DOZ A4 - DOZ

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BETRIEBSPRAXIS BERUFSBILD
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Das Berufsbild für Augenoptik und Optometrie
nach den neuen Arbeitsrichtlinien
Teil 2: Anamnese
Die Arbeits- und Qualitätsrichtlinien
(AQRL) im Bereich der Optometrie wurden neu definiert. Neben der Refraktions- und Korrektionsbestimmung wurden die Anamnese, die Funktionsprüfungen, die erweiterten (Funktions-)
Prüfungen sowie die Beurteilung des
vorderen und hinteren Augenabschnittes zeitgemäß spezifiziert und definiert.
Teil II beschreibt die zielorientierte optometrische Anamnese.
Definition
Das Wort Anamnese kommt ursprünglich
aus dem Griechischen (Æ gr. anámnēsis)
und bedeutet so viel wie Erinnerung bzw.
Wiedererinnerung. Sie ist Teil der Erkenntnistheorie, welche durch Platon (428 bis
348 v. Chr.) in der Antike geprägt wurde
und zur Erläuterung der Herkunft theoretischen Wissens dient.
Seit dem 17. Jahrhundert wird unter
Anamnese das Erheben der Krankheitsund Krankengeschichte verstanden, die
schon damals zu einem festen und geforderten Bestandteil der Diagnose zählte.
Sie umfasst also allgemein die Vorgeschichte einer Erkrankung. Da bei einer
Erkrankung sowohl biologische, psychische als auch soziale Aspekte eine Rolle
spielen, werden diese in einer sorgfältigen
Anamneseerhebung mit eingeschlossen.
Die dabei gewonnenen Informationen erlauben Rückschlüsse auf Risikofaktoren
und kausale Zusammenhänge.
Im Zusammenhang mit einer optometrischen Untersuchung bedeutet Anamnese
das systematische Erfragen wichtiger Informationen zum aktuellen Status und zur
Historie vor einer Refraktions- und Kor-
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rektionsbestimmung, wie z. B. Art, Beginn und Verlauf aktueller Beschwerden.
Es wird dabei unterschieden zwischen:
z Eigenanamnese: Gespräch mit dem
Kunden/Patienten über die eigene Vorgeschichte
z Fremdanamnese: Gespräch über Angehörige (Familienanamnese).
Darüber hinaus beinhaltet die Anamnese
auch die Beobachtung des Kunden/Patienten während der Befragung, wodurch
Verhaltensauffälligkeiten sowie auffällige
Kopf- und Körperhaltungen bemerkt werden können. Außerdem erfolgt in der Anamnese die Erfassung der Korrektionsdaten bisher verwendeter Sehhilfen.
Ziel
Die Anamnese sollte zu Beginn jeder
optometrischen Untersuchung durchgeführt werden, um wichtige Informationen
über den Kunden/Patienten zu erhalten.
Sie dient der zielgerichteten Auswahl geeigneter Prüf- und Messverfahren.
Anamnese vor der optometrischen
Untersuchung
Sehbeschwerden stehen oft in Zusammenhang mit allgemeinen Beschwerden.
Der Kunde kann nicht immer wissen, welche Informationen für den Augenoptiker
bzw. Optometristen wichtig sind. Deshalb sollte eine systematische und zielführende Befragung durch den Augenoptiker bzw. Optometristen durchgeführt
werden. Die Anamnese deckt damit Sehbeschwerden auf, die vom Probanden
selbst oder auch vom Prüfer angesprochen werden. Oft ergeben sich daraus
schon wichtige Hinweise zur Lösung des
Problems bzw. zum Beheben der aufgetretenen Beschwerden oder Schwierigkeiten.
Vollständige Anamnese
Eine umfassende und ausführliche Anamnese ist aus vielerlei Gründen sinnvoll:
z Sie hilft bei der zielgerichteten Suche
nach Sehproblemen (Art und Ursachen),
z hilft Situationen zu erkennen, in denen
keine Refraktions- und Korrektionsbestimmung sinnvoll ist (z. B. Zustand
nach akuten Augenerkrankungen),
z spart nicht zielführende Korrektionsversuche und damit Zeit (z. B. bei einseitiger Schielamblyopie),
z hilft pathologische Fälle zu erkennen,
die vor der optometrischen Versorgung
einer (augen-)ärztlichen Abklärung bedürfen,
z deckt gesundheitliche Risiken und erbliche Vorbelastungen auf und ermöglicht ggf. eine Verweisung zum (Fach-)
arzt (z. B. bei Diabetes, Glaukom),
z gibt wichtige Informationen für die
Beratung des Kunden/Patienten für
eine entsprechende optometrische Versorgung (z. B. bei Bildschirmarbeit),
z reduziert das Risiko einer Fehlversorgung (z. B. Diabetiker mit neu eingestellter Medikation),
z demonstriert Kompetenz über die Refraktions- und Korrektionsbestimmung
hinaus.
Verfahren
Befragung in der Anamnese
‘ Im Rahmen einer Anamnese sollten dem
Kunden/Patienten konkrete Fragen zu seinen Sehproblemen und Beschwerden ge-
stellt werden, aber auch zu seinen Sehanforderungen. Darüber hinaus sind Fragen
zum allgemeinen Gesundheitszustand der
Augen sowie des Körpers sinnvoll. Dabei
ist sowohl auf aktuelle bzw. akute als auch
auf zurückliegende Befunde und Gegebenheiten einzugehen.
Für die Durchführung einer systematischen Anamnese bietet sich ein Fragebzw. Anamnesebogen an, um gezielt relevante Aspekte abzufragen. Oft verbergen
sich hinter allgemeinen Beschwerden sehr
differenzierte Probleme, die erst durch
eine systematische Befragung hervortreten. Die Aussage „Probleme beim Lesen“
kann z. B. nicht nur auf Presbyopie sondern auch auf Schwierigkeiten im Binokularsehen oder auf trockene Augen
hinweisen.
In der optometrischen Praxis werden
einerseits sichtbare äußerliche Veränderungen erfasst, die der Untersucher
durch aufmerksames Beobachten feststellen kann, wie z. B. eine Kopfschiefhaltung oder Muskelverspannung. Andererseits werden Symptome erfragt, die der
Probant selbst beobachtet hat, wie z. B.
Gesichtsfeldausfälle oder Augenschmerzen. Tabelle 1 stellt eine Übersicht zu ausgewählten Sehbeeinträchtigungen oder
Beschwerden mit einem Bezug zur möglichen Ursache dar. Demzufolge können
aufgrund der genannten Problembeschreibungen gezielt weitere Prüfverfahren
ausgewählt oder eine zusätzliche ärztliche Untersuchung empfohlen werden.
Die Anamnese kann problemorientiert
erfasst werden oder durch schematisches
Abarbeiten eines Fragekatalogs. Dabei
kann der Proband zum einen den Anamnesebogen allein bereits zu Hause oder
im Geschäft/Praxis ausfüllen (Abb. 1).
Zum anderen kann er die Fragen zusam-
bzw. Optometrist mehr Informationen,
wenn nicht nur Entscheidungsfragen
gestellt werden, die mit Ja oder Nein
zu beantworten sind. Besser geeignet
sind offene Fragen, die sogenannten WFragen: Was, wo, wie, weshalb?
Ein Klassifikationsschlüssel erlaubt außerdem eine differenziertere Anamnese.
Skalierungen für die Klassifikation von
Beschwerden könnten z. B. sein: „stark,
mittel, gering“ oder „immer, häufig, selten, nicht bemerkt“ (Beispiel s. Abb. 2).
‘ Eine Anamnese ist mit der eigentlichen Abfrage nicht beendet. Oft ergeben
sich im weiteren Untersuchungsverlauf zusätzliche Informationen, die entsprechend
auf dem Anamnesebogen ergänzt werden
sollten.
Abb. 1: Anamnese vor Beginn der optometrischen Untersuchung: selbstständiges Ausfüllen des Fragebogens vom Probanden.
Inhalte der Befragung
Die Befragung sollte zu folgenden zehn
Aspekten erfolgen, wobei dabei sowohl
der aktuelle Status als auch die Historie
erfasst werden sollten:
1) Personenbezogene Daten
2) Grund des Besuches
3) Vorhandene und aktuelle Sehhilfe(n)
Erfassung der Korrektionsdaten bisher verwendeter Sehhilfen
4) Sehanforderungen
5) (Augen-)ärztliche Untersuchung und
Behandlung mit visueller Relevanz
6) Sehprobleme und -Beschwerden
7) Allgemeine Probleme und Beschwerden mit visueller Relevanz
8) Allgemein- und Augenerkrankungen
9) (Augen-)Erkrankungen in der Familie
10) Medikamente und ggf. Nahrungsergänzungsmittel
Darüber hinaus können je nach Kunde/
Patient weitere Aspekte zusätzlich erfragt
werden, z. B. Hobbys oder spezielle Anforderungen.
u
men mit dem Augenoptiker bzw. Optometristen beantworten, in einer Art Interview. Werden die Fragen in dem Interview problemorientiert gestellt, kann der
Betroffene „freier“ über seine Beschwerden berichten, wobei es dem Augenoptiker bzw. Optometristen möglich ist, das
Gespräch mit Zwischenfragen bewusst zu
lenken. Bei sehr mitteilungsfreudigen Zeitgenossen besteht hier die Gefahr, dass sich
die Anamnese zeitaufwändig gestaltet.
Wird ein vorgegebener Fragebogen
verwendet, erfolgt die Abfrage strukturierter. Die Gefahr, dass Details eines
Problems verloren gehen, ist hier allerdings gegeben. Je nach Untersuchungssituation ist eine Kombination aus beiden
Fragetechniken sinnvoll.
Frage- bzw. Anamnesebogen
Mit Hilfe einer strukturierten Abfrage von
Beschwerden erhält der Augenoptiker
Sehbeeinträchtigung / Beschwerden
weitere Hinweise / Symptome
Beispiele für mögliche Ursachen
Rötung, Ermüdung, Brennen,
Tränen der Augen
Anstrengungsbeschwerden, frontale und
temporale Kopfschmerzen, Tränenfluss
Heterophorie, Trockenes Auge
Kopfschmerzen
Konzentrationsprobleme
unkorrigierte Fehlsichtigkeit, Störungen
im Binokularsehen, Überanstrengung,
Erkrankungen (z. B. Glaukom, Migräne,
Allgemeinerkrankungen)
Doppelbilder im Binokularsehen
Zukneifen eines Auges, offensichtliches
Abweichen eines Auges, Kopfschmerzen
Heterotropie, dekompensierte
Heterophorie
Wechsel Ferne / Nähe
und / oder umgekehrt
verschwommenes Sehen, Doppelbilder
Akkommodations- und / oder Konvergenzproblem, beginnende Presbyopie
Tab. 1: Ausgewählte Sehbeeinträchtigungen und Beschwerden mit Beispielen möglicher Ursachen.
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Wie gut sehen Sie mit Ihrer aktuellen Sehhilfe?
Aktuelle Sehhilfe:
n
n
Brille
Kontaktlinse
Sehen mit aktueller Sehhilfe
in der Ferne
Sehen mit aktueller Sehhilfe
in der Nähe
sehr gut
gut
mäßig
schlecht
Probleme mit der Sehhilfe:
Abb. 2: Beispiel für eine subjektive Befragung zur Leistungsfähigkeit der aktuellen Sehhilfe.
Verwendbarkeit der Ergebnisse
‘ Die Anamnese sollte immer zielorientiert durchgeführt werden, so dass die Ergebnisse zu einer Entscheidungsfindung
beitragen. Werden in der Anamnese Sehbeschwerden geäußert, sollten die genannten Auffälligkeiten im Zusammenhang mit
den Ergebnissen der verschiedenen optometrischen Mess- und Prüfverfahren bewertet werden.
Dokumentation
Definition
– systematisches Erfragen wichtiger Informationen der für
das visuelle System relevanten Historie, wie z.B. Art,
Beginn und Verlauf aktueller Beschwerden
– Unterscheidung in Eigenanamnese (Gespräch mit dem
Kunden/Patienten über die eigene Vorgeschichte) und
Fremdanamnese (Gespräch mit/über Angehörige(n),
auch Familienanamnese)
Ziel
dient der zielgerichteten Auswahl geeigneter Prüf- und
Messverfahren
Verfahren
Befragung zu folgenden Aspekten
(aktueller Status und Historie)
1) Personenbezogene Daten
2) Grund des Besuches
3) Vorhandene und aktuelle Sehhilfe(n)
Erfassung der Korrektionsdaten bisher verwendeter
Sehhilfen
4) Sehanforderungen
5) (Augen-)ärztliche Untersuchung und Behandlung mit
visueller Relevanz
6) Sehprobleme und -Beschwerden
7) Allgemeine Probleme und Beschwerden mit
visueller Relevanz
8) Allgemein- und Augenerkrankungen
9) (Augen-)Erkrankungen in der Familie
10) Medikamente und ggf. Nahrungsergänzungsmittel
Die Dokumentation der Antworten bzw.
Ergebnisse kann in Papierform oder elektronisch erfolgen. Ein Befragungs- und
Dokumentationsschema bietet sich an,
um nichts Wichtiges in der Anamnese zu
vergessen. Dieses kann aber in jedem Fall
immer nur die häufigsten Auffälligkeiten
berücksichtigen. Andernfalls wäre der
Dokumentationsbogen zu umfangreich
und unübersichtlich. Ergeben sich Informationen oder Auffälligkeiten, die nicht
mit dem Schema erfasst werden, müssen
diese durch zusätzliche Notizen ergänzt
werden.
Neben den Ergebnissen der Befragung beinhaltet die Anamnese die Dokumentation von Verhaltensauffälligkeiten
sowie von auffälligen Kopf- und Körperhaltungen. Auf jeden Fall schließt die Anamnese die Angaben zu den Korrektionsdaten der vorhandenen bzw. verwendeten Sehhilfen ein.
Zusätzliche Aspekte (*)
Bei Erwachsenen
– Beruf
– Hobby
Bei Vorschulkindern
– Verhalten bei kindgerechten Tätigkeiten, z. B. Malen,
Spielen mit kleinen Objekten
Bei Schulkindern
– Leseverhalten und Rechtschreibung
– schulische Leistungen
Zusammenfassung
Abhängig von den Anforderungen und
Wünschen des Kunden/Patienten bzw.
des vorliegenden Problems soll die Anamnese dazu beitragen, im Anschluss geeignete Mess- und Prüfmethoden ziel orientiert einzusetzen.
Tabelle 2 stellt eine zusammenfassende Übersicht dar. n
Michaela Friedrich, FH Jena
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Dokumentation
– Ergebnisse der Anamnese
– ggf. zusätzlich Dokumentation von Verhaltensauffälligkeiten sowie von auffälligen Kopf- und Körperhaltungen
– Angaben zu Korrektionsdaten der vorhandenen/verwendeten Sehhilfen
Tab.2: Definition, Ziel, Verfahren und Dokumentation der Anamnese nach den neuen Arbeitsund Qualitätsrichtlinien für Augenoptik und Optometrie.
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