Somatoforme Störungen und Funktionsstörungen

Werbung
MEDIZIN
Somatoforme Störungen und
Funktionsstörungen
Nina Sauer, Wolfgang Eich
ZUSAMMENFASSUNG
Einleitung: Patienten mit einer somatoformen Störung berichten über körperbezogene Beschwerden, die nicht hinreichend somatisch erklärt werden können. In Allgemeinarztpraxen werden 16 bis 31 Prozent der Konsultationen durch
somatoforme Symptome verursacht. Patienten zeigen eine
lange Anamnese ineffektiver medizinischer und chirurgischer
Interventionen sowie erhöhte Raten psychischer Komorbidität. Zahlreiche Therapieabbrüche und Konflikte mit Ärzten
sind auf ein schwer handhabbares, dysfunktionales Beziehungsverhalten dieser Patienten zurückzuführen. Methoden:
Übersicht auf Basis einer systematischen Analyse der Literatur bis 2006 (Cochrane Library, Medline, Psycinfo) unter
besonderer Berücksichtigung verfügbarer systematischer
Reviews und Metaanalysen. Suchwörter: somatoforme
Störungen, funktionelle Syndrome und deren klinische Synonyme. Ergebnisse: In der Behandlung sind Therapiemaßnahmen wie Psychotherapie, die eine aktive Mitarbeit voraussetzen, effektiver als passive Therapien wie Injektionen und
Operationen. Zur Versorgung von Patienten mit somatoformen Störungen sind nach Schweregrad gestufte interdisziplinäre, integrierte Modelle zwischen Hausarzt, Facharzt und
Psychosomatik aussichtsreich.
Dtsch Arztebl 2007; 104(1–2): A 45–53.
Schlüsselwörter: Somatoforme Störung, funktionelle Syndrome,
Somatisierungsstörung, somatoforme Körperbeschwerden
SUMMARY
SOMATOFORM AND FUNCTIONAL DISORDERS
Introduction: Patients with somatoform disorder report bodily
symptoms without adequate medical explanation. Patients
with somatoform disorders account for 16 to 31 per cent of
primary care consultations. Patients typically present with a
long history of ineffective medical and surgical interventions,
high rates of mental comorbidity, multiple interrupted treatments, and difficult relationships with physicians. This leads
to physician frustration. Methods: Systematic review of
articles up to 2006 (Cochrane Library, Medline, Psycinfo),
with a particular focus on systematic reviews and metaanalyses. Used search terms: somatoform disorder, functional
somatoform syndrome and diagnostic analogues. Results:
Treatments involving active participation of the patient like
psychotherapy appear to be more effective than passive
therapies including injections and operations. In managing
patients with somatoform disorder, a stepped care model
based on interdisciplinary cooperation between general
practitioners, physicians and psychosomatic specialists
appears promising. Dtsch Arztebl 2007; 104(1–2): A 45–53.
Key words: somatoform disorder, functional somatic syndrom,
somatization disorder, bodily discomfort
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
3
Punkte
cme
C
harakteristisch für Patienten mit somatoformen
Störungen ist die wiederholte Darbietung körperlicher Beschwerden verbunden mit Forderungen
nach medizinischen Untersuchungen. Die Patienten
halten diese Forderungen aufrecht trotz wiederholter
negativer Ergebnisse und Versicherungen der Ärzte,
dass die Symptome nicht ausreichend körperlich begründbar sind. Selbst wenn Beginn und Fortdauer der
Symptome in enger Beziehung zu unangenehmen Lebensereignissen, Schwierigkeiten und Konflikten stehen, sind die Patienten von einer körperlichen Ursache
ihrer Beschwerden überzeugt und diskutieren die
Möglichkeit einer psychischen Ursache wenig. Ärzte
werden mit schwer leidenden Patienten konfrontiert,
denen sie nur bedingt helfen können.
Das grundlegende Problem der Interaktion zwischen
Ärzten und Patienten geht auf drei Aspekte zurück (e1):
– das Drängen auf Untersuchung und das appellative
Verhalten der Patienten
– die Unsicherheit beziehungsweise Angst der Ärzte,
eine verborgende Krankheit zu übersehen
– die Diskrepanz in den jeweiligen Ursachenüberzeugungen.
Die besonders in der primärärztlichen Behandlung
rasch entstehende Irritation durch die schwierige ArztPatient-Interaktion kann als frühzeitiger Hinwies auf eine somatoforme Störung gewertet werden (e2). Im Umgang mit diesen Patienten entstehen beim behandelnden
Arzt häufig Gefühle des Nichtwissens, der Unsicherheit, Hilf- und Hoffnungslosigkeit und Ängste vor einem Scheitern der Behandlung. Hinzukommende Ungeduld, Erschöpfung und Ablehnung des Patienten erschweren die Interaktion (1). Grafik 1 stellt exemplarisch den schwierigen Verlauf der Arzt-Patient-Beziehung dar. Dabei ist hervorzuheben, dass das Handeln
des Patienten nicht bewusst gesteuert wird. Der Patient
trägt dem Behandler idealisierende Erwartungen an und
ist zugleich enttäuschungs- und entwertungsbereit. Dem
Behandler wird nahe gelegt, die Idealisierung anzuneh-
Teilnahme nur im
Internet möglich:
www.aerzteblatt.de/cme
Klinik für Psychosomatische und Allgemeine
Klinische Medizin der
Universität Heidelberg
(Dr. med. Sauer)
Sektion integrierte
Psychosomatik, Medizinische Universitätsklinik Heidelberg, und
Psychosomatische
Klinik Baden-Baden
(Prof. Dr. med. Eich)
Symptome
> Charakteristisch ist die wiederholte Darbietung
körperlicher Beschwerden in Verbindung mit
der Forderung nach ärztlicher Behandlung.
> Die rasch entstehende Irritation durch die
schwierige Arzt-Patienten-Interaktion kann ein
frühzeitiger Hinweis sein.
A 45
MEDIZIN
Darstellung der
Wechselbeziehung
zwischen Arzt und
Patient
GRAFIK 1
men und dann an diesen Ansprüchen zu scheitern. In
Grafik 2 wird eine mögliche Vorgehensweise zur Entlastung der schwierigen Interaktion gezeigt. Anregungen
wie die Einnahme einer interessiert empathischen aber
auch distanzierten Haltung und die Einhaltung eines
klaren zeitlichen Rahmens, die ebenfalls eine ausgeglichene Arzt-Patient-Beziehung fördern, sind in
Kasten 1 zusammengestellt.
Vorgehensweise
zur Entlastung
der schwierigen
Arzt-PatientenBeziehung
GRAFIK 2
Epidemiologie
Im bundesweiten Zusatzsurvey „Psychische Störungen“
des Bundesgesundheitssurveys 1999 sind somatoforme
Störungen als zweithäufigste Störung mit einer VierWochen-Querschnitts-Prävalenz von 7,5 Prozent nach
Angststörungen und affektiven Störungen benannt. Als
dritthäufigste Störung sind somatoforme Störungen mit
einer Lebenszeit-Prävalenz von 12,9 Prozent nach
Suchtstörungen und Angststörungen zentral repräsentiert (2, 3).
International liegen die Angaben zur Prävalenz von
somatoformen Störungen bei neun bis 20 Prozent in
der Allgemeinbevölkerung (4, e4). In Allgemeinarztpraxen werden 16 bis 31 Prozent der Konsultationen
durch somatoforme Beschwerden verursacht (e5, e6).
Mehrfachdiagnostik, häufige Hospitalisierung und
Krankheitstage verursachen enorme Kosten für die
Sozialversicherungssysteme (5, e7). Die Patienten
verursachen im ambulanten Bereich im Mittel 14-fach
höhere Kosten als die durchschnittlichen Pro-KopfAusgaben (6). Die stationären Kosten belaufen sich auf
das Sechsfache (e8). Patienten mit einer Somatisierungsstörung gehören zu den sogenannten „high utilizern“ (4) des Gesundheitsversorgungssytems. Die
Komorbidität von somatoformen Störungen mit depressiven Störungen liegt bei 75 bis 90 Prozent, mit
Angststörungen bei 10 bis 70 Prozent (e9).
Der typische Beginn der Störung liegt zwischen
dem 16. und 30. Lebensjahr. Somatisierungssymptome sind in sozial schwachen Schichten häufiger vertreten als in Familien mit höherem Einkommen (e10).
Auch findet sich eine Häufung in bestimmten Kulturkreisen, obwohl das Gesamtsyndrom in allen Kulturen bekannt ist (3).
Die Mehrheit der Patienten, die sich keiner Therapie
unterziehen, werden nach drei Jahren aufgrund ihrer
Symptome arbeitsunfähig (7, e11).
Diagnostik und klinische
Erscheinungsbilder
Die ICD-10 subsumiert die Beschwerden der psychischen Störungen in Kapitel F45 (e12). In Kasten 2
wird die grundlegende Definition der somatoformen
Störungen und funktionellen Syndrome dargestellt.
Unter den somatoformen Störungen werden im ICD10 verstanden:
> Somatisierungsstörung (F45.0)
> Undifferenzierte Somatisierungsstörung (F45.1)
> Hypochondrische Störung (F45.2)
Die Arzt-Patienten-Beziehung wird positiv
beeinflusst durch:
> Einnahme einer interessiert empathischen aber
auch distanzierten Haltung vonseiten des
Arztes.
> Einhaltung eines klaren zeitlichen Rahmens.
A 46
Epidemiologie
> In der Allgemeinarztpraxis werden 16 bis 31
Prozent der Konsultation durch somatoforme
Beschwerden verursacht.
> Die Lebenszeit-Prävalenz für somatoforme
Störungen liegt bei 12,9 Prozent.
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
MEDIZIN
KASTEN 1
KASTEN 2
Empfehlungen zu Haltung
und Setting
Definitionen nach ICD-10
Somatoforme Störungen F 45.0
Gelassene Haltung
> Sachliche, aber empathische, ernst nehmende Atmosphäre
> Impuls zu raschem Handeln nicht nachgeben (nicht
[mit-]agieren)
> Befragung dient dem besseren Verständnis, nicht der
sofortigen Lösung
> Druck des Patienten nicht übernehmen
> Sich nicht von sozialen Problemen überschwemmen
lassen
Klares Setting
> Klare zeitliche Begrenzung: zur Verfügung stehende Zeit
vorher ankündigen, Struktur der Befragung einhalten,
einen Termin nicht überlasten
> Zeit lassen, das heißt, gegebenenfalls weitere Termine
ausmachen
> Somatoforme autonome Funktionsstörung (F45.3)
> Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4).
Bei der Diagnostik somatoformer Störungen ist die
sogenannte Simultandiagnostik sinnvoll, das heißt, es
werden von vornherein sowohl organische als auch
psychosoziale Faktoren in ihrer wechselseitigen Verschränkung berücksichtigt (8). Anamnestisch wichtig
ist dabei eine möglichst vollständige Erhebung der
Symptome, der früheren Beschwerden und des Inanspruchnahmeverhaltens sowie des Beschwerdeumgangs und der Ursachenüberzeugungen. Patienten mit
somatoformen Störungen weisen in ihrer Biographie
eine erhöhte Häufigkeit an Kindheitsbelastungsfaktoren auf wie Armut, Vernachlässigung, Verlust eines
Elternteils, Missbrauch und zeigen in ihrer aktuellen
Lebenssituation eine Häufung von stressauslösenden
Lebensereignissen (9).
Handlungsempfehlungen zur Diagnostik werden in
Kasten 3 dargestellt. Typische Fallstricke im diagnostischen Handeln sind in Kasten 4 zusammengefasst.
> Wiederholte Darbietung körperlicher Symptome, für die
keine ausreichende somatische Erklärung gefunden
wurde
> Hartnäckige Forderung nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und
Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar sind
> Patient widersetzt sich den Versuchen, die Möglichkeit
einer psychischen Ursache zu diskutieren.
> Das zu erreichende Verständnis für die Verursachung
der Symptome ist häufig für Patient und Arzt enttäuschend.
Funktionelle Syndrome F 45.3
> Krankheitsbilder, die aus Störungen von Körperfunktionen resultieren, ohne Nachweis einer organpathologischen Veränderung
> Seelische Faktoren lösen diese Symptomatik aus und
tragen zur Aufrechterhaltung bei.
Jahre anhalten und für die keine ausreichende somatische Erklärung gefunden werden konnte. Durch die
Multiplizität der Beschwerden und die organische Ursachenüberzeugung der Betroffenen, durchläuft der
Patient zahlreiche medizinische Behandlungseinrichtungen. Häufig gehen die Symptome mit Angst und
Depression einher. Das Krankheitsbild verläuft in der
überwiegenden Zahl der Fälle chronisch mit gravierenden Gesundheitseinschränkungen (10) und führt
zu einer erheblichen Beeinträchtigung familiärer und
sozialer Funktionen.
Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0)
Sie ist durch das Vorliegen multipler und unterschiedlicher körperlicher Beschwerden gekennzeichnet, die
mindestens aus zwei Symptomgruppen stammen, zwei
Undifferenzierte Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.1)
Häufig finden sich Störungsbilder, die die Kriterien
der Somatisierungsstörung nur teilweise erfüllen mit
einer geringeren Beschwerdezahl und kürzeren
Krankheitsdauer. Dieses Krankheitsbild hat aufgrund
seiner Häufigkeit eine hohe Relevanz für die medizinische Versorgung. Gemäß ICD-10 müssen die folgenden Kriterien zur Diagnostik vorliegen:
– mindestens sechs Monate anhaltende körperliche
Symptome, für die keine ausreichende somatische Erklärung gefunden wurden
Definitionen nach ICD-10
> Differenziert wird zwischen einer somatoformen Störung und funktionellen Syndromen.
> Funktionelle Syndrome sind Krankheitsbilder
aus Störungen von Körperfunktionen ohne organpathologischen Nachweis.
Klinische Erscheinungsbilder
> Somatisierungsstörung
> undifferenzierte Somatisierungsstörung
> hypochondrische Störung
> somatoforme autonome Funktionsstörung
> anhaltende somatoforme Schmerzstörung
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
A 47
MEDIZIN
KASTEN 3
Handlungsempfehlungen zur Diagnostik nach den AWMF-Leitlinien für
Somatoforme Störungen
> Hinreichend sicherer Ausschluss organischer Ursachen der Beschwerden: geplant, nicht redundant, zeitlich gerafft.
> Erkennen einer somatoformen Störung, das heißt, die Diagnose sollte explizit gestellt werden. Die Zuordnung zu speziellen
Unterformen ist nicht zwingendes Ziel primärärztlicher Diagnostik.
> Patienten mit einer somatoformen Störung können zusätzlich organisch krank sein; deshalb muss im Verlauf,
zum Beispiel bei plötzlich veränderten Beschwerdecharakteristika, das Vorliegen einer organischen Erkrankung gegebenenfalls erneut ausgeschlossen werden.
> Bei Verdacht auf somatoforme Störung Anamnese über Leitsymptom hinaus erweitern: weitere aktuelle Beschwerden,
bisheriger Verlauf der Beschwerden und Behandlung, Erfragen von Hinweisen auf psychische Beeinträchtigungen, aktuelle
psychosoziale Belastungen und Auslösesituation, störungsunterhaltende Faktoren, Orientierung über biographischen
Werdegang.
> Erfragen der Ursachenüberzeugung des Patienten: gibt wichtigen Aufschluss über zu erwartende Interaktionsprobleme.
> Beachtung nicht ausdrücklich geäußerter Behandlungsanliegen: ein körperliches Beschwerdeangebot kann auch
„Eintrittskarte" zur Erörterung anderer, zum Beispiel psychosozialer Anliegen („fakultative Somatisierung“) sein.
> Die diagnostische Erfassung psychischer Faktoren sollte schon bei ersten Hinweisen darauf, dass die Beschwerden nicht
ausreichend organisch begründbar sind, erfolgen und nicht erst nach Abschluss aller notwendigen organmedizinischen
Untersuchungen.
> Mögliche sozialmedizinische Folgen der Körperbeschwerden (Beantragung einer Rente, Sozialgerichtsverfahren etc.)
müssen erfragt werden.
– die symptomatischen Diagnosekriterien für die
Somatisierungsstörung sind nicht vollständig erfüllt.
Hypochondrie (ICD-10 F45.2)
Vorherrschendes Kennzeichen ist die beharrliche Beschäftigung mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen
Krankheiten zu leiden, manifestiert durch anhaltende
körperliche Beschwerden oder ständige Beschäftigung mit der eigenen körperlichen Erscheinung. Der
Patient weigert sich, den Rat und die Versicherung
mehrerer Ärzte zu akzeptieren und den Symptomen liegt keine körperliche Krankheit zugrunde
liegt. Im Unterschied zur Somatisierungsstörung der
Akzent mehr auf der Erkrankung und ihren ängstlich
erwarteten Folgen als auf einzelnen körperlichen
Symptomen.
Patienten mit einer „Hypochondrischen Störung“
zeigen eine sehr geringe primäre Psychotherapiemotivation. Dennoch ist der mögliche Therapieerfolg
größer als früher angenommen (4).
Undifferenzierte Somatisierungsstörung
> viel häufiger als die Somatisierungsstörung
> geringere Beschwerdezahl
> kürzere Krankheitsdauer
A 48
Somatoforme autonome Funktionsstörungen (ICD-10 F45.3)
Sind die körperlichen Beschwerden auf Organe beschränkt, die vollständig vegetativ innerviert und kontrolliert werden, so sind diese als somatoforme autonome Funktionsstörungen zu diagnostizieren.
Die Diagnose kann gestellt werden, wenn vegetative Symptome vom Patienten als Erkrankung gedeutet
werden und diese einem Organsystem zugeordnet
werden können, und wenn zwei oder mehr der vegetativen Symptome wie Palpitation, Schweißausbruch,
Mundtrockenheit, Hitzewallung, Erröten, Druckgefühl im Epigastrium, Kribbeln oder Unruhe im Bauch
und weitere Symptome wie Brustschmerz, Dyspnoe
oder Ermüdbarkeit vorhanden sind (siehe ICD-10).
Die Subgruppenaufteilung der somatoformen autonomen Funktionsstörung folgt phänomenologischen
Gesichtspunkten:
– Herz und kardiovaskuläres System (F45.30)
– oberer Gastrointestinaltrakt (F45.31)
– unterer Gastrointestinaltrakt (F45.32)
– respiratorisches System (F45.33)
– Urogenitaltrakt (F45.34).
Hypochondische Störung
> Angst vor einer organischen Erkrankung
dominiert.
> Trotz der geringen Psychotherapiemotivation
ist die Psychotherapie bei diesen Patienten
möglich und erfolgreich.
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
MEDIZIN
KASTEN 4
KASTEN 5
Typische Fallstricke im
diagnostischen Handeln
Allgemeine Elemente der
Behandlungsplanung
1. Übersehen einer somatoformen Symptomatik und des
Krankheitswertes einer Befindlichkeitsstörung
1. Geplante, nicht redundante, zeitlich geraffte Diagnostik
2. Verwechslung von somatoformer Beschwerdepräsentation mit Simulation und Aggravation
3. Die Diagnose stellen und dem Patient mitteilen
3. Übersehen einer Depression oder anderer relevanter
psychischer Störungen
4. unbedachte, vorschnelle Mitteilung, dass die Symptomatik
psychogen sei
2. Das Vorliegen anderer psychischer Erkrankungen prüfen
4. Medikamente kontrolliert einsetzen
5. Die Zeitstruktur einhalten (Termine nicht länger als
geplant)
6. Regelmäßige Termine vergeben, nicht nur bei
Beschwerdeverschlimmerung
5. Fortführung oder Intensivierung organischer Diagnostik
7. Psychoedukation, Nutzen von Informationsmaterialien
6. Verhaltensweisen und Maßnahmen, die vom Patienten als Bestrafung oder Nichternstnehmen gewertet
werden könnten
8. Kooperation mit anderen Behandlern, Überweisung zum
Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie
7. schnelle, unvorbereitete Überweisung zum
Psychotherapeuten
8. Nichteinbeziehen der Körpersymptomatik auch bei
primär psychischer Verursachung
9. Behandlung nur mit Psychopharmaka ohne genaue
Aufklärung oder fortgesetzte Behandlung mit Tranquilizern
10. Verleugnung der Chronifizierungsneigung und der
teilweise schlechten Prognose
Lebensjahr, wenig Geborgenheit im Elternhaus, wenig Verständnis des Partners für die Schmerzsymptomatik, geringe Qualität der Paarbeziehung, erhöhte
Kindheitsbelastungswerte sprechen für eine somatoforme Störung. Auch die vermehrte Verwendung affektiver Begriffe zur Schmerzbeschreibung (e14) liefert Hinweise.
Differenzialdiagnose
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 45.4)
Sind die vorherrschenden Beschwerden Schmerzen,
die nicht ausreichend auf physiologische Umstände
oder eine körperliche Störung zurückzuführen sind,
und können emotionale und psychosoziale Belastungsfaktoren als ursächlich angesehen werden, wird
von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung
gesprochen. Häufige Symptome dabei sind Rückenschmerzen, Bauschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung, bei der definitionsgemäß psychische Belastungen, Traumatisierung oder unbewusste Konflikte
eine entscheidende Rolle zukommen, stellt eine Unterform der chronischen Schmerzsyndrome dar.
Bei der Differenzialdiagnostik zwischen organischen und überwiegend psychisch determinierten
Schmerzsyndromen können charakteristische anamnestische Hinweise für eine somatoforme Schmerzstörung helfen (e13): Erkrankungsbeginn vor dem 35.
Differenzialdiagnose zu körperlichen Ursachen
Vorübergehende, organisch unerklärte Körperbeschwerden, die nicht zum Anlass wiederholter Arztbesuche werden, gehören zur Normalität und dürfen
nicht mit den zur Chronifizierung neigenden somatoformen Störungen verwechselt werden. Schwierig
und sehr bedeutsam ist die Abgrenzung von körperlich
ausreichend begründbaren Beschwerden.
Grundsätzlich gilt, dass die Diagnose einer somatoformen Störung eine hinreichend genaue Untersuchung der relevanten Organfunktionen voraussetzt. In
jedem Fall darf der fehlende Nachweis organischer
Grundlagen einer Symptomatik noch nicht die Diagnose somatoforme Störung begründen. Zum einen,
weil das Ergebnis ärztlicher Diagnostik von der Kompetenz des Untersuchers abhängt (e15). Zum anderen
können durch manche Untersuchungstechniken sehr
wohl körperliche Schäden nachgewiesen werden, die
die Beschwerden aber nicht ausreichend erklären (11).
Somatoforme autonome Funktionsstörung
> Körperliche Beschwerden sind auf Organe
beschränkt, die vollständig vegetativ innerviert
und kontrolliert werden.
> Die Subgruppenaufteilung der somatoformen
autonomen Funktionsstörung folgt nach phänomenologischen Kriterien.
Differenzialdiagnose
> Bedeutsam ist die Abgrenzung von körperlich
ausreichend begründbaren Beschwerden.
> Der fehlende Nachweis organischer Grundlagen einer Symptomatik darf noch nicht die
Diagnose somatoforme Störungen begründen.
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
A 49
MEDIZIN
TABELLE 1
Spezifische und unspezifische Ätiologiefaktoren (Henningsen et al. 2002)
Unspezifische Faktoren
Spezifische Faktoren
Individuell
> Genetische Faktoren
> Belastungsfaktoren in der Kindheit
– Armut
– Vernachlässigung
– Verlust eines Elternteils
– Missbrauch
> Primärer Krankheitsgewinn
Subjektive Entlastung vom inneren
Konfliktdruck oder Minderung der innerseelischen Angst durch die Symptombildung
> Frühe Störung in der Beziehung
zum eigenen Körper
> Veränderte physiologische
Stressverarbeitung
Frühe Beziehungsstörungen hinterlassen
mit hoher Wahrscheinlichkeit eine
Disposition für spätere Beschwerden
> Modelllernen
Somatoforme Beschwerden in der Familie
und der eigenen Kindheit
> Bindungsstörungen
Interaktionell
> Sekundärer Krankheitsgewinn
Objektive Vorteile, die mit der Krankenrolle
verbunden sind – Genesungsschutz durch
soziale Entlastung: zum Beispiel Krankschreibung,
Schonung, verstärktes Interesse und
Zuwendung der Umwelt, Versorgung,
Trost, Rente etc.
> Iatrogene Faktoren
Nichterkennen psychischer Beschwerden,
Überdiagnostik, Überbewertung von
Bagatellbefunden
Soziokulturell
„Kampf um Legitimität“, Einfluss von
Entschädigunsbegehren
> Medien
Verbreitung von Erklärungsmodellen für
unspezifische Körperbeschwerden
(Amalgam, Elektrosmog)
Indikatoren für das Vorliegen einer somatoformen
Störung können biographische Belastungen, psychosoziale Konflikte und ein auffälliges Inanspruchnahmeverhalten bezüglich medizinischer Leistungen sein.
ximal eine Stunde. Bei Schizophrenien können ebenfalls somatoforme Symptome bestehen, die jedoch häufig bizarr und mit wahnhaften Vorstellungen oder Körperhalluzinationen ausgestaltet sind.
Differenzialdiagnostik zu anderen psychischen Störungen
Bei zahlreichen psychosomatischen und psychiatrischen
Störungen treten somatoforme Beschwerden auf, die jedoch nicht eine eigene Diagnose rechtfertigen. Die
schwierigste Differenzialdiagnose ist die Depression, weil
eine hohe Komorbidität zwischen beiden Krankheitsbildern besteht. Typische somatische Beschwerden der Depression sind Magen-Darm-Beschwerden, Appetitverlust, Schlaf- und Libidostörungen. Wenn diese Symptome ausschließlich während depressiver Phasen auftreten,
so sind sie nur unter der Depression zu klassifizieren.
Auch die Panikstörung geht mit vermehrt körperlichen Beschwerden einher. Typisch dabei sind Herzklopfen, Brustschmerzen, Schwindel und weitere Zeichen
der psychophysiologischen Überaktivierung. Bei somatoformen Störungen sind die Symptome relativ konstant und persistieren über Tage, Wochen oder Monate.
Bei Panikstörungen sind die körperlichen Symptome
auf einzelne Attacken beschränkt von Minuten bis ma-
Ätiologische Konzepte
Differenzialdiagnostik zu anderen
psychischen Störungen
> Schwierige Abgrenzung zu Depressionen
> Auch Panikstörungen gehen vermehrt mit
körperlichen Beschwerden einher.
> Auch bei Schizophrenien können somatoforme
Störungen bestehen.
A 50
Ein einheitliches Konzept für Ätiologie und Pathogenese existiert zurzeit nicht. Die meisten Autoren
sehen die Erkrankung vor dem Hintergrund eines biopsycho-sozialen Modells, in das folgende Faktoren
integriert sind:
– Elemente einer Dysbalance zwischen Risiko- und
Schutzfaktoren in der Kindheit (12)
– Modelllernen bezüglich Krankheit in der Familie
– veränderte zentrale Stressverarbeitung und emotional
belastende aktuelle Lebensereignisse.
Möglicherweise haben auch Persönlichkeitsfaktoren
und die Bindungsstile einen Einfluss auf das maladaptive Krankheitsverhalten dieser Patienten (13, e16).
In Tabelle 1 werden basierend auf diesem multifaktoriellen Krankheitsverständnis spezifische und unspezifische Ätiologiefaktoren auf individueller, interaktioneller (e17) und soziokultureller Ebene (e18)
zusammenfassend dargestellt (14) (e19–e22).
Ätiologische Konzepte
> Ein einheitliches Konzept für Ätiologie und Pathogenese existiert zurzeit nicht.
> Diskutiert werden spezifische und unspezifische Ätiologiefaktoren auf individueller, interaktioneller und soziokultureller Ebene.
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
MEDIZIN
TABELLE 2
Verschiedene Therapieverfahren mit EbM-Level
Somatoforme Störungen
und funktionelle Syndrome
Medikamentöse
Therapie
Psychotherapie
Anmerkungen
Somatisierungsstörung
Opipramol *
Kognitive VT **
Stationäre Psychotherapie *
Primärärztliche Behandlung:
Beratung von Hausärzten **
Kommunikationstraining der
Hausärzte *, Dokumentation
und Kommunikation durch
Arztbriefe **
Undifferenzierte
Somatisierungsstörung
Hypochondrie
Kognitive VT **
Fluoxetin *
Kognitive VT **,
Behaviorale Th. **
Edukative Gruppentherapie *
> SAF des kardiovaskulären
Systems
Beta-Blocker **
Kognitive VT **
> SAF des oberen
Gastrointestinaltraktes
Non-Ulcer-Dyspepsie:
psychodynamische
Protonenpumpenhemmer **,
Psychoth.**
Eradikation **, H2-Agonisten **
> SAF des unteren
Gastrointestinaltraktes
trizyklische Antidepressiva **,
Anticholinergika **,
Mebeverin, Ca-Antagonisten **,
5-HT3-Antagonisten **,
Domperidon **, Pfefferminzöl **
psychodynamische Psychoth.**,
kognitive VT **, kombinierte
kognitiv-behaviorale Th. **,
Hypnotherapie **, konfliktzentrierte Gespräche mit
Entspannung **, Progressive
Muskelrelaxation nach
Jakobsen **, Psychodrama
mit Entspannung **
Anhaltende somatoforme
Schmerzstörung
antidepressive Medikation ***,
Cyclobezaprine ***, SSRI **,
SNRI **, Tramadol **
Multidisziplinäre Th. ***,
Patientenedukation ***,
kognitiv-behaviorale Th. ***,
Aerobic ***, Hypnotherapie ***,
Biofeedback **,
Ausdauertraining **
Somatoforme autonome
Funktionsstörung (SAF)
Akupunktur **
Manuelle Therapie *,
Chiropraktik *, Massage *
Kein Nachweis für die Effektivität
der Behandlung für Injektionen
am Tender- oder Triggerpunkt
Niveaus der evidenzbasierten Medizin: *** hohe Evidenz, ** moderate Evidenz, * schwache Evidenz; VT, Verhaltenstherapie;
SSRI, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer; SNRI, selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer; Th., Therapie
Therapie
Nach einer Literaturübersicht über somatoforme
Störungen und funktionelle Syndrome (15) zeigen
sich in der Behandlung folgende wichtige Erkenntnisse: passive Maßnahmen wie Injektionen und Operationen sind weniger effektiv als Behandlungen wie
Physiotherapie und Psychotherapie, die die aktive
Mitarbeit der Patienten voraussetzen.
Das Spektrum therapeutischer Ansätze und Ziele
bei somatoformen Störungen und funktionellen Syn-
Therapie
> Passive Maßnahmen wie Injektionen
und Operationen sind weniger effektiv
als Physiotherapie und Psychotherapie,
die die aktive Mitarbeit des Patienten voraussetzen.
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
dromen ist breit, je nach Ausprägung der Störung und
Versorgungsort (primärärztlicher, fachärztlicher oder
psychotherapeutischer Rahmen). Unter Berücksichtigung dieses Rahmens sind therapeutische Ansatzpunkte die Verbesserung der körperlichen Symptome.
Im Focus stehen die Erarbeitung von erweiterten Erklärungsmodellen und Anregungen zu einem adäquaten
Krankheitsverhalten. Die Verbesserung komorbid bestehender psychischer Störungen sowie die Bearbeitung
psychischer Konflikte und struktureller Defizite das
Therapieplanung
> Therapeutische Ansätze und Ziele richten
sich nach Ausprägung der Störung und
Versorgungsort.
A 51
MEDIZIN
FALLVIGNETTE
Verdacht auf somatoforme Störung
Ein 44-jähriger Patient wird von der anästhesiologischen Schmerzambulanz in die
Psychosomatische Ambulanz überwiesen. Der Patient klagt über Beschwerden im
LWS-Bereich, für die es keine befriedigenden somatischen Befunde gibt. Die medikamentöse Behandlung ist unbefriedigend und der Patient drängt auf eine neurochirurgische Intervention, obwohl bei einer Vorstellung in der Neurochirurgie eine
konservative Behandlung empfohlen wurde. Der Patient arbeitet zum Untersuchungszeitpunkt seit zwölf Monaten nicht mehr und strebt eine Pensionierung auf
Zeit an. Der Patient war das ältere von zwei Geschwistern. Die Eltern trennten sich
nach jahrelangen schweren, häuslichen Auseinandersetzungen, als er 15 Jahre alt
war. Der Vater ließ die Familie im Stich. Der Patient berichtete, er habe sich
innerlich vom Vater völlig entfernt. Er habe früh mit Hilfsarbeiten die Mutter unterstützt. Stolz berichtet er, aus eigener Kraft heraus eine solide Beamtenlaufbahn absolviert zu haben. Einer Partnerschaft sei er negativ gegenüber eingestellt gewesen. Beruflich sei es vor zwei Jahren zu Mehrarbeit und Personalveränderungen
gekommen, er habe neue Kollegen und einen neuen Chef, der ihn wenig beachte.
Seine Arbeit sei nicht gewürdigt worden und erst nach seiner Krankmeldung sei registriert worden, dass er für zwei gearbeitet habe. Der Patient versteht sich heute
als jemand, der von Anfang an enttäuscht und benachteiligt wurde und damit einen
Anspruch auf Wiedergutmachung und Erleichterung habe. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Psychosomatik konnte der Patient nach dreimonatiger gemeinsamer Betreuung und Arbeit an einem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell zu einer psychotherapeutischen Behandlung motiviert werden. Eine
neurochirurgische Behandlung konnte verhindert werden.
Psychotherapie
Medikamentöse Therapie
Grundsätzlich sollte die medikamentöse Therapie nur
bei spezifischer Indikation zum Einsatz kommen und
Erwartungen an die Medikation sollten relativiert werden. Es muss mit gehäuft auftretenden, meist intensiv
Die Wirkung psychodynamischer Therapie auf somatoforme Störungen konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden (4,17–20, e25–e28). Bezüglich
der kognitiven Verhaltenstherapie zeigten sich sechs bis
16 Einzelsitzungen (21, e29), manualisierte Problemlösegruppen (e30) als auch eine themenzentrierte Gruppentherapie (e31) als effektiv. Stationäre Psychotherapie zeigte sich in Studien von Shorter et al. 1992,
Broda et al. 1996, Schmidt 1991 (e33) und Rief et al.
1995 (22–24, e32) als effektive Behandlungsmethode.
In Tabelle 2 werden die verschiedenen Therapieverfahren in Bezug auf das EBM-Level dargestellt. Insgesamt
gibt es wenig systematische Studien. Auf den oben genannten wissenschaftlichen und klinischen Erkenntnissen
basierend empfiehlt sich eine gestufte Behandlung je
nach Schweregrad der Erkrankung (15).
Bei unkomplizierten somatoformen Störungen eignen sich Information über das Krankheitsbild und Beratung zur Aktivierung statt Schonung sowie gegebenenfalls symptomatische Maßnahmen. Bei komplizierten
Störungen sollte die Behandlung neben den oben genannten Maßnahmen psychoedukative Elemente wie
die Aufklärung über das dysfunktionale Krankheitsverhalten enthalten. Die Vermittlung eines bio-psycho-so-
Medikamentöse Therapie
> Voraussetzung ist die spezifische Indikation
> Obsolet ist die Gabe neuer Medikamente bei
jedem neu hinzugetretenen Symptom und die
alleinige und länger dauernde Verordnung von
Psychopharmaka ohne adäquate psychotherapeutische Behandlung.
Psychotherapie nach gestuftem Behandlungsmodell
> unkomplizierte Störung: Information über das
Krankheitsbild, Aktivierung
> bei komplizierter Störung: zusätzlich Psychoedukation, Arbeit am bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell
heißt, eine Einschränkung der psychischen Funktion in
der Regulierung des Selbst und seiner Beziehung, stellen ebenfalls Therapieziele dar (15).
Der hausärztlichen Behandlung kommt eine Schlüsselstellung zu. Sie sollte unnötige Diagnostik verhindern, darauf achten, dass regelmäßige Gesprächstermine
wahrgenommen werden und dem Patienten Entspannungstechniken vermitteln sowie Anleitung zu nicht überfordernder körperlicher Aktivität geben. In Kasten 5
werden die allgemeinen Elemente der Behandlungsplanung dargestellt. Übergeordnetes Ziel der Behandlung
ist, eine bestmögliche Lebensqualität (e23) zu erreichen.
A 52
erlebten Nebenwirkungen gerechnet werden. Obsolet
ist die Gabe neuer Medikamente bei jedem neu hinzugetretenen Symptom sowie die alleinige und länger
dauernde Verordnung von Psychopharmaka ohne adäquate psychotherapeutische Behandlung. Abzulehnen
sind Tranquilizer, insbesondere Benzodiazepine wegen der Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung.
Bei somatoformen autonomen Funktionsstörungen
(F45.3) kann eine symptom-orientierte medikamentöse
Behandlung in Phasen mit einer erheblichen Beeinträchtigung durch die Beschwerden, zum Beispiel in der Einleitungsphase einer Psychotherapie, hilfreich sein, sollte
aber auch hier nicht zu einer Dauermedikation führen.
Bei der Medikation der anhaltenden somatoformen
Schmerzstörung ist sowohl die Umstellung von Bedarfsmedikation auf ein festes Einnahmeschema wichtig als auch der Entzug von Nicht-Opioid-Analgetika.
Die Gabe von Tranquilizern oder Neuroleptika ist abzulehnen; Opioide sind bei somatoformen Schmerzen
nicht indiziert. Eine analgetische Wirkung können Antidepressiva entfalten. Insbesondere trizyklische Antidepressiva, auch in geringer Dosierung, sind aussichtsreich (Tabelle 2) (16, e24).
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
MEDIZIN
zialen Krankheitsmodells sollte ebenfalls angestrebt
werden. Hilfreich kann eine antidepressive Medikation
sein. Die regelmäßige Terminvergabe bewährt sich im
Gegensatz zu beschwerdegesteuerten Terminen. Wenn
diese therapeutischen Ansätze nicht ausreichen, sollte
zeitnah eine Überweisung zum Facharzt für Psychosomatische Medizin oder zum Psychotherapeuten erfolgen, um aufrechterhaltende Bedingungen sowie psychosoziale Stressoren zu eruieren und eine Psychotherapie
einzuleiten. Wichtig hierbei ist die enge Zusammenarbeit zwischen allen Behandlern.
Eine Intensivierung der Behandlung kann durch die
Überweisung des Patienten an multidisziplinäre und
multimodal arbeitende psychosomatische Tageskliniken und stationäre psychosomatische Einrichtungen
erreicht werden.
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien
des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 31. 5. 2006, revidierte Fassung angenommen: 7. 11. 2006
LITERATUR
1. Küchenhoff J, Ahrens S: Somatoforme autonome Funktionsstörung. In: Ahrens S (Hrsg.): Lehrbuch der Psychotherapie und
Psychosomatischen Medizin. Stuttgart, New York: Schattauer
2002; 336–7.
2. Wittchen HU, Muller N, Pfister H, Winter S, Schmidtkunz B: Affektive, somatoforme und Angsstörungen in Deutschland – Erste Ergebnisse des bundesweiten Zusatzsurveys „Psychische Störungen“. Gesundheitswesen 1999; 61: 216–22.
3. Meyer C, Rumpf HJ, Hapke U, Dilling H, John U: Lebenszeitprävalenz
psychischer Störungen in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung.
Ergebnisse der TACOS-Studie. Nervenarzt 2000; 71(7): 535–42.
4. Henningsen P, Hartkamp N, Loew T, Sack M, Scheidt CE, Rudolf G:
Somatoforme Störungen – Leitlinien und Quellentexte. Stuttgart:
Schattauer 2002.
5. Barsky AJ, Orav EJ, Bates DW: Somatization increases medical
utilization and costs independent of psychiatric and medical comorbidity. Arch Gen Psychiatry 2005; 62(8): 903–10.
6. Rief W, Hiller W: Toward empirically based criteria for the classification of somatoform disorders. J Psychosom Res 1999; 46(6):
507–18.
14. Hotopf M, Wilson-Jones C, Mayou R, Wadsworth M, Wessely S:
Childhood predictors of adult medically unexplained hospitalisations. Results from a national birth cohort study. Br J Psychiatry
2000; 176: 273–80.
15. Henningsen P, Zipfel S, Herzog W: Management of functional somatic syndromes. 2006 im Druck.
16. Fishbain DA, Cutler RB, Rosomoff HL, Rosomoff RS: Do antidepressants have an analgesic effect in psychogenic pain and somatoform pain disorder? A meta-analysis 279. Psychosom Med
1998; 60(4): 503–9.
17. Guthrie E, Creed F, Dawson D, Tomenson B: A randomised controlled trial of psychotherapy in patients with refractory irritable
bowel syndrome. Br J Psychiatry 1993; 163: 315–21.
18. Leichsenring F, Rabung S, Leibing E: The efficacy of short-term
psychodynamic psychotherapy in specific psychiatric disorders:
a meta-analysis. Arch Gen Psychiatry 2004; 61 (12): 1208–16.
19. Margison F: Psychodynamic-interpersonal therapy. Oxford: Oxford
University Press 2002.
20. Guthrie E, Moorey J, Margison F, Barker H, Palmer S, McGrath G,
et al.: Cost-effectiveness of brief psychodynamic-interpersonal
therapy in high utilizers of psychiatric services. Arch Gen
Psychiatry 1999; 56 (6): 519–26.
21. Speckens AE, van Hemert AM, Spinhoven P, Hawton KE, Bolk JH,
Rooijmans HG: Cognitive behavioural therapy for medically unexplained physical symptoms: a randomised controlled trial. BMJ
1995; 311(7016): 1328–32.
22. Rief W, Hiller W, Geissner E, Fichter MM: A two-year follow-up
study of patients with somatoform disorders. Psychosomatics
1995; 36(4): 376–86.
23. Shorter E, Abbey SE, Gillies LA, Singh M, Lipowski ZJ: Inpatient
treatment of persistent somatization. Psychosomatics 1992;
33(3): 295–301.
24. Broda M, Bürger W, Dinger-Broda A, Massing H: Die Berus-Studie.
Zur Ergebnisevaluation der Therapie psychosomatischer Störungen bei gewerblichen Arbeitnehmern. Berlin: Westkreuz-Verlag
1996.
Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Nina Sauer
Klinik für Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin
der Universität Heidelberg
Thibautstraße 2
69115 Heidelberg
E-Mail: [email protected]
@
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit0107
English version of this article is available online:
www.aerzteblatt.de/english
7. Reid S, Crayford T, Patel A, Wessely S, Hotopf M: Frequent attenders in secondary care: a 3-year follow-up study of patients with
medically unexplained symptoms. Psychol Med 2003; 33(3):
519–24.
8. Henningsen P, Hartkamp N, Loew T, Sack M, Scheidt CE, Rudolf G:
Somatoforme Störungen. Leitlinie und Quellentext. Stuttgart:
Schattauer 2002.
Weitere informationen zu cme
9. Egle UT, Nickel R, Schwab R, Hoffmann SO: Die somatoforme
Schmerzstörung. Dtsch Arztbl 2000; 97(21): A 1469–73.
Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie
für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.
10. Fink P: The use of hospitalizations by persistent somatizing
patients. Psychol Med 1992; 22(1): 173–80.
11. Hendler N, Zinreich J, Kozikowski JG: Three-dimensional CT
validation of physical complaints in „psychogenic pain“ patients.
Psychosomatics 1993; 34(1): 90–6.
12. Fiddler M, Jackson J, Kapur N, Wells A, Creed F: Childhood adversity and frequent medical consultations. Gen Hosp Psychiatry
2004; 26(5): 367–77.
13. Waller E, Scheidt CE, Hartmann A: Attachment representation and
illness behavior in somatoform disorders. J Nerv Ment Dis 2004;
192(3): 200–9.
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
Eine Kasuistik steht im Internet zur Verfügung:
www.aerzteblatt.de/cme/0107
Die erworbenen Fortbildungspunkte können mithilfe der
Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden. Unter www.aerzteblatt.de/cme muss hierfür in der
Rubrik „Meine Daten“ oder bei der Registrierung die EFN
in das entsprechende Eingabefeld eingegeben werden.
Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.
A 53
MEDIZIN
Somatoforme Störungen und
Funktionsstörungen
Nina Sauer, Wolfgang Eich
LITERATUR INTERNET
e1. Jablensky A: The concept fo somatoform disorders: a comment on
the mind-body problem in psychiatry. In: Ono Y, Janca A, Asai M,
Sartorius N, (eds.): Somatoform Disorders. A worldwide perspective. Tokio: Springer 1999: 3–10.
e2. Benedikt G, Herzog W, Sauer N, Schäfert R, Schell T, Szecsenyi J,
et al.: FUNKTIONAL – Ein Curriculum zur Früherkennung und
Behandlung somatoformer/funktioneller Beschwerden für Allgemeinärzte. Zeitschrift für Allgemeinmedizin 2005; 81: 127–30.
e3. Schepank H: Inpatient psychotherapy in West Germany. Sociocultural
determinants, developmental stages and current status, international
comparison. Z Psychosom Med Psychoanal 1987; 33(4): 363–87.
e4. Löwe B, Zipfel S, Herzog W: Gesundheitsfragebogen für Patienten
(PHQ-D). Komplettversion und Kurzform. Testmappe mit vorläufigem
Manual, Fragebögen und Schablonen. 276. Karlsruhe: Pfizer GmbH;
2001.
e5. Fink P, Sorensen L, Engberg M, Holm M, Munk-Jorgensen P:
Somatization in primary care. Prevalence, health care utilization,
and general practitioner recognition. Psychosomatics 1999; 40(4):
330–8.
e6. Kruse J, Heckrath C, Schmitz N, Alberti L, Tress W: Diagnosis and
management of patients with psychogenic disorders in family
practice. Results of a field study. 277. Psychother Psychosom Med
Psychol 1999; 49(1): 14–22.
e7. Smith GR Jr, Monson RA, Ray DC: Psychiatric consultation in
somatization disorder. A randomized controlled study. N Engl J Med
1986; 314(22): 1407–13.
e8. Smith GR Jr: The course of somatization and its effects on utilization
of health care resources. Psychosomatics 1994; 35(3): 263–7.
e9. Ebel H, Podoll K: Komorbidität von somatoformen Störungen mit
anderen psychischen Störungen In: Rudolf G, Henningsen P (Hrsg.):
Stuttgart: Schattauer 1998; 25–38.
e10. Sigvardsson S, von Knorring AL, Bohman M, Cloninger CR: An
adoption study of somatoform disorders. I. The relationship of
somatization to psychiatric disability. Arch Gen Psychiatry 1984;
41(9): 853–9.
e11. Gureje O, Simon GE: The natural history of somatization in primary
care. Psychol Med 1999; 29(3): 669–76.
e12. Dilling H, Mombour W, Schmidt MH: International Klassifikation
psychischer Störungen – ICD-10. Bern: Huber 1991.
e13. Egle UT, Schwab R, Porsch U, Hoffmann SO: Ist eine frühe Differenzierung psychogener von organischen Schmerzpatienten möglich?
Literaturübersicht und Ergebnisse einer Screeningstudie. Nervenarzt 1991; 62(3): 148–57.
e14. Egle UT: Diagnose, Differentialdiagnose und Psychdynamik der
somatoformen Schmerzstörung. In: Rudolf G, Henningsen P (Hrsg.):
Somatoforme Störungen. Stuttgart: Schattauer 1998; 89–102.
e15. King SA: Review: DSM-IV and pain. Clin J Pain 1995; 11(3): 171–6.
e16. Wilkinson SR: Coping and Complaining: Attachment representation
and the Language of Dis-Ease. London: Brunner and Routledge
2003.
e17. Kouyanou K, Pither CE, Wessely S: Iatrogenic factors and chronic
pain. Psychosom Med 1997; 59(6): 597–604.
e18. Henningsen P, Priebe S: Modern disorders of vitality: the struggle
for legitimate incapacity. J Psychosom Res 1999; 46(3): 209–14.
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
e19. Kirmayer LJ, Robbins JM, Paris J: Somatoform disorders: personality
and the social matrix of somatic distress. J Abnorm Psychol 1994;
103(1): 125–36.
e20. Stuart S, Noyes R Jr.: Attachment and interpersonal communication
in somatization. Psychosomatics 1999; 40(1): 34–43.
e21. Rudolf G: Erklärungsmodelle somatoformer Störungen. In: Rudolf G
(Hrsg.): Psychotherapeutische Medizin und Psychosomatik. Ein einführendes Lehrbuch auf psychodynamischer Grundlage. Stuttgart:
Thieme 2000; 285–96.
e22. Ehlert U: Lehrbuch der Verhaltensmedizin. Heidelberg: Springer
2003.
e23. Smith GR Jr., Rost K, Kashner TM: A trial of the effect of a standardized
psychiatric consultation on health outcomes and costs in somatizing
patients. Arch Gen Psychiatry 1995; 52(3): 238–43.
e24. Pilowsky I, Barrow CG: A controlled study of psychotherapy and
amitriptyline used individually and in combination in the treatment
of chronic intractable, 'psychogenic' pain. Pain 1990; 40(1): 3–19.
e25. Rudolf G, Henningsen P: Die psychotherapeutische Behandlung
somatoformer Störungen. Z Psychosom Med Psychother 2003;
49(1): 3–19.
e26. Speckens AE, van Hemert AM, Spinhoven P, Hawton KE, Bolk JH,
Rooijmans HG: Cognitive behavioural therapy for medically
unexplained physical symptoms: a randomised controlled trial.
BMJ 1995; 311: 1328–32.
e27. Wilkinson P, Mynors-Wallis L: Problem-solving therapy in the
treatment of unexplained physical symptoms in primary care:
a preliminary study. J Psychosom Res 1994; 38(6): 591–8.
e28. Lidbeck J: Group therapy for somatization disorders in general
practice: effectiveness of a short cognitive-behavioural treatment
model. Acta Psychiatr Scand 1997; 96(1):14–24.
e29. Hamilton J, Guthrie E, Creed F, Thompson D, Tomenson B, Bennett
R et al.: A randomized controlled trial of psychotherapy in patients
with chronic functional dyspepsia. Gastroenterology 2000; 119(3):
661–9.
e30. Nutzinger DO, Zapotoczky HG, Cayiroglu S, Gatterer G: Panic
attacks and cardiac phobia. Wien Klin Wochenschr 1987; 99(16):
554–60.
e31. Wilkinson P, Mynors-Wallis L: Problem-solving therapy in the
treatment of unexplained physical symptoms in primary care:
a preliminary study. J Psychosom Res 1994; (6): 591–8.
e32. Kashner TM, Rost K, Cohen B, Anderson M, Smith GR Jr: Enhancing
the health of somatization disorder patients. Effectiveness of
short-term group therapy. Psychosomatics 1995; 36(5): 462–70.
e33. Schmidt J: Evaluation einer Psychosomatischen Klinik.
Frankfurt/Main: Verlag für Akademische Schriften 1991.
A1
MEDIZIN
Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort
Frage Nr. 1
Zu den allgemeinen Kriterien somatoformer Störungen nach
ICD-10 (F45) zählen:
a) wiederholte Darbietung psychischer Symptome
b) hartnäckige Forderung nach medizinischen Untersuchungen trotz
wiederholt negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die
Symptome nicht körperlich begründbar sind
c) Patient diskutiert bereitwillig die Möglichkeit einer psychischen Ursache.
d) In unbeobachteten Situationen zeigt der Patient deutlich weniger
Symptome.
e) Das zu erreichende Verständnis für die Verursachung der Symptome
ist häufig für Patienten und Arzt zufriedenstellend.
Frage Nr. 2
Wie hoch ist die Lebenszeitprävalenzrate somatoformer Störungen?
a) bis zu 5 Prozent
b) bis zu 13 Prozent
c) bis zu 55 Prozent
d) bis zu 75 Prozent
e) bis zu 80 Prozent
Frage Nr. 3
Positive diagnostische Hinweise auf das Vorliegen einer funktionellen/somatoformen Störung sind:
a) eindeutige begrenzte Symptome
b) hohes Inanspruchnahmeverhalten mit häufigen Arztwechseln
c) intakte familiäre und soziale Funktionen
d) Empathie beim Behandler
e) wirksame Schmerzlinderung durch analgetische Stufentherapie
(WHO-Schema)
Frage Nr. 4
Was kann als Hinweis auf das Vorliegen einer somatoformen
Störung dienen?
a) Der Patient löst beim behandelnen Arzt Irritation aus. Der Arzt fühlt
sich genervt, unter Druck gesetzt oder ansatzweise hilflos.
b) Der Patient berichtet ausschließlich von psychischen Problemen.
c) Der Patient nimmt Überweisungen zum Facharzt an.
d) Der Patient kommt sehr selten in die Praxis.
e) Der psychosoziale Hintergrund des Patienten ist unauffällig.
Frage Nr. 5
Welche Aussage trifft für die hypochondrische Störung zu?
a) Vorherrschendes Kennzeichen sind schwere körperliche Beschwerden.
b) Patienten mit einer hypochondrischen Störung sind Individualisten
mit starkem Autarkiestreben.
c) Konflikte sind gut zu bearbeiten.
d) Patienten beschäftigen sich beharrlich mit der Möglichkeit, an einer
schweren, fortschreitenden körperlichen Krankheit zu leiden.
e) Patienten mit einer hypochondrischen Störung lassen sich leicht zu
Psychotherapie motivieren.
Frage Nr. 6
Welche Aussage zur Termingestaltung mit dem Patienten ist richtig?
a) Die Zeitdauer hängt ganz von der Entwicklung des Gespräches ab.
b) Am Anfang des Gespräches sollte dem Patienten die zur Verfügung
stehende Zeit nicht mitgeteilt werden.
c) Der Patient kann mit der ohnehin bestehenden Zeitknappheit
konfrontiert werden.
d) Regelmäßige Termine vergeben, nicht nur bei Beschwerdeverschlimmerung.
e) Diese Patienten können auch zwischendurch behandelt werden.
A 54
Frage Nr. 7
Welche Aussage trifft für die medikamentöse Behandlung zu?
a) Bei somatoformen autonomen Funktionsstörungen kann eine
medikamentöse Behandlung bei erheblicher Beeinträchtigung hilfreich sein.
b) Benzodiazepine ergänzen die Medikation bei somatoformen
Störungen.
c) Neu auftretende Symptome werden medikamentös behandelt.
d) Nebenwirkungen kommen sehr selten vor.
e) Einnahme bei Bedarf ist eine sinnvolle Alternative zum festen Einnahmeschema.
Frage Nr. 8
Simultandiagnostik bedeutet:
a) die zeitnahe Untersuchung mehrerer betroffener Organsysteme
b) die parallele Durchführung organischer und psychosozialer
Diagnostik
c) die aufeinander abgestimmte Diagnostik aller an der Behandlung
beteiligten Ärzte
d) die Gleichzeitigkeit diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen
e) dient dem Ausschluss von Simulation und Aggravation
Frage Nr. 9
Welche Aussage zur Psychoedukation ist richtig?
a) spielt bei Patienten mit funktionellen/somatoformen Beschwerden
eher eine nachrangige Rolle
b) kann nicht durch geeignete Schaubilder unterstützt werden
c) bezieht sich vornehmlich auf mögliche Effekte der Behandlung mit
Psychopharmaka
d) stellt ein wesentliches Element in der Behandlung von Patienten
mit funktionellen/somatoformen Beschwerden dar
e) kann dem Patienten als Handout mitgegeben werden und bedarf
keiner weiteren Erläuterung
Frage Nr. 10
Allgemeines Prinzip in der Behandlung funktioneller/somatoformer Störungen ist:
a) gestuftes, primärversorgungsnahes Behandlungskonzept
b) Beschwerden bagatellisieren
c) sofortige Überweisung
d) Patienten verdeutlichen, dass er körperlich „nichts hat“
e) auf das Ansprechen des Patienten von psychosozialen Problemen
bewusst nicht eingehen
Wichtiger Hinweis
Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich
über das Internet möglich: www.aerzteblatt.de/cme. Einsendeschluss ist der 19. Februar 2007. Einsendungen, die per Brief oder
Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.
Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 9/2007 veröffentlicht. Die cme-Einheit „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ (Heft 49/
2006) kann noch bis zum 19. Januar 2006 bearbeitet werden.
Für Heft 5/2007 ist das Thema „Übelkeit, Erbrechen und Obstipation
in der palliativen Situation“ vorgesehen.
Lösungen zur cme-Einheit in Heft 45/2006: Evers S, et al.: „Differenzialdiagnose von Kopfschmerzen“: 1/e, 2/b, 3/e, 4/c, 5/b, 6/e,
7/b, 8/c, 9/e, 10/a
⏐ Jg. 104⏐
⏐ Heft 1–2⏐
⏐ 8. Januar 2007
Deutsches Ärzteblatt⏐
Herunterladen