PD Dr. Günter Zschornack Institut für Angewandte Physik Arbeitsgruppe „Hochgeladene Ionen“ Fortgeschrittenenpraktikum ECR-Ionenquelle Erzeugung mehrfach geladener Ionen in einer Plasmaionenquelle Praktikumsbeginn: Freitag ca. 08.00 Uhr (Der Anfangszeitpunkt ist mit dem Busfahrplan abgestimmt) Praktikumsort: FZ Dresden-Rossendorf Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung Gebäude Nr. 97 Raum: 111 Anmeldung bei: Dr. G. Zschornack Gebäude 97b Raum 301 oder Frau K. Arndt Gebäude 97b Raum 144 Kontakt: PD Dr. G. Zschornack Tel.: 0351 260 2212 Fax: 0351 260 3285 [email protected] 1. Einführung 1.1. Die Elektron-Zyklotron-Resonanz-Quelle Elektron-Zyklotron-Resonanz (ECR)1 Ionenquellen sind Plasmaionenquellen, bei denen die Heizung des Plasmas über die Elektron-Zyklotron-Resonanz erfolgt. Dabei wird eine Mikrowelle im Gigahertzbereich in ein Plasmavolumen eingespeist, welches von einem Magnetfeld der Induktion B durchdrungen wird. Elektronen gyrieren dabei durch die Lorentzkraft um die Magnetfeldlinien mit der sogenannten Larmorfrequenz ωL . Ist diese gleich der Mikrowellenfrequenz ωHF kommt es zu einem resonanten Energieübertrag auf die Plasmaelektronen, d. h. die Elektronenenergie wächst und damit das Vermögen der Plasmaelektronen, Elektronen aus fester gebundenen atomaren Zuständen zu ionisieren. Dies bewirkt in Verbindung mit den großen Ionisationsvolumina dieser Quellen, dass ECR-Ionenquellen vergleichsweise hohe Ströme hochgeladener Ionen liefern können. r |B|=const Bradial Ionen Mikrowellen ECR-Oberfläche Gas Baxial Solenoidspulen (axial) Multipol (radial) z Abbildung 1.1: Funktionsschema einer ECR-Ionenquelle Technisch wird eine ECR-Ionenquelle realisiert (s. Abbildung 1.1), indem durch ein Paar Helmholtzspulen oder eine geeignete Anordnung von Permanentmagneten ein magnetisches Spiegelfeld erzeugt wird, das den axialen Plasmaeinschluss gewährleistet. Zusätzlich wird das Feld eines magnetischen Multipols (Sextupols) überlagert, damit auch der radiale Einschluss erfolgen kann. Die Elektronen werden durch die eingestrahlte Mikrowelle auf sogenannten Resonanzflächen geheizt, für die die o. g. Resonanzbedingung gilt. Für die im Experiment vorliegende Mikrowellenfrequenz von 14, 5 GHz bedeutet dies eine magnetische Induktion von 0, 52 T. Die Mikrowelle wird dabei über eine Antenne in den Rezipienten eingestrahlt. Das eingesetzte Arbeitsgas wird mit einem speziellen Ventil in die Quelle dosiert eingeleitet. 1 ECR (engl.): Electron Cyclotron Resonance 2 Abbildung 1.2: ECR-Ionenquelle SUPERNANOGAN der Firma Pantechnik im Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung des FZ Dresden-Rossendorf In der im Experiment eingesetzten ECR-Ionenquelle wird das Magnetfeld durch eine Anordnung von Permanentmagneten erzeugt. Dies hat im Gegensatz zu Quellen, bei denen das Feld durch Solenoidspulen erzeugt wird, zur Folge, dass die Quelle sehr kompakt aufgebaut ist und dass zusätzlich keine elektrische Leistung zur Generation des Magnetfeldes benötigt wird. Im Betriebsregime ist die ECR-Ionenquelle aus Strahlenschutzgründen mit einer zusätzlichen Abschirmvorrichtung für die entstehende Elektronenbremsstrahlung umgeben. Ein Foto der ECR-Ionenquelle bei geöffneter Abschirmung ist in Abbildung 1.2 gezeigt. 1.2. Ionenstrahl / Ionenoptische Elemente Für die Extraktion von Ionen aus der Quelle ist es notwendig, den Ionenstrahl bündeln und lenken zu können, um eine hohe Ionenausbeute zu erzielen. Dazu kommen verschiedene ionenoptische Elemente zum Einsatz. Zum Ablenken eines Ionenstrahles in horizontale und vertikale Richtung können sowohl magnetische als auch elektrostatische Felder benutzt werden. Da jedoch bei magnetischen Feldern eine Impulstrennung erfolgt, sollten diese in der Regel nur bei bereits ladungsseparierten Strahlen angewandt werden. Der Strahlverlauf an der ECR-Ionenquelle ist in Abildung 1.3 gezeigt. Im Folgenden sollen die einzelnen ionenoptischen Elemente kurz vorgestellt werden. Extraktion Die in der ECR-Ionenquelle erzeugten Ionen werden extrahiert, indem die Quelle auf ein postives Potential im kV-Bereich gelegt wird. Zusätzlich wird ein Linsensystem (bestehend aus elektrostatischer Einzellinse und ringförmiger Extraktionselektrode) verwendet, dessen insgesamt negatives Potential die Ionen aus der Quelle herausbeschleunigt. In Abbildung 1.4 ist das Extraktionssystem mit den jeweiligen Potentialen schematisch dargestellt. 3 Abbildung 1.3: Schematische Darstellung des Strahlverlaufs an der ECRIonenquelle Einzellinse Bei der Einzellinse handelt es sich um eine elektrostatische Linse. Sie besteht aus drei Rohrsegmenten, wobei an dem mittleren Segment ein starkes negatives Potential anliegt, während die äußeren Segmente auf Erd- bzw. leicht positivem Potential liegen. Aus dieser Anordnung resultieren gekrümmte Äquipotentialflächen, die den Strahl in Analogie zu optischen Linsen bündeln. Durch Variation der Spannung an der mittleren Elektrode lässt sich die „Brennweite“ der Linse verändern. Dadurch ist bei geeigneter Konfiguration eine Fokussierung in der Brennebene möglich. Deflektoren Deflektoren (s. Abbildung 1.5) sind schräg geschnittene Rohrsegmente innerhalb des Strahlkanals, die den Ionenstrahl durch elektrostatische Felder ablenken können. Der Vorteil gegenüber der einfacheren Variante des Plattenkondensators besteht darin, dass auch schiefe oder achsenferne Strahlen in Richtung der Strahlachse gelenkt werden. Die Ablenkung von Teilchen in transversaler Richtung geschieht analog zur planaren Geometrie. Auch in Hinblick auf den Einbau 4 UEEL2 UEEL1 UEEL0 UEEX Usource Abbildung 1.4: Extraktionssystem der ECR-Ionenquelle; Potentiale im Quellenbetrieb: Usource = +24 kV, UEEX = −1 kV, UEEL0 = +1, 1 kV, UEEL1 = −34 kV, UEEL2 = 0 kV, im Strahlkanal sind Deflektoren besser geeignet als Plattenpaare, da das Röhrendesign der Deflektoren den Strahlrohrquerschnitt wesentlich effektiver nutzt. Damit sind größere Apparaturen möglich, die den Einfluss störender Randfelder auf den Strahlverlauf reduzieren. Abbildung 1.5: Horizontale und vertikale Deflektoranordnung Magnetische Steerer Zur Ablenkung ladungsseparierter Strahlen kommen häufig magnetische Steerer zum Einsatz. Dazu werden außen am Strahlrohr zwei mit einem Weicheisenkern verbundene Spulen angebracht (s. Abbildung 1.6). Bei einem Stromfluss 5 durch die in Reihe geschalteten Spulen lässt sich im Inneren des Strahlrohrs ein annähernd homogenes Magnetfeld erzeugen, so dass der Strahl entsprechend abgelenkt wird. Durch das Hintereinanderschalten zweier Steerer kann eine Parallelverschiebung des Ionenstrahles realisiert werden. An der Rossendorfer ECRIonenquellen-Anlage sind die Felder der verwendeten Steerer so klein, dass die Steerer bereits am noch nicht ladungsseparierten Strahl benutzt werden können, d. h. die ladungstrennende Wirkung kann dabei vernachlässigt werden. Strahlrohr Eisenkern Spule Abbildung 1.6: Schematischer Aufbau eines magnetischen Steerers Dipolmagnet, q/A-Analyse Im Ionenstrahl befinden sich nach der Extraktion aus der ECR-Ionenquelle mehrere Ionenladungszustände. Im Allgemeinen ist jedoch jeweils ein bestimmter Ladungszustand von Interesse, d. h. die verschiedenen Ladungszustände müs~ sen getrennt werden. Dies wird mit einem Analysemagneten erreicht. Im B-Feld des Magneten wirkt auf geladene Teilchen die Lorentzkraft ~ F~ = q · ~v × B Geladene Teilchen werden so auf eine Kreisbahn gezwungen. Durch Gleichsetzen von Zentripetalkraft und Lorentzkraft und unter Verwendung der kinetischen Energie der Ionen m · v2 Ekin = =q·U 2 erhält man für die Beziehung zwischen Ladung q und magnetischer Induktion B q 2U = 2 A r · B2 wobei r der Radius der Kreisbahn, A die Atommasse und U die Extraktionsspannung ist. Teilchen mit unterschiedlichen q/A-Verhältnissen beschreiben also unterschiedliche Radien in ihrer Bewegung. Durch Variation des Magnetfelds (bzw. des Spulenstroms I) ist es somit möglich, ein Spektrum der Ladungszustände aufzunehmen. Das Prinzip der Ladungstrennung ist in Abbildung 1.7 dargestellt. 6 Analysemagnet Ionenstrahl mit verschiedenen Ladungszuständen q+1 Schlitzblenden q-1 q Abbildung 1.7: Schematische Darstellung der Ladungstrennung im Analysemagneten Abbildung 1.8: Strahlverlauf bei einem doppelfokussierenden Magneten Im Praktikum wird ein doppelfokussierender Analysemagnet (Abbildung 1.8) verwendet. Die ionenoptischen Elemente sollen also den sich aufweitenden Strahl in den eingangsseitigen Fokuspunkt bündeln. Dies kann mit einem Faradaycup (s. u.), der in diesen Punkt gefahren werden kann, überprüft werden. Hinter dem ausgangsseitigen Brennpunkt des Magneten befindet sich eine Schlitzblende, so dass man schließlich einen einkomponentigen Ionenstrahl erhält. Detektion Detektiert werden die extrahierten Ionen in einem Faradaycup. Dabei handelt es sich um einen elektrisch isolierten Metallbecher, der in den Strahl gebracht wird und so die Ionen auffangen kann. Die eingefallene Ladung kann über einen kalibrierten Widerstand oder ein Elektrometer ausgelesen werden. Zu beachten ist dabei die Sekundärelektronenemission: Treffen Ionen auf die Oberfläche des Cups, können Sekundärelektronen freigesetzt werden. Wenn diese den Becher verlassen, wird die Ladungsmessung entsprechend verfälscht. Aus diesem Grund wird häufig ein zusätzliches elektrisches Feld verwendet, welches die Elektronen am Verlassen des Bechers hindert. Eine schematische Darstellung eines Faradaycups zeigt Abbildung 1.9. 7 Isolierte Blende Keramische Isolierung Permanentmagnet 48 mm 50 mm 3-5 mm Abbildung 1.9: Schematischer eines Faradaycups HV-Supressorelektrode Aufbau Gelingt es, die Ladungsverluste zu unterdrücken, so ist eine direkte Messung der eingefallenen Ladung je Zeiteinheit möglich. 1.3. Prozesse im Plasmavolumen (siehe auch Tutorial im Anhang) Die Ladungszustandsverteilung innerhalb der ECR-Ionenquelle ist keine statische Größe. Vielmehr finden permanent ladungserzeugende und ladungsvernichtende Prozesse statt, so dass sich die Ladungsverteilung ändern kann. Dominanter Prozess der Ladungserzeugung ist die Elektronenstoßionisation, bei der freie Elektronen mit Atomen und Ionen kollidieren und vermöge ihrer kinetischen Energie aus deren Hüllen Elektronen herausschlagen. Je stärker ein Atom bereits ionisiert ist, desto größer ist die Energie, die benötigt wird, um weitere Elektronen freizusetzen. Bei der ECR-Ionenquelle erfolgt die Heizung der Elektronen durch Mikrowellenstrahlung, so dass entsprechend hohe Mikrowellenleistungen eingestrahlt werden müssen, um hohe Ladungszustände erreichen zu können. Ein wichtiger ladungsvernichtender Prozess (neben verschiedenen Rekombinationsvorgängen) ist die Umladung zwischen hochgeladenen und niedriggeladenen Ionen bzw. neutralen Atomen. Da dieser Effekt hohe Wirkungsquerschnitte aufweist, verursacht eine Druckerhöhung häufig eine Minderung des maximal erreichbaren Ladungszustands. Jedoch ist für den Betrieb einer ECR-Ionenquelle ein gewisser Druck erforderlich, um überhaupt effektiv ionisieren zu können. Es ist daher notwendig, den Druck im Quellenvolumen sorgfältig einzustellen. 2. Praktikumsaufgaben 1. Einstellung der Betriebsparameter der ECR-Ionenquelle Damit sich in der Ionenquelle ein Plasma ausbilden kann, müssen bestimmte Betriebsparameter der Quelle eingestellt werden. Dies erfolgt über einen Steuerrechner, von dem aus Betriebsparameter wie die eingespeiste Mikrowellenleistung und das in der Quelle herrschende Vakuum kontrolliert und 8 partiell gesteuert werden können. Für die vorgesehenen Experimente sind folgende Quellenparameter zu realisieren: • Mikrowellenleistung: 75 . . . 200 W • Vakuum: ≈ 10−6 mbar Unter Anleitung des Betreuers werden die erforderlichen Betriebsparameter computergestützt eingestellt und protokolliert. 2. Justieren des Ionenstrahls Mit Hilfe der ionenoptischen Elemente sowie der fahrbaren Schlitze ist der Ionenstrahl so zu optimieren, dass der Ionenstrom an den Faraday-Bechern maximiert wird. Dazu muss der Ionenstrahl zunächt im Fokuspunkt des Ablenkmagneten gebündelt werden und anschließend eine geeignete Position der Schlitze gewählt werden. Theoretisch müsste diese Justierung nach jeder Veränderung der Quellenparameter neu vorgenommen werden, im Praktikum soll aber aus Zeitgründen darauf verzichtet werden. 3. Ionendetektion Im Praktikum wird Argon als Arbeitsgas verwendet. Das Experiment erfolgt computergestützt an einem Faradaycup hinter dem Analysemagneten. Die eingefallene Ladung wird dabei mit einem Elektrometer gemessen. Teilaufgaben: • Anhand eines aufgenommenen Spektrums sollen den einzelnen Peaks die jeweiligen Ladungszustände zugeordnet werden. Dazu müssen für drei der Peaks die zugehörigen Ladungszustände vorab bestimmt werden; eine Auswertesoftware ermittelt dann über einen quadratischen Fit (B 2 ∝ m q ), ob die Zuordnung richtig war. Mit Hilfe der Software lassen sich dann alle weiteren Ladungszustände ermitteln. • Um eine Aussage über die Güte des Vakuums in der Quelle treffen zu können, sollen zusätzlich Fremdionen (Oq+ , Nq+ , Cq+ . . .) identifiziert und ihre Häufigkeit diskutiert werden. Ein Beispielspektrum ist in Anhang A gezeigt. • Für verschiedene Mikrowellenleistungen sollen bei konstantem Druck Ladungszustandsverteilungen aufgenommen werden. Die Messungen sollen im Bereich von PHF = 75 . . . 200 W in Schritten von 25 W erfolgen. • Nehmen Sie anschließend analog bei einer konstanten Mikrowellenleistung PHF = 100 W Spektren für unterschiedliche Drücke auf, wobei diese im Bereich von p = 1 · 10−6 . . . 6 · 10−5 mbar variiert werden sollen. Dabei ist zu beachten, dass nach jeder Druckänderung so lange zu warten ist, bis sich der korrekte Druck eingestellt hat. Große Sprünge auf der Druckskala sind zu vermeiden. • Je zwei dieser Spektren sind ins Protokoll aufzunehmen. 9 • Stellen Sie die erhaltenen Ergebnisse graphisch dar, indem Sie die Ionenströme über Leistung bzw. Druck für ausgewählte Ladungszustände auftragen. • Diskutieren Sie, inwiefern sich die Variation der Parameter auf die Erzeugung und die Ladungsverteilung der Argonionen auswirkt. Wodurch werden die beobachteten Effekte hervorgerufen? Literatur • R. Geller; Electron Cyclotron Resonance Ion Sources and ECR Plasmas, IOP Publishing, Oxford 1996 Fragen zur Vorbereitung • Welche Prozesse bestimmen die Ladungszustandsverteilung in einer Ionenquelle? • Weshalb kann eine ECR-Ionenquelle vergleichsweise hohe Ionenströme liefern? • Warum kann man für die Erzeugung von hochgeladenen Ionen nicht einfach die Leistung oder die Frequenz der eingestrahlten Mikrowelle beliebig erhöhen? • Wie verändern sich Ionisationsquerschnitt bzw. Ionisationsenergie mit wachsendem Ladungszustand? • Weshalb fällt in Abbildung A.1 der Peak für Ar9+ gegenüber dem von Ar8+ so stark ab? • Warum lassen sich im Spektrum die Linien von Ar10+ , O4+ und C3+ nicht auflösen? Bei welchen Peaks ist das ebenfalls zu erwarten? Wie könnte man diese Linien dennoch analysieren? 10 Anhang A. Beispiel eines Ionenextraktionsspektrums 1 4 A r 8 + A r 7 + 1 2 A r 6 + A r 5 + A r 4 + A r 3 + 1 0 / µA 8 C 6 IF A r A r 4 2 1 0 + C 6 + C 3 + N 7 + O 4 + O 8 + A r 9 + C 1 1 + C 2 + + N + 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0 4 5 0 B / m T Abbildung A.1: Extraktionsspektrum von Argonionen bei PHF = 150 W und p = 5 · 10−6 mbar, IF C – am Faradaycup gemessener Ionenstrom, B – magnetische Induktion im Dipolmagneten 11 B. Tutorial: Elektron-Zyklotron-Resonanz-Ionenquellen B.1. Funktionsprinzip und Aufbau Grundidee: Bei einem vorhandenen Magnetfeld wirkt auf Elektronen bei deren Bewegung eine Kraft senkrecht zur Bewegungsrichtung (Lorentzkraft) ~ F~ = q ~ve × B (B.1) Dies führt zu einer Kreisbewegung der Elektronen um die Magnetfeldlinien mit der Zyklotron-Frequenz ωzyk = qB me (B.2) und mit dem Larmor-Radius rL = p sin ϑ qB (B.3) mit p - Teilchenimpuls und ~ ϑ - Winkel zwischen p~ und B. Eine Elektron-Zyklotron-Resonanz (ECR) - Ionenquelle ist eine Plasmaionenquelle, in deren Plasma die Heizung der Elektronen durch die Resonanzbedingung (B.2) erfolgt. Durch Einstrahlen von Mikrowellen werden Elektronen bei Mikrowellenfrequenz = Elektronengyrationsfrequenz resonant geheizt, d. h. die Elektronenstemperatur im eingeschlossenen Plasma steigt. Damit wächst auch das Ionisationsvermögen der Elektronen im Plasma. In Abb. B.1 wird der prinzipielle Aufbau einer ECR-Ionenquelle dargestellt. In der Regel wird durch zwei Solenoidspulen ein magnetisches Spiegelfeld erzeugt, welches den axialen Plasmaeinschluss realisiert. Axial wird das Plasma zusätzlich durch ein Multipolfeld eingeschlossen. Aus der Überlagerung der beiden Feldkomponenten ergibt sich eine „magnetische Flasche“, die einen hinreichenden räumlichen Plasmaeinschluss gewährleistet. 12 +H[DSROPDJQHW 5DGLDOIHOG 0LNURZHOOHQHLQVWUDKOXQJ 3ODVPD ([WUDNWLRQ +(/0+2/7=6SXOHQ $[LDOIHOG *DVHLQODVV Abbildung B.1: Prinzipieller Aufbau einer ECR-Ionenquelle. Moderne Quellen können auch auf Solenoidspulen verzichten. Dann wird das gesamte B-Feld über eine Permanentmagnetanordnung erzeugt (siehe Abb. B.2). Hexapol rechter Ring linker Ring Abbildung B.2: Kompakt-ECR mit vollpermanenten Magnetfeldkomponenten. Die Pfeile geben die Magnetisierungsrichtungen der einzelnen Magnetblöcke an. 13 B.2. Parameter B.2.1. Magnetfeldkonfiguration Die Magnetfeldkonfiguration spielt eine entscheidende Rolle für den effizienten Betrieb einer ECR-Ionenquelle. 1 ,2 1 ,0 1 ,0 0 ,8 0 ,8 0 ,6 0 ,6 / T 1 ,2 B B z r / T Je besser der magnetische Einschluss der Teilchen, desto effektiver kann der Ionisationsprozess erfolgen. Zur Realisierung des magnetischen Einschlusses wird ein radiales Magnetfeld eines Multipols mit einem axialen Spiegelfeld kombiniert. Ein typischer Feldverlauf ist in Abb. B.3 gezeigt. 0 ,4 0 ,4 0 ,2 0 ,2 0 ,0 0 ,0 -4 0 0 -2 0 0 0 2 0 0 4 0 0 0 z / m m 1 0 2 0 3 0 r / m m Abbildung B.3: Magnetisches Spiegelfeld einer ECR-Ionenquelle in axialer Richtung (links) und in radialer Richtung (rechts) Die Güte des magnetischen Spiegels beeinflusst die Verweildauer der Ionen und Elektronen im Plasma entscheidend. Zur Erreichung maximaler Teilcheneinschlusszeiten wird ein möglichst hohes Spiegelverhältnis Bmax Bmin angestrebt. Das Spiegelverhältniss bestimmt gemeinsam mit der Teilchenstoßfrequenz νSto? den Teilchenverlust aus dem Plasma dn − =f dt Bmax , νStoß Bmin (B.4) Die durch Überlagerung von axialen und radialen Magnetfeldern erzeugte Minimum-|B|-Struktur stellt in beiden Richtungen (radial und axial) einen magnetischen Spiegel für schnelle Elektronen dar. 14 B B B r (a) (b) (c) Abbildung B.4: Mögliche periodische Bewegungsformen von Ladungsträgern in inhomogenen Magnetfeldern; a: Elektronengyration um die magnetischen Feldlinien; b: ~ k B-Drift); ~ ~ ⊥ B-Drift. ~ Bewegung im magnetischen Spiegel (∇B c: ∇B Die drei Bewegungsformen von Ladungsträgern in inhomogenen Magnetfeldern ohne Berücksichtigung der Elektronenheizung, d. h. der eingestrahlten Mikrowellenleistung, sind in Abb. B.4 dargestellt: 1. Gyration der Elektronen um die Magnetfeldlinien auf Grund der Lorentzkraft mit der Frequenz f1 ; ~ k B-Drift) ~ 2. axiale Oszillationen (∇B in einer magnetischen Flasche mit der Frequenz f2 ; ~ ⊥ B-Drift ~ 3. ∇B auf Grund der inhomogenen Feldliniendichte mit der Frequenz f3 . Die dabei auftretenden Frequenzen verhalten sich wie f1 > f2 > f3 15 Gyration der Elektronen um die magnetischen Feldlinien Auf Grund der Lorentzkraft werden Elektronen im Magnetfeld auf Kreisbahnen um die magnetischen Feldlinien mit dem Larmorradius rL = v⊥ ωc gezwungen, wobei v⊥ die Geschwindigkeit der Elektronen senkrecht zu den magnetischen Feldlinien ist. Die Elektronen erhalten durch die Kreisbewegungen ein magnetisches Moment µe = I · A das aus dem Kreisstrom eines einzelnen Elektrons, welches ωc/2π-mal pro Sekun2 π rotiert, berechnet werden kann. de um die Fläche A = rL Unter Berücksichtigung der ECR-Bedingung ergibt sich für das magnetische Moment der Elektronen im Magnetfeld µe = I A = 2π ωc v⊥ 2π ωc2 und damit µe = 2 2 1 e v⊥ 1 m v⊥ = 2 ωc 2 B (B.5) Erfährt das Elektron im Magnetfeld keine Beschleunigung, so ist das magnetische Moment aus Gründen der Energieerhaltung eine Konstante der Bewegung. ˜ k B̃-Drift). Der magnetische Spiegel (∇B Wird angenommen, dass sich die Elektronen in Richtung höherer Feldliniendichte bewegen (da sie auch Geschwindigkeitskomponenten parallel zu den magnetischen Feldlinien besitzen), erhöht sich die Geschwindigkeit v⊥ . Wegen der Energieerhaltung muss daher vk kleiner werden, d. h. für einen hinreichend großen Wert der magnetischen Induktion verschwindet die parallele Komponente der Geschwindigkeit und das Elektron wird in Richtung niedrigerer magnetischer Induktion reflektiert. Dies gilt für den Fall v02 Bmax < = Rm 2 Bmin v⊥0 Für die Anfangsgeschwindigkeit des Elektrons gilt dabei q 2 + v2 v0 = v⊥0 k0 16 (B.6) mit v⊥0, - senkrechte bzw. parallele Geschwindigkeitskomponente in der geometrischen Mitte des magnetischen Spiegels; Bmax,min - maximale bzw. minimale magnetische Induktion; Rm - Spiegelverhältnis. k0 Der Einschluss der Elektronen im magnetischen Doppelspiegel ist niemals perfekt. Werden die Verhältnisse im Geschwindigkeitsraum betrachtet, so beschreibt das Verhältnis der Geschwindigkeiten v0 und v⊥0 einen Öffnungswinkel Θ eines Verlustkegels sin2 Θ = 2 v⊥0 v02 (B.7) Zum besseren Verständnis ist der Verlustkegel im Geschwindigkeitsraum in Abb. B.5 dargestellt. Abbildung B.5: Verlustkegel für Elektronen in einer magnetischen Flasche im Geschwindigkeitsraum. Ist die Parallelkomponente der Geschwindigkeit vk zu groß (wegen zu hoher Anfangsgeschwindigkeit vk,0 oder durch Veränderung der Geschwindigkeit auf Grund von Stößen im Plasma), so kann das Elektron in den Verlustkegel gelangen und dem magnetischen Einschluss entkommen. Das Spiegelverhältnis ist somit über sin2 Θm = 1 Rm ein Maß für die Güte des magnetischen Spiegels. Rm liegt für moderne Quellen im Bereich von 2 bis 3. 17 (B.8) ˜ ⊥ B̃-Drift. ∇B Dieser Effekt beruht auf der Krümmung der magnetischen Feldlinien, wobei für den Fall des axialen Einschlusses nur der Bereich zwischen den Magnetfeldmaxima betrachtet wird. Für die Krümmumg der magnetischen Feldlinien wird vereinfachend ein konstanter Krümmungsradius rc angenommen. Dadurch erhalten wir wegen des Wirkens der Zentrifugalkraft ~rc F~z = m vk2 · 2 rc unter Berücksichtigung von ~v = ~ 1 F~ × B e B2 die Kurvendriftgeschwindigkeit ~ m vk2 ~rc × ∇B ~vr = e B2 B2 (B.9) Für Bereiche, in denen die Feldlinien keine Krümmung aufweisen, aber die Feldliniendichte in radialer Richtung von der Symmetrieachse der Ionenquelle aus zunimmt, also in der Mitte jeder einzelnen Spule und zwischen den Spulen, er~ und ∇B ~ mit der gibt sich eine Bewegung der Gyrationsachsen senkrecht zu B Geschwindigkeit ~ × ∇B ~ B ~v∇B = ± ~v⊥ ~rL (B.10) ~ B2 Mit den Annahmen ~ ∼ 1 |B| rc und ~ |B| ~ ~rc ∇ =− 2 ~ rc |B| ergibt sich aus Gl. (B.10) = ∓ ~r∇B ~ = ± = ~v⊥ ~rL ~ ~ ~rc B × |B| B2 rc2 2 ~ v⊥ ~rc × B ωc rc2 B ~ 1 m 2 ~rc × B v⊥ 2 2 2 e rc B 18 (B.11) In der für ECR-Ionenquellen charakteristischen Magnetfeldkonfiguration nimmt die magnetische Induktion B mit wachsendem Krümmungsradius rc ab, woraus eine Überlagerung der beiden Driftbewegungen resultiert ~v∇B ~ ~ m ~rc × B + ~vr = e rc2 B 2 vk2 1 2 + v⊥ 2 (B.12) Diese Bewegung führt zu Elektronenverlusten in axialer Richtung, die durch starke Magnetfeldgradienten und eine hohe magnetische Induktion verringert werden können. B.2.2. ECR-Heizung und Mikrowelleneinspeisung Über die Resonanzbedingung (B.2) ist die Frequenz der eingespeisten Mikrowelle ωHF direkt mit dem B-Feld verknüpft. Es erfolgt also eine resonante Aufheizung der Elektronen bei ωzyk = ωHF Resonant kann auch bei der Plasmafrequenz s ne e2 ωP = ε o me geheizt werden. Ebenso gilt dies für die Linearkombination q 2 + ω2 . ω = ωzyk P (B.13) Wird berücksichtigt, dass die eingespeiste elektromagnetische Welle über ihren elektrischen Feldvektor beschleunigend auf die Elektronen während des Passierens der Resonanzzone wirkt, bleibt das magnetische Moment µe nicht länger erhalten. ~ kann Die Bewegung eines geladenen Teilchens in einem statischen Magnetfeld B ~ dann unter Berücksichtigung des Vorhandensseins eines elektrischen Feldes E durch die Lorentz-Gleichung beschrieben werden: d~ p ~ + ~v × B ~ =q E (B.14) dt p~ beschreibt hier den relativistischen Impuls. Bei der quantitativen Beschreibung des Heizprozesses wird i.a. davon ausgegangen, dass das elektromagnetische Feld mit der Frequenz ω und der Wellenzahl kk in Richtung der Gyrationsbewegung der Elektronen zirkular polarisiert ist und sich in z-Richtung ausbreitet: ~ t) = EHF (~ex cos(kk z − ω t) − ~ey sin(kk z − ω t)) E(z, Unter diesen Voraussetzungen lässt sich der mittlere Energiezuwachs < ∆E > je ∆t der Elektronen berechnen (was hier nicht im Detail behandelt wird). 19 r e la tiv e r E n e r g ie g e w in n 0 5 0 Anzahl der ECR-Durchgänge 1 0 0 Abbildung B.6: Mittlerer Energiegewinn der Elektronen bei mehrmaligem Durchlaufen der ECR-Zone Generell gilt • Der Energiegewinn pro Zeiteinheit ist in Abb. B.6 dargestellt und nimmt nach einigen Durchläufen der ECR-Zone stark ab. Die Grafik kann so verstanden werden, dass die Elektronen bei jeder Umkehr im Spiegelfeld ein wenig früher reflektiert werden und so nach einer gewissen Zeit nicht mehr die Resonanzzone durchlaufen und immer weniger effizient geheizt werden. Dies bedeutet, dass der Erhöhung der Elektronenergie durch eine Verbesserung des magnetischen Einschlusses prinzipielle Grenzen gesetzt sind. • Auch eine Zunahme der Mikrowellenleistung, d. h. der Amplitude des elektrischen Feldes |EHF |, führt nur bis zu einem bestimmten Punkt zu einer Steigerung der mittleren Elektronenenergie. • Die Elektronendichte im Plasma kann durch die Erhöhung der Mikrowellenleistung erhöht werden. 20 Abbildung B.7: Aus dem ECR-Plasma extrahierte Ionenströme bei einer Plasmaheizung mit Mikrowellen unterschiedlicher Frequenz (Ionenquelle des Tokyo Institute of Technology). Konsequenzen einer Erhöhung der Mikrowellenfrequenz auf die zu erwartende Ionenladungsverteilung im ECR-Plasma werden in Abb. B.7 für ausgewählte Elemente dargestellt. Eine Erhöhung der Mikrowellenfrequenz liefert höhere Ströme von höhergeladenen Ionen. 21 Zusammenfassung: Eindringen elektromagnetischer Wellen in ein ECR-Plasma (siehe auch Vorlesung „Grundlagen der Plasmaphysik“): zirkular rechtsdrehende Welle R-Welle zirkular linksdrehende Welle L-Welle ~0 ± ~k k B ~0 ± ~k k B Welle kann in das Plasma eindringen Welle kann in das Plasma eindringen mit Plasmelektronen entsteht Elektron-Zyklotron-Resonanz bei ωHF = ωzyk Mit Plasmaelektronen entsteht keine Resonanz, da der „Drehsinn“ von Welle und Elektron nicht übereinstimmen Ordinäre Welle O-Welle Extraordinäre Welle X-Welle ~w k B ~0 E ~w ⊥ B ~0 E ~w = 0 Fall analog B Welle kann in das Plasma eindringen Welle kann nicht in das Plasma eindringen mit Plasmaelektronen entsteht obere Hybridresonanz bei q 2 ωH = ωP2 + ωzyk 22 B.2.3. Elektronendichte Wird eine Mikrowelle fester Frequenz ωHF in ein Plasma eingestrahlt, wird bei steigender Teilchendichte und damit wachsender Plasmafrequenz ωP der Betrag des Wellenzahlvektors ~k immer kleiner, bis bei ωHF = ωP die Wellenausbreitung unmöglich wird. Die diesen Effekt beschreibende Dispersionsrelation hat die Form 2 ωHF = ωP2 + c2 k 2 (B.15) Dies bedeutet, dass der Betrag des Wellenzahlvektors sinkt, wenn die Plasmafrequenz wächst. Für eine gegebene Mikrowellenfrequenz folgt dann eine Obergrenze für die Dichte geladener Teilchen im Plasma, die sogenannte Cut-Off-Dichte (maximale Elektronendichte) mit dem Wert ncutof f = 2 ε m ωHF 0 e e2 (B.16) Beispielsweise erhalten wir ncutof f (bei 14,5 GHz) = 2, 6 · 1018 1 m3 Für den Betrieb einer ECR-Ionenquelle muss also immer ωHF > ωP gelten. Die Cut-Off-Frequenz stellte somit die Obergrenze für die Frequenz einer Mikrowellenstrahlung bei vorgegebener Elektronendichte für die Einstrahlung dar. B.2.4. Ionendichte Die Plasmaneutralitätsbedingung verknüpft die Ionendichte mit der Elektronendichte über (B.17) ne =< q > ni Dabei gibt < q > die mittlere Ionenladung im Plasma an. Durch den Einlass von Arbeitsgas wird die Neutralteilchendichte im ECR-Ionisationsvolumen festgelegt. Diese beinflusst die Ionisations-, Rekombinationsund Umladungsprozesse und bestimmt damit den erreichbaren mittleren Ionenladungszustand < q >. 23 B.2.5. Elektroneneinschlusszeit Je länger die Elektronen im Plasma verweilen, desto effizienter können sie geheizt werden. Die Elektroneneinschlusszeit bestimmt sich aus den Stoßfrequenzen der Elektronen mit den Neutralteilchen, Ionen und anderen Elektronen. Für die Elektroneneinschlusszeit gilt τe = 1 νee + νei + νe0 (B.18) mit der Elektronenstoßfrequenz 3/2 νee 4π re2 me c4 ne Lee = (2Ee )3/2 mit dem Coulomblogarithmus für Elektron-Elektron-Stöße Lee = 24 − ln a ne ≈ 14 Ee Die Größe a ist eine Konstante und hat die Dimension eV cm3 . Für die Elektron-Ion-Stoßfrequenz gilt 4π re2 me Z c4 X 3/2 Ee i=1 3/2 νei = ni i2 Lei mit dem Coulomblogarithmus für Elektron-Ion-Stöße √ ne Lei = 24 − ln b Te Dabei ist b eine Konstante mit der Dimension cm−1 K−1 . Die Elektron-Neutralteilchen-Stöße werden beschrieben mit νe0 = n0 σe0 ve ≈ 4, 2 · 10−7 Z 3/2 n0 Ee B.2.6. Ioneneinschlusszeit Von der Verweildauer der Ionen im Plasma hängt der erreichbare Ionisationsgrad entscheidend ab. Neben Umladungsprozessen ist der Ionenverlust aus dem Plasma die beschränkende Größe bei der Erzeugung hoher Ionenladungszustände. Die Ioneneinschlusszeit wird über τi = L2q 4 Ki Di 24 (B.19) beschrieben. Abhängig ist die Ionenverweilzeit von den folgenden Größen: • Quellenlänge Lq ; • Plasmapotential UP Die Größe Ki in Gl. (B.19) enthält das Plasmapotential über q UP Ki = exp Ei Dabei hat das Plasmapotential die Form q X n2e − i ni Di e τe i=1 UP = Ei q P i2 ni Di i=1 τe beschreibt die Elektronenlebensdauer im Plasma. • Diffusionsgeschwindigkeit Di die Diffusionsgeschwindigkeit wird beeinflusst von – der Ionenenergie Ei , – der Stoßfrequenz νii zwischen den Ionen und – der Stoßfrequenz νi0 zwischen den Ionen und den neutralen Atomen. Der Diffusionskoeffizient genügt dann dem Zusammenhang Di = vi2 3 νi mit vi als Ionengeschwindigkeit und νi = νii + νi0 = 1 1 + τii τi0 • Ionenstoßfrequenz νii zwischen den Ionen Es gilt Z νii = 4π m2e c4 q 2 re2 X k 2 Lk nk − √ mi (Ei + Ek )3/2 k=1 mit dem Coulomblogarithmus Lk = ln a0 Ek re me c2 • Stoßfrequenz νi0 zwischen Ionen und Neutralteilchen Es gilt −9 νi0 = no vq σi0 ≈ 1, 5 · 10 25 q n0 A −1/4 1 s B.2.7. Ionentemperatur Der Hauptmechanismus der Ionenheizung sind elastische Stöße. Die sich einstellende Ionentemperatur berechnet sich zu Z P ni dEi i=1 Ei = Z n dt P i i=1 τi mit 4 dEi = dt √ 2π ne Z 2 re2 m2e √ mi Ee (B.20) p m2e c4 L L ist hier wieder der Coulomblogarithmus und liegt bei L = 15...20. B.2.8. Ionenladungsverteilung Für die Berechnung der Ionenladungsverteilung in ECR-Ionenquellen wird ein System von Balancegleichungen für alle Ionenkomponenten verwendet: 26 dn0 dt dn1 dt " Z # Z X X S ex 2ex i 2i = v0 (n − n0 ) − no σi ni vi + σi ni vi + σ1 + σ1 ne ve V i=2 i=3 ! Z X i ex 2ex ex = n0 σ1 ve ne + σ2 n2 v2 + σ3 n3 v3 + σi ni vi i=2 −n1 σ22i ve ne + σ22i ve ne + dn2 dt = n0 σ12i ve ne + σi2ex ni vi + ni σ2i ve ne + σ3ex n3 v3 + σ42ex n4 v4 n0 i=3 −n2 .. . Z X 1 τ1 ! .. . σ3i 2i + σ3 ve ne + σ2ex + σ22ex 1 v2 n0 + τ2 .. . dni dt 2i ex 2ex = σii ve ne ni−1 + σi−1 ve ne ni−2 + σi+1 ni+1 vi+1 + σi+2 ni+2 vi+2 n0 1 ex 2ex i 2i −ni σi + σi vi n0 − σi+1 + σi+2 ve ne + 3≤i≤Z −2 τi .. .. .. (B.21) . . . dnZ−1 i nZ−2 + σZ−2 12i nZ−3 ve ne + σZex nZ vZ n0 = σZ−1 dt 1 i ex 2ex −nZ−1 σZ ve ne + σZ−1 + σZ−1 vZ−1 n0 + τZ−1 dnZ 1 i 2i ex 2ex = σZ nZ−1 + σZ−1 nZ−2 ve ne − nZ σZ + σZ vZ n0 + dt τZ mit S, V n, n0 v0 , vi , ve σii , σi2i σiex , σi2ex – – – – – Plasmaoberfläche und Plasmavolumen; Neutralteilchendichte außerhalb und innerhalb des Plasmavolumens; mittlere Geschwindigkeiten der Neutralteilchen, Ionen und Elektronen; Querschnitte für Einfach- und Doppelionisation; Querschnitte für einfachen und doppelten Ladungsaustausch. Gleichung (B.21) ist ein System nichtlinearer Differentialgleichungen erster Ordnung. Zur Lösung dieses Differentialgleichungssystems werden numerische Methoden angewandt. In Abb. B.8 wird das Ergebnis einer Modellrechnung für Krypton gezeigt. Mit der Erhöhung der Elektronentemperatur wächst die Möglichkeit, größere Ströme höhergeladener Ionen aus der Quelle zu extrahieren, da auch fester gebundene Elektronen im Ion ionisiert werden können. 27 willkürliche Einheiten 10 10 Krypton -1 x x x x x x x x x x T = 5000 eV e x x -2 x x Te= 2000 eV Te= 500 eV x x x x 10 10 10 Abbildung B.8: x -3 x x -4 x x -5 0 5 10 20 15 I Berechnete Ladungsverteilung von Kryptonionen für verschiedene Elektronentemperaturen Te und für eine Elektronendichte von ne = 2 · 1012 cm−3 . B.2.9. Ionenerzeugungsrate Oftmals ist es hilfreich, die Erzeugung einer bestimmten Ionensorte abzuschätzen. Dies kann über die Ratengleichung Ri = ne < σq−1,q ve > nq−1 | {z } (B.22) Ratenkoeffizient erfolgen. Beispiel (Argon): ne nq−1 σ7→8 ve (3000 eV) ≈ ≈ = = 1 · 1012 cm−3 10−2 ne 1 · 10−18 cm2 m 1 · 107 s Ri = 1 · 1013 1 cm3 s B.2.10. Elektronenenergieverteilungsfunktion Die im ECR-Plasma vorliegende Elektronenenergieverteilungsfunktion bestimmt wesentlich die Ratenkoeffizienten für die Ionenerzeugung. Eine einfache Approximation des allgemeine Verlaufs der Elektronenenergieverteilungsfunktion f (Ee ) kann als f (Ee ) = A · Ee−s dargestellt werden. 28 (B.23) A ist dabei eine Konstante und s der sogenannte Spektralindex. Dieser kann in Abhängigkeit von den Betriebsparametern der Quellen Werte zwischen 1,5 bis etwa 4 annehmen. Abbildung B.9: Elektronenenergieverteilungsfunktion in einem Kobalt-ECR-Plasma bei einer Mikrowellenfrequenz von 14,5 GHz und einer eingespeisten Mikrowellenleistung von 60 W. Experimentell kann f (Ee ) über die Entfaltung von gemessenen Volumenbremsstrahlungsspektren bestimmt werden. Eine solche experimentell bestimmte Verteilung wird in Abb. B.9 gezeigt. B.2.11. Skalierungsgesetze für ECR-Ionenquellen Skalierungen diverser Quellenparameter wurden in der Vergangenheit durch Geller untersucht. Bei der Aufstellung entsprechender Zusammenhänge wurden folgende Sachverhalte berücksichtigt: 1. Das Plasma ist quasineutral. Es gilt n e = < q > ni Die Summe aus Teilchenerzeugung und -vernichtung ist im zeitlichen Mittel gleich Null (Kontinuität). 2. Die Elektronendichte wird durch den Cut-Off begrenzt. Es gilt 2 ne ∼ ωcutof f 3. Für das Vorliegen einer Elektron-Zyklotron-Resonanz müssen ω und B aufeinander abgestimmt werden. Es gilt B∼ω 29 4. Die Ionenlebensdauer τi in einer durch B charakterisierten „magnetischen Flasche“ wächst gemäß ambipolarer Diffusionsgesetzte τi ∼ B 1,5 5. Die „Energielebensdauer“ ϑE folgt aus dem Verhältnis von gespeicherter Energie zur Energiezufuhr. Im ECR-Plasma wird ϑE durch die Elektronenverlustrate begrenzt. Auf Grund der Ladungsneutralität (Bedingung 1) gilt ϑE ∼ τi <q> 6. Die erforderliche Elektronenenergie Ee zum Erreichen eines bestimmten Ionenladungszustandes q ist proportional zum Ionisationspotential, dieses ist seinerseits proportional q 2 für ein bestimmtes Element Ee ∼ q 2 7. Die Elektronenenergie wächst bis zu einer Obergrenze proportional zur eingespeisten Mikrowellenleistung Ee ∼ PHF oberhalb nur noch Ee ∼ p PHF 8. Als Vereinfachungen werden angenommen: q̄ ≈ q < ϑE >≈ 1 mv 2 2 und für ein festgehaltenes q gilt PHF ∼ n < Ee > V ϑ−1 E bzw. p PHF ∼ n < Ee > V ϑ−1 E mit V als Plasmavolumen. Damit ergeben sich die folgenden Skalierungen: Mikrowellenleistung aus (2) bis (6) und (8): PHF ∼ ω 2 q 3 V B −1,5 30 und damit für den Ionenladungszustand bei ω, B, V = const. q∼ √ 3 P Für konstante n, We , PHf , ω (nur B variabel) folgt mit (4) n v τi ∼ B 1,5 Wegen qopt ∼ log nvτi erhalten wir weiter qopt ∼ log B 1,5 Mit (2) und (3) folgt bei Variation von ω und B qopt ∼ log ω 3,5 31