Forschungszentrum Karlsruhe Universität Karlsruhe Mathematische Grundlagen der Physik PD Dr. W. Wenzel/Dr. A. Zaikin Ü: Dr. habil. W. Lang Sommersemester 2008 Inhalt der Saalübung 3 vom Montag, den 5. Mai 2008 A) Folgerung aus Satz des Archimedes, bzw. Satz des Eudoxos: 1. Q liegt dicht in R, d.h. ∀ a, b ∈ R, a < b, ∃ r ∈ Q : a < r < b. Beweis: Verwende Satz des Archimedes in der Version: ∀x ∈ R ∃ n ∈ N : n > x. Nach Voraussetzung b−a > 0, also (Anordnungsaxiome und Folgerungen) 1/(b−a) > 0. S. d. Archimedes: ∃ n ∈ N : n > 1/(b − a) > 0 . Also α) n b > n a + 1 . β) Suche dasjenige p − 1 ∈ Z mit p − 1 ≤ n a < p (Zahlengerade und Z ⊂ R). Einschub: f loor−Funktion b.c(auch Gauss-Klammer [ . ] oder größtes Ganzes“ genannt). ” bxc := k ∈ Z mit k ≤ x < k + 1. Z. B. b−πc = −4 und b3c = 3. Damit kann man für das gesuchte p ∈ Z schreiben: p − 1 = bn ac, d.h. p = bn ac + 1. Zusammen, nach Teilung durch n (6= 0): a < p/n ≤ a + 1/n < b. Wähle also r = p/n ∈ Q. 2. R \ Q liegt dicht in R, d.h. ∀ a, b ∈ R, a < b, ∃ ξ ∈ R \ Q : a < ξ < b. Beweis: Nach zweimaligem Anwenden des Satzes 1 von oben kann man r2 ∈√Q, dann r1 ∈ Q finden mit α) a < r1√ < r2 < b. Mit der Def. ξ := r1 + (r√2 − r1 )/ 2 gilt β) ξ > r1√(da r2 − r1 > 0 und 2 > 0). γ) r2 − ξ = (r2 − r1 ) (1 − 1/ 2 ) > 0, da auch 1−1/ 2 > 0 (zeigen!). D.h. aus β) und γ): r1 < ξ < r2 , also mit α): a < ξ < b. Damit ist die / Q, mit der (per Widerspruch) bewiesenen Irrationalität √ Behauptung gezeigt, da ξ ∈ von 2. Also ξ ∈ R \ Q. B) Beweistechnik: vollständige Induktion Mathematische Aussage A(n), mit n ∈ N soll bewiesen werden. (i) Induktionsanfang: A(1) ist wahr (richtig). (ii) Induktionsschritt n → n + 1: Für beliebiges n ≥ 1 folgt aus der Annahme A(n) ist wahr, dass A(n + 1) wahr ist. (iii) Induktionsschluß: A(n) ist wahr (richtig) für alle n ∈ N. Statt (ii) auch: (ii’) Induktionsschritt: Aus der Annahme A(n) ist wahr für alle 1 ≤ n ≤ k folgt die Wahrheit der Aussage A(k + 1) für beliebiges k ∈ N. 1. Beispiel bei dem etwas schiefläuft. A(n): Je n ∈ N vorgelegte Zahlen sind gleich! Beweis “: (i) A(1) ist wahr mit Reflexivität der Gleichheit: a = a. ” (ii’) Die k+1 Zahlen seien: a1 , a2 , ..., ak , ak+1 . Dann gilt mit der Voraussetzung sowohl a1 = a2 = ... = ak als auch a2 = a3 = ... = ak+1 (beides je k Zahlen und A(k) wird als wahr angenommen). Daraus folgt mit der Transitivität der Gleichheitsrelation a1 = a2 = ... = ak = ak+1 . (iii) A(n) ist wahr für alle n ∈ N Fehler? Der Schritt k → k + 1 in (ii’) kann nicht für alle k ∈ N gezeigt werden: A(2) folgt nicht aus A(1), d.h. k = 1 geht schief. A(2) ist nicht mit der Transitivität zu zeigen. Falls man als Aussage A(n) je n ≥ 3 natürliche Zahlen sind gleich“ nähme, wäre schon ” der Induktionsanfang (i) falsch. Fortsetzung auf Seite 2 Forschungszentrum Karlsruhe PD Dr. W. Wenzel/Dr. A. Zaikin Universität Karlsruhe Ü: Dr. habil. W. Lang Mathematische Grundlagen der Physik Sommersemester 2008 -2Fortsetzung zu B): Vollständige Induktion 2. Beispiel bei dem es klappt: Binomischer Satz mit Definition und Rekursionsformel der binomischen Koeffizienten. a ∈ R \ {0}, b ∈ R \ {0} , a0 := 1 =: b0 , n ∈ N (auch n = 0 zugelassen), n (a + b) n µ ¶ X n l n−l = a b . l l=0 Hinweis: Beweisen Sie zunächst für n ∈ N und l ∈ N aus der Definition der Binomialkoeffizienten µ ¶ n (n − 1) ... (n − (l − 1) n nl := = l l l (l − 1) ... 1 l die Rekursionsformel des sog. Pascalschen Dreiecks: µ ¶ µ ¶ µ ¶ n+1 n n = + . l l l−1 Warum wurde a = 0 oder b = 0 ausgenommen? Weil 00 zunächst nicht definiert ist. Diese Form des Binomialkoeffizienten ist verallgemeinerungsfähig für n → α ∈ R und ¡5¢ ¡5¢ ¡√2¢ l ∈ Z. Beispiele: 3 = ? −3 = ? 6 = ? √ C) Monotonie von n a , a > 0 (nicht vorgeführt) √ √ n a > 0, b > 0, n ∈ N : a ≤ b ⇒ n a ≤ b . √ √ Beweis: per Widerspruch, d.h. Annahme n a > n b und Lemma: a0 > 0, b0 > 0, n ∈ N. a0 ≥ b0 ⇔ a0n ≥ b0n (Monotonie der Potenzfunktion). Bew. zum Lemma: ⇒ Richtung: Mit vollständiger Induktion. ⇐ Richtung: Per Wider0n spruch, d.h. Annahme b0 > a0 und mit der Voraussetzung ≥ b0n , sowie dem Ergebnis Pn−1 0ka 0n−1−k 0n 0n 0 0 Blatt3, Aufgabe 2d: P 0 ≥ b − a = (b − a ) k=0 b a . Dividiere b0 − a0 > 0 n−1 0k 0n−1−k (nach Annahme): 0 ≥ . Damit Widerspruch zu D1 der Anordnungsaxiok=0 b a me, weil die Summe immer > 0 ist. √ Mit dem Lemma, der Annahme (vom Widerspruchsbeweis) und der Definition von n folgt a > b im Widerspruch zur Voraussetzung. Man kann auch die ⇐ Richtung beweisen. Mittels Widerspruch und Lemma. D) Komplexe Zahlen, Teil I (nicht vorgeführt) 1. C hat keine Anordnung. Vergeblicher Versuch. Keine Anordnung in C, da eine der Folgerungen aus den Anordungsaxiomen D, nämlich 5): ∀a ∈ C : a2 ≥ 0 verletzt ist, wegen Axiom F3 der komplexen Zahlen: ∃ i ∈ C : i2 = −1. Schon gezeigt 0 < 1, d.h. −1 < 0, also i2 < 0. Damit Widerspruch zu D1. Man kann also für | z | ∈ R≥ die Anordnungsrelationen verwenden, aber nicht für z ∈ C. Ein Versuch, eine Ordnung in C zu definieren, z. B. mit z1 ≺ z2 wenn | z1 | < | z2 |, falls | z1 | 6= | z2 | und arg(z1 ) < arg(z2 ) falls | z1 | = | z2 | scheitert am Anordnungsaxiom D3, der Monotonie der Addition, da z.B. C 3 1 ≺ i wäre, und nach Addition mit 1 folgt √ 1 + 1 = 2 ≺ i + 1, aber |2| = 2 > |i + 1| = 2, im Widerspruch zur versuchten Definition ≺. 2. Real- und Imaginärteil bestimmen von z = (1 + 2 i)3 . Nicht ausmultiplizieren, sondern den binomischen Satz verwenden, der auch in C gilt (teste Beweis in Teil B !). Ergebnis mit i, i2 = −1, i3 = −i, i4 = 1 = i0 . Periodisch mit Periode 4. z = (1 + 2 i)2 = ... = − 11 − 2 i. Also Re(z) = −11 und Im(z) = −2. Fortsetzung auf Seite 3 mit: Additionstheoreme von sin und cos Forschungszentrum Karlsruhe Universität Karlsruhe Mathematische Grundlagen der Physik PD Dr. W. Wenzel/Dr. A. Zaikin Ü: Dr. habil. W. Lang Sommersemester 2008 -3Zu den Additionstheoremen von sin und cos für Blatt 4 1 Ähnliche Dreiecke: OAB, OGE und CDE. sin(α + β) = CF = CD + DF = CD + EG = cos α CE + sin α OE = cos α sin β + sin α cos β . C α B D β O E α F G A1 cos(α + β) = OF = OG − F G = OG − DE = cos α OE − sin α CE = cos α cos β − sin α sin β . Diese Formeln werden später auch für beliebige α und β bewiesen. Es wird dann auch gezeigt: (sin γ)2 + (cos γ)2 = 1, und die Periodizität von cos und sin mit Periode 2 π. Zur Bestimmung des Arguments arg(z) = ϕ ∈ (−π, +π] einer Zahl z = a + b i ∈ C kann man die Umkehrung tan-Funktion verwenden, die erst später in der Vorlesung definiert wird. Je nach Lage von z in den Quadranten I, ..., IV anzuwenden. x → ϕ im Schaubild. y = tan(x) III IV 4 I II 2 K3 K2 K1 0 1 pi/2 2 3 x K2 K4 √ √ √ o Beispiel im Quadrant II: z = −1 + 3√i, tan(ϕ) = 3/(−1) = − 3, √ √ϕ = 2 π/3 (120 ) Beispiel im Quadrant III: z = −1 − 3 i, tan(ϕ) = − 3/(−1) = 3, ϕ = −2 π/3 (−120o )