MEDIZIN Somatoforme Störungen und Funktionsstörungen Nina Sauer, Wolfgang Eich ZUSAMMENFASSUNG Einleitung: Patienten mit einer somatoformen Störung berichten über körperbezogene Beschwerden, die nicht hinreichend somatisch erklärt werden können. In Allgemeinarztpraxen werden 16 bis 31 Prozent der Konsultationen durch somatoforme Symptome verursacht. Patienten zeigen eine lange Anamnese ineffektiver medizinischer und chirurgischer Interventionen sowie erhöhte Raten psychischer Komorbidität. Zahlreiche Therapieabbrüche und Konflikte mit Ärzten sind auf ein schwer handhabbares, dysfunktionales Beziehungsverhalten dieser Patienten zurückzuführen. Methoden: Übersicht auf Basis einer systematischen Analyse der Literatur bis 2006 (Cochrane Library, Medline, Psycinfo) unter besonderer Berücksichtigung verfügbarer systematischer Reviews und Metaanalysen. Suchwörter: somatoforme Störungen, funktionelle Syndrome und deren klinische Synonyme. Ergebnisse: In der Behandlung sind Therapiemaßnahmen wie Psychotherapie, die eine aktive Mitarbeit voraussetzen, effektiver als passive Therapien wie Injektionen und Operationen. Zur Versorgung von Patienten mit somatoformen Störungen sind nach Schweregrad gestufte interdisziplinäre, integrierte Modelle zwischen Hausarzt, Facharzt und Psychosomatik aussichtsreich. Dtsch Arztebl 2007; 104(1–2): A 45–53. Schlüsselwörter: Somatoforme Störung, funktionelle Syndrome, Somatisierungsstörung, somatoforme Körperbeschwerden SUMMARY SOMATOFORM AND FUNCTIONAL DISORDERS Introduction: Patients with somatoform disorder report bodily symptoms without adequate medical explanation. Patients with somatoform disorders account for 16 to 31 per cent of primary care consultations. Patients typically present with a long history of ineffective medical and surgical interventions, high rates of mental comorbidity, multiple interrupted treatments, and difficult relationships with physicians. This leads to physician frustration. Methods: Systematic review of articles up to 2006 (Cochrane Library, Medline, Psycinfo), with a particular focus on systematic reviews and metaanalyses. Used search terms: somatoform disorder, functional somatoform syndrome and diagnostic analogues. Results: Treatments involving active participation of the patient like psychotherapy appear to be more effective than passive therapies including injections and operations. In managing patients with somatoform disorder, a stepped care model based on interdisciplinary cooperation between general practitioners, physicians and psychosomatic specialists appears promising. Dtsch Arztebl 2007; 104(1–2): A 45–53. Key words: somatoform disorder, functional somatic syndrom, somatization disorder, bodily discomfort ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐ 3 Punkte cme C harakteristisch für Patienten mit somatoformen Störungen ist die wiederholte Darbietung körperlicher Beschwerden verbunden mit Forderungen nach medizinischen Untersuchungen. Die Patienten halten diese Forderungen aufrecht trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherungen der Ärzte, dass die Symptome nicht ausreichend körperlich begründbar sind. Selbst wenn Beginn und Fortdauer der Symptome in enger Beziehung zu unangenehmen Lebensereignissen, Schwierigkeiten und Konflikten stehen, sind die Patienten von einer körperlichen Ursache ihrer Beschwerden überzeugt und diskutieren die Möglichkeit einer psychischen Ursache wenig. Ärzte werden mit schwer leidenden Patienten konfrontiert, denen sie nur bedingt helfen können. Das grundlegende Problem der Interaktion zwischen Ärzten und Patienten geht auf drei Aspekte zurück (e1): – das Drängen auf Untersuchung und das appellative Verhalten der Patienten – die Unsicherheit beziehungsweise Angst der Ärzte, eine verborgende Krankheit zu übersehen – die Diskrepanz in den jeweiligen Ursachenüberzeugungen. Die besonders in der primärärztlichen Behandlung rasch entstehende Irritation durch die schwierige ArztPatient-Interaktion kann als frühzeitiger Hinwies auf eine somatoforme Störung gewertet werden (e2). Im Umgang mit diesen Patienten entstehen beim behandelnden Arzt häufig Gefühle des Nichtwissens, der Unsicherheit, Hilf- und Hoffnungslosigkeit und Ängste vor einem Scheitern der Behandlung. Hinzukommende Ungeduld, Erschöpfung und Ablehnung des Patienten erschweren die Interaktion (1). Grafik 1 stellt exemplarisch den schwierigen Verlauf der Arzt-Patient-Beziehung dar. Dabei ist hervorzuheben, dass das Handeln des Patienten nicht bewusst gesteuert wird. Der Patient trägt dem Behandler idealisierende Erwartungen an und ist zugleich enttäuschungs- und entwertungsbereit. Dem Behandler wird nahe gelegt, die Idealisierung anzuneh- Teilnahme nur im Internet möglich: www.aerzteblatt.de/cme Klinik für Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin der Universität Heidelberg (Dr. med. Sauer) Sektion integrierte Psychosomatik, Medizinische Universitätsklinik Heidelberg, und Psychosomatische Klinik Baden-Baden (Prof. Dr. med. Eich) Symptome > Charakteristisch ist die wiederholte Darbietung körperlicher Beschwerden in Verbindung mit der Forderung nach ärztlicher Behandlung. > Die rasch entstehende Irritation durch die schwierige Arzt-Patienten-Interaktion kann ein frühzeitiger Hinweis sein. A 45 MEDIZIN Darstellung der Wechselbeziehung zwischen Arzt und Patient GRAFIK 1 men und dann an diesen Ansprüchen zu scheitern. In Grafik 2 wird eine mögliche Vorgehensweise zur Entlastung der schwierigen Interaktion gezeigt. Anregungen wie die Einnahme einer interessiert empathischen aber auch distanzierten Haltung und die Einhaltung eines klaren zeitlichen Rahmens, die ebenfalls eine ausgeglichene Arzt-Patient-Beziehung fördern, sind in Kasten 1 zusammengestellt. Vorgehensweise zur Entlastung der schwierigen Arzt-PatientenBeziehung GRAFIK 2 Epidemiologie Im bundesweiten Zusatzsurvey „Psychische Störungen“ des Bundesgesundheitssurveys 1999 sind somatoforme Störungen als zweithäufigste Störung mit einer VierWochen-Querschnitts-Prävalenz von 7,5 Prozent nach Angststörungen und affektiven Störungen benannt. Als dritthäufigste Störung sind somatoforme Störungen mit einer Lebenszeit-Prävalenz von 12,9 Prozent nach Suchtstörungen und Angststörungen zentral repräsentiert (2, 3). International liegen die Angaben zur Prävalenz von somatoformen Störungen bei neun bis 20 Prozent in der Allgemeinbevölkerung (4, e4). In Allgemeinarztpraxen werden 16 bis 31 Prozent der Konsultationen durch somatoforme Beschwerden verursacht (e5, e6). Mehrfachdiagnostik, häufige Hospitalisierung und Krankheitstage verursachen enorme Kosten für die Sozialversicherungssysteme (5, e7). Die Patienten verursachen im ambulanten Bereich im Mittel 14-fach höhere Kosten als die durchschnittlichen Pro-KopfAusgaben (6). Die stationären Kosten belaufen sich auf das Sechsfache (e8). Patienten mit einer Somatisierungsstörung gehören zu den sogenannten „high utilizern“ (4) des Gesundheitsversorgungssytems. Die Komorbidität von somatoformen Störungen mit depressiven Störungen liegt bei 75 bis 90 Prozent, mit Angststörungen bei 10 bis 70 Prozent (e9). Der typische Beginn der Störung liegt zwischen dem 16. und 30. Lebensjahr. Somatisierungssymptome sind in sozial schwachen Schichten häufiger vertreten als in Familien mit höherem Einkommen (e10). Auch findet sich eine Häufung in bestimmten Kulturkreisen, obwohl das Gesamtsyndrom in allen Kulturen bekannt ist (3). Die Mehrheit der Patienten, die sich keiner Therapie unterziehen, werden nach drei Jahren aufgrund ihrer Symptome arbeitsunfähig (7, e11). Diagnostik und klinische Erscheinungsbilder Die ICD-10 subsumiert die Beschwerden der psychischen Störungen in Kapitel F45 (e12). In Kasten 2 wird die grundlegende Definition der somatoformen Störungen und funktionellen Syndrome dargestellt. Unter den somatoformen Störungen werden im ICD10 verstanden: > Somatisierungsstörung (F45.0) > Undifferenzierte Somatisierungsstörung (F45.1) > Hypochondrische Störung (F45.2) Die Arzt-Patienten-Beziehung wird positiv beeinflusst durch: > Einnahme einer interessiert empathischen aber auch distanzierten Haltung vonseiten des Arztes. > Einhaltung eines klaren zeitlichen Rahmens. A 46 Epidemiologie > In der Allgemeinarztpraxis werden 16 bis 31 Prozent der Konsultation durch somatoforme Beschwerden verursacht. > Die Lebenszeit-Prävalenz für somatoforme Störungen liegt bei 12,9 Prozent. ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐ MEDIZIN KASTEN 1 KASTEN 2 Empfehlungen zu Haltung und Setting Definitionen nach ICD-10 Somatoforme Störungen F 45.0 Gelassene Haltung > Sachliche, aber empathische, ernst nehmende Atmosphäre > Impuls zu raschem Handeln nicht nachgeben (nicht [mit-]agieren) > Befragung dient dem besseren Verständnis, nicht der sofortigen Lösung > Druck des Patienten nicht übernehmen > Sich nicht von sozialen Problemen überschwemmen lassen Klares Setting > Klare zeitliche Begrenzung: zur Verfügung stehende Zeit vorher ankündigen, Struktur der Befragung einhalten, einen Termin nicht überlasten > Zeit lassen, das heißt, gegebenenfalls weitere Termine ausmachen > Somatoforme autonome Funktionsstörung (F45.3) > Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4). Bei der Diagnostik somatoformer Störungen ist die sogenannte Simultandiagnostik sinnvoll, das heißt, es werden von vornherein sowohl organische als auch psychosoziale Faktoren in ihrer wechselseitigen Verschränkung berücksichtigt (8). Anamnestisch wichtig ist dabei eine möglichst vollständige Erhebung der Symptome, der früheren Beschwerden und des Inanspruchnahmeverhaltens sowie des Beschwerdeumgangs und der Ursachenüberzeugungen. Patienten mit somatoformen Störungen weisen in ihrer Biographie eine erhöhte Häufigkeit an Kindheitsbelastungsfaktoren auf wie Armut, Vernachlässigung, Verlust eines Elternteils, Missbrauch und zeigen in ihrer aktuellen Lebenssituation eine Häufung von stressauslösenden Lebensereignissen (9). Handlungsempfehlungen zur Diagnostik werden in Kasten 3 dargestellt. Typische Fallstricke im diagnostischen Handeln sind in Kasten 4 zusammengefasst. > Wiederholte Darbietung körperlicher Symptome, für die keine ausreichende somatische Erklärung gefunden wurde > Hartnäckige Forderung nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar sind > Patient widersetzt sich den Versuchen, die Möglichkeit einer psychischen Ursache zu diskutieren. > Das zu erreichende Verständnis für die Verursachung der Symptome ist häufig für Patient und Arzt enttäuschend. Funktionelle Syndrome F 45.3 > Krankheitsbilder, die aus Störungen von Körperfunktionen resultieren, ohne Nachweis einer organpathologischen Veränderung > Seelische Faktoren lösen diese Symptomatik aus und tragen zur Aufrechterhaltung bei. Jahre anhalten und für die keine ausreichende somatische Erklärung gefunden werden konnte. Durch die Multiplizität der Beschwerden und die organische Ursachenüberzeugung der Betroffenen, durchläuft der Patient zahlreiche medizinische Behandlungseinrichtungen. Häufig gehen die Symptome mit Angst und Depression einher. Das Krankheitsbild verläuft in der überwiegenden Zahl der Fälle chronisch mit gravierenden Gesundheitseinschränkungen (10) und führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung familiärer und sozialer Funktionen. Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0) Sie ist durch das Vorliegen multipler und unterschiedlicher körperlicher Beschwerden gekennzeichnet, die mindestens aus zwei Symptomgruppen stammen, zwei Undifferenzierte Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.1) Häufig finden sich Störungsbilder, die die Kriterien der Somatisierungsstörung nur teilweise erfüllen mit einer geringeren Beschwerdezahl und kürzeren Krankheitsdauer. Dieses Krankheitsbild hat aufgrund seiner Häufigkeit eine hohe Relevanz für die medizinische Versorgung. Gemäß ICD-10 müssen die folgenden Kriterien zur Diagnostik vorliegen: – mindestens sechs Monate anhaltende körperliche Symptome, für die keine ausreichende somatische Erklärung gefunden wurden Definitionen nach ICD-10 > Differenziert wird zwischen einer somatoformen Störung und funktionellen Syndromen. > Funktionelle Syndrome sind Krankheitsbilder aus Störungen von Körperfunktionen ohne organpathologischen Nachweis. Klinische Erscheinungsbilder > Somatisierungsstörung > undifferenzierte Somatisierungsstörung > hypochondrische Störung > somatoforme autonome Funktionsstörung > anhaltende somatoforme Schmerzstörung ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐ A 47 MEDIZIN KASTEN 3 Handlungsempfehlungen zur Diagnostik nach den AWMF-Leitlinien für Somatoforme Störungen > Hinreichend sicherer Ausschluss organischer Ursachen der Beschwerden: geplant, nicht redundant, zeitlich gerafft. > Erkennen einer somatoformen Störung, das heißt, die Diagnose sollte explizit gestellt werden. Die Zuordnung zu speziellen Unterformen ist nicht zwingendes Ziel primärärztlicher Diagnostik. > Patienten mit einer somatoformen Störung können zusätzlich organisch krank sein; deshalb muss im Verlauf, zum Beispiel bei plötzlich veränderten Beschwerdecharakteristika, das Vorliegen einer organischen Erkrankung gegebenenfalls erneut ausgeschlossen werden. > Bei Verdacht auf somatoforme Störung Anamnese über Leitsymptom hinaus erweitern: weitere aktuelle Beschwerden, bisheriger Verlauf der Beschwerden und Behandlung, Erfragen von Hinweisen auf psychische Beeinträchtigungen, aktuelle psychosoziale Belastungen und Auslösesituation, störungsunterhaltende Faktoren, Orientierung über biographischen Werdegang. > Erfragen der Ursachenüberzeugung des Patienten: gibt wichtigen Aufschluss über zu erwartende Interaktionsprobleme. > Beachtung nicht ausdrücklich geäußerter Behandlungsanliegen: ein körperliches Beschwerdeangebot kann auch „Eintrittskarte" zur Erörterung anderer, zum Beispiel psychosozialer Anliegen („fakultative Somatisierung“) sein. > Die diagnostische Erfassung psychischer Faktoren sollte schon bei ersten Hinweisen darauf, dass die Beschwerden nicht ausreichend organisch begründbar sind, erfolgen und nicht erst nach Abschluss aller notwendigen organmedizinischen Untersuchungen. > Mögliche sozialmedizinische Folgen der Körperbeschwerden (Beantragung einer Rente, Sozialgerichtsverfahren etc.) müssen erfragt werden. – die symptomatischen Diagnosekriterien für die Somatisierungsstörung sind nicht vollständig erfüllt. Hypochondrie (ICD-10 F45.2) Vorherrschendes Kennzeichen ist die beharrliche Beschäftigung mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu leiden, manifestiert durch anhaltende körperliche Beschwerden oder ständige Beschäftigung mit der eigenen körperlichen Erscheinung. Der Patient weigert sich, den Rat und die Versicherung mehrerer Ärzte zu akzeptieren und den Symptomen liegt keine körperliche Krankheit zugrunde liegt. Im Unterschied zur Somatisierungsstörung der Akzent mehr auf der Erkrankung und ihren ängstlich erwarteten Folgen als auf einzelnen körperlichen Symptomen. Patienten mit einer „Hypochondrischen Störung“ zeigen eine sehr geringe primäre Psychotherapiemotivation. Dennoch ist der mögliche Therapieerfolg größer als früher angenommen (4). Undifferenzierte Somatisierungsstörung > viel häufiger als die Somatisierungsstörung > geringere Beschwerdezahl > kürzere Krankheitsdauer A 48 Somatoforme autonome Funktionsstörungen (ICD-10 F45.3) Sind die körperlichen Beschwerden auf Organe beschränkt, die vollständig vegetativ innerviert und kontrolliert werden, so sind diese als somatoforme autonome Funktionsstörungen zu diagnostizieren. Die Diagnose kann gestellt werden, wenn vegetative Symptome vom Patienten als Erkrankung gedeutet werden und diese einem Organsystem zugeordnet werden können, und wenn zwei oder mehr der vegetativen Symptome wie Palpitation, Schweißausbruch, Mundtrockenheit, Hitzewallung, Erröten, Druckgefühl im Epigastrium, Kribbeln oder Unruhe im Bauch und weitere Symptome wie Brustschmerz, Dyspnoe oder Ermüdbarkeit vorhanden sind (siehe ICD-10). Die Subgruppenaufteilung der somatoformen autonomen Funktionsstörung folgt phänomenologischen Gesichtspunkten: – Herz und kardiovaskuläres System (F45.30) – oberer Gastrointestinaltrakt (F45.31) – unterer Gastrointestinaltrakt (F45.32) – respiratorisches System (F45.33) – Urogenitaltrakt (F45.34). Hypochondische Störung > Angst vor einer organischen Erkrankung dominiert. > Trotz der geringen Psychotherapiemotivation ist die Psychotherapie bei diesen Patienten möglich und erfolgreich. ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐ MEDIZIN KASTEN 4 KASTEN 5 Typische Fallstricke im diagnostischen Handeln Allgemeine Elemente der Behandlungsplanung 1. Übersehen einer somatoformen Symptomatik und des Krankheitswertes einer Befindlichkeitsstörung 1. Geplante, nicht redundante, zeitlich geraffte Diagnostik 2. Verwechslung von somatoformer Beschwerdepräsentation mit Simulation und Aggravation 3. Die Diagnose stellen und dem Patient mitteilen 3. Übersehen einer Depression oder anderer relevanter psychischer Störungen 4. unbedachte, vorschnelle Mitteilung, dass die Symptomatik psychogen sei 2. Das Vorliegen anderer psychischer Erkrankungen prüfen 4. Medikamente kontrolliert einsetzen 5. Die Zeitstruktur einhalten (Termine nicht länger als geplant) 6. Regelmäßige Termine vergeben, nicht nur bei Beschwerdeverschlimmerung 5. Fortführung oder Intensivierung organischer Diagnostik 7. Psychoedukation, Nutzen von Informationsmaterialien 6. Verhaltensweisen und Maßnahmen, die vom Patienten als Bestrafung oder Nichternstnehmen gewertet werden könnten 8. Kooperation mit anderen Behandlern, Überweisung zum Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie 7. schnelle, unvorbereitete Überweisung zum Psychotherapeuten 8. Nichteinbeziehen der Körpersymptomatik auch bei primär psychischer Verursachung 9. Behandlung nur mit Psychopharmaka ohne genaue Aufklärung oder fortgesetzte Behandlung mit Tranquilizern 10. Verleugnung der Chronifizierungsneigung und der teilweise schlechten Prognose Lebensjahr, wenig Geborgenheit im Elternhaus, wenig Verständnis des Partners für die Schmerzsymptomatik, geringe Qualität der Paarbeziehung, erhöhte Kindheitsbelastungswerte sprechen für eine somatoforme Störung. Auch die vermehrte Verwendung affektiver Begriffe zur Schmerzbeschreibung (e14) liefert Hinweise. Differenzialdiagnose Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 45.4) Sind die vorherrschenden Beschwerden Schmerzen, die nicht ausreichend auf physiologische Umstände oder eine körperliche Störung zurückzuführen sind, und können emotionale und psychosoziale Belastungsfaktoren als ursächlich angesehen werden, wird von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung gesprochen. Häufige Symptome dabei sind Rückenschmerzen, Bauschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung, bei der definitionsgemäß psychische Belastungen, Traumatisierung oder unbewusste Konflikte eine entscheidende Rolle zukommen, stellt eine Unterform der chronischen Schmerzsyndrome dar. Bei der Differenzialdiagnostik zwischen organischen und überwiegend psychisch determinierten Schmerzsyndromen können charakteristische anamnestische Hinweise für eine somatoforme Schmerzstörung helfen (e13): Erkrankungsbeginn vor dem 35. Differenzialdiagnose zu körperlichen Ursachen Vorübergehende, organisch unerklärte Körperbeschwerden, die nicht zum Anlass wiederholter Arztbesuche werden, gehören zur Normalität und dürfen nicht mit den zur Chronifizierung neigenden somatoformen Störungen verwechselt werden. Schwierig und sehr bedeutsam ist die Abgrenzung von körperlich ausreichend begründbaren Beschwerden. Grundsätzlich gilt, dass die Diagnose einer somatoformen Störung eine hinreichend genaue Untersuchung der relevanten Organfunktionen voraussetzt. In jedem Fall darf der fehlende Nachweis organischer Grundlagen einer Symptomatik noch nicht die Diagnose somatoforme Störung begründen. Zum einen, weil das Ergebnis ärztlicher Diagnostik von der Kompetenz des Untersuchers abhängt (e15). Zum anderen können durch manche Untersuchungstechniken sehr wohl körperliche Schäden nachgewiesen werden, die die Beschwerden aber nicht ausreichend erklären (11). Somatoforme autonome Funktionsstörung > Körperliche Beschwerden sind auf Organe beschränkt, die vollständig vegetativ innerviert und kontrolliert werden. > Die Subgruppenaufteilung der somatoformen autonomen Funktionsstörung folgt nach phänomenologischen Kriterien. Differenzialdiagnose > Bedeutsam ist die Abgrenzung von körperlich ausreichend begründbaren Beschwerden. > Der fehlende Nachweis organischer Grundlagen einer Symptomatik darf noch nicht die Diagnose somatoforme Störungen begründen. ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐ A 49 MEDIZIN TABELLE 1 Spezifische und unspezifische Ätiologiefaktoren (Henningsen et al. 2002) Unspezifische Faktoren Spezifische Faktoren Individuell > Genetische Faktoren > Belastungsfaktoren in der Kindheit – Armut – Vernachlässigung – Verlust eines Elternteils – Missbrauch > Primärer Krankheitsgewinn Subjektive Entlastung vom inneren Konfliktdruck oder Minderung der innerseelischen Angst durch die Symptombildung > Frühe Störung in der Beziehung zum eigenen Körper > Veränderte physiologische Stressverarbeitung Frühe Beziehungsstörungen hinterlassen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Disposition für spätere Beschwerden > Modelllernen Somatoforme Beschwerden in der Familie und der eigenen Kindheit > Bindungsstörungen Interaktionell > Sekundärer Krankheitsgewinn Objektive Vorteile, die mit der Krankenrolle verbunden sind – Genesungsschutz durch soziale Entlastung: zum Beispiel Krankschreibung, Schonung, verstärktes Interesse und Zuwendung der Umwelt, Versorgung, Trost, Rente etc. > Iatrogene Faktoren Nichterkennen psychischer Beschwerden, Überdiagnostik, Überbewertung von Bagatellbefunden Soziokulturell „Kampf um Legitimität“, Einfluss von Entschädigunsbegehren > Medien Verbreitung von Erklärungsmodellen für unspezifische Körperbeschwerden (Amalgam, Elektrosmog) Indikatoren für das Vorliegen einer somatoformen Störung können biographische Belastungen, psychosoziale Konflikte und ein auffälliges Inanspruchnahmeverhalten bezüglich medizinischer Leistungen sein. ximal eine Stunde. Bei Schizophrenien können ebenfalls somatoforme Symptome bestehen, die jedoch häufig bizarr und mit wahnhaften Vorstellungen oder Körperhalluzinationen ausgestaltet sind. Differenzialdiagnostik zu anderen psychischen Störungen Bei zahlreichen psychosomatischen und psychiatrischen Störungen treten somatoforme Beschwerden auf, die jedoch nicht eine eigene Diagnose rechtfertigen. Die schwierigste Differenzialdiagnose ist die Depression, weil eine hohe Komorbidität zwischen beiden Krankheitsbildern besteht. Typische somatische Beschwerden der Depression sind Magen-Darm-Beschwerden, Appetitverlust, Schlaf- und Libidostörungen. Wenn diese Symptome ausschließlich während depressiver Phasen auftreten, so sind sie nur unter der Depression zu klassifizieren. Auch die Panikstörung geht mit vermehrt körperlichen Beschwerden einher. Typisch dabei sind Herzklopfen, Brustschmerzen, Schwindel und weitere Zeichen der psychophysiologischen Überaktivierung. Bei somatoformen Störungen sind die Symptome relativ konstant und persistieren über Tage, Wochen oder Monate. Bei Panikstörungen sind die körperlichen Symptome auf einzelne Attacken beschränkt von Minuten bis ma- Ätiologische Konzepte Differenzialdiagnostik zu anderen psychischen Störungen > Schwierige Abgrenzung zu Depressionen > Auch Panikstörungen gehen vermehrt mit körperlichen Beschwerden einher. > Auch bei Schizophrenien können somatoforme Störungen bestehen. A 50 Ein einheitliches Konzept für Ätiologie und Pathogenese existiert zurzeit nicht. Die meisten Autoren sehen die Erkrankung vor dem Hintergrund eines biopsycho-sozialen Modells, in das folgende Faktoren integriert sind: – Elemente einer Dysbalance zwischen Risiko- und Schutzfaktoren in der Kindheit (12) – Modelllernen bezüglich Krankheit in der Familie – veränderte zentrale Stressverarbeitung und emotional belastende aktuelle Lebensereignisse. Möglicherweise haben auch Persönlichkeitsfaktoren und die Bindungsstile einen Einfluss auf das maladaptive Krankheitsverhalten dieser Patienten (13, e16). In Tabelle 1 werden basierend auf diesem multifaktoriellen Krankheitsverständnis spezifische und unspezifische Ätiologiefaktoren auf individueller, interaktioneller (e17) und soziokultureller Ebene (e18) zusammenfassend dargestellt (14) (e19–e22). Ätiologische Konzepte > Ein einheitliches Konzept für Ätiologie und Pathogenese existiert zurzeit nicht. > Diskutiert werden spezifische und unspezifische Ätiologiefaktoren auf individueller, interaktioneller und soziokultureller Ebene. ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐ MEDIZIN TABELLE 2 Verschiedene Therapieverfahren mit EbM-Level Somatoforme Störungen und funktionelle Syndrome Medikamentöse Therapie Psychotherapie Anmerkungen Somatisierungsstörung Opipramol * Kognitive VT ** Stationäre Psychotherapie * Primärärztliche Behandlung: Beratung von Hausärzten ** Kommunikationstraining der Hausärzte *, Dokumentation und Kommunikation durch Arztbriefe ** Undifferenzierte Somatisierungsstörung Hypochondrie Kognitive VT ** Fluoxetin * Kognitive VT **, Behaviorale Th. ** Edukative Gruppentherapie * > SAF des kardiovaskulären Systems Beta-Blocker ** Kognitive VT ** > SAF des oberen Gastrointestinaltraktes Non-Ulcer-Dyspepsie: psychodynamische Protonenpumpenhemmer **, Psychoth.** Eradikation **, H2-Agonisten ** > SAF des unteren Gastrointestinaltraktes trizyklische Antidepressiva **, Anticholinergika **, Mebeverin, Ca-Antagonisten **, 5-HT3-Antagonisten **, Domperidon **, Pfefferminzöl ** psychodynamische Psychoth.**, kognitive VT **, kombinierte kognitiv-behaviorale Th. **, Hypnotherapie **, konfliktzentrierte Gespräche mit Entspannung **, Progressive Muskelrelaxation nach Jakobsen **, Psychodrama mit Entspannung ** Anhaltende somatoforme Schmerzstörung antidepressive Medikation ***, Cyclobezaprine ***, SSRI **, SNRI **, Tramadol ** Multidisziplinäre Th. ***, Patientenedukation ***, kognitiv-behaviorale Th. ***, Aerobic ***, Hypnotherapie ***, Biofeedback **, Ausdauertraining ** Somatoforme autonome Funktionsstörung (SAF) Akupunktur ** Manuelle Therapie *, Chiropraktik *, Massage * Kein Nachweis für die Effektivität der Behandlung für Injektionen am Tender- oder Triggerpunkt Niveaus der evidenzbasierten Medizin: *** hohe Evidenz, ** moderate Evidenz, * schwache Evidenz; VT, Verhaltenstherapie; SSRI, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer; SNRI, selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer; Th., Therapie Therapie Nach einer Literaturübersicht über somatoforme Störungen und funktionelle Syndrome (15) zeigen sich in der Behandlung folgende wichtige Erkenntnisse: passive Maßnahmen wie Injektionen und Operationen sind weniger effektiv als Behandlungen wie Physiotherapie und Psychotherapie, die die aktive Mitarbeit der Patienten voraussetzen. Das Spektrum therapeutischer Ansätze und Ziele bei somatoformen Störungen und funktionellen Syn- Therapie > Passive Maßnahmen wie Injektionen und Operationen sind weniger effektiv als Physiotherapie und Psychotherapie, die die aktive Mitarbeit des Patienten voraussetzen. ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐ dromen ist breit, je nach Ausprägung der Störung und Versorgungsort (primärärztlicher, fachärztlicher oder psychotherapeutischer Rahmen). Unter Berücksichtigung dieses Rahmens sind therapeutische Ansatzpunkte die Verbesserung der körperlichen Symptome. Im Focus stehen die Erarbeitung von erweiterten Erklärungsmodellen und Anregungen zu einem adäquaten Krankheitsverhalten. Die Verbesserung komorbid bestehender psychischer Störungen sowie die Bearbeitung psychischer Konflikte und struktureller Defizite das Therapieplanung > Therapeutische Ansätze und Ziele richten sich nach Ausprägung der Störung und Versorgungsort. A 51 MEDIZIN FALLVIGNETTE Verdacht auf somatoforme Störung Ein 44-jähriger Patient wird von der anästhesiologischen Schmerzambulanz in die Psychosomatische Ambulanz überwiesen. Der Patient klagt über Beschwerden im LWS-Bereich, für die es keine befriedigenden somatischen Befunde gibt. Die medikamentöse Behandlung ist unbefriedigend und der Patient drängt auf eine neurochirurgische Intervention, obwohl bei einer Vorstellung in der Neurochirurgie eine konservative Behandlung empfohlen wurde. Der Patient arbeitet zum Untersuchungszeitpunkt seit zwölf Monaten nicht mehr und strebt eine Pensionierung auf Zeit an. Der Patient war das ältere von zwei Geschwistern. Die Eltern trennten sich nach jahrelangen schweren, häuslichen Auseinandersetzungen, als er 15 Jahre alt war. Der Vater ließ die Familie im Stich. Der Patient berichtete, er habe sich innerlich vom Vater völlig entfernt. Er habe früh mit Hilfsarbeiten die Mutter unterstützt. Stolz berichtet er, aus eigener Kraft heraus eine solide Beamtenlaufbahn absolviert zu haben. Einer Partnerschaft sei er negativ gegenüber eingestellt gewesen. Beruflich sei es vor zwei Jahren zu Mehrarbeit und Personalveränderungen gekommen, er habe neue Kollegen und einen neuen Chef, der ihn wenig beachte. Seine Arbeit sei nicht gewürdigt worden und erst nach seiner Krankmeldung sei registriert worden, dass er für zwei gearbeitet habe. Der Patient versteht sich heute als jemand, der von Anfang an enttäuscht und benachteiligt wurde und damit einen Anspruch auf Wiedergutmachung und Erleichterung habe. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Psychosomatik konnte der Patient nach dreimonatiger gemeinsamer Betreuung und Arbeit an einem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell zu einer psychotherapeutischen Behandlung motiviert werden. Eine neurochirurgische Behandlung konnte verhindert werden. Psychotherapie Medikamentöse Therapie Grundsätzlich sollte die medikamentöse Therapie nur bei spezifischer Indikation zum Einsatz kommen und Erwartungen an die Medikation sollten relativiert werden. Es muss mit gehäuft auftretenden, meist intensiv Die Wirkung psychodynamischer Therapie auf somatoforme Störungen konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden (4,17–20, e25–e28). Bezüglich der kognitiven Verhaltenstherapie zeigten sich sechs bis 16 Einzelsitzungen (21, e29), manualisierte Problemlösegruppen (e30) als auch eine themenzentrierte Gruppentherapie (e31) als effektiv. Stationäre Psychotherapie zeigte sich in Studien von Shorter et al. 1992, Broda et al. 1996, Schmidt 1991 (e33) und Rief et al. 1995 (22–24, e32) als effektive Behandlungsmethode. In Tabelle 2 werden die verschiedenen Therapieverfahren in Bezug auf das EBM-Level dargestellt. Insgesamt gibt es wenig systematische Studien. Auf den oben genannten wissenschaftlichen und klinischen Erkenntnissen basierend empfiehlt sich eine gestufte Behandlung je nach Schweregrad der Erkrankung (15). Bei unkomplizierten somatoformen Störungen eignen sich Information über das Krankheitsbild und Beratung zur Aktivierung statt Schonung sowie gegebenenfalls symptomatische Maßnahmen. Bei komplizierten Störungen sollte die Behandlung neben den oben genannten Maßnahmen psychoedukative Elemente wie die Aufklärung über das dysfunktionale Krankheitsverhalten enthalten. Die Vermittlung eines bio-psycho-so- Medikamentöse Therapie > Voraussetzung ist die spezifische Indikation > Obsolet ist die Gabe neuer Medikamente bei jedem neu hinzugetretenen Symptom und die alleinige und länger dauernde Verordnung von Psychopharmaka ohne adäquate psychotherapeutische Behandlung. Psychotherapie nach gestuftem Behandlungsmodell > unkomplizierte Störung: Information über das Krankheitsbild, Aktivierung > bei komplizierter Störung: zusätzlich Psychoedukation, Arbeit am bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell heißt, eine Einschränkung der psychischen Funktion in der Regulierung des Selbst und seiner Beziehung, stellen ebenfalls Therapieziele dar (15). Der hausärztlichen Behandlung kommt eine Schlüsselstellung zu. Sie sollte unnötige Diagnostik verhindern, darauf achten, dass regelmäßige Gesprächstermine wahrgenommen werden und dem Patienten Entspannungstechniken vermitteln sowie Anleitung zu nicht überfordernder körperlicher Aktivität geben. In Kasten 5 werden die allgemeinen Elemente der Behandlungsplanung dargestellt. Übergeordnetes Ziel der Behandlung ist, eine bestmögliche Lebensqualität (e23) zu erreichen. A 52 erlebten Nebenwirkungen gerechnet werden. Obsolet ist die Gabe neuer Medikamente bei jedem neu hinzugetretenen Symptom sowie die alleinige und länger dauernde Verordnung von Psychopharmaka ohne adäquate psychotherapeutische Behandlung. Abzulehnen sind Tranquilizer, insbesondere Benzodiazepine wegen der Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung. Bei somatoformen autonomen Funktionsstörungen (F45.3) kann eine symptom-orientierte medikamentöse Behandlung in Phasen mit einer erheblichen Beeinträchtigung durch die Beschwerden, zum Beispiel in der Einleitungsphase einer Psychotherapie, hilfreich sein, sollte aber auch hier nicht zu einer Dauermedikation führen. Bei der Medikation der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ist sowohl die Umstellung von Bedarfsmedikation auf ein festes Einnahmeschema wichtig als auch der Entzug von Nicht-Opioid-Analgetika. Die Gabe von Tranquilizern oder Neuroleptika ist abzulehnen; Opioide sind bei somatoformen Schmerzen nicht indiziert. Eine analgetische Wirkung können Antidepressiva entfalten. Insbesondere trizyklische Antidepressiva, auch in geringer Dosierung, sind aussichtsreich (Tabelle 2) (16, e24). ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐ MEDIZIN zialen Krankheitsmodells sollte ebenfalls angestrebt werden. Hilfreich kann eine antidepressive Medikation sein. Die regelmäßige Terminvergabe bewährt sich im Gegensatz zu beschwerdegesteuerten Terminen. Wenn diese therapeutischen Ansätze nicht ausreichen, sollte zeitnah eine Überweisung zum Facharzt für Psychosomatische Medizin oder zum Psychotherapeuten erfolgen, um aufrechterhaltende Bedingungen sowie psychosoziale Stressoren zu eruieren und eine Psychotherapie einzuleiten. Wichtig hierbei ist die enge Zusammenarbeit zwischen allen Behandlern. Eine Intensivierung der Behandlung kann durch die Überweisung des Patienten an multidisziplinäre und multimodal arbeitende psychosomatische Tageskliniken und stationäre psychosomatische Einrichtungen erreicht werden. Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht. Manuskriptdaten eingereicht: 31. 5. 2006, revidierte Fassung angenommen: 7. 11. 2006 LITERATUR 1. Küchenhoff J, Ahrens S: Somatoforme autonome Funktionsstörung. In: Ahrens S (Hrsg.): Lehrbuch der Psychotherapie und Psychosomatischen Medizin. Stuttgart, New York: Schattauer 2002; 336–7. 2. Wittchen HU, Muller N, Pfister H, Winter S, Schmidtkunz B: Affektive, somatoforme und Angsstörungen in Deutschland – Erste Ergebnisse des bundesweiten Zusatzsurveys „Psychische Störungen“. Gesundheitswesen 1999; 61: 216–22. 3. Meyer C, Rumpf HJ, Hapke U, Dilling H, John U: Lebenszeitprävalenz psychischer Störungen in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung. Ergebnisse der TACOS-Studie. Nervenarzt 2000; 71(7): 535–42. 4. Henningsen P, Hartkamp N, Loew T, Sack M, Scheidt CE, Rudolf G: Somatoforme Störungen – Leitlinien und Quellentexte. Stuttgart: Schattauer 2002. 5. Barsky AJ, Orav EJ, Bates DW: Somatization increases medical utilization and costs independent of psychiatric and medical comorbidity. Arch Gen Psychiatry 2005; 62(8): 903–10. 6. Rief W, Hiller W: Toward empirically based criteria for the classification of somatoform disorders. J Psychosom Res 1999; 46(6): 507–18. 14. Hotopf M, Wilson-Jones C, Mayou R, Wadsworth M, Wessely S: Childhood predictors of adult medically unexplained hospitalisations. Results from a national birth cohort study. Br J Psychiatry 2000; 176: 273–80. 15. Henningsen P, Zipfel S, Herzog W: Management of functional somatic syndromes. 2006 im Druck. 16. Fishbain DA, Cutler RB, Rosomoff HL, Rosomoff RS: Do antidepressants have an analgesic effect in psychogenic pain and somatoform pain disorder? A meta-analysis 279. Psychosom Med 1998; 60(4): 503–9. 17. 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Benedikt G, Herzog W, Sauer N, Schäfert R, Schell T, Szecsenyi J, et al.: FUNKTIONAL – Ein Curriculum zur Früherkennung und Behandlung somatoformer/funktioneller Beschwerden für Allgemeinärzte. Zeitschrift für Allgemeinmedizin 2005; 81: 127–30. e3. Schepank H: Inpatient psychotherapy in West Germany. Sociocultural determinants, developmental stages and current status, international comparison. Z Psychosom Med Psychoanal 1987; 33(4): 363–87. e4. Löwe B, Zipfel S, Herzog W: Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D). Komplettversion und Kurzform. Testmappe mit vorläufigem Manual, Fragebögen und Schablonen. 276. Karlsruhe: Pfizer GmbH; 2001. e5. Fink P, Sorensen L, Engberg M, Holm M, Munk-Jorgensen P: Somatization in primary care. Prevalence, health care utilization, and general practitioner recognition. Psychosomatics 1999; 40(4): 330–8. e6. Kruse J, Heckrath C, Schmitz N, Alberti L, Tress W: Diagnosis and management of patients with psychogenic disorders in family practice. 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Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort Frage Nr. 1 Zu den allgemeinen Kriterien somatoformer Störungen nach ICD-10 (F45) zählen: a) wiederholte Darbietung psychischer Symptome b) hartnäckige Forderung nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholt negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar sind c) Patient diskutiert bereitwillig die Möglichkeit einer psychischen Ursache. d) In unbeobachteten Situationen zeigt der Patient deutlich weniger Symptome. e) Das zu erreichende Verständnis für die Verursachung der Symptome ist häufig für Patienten und Arzt zufriedenstellend. Frage Nr. 2 Wie hoch ist die Lebenszeitprävalenzrate somatoformer Störungen? a) bis zu 5 Prozent b) bis zu 13 Prozent c) bis zu 55 Prozent d) bis zu 75 Prozent e) bis zu 80 Prozent Frage Nr. 3 Positive diagnostische Hinweise auf das Vorliegen einer funktionellen/somatoformen Störung sind: a) eindeutige begrenzte Symptome b) hohes Inanspruchnahmeverhalten mit häufigen Arztwechseln c) intakte familiäre und soziale Funktionen d) Empathie beim Behandler e) wirksame Schmerzlinderung durch analgetische Stufentherapie (WHO-Schema) Frage Nr. 4 Was kann als Hinweis auf das Vorliegen einer somatoformen Störung dienen? a) Der Patient löst beim behandelnen Arzt Irritation aus. Der Arzt fühlt sich genervt, unter Druck gesetzt oder ansatzweise hilflos. b) Der Patient berichtet ausschließlich von psychischen Problemen. c) Der Patient nimmt Überweisungen zum Facharzt an. d) Der Patient kommt sehr selten in die Praxis. e) Der psychosoziale Hintergrund des Patienten ist unauffällig. Frage Nr. 5 Welche Aussage trifft für die hypochondrische Störung zu? a) Vorherrschendes Kennzeichen sind schwere körperliche Beschwerden. b) Patienten mit einer hypochondrischen Störung sind Individualisten mit starkem Autarkiestreben. c) Konflikte sind gut zu bearbeiten. d) Patienten beschäftigen sich beharrlich mit der Möglichkeit, an einer schweren, fortschreitenden körperlichen Krankheit zu leiden. e) Patienten mit einer hypochondrischen Störung lassen sich leicht zu Psychotherapie motivieren. Frage Nr. 6 Welche Aussage zur Termingestaltung mit dem Patienten ist richtig? a) Die Zeitdauer hängt ganz von der Entwicklung des Gespräches ab. b) Am Anfang des Gespräches sollte dem Patienten die zur Verfügung stehende Zeit nicht mitgeteilt werden. c) Der Patient kann mit der ohnehin bestehenden Zeitknappheit konfrontiert werden. d) Regelmäßige Termine vergeben, nicht nur bei Beschwerdeverschlimmerung. e) Diese Patienten können auch zwischendurch behandelt werden. A 54 Frage Nr. 7 Welche Aussage trifft für die medikamentöse Behandlung zu? a) Bei somatoformen autonomen Funktionsstörungen kann eine medikamentöse Behandlung bei erheblicher Beeinträchtigung hilfreich sein. b) Benzodiazepine ergänzen die Medikation bei somatoformen Störungen. c) Neu auftretende Symptome werden medikamentös behandelt. d) Nebenwirkungen kommen sehr selten vor. e) Einnahme bei Bedarf ist eine sinnvolle Alternative zum festen Einnahmeschema. Frage Nr. 8 Simultandiagnostik bedeutet: a) die zeitnahe Untersuchung mehrerer betroffener Organsysteme b) die parallele Durchführung organischer und psychosozialer Diagnostik c) die aufeinander abgestimmte Diagnostik aller an der Behandlung beteiligten Ärzte d) die Gleichzeitigkeit diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen e) dient dem Ausschluss von Simulation und Aggravation Frage Nr. 9 Welche Aussage zur Psychoedukation ist richtig? a) spielt bei Patienten mit funktionellen/somatoformen Beschwerden eher eine nachrangige Rolle b) kann nicht durch geeignete Schaubilder unterstützt werden c) bezieht sich vornehmlich auf mögliche Effekte der Behandlung mit Psychopharmaka d) stellt ein wesentliches Element in der Behandlung von Patienten mit funktionellen/somatoformen Beschwerden dar e) kann dem Patienten als Handout mitgegeben werden und bedarf keiner weiteren Erläuterung Frage Nr. 10 Allgemeines Prinzip in der Behandlung funktioneller/somatoformer Störungen ist: a) gestuftes, primärversorgungsnahes Behandlungskonzept b) Beschwerden bagatellisieren c) sofortige Überweisung d) Patienten verdeutlichen, dass er körperlich „nichts hat“ e) auf das Ansprechen des Patienten von psychosozialen Problemen bewusst nicht eingehen Wichtiger Hinweis Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich: www.aerzteblatt.de/cme. Einsendeschluss ist der 19. Februar 2007. Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden. Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 9/2007 veröffentlicht. Die cme-Einheit „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ (Heft 49/ 2006) kann noch bis zum 19. Januar 2006 bearbeitet werden. Für Heft 5/2007 ist das Thema „Übelkeit, Erbrechen und Obstipation in der palliativen Situation“ vorgesehen. Lösungen zur cme-Einheit in Heft 45/2006: Evers S, et al.: „Differenzialdiagnose von Kopfschmerzen“: 1/e, 2/b, 3/e, 4/c, 5/b, 6/e, 7/b, 8/c, 9/e, 10/a ⏐ Jg. 104⏐ ⏐ Heft 1–2⏐ ⏐ 8. Januar 2007 Deutsches Ärzteblatt⏐