Presseinformation, 15. Juli 2009 Tumorbehandlung im Gehirn durch lokale Therapie Zentrum für Hirntumoren startet neue Studie (Regensburg) Am Mittwoch, den 15. Juli 2009, beginnt die Neurologische Universitätsklinik am Bezirksklinikum Regensburg mit der internationalen Sapphire-Studie. Alternativ zu klassischen Chemotherapien testet diese sog. Phase-III-Studie die Wirksamkeit des neuen Medikaments Trabedersen bei Patienten mit einem bestimmten Typ von Hirntumoren, dem anaplastischen Astrozytom. Frühe Studienergebnisse belegten fast eine Verdoppelung der Überlebenszeit betroffener Patienten bei hervorragender Lebensqualität. „Die Neurologie der Universität Regensburg unterstreicht damit ihre Rolle in der Überführung von Ergebnissen aus der Grundlagen- und klinischen Forschung hinein in die klinische Praxis“, so Prof. Dr. Ulrich Bogdahn, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie. Die Klinik arbeitet im neuen Zentrum für Hirntumoren mit der Klinik für Neurochirurgie unter der Leitung von Prof.Dr. Alexander Brawanski zusammen. Wie schon in vorausgegangenen Studien ist die Regensburger Neurologie für die Durchführung der Studie in allen deutschen Studienzentren verantwortlich. Sie wird in 14 Ländern durchgeführt und hat das Ziel, das Medikament weltweit zur Zulassung zu bringen. Die Neurologische Universitätsklinik am Bezirksklinikum Regensburg nimmt eine führende Rolle in der Entwicklung neuer medikamentöser Behandlungsmethoden bei bösartigen Hirntumoren ein. Durch eigene Forschungsarbeiten stieß Bogdahn vor exakt zwanzig Jahren gemeinsam mit seinem Doktoranden Piotr Jachimczak die Entwicklung des vielversprechenden Medikaments Trabedersen durch das mehrfach ausgezeichnete Regensburger Biotech-Unternehmen Antisense-Pharma an. Die Therapie mit Trabedersen soll die Produktion eines spezifischen Eiweißmoleküls hemmen, das als transformierender Wachstumsfaktor beta 2 (TGF-beta 2) bezeichnet wird. Dieser Wachstumsfaktor ist für das schnelle Wachstum, die Gefäßneubildung, sowie die rasche Ausbreitung von Tumorzellen in gesundem (Hirn)gewebe verantwortlich. Ganz wesentlich ist er aber daran beteiligt, daß das körpereigene Immunsystem die Tumorzellen weder erkennt noch beseitigen kann. Bogdahn beschrieb 1991 als Erster diese wichtige Rolle von TGF-beta2 für die Therapie von Hirntumoren. Die Firma Antisense Pharma entdeckte mit dem Wirkstoff Trabedersen den entscheidenen Mechanismus, um den Wachstumsfaktor TGF-beta2 um bis zu 80 % auszuschalten. Dadurch werden negative Nebenwirkungen deutlich vermindert, die bisherigen klinischen Studien belegen einen sehr eindrucksvollen günstigen Effekt. Bei der Sapphire-Studie wird das neuartige Medikament mittels eines Katheters direkt in den Kern des Hirntumors des Patienten gepumpt, wo es lokal seine optimale Wirkung entfaltet. Die teilnehmenden Patienten unterziehen sich vorab einem minimalen chirurgischen Eingriff. Die zu erwartenden Nebenwirkungen im übrigen Körper sind minimal. In den bereits abgeschlossenen Vorläuferstudien an Patienten mit anaplastischen Astrozytomen deutete sich an, dass Trabedersen deutlich wirksamer als klassische Chemotherapien ist. In der Vorgängerstudie war der Tumor nach 14 Monaten bei über 50% der Patienten unter Kontrolle, unter Standard-Chemotherapie hatten die Tumoren in der gleichen Studie bei allen Patienten wieder an Größe zugenommen. „Gelingt die Zulassung des Medikaments Trabedersen, eröffnen sich für Patienten mit bösartigen Hirntumoren völlig neue Chancen“, ist Bogdahn überzeugt. Und Brawanski ergänzt: „Diese Studie liegt im Trend der modernen medizinischen Entwicklung. Hier zeigt sich zunehmend, dass erfolgreiche Therapieansätze nur interdisziplinär erfolgreich umgesetzt werden können.“ In die Studie eingeschlossen werden Patienten mit anaplastischem Astrozytom, bei denen der Hirntumor nach einer zunächst erfolgreichen Ersttherapie mit Strahlentherapie und Chemotherapie erneut aufgetreten ist. Das Regensburger Zerntrum für Hirntumoren ist eines der größten in Deutschland. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 312 Patienten medikamentös behandelt; bei Patienten mit hoch malignen Gliomen erfolgten 102 operative Eingriffe und 52 Strahlentherapien. Die Quote der Studienpatienten bei den Glioblastomen, dem bösartigsten Hirntumor überhaupt, liegt bei über 50%. Behandelt werden alle Patienten mit primären Tumoren des zentralen Nervensystems (Tumoren, die direkt im Gehirn oder Rückenmark entstehen) sowie Patienten mit Hirnmetastasen, Meningeosis neoplastica (Aussaat von Tumorzellen im Nervenwasser) sowie Patienten mit paraneoplastischen Syndromen (indirekten Auswirkungen von Tumorerkrankungen am Nervensystem und anderen Organen). Kontakt zur Studienorganisation unter [email protected], Tel. 0941/941-8464. Ansprechpartner für die Presse: Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Prof. Dr. Ulrich Bogdahn [email protected] Tel. 0941/941-3006