05/2012 Seelische Gesundheit Die Arbeitsunfähigkeitszeiten durch psychische Erkrankungen nehmen deutlich zu und mit ihnen auch die Versorgungdichte der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie. Besonders junge Menschen leiden häufig unter Depressionen. Psychische Erkrankungen immer häufiger Über drei Viertel (76,9%) aller krankheitsbedingter Ausfalltage (AU-Tage) der erwerbstätigen BKK Pflichtmitglieder 2010 wurden durch sechs Krankheitsgruppen verursacht. Nach den Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems mit 26,6% der AU-Tage, Krankheiten des Atmungssystems mit 14,4% und Verletzungen und Vergiftungen mit 13,3%, lagen die psychischen Störungen mit 13,6% der AU-Tage an vierter Stelle. Die psychischen Erkrankungen nahmen damit im Jahr 2010 gegenüber 2009 anteilig um 1,3% zu. Sie lagen bei 178 AU-Tagen je 100 beschäftigte BKK Pflichtmitglieder. Die Muskel- und Skeletterkrankungen lagen 2010 im Vergleich bei 394 AU-Tagen. Infektionen waren am seltensten Ausschlaggeber für Arbeitsunfähigkeit. Nur 61 AUTage waren auf Infektionen zurückzuführen. Die häufigsten Krankheitsarten mit Arbeitsunfähigkeit 2010, nach AU-Tagen 282 Sonstige 394 Infektionen Kreislaufsystem Verdauungssystem Muskel-/Skelettsystem 61 67 86 Psychische Störungen 214 Atmungssystem 178 202 Verletzungen / Vergiftungen Quelle: BKK Gesundheitsreport 2011; Grafik: BKK Bundesverband Durch psychische Erkrankungen bedingte AU-Tage nach Bundesländern, je 100 BKK Pflichtmitglieder, 2010 Schleswig-Holstein 225 Hamburg 291 Mecklenburg-Vorpommern 203 Bremen 207 Berlin 275 Niedersachsen194 Brandenburg 210 Nordrhein-Westfalen 218 Sachsen-Anhalt 183 Sachsen 187 Hessen 193 Saarland 216 Rheinland-Pfalz 199 Thüringen 174 Bayern 166 Baden-Württemberg 199 Regionale Unterschiede bei psychischen Erkrankungen In der Diagnosegruppe „Psychische Störungen“ war 2010 ein Anstieg zu verzeichnen. Zudem sind die regionalen Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern auffällig. Insbesondere in Hamburg, 291, und Berlin, 275, waren die AU-Tage je 100 BKK Pflichtmitglieder besonders hoch. Die geringsten Anteile psychisch bedingter AU-Tage verzeichneten unter den westdeutschen Ländern Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Bayern. Dort lagen die Anteile mit Werten zwischen 11,8 und 12,4% (bzw. 166 und 194 AU-Tagen) an den Gesamt-AU-Tagen jedoch ebenfalls über dem Niveau in Ostdeutschland, wo durchschnittlich 10,9% der AU-Tage auf diese Erkrankungen entfielen. Im Westen waren es im Schnitt 13,1%. Hier kommen mittlerweile 172 bis 291 AU-Tage auf 100 BKK Pflichtmitglieder. Quelle: BKK Gesundheitsreport 2011; Grafik: BKK Bundesverband BKK Faktenspiegel kostenlos abonnieren unter www.bkk.de/faktenspiegel Mehr Ärzte für seelische Leiden Facharztdichte Psychiatrie und Psychotherapie Das Angebot an niedergelassenen Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie war in Ostdeutschland im Jahr 2010 wesentlich geringer als in Westdeutschland. Je 100.000 Einwohner standen 2010 im Osten 2,03, im Westen 4,12 Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie zur Verfügung. Allerdings haben Fachärzte im Osten zahlenmäßig stark aufgeholt. Der Vergleich zum Jahr 2000 zeigt dies: Während sich die Zahl der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie seit 2000 im Westen knapp verdoppelt hat, hat sich die Anzahl der vergleichbaren Fachärzte im Osten mehr als verfünffacht. niedergelassene Ärzte/Ärztinnen je 100.000 Einwohner Bund West Bund Ost Bund gesamt 5 4,12 4 3,62 3 3,25 2,25 2 1,94 1 0,40 3,79 2,03 1,30 2000 2007 2010 Quelle: BÄK, Statistisches Bundesamt, gbe, BKK Gesundheitsreport; Grafik: BKK Bundesverband Junge Menschen häufiger depressiv Diagnose Depression Immer öfter sind auch junge Menschen von Depressionen betroffen. Während der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS) des Robert Koch-Instituts litten 8,1% der befragten Teilnehmer an einer diagnostizierten Depression. 10,2% der Erkrankten waren Frauen, 6,1% Männer. Mit fast 10% war der Anteil der Betroffenen dabei unter den 18- bis 29- Jährigen am höchsten. Der niedrigste Wert war bei den über 65-Jährigen mit 6,3% anzutreffen. Der sozioökonomische Status war ebenfalls ein wichtiger Einflussfaktor. 13,6% der Erkrankten wiesen einen niedrigen, 7,6% einen mittleren und 4,6% einen hohen sozioökonomischen Status auf. in Prozent, 2012 8,1 Alle Häufigkeit nach Geschlecht 10,2 Frauen 6,1 Männer Häufigkeit nach Alter 9,9 18–29 Jahre 6,3 über 65 Jahre Häufigkeit nach sozioökonomischem Status (SES) 13,6 niedriger SES 7,6 mittlerer SES 4,6 hoher SES 3 6 9 12 15 Quelle: RKI; Grafik: BKK Bundesverband Sozioökonomischer Status entscheidend bei Burn-out Erkrankungen Diagnose Burn-out in Prozent, 2012 Während Depressionen offenbar eher ein Problem der Jüngeren ist, steigt die Zahl der Patienten mit der Diagnose Burn-out in der Lebensmitte stark an. Die „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS) des Robert Koch-Instituts hat ermittelt, dass lediglich 1,4% der 18- bis 29-Jährigen unter einem Burn-out-Syndrom leiden, dass jedoch 6,6% der 50- bis 59-Jährigen betroffen sind. Frauen erkranken mit 5,2% häufiger als Männer mit 3,3%. Je höher der sozioökonomische Status ist, desto weiter verbreitet ist das Burn-out: Während 5,8% der erkrankten Teilnehmer einen hohen sozialökonomischen Status aufwiesen, waren mittlerer (4,2%) und niedriger (2,6%) sozialökonomischer Status beim Burn-out eher selten. 4,2 Alle Häufigkeit nach Geschlecht 5,2 Frauen 3,3 Männer Häufigkeit nach Alter 18–29 Jahre 1,4 6,6 50–59 Jahre 1,9 70–79 Jahre Häufigkeit nach sozioökonomischem Status (SES) 2,6 niedriger SES 4,2 mittlerer SES 5,8 hoher SES 1 2 3 4 5 6 7 8 Quelle: RKI; Grafik: BKK Bundesverband BKK Faktenspiegel kostenlos abonnieren unter www.bkk.de/faktenspiegel 05/2012 | S. 2 Krankheitskosten durch psychische Störungen steigen Krankheitskosten durch psychische Störungen in Mrd. Euro, direkte und indirekte Kosten, 2011 45,4 Mrd. Euro 28,6 Mrd. Euro 17,92 Mrd. Euro Direkte Kosten Produktionsausfall durch Invalidität (524.000 Jahre) Ausfall an Bruttowertschöpfung Quelle: BKK Bundesverband, Abt. Gesundheitsförderung; Grafik: BKK Bundesverband Alkohl häufig Grund für psychische und Verhaltensstörungen Häufigste psychiatrische Hauptdiagnosen bei vollstationären GKV-Krankenhausfällen Die meisten Fälle mit psychiatrischen Hauptdiagnosen bei vollstationären GKV-Krankenhausfällen wurden durch Alkohol hervorgerufen. Im Jahr 2010 beliefen sich diese Fälle auf 308.718. Aufgrund einer depressiven Episode oder einer rezidivierenden (wieder auftretenden) depressiven Störung sind 108.009 bzw. 95.73 vollstationäre GKV-Krankenhausfälle bekannt. Spezifische Persönlichkeitsstörungen (30.318 Fälle), Schizoaffektive Störungen (26.151 Fälle) und andere psychische Störungen aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit (23.783 Fälle) kamen deutlich seltener vor. Besonders selten waren Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, die aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns auftraten (7.880 Fälle). 2010 Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol 308.718 Depressive Episoden 108.009 Rezidivierende depressive Störungen 95.731 Spezifische Persönlichkeitsstörungen 30.318 Schizoaffektive Störungen 26.151 Andere psychische Störungen aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit 23.783 Kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen 9.147 Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika 8.441 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionssstörung des Gehirns 7.880 50 100 150 200 250 Die volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund von psychischen Störungen steigen weiter an. Derzeit liegen die direkten Kos­ten (Versorgungskosten) bei etwa 28,6 Mrd. Euro. Die­ se könnten laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes bis 2030 auf rund 32 Mrd. Euro anwachsen. Die Verluste für die Volkswirtschaft aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, Invalidität oder vorzeitigem Tod werden auf insgesamt rund 763.000 verlorene Erwerbsjahre geschätzt; das entspricht einem Anstieg von mehr als 23% seit 2005. Durch Invalidität entstand dabei ein Produktionsausfall von 524.000 Jahren, durch Arbeitsunfähigkeit von 196.000 Jahren und durch Mortalität von 43.000 Jahren. Der Ausfall an Bruttowertschöpfung aufgrund von Krankheitskosten durch psychische Störungen beträgt für 2011 rund 45,4 Mrd. Euro. 300 350 Quelle: GKV-Spitzenverband; Grafik: BKK Bundesverband Fallzahlen bei psychischen Erkrankungen in der EU in Mio., 2011 (Schätzwerte) 30,3 Starke Depression 22,7 Spezifische Phobie 20,4 Somatoforme Störung 7,9 Panikstörung 6,3 Demenz Schlafsucht Cannabis-Abhängigkeit 3,1 1,4 Bulimia nervosa 0,7 Autismus 0,6 5 10 15 20 25 30 35 Quelle: Europäische Union, ECNP; Grafik: BKK Bundesverband Depressionen und Phobien sind häufigste psychische Erkankungen in der EU Psychische Erkrankungen sind ein zunehmendes Problem in der Europäische Union. Im September 2011 schätzte die EU, dass 30,3 Mio. der dort lebenden Europäer an einer starken Depression leiden. Das sind bei rund 500 Mio. Einwohnern etwa 6%. 22,7 Mio. leiden unter Phobien, 20,4 Mio. mit somatoformen Störungen unter körperlichen Beschwerden, die sich auf keine organische Erkrankung zurückführen lassen. Panikstörungen sind mit 7,9 Mio. Erkrankten in der EU seltener, ebenso Demenzen mit 6,3 Mio. Betroffenen. Über Schlafsucht klagen 3,1 Mio. Europäer. Mit 0,3% leiden 1,4 Mio. der in Europa lebenden Menschen unter einer Cannabis- Abhängigkeit. Bulimie und Autismus kommen mit 0,7 Mio. und 0,6. Mio. Betroffenen im Vergleich dazu seltener vor. BKK Faktenspiegel kostenlos abonnieren unter www.bkk.de/faktenspiegel 05/2012 | S. 3 Mitarbeiter um 40 Jahre am stärksten psychisch beansprucht Anteil der psychisch beanspruchten Mitarbeiter nach Alter, in Prozent 80 % 75% 70% 60% 50% 40% 42% 40% 30% 20% 10% 11% bis 29 30–39 40–49 50–59 3% 4% 60 und älter weiß nicht Quelle: Deutsche Gesellschaft für Personalführung; Grafik: BKK Bundesverband Antidepressiva-Verordnungen nach Erwerbsstatus Anteil BKK Versicherter mit Verordnung, 2010 Frauen 7,9% Beschäftigte Mitglieder insgesamt 18,8% Arbeitslose 12,8% Sonstige Montiererinnen 12,2% Elektrogeräte-, Elektroteilemontiererinnen Raum-, Hausratreinigerinnen 11,4% Helferinnen in der Krankenpflege 11,3% 5% 10% 15% 20% Männer 4,3% Beschäftigte Mitglieder insgesamt 11,7% Arbeitslose 7,0% Heimleiter, Sozialpädagogen 7,0% Sozialarbeiter, Sozialpfleger In einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Personalführung antworteten 189 Personalmanager zu der Frage, in welcher Altersklasse Fälle psychisch beanspruchter Mitarbeiter mit auffälligem Arbeitsverhalten in ihrem Unternehmen am häufigsten auftreten. Drei von vier Personalmanagern gaben an, dass Mitarbeiter zwischen 40 und 49 Jahren psychisch stark beansprucht sind. Mitarbeiter zwi­schen 30 und 39 Jahren und zwischen 50 und 59 werden jeweils von 40% bzw. 42% der Per­sonalmanager als betroffen wahrgenommen. Diese drei Altersklassen sind gleichzeitig auch diejenigen, denen die meisten Mitarbeiter in einem Unternehmen angehören. Im Alter bis 29 Jahre wurden nur 11% als psychisch beansprucht bewertet. Bei den über 60 Jährigen sogar nur 3%. Antidepressiva-Verordnungen gehen häufiger an Frauen Die Verordnungen von Antidepressiva im Jahr 2010 unterscheiden sich stark nach Geschlecht und Erwerbsstatus. Der Studie zugrunde liegen jeweils Berufe mit mehr als 5.000 Versicherten. Besonders betroffene Berufsgruppen sind bei Männern und Frauensoziale Berufe wie Sozialarbeiter/-innen und Sozialpfleger/innen und Krankenpflegehelfer/-innen, aber auch sonstige Montierer/innen und Elektrogerätemontierer/-innen. Bei der Betrachtung der häufigsten betroffenen Berufsgruppen fällt auf, dass Frauen deutlich mehr Antidepressiva-Verordnungen erhalten als Männer. Bei ihnen liegt der prozentuale Anteil bei 7,9% je Versicherte mit Verordnung. Bei den Männern bei 4,3%. 6,3% Krankenpfleger 6,1% Gummihersteller, -verarbeiter 2% 4% 6% 8% 10% 12% Quelle: BKK Gesundheitsreport 2011; Grafik: BKK Bundesverband Datencheck: 2010 waren von je 1.000 BKK Mitgliedern Männer 48,8 Tage und Frauen 82,1 Tage mit der Diagnose Burn-out arbeitsunfähig. Quelle: BKK Gesundheitsreport 2011 BKK Faktenspiegel – Der Newsletter für Gesundheitsdaten BKK Faktenspiegel erscheint regelmäßig. Unter www.bkk.de/faktenspiegel können Sie den Newsletter kostenlos abonnieren. Alle Grafiken lassen sich durch Klick auf den Button unter der jeweiligen Abbildung im JPG- und EPS-Dateiformat downloaden. Abdruck und Nutzung der Inhalte des BKK Fakten­spiegels sind im Rahmen redaktioneller Berichterstattung und mit Urheber­vermerk kostenlos. 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