AWMF online Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften Arbeitskreis "Krankenhaus& Praxishygiene" der AWMF Working Group 'Hospital & Practice Hygiene' of AWMF Leitlinien zur Hygiene in Klinik und Praxis AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/043 Entwicklungsstufe: 1 + IDA Zitierbare Quelle: HygMed 2013; 38 - 10, 434f Hygieneanforderungen bei Infektionen mit Respiratorischem Synzytialvirus (RSV) Einleitung: Das Respiratorische Synzytialvirus (RSV) ist einer der häufigsten Erreger für respiratorische Infektionen. Die Durchseuchung mit RSV beträgt bereits gegen Ende des zweiten Lebensjahres nahezu 100 %. Eine langfristige Immunität besteht nicht, so dass es im Lauf des Lebens in der Regel mehrfach zu Reinfektionen kommt. Grundlage für Reinfektionen ist u. a. die hohe genetische Variabilität von RSV. Man unterscheidet zwei Gruppen von RSV (A und B), innerhalb derer es zahlreiche Genotypen gibt. In der Literatur gibt es zahlreiche Berichte über nosokomiale RSVÜbertragungen. Übertragung: Die Übertragung von RSV erfolgt durch Tröpfcheninfektion sowie indirekt über kontaminierte Hände, Gegenstände und Oberflächen. RSV bleibt im respiratorischen Sekret auf Händen ca. 20 min und auf anderen Oberflächen zum Teil mehrere Stunden infektiös. Eine Übertragung von RSV ist durch Inokulation virushaltiger Sekrete in Augen- oder Nasenschleimhäute möglich, von denen sich dann eine absteigende Infektion ausbildet. Die Inkubationszeit beträgt 2 – 8 Tage. Die Dauer der Virusausscheidung beträgt bei immunkompetenten Patienten in der Regel 3 – 8 Tage. Bei einigen Früh- und Neugeborenen sowie bei immunsupprimierten Patienten kann die Ausscheidung jedoch Wochen, in Einzelfällen sogar Monate dauern. Klinisches Bild: RSV-Infektionen können sowohl den oberen als auch den unteren Respirationstrakt betreffen. Das klinische Spektrum reicht vom banalen Schnupfen bis zur beatmungspflichtigen Pneumonie. Schwere Verläufe von RSV-Infektionen treten 029/043 S1-Leitlinie: Hygieneanforderungen bei Infektionen mit RSV - Seite 1 insbesondere im Säuglingsalter (Bronchiolitiden) und Seniorenalter auf, bei Patienten mit chronischen kardialen, pulmonalen und neurologischen Vorerkrankungen sowie bei immunsupprimierten Patienten (u. a. Stammzell-Transplantierte). Eine spezifische Therapie oder eine Impfung sind nicht verfügbar. Risikopatienten (Frühgeborene) können allerdings mit einem humanisierten monoklonalen Antikörper prophylaktisch behandelt werden. Checkliste: Hygienemaßnahmen beim Umgang mit RSV-infizierten Patienten Maßnahmen Hinweise/Bemerkungen Unterbringung Einzelisolierung; Möglichkeit der Kohortenisolierung Mitabeiterschutz Händedesinfektion Mit Mitteln mit nachgewiesener "begrenzter viruzider Wirksamkeit" vor und nach jedem Patientenkontakt und nach Verlassen des Zimmers Atemschutzmaske Bei der Versorgung von Patienten mit nachgewiesener Infektion oder Verdachtsfällen ist das Tragen von Mund-Nasen-Schutz erforderlich. Bei Tätigkeiten am Patienten, bei denen medizinisches Personal einer Aerosol-Bildung ausgesetzt sein kann (z. B. Hustenprovokation bei Bronchoskopie, Intubation, Absaugen) sind FFP1-Masken erforderlich. Schutzbrille Erforderlich bei der Versorgung von Patienten mit nachgewiesener Infektion oder Verdachtsfällen. Schutzkittel Erforderlich bei der Versorgung von Patienten mit nachgewiesener Infektion oder Verdachtsfällen. Handschuhe Erforderlich bei der Versorgung von Patienten mit nachgewiesener Infektion oder Verdachtsfällen. Flächendesinfektion Tägliche Desinfektion der patientennahen Flächen mit einem Mittel mit nachgewiesener begrenzt viruzider Wirksamkeit. Schlussdesinfektion nach Verlegung oder Entlassung als desinfizierende Reinigung aller patientennaher Kontaktflächen einschließlich Fußböden. Medizinprodukte Alle Geräte/Medizinprodukte mit direktem Kontakt zum Patienten (z. B. EKG-Elektroden, Stethoskope usw.) nur patientenbezogen einsetzen und nach Gebrauch bzw. vor Anwendung bei einem anderen Patienten desinfizieren; Möglichkeit der zentralen Aufbereitung bei Transport in geschlossenem Behälter. Thermische Desinfektionsverfahren sollten bevorzugt angewendet werden. Ist das nicht möglich, Medizinprodukte mit einem Desinfektionsmittel des Wirkungsbereichs AB gemäß der Definition der RKI-Liste desinfizieren. Nach Aufhebung der Isolierung Restbestände der Einmalartikel verwerfen; wieder verwendbares Material (z.B. RRManschette) wischdesinfizieren. Patientenbett Mit routinemäßigen Desinfektions-Wasch-Verfahren aufbereiten. Wäsche Anwendung üblicher desinfizierender Waschverfahren. 029/043 S1-Leitlinie: Hygieneanforderungen bei Infektionen mit RSV - Seite 2 Abfälle Entsorgung von Abfällen, die mit Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen kontaminiert sind, nach Abfallschlüssel 180104. Abfallbehälter stehen im Zimmer. Scheuer-Wisch-Desinfektion bevor die Behältnisse aus dem Zimmer genommen werden. Geschirr Unter normalen Bedingungen in Geschirrspülmaschine aufbereiten. Transport der Patienten innerhalb des Krankenhauses Information der untersuchenden Einrichtung über die Infektiosität des Patienten. Das Transportpersonal und die Mitarbeiter der Funktionsabteilung tragen Schutzkittel, Mund-Nasen-Schutz und Schutzhandschuhe bei Patientenkontakt. Alle Utensilien werden nach Gebrauch sofort entsorgt. Patientennahe Flächen desinfizierend abwischen mit einem Mittel mit nachgewiesener begrenzt viruzider Wirksamkeit. Kontakt der Patienten zu anderen Patienten vermeiden, insbesondere zu Säuglingen und Risikopatienten. Bei Liegendtransport Liege nach Gebrauch desinfizieren. Transport eines Patienten außerhalb des Krankenhauses Information des aufnehmenden Krankenhauses über die Verdachtsdiagnose/Erkrankung. Transportpersonal und Mitarbeiter des Transportdienstes tragen Schutzkittel, Mund-Nasen-Schutz oder Atemschutzmaske und Schutzhandschuhe. Alle Utensilien nach Gebrauch sofort entsorgen; patientennahe Flächen in Krankenwagen desinfizierend abwischen (s.o.). Kontakt der Patienten zu anderen Patienten vermeiden, insbesondere zu Säuglingen und Risikopatienten Schlussdesinfektion Nach Aufhebung der Isolierung Schlussdesinfektion der patientennahen Flächen mit Virus-wirksamen Desinfektionsmitteln aus der VAH-Liste. Literatur: 1. Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV) – RKI-Ratgeber für Ärzte. Stand 05.05.2011. Website des Robert-Koch-Instituts – http://www.rki.de 2. Arbeitskreis "Krankenhaus- und Praxishygiene" der AWMF: Atemschutz bei aerogen übertragbaren Infektionen. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/032; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/029-032.html; gedruckt in: Hygiene in Klinik und Praxis, 3. Auflage, mhp, Wiesbaden 2004, 238 - 243 3. Arbeitskreis "Krankenhaus- und Praxishygiene" der AWMF: Händedesinfektion und Händehygiene AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/027; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/029-027.html; gedruckt in: Hyg Med 2008; 33 [7/8]: 300– 313. 4. Arbeitskreis "Krankenhaus- und Praxishygiene" der AWMF: Hygienemaßnahmen beim Patiententransport. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/029; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/029-029.html; gedruckt in: Hygiene in Klinik und Praxis, 3. Auflage, mhp, Wiesbaden 2004, 214 - 223 5. Arbeitskreis "Krankenhaus- und Praxishygiene" der AWMF: Anforderungen der Hygiene an Hausreinigung und Flächendesinfektion. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/030; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/029-030.html; gedruckt in: Hyg Med 2010; 35 [7/8]: 261– 267. 6. Arbeitskreis "Krankenhaus- und Praxishygiene" der AWMF: Hygienische Aufbereitung von Patientenbetten. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/023; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/029-023.html; gedruckt in: Hyg Med 2010; 35 [7/8]: 268– 272. 7. Verband Angewandte Hygiene (VAH): Desinfektionsmittel-Liste des VAH, mhp-Verlag, Wiesbaden 2006 029/043 S1-Leitlinie: Hygieneanforderungen bei Infektionen mit RSV - Seite 3 Verfahren zur Konsensbildung: Interdisziplinärer Experten-Konsens im Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF www.hygiene-klinik-praxis.de/mitglieder.htm Sekretariat: Bernd Gruber Vereinig. d. Hygiene-Fachkräfte e.V. Marienhospital, Osnabrück e-mail: siehe Homepage des Arbeitskreises www.hygiene-klinik-praxis.de Ersterstellung: 09/2013 Letzte Überarbeitung: --Nächste Überprüfung geplant: 09/2018 oder nach Bedarf früher Die "Leitlinien" der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die "Leitlinien" sind für Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung. Die AWMF erfasst und publiziert die Leitlinien der Fachgesellschaften mit größtmöglicher Sorgfalt - dennoch kann die AWMF für die Richtigkeit des Inhalts keine Verantwortung übernehmen. Insbesondere für Dosierungsangaben sind stets die Angaben der Hersteller zu beachten! © 2013 Arbeitskreis „Krankenhaus- und Praxishygiene“ der AWMF Autorisiert für elektronische Publikation: AWMF online 029/043 S1-Leitlinie: Hygieneanforderungen bei Infektionen mit RSV - Seite 4