm; n i
Mlm = m!
k
k k
k
k 2
r
ie ~ hm; n + 1j ay ~e (0) P~ jl; n i
und Mml = m!
k
k
k k
k 2
Weil Anfangs- und Endzustande Produktzustande sind, faktorisieren auch die Matrixelemente in
einen Atom- und einen Feldfaktor. Ersterer wurde schon in Kap. 6 bestimmt, und wir erhalten
at
Mlm = pnk Mlm
p
at Mml = nk + 1Mlm
mit
at
Mlm
r
ie ~ ~e (0) hlj P~ jmi
= m!
k
k 2
Die U bergangswahrscheinlichkeiten haben also die Gestalt
0
wlm = nk wml
0
wml = (nk + 1) wml
mit
0 = 1 M at2
wml
~2 m
Nach Einstein bezeichnet man
wlm = Wsch. fur Absorption (proportional zu nk )
0 = Wsch. fur stimulierte Emission (id.)
wml wml
0 = Wsch. fur spontane Emission (unabangig von nk )
wml
151
und man sieht leicht, da die ersten zwei einander gleich sind. Bei der spontanen Emission genugt
es naturlich nicht, nur die ausgewahlte Mode des Feldes zu betrachten; man sollte vielmehr alle
Moden mit der Frequenz !j = !lm in die Rechnung hineinnehmen. Im freien Raum ergibt das ein
Kontinuum von Endzustanden. Wegen ! = cj~kj fuhrt die Zustandsdichte k2d2 zu:
(!) d2 = c 3 !2 d2
was in Fermis Goldene Regel eingesetzt werden kann, um die spontane Emissionsrate zu bestimmen. Um die Gesamtrate zu bestimmen, mu noch uber den Raumwinkel d2
integriert und uber
die zwei Polarisationszustande des emittierten Photons summiert werden. Das Inverse der so errechneten Gesamtrate ist die Lebensdauer des angeregten Zustandes fur spontane Emission.
Die Planckverteilung
Im thermodynamischen Gleichgewicht bei der Temperatur T ist die Besetzungswahrscheinlichkeit der atomaren Niveaus m nach Boltzmann gegeben durch
pm ' e Em =kT
wobei k die Boltzmannkonstante darstellt. Damit dieses Gleichgewicht nicht durch die Wechselwirkung mit dem Strahlungsfeld zerstort wird, mu gelten
hwlm i pm = hwml i pl
wobei hwlm i die U bergangswahrscheinlichkeit ist fur die mittlere Zahl von Photonen in der Mode
k, bezeichnet mit hnk i. Die obigen Formeln ergeben:
hnk i = e
hnk i + 1
~!=kT
! hnk i = e~!=kT1 1
Die entsprechende mittlere Energie ist
~!
hEk i = ~! hnk i = e~!=kT
1
die beruhmte Plancksche Formel. Fur ~!=kT 1 reduziert sich der Ausdruck zum klassischen
Ergebnis hEk i = kT; fur hohe Werte dieser Kombination erhalt man aber sehr viel niedrigere
Werte. Dies fuhrt zur Losung der im ersten Abschnitt angesprochenen Schwierigkeiten mit den
spezischen Warmen.
152
U blicherweise gibt man die mittlere Energie nicht pro Mode, sondern pro Frequenzintervall
an. Mit periodischen Randbedingungen im Kubus ist die Zahl der Moden c jknj zwischen ! und
! + d!, und ~kn = 2a (nx ; ny ; nz ) gleich
2
Polarisation
a 3
2
Dichte im k-Raum
c3
k nach !
4!2d!
=
4V ! 2
(2)2 c3 d!
Schale im !-Raum
Fur die Energiedichte pro Frequenzintervall erhalt man also:
U (!; T) =
!3
4~
(2)2 c3 e~!=kT 1
die beruhmte Plancksche Strahlungsformel.
Der qualitative Verlauf ist in Abbildung 22 angegeben; in manchen Buchern steht der analoge
Ausdruck mit der Variablen = !=2:
h
U^ (; T) = 8
3
h=kT
c e
1
Diese Formel wurde zuerst von Planck (1900) auf Grund thermodynamischer U berlegungen vorgeschlagen. Die obige Herleitung geht im wesentlichen auf Einstein zuruck.
Der Photoelektrische Eekt; Photodetektoren.
Auch die Theorie des photoelektrischen Eekts (S. 130) kann leicht in eine voll-quantenmechanische Theorie "ubersetzt" werden. Insbesondere nden wir, da fur einen Anfangszustand
des Feldes j1k i die Rate fur Photoemission (falls !k genugend gro ist und das Atom anfanglich
2
in einem s-Zustand ist) proportional zu ~ek R~ 0 ist, wobei R~ 0 der Ort des Schwerpunktes des
153
Atoms ist. Ein photoionisierbares Atom kann als Detektor fur Photonen aufgefat werden. (Photoelektronen konnen experimentell leicht nachgewiesen werden). Die Detektionswahrscheinlichkeit
hangt uber das atomare Matrixelement noch von der Photonfrequenz !k ab. Falls wir aber von
vornherein wissen, da im Strahlungsfeld nur Photonen vorhanden sind mit Frequenzen in einem
Bereich, der schmal ist auf der Skala der Variation der Detektionswahrscheinlichkeit, so konnen
wir diesen Eekt vernachlassigen und die Beziehung
2
Detektionswsch. in R~ 0 ~ei R~ 0
auch gelten lassen fur Photonen, die nicht in einem reinen Energieeigenzustand sind, d.h. solche
erzeugt von
ayi =
X
k
cik ayk
mit ~ei (~r) =
X
k
cik~ek (~r)
Die Amplitudenfunktion ~ei (~r) hat also die Eigenschaften einer Einteilchenwellenfunktion fur das
durch ayi erzeugte Photon.
Betrachten wir jetzt den Zustand j1i; 1j i = ayi ayj jf0gi, und die Wsch., da sowohl ein Atom
in R~ 1 als ein Atom in R~ 2 ionisiert wird. Wir nehmen einfachheitshalber an, da ~ei (~r) und ~ej (~r)
nur z-Komponenten haben und vernachlassigen den Vektorcharakter. Die Rechnung erfordert
Storungstheorie zweiter Ordnung:
Anfangszustand
Zwischenzustande
Endzustande
j01; 02; 1i; 1j i
jp~1 ; 02; 1ii ; j01; ~p2; 1ii
jp~1 ; 02; 1j i ; j01 ; ~p2; 1j i
j~p1; ~p2; f0gi
Nach Integration uber den energetisch erlaubten ~p1 und ~p2 erhalt man (bei Vernachlassigung der
Energieabhangigkeit der atomaren Matrixelemente) eine Detektionsrate proportional zu
2
ei R~ 1 ej R~ 2 + ej R~ 1 ei R~ 2 also genau wie in Kap. 12 fur einen Zustand zweier Bosonen (fur den Fall, da die Polarisationen,
also die Spins, in einem symmetrischen Zustand sind).
154
Die in diesem Kapitel vorgefuhrte Behandlung ist nicht nur auf die Photonen (quantisierte
Eigenschwingungen des Maxwellfeldes) sondern z.B. auch auf die Eigenschwingungen eines Kristallgitters (Phononen) und auf beliebige andere auf harmonische Oszillatoren reduzierbare Anregungen anwendbar. Fur Fermionen benotigt man einen etwas modizierten Formalismus, der im
Proseminar Hohere Quantenmechanik diskutiert wird.
155
14 Literaturliste
Lehrbucher:
C.Cohen-Tannoudji, B.Diu & F.Laloe, Quantum Mechanics I, II (John Wiley, 1977) (Deutsche Ausgabe, DeGruyter, 1997)
A. Messiah, Quantum mechanics I,II (North Holand, 1965)
F. Schwabl, Quantenmechanik (Springer, 1988)
E. Merzbacher, Quantum Mechanics (John Wiley, 1970)
G. Baym, Lectures on Quantum Mechanics (Benjamin, 1965)
Teile von Lehrbuchreihen:
H. Mitter, Quantentheorie (Bibl. Inst., 1965)
W. Macke, Quanten (Geest & Portig, 1965) (vergrien; in der Physikbibliothek vorhanden)
L.D.Landau und E.M.Lifshitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik, Bd. 3: Quantenmechanik (Akad. Verlag, 1967)
W. Greiner,
Theoretische Physik 4: Quantenmechanik, eine Einfuhrung (Harri Deutsch, 1979)
Theoretische Physik 4B: Quantentheorie, Spezielle Kapitel (Harri Deutsch, 1980)
Theoretische Physik 5: Quantenmechanik II, Symmetrien (Harri Deutsch, 1979)
Repetitorium (Theor. Physik I-IV):
A. Wachter und H. Hoeber, Repetitorium Theoretische Physik (Springer, 1998)
Anwendungen:
S. Flugge, Pratical Qauntum Mechanics (Springer, 1974), deutsche Ausgabe: DeGruyter,
1997
156
Klassische Darstellung:
P.A.M. Dirac, The principles of quantum mechanics (Clarendon Press, 1974)
Nichttechnische Darstellung:
R.P. Feynman, QED, the strange theory of light and matter (Princeton U.P., 1985)
Historische Entwicklung:
A. Pais, Inward bound; of matter and forces in the physical world (Clarendon Press, 1986)
E. Segre, From x-rays to quarks; modern physicists and their discoveries (Freeman, 1988)
157
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