RR Blutdruckmessung und Kreislauffunktionstest

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Blutdruck und Kreislauffunktionstests
RR
Blutdruckmessung und Kreislauffunktionstest
GK
4.1.
Allgemeine Grundlagen
4.2.
Hochdrucksystem
4.2.3. Blutdruckregulation
Vorbereitung:
4.3.
Niederdrucksystem
4.4.
Organdurchblutung
Schmidt/Lang/Thews (29. Aufl), Kapitel 28 Kreislauf
Klinke/Silbernagl (5. Aufl.), Kapitel 7 Das Herz, 8 Das Kreislaufsystem
Deetjen/Speckmann/Hescheler (4. Aufl.), Kapitel 8Herz-Kreislauf-Funktion
Golenhofen (4. Aufl.), Kapitel 9 Blutkreislauf
Physik-Praktikum: Versuch „21 Strömungsmechanik / Blutkreislauf“
Vorlesungsmaterialien, Kreislauf (s. LernIS, Theoretische Medizin, Physiologie)
Vorbereitung online:
Übersichtsartikel: Messung des arteriellen Blutdrucks: Bestehende Standards
und mögliche Fehler (Ritter, Martin A.; Nabavi, Darius G.; Ringelstein, E. Bernd)
abrufbar unter: http://www.aerzteblatt.de, ins ARCHIV gehen und
'Blutdruckmessung' eingeben.
Medizinisches Lerninformationssystem (LernIS)
http://www.khk.uni-duesseldorf.de
• In die Wissensdatenbank Theoretische Medizin einloggen – Bitte dazu die erste
Seite dieses Skriptes durchlesen, hier steht ausführlich wie es klappt!!! Als
Username und Passwort die eigene Matrikelnummer verwenden, Umgebung
betreten.
• Wenn man im Lernsystem ist, auf Vordefinierte Modulsequenzen (Kurse) klicken
• Stichwort: PhysioP eingeben
• folgende Kurse bearbeiten:
* Determinanten der Durchblutung
* Aufbau des Gefäßsystems
* Regulation von Blutdruck und Kreislauf
RR 1
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Vorbereitung auf den Praktikumstag:
Zur optimalen Vorbereitung sollten Sie die von uns genannten Buchkapitel und Kurse im
Lernsystemen ansehen und durcharbeiten. Anbei noch eine ausführliche Liste von Zahlen und von
Stichwörtern, deren Definition und Bedeutung Sie kennen sollten. Bitte beantworten Sie auch die 20
Fragen. Diese Hausaufgaben sollen Sie mit den Aufgaben im Testat vertraut machen.
Wichtige Zahlen:
Drücke im Stehen
Körperlänge 180 cm
(nach Klinke/Pape/Silbernagel)
Kopf
Hydrost. IE
Fuß
Arterien
46 mmHg
100 mmHg
178 mmHg
Venen
-41 mmHg
3 mmHg
91 mmHg
Kopf
Hydrost. IE
Fuß
Arterien
95 mmHg
100 mmHg
95 mmHg
Venen
8 mmHg
3 mmHg
8 mmHg
Drücke im Liegen
(nach Klinke/Pape/Silbernagel)
Zeitliches Mittel des arteriellen
Mitteldruckes bei einer Herzfrequenz
von 70/min
Zentraler Venendruck
(Druck im rechten Vorhof)
Kapillärer Druck
Statischer Druck im gesamten
Gefäßraum bei Herzstillstand
Mittlerer Blutdruck im
Hochdrucksystem
Hypertonie
Hypotonie
Geschwindigkeit Druckpulswelle
Mittlere Strömungsgeschwindigkeit in
der Aorta
Anteil der Kapazitätsgefäße des
Niederdrucksystems am Blutvolumen
MDa = PD + 1/3 (PS-PD)
2-4 mmHg
am arteriellen Anfang der Kapillare: ca. 28 mmHg
am venösen Ende der Kapillare: ca. 12 mm Hg
7 mmHg
95 mmHg
Nach WHO systol. Blutdruck > 140 mmHg und/oder
diastol. Blutdruck > 90 mmHg
systol. BD< 100 mmHg ; Jugendliche systol. BD< 90
• 3-5 m/s in der Aorta
• 5 – 10 m/s in den großen Leitarterien
• 1-2 m/s in den Venen des Gefäßsystems
20 cm/s
65% - 85% des Blutvolumens
Stichworte:
Systolischer und diastolischer Blutdruck; Blutdruckamplitude; Blutvolumen; zentraler Venendruck;
Abschnitte des Kreislaufsystems, Hagen-Poiseuille-Gesetz; Ohmsches Gesetz; Stromstärke; laminare
und turbulente Strömung; tangentiale Wandspannung; Viskosität; Volumendehnbarkeit; totaler
peripherer Widerstand; Druckpuls; Pulswellengeschwindigkeit; Strömungsgeschwindigkeit;
Pressorezeptoren; Orthostase; Hydrostatischer Indifferenzpunkt; Möglichkeiten, den Blutdruck zu
messen; Korotkow-Geräusche; Fehlerquellen der Blutdruckmessung; Kreislauffunktionsprüfungen;
Kreislauffunktionsstörungen; Hypertonie; Hypotonie; orthostatische Hypotonie; orthostatischer
Kollaps.
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Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Hausaufgaben:
1. Vom Blutdruck her betrachtet lassen sich im Blutkreislauf ein Hochdrucksystem und ein
Niederdrucksystem unterscheiden. Wie werden diese voneinander abgegrenzt und was sind die
wesentlichen Funktionen ?
2. Welche Gefäßabschnitte lassen sich im Detail im Blutkreislauf unterscheiden?
3. Bitte zeichnen Sie in die zwei Abbildungen ein, wie sich Fließgeschwindigkeit und Stromstärke in
einem Rohr mit unterschiedlichen Durchmessern (unter den Bedingungen des Fließgleichgewichts) verhalten?
4. Über welche Größe wird die Organdurchblutung in welchem Gefäßabschnitt reguliert? Warum ist
dieser Parameter sehr wirksam?
5. Was ist der zentrale Venendruck und wo wird er gemessen?
6. Wie lautet das Hagen-Poiseuille Gesetz? Bitte zeichnen Sie in der Abbildung ein, wieviel Wasser
in beide Behälter fließt, wenn beide Stöpsel (T) entfernt werden und erklären Sie, warum das
passiert!
RR 3
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
7. Was versteht man unter dem Begriff „hydrostatische Indifferenzebene“?
8. Bitte tragen Sie in die grauen Kästchen die Drücke ein, die beim stehenden und liegenden
Menschen zu messen sind:
9. Welche Möglichkeiten gibt es, den arteriellen Blutdruck zu messen?
10. Welche Faktoren können die Blutdruckmessung verfälschen?
11. Wie kann man anhand des gemessenen systolischen und diastolischen Blutdruckwertes den
arteriellen Mitteldruck schätzen?
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Blutdruck und Kreislauffunktionstests
12. Was sind eigentlich Korotkoff-Geräusche? Zeichnen Sie bitte in der Abbildung ein, wann und in
welcher Lautstärke man sie während einer Blutdruckmessung hören kann!
13. Beschreiben Sie die kurzfristige Regulation des arteriellen Blutdrucks! Malen Sie einen
Regelkreis!
14. Bitte tragen Sie in das Bild die Entladungsrate der Pressorezeptoren ein:
15. Wie verändern sich systolischer und diastolischer Blutdruck bei Orthostase?
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Blutdruck und Kreislauffunktionstests
16. Was ist die vermutliche Ursache für das Zusammenbrechen des Soldaten im Zusammenhang mit
dem Praktikumsthema Blutdruck?
17. Wie verhalten sich systolischer und diastolischer arterieller Blutdruck beim Menschen in
Abhängigkeit vom Alter? Zeichnen Sie bitte die zwei Kurven in die Abbildung ein!
18. Zu den wichtigsten krankhaften Veränderungen im Blutkreislauf gehört die arterielle Hypertonie.
Warum ist sie so gefährlich?
19. Was tritt auf, wenn die afferenten Nerven von den Pressorezeptoren durchtrennt werden?
20. Sie befinden sich in einer Prüfung. Welche Auswirkungen hat dies wahrscheinlich auf Herz- und
Kreislauffunktion? Wie ändert sich der arterielle Druck und welche Mechanismen sind hierfür
verantwortlich?
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Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Zusammenfassung
Das Kreislaufsystem ermöglicht einen schnellen Transport des Blutes über weite Strecken. Dabei ist
sowohl eine gezielte Verteilung an Organsysteme als auch eine rasche Anpassung bei erhöhtem
Bedarf möglich (z.B. Muskelarbeit). Die treibende Kraft für den Transport im Kreislaufsystem ist das
vom Herzen erzeugte Druckgefälle zwischen Arterien und Venen. Der Druck in der Aorta hängt von
der Größe des Schlagvolumens und des totalen peripheren Widerstands sowie von der Elastizität des
Gefäßes ab. Eine der wichtigsten klinischen Methoden zur Kreislaufuntersuchung besteht in der
indirekten Messung des Blutdrucks in einer großen Leitarterie (z.B. A. brachialis).
Fallbeispiel
Ein 38jähriger Physiker, der völlig beschwerdefrei ist und über eine weit überdurchschnittliche
körperliche Belastbarkeit verfügt, soll vor seiner Teilnahme an einer DLR-Shuttle-Mission auf seine
Missions-Tauglichkeit untersucht werden. Im Rahmen der Überprüfung der Sehschärfe beim
Ophtalmologen wird auch der Augenhintergrund gespiegelt. Bei regelrechter Papille stellt der
Ophtalmologe Kaliberschwankungen der Gefäße sowie eine leicht vermehrte Schlängelung der
Netzhautarterien fest. Da der Visus des Patienten auf beiden Augen 20/20 beträgt, bestehen aus
ophtalmologischer Sicht keine Bedenken. Warum rät der Ophtalmologe jedoch seinem internistischen
Kollegen in der Mittagspause zur Durchführung einer ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung bei
dem hoffnungsvollen Astronauten?
Verdachtsdiagnose: Arterielle Hypertonie
Die arterielle Hypertonie ist eine der wichtigsten Ursachen der kardiovaskulären Letalität in den
Industrieländern. Besonderheiten bestehen darin, daß die Erkrankung so gut wie keine Symptome
verursacht, die Diagnose jedoch leicht zu stellen ist (indirekte Blutdruckmessung). Daher gehört die
indirekte Blutdruckmessung zur ärztlichen Routineuntersuchung. Die arterielle Hypertonie sollte auf
jeden Fall therapiert werden, um Schäden an ZNS (Apoplex), Herz (Herzinsuffizienz und Koronare
Herzerkrankung), peripherem arteriellen System (periphere arterielle Verschlußkrankheit) und Nieren
(Niereninsuffizienz) zu vermeiden.
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Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Einführung in den Praktikumstag
Die Kreislaufregulation erlaubt eine adäquate Versorgung aller Organe unter Ruhebedingungen wie
auch bei wechselndem Bedarf. Am einfachsten wäre es, die Durchblutung aller Organe so hoch
einzustellen, dass unter keinen Bedingungen eine Mangelversorgung auftreten kann, aber das ist
unökonomisch. Statt dessen werden die meisten Organe entsprechend ihres aktuellen Bedarfs
durchblutet – ausgenommen sind hiervon Organe, in denen die Durchblutung zusätzliche Funktionen
hat, wie Niere (Bildung des Glomerulusfiltrats) und Haut (Thermoregulation). Die Regulation der
Durchblutung geschieht zum einen durch die lokale Freisetzung von funktionsabhängigen und
metabolischen Faktoren. Zum anderen wird die Durchblutung nerval-humoral gesteuert, wobei der
Sympathikus die wesentliche Rolle spielt. Als dritter wesentlicher Mechanismus bewirkt die
Autoregulation eine konstante Durchblutung bei wechselnden Perfusionsdrücken.
Kurzfristige Stabilisierung des Blutdruck
Die kurzfristige Stabilisierung des Blutdrucks erfolgt primär über die Pressorezeptoren. In der Wand
von Aortenbogen und Karotissinus befinden sich spezifische Pressorezeptoren, die auf
Blutdruckerhöhung reagieren und über den N. vagus (vom Aortenbogen) bzw. N. glossopharyngeus
(vom Karotissinus) Aktionspotentiale in die Kreislaufzentren senden, worauf die Zentren über nervale
Einflüsse auf Herz und Blutgefäße die Blutdruckerhöhung wieder zurückstellen. Der
Pressorezeptorenreflex stellt einen geschlossenen Regelkreis dar, über den der mittlere arterielle
Blutdruck konstant gehalten wird. Der besondere Wert des Pressorezeptorenreflexes liegt in der hohen
Empfindlichkeit und in der Schnelligkeit des Ansprechens. Bei schnellem Absinken des Blutdrucks
setzt von einem Pulsschlag zum anderen, also innerhalb 1 s, die Gegenregulation ein. Die
Hauptbedeutung dieses Mechanismus liegt also bei den schnellen Umstellungen, beispielsweise beim
Aufstehen.
Abb. 1: Blockschema der Blutdruckregelung durch die arteriellen Pressorezeptoren hier bei
Blutdruckabfall. Die Zeichen + und – bedeuten Zunahme und Abnahme der Impulsfrequenz sowie der
mechanischen Wirkung. HZV: Herzzeitvolumen; TPR: totaler peripherer Widerstand (nach Schmidt, Lang,
Thews, 29. Auflage)
RR 8
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
So kommt es, wie in Abb. 1 dargestellt, beispielsweise bei Orthostase zu einem akutem
Blutdruckabfall über die Zunahme des Herzzeitvolumens und des peripheren Widerstandes sowie
einer Volumenabnahme der Kapazitätsgefäße zur Rückführung des Blutdrucks auf den Ausgangswert.
Bei einem Anstieg des arteriellen Blutdrucks laufen entsprechend die entgegengesetzten Mechanismen
ab und die + und - Zeichen ändern sich ebenfalls!
Die Pressorezeptoren sind Mechanorezeptoren, die durch die Dehnung der Gefäßwand erregt werden.
Sie sind immer (!) aktiv, reagieren aber am empfindlichsten im Bereich der normalen Dehnung, also
bei normalen Blutdruck. Die Dehnung der arteriellen Gefäße ändert sich dauernd: Mit jeder
Herzaktion steigt und sinkt der arterielle Blutdruck und damit die Dehnung der Gefäßwand im Bereich
der Pressorezeptoren. Der systolische Druckanstieg (siehe Abb. 2) ruft sofort eine hohe Entladungsrate
der Pressorezeptoren hervor. Als Folge davon wird die Sympathikusaktivität gehemmt. Wenn dagegen
beim Blutdruckabfall die Entladungsrate der Pressorezeptoren bedeutend geringer wird, wird jetzt die
Sympathikusaktivität angekurbelt. Sie melden also sowohl eine Zunahme (durch Steigerung der
Entladungsfrequenz) als auch eine Abnahme des Blutdruckes (durch Abnahme der
Entladungsfrequenz).
Abb. 2: Aktivität des Kreislaufreflexsystems mit Zusammenhang zwischen arteriellem Blutdruck, hierdurch
ausgelöster Entladung der Pressorezeptoren und Reaktion auf der efferenten Seite. Der systolische Druckanstieg
ruft sofort eine hohe Entladungsrate der Pressorezeptoren hervor, während deren Entladungsrate beim
Druckabfall bedeutend geringer wird. (Aus Deetjen, Speckmann, Hescheler, 4. Auflage)
Die Pressorezeptoren informieren das ZNS nicht nur über Blutdruckänderungen, sondern auch über
die jeweilige Höhe des Mitteldrucks. Hierbei wird die mittlere Entladungsrate in Abhängigkeit vom
jeweiligen Mitteldruck variiert: Bei höherem Mitteldruck ist die Entladungsrate im Mittel höher als in
Abb. 2 gezeigt und bei niedrigerem Mitteldruck entsprechend niedriger. Diese Rezeptoren können also
Veränderungen des Mitteldruckes signalisieren. Darüber hinaus sieht man, dass die Entladung vor
allem während des Druckanstieges stattfindet. Die Rezeptoren reagieren nicht nur auf den absoluten
Druckwert (P-Komponente), sondern auch auf die Geschwindigkeit des Druckanstieges (DKomponente). Es handelt sich somit um PD-Rezeptoren (Proportional-Differential-Rezeptoren).
Orthostase-Reaktion
Der sogenannte Pressorezeptoren-Reflex wird u.a. bei der Orthostase-Reaktion, also beim Übergang
vom Liegen zum Stehen, wirksam. Bei diesem Übergang wird der Abtransport des Blutes aus den
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Blutdruck und Kreislauffunktionstests
unteren Extremitäten verzögert; dementsprechend nimmt das Blutvolumen im venösen
Kapazitätssystem der unteren Extremitäten zu. Aufgrund des verminderten venösen Rückstroms zum
Herzen kommt es zu einer geringeren diastolischen Füllung des Ventrikels, einem verminderten
Schlagvolumen und geringerer Druckentwicklung.
Wegen des geringeren arteriellen Druckanstiegs in der Auswurfphase (vermindertes Schlagvolumen)
sinkt die Entladungsrate der Pressorezeptoren (Differential-Verhalten). Da bei noch gleicher
Herzfrequenz auch das HZV sinkt, hat dies bei noch gleichem peripheren Widerstand einen Abfall des
Blutdrucks im arteriellen System zur Folge. Dies senkt die Entladungsrate der Pressorezeptoren
ebenfalls (Proportional-Verhalten). Durch die verringerte Entladungsrate wird eine
Sympathikusaktivierung bei gleichzeitiger Hemmung der Vagusaktivität ausgelöst, so dass zunächst
die Herzfrequenz um ca. 20% und der Gefäßwiderstand durch Vasokonstriktion zunimmt.
Dieser sogenannte orthostatische Reflex ist individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Bei manchen
Menschen, die häufig auch hypotone Blutdruckwerte aufweisen, reichen diese Mechanismen nicht zur
Aufrechterhaltung einer ausreichenden Kreislauffunktion bei der Orthostase-Reaktion aus. Klinisch
bedeutsam ist die orthostatische Hypotonie, die Unfähigkeit des Kreislaufs, Blutdruck und
Herzminutenvolumen nach Lageänderung vom Liegen zum Stehen im Regelbereich zu halten. Diese
Patienten sind nicht in der Lage, den Blutdruck an die veränderten Bedingungen anzupassen
(Orthostasesysndrom). Bei diesen Patienten kann nach raschem Lagewechsel der Blutdruck deutlich
absinken und als Folge einer zerebralen Minderdurchblutung können subjektive Beschwerden wie
Schwindel oder sogar Bewusstseinsverlust (orthostatischer Kollaps) auftreten.
Kreislauffunktionsprüfungen
Störungen der Kreislaufregulation, wie beispielsweise die orthostatische Hypotonie, können durch den
Schellong-Test oder den Kipptisch-Test festgestellt werden. In diesen Tests wird die
Kreislaufregulation durch eine ausreichend große Störgröße (z.B. Orthostase bedingte Verlagerung des
Blutvolumens) belastet. Gleichzeitig werden die Reaktionen wichtiger Kreislaufgrößen (systolischer-/
diastolischer Blutdruck und Herzfrequenz) gemessen.
Schellong-Test:
Er dient der Kreislauffunktionsprüfung durch Messen von Puls und Blutdruck im Liegen und Stehen.
Neben der manuell gemessenen Pulsfrequenz wird der systolische und diastolische Blutdruck
• während der initialen Liegephase (3-5 min)
• in der anschließenden Stehphase (8-10 min)
• in der erneuten Liegephase
im Minutenabstand gemessen und graphisch gegen die Zeit aufgetragen. Einzige Ausnahme ist die
erste Messung unmittelbar nach Lagewechsel.
Kipptisch-Test:
Bei diesem Test wird der Patient auf einer Liegefläche fixiert. Die Puls- und Blutdruckwerte werden
zunächst in horizontaler Lage bei Körperruhe und dann nach fast senkrechter Aufrichtung des
Kipptisches (60 -80° Kippwinkel) erfasst. Die Schrägstellung des Patienten führt wegen nur gering
aktivierter Beinmuskulatur (Die Wadenmuskelpumpe, die beim normalen Aufstehen den venösen
Rückstrom unterstützt, fällt hier weg!) im Vergleich zum Schellongtest zu einem deutlich größeren
orthostatischen Streß.
RR 10
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Abb. 3: Orthostatische Regulation beim Kipptisch-Test (verändert nach Thiemes Innere Medizin, 1999; S. 91)
In der Abb. 3 ist der Blutdruck (systolischer und diastolischer Wert) sowie die Herzfrequenz in der
Liegephase dargestellt. Die gestrichelte Linie in der Abbildung markiert das Aufrichten des
Kipptisches (Lagewechsel) und zeigt die Regulation eines gesunden Probanden nach dem Aufstehen:
Die Herzfrequenz steigt an, der systolische Blutdruck sinkt ab, während der diastolische
Blutdruck leicht ansteigt. Anschließend normalisieren sich die Werte.
Unmittelbar nach Lagewechsel kommt es selbst beim Gesunden zu einer Abnahme des arteriellen
Mitteldrucks um ca. 10-12%. In der Abb. 3 ist dieser Abfall nicht erkennbar, da die Messungen in
größeren Zeitabständen erfolgten. Über die vegetativen Gegenregulationsmechanismen stellt sich beim
Gesunden unter Kipptischbedingungen ca. 10 sec nach Lagewechsel der diastolische Blutdruck auf
einen erhöhten (+10%) und der systolische auf einen leicht erniedrigten Wert (-5%) bei einem in etwa
wiederhergestellten Mitteldruck ein. Die Pulsfrequenz steigt um ca. 20-25%.
Bei normaler Kreislauffunktion steigt nach 10-minütiger Orthostase-Reaktion der diastolische Druck
um nicht mehr als 5 mm Hg an, der systolische Druck zeigt Abweichungen von weniger als ± 5%.
Nicht-Hypotoniker zeigen im Kipptisch-Test eine deutlich schnellere Normalisierung der
Blutdruckwerte.
Kreislauffunktion bei körperlicher Arbeit:
Die Kreislaufanpassung bei körperlicher Arbeit stellt eine der wichtigsten integrativen Aufgaben der
lokalen und zentralen Kreislaufregulation dar. Sie kann unter standardisierten Bedingungen mit Hilfe
eines Fahrrad-Ergometers untersucht werden.
RR 11
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Körperliche Arbeit führt zu einer Zunahme von systolischem Blutdruck (um 60 mmHg oder mehr,
Ursache: erhöhtes Schlagvolumen !) und Herzfrequenz,
während der diastolische Blutdruck nur geringfügig zunimmt
oder sogar meist leicht abnimmt, so dass sich die BlutdruckAmplitude vergrößert. Der arterielle Mitteldruck steigt bei
körperlicher Arbeit an, da das Herzvolumen relativ stärker
zunimmt als der periphere Widerstand abnimmt.
Die Umstellung des Kreislaufs bei Arbeit hat zum Ziel, das
Herzzeitvolumen zu vergrößern und durch eine Umverteilung
des Blutflusses in die tätige Muskulatur deren Sauerstoffversorgung zu erhöhen. Wie aus Abb. 4 ersichtlich, steigt die
Herzfrequenz in einem weiten Bereich proportional zur
Sauerstoffaufnahme an. Bei besser trainierten Personen zeigt
sich ein langsamerer Anstieg !
O2-Aufnahme (l/min)
Abb. 4: Herzfrequenz in Abhängigkeit von der Sauerstoffaufnahme bei Arbeit. (aus Klinke/Silbernagel, 4.
Auflage)
Umgekehrt verhält es sich bei den Trainierten, die in Ruhe die niedrigsten Herzfrequenzen zeigen und
deren Kurve die geringste Anstiegssteilheit aufweist. Die Frequenz nimmt beim wenig Trainierten von
80 auf 180 zu (1:2,2), beim Trainierten von 60 auf 180 bis 190 (1:3). Hochtrainierte Ausdauersportler
zeigen in Ruhe eine Herzfrequenz von vielleicht 40 Schlägen pro Minute und können diese kurzfristig
auf Werte über 200 Schläge pro Minute steigern (1:5). Die relative Steigerung des Herzzeitvolumens
ist (fast) immer größer als der relative Anstieg der Herzfrequenz, da neben der Herzfrequenz auch das
Schlagvolumen zunimmt.
Bei zunehmender Arbeitsbelastung kommt es zu einem kontinuierlichen Anstieg des systolischen
Blutdrucks (siehe Abb.5), während der diastolische Blutdruck weitgehend unverändert ist. Der
arterielle Mitteldruck steigt mäßig an. Wenn trotz des starken Anstiegs des Herzzeitvolumens der
diastolische Druck kaum erhöht ist, kann
dies
nur
auf
eine
drastische
Verminderung des totalen peripheren
Widerstands zurückzuführen sein. Die
starke Vasodilatation in der arbeitenden
Muskulatur ist die Ursache dafür.
Bei Armarbeit sind die Druckanstiege
höher als bei Beinarbeit, da bei ersterer
nur eine relativ kleine Muskelmassse
aktiviert wird und infolgedessen die
Dilatation der beteiligten Widerstandsgefäße den peripheren Widerstand
weniger senkt als bei der Beinarbeit.
Abb. 5: Arterieller Blutdruck während Körperarbeit (aus Klinke/Silbernagel, 4. Auflage)
RR 12
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Pulswellen
Der rhythmische Blutauswurf des Herzens erzeugt in der Aorta und der A. pulmonalis Pulswellen, die
sich bis zu den Kapillaren fortpflanzen. An jedem Ort, den die Welle durchläuft, lassen sich die drei
zusammengehörigen Grundphänomene der Pulswelle beobachten: Druckpuls, Strompuls und
Querschnittspuls (= Volumenpuls) stellen die örtlich registrierbare Änderung des Wellendrucks, der
Wellenströmung und des Gefäßquerschnittes dar.
Die Form des Druckpulses in der Aorta, der sich als Druckwelle auch in die peripheren Gefäße
fortpflanzt, ändert sich zum einen wegen der nach distal abnehmenden Dehnbarkeit der Gefäßwände
und zum anderen, weil er von reflektierten Druckwellen, die aus der Kreislaufperipherie
zurückkehren, überlagert wird. In den großen muskulären Arterien (z.B. A. femoralis) nimmt die
Druckpulsamplitude zunächst zu, wird dann aber in noch weiter peripheren Arterien zunehmend
gedämpft. In den Kapillaren finden sich nur relativ geringe pulsatorische Druckschwankungen, die bei
maximaler Vasodilatation deutlicher werden. Die vom linken Ventrikel erzeugte Druckwelle läuft mit
einer Geschwindigkeit von etwa 3-5 m/s in der Aorta und von etwa 5 – 10 m/s in den großen
Leitarterien, aber nur von etwa 1-2 m/s in den Venen des Gefäßsystems. Diese Geschwindigkeiten der
Druckpulswelle sind deutlich höher als die in den gleichen Gefäßen herrschenden
Strömungsgeschwindigkeiten (Abb. 6).
Abb. 6: Schematische Darstellung der Ausbreitung einer Pulswelle im Arteriensystem. Das vom Ventrikel
ausgeworfene Blut hat sich am Ende der Systole (nach 0,25 s) maximal 20 cm von der Aortenklappe fortbewegt,
während die Pulswelle zu diesem Zeitpunkt bereits das gesamte Arteriensystem durchlaufen hat und reflektierte
Wellen zum Herzen zurückkehren. (aus Schmidt, Lang, Thews, 29. Auflage)
Aus der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Pulswelle lassen sich unter Berücksichtigung der Orts-, der
Druck- auf das altersabhängige elastische Verhalten von Arterien ziehen. Die Bestimmung erfolgt
dabei in der Regel mit Hilfe zweier simultan registrierter Querschnittspulse bei bekannten Abstand der
Registrierstellen. Mit zunehmender Entfernung vom Herzen steigt die Pulswellengeschwindigkeit an.
RR 13
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Ein Anstieg der Pulswellengeschwindigkeit tritt auch mit zunehmendem Lebensalter auf,
hauptsächlich im Bereich der elastischen Arterien (Abb. 7). Dieser Anstieg beruht auf dem
Altersumbau der Arterienwand, vor allem auf der Abnahme des elastischen und der Zunahme des
kollagenen Gewebes.
Abb. 7: Statistische Mittelwerte der Pulswellengeschwindigkeit in der menschlichen Aorta in Abhängigkeit
vom Alter bei einem mittleren Blutdruck von 100 mmHg. (aus Schmidt, Lang, Thews, 29. Auflage)
RR 14
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Methoden
Die indirekte Blutdruckmessung nach RIVA-ROCCI stellt ein elementares Verfahren ärztlicher
Basisdiagnostik dar. Der Blutdruck zeigt eine erhebliche Variabilität in Abhängigkeit von Tageszeit,
Stress, körperlicher und psychischer Belastung. Der Blutdruck zeigt normalerweise eine zirkadiane
Rhythmik mit den höchsten Werten am Vormittag, einem zweiten Gipfel am Nachmittag und einem
Abfall der systolischen und diastolischen Mittelwerte um 15% während der Schlafphase. Eine
Vielzahl von Messungen kann zuverlässig mit der ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung
(ABDM) durchgeführt werden.
Palpatorische Messung des systolischen Blutdrucks nach RIVA-ROCCI
Zur indirekten, unblutigen Messung des Blutdrucks wird eine Blutdruckmanschette etwa 3 cm
oberhalb der Ellenbeuge um den Oberarm fest angelegt. Die aufblasbare Gummimanschette besteht
außen aus einem festen, unelastischen Material von 12 cm Breite und unterschiedlicher Länge und ist
mit einem Gummiballon zum Aufblasen und einem Membranmanometer verbunden.
Die Blutdruckmanschette wird auf einen Wert aufgeblasen, der über dem erwarteten systolischen
Blutdruck liegt. Hierdurch wird die Arterie brachialis komprimiert, sodass kein Blut hindurchströmt.
Gleichzeitig wird der periphere Radialispuls mit drei Fingern (Zeige-, Mittel- und Ringfinger) einer
Hand kontrolliert. (Warum sollte zum Tasten des Radialispuls auf keinen Fall den Daumen verwendet
werden?) Verschwindet der Puls, dann überschreitet der Manschettendruck den systolischen
Blutdruck. Lässt man nun den Manschettendruck langsam abfallen, dann wird ein Druck erreicht, an
dem der Puls wieder tastbar ist. Dieser Manschettendruck entspricht in diesem Augenblick dem
systolischen Blutdruck, dem maximalen arteriellen Druck während der Systole.
Auskultatorische Messung des systolischen und diastolischen Blutdrucks nach
KOROTKOW
Nach Anlegen der Manschette ist darauf zu achten, dass der Arm vollkommen gestreckt ist. Dies ist
wichtig, weil die Arteria brachialis medial liegt und so näher zur Oberfläche der Ellenbeuge verlagert
wird. Mit dem Stethoskop, das über die Arteria brachialis gelegt wird, werden die sogenannten
Korotkowschen Geräusche auskultiert. Die Manschette wird dazu so stark aufgeblasen, dass der Druck
über dem zu erwartenden Blutdruck liegt. Hierdurch wird die Arterie brachialis komprimiert, sodass
kein Blut hindurchströmt. Jetzt wird der Druck in der Blutdruckmanschette langsam (2-3 mmHg)
gesenkt. Sobald der Manschettendruck den systolischen Blutdruck unterschreitet, strömt distal der
Manschette bei jedem Gipfel des systolischen Druckanstiegs kurzfristig Blut in die A. brachialis. Die
Korotkow-Geräusche entstehen durch turbulente Strömung, die sich als Folge der erhöhten
Strömungsgeschwindigkeit im Bereich der Einengung der A. brachialis im Manschettenbereich
entwickelt und können in der Ellenbeuge auskultiert werden.
Der Druck, bei dem das Geräusch zum ersten Mal zu hören ist, entspricht dem systolischen Blutdruck.
Bei weiterem allmählichen Nachlassen des Manschettendrucks wird das Geräusch plötzlich leiser und
verschwindet dann ganz, zu diesem Zeitpunkt kann das Blut wieder ungehindert durch die A.
brachialis fließen. Das deutliche Leiserwerden wird als Messpunkt für den diastolischen Blutdruck
benutzt, der etwa dem Minimum des arteriellen Druckes am Ende der Diastole entspricht.
RR 15
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Erläuterungen zur Blutdruckmessung
Die normalen Blutdruckwerte des Menschen liegen systolisch zwischen 100 und 130 mm Hg,
diastolisch zwischen 60 und 85 mm Hg. Alle Werte müssen in Ruhe gewonnen werden, da sich unter
Belastung oder Anspannung der Blutdruck stark ändern kann. Werte, die im Rahmen des Praktikums
gemessen werden, sind aus diesen Gründen häufig zu hoch, ohne krankhaft zu sein.
Ein nächtlicher Abfall um ca. 20 mmHg des diastolischen und systolischen Blutdrucks findet sich bei
normalem Blutdruckverhalten und fehlt häufig bei Patienten mit schwerer Hypertonie. Falsch erhöhte
Werte des Blutdrucks finden sich in 20-30% der Fälle z.B. bei psychischer Anspannung des Patienten
vor dem Arztbesuch (sog. „white coat“-Effekt).
Häufige Fehler bei der RR-Messung sind eine falsche Positionierung von Manschette oder Mikrophon,
ein zu rascher Druckablass aus der Manschette (empfohlen: 2-3 mmHg/sec), Nachpumpen oder zu
rasche Wiederholungen (mind. 1 Minute warten). Vor der Messung sollte eine 3-5 minütige
Ruhephase eingehalten werden. Um einen exakten Meßwert zu erhalten, ist auch ein angemessenes
Verhältnis zwischen Manschettenbreite und Extremitätenumfang wichtig: bei fettleibigen Patienten
und Messungen am Bein sind breitere, bei Kindern schmalere Manschetten erforderlich.
Langzeit-Blutdruckmessung
Bei wiederholt gemessenen erhöhten systolischen Werten von ≥ 140 und/oder diastolischen Werten
von ≥ 90 mmHg oder bei Vorliegen eindeutiger hypertensiver Endorganschäden sollte eine ambulante
24-Stunden-Blutdruckmessung zur Beurteilung des Schweregrades der arteriellen Hypertonie, des
Tag-Nacht-Rhythmus und der Blutdruckspitzen durchgeführt werden. Durch die LangzeitBlutdruckmessung fallen Störfaktoren wie der „white coat“-Effekt weg. Unter antihypertenisver
Therapie können die Wirkdauer eines Medikamentes ermittelt und Phasen ungenügender
Blutdrucksenkung dokumentiert werden.
RR 16
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Praktische Aufgaben
1. Messung von Blutdruck und Herzfrequenz in Ruhe
Von allen Kursteilnehmern wird palpatorisch und auskultatorisch an beiden Armen der Blutdruck
gemessen und die Herzfrequenz durch Palpation an der A. radialis im Sitzen bestimmt.
Jeder trägt seine ermittelten Werte in die unten vorbereitete Tabelle ein. Vergleichen Sie die
palpatorisch und auskultatorisch bestimmten systolischen Blutdruckwerte. Warum soll der Blutdruck
an beiden Armen gemessen werden? Gibt es Unterschiede?
Jeder Kursteilnehmer soll parallel dazu seine Blutdruck- und Herzfrequenzwerte am DozentenNotebook in eine Excel-Tabelle eintragen, damit die Mittelwerte und Standardabweichungen aller
Kursteilnehmer bestimmt werden können. Bitte tragen Sie diese Daten in die unten stehende Tab. 1
ein.
Tab. 1: Blutdruck- und Herzfrequenzwerte
Palpatorisch
Systolisch
Linker Arm
(mmHg)
Rechter Arm
(mmHg)
Auskultatorisch
Systolisch
Diastolisch
Linker Arm
(mmHg)
Rechter Arm
(mmHg)
Linker Arm
(mmHg)
Rechter Arm
(mmHg)
Herzfrequenz
(min-1)
Kursteilnehmer
Mittelwert aller
Kursteilnehmer
StandardAbweichung
2. Kreislauffunktionsprüfungen
Führen Sie an einem Kursteilnehmer die folgenden zwei Kreislauffunktionsprüfungen durch und
tragen Sie die Werte in die nachfolgenden Tabellen und Diagramme ein:
2a. Orthostatische Belastung
Der Blutdruck einer auf einem Kipptisch liegenden Versuchsperson wird für 5 min in Abständen von
je einer Minute gemessen. Gleichzeitig wird kontinuierlich die Herzfrequenz ermittelt.
Aus der horizontalen Ruhelage wird die Versuchsperson schnell in die senkrechte Position gebracht.
Blutdruckmessungen werden für 1 Minute alle 15 s durchgeführt und für weitere 4 min im
Minutenabstand. Auch hier wird die Pulsfrequenz kontinuierlich aufgezeichnet.
Dann wird die Versuchsperson wieder in die Ruheposition gebracht und soll für weitere 5 min liegen,
bis wieder Ruhewerte erreicht werden.
RR 17
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Die gemessenen Werte tragen Sie bitte in die vorgegebene Tabelle ein und zeichnen Sie die
Änderungen des diastolischen und systolischen Blutdrucks sowie der Herzfrequenz als Kurven in die
Abb. 7 ein.
Tab. 2: Aktive Orthostase
Liegen
Zeit
[min]
Stehen
Blutdruck (mmHg)
Blutdruck (mmHg) Puls -1
Syst.
Diast.
(min )
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
xxxxxx
syst.
diast.
Puls
(min-1)
Liegen
Blutdruck (mmHg)
syst.
diast.
Puls
(min-1)
0:00
0:15
0:30
0:45
1:00
2:00
3:00
4:00
5:00
Abb. 8: Aktive Orthostase
Stehen
Liegen
160
110
140
100
120
90
100
80
80
70
60
60
40
50
0
5
10
Herzfrequenz (min-1)
Blutdruck (mmHg)
Liegen
15
Zeit (min)
2b. Belastung durch Muskelarbeit
Die Versuchsperson sitzt 5 Minuten ruhig auf einem Fahrradergometer, wobei der Blutdruck in
Abständen von je 1 Minute und die Pulsfrequenz wiederum kontinuierlich gemessen werden.
RR 18
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Danach arbeitet die Versuchsperson mit einer Tritt-Frequenz von 60 min-1 gegen eine definierte
Belastung von 120 W. Messungen werden nun für 1 Minute alle 15 s durchgeführt und für weitere 4
min im Minutenabstand.
Schließlich bleibt die Versuchsperson weitere 5 Minuten auf dem Fahrrad sitzen, bis die Ruhewerte
wieder erreicht sind. Die gemessenen Werte tragen Sie bitte in die vorgegebene Tabelle ein und
zeichnen Sie die Änderungen des diastolischen und systolischen Blutdrucks sowie der Herzfrequenz
als Kurven in die Abb. 8 ein.
Tab. 3: Fahrradergometrie
Zeit
[min]
0:00
0:15
0:30
0:45
1:00
2:00
3:00
4:00
5:00
Ruhe
Blutdruck (mmHg)
Syst.
Diast.
Puls
(min-1)
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Xxxxxx
Treten
Blutdruck (mmHg)
syst.
diast.
Puls
(min-1)
Erholung
Blutdruck (mmHg)
syst.
diast.
Puls
(min-1)
Abb. 9: Belastung durch Muskelarbeit
Treten
Erholung
180
180
160
160
140
140
120
120
100
100
80
80
60
60
0
5
10
Herzfrequenz (min-1)
Blutdruck (mmHg)
Ruhe
15
Zeit (min)
RR 19
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
3. Pulswellengeschwindigkeit in den Armarterien
Arbeitsmittel: 2 Piezzopulsaufnehmer, Notebook mit Programm zur Bestimmung der PWG
Die Pulswellengeschwindigkeit ergibt sich aus der Pulswellenlaufzeit und der dazu gehörigen
Wegstrecke. Die Pulswellenlaufzeit wird am besten aus den simultanen Registrierungen zweier
Piezopulsaufnehmer ermittelt, die am Hals (A. carotis) und am Unterarm (A. radialis) auf die
entsprechenden Arterien gedrückt werden. Sollten Schwierigkeiten beim Aufnehmen der Signale am
Unterarm auftreten, kann der Pulsaufnehmer notfalls auch am Daumen befestigt werden.
Piezopulsaufnehmer reagieren auf Druckänderungen und wandeln diese in eine Spannung um, die am
Meßgerät abgelesen werden kann.
Vorgehen:
•
•
•
•
Start des Programms durch Klicken auf das Icon: PWG
Die Versuchsperson sollte den Pulsaufnehmer selbst auf die A. carotis halten, da man selbst am
Besten weiß, wie fest man drücken kann. Die Messung am Unterarm der Versuchsperson sollte
dagegen von einem weiteren Studierenden durchgeführt werden, der den zweiten Pulsaufnehmer
auf die A. radialis drückt.
Der Zeitpunkt des Maximums des Carotis-Puls kann direkt vom Bildschirm abgelesen werden dazu die Maus auf das jeweilige Kurvenmaximum schieben und die entsprechenden Werte
ablesen. Anschließend wird entsprechend der Zeitpunkt des Maximums des Radialis-Puls
bestimmt.
Aus der zeitlichen Differenz zwischen beiden Pulswellen (∆ t) und der in dieser Zeit von der
Pulswelle zurückgelegten Strecke, die sich nach Ausmessen der Strecken (Maßband liegt am
Platz) aus E2 – E1 ergibt, soll die Pulswellengeschwindigkeit in [Meter/Sekunde] ermittelt
werden.
RR 20
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
•
Strecke E1: Abstand Abgang der A.. carotis aus dem Aortenbogen bis zur Carotidengabel (die
sich knapp unterhalb des Unterkiefers befinden dürfte - siehe Bild)
Strecke E2: Abstand zwischen Abgang der A. carotis aus dem Aortenbogen und der tastbaren A.
radialis
Bitte tragen Sie ihre gemessenen Werte auch am Dozenten-Notebook in die Excel-Tabelle ein,
damit für alle Kursteilnehmer die Mittelwerte und die Standardabweichungen ermittelt werden
können.
Pulswellenmaximum
A. carotis [s]
PulswellenMaximum
A. radialis [s]
Wegstrecke:
∆t =
E2 – E1
Pulswellenlaufzeit =
[m]
Differenz der Maxima
[s]
Pulswellengeschwindigkeit
[m/s]
RR 21
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
Klinisches Kernwissen: Chronische arterielle HYPERTONIE
Definition
Als optimaler Blutdruck gilt nach WHO:
systolischen Blutdruck < 120 mmHg und diastolischen Blutdruck < 80 mmHg
normal sind < 130 bzw. < 85 mmHg und hoch-normal < 140 bzw 90 mmHg.
Ab einem systolischen Druck von 140 mmHg und/oder einem diastolischen Druck von 90 mmHg
spricht man von einer arteriellen Hypertonie; bei systolischen Drücken von 160 – 179 und
diastolischen Drücken von 100 – 109 mmHg liegt eine mittelschwere Hypertonie vor.
Vorkommen
In den westlichen Industrienationen sind 15-20% der Bevölkerung von arterieller Hypertonie betroffen.
Am häufigsten tritt die Hypertonie in Nordjapan auf, Inuit erkranken praktisch nie an ihr.
Essentielle Hypertonie (= primäre Hypertonie)
Die essentielle Hypertonie zeichnet sich dadurch aus, dass eine konkrete Ursache nicht ermittelt
werden kann. Sie ist mit einem Anteil von über 90% die weitaus häufigste Form der Hypertonie. Sie
manifestiert sich in der Regel erst jenseits des 30. Lebensjahres. Die essentielle Hypertonie ist eine
multifaktorielle Störung der Blutdruckregulation, wobei genetische Disposition, Ernährung, Konstitution
und endokrine Faktoren (bei Frauen häufiger Beginn der Hypertonie im Klimakterium) zusammen
spielen. Sie findet sich häufig als Teil des metabolischen Syndroms (=“Wohlstands“-Syndrom):
stammbetonte Adipositas, pathologische Glukosetoleranz bzw. Typ II-Diabetes, Hyperlipoproteinämie
(Triglyzeride erhöht, LDL-Cholesterin erhöht, HDL-Cholesterin erniedrigt), Hyperurikämie und
essentielle Hypertonie. Das Herzzeitvolumen ist im Frühstadium der essentiellen Hypertonie erhöht,
im weiteren Verlauf findet sich eine Erhöhung des peripheren Widerstandes. Zur Diagnosestellung
müssen sämtliche sekundäre Hypertonieformen ausgeschlossen werden.
Sekundäre Hypertonien
Bei den sekundären Hypertonien ist jeweils eine bestimmte Ursache bekannt. Mit 8% Anteil aller
Hypertoniefälle stellen die vielfältigen renalen Hypertonien (parenchymatöse Nierenerkrankungen,
Nierenarterienstenosen, Nierentumoren) die bedeutendste Form der sekundären Hypertonie dar.
Seltener, mit jeweils etwa 1% Anteil, liegt eine Aortenisthmusstenose zu Grunde oder handelt es sich
um eine endokrine Hypertonie (z.B. Phäochromozytom, Cushing- o. Conn-Syndrom). Fehlender
Blutdruckabfall während des Nachtschlafes muß an sekundäre Hypertonie, Hochdruckkomplikationen
oder Schlafapnoe denken lassen.
Wichtige Hypertonieformen, die nicht zur chronischen arteriellen Hypertonie zählen sind:
- Schwangerschaft induzierte Hypertonie (mit der Gefahr der Präeklampsie und Eklampsie);
- Medikamenten-induzierte Hypertonie (v.a. Ovulationshemmer, Kortikosteroide und nichtsteroidale
Antirheumatika);
- Hypertonien im Rahmen von Drogenabusus (v.a. Amphetamine und Kokain)
Komplikationen: Spätschäden durch chronische arterielle Hypertonie
Bei unbehandeltem Krankheitsverlauf versterben etwa die Hälfte der Patienten an den Folgen einer
koronaren Herzkrankheit, etwa ein Drittel an der Folge zerebrovaskulärer Komplikationen (Apoplex)
und etwa 10-15% durch die Entwicklung einer Niereninsuffizienz (aufgrund Nephrosklerose). Kardial
kommt es bei chronisch arterieller Hypertonie zur Entwicklung einer linksventrikulären Hypertrophie,
welche bei Dekompensation des Herzens in eine Herzinsuffizienz mündet.
RR 22
Blutdruck und Kreislauffunktionstests
DIAGNOSTIK
Anamnese:
-
-
Dauer und Maxima der Blutdruckwerte bei vorbekannter Hypertonie
Beschwerdebild: Kopfschmerzen, Ohrensausen, Schwindel (eher unspezifisch)
Beschwerden aufgrund von Komplikationen: (Belastungs-)Dyspnoe (Herzinsuffizienz), Angina
pectoris (KHK), Transitorische Ischämische Attacken = TIA (zerebrale Durchblutungsstörung),
Sehstörung (TIA oder Augenhintergrund), Claudicatio intermittens (Schaufenster-Krankheit bei
pAVK = peripherer arterieller Verschlußkrankheit)
Medikamentenanamnese (s.o.)
Nikotin-, Kaffee-, Alkohol- und Drogenkonsum
Frühere bzw. bestehende Erkrankungen (z.B. Nierenerkrankungen)
Familienanamnese
Untersuchung, Labor, apparative Diagnostik:
-
Blutdruckmessung an beiden !!! Armen, Pulsstatus (Aortenisthmusstenose?) einschließlich
peripherer Pulse (pAVK), abdominelle Auskultation (paraumbilikales Strömungsgeräusch =>
Nierenarterienstenose?), Spiegelung des Augenhintergrundes (Fundus hypertonicus? Stadium IIV zur Abschätzung der Prognose: Stadium I+II bei benigner und Stadium III+IV bei maligner
Hypertonie).
-
Blut: Hämoglobin, Kreatinin und Elektrolyte (v.a. Kalium); Urin: Eiweiß, Glukose und
Urinsediment; 24h-Sammelurin: Kreatininclearance, Katecholamine. Evtl. Renin und Aldosteron
im Serum.
-
Blutdruckselbstmessung mit Patientenprotokoll, 24-Stunden-Blutdruckmessung, RR-Messung
unter ergometrischer Belastung, EKG, Echokardiographie (Linksherzhypertrophie?), abdominelle
(Doppler-) Sonographie (Niere, Nebenniere, Nierenarterien).
THERAPIE
Allgemeinmaßnahmen: Nikotinabstinenz, körperliche Bewegung, Gewichtsreduktion auf das
individuelle Normalgewicht, Kochsalzrestriktion auf 5g/d, Alkoholrestriktion auf 20-30g/d.
Die medikamentöse Therapie erfolgt als Stufentherapie (s. Lehrbücher der Inneren Medizin) unter
Einsatz folgender Wirkstoffgruppen: ACE-Hemmer, Angiotensin-II Rezeptorenblocker, ßRezeptorenblocker, Diuretika und Kalzium-Antagonisten.
RR 23
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