Interview Sackl Grüner Star

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Grüner Star
Heimtückische Augenkrankheit
Viele Menschen glauben, dass es sich beim Grauen und Grünen Star
(medizinisch: Glaukom) um zwei verwandte Augenkrankheiten
handelt. Dem ist nicht so, bestätigt Dr. Gernot Sackl, Facharzt für
Augenheilkunde in Bludenz: „Vom Grünen Star spricht man, wenn
der Sehnerv beschädigt ist. Hingegen kommt es beim Grauen Star zur
Eintrübung der an sich klaren Augenlinse, wobei auch nur ein Auge
beeinträchtig sein kann. Das Glaukom betrifft normalerweise beide
Augen.“
Ein Interview über die heimtückische Augenkrankheit, deren Ursache,
Verlauf, Behandlung sowie Risikogruppen und Routinechecks.
Herr Dr. Sackl, letzte Woche haben wir über den Grauen Star gesprochen. Diesmal ist der
Grüne Star an der Reihe. Die Namen sind sehr ähnlich. Gilt das auch für die Krankheiten?
Absolut nicht. Vielmehr handelt es sich um zwei ganz unterschiedliche Erkrankungen des Auges. Vom
Grünen Star, der in der Fachsprache auch Glaukom genannt wird, spricht man, wenn der Sehnerv
beschädigt ist und normalerweise sind dabei immer beide Augen betroffen. Hingegen kann sich der
Graue Star auf ein Auge beschränken. Außerdem ist dabei nicht der Sehnerv beschädigt, sondern die
an sich klare Augenlinse eingetrübt.
Gibt es denn gar keine Gemeinsamkeiten?
Abgesehen davon, dass sowohl Graue, als auch Grüne Stare sehr häufig vorkommen, können beide
Augenkrankheiten zur Erblindung führen. Allerdings besteht beim Grünen Star – im Gegensatz zum
Grauen – keine Chance auf Heilung. Der Grüne Star ist eine gefürchtete Erkrankung des Auges, doch
leider ist er noch zu wenig bekannt. Das Heimtückische an dieser Krankheit ist, dass die Patienten
den Grünen Star erst sehr spät bzw. um genau zu sein, zu spät wahrnehmen und bemerken.
Wie kommt das?
Das Problem ist, dass Schäden, die aufgetreten sind, nicht mehr repariert bzw. behandelt werden
können. Stellen Sie sich das Auge wie eine Kamera vor. Das Gehirn bzw. das Sehzentrum, das im
Hinterkopf sitzt, ist dabei der Rechner, der die Informationen der Kamera in Bilder umwandelt. Der
Sehnerv ist das Kabel, das Kamera und Rechner verbindet bzw. die Informationen von der Kamera,
also vom Auge, zum Rechner, dem Gehirn, transportiert.
Und wenn das Kabel defekt ist, bekommt der Rechner keine Bilder von der Kamera.
Genau so ist es. Wenn der Sehnerv, also die Verbindung zwischen Auge und Gehirn, beschädigt ist,
kann der Betroffen auch nichts sehen. Der Sehnerv besteht etwa aus einer Million Nervenfasern. Beim
Grünen Star gehen diese Fasern nacheinander kaputt. Allerdings bemerken die Patienten die
Schädigung des Sehnervs erst, wenn bereits zwei Drittel der Fasern defekt sind.
Aber sieht man denn mit dem Grünen Star nicht schlechter?
Nun, wenn Patienten mit einem Grünen Star schlechter sehen, dann ist, gelinde gesagt, eine
Katastrophe eingetreten. Das ist ja das Heimtückische an dieser Erkrankung: Bis knapp vor der
Erblindung ist eine normale Sehschärfe messbar.
Also wird man von einem Tag auf den anderen blind?
Das natürlich nicht. Die Patienten bemerken nur nicht, dass das Gesichtsfeld zunehmend
verschwindet bzw. kleiner wird. Als Gesichtsfeld bezeichnet man den Raum, der mit einem Auge ohne
Augenbewegungen überblickt wird. Erst wenn das Gesichtsfeld um 50% kleiner geworden ist, bemerkt
man es. Wie gesagt: eine heimtückische Krankheit.
Worin liegt denn die Ursache für den Grünen Star?
Der Augendruck bzw. der Augeninnendruck ist zu hoch. Das heißt, das Auge produziert mehr
Kammerwasser, als abfließen kann.
Was ist Kammerwasser?
Das Kammerwasser ist eine klare Körperflüssigkeit und enthält Nährstoffe für Linse und Hornhaut.
Wenn zu viel von diesem Kammerwasser vorhanden, ist der Augendruck zu hoch und der Sehnerv
wird dadurch von hinten abgequetscht. Er wird in weiterer Folge nicht ausreichend durchblutet,
wodurch die Nervenfasern nach und nach absterben. Im Grunde handelt es sich dabei um eine
Durchblutungsstörung.
Wie stellt man fest, dass der Augendruck zu hoch ist bzw. dass zu viel Kammerwasser
vorhanden ist?
Bei einem Routinecheck führen wir Augendruckmessung durch. Gleichzeitig wird abgeklärt, ob der
Sehnerv noch gesund ist. Sollten Augendruck und Sehnerv nicht passen, wird zudem eine
Gesichtsfelduntersuchung durchgeführt.
Die Glaukomdiagnostik ist heute schon sehr fortgeschritten. Zur Beurteilung des Sehnervs werden
modernste Computersysteme verwendet. Das Problem ist allerdings, dass die soziale
Krankenversicherung diese Untersuchungen nicht zahlt.
Lassen die Menschen trotzdem Routinechecks durchführen?
Zum Glück ja! Die Vorarlberger sind wirklich sehr vorbildlich, wenn es um Vorsorgeuntersuchungen
geht. Man kann es aber nicht oft genug sagen: Ab dem 40. Lebensjahr sollte wirklich jeder einmal im
Jahr zur allgemeinen Vorsorgeuntersuchung gehen. Im Zuge dessen müssen selbstverständlich auch
die Augen untersucht werden. Nicht zuletzt, weil die Wahrscheinlichkeit von Augenerkrankungen ab
40 steigt.
Wie viele Menschen sind denn betroffen?
Das ist altersabhängig. Mit zunehmendem Alter steigt auch die Anzahl der Betroffenen. Fünf bis sechs
Prozent der 80-Jährigen leiden darunter.
Gibt es, abgesehen vom Alter, auch sonst Risikofaktoren beim Grünen Star?
Im Gegensatz zum Grauen Star ist der Grüne Star sehr häufig familiär bedingt. Wenn also beide
Elternteile am Grünen Star erkrankt sind, dann ist höchste Vorsicht geboten. Außerdem zählen
Menschen mit niedrigem Blutdruck und mit hoher Kurz- oder Weitsichtigkeit, das heißt ab sechs
Dioptrien, zu den Risikogruppen. Interessant ist auch, dass Schwarze fünf Mal häufiger am Grünen
Star erkranken, als andere ethnische Gruppen.
Welche Auswirkungen hat der Grüne Star auf das Leben der Patienten?
Patienten mit einem Grünen Star bzw. einem verkleinerten Gesichtsfeld können und dürfen nicht mehr
Autofahren. Auch wenn das gesetzlich vorgeschrieben ist, halten sich viele Patienten leider nicht
daran.
Kann man denn vorbeugen? Oder kann man selber die Krankheit aufhalten?
Genussmittel, wie Alkohol, Kaffee oder schwarzer Tee sind in vernünftigem Maße erlaubt. Jedoch
sollte man sofort aufhören zu rauchen, denn Nikotin verengt und schädigt die Gefäße im ganzen
Körper. Also auch die im Auge. Wird die Durchblutung durch das Rauchen zusätzlich beeinträchtigt,
begünstigt das den Verlauf der Krankheit. Im Großen und Ganzen kann man aber gegen einen
erhöhten Augendruck nichts tun.
Gibt es dann überhaupt Möglichkeiten, die Krankheit zu behandeln?
Der Grüne Star ist, wie gesagt, nicht heilbar, aber behandelbar. In den meisten Fällen werden die
Patienten medikamentös therapiert – mit dem Ziel, den Augendruck zu senken. Operiert wird nur in
den wenigsten Fällen. Erstens weil die Operation des Grünen Stars wesentlich weniger erfolgreich ist,
als die des Grauen Stars. Zweitens – und das ist der eigentliche Grund – wird der Patient nicht besser
sehen können. Wir operieren daher wirklich nur dann, wenn die medikamentöse Behandlung keine
Erfolge zeigt, also der Augendruck nicht gesenkt werden kann. Das ist vor allem bei sehr weit
fortgeschrittenen Erkrankungen der Fall.
Man kann dem Grünen Star also schon die Stirn bieten?
In gewisser Hinsicht und bis zu einem bestimmten Grad: Ja. Leider können sowohl Medikamente, als
auch ein operativer Eingriff die Krankheit lediglich aufhalten. Allerdings ist die Medizin heute schon
sehr weit: Wir können den Fortschritt des Grünen Stars derart verlangsamen, dass die meisten
Patienten die Erblindung nicht mehr erleben.
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