CLAUDIA LENZ ELKE HILBERT AUTOIMMUN ERNÄHRUNG Entzündliche Prozesse im Körper dauerhaft stoppen 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 1 31.03.17 16:18 INHALT Vorwort 5 7 MIT ERNÄHRUNG GEGEN ­E NTZÜNDUNGEN­–­ DIE REZEPTE 47 Zivilisationskrankheiten auf dem Vormarsch: Autoimmunerkrankungen 8 FRÜHSTÜCK 49 Entzündungen – die guten und die bösen 10 Sesam-Amaranth-Müsli 50 Aprikosen-Müsli 51 DAS MAGISCHE DREIECK ­E NTZÜNDUNG –­ IMMUNSYSTEM –­ERNÄHRUNG­ Darmgesundheit und bewusste Lebensführung 21 Quinoalocken mit Beeren und Reismilch 51 Essen gegen chronische Entzündungen 28 Quinoa-Nuss-Müsli 52 Quinoa-Bananen-Brei 53 Omega-Fettsäuren – die Zahl macht den Unterschied 32 Power-Pudding 54 Ernährungsmythen und -halbwahrheiten 39 Haselnuss-Küchlein 56 Antientzündlicher Lebensstil 41 Grünkernschnitten 57 Walnuss-Hefezopf 58 Frühstücksbrötchen 60 Smoothies 62 KLEINE GERICHTE 65 Roter Gurkensalat mit Walnüssen 66 Walnuss-Feldsalat mit Roter Bete 67 Warmer Zucchini-Auberginen-Salat 68 Bunter Salat mit Pfeffermakrele 70 Tomaten-Zwiebel-Schichtsalat 71 Möhren-Sellerie-Salat 72 Avocado-Papaya-Salat 74 Obstsalat 75 Gazpacho mal anders 76 Radieschensuppe 78 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 2 31.03.17 16:18 Kapuzinerkressesuppe 79 Butternusskürbis mit Kräuterbutter 109 Bärlauchsuppe 80 Gemüsetrio Bianco 110 Bärlauch-Löwenzahn-Suppe 81 Kohlrabischnitzel mit Ziegengouda 111 Feine Kräutersuppe 82 Herzhafter Pfannkuchen mit Tomatensalat 112 Suppeneinlagen 84 Gebackener Kürbis mit Pifferlingen 113 Pilzpfanne mit Pastinaken 114 Brotbelag: Tomatenkäse auf Salat 87 Zucchini-Möhren-Taler mit Petersilienquark 116 Rinderiletspitzen auf Rucola 88 Bunter Nudelsalat mit Avocadodressing 118 Zucchini-Schinken-Röllchen 90 Rote-Linsen-Gericht 119 Ziegenkäsecreme auf Avocado 91 Rote Linsensuppe 120 Linsen-Nuss-Plinsen mit Zitronenjoghurt 92 Chinakohl-Nudelsalat 122 Maiskolben mit Kräuterbutter 93 Chinesischer Nudelsalat mit Zuckerschoten 123 Kichererbsenmus – Hummus 94 Weißkohl-Brennnessel-Gemüse mit Pasta 124 Nudeln mit Spinat-Brennnessel-Feta-Sauce 125 VEGETARISCHE HAUPTGERICHTE 97 Dinkelnudeln mit Tomaten-Porree-Sauce 126 Linsen-Orangen-Salat 98 Dinkelspirelli mit Erbsen und Blattspinat 128 Quinoasalat mit Möhren 99 Mangold-Brennnessel-Tomaten-Gemüse zu Naturreis 129 Löwenzahn-Risotto 130 Spargel-Brokkoli-Ragout 132 Dinkel-Paprika-Gurken-Salat 100 Sesam-Mandel-Tofu auf dreierlei Salat 101 Pikante Brokkolischüssel 102 Wurzelsalat mit Erdnusssauce 104 Auberginenröllchen mit Minzjoghurt 105 Brokkoli-Kasseri-Aulauf 106 Petersilienkartoffeln mit Porreegemüse und Ei 107 Stielmus mit Kohlrabi 108 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 3 Vegetarisches Spargel-Pifferling-Frikassee 133 Naturreis mit gebratenen Tomaten und Spinatsauce 134 Saucen 136 31.03.17 16:18 Zucchinischiffchen mit Räucherisch 159 140 Steinbeißer mit Amaranth und Erbsengemüse 160 Stielmus mit Brokkoli und Tomaten 141 Lachs mit Kohlrabi und Dillkartoffeln 162 Pifferling-Rahm-Topf 142 Kräuterlachs mit Babymöhren 164 Gemüsetopf mit Brennnesseln 143 Forellensalat 165 Schnetzelpfanne mit Paprika und Pilzen 144 Makrelensalat 166 Paprikakraut mit Kalbsbrät 146 Kichererbsensalat mit Kabeljau 167 Rote Linsen mit Radieschen 147 Lachskoteletts mit Zitronenmöhren 168 Grüner Blattsalat mit Putenbrust 148 Frikadellen mit karamellisierten Möhren 150 Rotbarsch mit Meerrettichsauce und Roter Bete 170 Fischtopf rosso mit Dinkel 171 Fischfrikadelle mit Kartoffelsalat 172 HAUPTGERICHTE MIT FLEISCH UND FISCH 139 Sauerkraut-Wirsing-Topf Porree-Weißkohl-Gemüse mit Lammkoteletts 152 Amaranth-Lammhack-Pfanne 153 Lammtopf mit Backplaumen 154 Zum Weiterlesen 174 Lammtopf mit Aprikosen 156 Impressum 176 Reis-Chinakohl-Salat mit Entenbrust 158 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 4 31.03.17 16:18 VORWORT Chronische Entzündungen verlaufen oft über Jahre ohne Symptome und werden häuig erst zu einem Zeitpunkt diagnostiziert, an dem sie bereits große Schäden angerichtet haben. Beispiele dafür sind chronische Gelenkentzündungen, die die Gelenke unumkehrbar schädigen, chronische Entzündungen der Arterieninnenwände und daraus resultierende Infarkte, aber auch Autoimmunerkrankungen wie multiple Sklerose und chronisch degenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Krebs. Wir selbst können allerdings die Entstehung und den Verlauf von Entzündungen in unserem Körper mitbestimmen: durch unseren Lebensstil und dabei ganz wesentlich durch unsere Ernährung. Wie wir essen und trinken, kann dazu beitragen, dass unser Immunsystem it und schlagkräftig bleibt. In diesem Buch inden Sie medizinische Hintergründe zu (chronischen) Entzündungen und lesen, wie Sie Ihre Gesundheit durch geeignete Nahrung und eine förderliche Lebensführung positiv beeinlussen können. Damit all das nicht nur graue Theorie bleibt, inden Sie in diesem Buch vor allem auch eines: köstliche antientzündliche Rezepte. Alle Gerichte in diesem Buch basieren auf Zutaten, die antientzündlich wirken und bestehende chronische Entzündungen nicht noch weiter befeuern. Gleichzeitig liefern diese Lebensmittel für unser Immunsystem wichtige Bausteine. Das klingt vielleicht kompliziert, ist es aber nicht: Die Rezepte sind einfach zuzubereiten – mit einer überschaubaren Anzahl an Zutaten und mit nur geringem Aufwand. Für die Entwicklung dieser besonderen Gerichte danke ich herzlich Elke Hilbert, die sich so hervorragend in das Thema eingearbeitet und es ideenreich, bunt und abwechslungsreich umgesetzt hat. Claudia Lenz 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 5 31.03.17 16:18 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 6 31.03.17 16:18 DAS MAGISCHE DREIECK ENTZÜNDUNG •­IMMUNSYSTEM • ERNÄHRUNG Unser Essen beeinlusst auf vielfältige Weise unsere Gesundheit. Die aktuelle Forschung beschäftigt sich unter anderem mit den Zusammenhängen zwischen Ernährung, Immunsystem und Entzündungsreaktionen. Sie zeigt uns Wege auf, wie wir Zivilisationskrankheiten, darunter viele chronisch entzündliche Erkrankungen bis hin zu Autoimmunerkrankungen, durch unsere Nahrung selbst mitbeeinlussen können. 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 7 31.03.17 16:18 ZIVILISATIONSKRANKHEITEN AUF DEM VORMARSCH: AUTOIMMUNERKRANKUNGEN Die medizinische Fachwelt hat festgestellt, dass Autoimmunerkrankungen exponentiell zunehmen, und es wird intensiv nach den Ursachen geforscht. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse zeigen deutlich, dass niemals nur ein einziger Auslöser verantwortlich ist für die Entwicklung einer Autoimmunerkrankung. Vielmehr tragen immer eine ganze Handvoll an individuellen Einlussfaktoren gemeinsam dazu bei, dass eine Autoimmunerkrankung entsteht. Dazu gehören die genetische Veranlagung, persönliche Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Bewegung oder Stressbelastung und Umweltfaktoren wie Schadstoffe, die uns überall im Alltag begegnen, etwa in der Luft, in Teppichen, in Farben und in Lebensmitteln (siehe auch die Graik auf Seite 20). Ein kurzer Blick zurück Die Erkenntnis, dass es Autoimmunerkrankungen gibt, ist in der langen Geschichte der Medizin noch relativ neu. Zwar wurden die Symptome von multipler Sklerose bereits Ende des 18. Jahrhunderts beschrieben, doch erst knapp 100 Jahre später gab es erste medizinische Erkenntnisse dazu. Es dauerte nochmals hundert Jahre, bis Diagnosekriterien für diese Autoimmunerkrankung aufgestellt wurden. Hashimoto-Thyreoiditis wurde erstmalig 1912 beschrieben, Alzheimer-Demenz etwa um dieselbe Zeit. Seit den 1950er-Jahren sind eine große Zahl weiterer Autoimmunerkrankungen in ihren Symptomen beschrieben, aber oft erst viel später als solche identiiziert worden. Dazu gehören bestimmte Formen von Arthritis und Demenz, Diabetes Typ 1, Morbus Crohn, Zöliakie und Polyneuropathie. 8 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 8 Das magische Dreieck 31.03.17 16:18 Der deutsche Mikrobiologe Paul Ehrlich (1854–1915) fand um das Jahr 1900 heraus, dass der Körper in der Lage ist, zwischen körpereigen und körperfremd zu unterscheiden. Er erkannte, dass körperfremde Zellen und Stoffe vom Immunsystem eliminiert werden, körpereigene Substanzen jedoch toleriert werden – normalerweise. Bei einem Fehler im System kann der Körper diese Unterscheidung nicht treffen und dann kommt es zu einer Autoimmunerkrankung: »Auto« kommt aus dem Griechischen und bedeutet auf Deutsch »selbst«. Bei einer Autoimmunerkrankung richtet sich also das Abwehrsystem unseres Körpers gegen uns selbst: Es zerstört körpereigenes gesundes Gewebe. (Wie es im Detail arbeitet, lesen Sie ab Seite 13.) Autoimmunerkrankung –­was­ist­das? Eine Autoimmunerkrankung kann der Körper gegen jedes Gewebe, gegen jede seiner Strukturen entwickeln: gegen Nerven, Muskeln, Knochen oder Organe, gegen Blutzellen oder Hautzellen – und so fort. Beispiele für Autoimmunerkrankungen sind Vitiligo, Lupus erythematodes, Zöliakie, multiple Sklerose, rheumatisches Fieber, chronisches Erschöpfungssyndrom, Hashimoto-Thyreoiditis oder auch Autoimmunhepatitis. Vorgänger der sichtbaren und spürbaren Symptome von Autoimmunerkrankungen sind oftmals stille Entzündungen. Entzündungen also, von denen wir gar nichts mitbekommen und die sich oft dauerhaft halten, also chroniizieren. Durch eine immunstärkende Ernährung kombiniert mit weiteren Faktoren des Lebensstils können wir dazu beitragen, der Entstehung solcher chronischen Entzündungen vorzubeugen. Um diesen Zusammenhang zu verstehen, müssen wir zuerst etwas mehr über Entzündungen erfahren. Zivilisationskrankheiten auf dem Vormarsch: Autoimmunerkrankungen 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 9 9 31.03.17 16:18 ENTZÜNDUNGEN –­ DIE GUTEN UND DIE BÖSEN Entzündungen können mitunter in ernsthaften Krankheiten enden, gar in Autoimmunerkrankungen, bei denen gesunde körpereigene Strukturen vernichtet werden und die Patienten in der Folge dauerhaft und über Jahre hinweg in zunehmendem Maße in ihrer Lebensqualität eingeschränkt sind. Dennoch brauchen wir Entzündungen. Das klingt paradox – aber nur auf den ersten Blick. Der Mensch braucht Entzündungen Tatsache ist: Entzündungen gehören zu uns wie der Umstand, dass wir schlafen müssen, wenn wir müde sind. Denn eine Entzündung ist notwendig, damit im Körper etwas heilen kann. Genau genommen ist die Entzündungsreaktion der Heilungsprozess. Dass etwas heilen muss, erleben wir ständig an uns. Oder? Vielleicht denken Sie jetzt, dass Sie längst schon raus sind aus den Jahren, in denen Sie sich ständig Blessuren zugezogen haben, von blauen Flecken bis hin zu Schnitt- oder Schürfwunden. Verletzungen, die bald wieder heilten, aber dabei auch oft sichtbar entzündet waren. Doch auch als Erwachsene sind wir weiterhin mit Entzündungen konfrontiert, auch wenn diese nun nicht mehr durch Kinderkrankheiten und nur selten durch Blessuren beim Spiel und Sport verursacht sind, sondern beispielsweise Nasennebenhöhlen- oder Blasenentzündung heißen, Sehnenscheiden-, Lungen- oder auch Nagelbettentzündung. Selbst ein Insektenstich ruft eine Entzündungsreaktion rund um die Einstichstelle hervor. Oder ein Kratzer, den einem die Katze beim Spielen beigebracht hat. Doch was genau steckt dahinter? 10 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 10 Das magische Dreieck 31.03.17 16:18 Entzündungen heilen Wenn wir an akuten Entzündungen leiden, dann sind wir meist deutlich beeinträchtigt und haben Schmerzen – denken Sie nur an eine Mandelentzündung, die uns kaum mehr schlucken lässt vor Schmerzen, oder auch an die Pein, die eine Magenschleimhautentzündung verursacht. Manchmal hadern wir dann mit unserem Schicksal. Dabei sollten wir dankbar sein, dass unser Körper so gut funktioniert. Denn Entzündungen dienen dazu, einen Schaden im Körper möglichst rasch zu reparieren. Sie neutralisieren und entfernen schädigende Stoffe und beschleunigen die Stoffwechselabläufe vor Ort, damit die Aufräum- und / oder Reparaturarbeit durch körpereigene Substanzen möglichst schnell geschehen kann. Auf diese Weise sollte unsere akute Krankheit in absehbarer Zeit wieder geheilt sein. Von­Allergenen­bis­Zecken –­was­Entzündungen­auslösen­kann Es gibt eine große Vielfalt an Entzündungsauslösern. Dazu gehören: • Bakterien (z. B. Salmonellen, Streptokokken), • Viren (z. B. Rhinoviren, Inluenzaviren), • Parasiten (z. B. Zecken, Würmer, Flöhe), • Fremdstoffe (z. B. Holzsplitter oder Schmutzteilchen bei Schürfwunden), • Verletzungen (Schnitte, Zerrungen), • Ablagerungen (z. B. bei Gicht, Arteriosklerose), • Strahlung (z. B. UV-Strahlung), • chemische Substanzen (z. B. ätzend wirkende Säuren, aber auch Capsaicin aus Chilischoten und in Tigerbalsam), • abgestorbenes Gewebe (z. B. bei Erfrierungen, Quetschungen), • mechanische Überbelastung (wie z. B. bei der Sehnenscheidenentzündung), • Allergene (z. B. Pollen, Tierhaare, Nahrungsmittelinhaltsstoffe). Entzündungen – die guten und die bösen 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 11 11 31.03.17 16:18 Das passiert bei einer Entzündung Charakteristische Zeichen einer Entzündung sind: Rötung, Schwellung, Schmerz und Überwärmung. Im Detail laufen im Körper folgende Prozesse ab: • Am Ort der Schädigung kommt es zu einer Erweiterung der Blutgefäße, die wir als Rötung wahrnehmen. Das hat zur Folge, dass die Blutgefäße durchlässiger werden. Durch die Erweiterung der Gefäße an der Stelle der Verletzung ließt das Blut dort langsamer, damit die Helfersubstanzen besser aus den Blutgefäßen ins umgebende geschädigte Gewebe übertreten können. Helfersubstanzen, fachsprachlich Mediatoren, sind zum einen Eiweißstoffe, die nicht zum Immunsystem gehören, zum anderen Immunzellen. Erstere dienen dazu, schädigende Stoffe zu verdünnen sowie Barrieren zum umliegenden gesunden Gewebe zu schaffen. Die Immunzellen kümmern sich darum, dass Schadstoffe, Fremdkörper und abgestorbenes Gewebe entfernt oder neutralisiert werden. • Der Anstrom von Eiweißsubstanzen in das geschädigte Gewebe führt zu einer Schwellung. • Die Schwellung wiederum reizt chemisch durch bestimmte Stoffe die Nervenenden und mechanisch durch Druck die Schmerzrezeptoren. Wir spüren Schmerz. • Durch die Weitstellung der Blutgefäße am Ort der Entzündung kommt es dort zu einer stärkeren Durchblutung und damit zu einer Überwärmung. Entzündungen,­die­man­nicht­wahrnimmt Nicht jede Entzündung bereitet Schmerzen, denn nicht jedes Organ hat Schmerzrezeptoren. Eine Entzündung des Herzmuskels oder der Speiseröhre können wir nicht spüren. Auch das Gehirn hat keine Schmerzrezeptoren, ebenso wenig wie Leber und Bauchspeicheldrüse. Da wir in diesen Bereichen eine akute Entzündung nicht spüren, gehen wir in der Regel nicht dagegen an. Und selbst in schmerzempindlichen Geweben verlaufen chronische Entzündungen oft (nahezu) ohne Schmerzen, weil das Entzündungsgeschehen weniger hochtourig abläuft als bei einer akuten Entzündung. Das kennt man beispielsweise von chronischen Mandel- und Nebenhöhlenentzündungen. 12 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 12 Das magische Dreieck 31.03.17 16:18 Schwere oder großlächige Entzündungen können Reaktionen des gesamten Körpers auslösen: Der Patient bekommt Fieber, fühlt sich schwach, leidet unter Nachtschweiß. All diese Symptome zeigen: Im Inneren arbeiten Abwehr- und Reparatursysteme auf Hochtouren. Worin aber bestehen diese Systeme, die bei jeder Art von Entzündung in unserem Körper Schwerstarbeit verrichten? Und was tun sie? In ihrer Gesamtheit nennen wir diese Systeme Immunsystem. Und mit dem wollen wir uns im Folgenden beschäftigen. Unser­Immunsystem –­Gesundheitspolizei­ und ­Katastrophenschutz Unsere körpereigene Abwehr gegen (potenziell) bedrohliche Einwirkungen ist ein hochkomplexes System, das aus mehreren Komponenten besteht. Eine davon ist die unspeziische­ Abwehr oder das unspeziische Immunsystem. Es ist angeboren. Dieses Abwehrsystem arbeitet nicht gegen spezielle Erreger, sondern gegen jeden Angreifer, ganz gleich welcher Art. Zu ihm gehören zelluläre Bestandteile – das sind bestimmte Arten von weißen Blutkörperchen – sowie nicht-zelluläre Moleküle und Verbindungen (siehe Tabelle auf der nächsten Seite). Die unspeziische Abwehr ist immer am schnellsten vor Ort. Sie interagiert während ihrer Erste-Hilfe-Arbeit gemeinsam mit der speziischen­Abwehr unseres Körpers: Diese zweite Komponente des Immunsystems arbeitet, wie der Name bereits sagt, erregerspeziisch. Sie wird im Lauf des Lebens ausgebildet, unterscheidet sich in ihrer Ausprägung deshalb von Mensch zu Mensch. Zur speziischen Abwehr zählen Lymphozyten (weiße Blutkörperchen, siehe Tabelle auf der nächsten Seite) und im Blutplasma beindliche Antikörper (Eiweißstrukturen / Proteine). Letztere richten sich speziell gegen bestimmte Eiweißstrukturen, die z. B. bei bestimmten Bakterien oder Viren vorkommen. In der Tabelle sind die genannten Komponenten des Immunsystems zusammengefasst: Entzündungen – die guten und die bösen 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 13 13 31.03.17 16:18 DAS IMMUNSYSTEM AUF EINEN BLICK Immunzellen (verschiedene Arten weißer­Blutkörperchen) Unspeziische­ Abwehr­ (angeboren) Andere­Abwehrstoffe­(nicht-zellulär) Granulozyten, Monozyten / Makrophagen, Komplementsystem, Enzyme, Zytokine, dendritische Zellen, natürliche KillerDefensine, freie Radikale zellen, Mastzellen Lymphozyten Speziische­ Abwehr­(erworben) Antikörper Auf die zellulären Bestandteile des Immunsystems, die weißen Blutkörperchen, gehen wir wegen ihrer großen Bedeutung im folgenden Abschnitt ein. Hier kurze Beschreibungen der in der Tabelle aufgeführten nicht-zellulären Abwehrstoffe: • Komplementsystem: Es bildet einen Eiweißkomplex mit zellauflösenden Eigenschaften aus (z. B. bei einer Infektion durch Bakterien). • Defensine: Eiweißmoleküle, die Zellwände durchdringen können und dann in unseren Körper eingedrungene Fremdzellen (v. a. Bakterien) schädigen und unschädlich machen. • Enzyme: in diesem Fall Abwehr-Enzyme, sie lösen chemische Bindungen auf (z. B. Lysozym, das Bakterienzellwände angreift). • Zytokine: Proteine, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen regulieren. Weiße­Blutkörperchen­(Leukozyten) –­unsere­Abwehrzellen Leukozyten werden im roten Knochenmark gebildet. Dieses beindet sich beim Erwachsenen in Brustbein und Becken, bei Kindern und Jugendlichen zusätzlich auch in den Röhrenknochen der Arme und Beine. Leukozyten sind unsere schlagkräftigsten Abwehrzellen. Man kann sie einteilen in die erregerspeziisch arbeitenden Lymphozyten, und zwar die B-Lymphozyten und T-Lymphozyten, sowie die unspeziisch arbeitenden weißen Blutkörperchen. Dazu gehören Monozyten / Makrophagen, dendritische 14 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 14 Das magische Dreieck 31.03.17 16:18 Zellen, Mastzellen und Granulozyten. Diese unspeziischen Leukozyten haben vielfältige Aufgaben im Immungeschehen, die Zellen sind z. B. Fresszellen, setzen Botenstoffe frei, wehren Parasiten ab, erkennen und zeigen Antigene an, also bestimmte Strukturen der abzuwehrenden Stoffe. Mit dem Anzeigen von Antigenen kommen die Lymphozyten auf den Plan: T-Lymphozyten haben Rezeptoren, die sich jeweils nur an bestimmte Erregerstrukturen binden und die Erreger dadurch unschädlich machen. B-Lymphozyten setzen Antikörper frei, die sich anschließend auf Mastzellen im Gewebe und auf Schleimhäuten sowie auf einer speziellen Art von Leukozyten im Blut (sogenannten basophilen Leukozyten) festsetzen. Mastzellen und basophile Leukozyten können bei Kontakt mit einem Antigen Stoffe freisetzen, die Entzündungsreaktionen zur Abwehr des Erregers ablaufen lassen. Zu diesen Stoffen gehören beispielsweise Histamin, Heparin und Prostaglandine. im Bild oben: Lymphozyt, unten links: Makrophage, unten rechts: dendritische Zelle Entzündungen – die guten und die bösen 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 15 15 31.03.17 16:18 Zu niedrige Werte an weißen Blutkörperchen können (wenn sie nicht durch bestimmte Medikamente verursacht werden) vorkommen bei Virusinfekten, Autoimmunerkrankungen, Krebserkrankungen und Knochenmarkserkrankungen. Zu hohe Werte bei den weißen Blutkörperchen können auf eine bakterielle Infektion, auf Leukämie, aber auch auf starke körperliche wie seelische Belastung hinweisen. Eine fachgerechte Interpretation ungewöhnlicher Leukozytenwerte kann der Arzt im Gesamtzusammenhang mit weiteren Parametern geben. Abwehr­einer­»guten«­Entzündung Wann immer in unseren Körper Krankheitserreger oder Fremdsubstanzen eindringen, wird unser Immunsystem aktiviert. Außerdem tritt es auch dann in Aktion, wenn es darum geht, geschädigte körpereigene Zellen zu entfernen. In jedem Fall handelt es sich bei aktivierter Immunabwehr um ein entzündliches Geschehen. Gute und schlechte Entzündungen unterscheiden sich vor allem in Bezug auf ihre Dauer und ihren Ort. Gute Entzündungen dienen der Wiederherstellung von funktionalen Strukturen (Haut, Knochen, Nerven usw.) sowie der Genesung. Solche akuten Entzündungen sind rasch überstanden. Sie dauern nur einige Tage bis einige Wochen. Wenn­aus­guten­böse­Entzündungen­werden Dauert das Entzündungsgeschehen länger als einige Wochen an, wird aus der vormals guten eine schlechte Entzündung mit Krankheitsbedeutung, also eine sogenannte chronische Entzündung. Diese kann nun nichts Gutes mehr im Körper für uns bewirken, sondern bringt ausschließlich Nachteile für uns und unsere Gesundheit mit sich. Mit einer Entzündung, die ungewöhnlich lange dauert, sollten Sie in jedem Fall zum Arzt gehen. Sie kann aus einer akuten Entzündung entstehen, wenn das Immunsystem es nicht schafft, schädigende Mikroorganismen oder Substanzen vollständig zu entfernen. Sie entsteht auch, wenn eine bestimmte 16 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 16 Das magische Dreieck 31.03.17 16:18 Schadeinwirkung weiterbesteht. Ein Beispiel dafür wäre etwa eine ständige Feinstaubbelastung, die dann zu einer chronischen Bronchitis führt. Weitere Beispiele für aus akuten Entzündungen hervorgegangene chroniizierte Entzündungen sind die chronische Nasennebenhöhlen- und die chronische Magenschleimhautentzündung. Chronische Entzündungen sind deshalb so schädlich für uns und unseren Körper, weil sie • meist mit chronischen Schmerzen einhergehen (Ausnahmen siehe Kasten Seite 12). • das betroffene Gewebe oder Organ in seiner Funktion beeinträchtigen und damit uns selbst. • zu dauerhaft schlechten Blutwerten und einer dauerhaft veränderten Situation der im Körper zirkulierenden Botenstoffe und Hormone führen. Das hat mannigfaltige negative Auswirkungen auf Körper und Psyche – u. a. führt es zu einer Dauerbelastung unseres Körpers mit entzündungsanfeuernden Botenstoffen, was autoimmune Gewebsschädigungen begünstigt. Die veränderte Hormonlage kann Erschöpfungszustände bis hin zu Depressionen bedingen. Diese Auswirkungen einer chronischen Entzündung gelten für alle Arten einer chronischen Entzündung, auch für diejenigen, die nicht aus einer akuten Entzündung hervorgehen. Zu dieser Art, den sogenannten primär chronischen Entzündungen, gehören alle Autoimmunkrankheiten. Entzündungen – die guten und die bösen 09547_Lenz_Autoimmun_001_176.indd 17 17 31.03.17 16:18 UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE Claudia Lenz Autoimmun-Ernährung Entzündliche Prozesse im Körper dauerhaft stoppen Paperback, Klappenbroschur, 176 Seiten, 17,0 x 24,0 cm ISBN: 978-3-517-09547-9 Südwest Erscheinungstermin: Mai 2017 Für ein starkes Immunsystem Autoimmunkrankheiten, aber auch eine zu schwache oder fehlende Immunantwort auf Krankheitserreger oder bösartige Zellveränderungen haben oft eine gemeinsame Ursache: Chronische Entzündungen. Nach Claudia Lenz ist neben einer allgemein gesunden Lebensweise vor allem die Ernährung eine wichtige Stellschraube, um chronischen Entzündungen beizukommen und bereits bestehende Funktionsstörungen des Immunsystems zu behandeln.