44 _____________________________________________________________________ 5. Zusammenfassung In einer retrospektiven sechsjährigen Studie von 1996 bis 2001 wurden bei 155 stationären Patienten mit neuralgiformen Gesichtsschmerzen der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Zentralkrankenhauses Sankt-Jürgen-Strasse Bremen Somato-Sensorisch-Evozierte Potentiale (TSEP) vom zweiten und dritten Ast des Nervus trigeminus abgeleitet und ausgewertet. Die Einteilung der Patienten (n=155) erfolgte in die Kollektive Trigeminusneuralgie (n=80), Trigeminusneuropathie (n=57) und Atypischer Gesichtsschmerz (n=18). Bei der Alters- und Geschlechtsverteilung dieser repräsentativen Stichprobe zeigte sich, daß der neuralgiforme Gesichtsschmerz in überwiegendem Maße eine Erkrankung der zweiten Lebenshälfte und des weiblichen Geschlechts darstellt. Bei einem Gesamtdurchschnittsalter von 55,8 Jahren ist der Trigeminusschmerzpatient mit 59,9 Jahren älter als der Patient mit Atypischem Gesichtsschmerz (53,8 Jahre) und Trigeminusneuropathie (50,8 Jahre). Weiblichen Geschlechts waren 83,3% der Patienten mit Atypischem Gesichtsschmerz, 66,7% mit Trigeminusneuropathie und 62,5% mit Trigeminusneuralgie. Bei allen drei Erkrankungsgruppen waren beide Gesichtshälften gleichermaßen betroffen. Am häufigsten war isoliert mit 41,3% der dritte und mit 27,7% der zweite Trigeminusast betroffen. Eine Kombination der Schmerzzustände vom zweiten und dritten bzw. vom ersten und zweiten Trigeminusast trat in 23,9% und 7,1% der Fälle auf. Eine Auswertung der TSEP`s zeigte in der Gruppe der Trigeminusneuralgien zu 75% einen pathologischen Befund; dagegen waren es bei der Trigeminusneuropathie nur 35% und beim Atypischen Gesichtsschmerz 22% der Ableitungen. Zur Auswertung kamen die N13- und P19-Latenzwerte mit der Amplitudendifferenz (N13/P19) im Vergleich mit der gesunden Seite und den Normwerten. Auffällig war hierbei, daß der pathologische Befund in der Hälfte der Fälle bei Neuralgie und Atypischem Gesichtsschmerz durch eine Latenzverzögerung mit Amplitudenreduktion verursacht wird, während es bei der Trigeminusneuropathie zu 55% die isolierte Latenzverzögerung der N13- und P19-Werte ist. Die statistische Bearbeitung dieser Einzelwerte bei Trigeminusneuralgie mit dem Dunn`s Multiple Comparisons Test erbrachten ein hochsignifikantes Ergebnis (p<0,01) bei den N13-Latenzwerten im Seitenvergleich. Zusätzlich signifikant 45 _____________________________________________________________________ (p<0,05) verhalten sich bei dieser Patientengruppe die P19-Latenzwerte und die Amplitudendifferenzen (N13/P19). Bei den beiden anderen Patientengruppen (Trigeminusneuropathie, Atypischer Gesichtsschmerz) zeigen die für diese TSEPParameter (N13, P19, N13/P19) durchgeführten Varianzanalysen keine signifikanten Unterschiede (p>0,05) im Seitenvergleich. Mögliche Ursachen dieser auffälligen unterschiedlichen Befunde in den Erkrankungsgruppen wurden diskutiert. In Frage kommen hierbei möglicherweise eine vaskuläre Kompression der Nervenwurzel im Kleinhirn-Brückenwinkel mit einer partiellen Demyelinisierung der Achsenzylinder, eine Veränderung des Einflusses von Neurotransmittern aber auch eine Veränderung der Afferenzen, die letztendlich auch eine TSEP-Veränderung bewirken. In Kombination mit dem klinischen Befund stellt die Ableitung von SomatoSensorisch-Evozierten Potentialen des Nervus trigeminus eine wertvolle Hilfe bei der Objektivierung und Differenzierung neuralgiformer Gesichtsschmerzen dar.