Theoretische Physik fürs Lehramt: L2 Beatrix C. Hiesmayr Faculty of Physics, University Vienna [email protected] WS 2015 Kapitel 7 Elementare Wellenmechanik Die Wellenmechanik ist eine quantenmechanische Beschreibung i. A. von spinlosen und nichtrelativistischen Teilchen und wurde parallel zur Matrizenmechanik entwickelt. Hierin erkennt man, wie aus der klassischen Mechanik die Quantenmechanik “erraten” wurde und warum die Quantenmechanik eine statistische Theorie ist. Dieser Teil der QM wird auch kontinuierliche Quantenmechanik genannt, im Gegensatz zur diskreten Quantenmechanik, die wir bis jetzt behandelt haben, können unsere Observable unendlich viele Messwerte haben (zum Beispiel wenn man nach dem Ort eines Teilchens fragt). 7.1 De Broglie Wellen Louis de Broglie (“ de broj” auszusprechen; ein Franzose aus einer italienischen Adelsfamilie stammend) entwickelt um 1923 die Idee, die Begriffsverbindung von Welle und Teilchen, wie sie Einstein für die “Lichtquantenhypothese” verwendet hat, auf Teilchen der Materie auszudehnen. Die folgenden Beziehungen sollen nicht nur für Photonen, sondern auch für (nichtrelativistische) Teilchen der Materie gelten: E = ~ω p⃗ = ~ ⃗k . (7.1) (7.2) Durch den bekannten Zusammenhang zwischen Impuls und Energie aus der klassischen Mechanik folgt E = ~2 ⃗k 2 p⃗ 2 = = ~ω 2m 2m (7.3) ~ ⃗k 2 . 2m (7.4) und damit ω = Damit hat ein freies Teilchen mit Energie E und (scharfen) Impuls p⃗ auch die Eigenschaft einer (ebenen) Welle ⃗ ei(k⃗x−ωt) . 85 (7.5) Kapitel 7. Elementare Wellenmechanik Falls man mit einer Welle eine elektromagnetische Welle (Photonen) beschreiben möchte, dann gelten andere Zusammenhänge zwischen Energie und Impuls, die wir aus der relativistischen Mechanik kennen E = cp (7.6) ω = ck. (7.7) und damit 7.2 Die Wahrscheinlichkeitsinterpretation Ein (reiner) Zustand des Teilchens — Analog zur Angabe von Position und Geschwindigkeit in der klassischen Mechanik — zu einem bestimmten Zeitpunkt t ist durch die (komplexwertige) Wellenfunktion ψ(⃗x, t) = ψt (⃗x) (7.8) gegeben. Im Folgenden werden wir nur t mitanschreiben, wenn wir die Zeitabhängigkeit brauchen. In unserer gewohnten Diracschen Schreibweise würden wir schreiben ⟨x|ψ⟩, die komplexe Funktion ψ(x) ist also eine Wahrscheinlichkeitsamplitude. Aus dieser komplexen Größe müssen wir wieder irgendwie eine reelle Größe machen, die wir als Wahrscheinlichkeit interpretieren können. Mathematisch erhält man aus einer komplexen Zahl/Funktion eine reelle, indem man den Betrag, die Norm, bildet. Wir werden also fordern wollen, dass die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen irgendwo im ganzen Raum zu finden, gleich 1 ist, die Normierungsbedingung ∫ 2 2 |⟨ψ|ψ⟩| = d3 x |ψ(⃗x)| = 1 . (7.9) R3 2 Dabei kann man d3 x |ψ(⃗x)| als die Wahrscheinlichkeit interpretieren, dass man das Teilchen im Volumen d3 x findet. Damit ist insbesondere ∫ 2 d3 x |ψ(⃗x)| , (7.10) V die Wahrscheinlichkeit das Teilchen im Volumen V zu finden. Daher bedeutet die Normierungsbedingung nichts anderes als, dass die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen irgendwo im Raum zu finden, gleich 1 ist. Es ist irgendwo und kann nicht verschwinden. Daher kann man in der Quantentheorie auch keine Teilchenerzeugung oder -vernichtung beschreiben. 2 Hierbei wird ρ(⃗x) : = |ψ(⃗x)| auch als Wahrscheinlichkeitsdichte bezeichnet. Siehe auch Abschnitt 2.2. 7.3 Der mathematische Rahmen für die Quantentheorie In Göttingen, wo Heisenberg, Born und Jordan an der Entwicklung der Quantentheorie arbeiteten, war auch das moderne Zentrum der Mathematik, ein führender Wissenschaftler war David Hilbert. Die mathematischen Objekte, die physikalischen Zuständen entsprechen, leben im so genannten Hilbertraum. Das ist ein komplexer Vektorraum mit einer Norm und einem inneren Produkt, der vollständig (= jede Cauchyfolge von Vektoren konvergiert gegen Null) ist. Seine Dimension kann endlich, aber auch unendlich sein. Elemente eines Vektorraums nennt man Vektoren und kann man addieren (“Vektoraddition” ), subtrahieren und mit (komplexen) Zahlen multiplizieren. Dabei gelten die gewohnten Rechenregeln: Assoziativität, 86 7.4. Wie sieht die experimentelle Realisierung eines durch eine Wellenfunktion beschriebenen Zustandes aus? Kommutativität der Summation, Distributivgesetz bei Multiplikation von Zahlen und es gibt einen eindeutig definieren Nullvektor. Man verwendet 3 “verschiedene Notationen” , wobei die erstere die Abstraktion für beide Möglichkeiten darstellt: abstrakter endlichdimensionaler unendlichdimensionaler Hilbertraum Hilbertraum Hilbertraum Dirac Notation Zustandsvektor Wellenfunktion |⃗v ⟩ = |ket⟩ Norm: ∥ψ∥ = √ ⟨ψ|ψ⟩ Inneres Produkt: ⟨ϕ|ψ⟩ ∥⃗v ∥ = ⟨⃗u|⃗v ⟩ = v1 v2 .. . vd √∑ d ψ(x) 2 k=1 |vk | ∥ψ∥ = u∗k · vk ⟨ϕ|ψ⟩ = ∑d k=1 √∫ 2 R3 ∫ R3 |ψ(⃗x)| d3 x ϕ∗ (⃗x) · ψ(⃗x) d3 x Genau genommen haben wir noch eine dritte Art kennengelernt und zwar den Dichteoperator. Im Speziellen haben wir gesehen, dass für Zweizustandssysteme die drei Paulimatrizen und die Einheit den ganzen Zustandsraum und damit einen Hilbertraum bilden. Darauf möchten wir hier aber nicht weiter eingehen, wir beschränken uns im Folgenden auf reine Zustände. 7.4 Wie sieht die experimentelle Realisierung eines durch eine Wellenfunktion beschriebenen Zustandes aus? Damit haben wir uns bereits beschäftigt, hier eine kurze Wiederholung: Die experimentelle Realisierung eines Zustandes kann (muss!) man sich durch eine große Zahl N gleich präparierter Kopien des betrachteten physikalischen Systems (hier: Teilchen) vorstellen. Zum Beispiel 100 H–Atome im Grundzustand. Eine Ortsmessung kann man sich so realisiert denken, dass eine gewisse Anzahl von Detektoren Dk (k=1,2. . . ) feststellen kann, ob sich das Teilchen im Volumen Vk zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet. Idealerweise spricht bei einer Ortsmessung jeweils nur einer der Detektoren an, während die anderen kein Signal geben. Bei N Kopien des Systems wird daher N1 –mal der Detektor D1 , N2 –mal der Detektor D2 ,. . . ansprechen, wenn an allen N Kopien des Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Ortsmessung durchgeführt wird. Ist der durch die Wellenfunktion ψ(⃗x) beschriebene Zustand präpariert worden, so wird im Limes N −→ ∞ 87 Kapitel 7. Elementare Wellenmechanik gelten: Nk = N −→∞ N ∫ 2 d3 x |ψ(⃗x)| , lim (7.11) Vk d.h. wir haben die Wahrscheinlichkeit erhalten, dass das Teilchen im Volumen Vk angetroffen wir. Mit anderen Worten ∫ 2 d3 x |ψ(⃗x)| (7.12) Vk ist der Erwartungswert für das Verhältnis NNk , welches für endliche N gemäß den üblichen statistischen ∫ 2 Regeln um den theoretischen Wert Vk d3 x |ψ(⃗x)| verteilt ist. Man kann nicht vorhersagen bei welcher Kopie des Systems gerade der Detektor Dk ansprechen wird (in diesem Sinne ist die QM nicht deterministisch!), man kann aber sehr wohl die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der der Detektor Dk ein Signal geben wird (in diesem Sinne ist die QM deterministisch!). 7.4.1 Beispiel: Teilchen in Volumen V oder nicht Nehmen wir an, wir haben nur zwei Detektoren, der eine kann feststellen, ob sich das Teilchen im Volumen V befindet, der andere, ob es außerhalb ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Teilchen in V befindet ist ∫ 2 d3 x |ψ(⃗x)| =: p (7.13) V und damit die Gegenwahrscheinlichkeit, dass das Teilchen außerhalb von V nachgewiesen wird ist 1 − p. Wird die Messung an genau N Kopien des Systemes durchgeführt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Teilchen in genau k dieser Kopien (k = 0, 1, 2, . . . N ) im Volumen V nachgewiesen wird ( ) N wk = pk (1 − p)N −k (7.14) k mit dem Binominalfaktor “N über k” ( N k ) = N! . k! (N − k)! (7.15) Mittelwert und Schwankung von k kann man über die Berechnung der charakteristischen Funktion Φ(λ) = N ∑ wk eλk (7.16) k=0 bestimmen, da N ∑ dn Φ(λ) wk k n =: k n = dλn λ=0 (7.17) k=0 und ) N ( ∑ N Φ(λ) = pk (1 − p)N −k eλk = (p eλ + (1 − p))N . k k=0 88 (7.18) 7.5. Ein bisschen mehr über Multiplikationsoperatoren Somit ergibt der Mittelwert von k k = Φ′ (0) = N p (7.19) k¯2 = Φ′ (0) = N (N − 1)p2 + N p (7.20) und der Erwartungswert von k 2 und damit erhalten wir das so genannte Schwankungsquadrat von k (Varianz) (∆k)2 := Für den Erwartungswert des Verhältnisses 2 (k − k)2 = k 2 − k = N p(1 − p) √ N p(1 − p) . =⇒ ∆k = k N k = p, N (7.21) erhält man daher: ∆k = N √ p(1 − p) √ . N (7.22) N →∞ In diesem Sinne ist die Formel Nk −→ p zu verstehen. Achtung: Es handelt sich hier um rein statistische Überlegungen. Die QM∫ spielt nur insofern eine Rolle, 2 als sie die gemessene Wahrscheinlichkeit p mit dem theoretischen Ausdruck V d3 x |ψ(⃗x)| verknüpft. 7.4.2 Reduktion der Wellenfunktion oder was ist nach der Messung? Wir haben schon mehrfach bemerkt, dass sich der Zustand nach einer Messung verändert. Ist das Teilchen im Volumen V nachgewiesen worden, so nimmt man an, dass der Zustand des Teilchens nach der Messung durch die Wellenfunktion cV ψ(⃗x) ∫ 2 1 ( V d3 x |ψ(⃗x)| ) 2 beschrieben wird, wobei cV (⃗x) die charakteristische Funktion im Gebiet V ist { 1 falls ⃗x ∈ V cV (⃗x) := 0 sonst (7.23) (7.24) Dabei hat sich, die Wellenfunktion vor der Messung “sprunghaft” in die Wellenfunktion nach der Messung umgeändert, dies wird mit dem Terminus Technicus Reduktion der Wellenfunktion bezeichnet. Wie dieser Vorgang im Einzelnen aussieht, wissen wir nicht und wird auch als das Messproblem der Quantentheorie bezeichnet. Es gibt zwar viele Ansatzpunkte (z.B. Dekohärenz), allerdings gibt es derzeit keine für die meisten Forscher befriedigende Idee, die bei allen Situationen zu einer vernünftigen Lösung des Problems führen könnte. Es hängt auch ganz stark damit zusammen, dass es scheinbar keine “feste” Grenze zwischen einer Quantenwelt und einer klassischen Welt gibt. 7.5 Ein bisschen mehr über Multiplikationsoperatoren Die im vorigen Abschnitt verwendete Vorschrift “multipliziere ψ(⃗x) mit der Funktion cV (⃗x)” ist ein typisches Beispiel für einen linearen Operator, d.h. cV (⃗x)(a1 ψ1 (⃗x) + a2 ψ2 (⃗x)) = a1 cV (⃗x) ψ1 (⃗x) + a2 cV (⃗x) ψ2 (⃗x) 89 (7.25) Kapitel 7. Elementare Wellenmechanik mit a1 , a2 ∈ C. Unter den Eigenfunktionen ϕ(⃗x) des linearen Operators cV (⃗x) versteht man eine (nichtverschwindende) Funktion mit der Eigenschaft cV (⃗x) ϕ(⃗x) = λ ϕ(⃗x) Eigenwertgleichung , (7.26) wobei λ ∈ C als Eigenwerte des Operators bezeichnet werden. Im vorliegenden Fall hat der lineare Operator, die folgende Eigenschaft (vergleiche mit Projektionsoperator) cV (⃗x) · cV (⃗x) = cV (⃗x) (7.27) und damit folgt für die möglichen Eigenwerte λ2 = λ, also λ = 0, 1. Die möglichen Werte eines Operators bezeichnet man als (diskretes) Spektrum dieses Operators. D.h. für unseren Multiplikationsoperator gibt es zwei Typen von Eigenfunktionen. Ist cV (⃗x) ϕ1 (⃗x) = 0 für alle ⃗x ̸∈ V , so ist der dazugehörige Eigenwert λ1 = 0. Ist hingegen cV (⃗x) ϕ2 (⃗x) = ϕ2 (⃗x) für alle ⃗x ∈ V , so ist λ2 = 1. Physikalisch steht dieser Multiplikationsoperator cV (⃗x) in unmittelbarer Beziehung zu den bereits betrachteten JA/NEIN–Experimenten. Hier ist die Frage, die an das quantenmechanische System gestellt wird: “Befindet sich das Teilchen im Volumen V ?” Den beiden möglichen Ergebnissen der Messung (JA/NEIN) entsprechen die Eigenwerte λ = 0, 1. Die (normierten) Eigenfunktionen zum Eigenwert 1 sind genau jene Wellenfunktionen, bei denen das Teilchen mit Sicherheit im Volumen V angetroffen wird, dagegen sind die (normierten) Eigenfunktionen zum Eigenwert 0 genau jene Wellenfunktionen, bei denen das Teilchen immer außerhalb von V vorgefunden wird. Der Erwartungswert ∫ ⟨cV ⟩ψ = ⟨ψ|cV (⃗x)|ψ⟩ = d3 x ψ(⃗x)∗ · cV (⃗x) · ψ(⃗x) (7.28) R3 des Operators cV (⃗x) im Zustand ψ(⃗x) ist in diesem Fall gerade die Wahrscheinlichkeit ∫ 2 ⟨cV ⟩ψ = d3 x |ψ(⃗x)| (7.29) V das Teilchen im Volumen V zu finden, wenn sein Zustand durch die Wellenfunktion ψ(⃗x) beschrieben wird. Andere Beispiele für lineare (Multiplikations–)Operatoren sind die Ortsoperatoren x̂1 , x̂2 , x̂3 ψ(⃗x) −→ x̂i ψ(⃗x) = xi ψ(⃗x) . (7.30) Betrachten wir zum Beispiel die folgende Eigenwertgleichung für x1 x1 ϕ(⃗x) = y1 ϕ(⃗x) , (7.31) wobei y1 beliebige reelle Werte annehmen kann. Die Lösung des Eigenwertproblems ist durch ϕ(⃗x) = δ(x1 − y1 ) · f (x2 , x3 ) (7.32) gegeben, wobei δ(x1 − y1 ) die Diracsche Deltafunktion (–distribution) ist. Da y1 eine beliebige reelle Zahl ist (es gibt unendlich viele!), ist das Spektrum vom Multiplikationsoperator x1 der ganze R. Hier tritt allerdings eine Komplikation auf: diese Eigenfunktionen sind nicht normierbar! Das ist auch charakteristisch beim Auftreten eines kontinuierlichen Spektrums, wie das Beispiel im folgenden Abschnitt veranschaulichen soll. Natürlich kann man die obige “Funktion” (genau: Distribution) in die 3 Dimensionen verallgemeinern, es gibt also eine simultane (gleichzeitige) Eigen–“funktion” von ⃗x ϕ⃗y (⃗x) = δ(x1 − y1 ) · δ(x2 − y2 ) · δ(x3 − y3 ) := δ (3) (⃗x − ⃗y ) , 90 (7.33) 7.6. Der Impulsoperator die die Eigenwertgleichungen xi δ (3) (⃗x − ⃗y ) = yi δ (3) (⃗x − ⃗y ) (7.34) gleichzeitig erfüllen. Die nicht normierbaren “Funktionen” stellen gewissermaßen einen Grenzfall von Wellenfunktionen dar, bei denen das Teilchen exakt am Ort ⃗x = ⃗y lokalisiert ist. Klar wird die Sache, wenn man überlegt, dass die Fourietransformierte einer Deltafunktion nichts anderes als das Integral ∫ i 1 δ (3) (⃗x − ⃗y ) = (7.35) d3 p e ~ p⃗·(⃗x−⃗y) 3 (2π~) ist. Die Impulseigen“-funktionen” stellen also eine Idealisierung dar, die aber oft im Experiment näherungsweise erreicht wird, daher macht es oft Sinn mit diesen “Funktionen” zu rechnen. Die Deltafunktionen sind zwar nicht normierbar, sie sind jedoch orthogonal ∫ ∫ ⟨ϕ⃗y (⃗x)|ϕ⃗y ′ (⃗x)⟩ := d3 x ϕ⃗y∗ (⃗x) · ϕ⃗y ′ (⃗x) = d3 x δ (3) (⃗x − ⃗y ) · δ (3) (⃗x − ⃗y ′ ) = δ (3) (⃗y − ⃗y ′ ) (7.36) und vollständig, d.h. jede normierbare Funktion ψ(⃗x) lässt sich als Linearkombination der Ortseigenfunktionen schreiben ∫ ψ(⃗x) := ⟨ϕ⃗x |ψ⟩ = d3 y δ (3) (⃗x − ⃗y ) · ψ(⃗y ) . (7.37) Manchmal schreibt man auch statt ⟨ϕx |ψ⟩ kurz ⟨x|ψ⟩ ≡ ψ(x). Hier erkennen wir, dass die Wellenfunktion ψ(⃗x) auch als Wahrscheinlichkeitsamplitude angesehen werden kann, das Teilchen am Ort x vorzufinden! Und allgemein ist die Fouriertransformation einer beliebigen Funktion ψ gegeben durch ∫ i 1 d3 p ψ̃(⃗ p) e ~ p⃗·⃗x ψ(⃗x) = (7.38) 3 (2π~) 2 bzw. ψ̃(⃗ p) = ∫ 1 3 (2π~) 2 d3 x ψ(⃗x) e− ~ p⃗·⃗x i (7.39) und damit der Zusammenhang zwischen Orts- und Impulsdarstellung (siehe auch Abschnitt 7.7.1), der offensichtlich ein unitärer ist. Die Angabe der Ortswellenfunktion ψ(⃗x) beinhaltet alles, das man über den Zustand des gewählten Systems aussagen kann. Das ist äquivalent zu der Angabe von ψ̃(⃗ p). 7.6 Der Impulsoperator In der Mechanik gibt man meist den Ort und den Impuls an, um die Bahn eines Teilchens zu beschreiben. Wir wissen aus L1, dass ein Zusammenhang zwischen räumlichen Verschiebungen und dem Impuls eines physikalischen Systems besteht. Betrachten wir eine Verschiebung einer Wellenfunktion ψ(x) um die Strecke a (wir beschränken uns hier auf eine Dimension), dann wir diese durch den Translationsoperator (T̂a ψ)(x) := ψ(x − a) (7.40) bewirkt. Klarerweise besitzt dieser Operator die Eigenschaften T̂a T̂b = T̂a+b T̂a=0 = 1 T̂a† = T̂−a 91 (7.41) Kapitel 7. Elementare Wellenmechanik und aus den zwei letzten Eigenschaften folgt T̂a T̂a† = T̂a† T̂a = 1, d.h. der Translationsoperator ist ein unitärer Operator. Für ein infinitesimales a kann man die Reihenentwicklung um a = 0 machen d ia d . ψ(x − a) = ψ(x) − a ψ(x) = ψ(x) − · (−i~) ψ(x) . dx ~ dx (7.42) d bezeichnet man als Impulsoperator. Beweis hermitisch: z.z. ⟨ϕ | p̂ψ⟩ = Den hermitischen Operator (−i~) dx ⟨p̂ϕ | ψ⟩. Die Eigenfunktionen und Eigenwerte des Impulsoperators erhält man durch Lösung der Eigenwertgleichung p̂ fp (x) = p fp (x) , d −i~ f (x) = p f (x) , dx (7.43) welche die Lösung hat fp (x) = √ i 1 e ~ px . 2π~ (7.44) Nichts anderes als ebene Wellen (ahhhha)! Für den Impulseigenwert p kommen wieder alle reellen Zahlen in Frage, das Spektrum ist also wie beim Ortsoperator kontinuierlich und dementsprechend sind die Impulseigenfunktionen fp (x) nicht auf 1 normierbar, sie erfüllen aber wie die Ortseigenfunktionen die Orthogonalitätsrelation ∫ ⟨fp |fp′ ⟩ +∞ = −∞ 1 2π~ dx fp∗ (x) fp′ (x) = ∫ +∞ −∞ ′ dx e− ~ px+ ~ p x = δ(p − p′ ) . i i (7.45) Damit — analog zu Ortseigenzuständen — sind die Impulseigenzustände Grenzfälle von Wellenfunktionen mit immer schärferem Impuls. Auch kann wieder jede (normierte!) Wellenfunktion ψ(x) als Summe von Impulseigen“funktionen” geschrieben werden, die Eigen“funktionen” bilden wieder eine vollständige orthogonale Basis: ∫ +∞ ψ(x) = −∞ 1 dp fp (x) ψ̃(p) = √ 2π~ ∫ +∞ i dp e ~ p·x ψ̃(p) (7.46) −∞ und die Umkehrfunktion 1 ψ̃(p) = ⟨fp |ψ⟩ = √ 2π~ ∫ +∞ dx e− ~ p·x ψ(x) . i (7.47) −∞ Dabei wird |ψ̃(p)|2 dp = |⟨fp |ψ⟩|2 dp als die Wahrscheinlichkeit bei einer Impulsmessung einem Messwert im Impulsintervall [p, p + dp] zu erhalten interpretiert. Wir haben wieder die Kurzschreibweise eingeführt: ⟨fp |ψ⟩ = ⟨p|ψ⟩ = ψ̃(p). 92 7.7. Vertauschungsrelationen Wir erkennen also den Zusammenhang zwischen den beiden Darstellungen: ∫ +∞ ψ(x) = ⟨x|ψ⟩ = dp⟨x|p⟩⟨p|ψ⟩ (7.48) ∫ ψ̃(p) = ⟨p|ψ⟩ = −∞ +∞ dx⟨p|x⟩⟨x|ψ⟩ (7.49) −∞ und damit auch ∫ ∫ +∞ dx |x⟩⟨x| = −∞ +∞ −∞ dp |p⟩⟨p| = 1. (7.50) Die letzte Gleichung ist eine Verallgemeinerung eines Analysatorkreises. D.h. die Ortswellenfunktion ψ(x) als auch die Impulswellefunktionen ψ̃(p) enthalten dieselbe Information über den Quantenzustand! Es ist egal in welcher Darstellung man arbeitet (wir werden in den ÜE sehen, dass allerdings manchmal das Integral leichter in der einen als in der anderen Darstellung zu berechnen ist. Es kommt auch vor, dass das Integral in einer Darstellung mathematisch nicht exakt definiert ist (z.B. Unstehtigkeitsstelle oder nicht differenzierbar), jedoch in der anderen Darstellung.) Beispiel: “Ortserwartungswert” : In der Ortsdarstellung: ∫ ⟨x̂⟩ψ = ⟨ψ| x̂ |ψ⟩ = ∞ −∞ In der Impulsdarstellung: ⟨x̂⟩ψ = ⟨ψ| x̂ |ψ⟩ ∫ ∫ ∗ dx ψ (x) · x̂ · ψ(x) = ∞ dp ψ̃ ∗ (p) · x̂ · ψ̃(p) = −∞ ∫ ∞ = (i~) dp ψ̃ ∗ (p)ψ̃ ′ (p) . ∞ −∞ ∫ ∞ dx x · |ψ(x)|2 . dp ψ̃ ∗ (p)(i~) = −∞ (7.51) d ψ̃(p) dp (7.52) −∞ Beispiel: “Impulserwartungswert” : In der Ortsdarstellung: ∫ ∞ ∫ ⟨p̂⟩ψ = ⟨ψ| p̂ |ψ⟩ = dx ψ ∗ (x) · p̂ · ψ(x) = (−i~) −∞ In der Impulsdarstellung: ⟨p̂⟩ψ = ⟨ψ| p̂ |ψ⟩ = 7.7 ∞ dx ψ ∗ (x) ψ ′ (x) . (7.53) dp p · |ψ̃(p)|2 . (7.54) −∞ ∫ ∞ −∞ dp ψ̃ ∗ (p) · p̂ · ψ̃(p) = ∫ ∞ −∞ Vertauschungsrelationen Orts- und Impulsoperatoren kommutieren (vertauschen) nicht miteinander. In der Ortsdarstellung erhält man d d [x̂, p̂] ψ(x) = x · (−i~ )ψ(x) − (−i~ ) x · ψ(x) dx dx = x · (−i~)ψ ′ (x) − (−i~) 1 · ψ(x) − (−i~) x · ψ ′ (x) = i~ ψ(x) . (7.55) 93 Kapitel 7. Elementare Wellenmechanik In der Impulsdarstellung erhält man das gleiche Ergebnis: [x̂, p̂] ψ̃(p) d d p − p (i~) ) ψ̃(p) dp dp d d ψ̃(p) − p ψ̃(p)) = i~(ψ̃(p) + p dp dp = (i~ = i~ ψ̃(p) . (7.56) D.h. wir können den Kommutator auch kurz bzw. darstellungsunabhängig so schreiben [x̂, p̂] = x̂ · p̂ − p̂ · x̂ = i~ 1 . 7.7.1 (7.57) Exkurs: gaußförmige Wellenpakete Als Beispiel für eine Wellenfunktion betrachten wir Glockenkurven, bzw. Gaußfunktionen x2 ψ(x) = N · e− 4σ2 · e ~ x·p0 i (7.58) Hier ist σ 2 eine positive Konstante der Dimension (Länge)2 und p0 ist eine Konstante mit der Dimension eines Impulses. N ist der Normierungsfaktor, den man durch die Bedingung ⟨ψ|ψ⟩ = 1 (7.59) erhält. Hier zwei sehr praktische Formeln. Das Gaußsche Integral ergibt √ ∫ ∞ 2 π dx e−αx = α −∞ und durch Differenzieren nach dem Parameter α erhält man ∫ ∞ ∫ ∞ 2 d 1√ −3 −αx2 πα 2 . − dx e = dx x2 · e−αx = dα −∞ 2 −∞ (7.60) (7.61) Die Normierungskonstante ergibt damit (bis auf eine unphysikalische Phase) ∫ ∞ ∫ ∞ √ x2 ∗ 2 dx e− 2σ2 = |N |2 · 2πσ 2 ⟨ψ|ψ⟩ = 1 = dx ψ(x) ψ(x) = |N | −∞ −∞ −→ N = 1 (7.62) 1 (2π · σ 2 ) 4 Der Erwartungswert des Ortsoperators ∫ ⟨x̂⟩ψ = ⟨ψ| x̂ |ψ⟩ = ∞ −∞ dx ψ ∗ (x) · x · ψ(x) = 0 , da die Gaußfunktion symmetrisch unter x → −x ist, x jedoch antisymmetrisch. 94 (7.63) 7.7. Vertauschungsrelationen Der Erwartungswert des Operators x̂2 ergibt ∫ ∞ ∫ ∞ x2 1 ⟨x̂2 ⟩ψ = ⟨ψ| x̂2 |ψ⟩ = dx ψ ∗ (x) · x2 · ψ(x) = √ dx x2 · e− 2σ2 2πσ −∞ −∞ 2 = σ . (7.64) Und damit können wir die Schwankung des Ortsoperators berechnen √ √ (∆x)ψ = ⟨(x − ⟨x⟩ψ )2 ⟩ψ = ⟨x2 ⟩ψ − ⟨x⟩2ψ = σ , (7.65) d.h. die “Breite” der Gaußfunktion ist die Schwankung (nichts anderes haben wir erwartet). Berechnen wir nun den Erwartungswert des Impulses in der Ortsdarstellung ∫ ∞ d dx ψ ∗ (x) · (−i~) ψ(x) ⟨p̂⟩ψ = ⟨ψ| p̂ |ψ⟩ = dx −∞ ∫ ∞ = (−i~) dx ψ ∗ (x) · ψ ′ (x) = p0 . (7.66) −∞ D.h. p0 ist also der Erwartungswert (Mittelwert) des Impulses in dem betrachteten Zustand. Der Erwartungswert des Operators p̂2 ergibt (siehe UE) ⟨p̂2 ⟩ψ = ⟨ψ| p̂2 |ψ⟩ = p20 + ~2 4σ 2 und damit ist die Schwankung des Impulses der Gaußfunktion √ √ ~ (∆p)ψ = ⟨(p − ⟨p⟩ψ )2 ⟩ψ = ⟨p2 ⟩ψ − ⟨p⟩ψ = . 2σ (7.67) (7.68) Das Produkt aus Ortsunschärfe und Impulsunschärfe ist beim Gaußschen Wellenpaket also gerade (∆x)ψ · (∆p)ψ = ~ . 2 (7.69) Das ist der kleinsmögliche Wert, denn nach der Heisenbergschen Unschärferelation gilt allgemein (d.h. für alle möglichen quantenmechanischen Zustände) die Ungleichung (∆x)ψ · (∆p)ψ ≥ ~ . 2 (7.70) Nur für Gaußsche Wellenpakete wird das Minimum tatsächlich auch angenommen (Beweis siehe Abschnitt 7.7.3). Hier erkennt man den Zusammenhang zwischen der Teilchen und Welleneigenschaft. Mache ich die ~ Breite der Ortsverteilung ∆x = σ, so wird die Breite der Impulsverteilung ∆p = 2σ größer oder umgekehrt! 7.7.2 Allgemeine Form der Unschärferelation Nun wollen wir prinzipiell untersuchen, wie die Unschärfe zwischen zwei beliebigen Observablen  und B̂ aussieht. Den Erwartungswert einer Observablen A in diesem Zustand bezeichnen wir wie gehabt mit ⟨Â⟩ψ = ⟨ψ|  |ψ⟩ . (7.71) Unter dem Schwankungsquadrat einer Observablen  im Zustand ψ versteht man den Erwartungswert des Operators (∆Â)2ψ := ⟨( − ⟨Â⟩ψ )2 ⟩ψ = ⟨Â2 ⟩ψ − ⟨Â⟩2ψ . 95 (7.72) Kapitel 7. Elementare Wellenmechanik Abbildung 7.1: Eine graphische Veranschaulichung der Heisenbergschen Ungleichung für Ort und Impuls oder Energie und Zeit. Für einen beliebigen, nicht notwendiger weise hermitischen Operator Ĉ gilt: ⟨Ĉ † Ĉ⟩ψ = ⟨ψ|Ĉ † Ĉ ψ⟩ = ⟨Ĉ ψ|Ĉ ψ⟩ ≥ 0 . (7.73) Seien nun Â, B̂ hermitische Operatoren, so können wir für Ĉ folgendes ansetzen Ĉ =  − ⟨Â⟩ ∆ +i B̂ − ⟨B̂⟩ ∆B̂ . (7.74) Berechnen wir ⟨Ĉ † Ĉ⟩ = . . . = 2 + i⟨[Â, B̂]⟩ ≥ 0 (7.75) ⟨Ĉ Ĉ † ⟩ = . . . = 2 − i⟨[Â, B̂]⟩ ≥ 0 . (7.76) Und für Ĉ ↔ Ĉ † Für zwei beliebige Observablen  und B̂ folgt allgemein die Vertauschungsrelation für einen Zustand ψ (∆Â)ψ · (∆B̂)ψ ≥ 1 |⟨[Â, B̂]⟩ψ | . 2 (7.77) Im Spezialfall  = x̂ und B̂ = p̂ folgt die Heisenbergsche Unschärferelation ∆x̂∆p̂ ≥ ~2 . Das Gleichheitszeichen folgt nur für Gaußsche Wellenpakete (siehe Abschnitt 7.7.3). 7.7.3 Die Zustände, die die Unschärferelation exakt erfüllen Wir wollen hier zeigen, dass die Gaußschen Wellenpakete tatsächlich die einzigen Zustände sind, bei denen das Produkt aus Orts– und Impulsunschäfe den kleinsten Wert ∆x̂ · ∆p̂ = ~2 annehmen. Nach Gleichung (7.73) gilt ⟨Ĉ ψ | Ĉ ψ⟩ = 0 −→ Ĉψ = 0 96 (7.78) 7.7. Vertauschungsrelationen mit x̂ − x0 p̂ − p0 +i ~ σ 2σ Ĉ = (7.79) In der Ortsdarstellung entspricht Ĉ ψ = 0 der Differentialgleichung ] [ 2σ d x − x0 +i (−i ~ − p0 ) ψ(x) = 0 σ ~ dx Diese können wir umformen in [ d ψ(x) = dx bzw. dψ = ψ − [ x − x0 ip0 + 2 2σ ~ x − x0 ip0 − + 2 2σ ~ (7.80) ] ψ(x) (7.81) ] dx . (7.82) · eip0 ·x (7.83) Die Lösung dieser Differentialgleichung kennen wir ψ(x) = N · e− (x−x0 )2 4σ 2 und ist nichts anderes als ein Gaußsches Wellenpaket. Damit haben wir gezeigt, dass die Wellenfunktionen, die einzigen möglichen Lösungen sind für den minimalsten Wert der Unschärferelation. Bemerkung: Ĉ † ψ = 0 ergibt keine normierbaren Lösungen. 7.7.4 Die Existenz der Atome oder die physikalische Interpretation der Unschärferelation In der Theorie der Wellen kennt man den Zusammenhang zwischen der Funktion ψ(⃗r) und ihrer Fourietransformierten ψ̃(⃗ p), also im Wesentlichen, dass die Ausdehnung einer Welle und Ihrer Fourietransformieten nicht gleichzeit beliebig klein gemacht werden kann; dieser Zusammenhang führte zu der Ungleichung ∆p̂x · ∆x̂ ≥ ∆p̂y · ∆ŷ ≥ ∆p̂z · ∆ẑ ≥ ~ 2 ~ 2 ~ . 2 (7.84) Diese Ungleichung hat Werner Heisenberg 1927 durch Diskussion von verschiedenen Messmethoden von Ort und Impuls physikalisch hergeleitet. Diese Ungleichung legt nicht nur der Messgenauigkeit der von Physikern ausgeführten Experimenten wohldefinierte Schranken auf, sondern sie muss auch in der Natur ohne Eingriff des Experimentators erfüllt sein. Betrachtet man zum Beispiel ein mikroskopisches System, in dem eine Kraft wirkt, die die Energie zu minimieren versucht, dann kann die Unbestimmtheitsrelation der Grund dafür sein, dass das klassisch mögliche Minimum nicht erreicht werden kann. Im Rutherford–Modell für das Wasserstoffatom ist die Energie eines Elektrons gegeben durch E = p⃗ 2 e2 − . 2m r 97 (7.85) Kapitel 7. Elementare Wellenmechanik Klassisch betrachtet ist die niedrigste Energie gegeben, falls das Elektron beim Kern r = 0 ruht und der Impuls p = 0 ist, dann ist die Energie minus unendlich. Das bedeutet aber, dass das Elektron unter Aussendung von Photonen (Energie) in den Kern stürzt und wir niemals stabile Atome hätten. Was verhindert das Abstürzen des Elektrons? Nehmen wir die Unbestimmtheitsrelation für gültig an, folgt, dass der Ort und Impuls gekoppelt sind und damit ein Zusammenfallen des Atoms unmöglich wird. Machen wir eine Abschätzung für den Impuls; es muss gelten (Achtung: Faktor 12 haben wir durch 1 ersetzt, siehe später): p ≥ ∆p ≥ ~ ~ ≥ ∆r r (7.86) und damit für die Energie E ≥ ~2 e2 := E0 (r) . − 2mr2 r (7.87) Zeichnen wir die Funktion auf, sehen wir sofort, dass für zu kleine Werte von r die kinetische Energie (der Impuls) und für große r die potentielle Energie überwiegt. 0.4 0.2 2 4 6 8 10 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 Insbesondere finden wir, dass ein absolutes Minimum bei (a0 Bohrscher Radius) rmin = a0 = ~2 , me2 (7.88) dem einer Energie Emin = − 1 e2 = − α2 m c2 = −Ry = −13, 6eV 2a0 2 2 e mit der Feinstrukturkonstante α = ~c ∼ Atoms. Der Bohrsche Radius ergibt dabei 1 137 (7.89) entspricht. Das ist genau die Ionisierungsenergie eines H– a0 = 0.592 · 10−10 m 98 (7.90) 7.7. Vertauschungsrelationen lens hν R e− Abbildung 7.2: Das ist die originale Idee von Werner Heisenberg (1927). In der Brennebene der Linse wird der Impuls des Photons gemessen, um so auf den Ort des Elektrons rückschliessen zu können. Diese Abschätzung (Faktor 21 durch Faktor 1 ersetzt) entspricht den Ergebnissen, die man mit exakten quantenmechanischen Rechnungen erhält. Bei Verwendung des richtigen Faktors hätte man ein um den Faktor 4 kleineres Ergebnis für den Bohrschen Radius gefunden. In diesem Sinne ist das Ergebnis ein Zufall, wir wissen jedoch schon, dass die einzigen Wellen, die die Unbestimmtheitsrelation exakt erfüllen, die Gaußfunktionen sind und diese nicht die Lösungen des Wasserstoffsproblems darstellen. Im Abschnitt 8.5 werden wir dieses hier semi–quantitatives Argument noch einmal aufgreifen. 7.7.5 Weitere Bemerkungen zur Unschärferelation • Wie wir gesehen haben, ist die Unschärferelation eine direkte Folge der Beschreibung von Teilchen durch Wellenfunktionen. Sie folgt direkt aus den Postulaten der QM, ist damit nicht eine künstliche oder aufgepfropfte Zustatzbedingung. Die Formulierung, “dass man nicht genauer messen kann” ist falsch, man kann keinen Zustand so präparieren, dass ∆x̂ · ∆p̂ < ~2 ist, d.h. so ein Zustand ist in der Natur nicht realisiert! Es gibt also keine theoretischen Einschränkungen an die Messgenauigkeit einer Orts– oder Impulsmessung per se, aber natürlich praktische Grenzen und einen Zusammenhang zwischen der ortsartigen Information und der impulsartigen Information, die man aus zwei Messreihen erhalten kann. • Insbesondere haben wir gesehen, dass die Unschärferelation nichts mit Hintereinanderausführung von Orts– und Impulsmessung an ein und demselben Teilchen zu tun hat. Hier müsste man die Reduktion des Zustandes berücksichtigen! • Die Unschärferelation muss in der Natur auch ohne Eingriff des Experimentatiors erfüllt sein. • Die Unschärferelation gibt es nicht nur zwischen Orts- und Impulsoperatoren, sondern für alle Operatoren, die nicht miteinander kommutieren. Sie können, dann nicht gleichzeitig beliebig scharf gemacht werden. • Durch die Vertauschungsrelation sind zwei Observablen miteinander korreliert/verbunden. 99 Kapitel 7. Elementare Wellenmechanik Bildebene (Ortsmessung) Brennebene (Impulsmessung) e− Schirm lens ? hν R e− > * Abbildung 7.3: Diese Abbildung zeigt eine “verbesserte” Version des Heisenberg–Mikroskops. Das Photon kann mittels eines Schirms entweder in der Bildebene oder in der Brennebene aufgefangen werden. Das Elektron wird ebenfalls nach dem Passieren des Doppelspaltes aufgefangen. • Die Vertauschungsrelation ist daher im Allgemeinen weniger von experimentellen, sondern von theoretischem Interesse. Sie erklärt zum Beispiel — wie wir gesehen haben und werden — die Stabilität der Atome (Abschnitt 8.5) oder die Grundzustandsenergie des harmonischen Oszillators (Abschnitt 8.6). • Genauer sollte die Unschärferelation eher Unbestimmtheitsrelation heißen. • Fig. 7.2 zeigt Heisenbergs Idee zur Messung der Unschärferelation. Fig. 7.3 zeigt eine eher realistische Anordnung. 100