Analytische Geometrie und Lineare Algebra 2

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Ina Kersten
Dieser Universitätsdruck ist die Fortsetzung des 2005 erschienenen Titels „Analytische Geometrie und Lineare Algebra
1“. Er wendet sich an Studierende des zweiten Semesters, die
einen Studienabschluss in Mathematik, Physik oder in einem
Zwei-Fächer-Bachelorstudiengang mit Mathematik als einem
der beiden Fächer anstreben. Es werden einige Grundbegriffe
der Algebra bereitgestellt, und es wird in die affine und projektive Geometrie eingeführt.
Analytische Geometrie und
Lineare Algebra 2
Ina Kersten Analytische Geometrie und Lineare Algebra 2
LATEX-Bearbeitung von Stefan Wiedmann
ISBN 3-938616-44-X
Universitätsdrucke Göttingen
Universitätsdrucke Göttingen
Ina Kersten
Analytische Geometrie und Lineare Algebra 2
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erschienen in der Reihe der
Universitätsdrucke Göttingen 2006
Ina Kersten
Analytische Geometrie und
Lineare Algebra 2
LATEX-Bearbeitung von
Stefan Wiedmann
Universitätsverlag Göttingen
2006
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über
<http://dnb.ddb.de> abrufbar.
Anschrift der Autorin
Prof. Dr. Ina Kersten
Bunsenstraße 3–5
37073 Göttingen
http://www.uni-math.gwdg.de/kersten/
[email protected]
Dieses Buch ist auch als freie Onlineversion über die Homepage des Verlags sowie über
den OPAC der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek
(http://www.sub.uni-goettingen.de) erreichbar und darf gelesen, heruntergeladen sowie
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Satz und Layout: Stefan Wiedmann
Graphiken: Ben Müller
Titelabbildung: Modellsammlung Mathematisches Institut, Universität
Göttingen
Fotos: Jan-Philipp Hoffmann
Bildbearbeitung: Claudia Gabler und Christian Herrmann
Umschlaggestaltung. Margo Bargheer, Maren Büttner
© Universitätsverlag Göttingen 2006
ISBN 10: 3-938616-45-8
ISBN 13: 978-3-938616-44-4
5
Vorwort
Dieser Universitätsdruck enthält den Teil 2 der Vorlesung Analytische Geometrie und Lineare Algebra (AGLA). Teil 1 ist zum Wintersemester 2005/06
als Göttinger Universitätsdruck erschienen und umfasst 10 Kapitel sowie
68 Übungsaufgaben. Folgerichtig starten wir hier mit Kapitel 11 und der
Aufgabe 69. Auf Sätze und Aufgaben aus früheren Kapiteln kann einfach
verwiesen werden, ohne dass die Bandnummer extra erwähnt werden muss.
Im Sommersemester 2006 wird das AGLA-Reformprojekt 05/06 mit der
Vorlesung AGLA II fortgesetzt. Der Schwerpunkt in der Lehre wird weiterhin in dem Lernerfolg bei den Studierenden gesehen. Es gibt auch im
Sommersemester 2006 in den Vorlesungsstunden eine von Ben Müller
vorbereitete elektronische Präsentation des Lernstoffs, und dieser Universitätsdruck dient als Begleittext zum Vor- und Nacharbeiten. Auch der
ELAN Pool mit den Übungsgaben und der Möglichkeit, nach und nach
Lösungshinweise bis hin zu und Lösungen abzurufen, wird wieder von Ben
Müller erarbeitet.
Danken möchte ich an die Stelle allen Personen, den ich im Teil 1 schon
gedankt habe, sowie den studentischen Hilfskräften und dem Assistenten
Paul Mitchener, die im WS 2005/06 das AGLA-Reformprojekt mit großem
Einsatz begleitet haben.
April 2006
Ina Kersten
Ein Beispiel
Abbildung 1: Endliche affine Ebene
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
6
Schreibweisen und Bezeichnungen
Abkürzende Schreibweisen
A := B
∃
∀
=⇒
⇐⇒
\
|M |
m∈M
M ⊂N
a6b
a<b
A ist definitionsgemäß gleich B
es gibt
für alle
folgt
genau dann, wenn
ohne
Ende des Beweises
Anzahl der Elemente einer Menge M
m ist Element der Menge M
M ist Teilmenge von N (d.h. m ∈ M =⇒ m ∈ N )
a ist kleiner oder gleich b
a ist kleiner als b
Standardbezeichnungen
N := {1, 2, 3, . . . } Menge der natürlichen Zahlen
Z := {0, ±1, ±2, ±, . . . } Ring der ganzen Zahlen
Q Körper der rationalen Zahlen
R Körper der reellen Zahlen
C Körper der komplexen Zahlen
∅ Leere Menge (besitzt kein Element)
K bezeichne einen beliebigen Körper (sofern nichts anderes gesagt wird)
Das griechische Alphabet
A α Alpha, B β Beta, Γ γ Gamma, ∆ δ Delta, E ε Epsilon, Z ζ Zeta, H η
Eta, Θ θ Theta, I ι Jota, K κ Kappa, Λ λ Lambda, M µ My, N ν Ny, Ξ ξ
Xi, O o Omikron, Π π Pi, P % Rho, Σ σ ς Sigma, T τ Tau, Υ υ Ypsilon, Φ
ϕ Phi, X χ Chi, Ψ ψ Psi, Ω ω Omega
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
Inhaltsverzeichnis
7
Inhaltsverzeichnis
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
11.1 Äquivalenzrelationen . . . . . . . . . . . . . .
11.2 Quotientenvektorräume . . . . . . . . . . . .
11.3 Die kanonische Abbildung von V auf V/U . .
11.4 Beispiele für Gruppen . . . . . . . . . . . . .
11.5 Untergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.6 Homomorphismus von Gruppen . . . . . . . .
11.7 Nebenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.8 Abzählformel . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.9 Die Ordnung von Gruppenelementen . . . . .
11.10 Die von einem Element erzeugte Untergruppe
11.11 Satz von Lagrange . . . . . . . . . . . . . . .
11.12 Erzeugung von Gruppen . . . . . . . . . . . .
11.13 Klassifikation der zyklischen Gruppen . . . .
11.14 Normalteiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.15 Faktorgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.16 Homomorphiesatz . . . . . . . . . . . . . . . .
11.17 Der Begriff des Ringes . . . . . . . . . . . . .
11.18 Der Begriff einer K -Algebra . . . . . . . . . .
11.19 Operationen von Gruppen auf Mengen . . . .
11.20 Affiner Raum (additives Beispiel) . . . . . . .
11.21 Bahn und Stabilisator . . . . . . . . . . . . .
11.22 Bahnformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.23 Übungsaufgaben 69 – 75 . . . . . . . . . . . .
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12 Euklidische Räume und Bewegungen
12.1 Euklidische Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.2 Bewegungsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.3 Kegelschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.4 Quadriken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.5 Orientierung und Bewegung . . . . . . . . . . . . . .
12.6 Die Bewegungsgruppe von R2 . . . . . . . . . . . . .
12.7 Geometrische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . .
12.8 Symmetriegruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.9 Endliche Untergruppen von O ' O2 (R) . . . . . . . .
12.10 Endliche Untergruppen der Bewegungsgruppe von R2
12.11 Endliche Untergruppen der Drehgruppe von R3 . . .
12.12 Übungsaufgaben 76 – 83 . . . . . . . . . . . . . . . .
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Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
8
Inhaltsverzeichnis
13 Bilinearformen
13.1 Symmetrische Bilinearformen . . . . . . .
13.2 Schiefsymmetrische Bilinearformen . . . .
13.3 Orthogonale Summen . . . . . . . . . . .
13.4 Das Radikal . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.5 Bestimmung des Ranges von MB (s) . . . .
13.6 Dualitätssatz . . . . . . . . . . . . . . . .
13.7 Ein Gegenbeispiel . . . . . . . . . . . . . .
13.8 Hyperbolische Ebenen . . . . . . . . . . .
13.9 Symplektische Räume . . . . . . . . . . .
13.10 Normalform schiefsymmetrischer Matrizen
13.11 Orthogonalbasen . . . . . . . . . . . . . .
13.12 Folgerung für symmetrische Matrizen . . .
13.13 Trägheitssatz von Sylvester . . . . . . . .
13.14 Übungsaufgaben 84 – 88 . . . . . . . . . .
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14 Normalformen von Matrizen
14.1 Satz über die Jordansche Normalform . . . . . . . . . .
14.2 Teilbarkeitseigenschaft des charakteristischen Polynoms
14.3 Satz von Cayley-Hamilton . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.4 Verallgemeinerte Eigenräume . . . . . . . . . . . . . . .
14.5 Normalform nilpotenter Endomorphismen . . . . . . . .
14.6 Anwendungen der Jordanschen Normalform . . . . . . .
14.7 Übungsaufgaben 89 – 91 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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70
70
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15 Affine Unterräume und Abbildungen
15.1 Affine Unterräume . . . . . . . . . . .
15.2 Beispiele für affine Unterräume . . . .
15.3 Affine Abbildungen . . . . . . . . . . .
15.4 Beispiele für affine Abbildungen . . . .
15.5 Parallelprojektion . . . . . . . . . . . .
15.6 Der Schwerpunkt . . . . . . . . . . . .
15.7 Affine Unterräume und Schwerpunkte
15.8 Zum Hauptsatz der affinen Geometrie
15.9 Übungsaufgaben 92 – 95 . . . . . . . .
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83
16 Projektive Räume und Projektivitäten
16.1 Der projektive Raum . . . . . . . . . .
16.2 Homogene Koordinaten . . . . . . . .
16.3 Beispiele zur Homogenisierung . . . . .
16.4 Projektive Geraden . . . . . . . . . . .
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84
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Inhaltsverzeichnis
16.5
16.6
16.7
16.8
16.9
16.10
16.11
16.12
16.13
16.14
16.15
16.16
16.17
16.18
16.19
16.20
16.21
Projektive Unterräume . . . . . . . . . . . .
Dimensionssatz . . . . . . . . . . . . . . . .
Schnittpunktsatz . . . . . . . . . . . . . . .
Projektiver Abschluss . . . . . . . . . . . .
Projektivitäten . . . . . . . . . . . . . . . .
Kollineationen . . . . . . . . . . . . . . . . .
Weitere Beispiele zur Homogenisierung . . .
Übergang vom Projektiven ins Affine . . . .
Explizite Beschreibung von Projektivitäten
Projektive Basen . . . . . . . . . . . . . . .
Das Doppelverhältnis . . . . . . . . . . . . .
Zentralprojektion . . . . . . . . . . . . . . .
Zum Hauptsatz der projektiven Geometrie .
Sätze von Desargues und Pappos . . . . . .
Synthetischer Aufbau . . . . . . . . . . . . .
Dualitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . .
Übungsaufgaben 96 – 100 . . . . . . . . . .
9
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17 Multilineare Algebra
17.1 Das Vektorprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.2 Geometrische Eigenschaften des Vektorprodukts . . . . .
17.3 Äußere Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.4 Die äußere Algebra eines K -Vektorraums . . . . . . . . .
17.5 Zwei Regeln für die äußere Multiplikation von Vektoren
17.6 Ein neues Kriterium für lineare Abhängigkeit . . . . . .
17.7 Ein Kriterium für Untervektorräume . . . . . . . . . . .
17.8 Die äußere Potenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.9 Fortsetzungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.10 Die Determinante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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109
109
110
111
112
Abbildungsverzeichnis
113
Literatur
114
Index
116
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
10
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
11
Einige Grundbegriffe der Algebra
Wir führen zunächst den Begriff Faktorraum (auch “Quotientenvektorraum” genannt) ein und widmen uns dann ausführlicher einigen Grundlagen der Gruppentheorie. Wie wir in 5.14 gesehen haben, ist nicht jede
n × n-Matrix, die ungleich der Nullmatrix ist, invertierbar. Die Menge aller
n × n-Matrizen Mn×n (K) bildet also keinen Körper (bezüglich Matrizenaddition und Matrizenmultiplikation), aber sie bildet einen “Ring” und eine
“K-Algebra”. Auf diese Begriffe werden wir gegen Ende dieses Kapitels
noch kurz eingehen.
Lernziel.
Fertigkeiten: Rechnen mit Äquivalenzklassen, Bildung von Faktorräumen, Rechnen mit Restklassen, Rechnen mit Permutationen
Kenntnisse: Begriff der Äquivalenzrelation, Beispiele für Gruppen,
Gruppen kleiner Ordnung, Erzeugung von Untergruppen, Ring, KAlgebra, Abzählformel, Bahnformel
11.1
Äquivalenzrelationen
Für je zwei Elemente a, b in einer Menge M stehe fest, ob eine Beziehung
a ∼ b“ gilt oder nicht (z.B. 5 6 7, aber 3 1 in R). Wir sprechen von
”
einer Äquivalenzrelation auf M , wenn
1. a ∼ a
2. a ∼ b =⇒ b ∼ a
3. a ∼ b und b ∼ c =⇒ a ∼ c
Beispiel.
=“ ist eine Äquivalenzrelation.
”
Ist ∼ eine Äquivalenzrelation auf M , so können wir zu jedem a ∈ M die
Klasse ka := {c ∈ M | c ∼ a} betrachten.
Lemma.
Sei ∼ eine Äquivalenzrelation auf einer Menge M . Dann gelten
i) a ∼ b ⇐⇒ ka = kb
ii) b ∈
/ ka ⇐⇒ ka ∩ kb = ∅
S
iii) M = a∈M ka
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
11.2 Quotientenvektorräume
11
Beweis.
i) =⇒ Sei a0 ∈ ka , also a0 ∼ a. Da a ∼ b =⇒ a0 ∼ b nach 3. =⇒ a0 ∈ kb
=⇒ ka ⊆ kb . Nach 2. ist b ∼ a, daher folgt kb ⊆ ka analog.
⇐= ist trivial.
ii) =⇒ b ∈
/ ka =⇒ b a. Angenommen es gibt c ∈ ka ∩ kb =⇒ a ∼ c und
c ∼ b =⇒ a ∼ b im Widerspruch zur Voraussetzung.
3.
⇐= klar, denn b ∈ ka würde b ∈ ka ∩ kb implizieren.
iii) gilt, da c ∈ kc für alle c ∈ M .
Beispiel.
Sei M = Z, und sei
a ∼ b :⇐⇒ a − b ist durch 2 teilbar
Dies ist eine Äquivalenzrelation (vgl. Aufgabe 69), und es ist Z = k0 ∪ k1 ,
wobei k0 die Klasse der geraden und k1 die Klasse der ungeraden Zahlen
ist (k0 = 2Z, k1 = 1 + 2Z).
11.2
Quotientenvektorräume
Seien K ein Körper, V ein K-Vektorraum und U ein Untervektorraum von
V (gemäß 2.3). Dann ist auf V durch
v ∼ v 0 :⇐⇒ v − v 0 ∈ U
eine Äquivalenzrelation erklärt, und es gilt
kv = {v 0 ∈ V | v 0 ∼ v} = v + U := {v + u | u ∈ U }
Sei V /U := {kv | v ∈ V } die Menge aller solcher Klassen. Man sagt V
”
modulo U“.
Wir definieren eine Addition und eine Skalarmultiplikation durch
kv + kw := kv+w und λkv := kλv ∀v, w ∈ V und λ ∈ K
Dies ist wohldefiniert, denn ist v ∼ v 0 und w ∼ w0
=⇒ v − v 0 ∈ U und w − w0 ∈ U
=⇒ (v − v 0 ) + (w − w0 ) = (v + w) − (v 0 + w0 ) ∈ U =⇒ v + w ∼ v 0 + w0
=⇒ kv+w = kv0 +w0 nach Lemma 1.1
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
12
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
Ist v ∼ v 0 und λ ∈ K
=⇒ λ (v − v 0 ) = λv − λv 0 ∈ U
| {z }
∈U
=⇒ λv ∼ λv 0 =⇒ kλv = kλv0
Damit wird V /U zu einem K-Vektorraum, genannt Quotientenvektorraum
oder auch Faktorraum. Es ist k~0 = U der Nullvektor in V /U .
Beispiele.
1. U = V =⇒ V /U = {~0} (Nullvektorraum)
2. U = {~0} =⇒ V /U = V
11.3
Die kanonische Abbildung von V auf V/U
1. Die Abbildung π : V −→ V /U , v 7−→ v + U ist K-linear und surjektiv
mit kern π = U .
2. Ist dimK V < ∞, so ist dimK V /U = dimK V − dimK U . Dies folgt
aus 1. und der Formel dimK V = dimK kern π +dimK bild π (vgl. 4.7).
3. Universelle Eigenschaft des Faktorraums. Ist f : V −→ W eine
K-lineare Abbildung in einen K-Vektorraum W , und ist U ⊂ kern f ,
dann gibt es genau eine K-lineare Abbildung f¯ : V /U −→ W so, dass
f = f¯ ◦ π gilt, und also das folgende Diagramm kommutiert.
/W
V C
CC
z=
z
CC
zz
C
zz
π CC
zz f¯
!
V /U
f
11.4
Beispiele für Gruppen
Nach 1.5 ist eine Gruppe eine Menge G mit einer Verknüpfung G×G −→ G,
(a, b) 7−→ a ◦ b so, dass gelten
G1 (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c)
G2 Es gibt ein neutrales Element e ∈ G so, dass e ◦ a = a ∀a ∈ G
G3 Zu jedem a ∈ G gibt es ein inverses Element a−1 ∈ G so, dass
a−1 ◦ a = e gilt
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11.4 Beispiele für Gruppen
13
Gilt in einer Gruppe G zusätzlich noch a ◦ b = b ◦ a für alle a, b ∈ G, so
heißt G abelsch oder kommutativ.
1.
Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . .} ist bezüglich + eine Gruppe. Neutrales
Element ist 0, inverses Element zu a ∈ Z ist −a .
2. Die symmetrische Gruppe (Permutationsgruppe)
Sn := {σ : {1, . . . , n} −→ {1, . . . , n} | σ bijektiv}
hat als Verknüpfung die Hintereinanderausführung von Abbildungen,
sie hat n! = n(n − 1) · · · 2 · 1 Elemente. Schreibweise für σ ∈ Sn :
1
2
···
n
σ(1) σ(2) · · · σ(n)
Zum Beispiel hat S2 die Elemente
1 2
1
id =
und
1 2
2
2
1
S3 hat 6 Elemente
1 2 3
1 2 3
1 2 3
id =
,
,
,
1 2 3
1 3 2
3 2 1
1 2 3
1 2 3
1 2 3
,
,
2 1 3
2 3 1
3 1 2
3
1
2
Abbildung 2: Gleichseitiges Dreieck
Drehung um 120 Grad
1 7−→ 2 7−→ 3
2 7−→ 3 7−→ 1
3 7−→ 1 7−→ 2
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14
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
3. Kleinsche Vierergruppe
V4 = {e, a, b, c} mit
2
2
2
a = b = c = e und ab = c = ba, ac = b = ca, bc = a = cb
Bis auf Isomorphie gibt es genau 2 Gruppen mit 4 Elementen (nämlich
V4 ' Z/2Z × Z/2Z und Z/4Z , vgl. 4. und 5. unten).
4. Sind G1 , G2 Gruppen, so ist
G1 × G2 = {(g1 , g2 ) | g1 ∈ G1 , g2 ∈ G2 }
eine Gruppe mit komponentenweiser Verknüpfung
(g1 , g2 ) ◦ (g10 , g20 ) = (g1 ◦ g10 , g2 ◦ g20 )
| {z } | {z }
∈G1
∈G2
5. Ist G eine Gruppe mit endlich vielen Elementen, so heißt die Anzahl
der Elemente von G die Ordnung von G. Wir schreiben |G| für die
Ordnung von G. Hat G unendlich viele Elemente, so schreiben wir
|G| = ∞.
Zu jedem n ∈ N gibt es eine abelsche Gruppe der Ordnung n, nämlich
die additive Gruppe
Z/nZ = {a | a ∈ Z}
wobei a := ka die Klasse von a bezüglich der Äquivalenzrelation
a ∼ b :⇐⇒ a − b ist durch n teilbar (vgl. Aufgabe 70)
Insbesondere liegen a und b in derselben (Rest-)Klasse, falls sie den
gleichen Rest bei Division mit n haben.
Rechnen mit den Klassen, z.B. n = 13
5 + 7 = 12,
5+8=0
5 + 9 = 1, da 14 = 1 · 13 + 1, also 14 ∼ 1
5 + 10 = 2, da 15 = 1 · 13 + 2, also 15 ∼ 2
30 = 4, da 30 = 2 · 13 + 4, also 30 ∼ 4
−5 = 8, da − 5 = (−1) · 13 + 8, also 8 ∼ −5
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11.5 Untergruppen
15
Problem Sei n ∈ N. Wie viele Gruppen der Ordnung n gibt es bis
auf Isomorphie?
• Wenn n = p eine Primzahl ist, so gibt es (bis auf Isomorphie)
genau eine Gruppe der Ordnung p, nämlich die Gruppe Z/pZ ,
vgl. 11.11 unten.
•
Z/pZ ist sogar ein Körper (a · b := ab).
6. Übersicht bis zur Ordnung 15 (ohne Primzahlordnungen)
Gruppenordnung
Gruppenanzahl bis auf Iso.
davon nicht abelsch
11.5
4
2
0
6
2
1
8
5
2
9
2
0
10
2
1
12
5
3
14
2
1
15
1
0
Untergruppen
Sei G eine (multiplikativ geschriebene) Gruppe mit neutralem Element e.
Eine Teilmenge H von G heißt Untergruppe von G, falls gilt:
• e∈H
• x, y ∈ H =⇒ xy −1 ∈ H
Es ist dann H selbst wieder eine Gruppe. Man überlege sich, dass diese
Definition mit der 10.3 gegebenen Definition übereinstimmt.
Beispiele.
1. {e} und G sind Untergruppen von G (sog. triviale Untergruppen).
2.
a b
0 d
∈ M2×2 (R) a 6= 0, d 6= 0
ist eine Untergruppe von GL2 (R) (bez. Matrizenmultiplikation).
3. {z ∈ C | |z| = 1} ist eine Untergruppe von
Multiplikation.
C× := C \ {0} (bez.
4. Sei n ∈ Z fest gewählt, und sei nZ := {nz | z ∈ Z} (ganzzahlige Vielfache von n). Dann ist nZ eine Untergruppe von Z (bez. Addition),
denn:
• 0 = n · 0 ∈ nZ
• Ist x = nz1 und y = nz2 , so ist x − y = n(z1 − z2 ) ∈ nZ
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16
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
5. Seien
E2 =
1
0
0
i 0
0 1
0 i
,i =
,j =
,k =
∈ GL2 (C)
1
0 −i
−1 0
i 0
wobei i2 = −1 sei. Die Matrizen
H := {±E2 , ±i, ±j, ±k}
bilden eine (nicht abelsche) Untergruppe der Ordnung 8 in GL2 (C).
Sie heißt Quaternionengruppe H. Es gilt:
i2 = j2 = k2 = −E2 , ji = −ij , ij = k
Satz.
Sei H eine beliebige Untergruppe von Z, dann gibt es ein n ∈ Z mit H = nZ.
Beweis. Ist H = {0}, dann ist H = 0Z. Ist H 6= {0}, dann gibt es ein
m 6= 0 in H. Ist m < 0, so ist −m > 0 ∈ H, also gibt es mindestens eine
natürliche Zahl in H. Sei n ∈ N die kleinste natürliche Zahl in H (ungleich
Null). Wir zeigen nun H = nZ .
”
nZ ⊆ H “ Sei k ∈ Z.
k>0
=⇒
Induktion
nk = kn = n + · · · + n ∈ H
|
{z
}
k Summanden
k < 0 =⇒ n(−k) ∈ H =⇒ −n(−k) = nk ∈ H
k = 0 =⇒ n · 0 = 0 ∈ H
=⇒ nk ∈ H für alle k ∈ Z.
”
H ⊆ nZ “ Sei h ∈ H. Es gibt q, r ∈ Z, 0 6 r < n mit
h = nq + r (Division mit Rest)
=⇒ r = |{z}
h − nq ∈ H
|{z}
∈H
∈H
Es folgt r = 0, da 0 6 r < n gilt und n nach Definition die kleinste
positive Zahl in H ist.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
11.6 Homomorphismus von Gruppen
11.6
17
Homomorphismus von Gruppen
Definition.
Sei G eine Gruppe mit neutralem Element e und G0 eine Gruppe mit neutralem Element e0 . Wir schreiben G und G0 multiplikativ. Ein Homomorphismus ϕ : G −→ G0 ist eine Abbildung so, dass gilt:
ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b) für alle a, b ∈ G
Ein bijektiver Gruppenhomomorphismus ϕ : G −→ G0 heißt Isomorphismus. Zwei Gruppen G und G0 heißen isomorph, wenn es einen Isomorphismus ϕ : G −→ G0 gibt. Sind G und G0 isomorph, so schreiben wir G ' G0 .
Beispiele.
Folgende Abbildungen sind Gruppenhomomorphismen:
1. det : GLn (K) −→ K ∗ = K \ {0}, A 7−→ det A
2. ϕ : Z −→ G0 , n 7−→ an , für festes a ∈ G0
3. ϕ : R+ −→ R∗ , x 7−→ exp(x), wobei R+ = R versehen mit Addition.
Es gilt die Funktionalgleichung der Exponentialfunktion:
exp(x + y) = exp(x) exp(y)
Es ist kern(ϕ) := {x ∈ R+ | ϕ(x) = 1} = {0} und
bild(ϕ) = {y ∈ R | y > 0}
4. ϕ : C+ −→ C∗ , z 7−→ exp z. Dann gilt:
exp z = exp w ⇐⇒ z − w ∈ 2πiZ
Es ist kern(ϕ) := {z ∈ C | exp z = 1} = 2πiZ. Die komplexe Exponentialfunktion ist periodisch mit den Zahlen 2πik, k ∈ Z (und nur
diesen) als Perioden.
5. Eine n-dimensionale Darstellung einer Gruppe G ist ein Homomorphismus ϕ : G −→ GLn (K). Beispiel: ϕ : S3 −→ GL3 (K)


0 1 0
1 2 3
σ :=
7−→ 0 0 1 ,
3 1 2
1 0 0


0 1 0
1 2 3
τ :=
7−→ 1 0 0
2 1 3
0 0 1
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
18
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
Es ist S3 = {id, σ, σ 2 , τ, στ, σ 2 τ } mit der Hintereinanderausführung
als Verknüpfung. Die Bilder der anderen Permutationen ergeben sich
nun aus diesen Beziehungen. Es ist σ 3 = id, τ 2 = id, τ σ 2 = στ und
τ σ = σ 2 τ in S3 (vgl. 11.4.2).
6. S3 ist isomorph zur Gruppe

 
0
 1 0 0
P = 0 1 0 , 0

1
0 0 1

1 0
0 0
0 1
P der Permutationsmatrizen
 
 
0 1
0 0 1
1 0
0 1 , 1 0 0 , 1 0
0 0
0 1 0
0 0

 
0 0 1 
0
1 , 0 1 0

1 0 0
0

0
0 ,
1
(Nachrechnen durch Aufstellen einer Multiplikationstabelle!)
Die Gruppe P operiert auf K 3 durch die Standardabbildungen, z.B.
   

   

c
a
0 0 1
b
a
0 1 0
0 0 1  b  =  c  , 1 0 0  b  = a
b
c
0 1 0
a
c
1 0 0
Bemerkung.
Sei ϕ : G −→ G0 ein Gruppenhomomorphismus, und seien e bzw. e0 die
neutralen Elemente von G bzw. von G0 . (Wir schreiben G und G0 multiplikativ.) Dann gelten:
1. ϕ(e) = e0 (denn: ϕ(e) = ϕ(ee) = ϕ(e)ϕ(e) =⇒ e0 = ϕ(e))
2. ϕ(a)−1 = ϕ(a−1 ) (denn: e0 = ϕ(e) = ϕ(aa−1 ) = ϕ(a)ϕ(a−1 ))
3. Ist H eine Untergruppe von G, so ist bild ϕ := {ϕ(h) | h ∈ H} eine
Untergruppe von G0
4. kern ϕ := {a ∈ G | ϕ(a) = e0 } ist eine Untergruppe von G
5. kern ϕ = {e} ⇐⇒ ϕ ist injektiv. (Vgl. Aufgabe 71).
6. Ist ϕ : G −→ G0 ein Isomorphismus, so ist die Umkehrabbildung
ϕ−1 : G0 −→ G ebenfalls ein Isomorphismus.
Beweis. 3., 4. und 5. gehen analog wie in 4.4. Wir zeigen 6.
Seien x, y ∈ G0 und a = ϕ−1 (x), b = ϕ−1 (y) , also ϕ(a) = x und ϕ(b) = y.
Es folgt:
ϕ−1 (xy) = ϕ−1 (ϕ(a)ϕ(b)) = ϕ−1 (ϕ(ab))
= ab = ϕ−1 (x)ϕ−1 (y)
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
11.7 Nebenklassen
11.7
19
Nebenklassen
Sei G eine (multiplikativ geschriebene) Gruppe mit neutralem Element e,
und sei H eine Untergruppe von G.
Definition.
Eine Linksnebenklasse ist eine Teilmenge von G der Form
aH := {ah | h ∈ H}
wobei a ∈ G fest gewählt ist.
Behauptung Die sogenannte Kongruenzrelation
a ≡ b :⇐⇒ ∃ h ∈ H mit b = ah
ist eine Äquivalenzrelation.
Beweis.
1. a ≡ a, denn a = ae und e ∈ H nach 11.5
2. a ≡ b =⇒ b ≡ a, denn: a ≡ b =⇒ ∃h ∈ H mit b = ah =⇒ a = bh−1
und h−1 ∈ H (nach 11.5) =⇒ b ≡ a
3. a ≡ b, b ≡ c =⇒ a ≡ c, denn: a ≡ b, b ≡ c =⇒ ∃h, h0 ∈ H mit b = ah
und c = bh0 =⇒ c = ahh0 =⇒ a ≡ c, da hh0 ∈ H (nach 11.5)
Beispiel.
Die symmetrische Gruppe S3 = {id, σ, σ 2 , τ, στ, σ 2 τ } mit



0
0 1 0
1
2
3
1 2 3
↔ 1
σ=
↔ 0 0 1 , τ =
2 1 3
3 1 2
0
1 0 0
1
0
0

0
0
1
hat bezüglich der Untergruppe H = {id, στ } die drei Mengen
{id, στ } = H = στ H
{σ, σ 2 τ } = σH = σ 2 τ H
{σ 2 , τ } = σ 2 H = τ H
als Linksnebenklassen. (Denn: στ ∈ H =⇒ H = στ H =⇒ σH = σ 2 τ H
und σ 2 H = σ 3 τ H = τ H) Man hat eine disjunkte Zerlegung
S3 = H ∪ σH ∪ τ H
gemäß 11.1.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
20
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
Beobachtung Es ist |H| = 2 und also Index(H) := Anzahl der Linksne3|
benklassen = 3 = 62 = |S
|H| .
11.8
Abzählformel
Sei G eine (multiplikativ geschriebene) Gruppe mit neutralem Element e,
und sei H eine Untergruppe.
Definition.
Der Index von H in G, geschrieben als (G : H), ist die Anzahl der Linksnebenklassen von H in G.
Satz.
Es gelten:
1. G ist die disjunkte Vereinigung der Linksnebenklassen aH mit a ∈ G.
2. Jede Linksnebenklasse hat gleich viele Elemente wie H (ist gleichmächtig, falls ∞)
3. Für die Gruppenordnungen |G| und |H| gilt die Abzählformel
|G| = |H| · (G : H)
Ist |G| unendlich, so ist |H| oder (G : H) unendlich (oder beide).
Beweis.
1. Die Nebenklassen sind nach 11.7 Äquivalenzklassen, also folgt die
Behauptung aus 11.1.
2. Die Abbildung (von Mengen) H −→ aH, h 7−→ ah, ist bijektiv, denn
sie ist offensichtlich surjektiv und es ist noch zu zeigen: ah = ah0 =⇒
h = h0 :
Sei ah = ah0 =⇒ a−1 (ah) = a−1 (ah0 ) =⇒ h = h0 .
3. Die Abzählformel folgt aus 1. und 2.
11.9
Die Ordnung von Gruppenelementen
Sei G eine (multiplikativ geschriebene) Gruppe mit neutralem Element e ,
und sei a ∈ G . Die Ordnung von a ist die kleinste natürliche Zahl m ∈ N
mit der Eigenschaft am = e, oder ∞, falls ein solches m nicht existiert. Wir
schreiben ord a“ für die Ordnung von a.
”
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
11.10 Die von einem Element erzeugte Untergruppe
21
Beispiele.
1. Die Matrix A :=
1 1
ist ein Element der Ordnung 6 in GL2 (R),
−1 0
denn:
1 1
1 1
0
1
−1 0
3
A =
=
, A =
,
−1 0
−1 0
−1 −1
0 −1
−1 −1
0 −1
1 0
A4 =
, A5 =
, A6 =
= E2
1
0
1 1
0 1
2
2. Die Matrix
11.10
1
0
1
hat unendliche Ordnung in GL2 (R), denn es ist
1
n 1 1
1 n
=
∀n ∈ N
0 1
0 1
Die von einem Element erzeugte Untergruppe
Satz.
Sei G eine Gruppe, und sei m die Ordnung von a ∈ G. Dann sind die
Elemente ak für 0 6 k < m paarweise verschieden in G. Ist m < ∞, so ist
H := {e, a, a2 , . . . , am−1 } eine Untergruppe der Ordnung m von G.
Beweis. Angenommen, es wäre aj = ai mit 0 6 i < j < m. Dann wäre
aj−i = e, was ord a 6 j − i < m zur Folge hätte. Widerspruch!
Sei m < ∞. Dann besteht H aus m Elementen. Es ist e = am in H. Für
0 6 i, j < m gibt es q, r ∈ Z mit i − j = qm + r , wobei 0 6 r < m gilt. Es
q
folgt ai−j = aqm+r = (am ) ar = ar ∈ H .
| {z }
e
11.11
Satz von Lagrange
Sei G eine endliche Gruppe und H eine Untergruppe. Dann ist die Ordnung
von H ein Teiler der Ordnung von G. Insbesondere ist die Ordnung eines
jeden Elements von G ein Teiler der Ordnung von G.
Beweis. Nach 11.8 ist |G| = |H| · (G : H) und also |H| ein Teiler von |G|.
Wählen wir H wie in 11.10, folgt auch die zweite Behauptung.
Korollar.
Sei p eine Primzahl. Dann ist jede Gruppe der Ordnung p isomorph zu
Z/pZ.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
22
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
Beweis.
Sei G eine Gruppe der Ordnung p. Wähle a 6= e aus G . Dann gilt ord a =:
m 6= 1 und also m = p, da p Primzahl und da nach der 2. Behauptung
im Satz von Lagrange m ein Teiler von |G| = p ist. Nach 11.10 folgt G =
{e, a, . . . , ap−1 }, und die Abildung G −→ Z/pZ, ak 7−→ k für k = 1, . . . , p
ist ein Isomorphismus.
11.12
Erzeugung von Gruppen
Sei G eine Gruppe. Die von einer nichtleeren Teilmenge U ⊂ G erzeugte
Untergruppe ist definiert als die kleinste Untergruppe von G, die U enthält.
Sie besteht (bei multiplikativer Schreibweise) aus allen möglichen Produkten mit endlich vielen Faktoren aus U , deren Inversen und e.
Beispiele.
1. Die von einem Element a ∈ G erzeugte Gruppe H nennt man zyklische
Gruppe. Ist ord a = ∞, so ist H = {. . . , a−2 , a−1 , e, a, a2 , . . .}. Ist
ord a = m < ∞, so ist H = {e, a, a2 , . . . , am−1 } von der Ordnung m
nach 11.10.
•
Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . .} ist eine unendliche zyklische Gruppe bezüglich Addition, sie wird von 1 erzeugt. Die Untergruppen
nZ = {. . . , −2n, −n, 0, n, 2n, . . .} ⊂ Z werden von n erzeugt.
•
Z/nZ = {0, 1, . . . , n − 1} wird von 1 erzeugt, ist also zyklisch.
2. Die Kleinsche Vierergruppe V4 ist nicht zyklisch. Sie wird in GL2 (R)
von den beiden Matrizen
1 0
−1 0
a :=
und b :=
0 −1
0 1
erzeugt. Es ist V4 = {e = E2 , a, b, c := ab} mit Multiplikationstabelle:
a
b
c
a b c
e c b
c e a
b a e
Die Gruppe ist kommutativ (vgl. 11.4.4).
3. Die symmetrische Gruppe S3 ist nicht zyklisch. Sie wird von zwei
Elementen erzeugt (vgl. 11.4.3 und Aufgabe 74).
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
11.13 Klassifikation der zyklischen Gruppen
11.13
23
Klassifikation der zyklischen Gruppen
Satz.
Jede zyklische Gruppe ist isomorph zu
Z oder zu Z/nZ mit einem n ∈ N.
Beweis. Sei G eine (multiplikativ geschriebene) zyklische Gruppe und a ein
erzeugendes Element von G.
1. |G| = ∞ =⇒ G = {. . . , a−2 , a−1 , e, a, a2 , . . .}, und
ist ein Isomorphismus (a0 := e).
Z −→ G, k 7−→ ak
2. |G| =: n ∈ N =⇒ G = {e, a, a2 , . . . , an−1 }, und G −→ Z/nZ, ak 7−→ k
ist ein Isomorphismus nach 11.10.
11.14
Normalteiler
Sei G eine (multiplikativ geschriebene) Gruppe. Eine Untergruppe H von
G heißt Normalteiler in G, falls gilt
aHa−1 ⊂ H für jedes a ∈ G
Hierbei ist aHa−1 := {aha−1 | h ∈ H}.
Bemerkung.
Äquivalent sind:
i) H ist Normalteiler in G
ii) aHa−1 = H ∀a ∈ G
iii) aH = Ha ∀a ∈ G (d.h. jede Linksnebenklasse ist gleich der entsprechenden Rechtsnebenklasse)
Beweis. i) =⇒ ii) H Normalteiler =⇒ aHa−1 ⊂ H ∀a ∈ G
=⇒ a−1 Ha = a−1 H(a−1 )−1 ⊂ H ∀a ∈ G
−1
−1
−1
=⇒ H = a a
| {zHa} a ⊂ aHa
⊂H
ii) =⇒ iii) und iii) =⇒ i) sind trivial.
Beispiele.
1. Jede Untergruppe einer abelschen Gruppe G ist Normalteiler in G.
2. SLn (K) ist Normalteiler in GLn (K), denn für A ∈ GLn (K) und B ∈
SLn (K) gilt
det(ABA−1 ) = det B = 1, also ABA−1 ∈ SLn (K)
7.8
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
24
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
3. ϕ : G −→ G0 Gruppenhomomorphismus, so ist kern ϕ Normalteiler in
G, denn für a ∈ G und b ∈ kern ϕ gilt
ϕ(aba−1 ) = ϕ(a) ϕ(b) ϕ(a−1 ) = e0 und also aba−1 ∈ kern ϕ
11.6
|{z}
e0
4. Jede Untergruppe H vom Index 2 in G ist Normalteiler in G. Denn
ist a ∈ H, so ist aH = H = Ha. Ist a ∈ G \ H, so hat man disjunkte
Vereinigungen H ∪ aH = G und analog H ∪ Ha = G. Daraus folgt
11.8
aH = Ha.
5. Die spezielle orthogonale Gruppe SOn (R) := {A ∈ On (R) | det A = 1}
ist vom Index 2 und daher Normalteiler in der Gruppe der orthogonalen Matrizen On (R) := {A ∈ GLn (R) | tAA = En } .
Beweis. Für A ∈ On (R) ist det A = ±1, vgl. 10.3. Hieran erkennt
man, dass SOn (R) eine Untergruppe von On (R) ist. Die beiden Nebenklassen in On (R) sind SOn (R) und die Menge der Matrizen mit
Determinante = −1, und also ist der Index 2.
11.15
Faktorgruppen
Sei G eine (multiplikativ geschriebene) Gruppe, und sei H Normalteiler
in G. Dann ist die Menge
G/H := {aH | a ∈ G}
aller Linksnebenklassen eine Gruppe mit Einselement H bezüglich
aH · bH := abH
Es ist aHbH = abHH = abH, da bH
= Hb und HH = H. Hieraus
11.14
11.5
folgen Wohldefiniertheit und die Gruppengesetze.
Man nennt G/H die Faktorgruppe von G nach H und sagt G modulo H“.
”
Sind zwei der Gruppen G, H, G/H endlich, so ist auch die dritte endlich,
und es gilt
|G|
|G/H| =
|H|
nach der Abzählformel in 11.8. Ferner ist π : G −→ G/H, a 7−→ aH, ein
surjektiver Gruppenhomomorphismus mit kern π = H.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
11.16 Homomorphiesatz
11.16
25
Homomorphiesatz
Satz.
1. Ist ϕ : G −→ G0 ein Gruppenhomomorphismus. Dann ist kern ϕ Normalteiler in G, und ϕ induziert einen Isomorphismus
∼
ϕ : G/ kern ϕ −→ bild ϕ
2. Ist f : V −→ W eine K-lineare Abbildung von K-Vektorräumen, so
induziert f einen Isomorphismus
∼
f : V / kern f −→ bild f
Beispiel.
Die Determinante det : GLn (K) −→ K ∗ ist ein surjektiver Gruppenhomomorphismus mit Kern SLn (K) und induziert also einen Isomorphismus
∼
GLn (K)/SLn (K) −→ K ∗ .
Beweis des Homomorphiesatzes.
1. Sei H := kern ϕ und ϕ : G/H −→ bild ϕ, aH 7−→ ϕ(a). Dann ist H
Normalteiler in G nach 11.14, 3. Es ist ϕ wohldefiniert und injektiv,
denn es gilt:
aH = bH ⇐⇒ b ∈ aH nach 11.7 und 11.1i
⇐⇒ a−1 b ∈ H = kern ϕ
−1
⇐⇒ e0 = ϕ(a−1 b) = ϕ(a)
⇐⇒ ϕ(a) = ϕ(b)
ϕ(b)
und es ist
ϕ(aH · bH) = ϕ(abH) = ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b) = ϕ(aH)ϕ(bH)
Offenbar ist ϕ auch surjektiv und damit ein Isomorphismus.
2. folgt aus 1., da jeder Vektorraum eine (additive, abelsche) Gruppe
ist. Es ist
f : V / kern f −→ bild f,
v + kern f 7−→ f (v)
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26
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
11.17
Der Begriff des Ringes
Definition.
Ein Ring R ist eine Menge mit zwei Verknüpfungen, Addition und Multiplikation genannt, und den Eigenschaften
i) R bildet bezüglich Addition eine abelsche Gruppe
ii) Die Multiplikation ist assoziativ und hat ein neutrales Element
iii) Es gelten die Distributivgesetze
(a + b)c = ac + bc und c(a + b) = ca + cb ∀a, b, c ∈ R
Beispiele.
Jeder Körper ist ein Ring. Es sind Z und Z/nZ Ringe bezüglich gewöhnlicher Addition und Multiplikation. Mn×n (K) ist ein Ring bezüglich Matrizenaddition und -multiplikation.
11.18
Der Begriff einer K -Algebra
Definition.
Ein Ring R heißt K-Algebra, falls R mit einer K-Vektorraumstruktur versehen ist, die
(λa)b = a(λb) = λ(ab) ∀a, b ∈ R, λ ∈ K
erfüllt (Verträglichkeit der Skalarmultiplikation mit der Multiplikation im
Ring) und deren Addition die des Ringes ist.
Beispiele.
1. Mn×n (K) ist eine K-Algebra bezüglich Matrizenaddition, -multiplikation und der Skalarmultiplikation




λa11 · · · λa1n
a11 · · · a1n

.. 
..  :=  ..
λ  ...
 .
. 
. 
an1
· · · ann
λan1
· · · λann
(Addition und Skalarmultiplikation sind komponentenweise definiert)
2. Sei V ein K-Vektorraum. Dann ist
R := EndK V := {f : V −→ V | f ist K-linear}
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11.19 Operationen von Gruppen auf Mengen
27
eine K-Algebra vermöge
(f + g)(v) := f (v) + g(v) ∀v ∈ V
(f ◦ g)(v) := f (g(v)) ∀v ∈ V
)
=⇒ Ringstruktur
und
(λf )(v) := λf (v) ∀v ∈ V, λ ∈ K
(Es ist (λf ) ◦ g = f ◦ (λg) = λ(f ◦ g); neutrales Element bezüglich
der Addition ist die Nullabbildung v 7−→ 0 und neutrales Element
bezüglich der Multiplikation ist die Identität v 7−→ v.)
11.19
Operationen von Gruppen auf Mengen
Definition.
Eine Operation oder Aktion (von links) einer Gruppe G auf einer Menge X
ist eine Abbildung G × X −→ X, (g, x) 7−→ gx, mit den Eigenschaften
1. ex = x ∀x ∈ X, wobei e das neutrale Element von G
2. (gg 0 )x = g(g 0 x) ∀g, g 0 ∈ G, x ∈ X
Man nennt X dann eine G-Menge.
Bemerkung.
Ist X eine G-Menge, so definiert jedes g ∈ G eine bijektive Abbildung
tg : X −→ X, x 7−→ gx mit Umkehrabbildung tg−1 .
11.20
Affiner Raum (additives Beispiel)
Ein affiner Raum über K besteht aus einer Menge X = {P, Q, . . .} von
Punkten“, einem K-Vektorraum V und einer einfach transitiven“ Rechts”
”
operation von V (als additiver Gruppe) auf X, das ist eine Abbildung
X × V −→ X, (P, v) 7−→ P + v
mit den Eigenschaften
1. P + ~0 = P ∀P ∈ X
2. P + (v + w) = (P + v) + w ∀P ∈ X, v, w ∈ V
3. Die Operation ist einfach transitiv, d.h. zu je zwei Punkten P, Q ∈ X
gibt es genau einen Vektor v ∈ V mit P + v = Q.
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28
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
−−→
−−→
−−→
Wir schreiben dann v = P Q, also P + P Q = Q und nennen P Q den
Ortsvektor von Q bezüglich P .
Q
P
v
−−→
Abbildung 3: v = P Q
−−→ −−→ −→
Es ist P Q + QR = P R, denn
−−→ −−→
−−→
−−→
−−→
P + (P Q + QR) = (P + P Q) + QR = Q + QR = R
2.
3.
3.
−→
Andererseits gilt P + P R = R. Aus der Eindeutigkeitsaussage in 3. folgt
3.
−−→ −−→ −→
P Q + QR = P R.
Wir haben uns hier von der Auszeichnung des Nullpunktes befreit.
Spezialfall Sei X = V . Definiere X × V −→ X, (w, v) 7−→ w + v, durch
Addition in V . Dann sind 1.,2.,3. erfüllt. Also kann jeder K-Vektorraum als
affiner Raum betrachtet werden. Falls V = K n ist, schreibt man An (K).
11.21
Bahn und Stabilisator
Sei X eine G-Menge (mit Linksaktion). Dann gelten
1. X ist ein disjunkte Vereinigung von Bahnen (auch Orbits genannt),
das sind Teilmengen der Form
Gx := {gx | g ∈ G}
wobei x ∈ X ist.
2. Für jedes x ∈ X ist der Stabilisator
Stab x := {g ∈ G | gx = x}
eine Untergruppe von G.
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11.22 Bahnformel
29
3. Sei Gx := Stab x und G/Gx := {gGx | g ∈ G} die Menge der Linksnebenklassen. Dann hat man eine Bijektion
∼
G/Gx −→ Gx, gGx 7−→ gx
Beweis.
1. Durch
x ∼ y :⇐⇒ ∃g ∈ G mit y = gx
ist eine Äquivalenzrelation auf X definiert, denn x = ex =⇒ x ∼ x.
Ist x ∼ y =⇒ y = gx =⇒ x = g −1 y =⇒ y ∼ x. Gilt x ∼ y und y ∼ z
=⇒ y = gx, z = g 0 y = g 0 gx =⇒ x ∼ z.
Nach Definition ist Gx = {y ∈ X | x ∼ y} =⇒ 1.
11.1
2. Es ist ex = x, also e ∈ Stab x. Ist g ∈ Stab x, so ist g −1 ∈ Stab x
11.19
wegen x = ex = (g −1 g)x = g −1 (gx)
gilt (g 0 g)x = g 0 (gx)
=
g ∈ Stab x
g0 x
=
g ∈ Stab x
=
g 0 ∈ Stab x
g −1 x. Für g, g 0 ∈ Stab x
x , also gg 0 ∈ Stab x.
3. Es gilt
gGx = g 0 Gx ⇐⇒ g 0 ∈ gGx
11.1
⇐⇒ g −1 g 0 ∈ Gx
⇐⇒ g −1 g 0 x = x
⇐⇒ g 0 x = gx
Die Zuordnung ist also wohldefiniert und injektiv. Sie ist offensichtlich
auch surjektiv.
11.22
Bahnformel
Satz.
Sei G eine endliche Gruppe, die auf einer Menge X 6= ∅ operiere. Für die
Länge der Bahn Gx gilt dann
|Gx| =
|G|
|Gx |
wobei Gx der Stabilisator von x ∈ X ist.
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30
11 Einige Grundbegriffe der Algebra
Beweis. Es ist
|Gx| = (G : Gx ) nach 11.21.3
=
|G|
nach 11.8
|Gx |
Lernerfolgstest.
• Was können Sie über Gruppen von Primzahlordnung aussagen?
• Was können Sie über zyklische Gruppen aussagen?
• Beschreiben Sie die Gruppen der Ordnung 4 und der Ordnung 6.
• Warum ist der Begriff des Normalteilers von fundamentaler Bedeutung für die Gruppentheorie?
• Geben Sie Abzähl- und Bahnformel jeweils mit Beweisidee an.
11.23
Übungsaufgaben 69 – 75
Aufgabe 69.
Es sei n ∈ Z fest gewählt und nZ := {nz | z ∈ Z}. Man zeige, dass durch
a∼b
:⇐⇒
a − b ∈ nZ
eine Äquivalenzrelation auf Z definiert ist, und bestimme die Anzahl der
Äquivalenzklassen in Abhängigkeit von n .
Aufgabe 70.
Man beweise, dass Z/nZ bezüglich der Vorschrift a + b := a + b für a, b ∈ Z
eine abelsche Gruppe ist.
Aufgabe 71.
Seien G, G0 zwei Gruppen, e das neutrale Element von G und e0 das neutrale
Element von G0 . Man zeige, dass für jeden Gruppenhomomorphismus ϕ :
G −→ G0 die folgende Aussage gilt: kern(ϕ) = {e} ⇐⇒ ϕ ist injektiv.
Aufgabe 72.
Man untersuche, welche der folgenden Teilmengen Untergruppen sind:
(a)
GLn (R) ⊂ GLn (C) ,
(b)
{1, −1} ⊂ R∗ ,
(c)
die Menge der ganzen Zahlen ≥ 0 in
Z+ ,
(d)
die Menge der reellen Zahlen > 0 in
R∗ ,
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11.23 Übungsaufgaben 69 – 75
31
(e)
die Menge der Matrizen der Form
a 0
, a 6= 0 , in GL2 (R) .
0 −a
Aufgabe 73.
Sei Z/nZ die in Aufgabe 70 eingeführte additive Gruppe. Die Addition in
der Gruppe Z/mZ × Z/nZ sei komponentenweise erklärt. Man beweise oder
widerlege: Z/6Z ' Z/2Z × Z/3Z , Z/8Z ' Z/2Z × Z/4Z ,
Z/8Z ' Z/2Z × Z/2Z × Z/2Z
Aufgabe 74.
Es sei R = R \ {0, 1} . Man zeige, dass die durch
f (x) =
1
x
und g(x) =
x−1
x
definierten Funktionen f, g : R −→ R eine Gruppe von Funktionen erzeugen, die zur symmetrischen Gruppe S3 isomorph ist, wenn man als Verknüpfung die Hintereinanderausführung von Funktionen verwendet.
Aufgabe 75.
Zwei Elemente a, b einer Gruppe G heißen konjugiert in G, wenn es ein
Element t ∈ G gibt derart, dass a = t−1 b t gilt. Man zeige, dass die beiden
Matrizen
1 1
1 0
und
0 1
1 1
in der Gruppe GL2 (R) konjugiert sind, in der Gruppe SL2 (R) aber nicht.
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32
12
12 Euklidische Räume und Bewegungen
Euklidische Räume und Bewegungen
Lernziel.
Fertigkeiten: Hauptachsentransformation für Kegelschnitte
Kenntnisse: Gruppe der Bewegungen eines euklidischen Vektorraums,
insbesondere der euklidischen Ebene, endliche Untergruppen von Bewegungsgruppen
12.1
Euklidische Räume
Ein affiner Raum X über R (vgl. 11.20), dessen zugehöriger Vektorraum V
ein euklidischer Vektorraum ist, heißt euklidischer Raum.
Beispiel.
An (R) wird durch das Standard-Skalarprodukt auf Rn zu einem euklidischen
Raum.
Definition.
Der Abstand zweier Punkte P, Q eines euklidischen Raumes X ist definiert
als
p
−−→
d(P, Q) = kP Qk, wobei kvk = hv, vi ist für v ∈ V
Dadurch wird X zu einem metrischen Raum mit einer translationsinvarianten Metrik, wie das folgende Lemma zeigt. Der Begriff “Metrik” ist hier
im Sinne der Analysis gemeint und nicht zu verwechseln mit dem Begriff
der Metrik aus Kapitel 9.
Lemma.
Für alle P, Q ∈ X und alle v ∈ V gilt:
1) d(P, Q) > 0 und d(P, Q) = 0 ⇔ P = Q
2) d(P, Q) = d(Q, P ) Symmetrie“
”
3) d(P, R) 6 d(P, Q) + d(Q, R) Dreiecksungleichung“
”
4) d(P + v, Q + v) = d(P, Q) Translationsinvarianz“
”
−−→ −−→
−→
Beweis. 1) folgt direkt aus 9.5. Nach 11.20 gilt P Q + QR = P R, woraus
−−→
−−→
P Q = −QP für R = P folgt. Mit 9.5 ergibt dies 2. Und 3. folgt aus der
−→
−−→ −−→
−−→
−−→
Dreiecksungleichung in 9.7: kP Rk = kP Q + QRk 6 kP Qk + kQRk.
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12.2 Bewegungsgruppen
33
−−→
Nach 11.20 gilt P + P Q = Q. Dies ergibt
−−−−−−−−−−−→
(P + v) + (P + v)(Q + v) = Q + v
−−→
−−→
= (P + P Q) + v = P + (v + P Q)
−−→
= (P + v) + P Q.
−−−−−−−−−−−→ −−→
Aus der Eindeutigkeitsaussage in 11.20.3. folgt nun (P + v)(Q + v) = P Q
und damit 4.
Ist X = An (R) wie im Beispiel oben, so können wir die Punkte P in X als
−→
−−→
Vektoren 0P in Rn auffassen, und der durch P + P Q = Q definierte Vektor
−−→
−→ −→
P Q wird zu 0Q − 0P . In diesem Kapitel werden wir nur den Spezialfall
X = V betrachten.
12.2
Bewegungsgruppen
In Kapitel 10.10 hatten wir eine Bewegung eines euklidischen Vektorraums
V als eine abstandserhaltende Abbildung β : V −→ V definiert, also als
eine Abbildung, für die gilt:
kβ(v) − β(w)k = kv − wk
∀v, w ∈ V
Beispiel.
Die Translation β = tv0 : V −→ V , v 7−→ v +v0 , ist für jeden Vektor v0 ∈ V
eine Bewegung, denn es gilt:
kβ(v) − β(w)k = kv + v0 − (w + v0 )k = kv − wk
Aber tv0 ist nicht
Offensichtlich gilt
R-linear, falls v0 6= ~0 (da dann tv0 (~0) = v0 6= ~0 ist).
tv0 ◦ tv1 = tv1 ◦ tv0 = tv0 +v1
∀v0 , v1 ∈ V
Insbesondere gilt tv0 ◦t−v0 = idV = t−v0 ◦tv0 , und es ist tv0 bijektiv ∀v0 ∈ V .
Satz.
Sei V ein endlich dimensionaler euklidischer Vektorraum. Dann hat jede
Bewegung β : V −→ V die Gestalt β = t ◦ f , wobei f : V −→ V orthogonal
und t : V −→ V eine Translation ist.
Insbesondere ist jede Bewegung V −→ V bijektiv, und die Bewegungen
V −→ V bilden bezüglich Hintereinanderausführung eine Gruppe.
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34
12 Euklidische Räume und Bewegungen
Beweis. Die Abbildung f := t−β(~0) ◦ β hält den Nullpunkt fest und ist
daher nach Lemma 10.10 orthogonal. (Lemma 10.10 ist nur für V = Rn
formuliert, aber der Beweis ist exakt derselbe für einen beliebigen euklischen Vektorraum.) Damit ist f nach Bemerkung 10.5.2 bijektiv, und nach
Konstruktion von f gilt β = tβ(~0) ◦ f . Nun ist klar, dass β als Komposition zweier bijektiver Abbildungen selbst bijektiv ist. Ersichtlich ist die
Hintereinanderausführung zweier Bewegungen eine Bewegung und sind die
Gruppenaxiome G1, G2 und G3 aus 11.4 erfüllt.
12.3
Kegelschnitte
Definition.
Ein Kegelschnitt ist die Lösungsmenge X einer quadratischen Gleichung in
zwei Variablen
(1)
f (x1 , x2 ) := a11 x21 + 2a12 x1 x2 + a22 x22 + a1 x1 + a2 x2 + a = 0
in R2 . Dabei sind die Koeffizienten aij , aj , a ∈ R. Man nennt den Kegelschnitt ausgeartet, wenn X = ∅ oder X aus einem Punkt oder einer Geraden oder aus zwei Geraden besteht. Andernfalls heißt X nicht ausgeartet.
In den Übungsaufgaben 60, 61, 62 zur Hauptachsentransformation wurde
der Fall a1 = 0 = a2 behandelt und als Kegelschnitte eine Ellipse (Aufgabe 60), eine Hyperbel (Aufgabe 62) und zwei parallele Geraden (Aufgabe
61) erhalten. Durch (1) kann auch eine Parabel beschrieben werden. Im
Folgenden sei R2 mit dem Standardskalarprodukt versehen.
Satz.
Jeder nicht ausgeartete Kegelschnitt kann durch Bewegungen von
eine der folgenden Normalformen gebracht werden:
i) Ellipse: c1 y12 + c2 y22 − 1 = 0
ii) Hyperbel: c1 y12 − c2 y22 − 1 = 0
iii) Parabel: c1 y12 − y2 = 0
wobei jeweils c1 > 0 und c2 > 0 sind.
Beweis. Der Kegelschnitt X sei durch die Gleichung (1) definiert.
1. Fall In (1) ist a12 = 0, aber a11 6= 0 und a22 6= 0.
Durch die Substitution xi = yi − 2aaiii für i = 1, 2 erhalten wir
f (x1 , x2 ) = a11 y12 + a22 y22 + b = 0
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R2 auf
12.3 Kegelschnitte
35
mit einem b ∈ R. Wir haben die Translation
x1
x2
7−→
a1 x1
+ 2aa211
x2
2a22
vorgenommen, um a1 , a2 zu eliminieren.
Es ist b 6= 0, da die obige Gleichung andernfalls einen Punkt oder ein
Geradenpaar definieren würde und X dann ausgeartet wäre. Division
durch −b ergibt
b1 y12 + b2 y22 − 1 = 0
ii
. Es sind b1 , b2 nicht beide negativ, denn sonst wäre
mit bi = a−b
X = ∅ und also X ausgeartet. Wir erhalten die Normalform einer
Ellipse (b1 , b2 beide > 0) oder einer Hyperbel (−bi > 0 für ein i).
2. Fall In (1) ist a12 = 0 und ein aii = 0, etwa a22 = 0.
Dann ist a11 6= 0, da X sonst ausgeartet wäre. Durch die Substitution
x1 = y1 − 2aa111 erhalten wir
f (x1 , x2 ) = a11 y12 + a2 x2 + c = 0
mit einem c ∈ R. Es ist a2 6= 0, da X sonst ausgeartet wäre. Mit
der Substitution x2 = y2 − ac2 erhält man a11 y12 + a2 y2 = 0. Division
durch −a2 ergibt dann
c1 y12 − y2 = 0
a11
. Ist c1 < 0, so ändert man das Vorzeichen durch Spiemit c1 = −a
2
gelung y2 = −y20 . Also ist die Normalform für eine Parabel erreicht.
(Analog schließt man für a11 = 0 und a22 6= 0.)
a11 a12
. Dann gibt es nach Spek3. Fall In (1) ist a12 6= 0. Sei A =
a12 a22
λ1 0
tralsatz 9.11 eine orthogonale Matrix T so, dass t T AT =
0 λ2
Diagonalgestalt hat. Die Gleichung (1) lautet in Matrizenschreibweise
x1
x
f (x1 , x2 ) = (x1 , x2 )A
+ (a1 , a2 ) 1 + a = 0
x2
x2
y1
x1
ein, dann folgt
=T
Setze hierin
y2
x2
y1
y1
t
(y1 , y2 ) |T{z
AT}
+ (a1 , a2 )T
+ a = 0.
y
y2
2
0
1
λ1 0 A
=@
0 λ2
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
36
12 Euklidische Räume und Bewegungen
Also gibt es b1 , b2 ∈ R so, dass gilt
f (x1 , x2 ) = λ1 y12 + λ2 y22 + b1 y1 + b2 y2 + a = 0
Wir haben die orthogonale Koordinatentransformation ~x 7−→ t T ~x
vorgenommen. (Das entspricht einer Drehung oder Spiegelung von R2 ,
vgl. 10.6.) Nun sind wir in der Situation der ersten beiden Fälle und
können die Gleichung durch Bewegungen auf Normalform bringen.
12.4
Quadriken
Eine Quadrik ist die Lösungsmenge einer quadratischen Gleichung
f (x1 , . . . , xn ) =
n
X
aii x2i +
i=1
X
2aij xi xj +
i<j
n
X
ai xi + a = 0
i=1
Pn
P
2
Der Term
i=1 aii xi +
i<j 2aij xi xj lässt sich wie in 9.13 behandeln,
und man kann mit der in 12.3 beschriebenen Methode die Quadriken in
Dimension n klassifizieren. Für n = 3 ergibt sich folgendes:
Jede nicht ausgeartete Quadrik in R3 kann durch Bewegungen von R3 auf
eine der folgenden Normalformen gebracht werden.
i) Ellipsoid : b1 y12 + b2 y22 + b3 y32 − 1 = 0
ii) einschaliges Hyperboloid : b1 y12 + b2 y22 − b3 y32 − 1 = 0
iii) zweischaliges Hyperboloid : b1 y12 − b2 y22 − b3 y32 − 1 = 0
iv) elliptisches Paraboloid : b1 y12 + b2 y22 − y3 = 0
v) hyperbolisches Paraboloid : b1 y12 − b2 y22 − y3 = 0
wobei jeweils b1 , b2 , b3 > 0 sind.
12.5
Orientierung und Bewegung
Sei β : V −→ V eine Bewegung eines endlich dimensionalen euklidischen
Vektorraums V . Dann gibt es nach 12.2 eine orthogonale Abbildung
f : V −→ V mit β(v) = f (v) + β(~0) für alle v ∈ V.
Wir unterscheiden die beiden Fälle det f = 1 und det f = −1.
• Im Fall det f = 1 heißt β orientierungserhaltend,
• im Fall det f = −1 heißt β orientierungsumkehrend.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
12.6 Die Bewegungsgruppe von
12.6
R2
37
Die Bewegungsgruppe von R2
Die Gruppe der Bewegungen von R2 wird erzeugt von den Translationen
tw um den Vektor w ∈ R2 , den Drehungen dϕ um ~0 mit dem Drehwinkel ϕ
und der Spiegelung s an der x1 -Achse. Dies folgt aus 10.6, 10.8 und 12.2.
Für alle (x1 , x2 ) ∈ R2 gilt dabei
a1
x1 + a1
x1
mit w =
=
tw
a2
x2 + a2
x2
cos ϕ − sin ϕ
x1
x1
=
dϕ
sin ϕ cos ϕ
x2
x2
x1
1 0
x1
x
.
=
s 1 =
−x2
0 −1
x2
x2
Rechenregeln in der Bewegungsgruppe von
R2
Für alle v, w ∈ R2 und ϕ, η ∈ R gelten
i) tv ◦ tw = tv+w , dϕ ◦ dη = dϕ+η und s ◦ s = id
ii) dϕ ◦ tw = tdϕ (w) ◦ dϕ
iii) s ◦ tw = ts(w) ◦ s
iv) s ◦ dϕ = d−ϕ ◦ s
Beweis. Wir zeigen hier exemplarisch nur ii): Für alle x ∈ R2 gilt
(dϕ ◦ tw )(x) = dϕ (tw (x)) = dϕ (x + w) = dϕ (x) + dϕ (w) = tdϕ (w) (dϕ (x))
= (tdϕ (w) ◦ dϕ )(x).
Satz.
Jede Bewegung β : R2 −→ R2 lässt sich eindeutig darstellen als
β = tw ◦ dϕ oder β = tw ◦ dϕ ◦ s
Beweis. Sei β eine Bewegung von R2 . Nach Satz 12.2 ist dann β = tw ◦ f ,
wobei tw eine Translation um w ist und f orthogonal ist, also insbesondere
f (~0) = ~0 und det f = ±1 gilt.
1) Sei det f = 1. Dann ist f nach 10.8 eine Drehung dϕ und also β = tw ◦dϕ .
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38
12 Euklidische Räume und Bewegungen
2) Sei det f = −1. Dann gilt det(f ◦ s) = det f · det s = (−1)(−1) = 1.
Nach 10.8 ist f ◦ s eine Drehung, also f ◦ s = dϕ . Da s ◦ s = id ist, folgt
f = dϕ ◦ s und somit β = tw ◦ dϕ ◦ s.
3) Eindeutigkeit der Darstellung: Sei β = tw ◦ dϕ ◦ si = tv ◦ dη ◦ sj , wobei
i, j ∈ {0, 1} sind. Es ist zu zeigen, daß i = j, w = v und ϕ = η gelten.
Sei i = 0, dann ist β nach 12.5 orientierungserhaltend, folglich ist j = 0.
Sei i = 1, dann ist β nach 12.5 orientierungsumkehrend, folglich ist
j = 1. Also gilt i = j. Da s ◦ s = id ist, folgt tw ◦ dϕ = tv ◦ dη .
Multipliziere von links mit t−v und von rechts mit d−ϕ . Man erhält
tw−v ◦ dϕ−ϕ = tv−v ◦ dη−ϕ , also tw−v = dη−ϕ . Eine Translation kann
aber nur dann eine Drehung sein, wenn sie die Identität t~0 ist. Folglich
gelten w = v und η = ϕ.
Untergruppen der Bewegungsgruppe von
Sei G die Gruppe der Bewegungen von
Untergruppen
R2
R2 . In G betrachten wir die beiden
T := Gruppe der Translationen
O := Gruppe der orthogonalen Abbildungen
= Gruppe der Bewegungen, die ~0 festlassen
n
o
=
Drehungen um ~0 und Spiegelungen an Geraden durch ~0
10.7
Sei B die Standardbasis von
R2 , dann sind die beiden Zuordnungen
R2 −→ T ,
O −→ O2 (R),
w 7−→ tw
β 7−→ MB
B (β)
Isomorphismen von Gruppen.
12.7
Geometrische Beschreibung
Orientierungserhaltende Bewegungen von
R2
Sei β eine orientierungserhaltende Bewegung der reellen Ebene. Dann ist
β = tw ◦ dϕ nach 12.6.
• Ist dϕ = id, so ist β eine Parallelverschiebung um den Vektor w
~.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
12.7 Geometrische Beschreibung
39
• Sei hingegen dϕ 6= id. Dann besitzt β genau einen Fixpunkt P , woraus
folgt, dass β eine Drehung um den Punkt P ist.
Beweis. Gesucht ist v ∈ R2 mit β(v) = dϕ (v) + w = v. Zu lösen ist also die
Gleichung (id −dϕ )(v) = w. Die Determinante des zugehörigen Gleichungssystems
a1
1 − cos ϕ
sin ϕ
x1
=
a2
− sin ϕ 1 − cos ϕ
x2
mit v = (x1 , x2 ) und w = (a1 , a2 ) ist 2 − 2 cos ϕ und also 6= 0. Das Gleichungssystem hat also genau eine Lösung P . Es ist P = dϕ (P )+w. Folglich
ist β(P + v) = dϕ (P + v) + w = dϕ (P ) + dϕ (v) + w = dϕ (P ) + w + dϕ (v) =
P + dϕ (v). Also ist β eine Drehung um P mit Drehwinkel ϕ.
Orientierungsumkehrende Bewegungen von
Jede orientierungsumkehrende Bewegung von
R2
R2 ist
• eine Spiegelung an einer Geraden ` oder
• eine Gleitspiegelung, das ist die Hintereinanderausführung einer Spiegelung an einer Geraden ` und einer Verschiebung um einen zu `
parallelen Vektor w 6= ~0.
Beweis. Eine orientierungsumkehrende Bewegung von R2 hat die Form β =
tw ◦ dϕ ◦ s nach 12.6. Die Bewegung s0 := dϕ ◦ s ist eine Spiegelung an der
Geraden durch ~0, die mit der x1 -Achse den Winkel ϕ2 bildet, denn
cos ϕ − sin ϕ
1 0
cos ϕ
sin ϕ
=
(vgl. 10.7)
sin ϕ cos ϕ
0 −1
sin ϕ − cos ϕ
Dreht man das Koordinatensystem so, dass die x1 -Achse zur Spiegelachse
wird, dann ist β = tw ◦ s0 mit einer Translation tw (mit geänderten Koordinaten) und einer Spiegelung s0 an der (neuen) x1 -Achse. Mit w = (a1 , a2 )
wirkt β im neuen Koordinatensystem durch
x1 + a1
x1
.
=
β
−x2 + a2
x2
Die Gerade
n
a2 o
` = (x1 , x2 ) ∈ R2 x2 =
2
wird dabei in sich selbst überführt. Insgesamt beschreibt β eine Gleitspiegelung entlang `.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
40
12 Euklidische Räume und Bewegungen
12.8
Symmetriegruppen
Definition.
Sei F ⊂ R2 eine beliebige Teilmenge ( Figur“). Eine Symmetrie von F ist
”
eine Bewegung β : R2 → R2 , die F in sich überführt, für die also β(F ) = F
gilt.
Die Symmetrien von F bilden eine Untergruppe der Bewegungsgruppe G,
die Symmetriegruppe der Figur“ F .
”
Abbildung 4: Spiegel- und Drehsymmetrie
12.9
Endliche Untergruppen von O ' O2 (R)
Satz. Sei O die Gruppe der Bewegungen von R2 , die den Nullpunkt festlassen, und sei G eine endliche Untergruppe von O. Dann gilt
• G ist die zyklische Gruppe Zn der Ordnung n, die von der Drehung
dη mit η = 2π
n erzeugt wird
oder
• G ist die Diedergruppe Dn der Ordnung 2n, die von der Drehung
0
dη mit η = 2π
n und einer Spiegelung s an einer Geraden durch den
Nullpunkt erzeugt wird.
Beweis. 1. Fall: Alle Elemente von G sind Drehungen. Zeige: G ist zyklisch.
Ist |G| = 1, so ist G = {id}. Sei |G| > 1. Dann enthält G eine Drehung
um einen Winkel ϕ 6= 0. Sei η ∈ R der kleinste positive Drehwinkel, der bei
einer Drehung aus G auftritt. Dann ist ϕ = mη + α mit 0 6 α < η und
einem m ∈ Z.
Da G eine Gruppe ist, gilt dα = dϕ−mη ∈ G. Es folgt α = 0, da η minimal
ist und 0 6 α < η gilt. Demnach ist dϕ = dmη = dm
η . Also ist G zyklisch.
Wähle n ∈ N minimal mit der Eigenschaft nη > 2π, also 2π 6 nη < 2π + η.
Es folgt nη = 2π und also η = 2π
n , da ansonsten dnη−2π eine Drehung in G
mit kleinerem Drehwinkel als η wäre.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
12.10 Endliche Untergruppen der Bewegungsgruppe von
R2 41
2. Fall: G enthält eine Spiegelung.
Durch Änderung des Koordinatensystems kann man erreichen, dass es sich
um die Spiegelung s an der x1 -Achse handelt. Sei H die Untergruppe der
Drehungen aus G.Wie im ersten Fall gibt es ein n ∈ N mit H = Zn .
Folglich ist Dn := diη ◦ sj i = 0, . . . , n − 1, j = 0, 1 ⊂ G. Jetzt ist noch
zu zeigen, dass G ⊂ Dn gilt. Sei β ∈ G. Wenn β eine Drehung ist, dann ist
β ∈ H ⊂ Dn . Ist β dagegen eine Spiegelung, so ist β = dϕ ◦ s mit einem
ϕ ∈ R. Es folgt dϕ = β ◦ s ∈ G und weiter dϕ ∈ H. Es gibt dann ein
0 6 i < n mit dϕ = diη . Also β = diη ◦ s ∈ Dn .
Folgerung.
Schreiben wir x := dη und y := s, so können wir die Diedergruppe Dn
durch Erzeugende und definierende Relationen beschreiben:
• Die Erzeugenden von Dn sind x und y,
• als Relationen gelten xn = 1, y 2 = 1 und yx = xn−1 y.
Es ist dann
Dn = 1, x, x2 , . . . , xn−1 , y, xy, x2 y, . . . , xn−1 y .
12.10
Endliche Untergruppen der Bewegungsgruppe
von R2
Wir kennen jetzt die endlichen Untergruppen Zn und Dn von O. Dabei ist
O die Gruppe der Bewegungen, die ~0 festlassen. Wir werden jetzt zeigen,
dass jede endliche Untergruppe der Bewegungsgruppe G einen Fixpunkt P
hat. Mit diesem Wissen können wir unser Koordinatensystem so festlegen,
dass P der neue Nullpunkt wird und wir in der Situation von 12.9 sind.
Lemma.
Sei M = {q1 , . . . , qn } eine endliche Menge von Punkten der Ebene, und sei
P =
1
(q1 + . . . + qn )
n
der Schwerpunkt von M . Für jede Bewegung β gilt dann
β(P ) =
1
(β(q1 ) + · · · + β(qn )).
n
Eine Bewegung bildet also Schwerpunkte auf Schwerpunkte ab.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
42
12 Euklidische Räume und Bewegungen
Beweis. Jede Bewegung β hat die Form β = tw ◦ dϕ oder β = tw ◦ dϕ ◦ s
mit einer Translation tw , einer Drehung dϕ um den Nullpunkt und der
Spiegelung s. Da dϕ und s R-linear sind, braucht man die Behauptung nur
für Translationen zu zeigen. Sei β = tw eine Translation um w. Es gilt:
β(P ) = P + w nach Definition von tw
1
1
= (q1 + . . . + qn ) + (w + . . . + w)
{z
}
n
n|
n mal
1
= (q1 + w + . . . + qn + w)
n
1
= (β(q1 ) + . . . + β(qn ))
n
Satz.
Jede endliche Untergruppe G der Bewegungsgruppe G von E hat einen Fixpunkt, d.h. es gibt einen Punkt P ∈ E mit β(P ) = P für alle β ∈ G.
Beweis. Sei q ∈ E und sei Gq := {β(q)|β ∈ G} die Bahn von q unter
der Wirkung von G. Die Bahn ist endlich, weil G endlich ist. Schreibe
1
Gq = {q1 , . . . , qm }. Es ist P = m
(q1 + . . . + qm ) der Schwerpunkt der Bahn.
Also ist β(P ) = P für jedes β ∈ G, denn β permutiert die Elemente der
Bahn, und β(P ) ist wieder der Schwerpunkt dieser Elemente nach dem
Lemma.
12.11
Endliche Untergruppen der Drehgruppe von R3
Im dreidimensionalen reellen Raum sind Bewegungen wesentlich schwieriger
zu klassifizieren als in der Ebene.
Wir beschränken uns daher darauf, endliche Untergruppen der räumlichen
Drehgruppe D3 (R) zu betrachten. Es ist
D3 (R) = f : R3 → R3 | f orthogonal, det f = 1
' SO3 (R).
Satz.
Sei G eine endliche Untergruppe von D3 (R). Dann ist G eine der folgenden
Gruppen:
• Zn : Zyklische Gruppe der Drehungen um Vielfache von
um eine Drehachse. Es ist |Zn | = n.
2π
n
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
mit n ∈ N
12.11 Endliche Untergruppen der Drehgruppe von
R3
43
• Dn : Diedergruppe der Symmetrien eines regelmäßigen n-Ecks in einer
Ebene, aufgefasst als räumliche Drehungen. Es ist |Dn | = 2n.
• T : Tetraedergruppe der 12 Drehungen, die ein Tetraeder in sich überführen.
• W : Würfelgruppe der 24 Drehungen, die einen Würfel oder ein Oktaeder in sich überführen.
• I : Ikosaedergruppe der 60 Drehungen, die ein Dodekaeder oder ein
Isokaeder in sich überführen.
Beweis. Die Idee ist, die Pole von G auf der Einheitssphäre
S 2 := x ∈ R3 | kxk = 1
abzuzählen. Dabei heißt ein Punkt p ∈ S 2 ein Pol von G, falls es eine
Drehung γ 6= id aus G gibt mit γ(p) = p . Man nennt dann p auch Pol von
γ . Die Schwierigkeit bei der Zählung der Pole von G ist, dass ein Punkt
p ∈ S 2 ein Pol von mehreren Elementen aus G sein kann.
Ist f 6= id ein Element aus G , so ist f eine Drehung um eine (eindeutig
bestimmte) Drehachse ` . Die beiden Schnittpunkte von ` mit S 2 sind dann
die Pole von f . Die Gruppe G operiert auf S 2 vermöge
G × S 2 −→ S 2 , (f, p) 7−→ f (p)
denn es gilt f (p) ∈ S 2 ∀ p ∈ S 2 , da jede Drehung f orthogonal und
insbesondere abstandserhaltend ist.
Lemma.
Bei der Operation von G auf S 2 geht die Menge X der Pole von G in sich
über. Die Gruppe G operiert also auf X.
Beweis. Ist p Pol von f 6= id aus G und g ∈ G \ {id} beliebig. Dann ist g(p)
Pol von g ◦ f ◦ g −1 , denn es ist (g ◦ f ◦ g −1 )(g(p)) = g(f (p)) = g(p).
Da G auf der Menge der Pole X operiert, kann man X disjunkt in Bahnen
zerlegen, vgl. 11.21. Wir zeigen nun mit Hilfe der Bahnformel in 11.22,
dass es höchstens 3 Bahnen geben kann. Fallunterscheidung nach Anzahl
und Länge der Bahnen ergibt dann die obige Liste.
Sei Stab(p) := {g ∈ G | g(p) = p} der Stabilisator eines Pols p von G und
sei Gp := {g(p) | g ∈ G} die zugehörige Bahn. Mit den Bezeichnungen
N := |G| ,
np := |Gp| = “Bahnlänge”,
rp := |Stab(p)|
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
44
12 Euklidische Räume und Bewegungen
gilt nach der Bahnformel N = rp · np , vgl. 11.22.
Sei N > 1 . Dann ist rp > 1 nach Definition des Pols, da id ∈ Stab(p) ist,
und G hat rp − 1 Elemente mit Pol p nach Definition des Stabilisators. Da
jedes f ∈ G \ {id} zwei Pole hat, folgt:
X
(1)
(rp − 1) = 2(N − 1)
p∈X
Wenn zwei Pole p und p0 in derselben Bahn liegen, folgt Gp = Gp0 nach
11.1, also auch np = np0 , und aus N = rp np = rp0 np0 folgt dann auch
rp = rp0 . Man kann also Summanden von Polen, die in derselben Bahn
liegen zusammenfassen. Wir schreiben nun B1 , . . . , Bm für die Bahnen. Sei
ri := rp , falls p ∈ Bi und ni := |Bi | = Länge der Bahn Bi“. Aus (1) folgt
”
nun
m
X
(2)
ni (ri − 1) = 2N − 2
i=1
Es ist N = ri ni für alle i = 1, . . . , m. Division der Gleichung (2) durch N
ergibt:
m
X
2
1
2−
=
(1 − )
| {zN} i=1 | {zri }
(3)
<2
>1/2
|
{z
}
>m
2
Es folgt m ≤ 3 , d. h. es gibt höchstens drei Bahnen.
Fall 1: Es gibt nur eine Bahn. Dann folgt mit (3)
2
1
=1−
2−
N
r
| {z } | {z 1}
>1
<1
Dieser Fall kann nicht vorkommen.
Fall 2: Es gibt genau zwei Bahnen. Dann folgt mit (3)
2−
1
1
2
=1−
+1−
N
r1
r2
und daher
2
1
1
=
+
N
r1
r2
Es ist ri 6 N , da N = ni ri gilt. Also folgt r1 = r2 = N und somit
n1 = n2 = 1. Beide Bahnen haben die Länge 1. Folglich gibt es nur 2
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
12.11 Endliche Untergruppen der Drehgruppe von
R3
45
Pole p und p0 , und beide sind Fixpunkte (werden von allen Elementen
aus G festgelassen wegen N = r1 = r2 ). Also liegen sich p und p0 auf
der Sphäre gegenüber, d. h. sie liegen beide auf einer Geraden ` durch
~0. Die Gruppe G kann also nur aus Drehungen um die Drehachse `
bestehen. Daraus folgt, dass G = ZN die zyklische Gruppe ist, die
von der Drehung um den Winkel 2π
N erzeugt wird.
Fall 3: Es gibt genau drei Bahnen. Mit (3) folgt nun:
(4)
2
1
1
1
=
+
+
−1
N
r1
r2
r3
Numeriere die Bahnen so, dass r1 6 r2 6 r3 gilt. Es folgt r1 = 2,
denn wären alle ri > 3, so wäre die rechte Seite in (4) 6 0 , die linke
Seite ist aber > 0.
Fall 3a: r1 = r2 = 2 und r := r3 beliebig.
Mit (4) folgt N = 2r, also n3 = 2, da N = n3 r ist. Es ist also
B3 = {p, p0 } mit Polen p, p0 ∈ S 2 .
Jedes Element von G lässt entweder p und p0 fest oder vertauscht beide. Also liegen sich p und p0 auf S 2 gegenüber, und die Elemente von
G sind Drehungen um die Gerade ` durch p und p0 oder Drehungen
um den Winkel π um eine Gerade `0 , die in der Ebene E := `⊥ liegt.
Es ist also
G = {f ∈ D3 (R) | f führt ein regelmäßiges r-Eck F ⊂ E in sich über}
Die Eckpunkte und Mittelpunkte der Seiten von F entsprechen den
übrigen Polen. Schränkt man die Wirkung von G auf die Ebene E
ein, so erhält man die Diedergruppe Dr , wobei die Drehungen um
` als ebene Drehungen um den Mittelpunkt von F wirken und die
Drehungen um eine Gerade `0 in E wie eine Spiegelung an `0 wirken.
Fall 3b: r1 = 2 und r2 , r3 > 2.
Mit Hilfe von (4) überlegt man, dass es nur folgende Möglichkeiten
gibt:
Gruppe (r1 , r2 , r3 ) N
T
(2, 3, 3)
12
W
(2, 3, 4)
24
I
(2, 3, 5)
60
Die Tripel (2, r2 , r3 ) mit r2 , r3 > 4 können nicht vorkommen, da
1 1 1
+ + −1=0
2 4 4
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
46
12 Euklidische Räume und Bewegungen
ist. Die Tripel (2, 3, r3 ) mit r3 > 6 können nicht vorkommen, weil
1 1 1
+ + −1=0
2 3 6
ist.
Im Fall (r1 , r2 , r3 ) = (2, 3, 3) ist (n1 , n2 , n3 ) = (6, 4, 4), da N = ri ni
ist. Die Pole der Bahn B2 sind die Eckpunkte eines Tetraeders F , und
G besteht aus den Drehungen, die F in sich überführen. Es ist
n1 = # Kanten von F
n2 = # Eckpunkte von F
n3 = # Seitenflächen von F
Im Fall (r1 , r2 , r3 ) = (2, 3, 4) ist (n1 , n2 , n3 ) = (12, 8, 6). Die Pole
der Bahn B2 sind die Eckpunkte eines Würfels F , und die Pole in
B3 sind die Eckpunkte eines Oktaeders F 0 , und G besteht aus den
Drehungen, die diese Figuren in sich überführen. Es ist
n1 = # Kanten von F = # Kanten von F 0
n2 = # Eckpunkte von F = # Seitenflächen von F 0
n3 = # Seitenflächen von F = # Eckpunkte von F 0
Im Fall (r1 , r2 , r3 ) = (2, 3, 5) ist (n1 , n2 , n3 ) = (30, 20, 12). Die Pole
in B2 sind die Eckpunkte eines Dodekaeders F , und die Pole in B3
sind die Eckpunkte eines Ikosaeders F 0 . Es ist G = I .
Wir haben uns in diesem Kapitel an dem schönen Algebrabuch von M.
Artin [3] orientiert. Insbesondere ist der obige Beweis aus diesem Buch, das
hier als weiterführende Lektüre sehr empfohlen wird.
Lernerfolgstest.
• Was verstehen Sie unter einer Symmetriegruppe?
• Wie operiert die ebene Bewegungsgruppe auf den Kegelschnitten?
Beschreiben Sie die Bahnen
• Geben Sie eine Beweisidee zur Bestimmung der endlichen Untergruppen von SO3 (R) an
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
12.12 Übungsaufgaben 76 – 83
12.12
47
Übungsaufgaben 76 – 83
Aufgabe 76.
Man bestimme die Normalform des Kegelschnitts mit der Gleichung
x21 + 4 x1 x2 + 4 x22 + 2 x1 − x2 − 5 = 0
Aufgabe 77.
Man bestimme die Normalform des Kegelschnitts mit der Gleichung
16 x21 + 24 x1 x2 + 9 x22 + 60 x1 − 80 x2 = 0
und fertige eine Skizze an.
Aufgabe 78.
Es sei E eine Ellipse mit den Hauptachsen
1
1
2
−3
w1 = √
und w2 = √
13 3
13 2
und den zugehörigen Hauptachsenabschnitten 3 und 1. Man bestimme die
zu E gehörige Gleichung a11 x21 + 2 a12 x1 x2 + a22 x22 − 1 = 0 , in der a12 6= 0
ist.
Aufgabe 79.
Man ermittle, welche Matrix die Drehung von R3 um den Winkel ϕ um die
durch den Vektor e2 = (0, 1, 0) bestimmte Achse beschreibt.
Aufgabe 80.
Es sei β eine orientierungsumkehrende Bewegung der Ebene. Man zeige,
dass β ◦ β eine Translation ist.
Aufgabe 81.
Sei D3 die Diedergruppe der Ordnung 6. Man bestimme alle Untergruppen
von D3 und ermittle, welche davon Normalteiler sind.
Aufgabe 82.
Sei D4 die Diedergruppe der Ordnung 8. Man bestimme alle Untergruppen
von D4 und ermittle, welche davon Normalteiler sind.
Aufgabe 83.
Eine Gruppe G der Ordnung 55 operiere von links auf einer Menge X mit
18 Elementen. Man zeige, dass es mindestens zwei Fixpunkte in X gibt.
(Dabei heißt ein Element x ∈ X Fixpunkt, wenn gx = x für alle g ∈ G gilt.)
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
48
13
13 Bilinearformen
Bilinearformen
Lernziel.
Fertigkeiten: Sätze über Bilinearformen in Aussagen über Matrizen
umformulieren
Kenntnisse: Grundlagen der Theorie symmetrischer und schiefsymmetrischer Bilinearformen und ihrer geometrischen Interpretation
13.1
Symmetrische Bilinearformen
Sei K ein Körper, und sei V ein K-Vektorraum.
Definition.
(i) Eine Bilinearform auf V ist eine Abbildung
s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi
mit den Eigenschaften
)
hu + v, wi = hu, wi + hv, wi
linear im ersten Argument
1.
hλv, wi = λhv, wi
)
hu, v + wi = hu, vi + hu, wi
0
1.
linear im zweiten Argument
hv, µwi = µhv, wi
für alle u, v, w ∈ V und λ, µ ∈ K.
(ii) Eine symmetrische Bilinearform auf V ist eine Abbildung
s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi ,
die 1. erfüllt und symmetrisch ist, d.h. für alle v, w ∈ V gilt
2. hv, wi = hw, vi
symmetrisch
Aus 1. und 2. lässt sich leicht die Eigenschaft 1.0 folgern, vgl. 9.2.
Sei nun V endlich dimensional, und sei s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi ,
eine symmetrische Bilinearform auf V .
Zugehörige Matrix: Sei B = {v1 , . . . , vn } eine Basis von V . Dann gehört
zu s die symmetrische Matrix


hv1 , v1 i · · · hv1 , vn i


..
MB (s) :=  ...

.
hvn , v1 i
···
hvn , vn i
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
13.2 Schiefsymmetrische Bilinearformen
49
Umgekehrt gibt es zu jeder symmetrischen Matrix A ∈ Mn×n (K)
genau eine symmetrische Bilinearform s : V × V −→ K so, dass
MB (s) = A gilt, vgl. 9.3
Basiswechsel: Seien B und B 0 Basen von V . Setzen wir wie in 9.4
T := MB
B0 (id)
13.2
so gilt
MB0 (s) = t T MB (s) T
Schiefsymmetrische Bilinearformen
Definition.
Eine schiefsymmetrische Bilinearform ist eine Abbildung
s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi ,
mit den Eigenschaften: Für alle u, v, w ∈ V und µ ∈ K gelten
)
hu + v, wi = hu, wi + hv, wi
linear im ersten Argument
1.
hλv, wi = λhv, wi
2.−
hv, wi = −hw, vi
schiefsymmetrisch
Wie übertragen sich die in 13.1 angesprochenen Punkte für schiefsymmetrische Bilinearformen s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi ?
Bilinearität: Für alle u, v, w ∈ V und µ ∈ K gilt auch
)
hu,
v
+
wi
=
hu,
vi
+
hu,
wi
1.0
linear im zweiten Argument
hv, µwi = µhv, wi
Dies folgt leicht aus 1. und 2.− .
Zugehörige Matrix: Eine Matrix A ∈ Mn×n (K) heißt schiefsymmetrisch,
wenn tA = −A gilt. Sei B = {v1 , . . . , vn } eine Basis von V . Dann
gehört zu s die nach 2.− schiefsymmetrische Matrix


hv1 , v1 i · · · hv1 , vn i


..
MB (s) :=  ...

.
hvn , v1 i
···
hvn , vn i
Umgekehrt gibt es zu jeder schiefsymmetrischen Matrix A ∈ Mn×n (K)
genau eine schiefsymmetrische Bilinearform s : V × V −→ K so, dass
MB (s) = A gilt.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
50
13 Bilinearformen
Beweis. Eine schiefsymmetrische Matrix A = (aij ) sei vorgegeben.
Für
v = λ1 v1 + · · · + λn vn und w = µ1 v1 + · · · + µn vn
mit λ1 , . . . , λn , µ1 , . . . , µn ∈ K setzen wir

µ1
 
s(v, w) := hv, wi := (λ1 , . . . , λn ) · A ·  ... 

µn
Dann ist s offenbar bilinear, und nach Definition der Matrizenmultiplikation in 5.2 gilt
hvi , vj i = aij für alle i, j = 1, . . . , n .
Wie in 9.3 (mit µi = µi ) zeigt man nun, dass s hierdurch eindeutig
bestimmt ist. Da A schiefsymmetrisch ist, gilt hvi , vj i = −aji . Es folgt
n
n
P
P
hv, wi =
λi µj aij = −
µj λi aji = −hw, vi und also 2.−
i,j=1
i,j=1
Basiswechsel: Seien B und B 0 Basen von V . Setzen wir
T := MB
B0 (id)
so gilt
MB0 (s) = t T MB (s) T
Dies folgt mit ¯ = id analog wie in 9.4.
Bemerkung.
Ist 1 + 1 6= 0 in K, so folgt aus 2.− für v = w die Gleichung
2.0 hv, vi = 0 für alle v ∈ V .
Umgekehrt implizieren 1., 1.0 und 2.0 die Gleichung 2.− , denn
0 =0 hv + w, v + wi = hv, vi + hv, wi + hw, vi + hw, wi =0 hv, wi + hw, vi .
2.
2.
13.3
Orthogonale Summen
Sei V ein K-Vektorraum, und sei s : V × V −→ K, (v, w) −
7 → hv, wi ,
eine symmetrische oder eine schiefsymmetrische Bilinearform auf V . Wir
nennen zwei Vektoren v, w ∈ V orthogonal , wenn
hv, wi = 0
gilt, und schreiben v⊥w .
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
13.4 Das Radikal
51
Definition.
Seien U1 , . . . , Um Teilräume von V und sei
U := U1 + · · · + Um := {u1 + · · · + um | uj ∈ Uj ∀j = 1, . . . , m}
die Summe der Teilräume U1 , . . . , Um .
Dann heißt die Summe eine orthogonale Summe, wenn
1. U = U1 ⊕ · · · ⊕ Um (“direkte Summe”, vgl. 2.7 und Aufgabe 11).
2. ui ⊥uj für alle ui ∈ Ui , uj ∈ Uj und i 6= j.
Wir schreiben dann
U = U1 ⊥ · · · ⊥Um
13.4
Das Radikal
Seien V ein K-Vektorraum und s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi , eine
symmetrische oder eine schiefsymmetrische Bilinearform auf V . Ist U ein
Teilraum von V , so ist auch
U ⊥ := {v ∈ V | v⊥u ∀u ∈ U }
ein Teilraum von V , wie leicht aus Definition 13.1 und 13.2 folgt.
Definition.
Rad V := {v ∈ V | v⊥v 0 ∀v 0 ∈ V } heißt das Radikal von V , und V heißt
regulär oder nicht ausgeartet, falls Rad V = {~0} gilt. In dem Fall nennen
wir auch die zugehörige Bilinearform s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi ,
regulär oder nicht ausgeartet.
Bemerkung.
Sei U ein Teilraum von V , und sei U mit der von s induzierten Bilinearform
versehen, also mit der Einschränkung
s|U ×U : U × U −→ K, (u, u0 ) 7−→ hu, u0 i ,
von s auf U . Es ist dann
Rad U := {u ∈ U | u⊥u0 ∀u0 ∈ U } = U ∩ U ⊥
Warnung: Ein Teilraum U kann ausgeartet sein, auch wenn V nicht ausgeartet ist, (vgl. 13.7).
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
52
13 Bilinearformen
Diese Warnung gilt allerdings nicht für das Komplement des Radikals, wie
der folgende Satz zeigt. (Komplementäre Teilräume eines Vektorraums haben wir in Aufgabe 18 studiert.)
Satz.
Sei V 0 ein zu Rad V komplementärer Teilraum, also V = V 0 ⊕Rad V . Dann
ist
V = V 0 ⊥ Rad V
wobei die Einschränkung von s auf den Teilraum V 0
s|V 0 ×V 0 : V 0 × V 0 −→ K,
(u0 , v 0 ) 7−→ hu0 , v 0 i
regulär ist und die Einschränkung von s auf den Teilraum Rad V trivial ist,
d.h. es gilt hv, wi = 0 für alle v, w ∈ Rad V .
Beweis. Die Summe ist orthogonal, und es ist hv, wi = 0 für alle v, w ∈
Rad V nach Definition von Rad V . Noch zu zeigen: Rad V 0 = {~0}.
Sei u0 ∈ Rad V 0 ⊂ V 0 und sei v ∈ V beliebig. Nach Voraussetzung gibt es
eine Zerlegung v = v 0 + w mit v 0 ∈ V 0 und w ∈ Rad V . Es folgt
hu0 , vi = hu0 , v 0 + wi =
hu0 , v 0 i
| {z }
+
=0, da u0 ∈Rad V 0
=0
=⇒
hu0 , wi
| {z }
=0, da w∈Rad V
0
u ∈ Rad V
Insbesondere ist u0 ∈ (Rad V ) ∩ V 0 = {~0} .
13.5
Bestimmung des Ranges von MB (s)
Sei dimK V = n und B = (v1 , . . . , vn ) eine Basis von V . Weiterhin sei
s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi , eine symmetrische oder eine schiefsymmetrische Bilinearform auf V . Dann können wir den Rang von


hv1 , v1 i · · · hv1 , vn i


..
MB (s) =  ...

.
hvn , v1 i
···
hvn , vn i
leicht mit Hilfe von 13.4 bestimmen.
Satz.
i) Rad V = {~0} ⇐⇒ MB (s) ∈ GLn (K)
7.6
⇐⇒ rang MB (s) = n
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13.5 Bestimmung des Ranges von MB (s)
53
ii) Es gibt eine Basis B 0 = (v10 , . . . , vn0 ) von V so, dass mit T := MB
B0 (id)
gilt





t
T · MB (s) · T = MB0 (s) = 




B
0 ... 0
..
..
.
.
0 ... 0

0 ... 0
..
.. 
.
. 

0 ... 0 

0 ... 0 

..
.. 
.
. 
0 ... 0
wobei B ∈ GLr (K) mit r = rang MB (s) .
Beweis. zu i) Es ist Rad V der Kern der K-linearen Abbildung
(
V −→ K
% : V −→ HomK (V, K), v 7−→
w 7−→ hw, vi
Also gilt
Rad V = {~0} ⇐⇒ % injektiv ⇐⇒ % surjektiv.
4.4
4.8
(
1 für i = j
Sei C = (ϕ1 , . . . , ϕn ) die durch ϕi (vj ) =
0 für i 6= j
Basis von HomK (V, K). Schreiben wir
definierte
%(vj ) = a1j ϕ1 + · · · + anj ϕn mit aij ∈ K
dann folgt aus 5.4, dass MCB (%) = (aij ) ist. Es ist
hvi , vj i = %(vj )(vi )
= a1j ϕ1 (vi ) + · · · + anj ϕn (vi )
= aij nach Definition von ϕi
Also gilt MB (s) = MCB (%). Da rang MCB (%) = dimK bild(%) ist (vgl.
5.13), folgt nun
% surjektiv ⇐⇒ rang MB (s) = n
und damit i).
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54
13 Bilinearformen
zu ii) Schreibe V = V 0 ⊥ Rad V wie in Satz 13.4 und bestimme eine Basis
0
B 0 = (v10 , . . . , vn0 ) von V so, dass (v10 , . . . , vm
) eine Basis von V 0 und
0
0
(vm+1 , . . . , vn ) eine Basis von Rad V ist. Dann folgt





MB0 (s) = 




B
0 ... 0
..
..
.
.
0 ... 0

0 ... 0
..
.. 
.
. 

0 ... 0 

0 ... 0 

..
.. 
.
. 
0 ... 0
mit B ∈ Mm×m (K) und passenden Nullblöcken. Nach i) ist rang B =
m, da die Einschränkung von s auf V 0 nach 13.4 regulär ist. Also ist
m = rang MB0 (s). Nach 13.1 und 13.2 ist MB0 (s) = t T · MB (s) · T .
Hieraus folgt m = r , vgl. Aufgabe 35.
13.6
Dualitätssatz
Satz (Dualitätssatz).
Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum, und sei s : V × V −→ K,
(v, w) 7−→ hv, wi , eine symmetrische oder schiefsymmetrische Bilinearform, die nicht ausgeartet sei (d.h. für die Rad V = {~0} sei). Dann gelten
für jeden Teilraum U von V
1. dimK V = dimK U + dimK U ⊥
2. (U ⊥ )⊥ = U und Rad U = Rad(U ⊥ )
3. Ist s|U ×U : U × U −→ K regulär, dann ist V = U ⊥U ⊥ , und auch die
Einschränkung von s auf U ⊥ ist regulär.
Lemma.
Sei V ein K-Vektorraum und U ein Teilraum von V . Für f ∈ HomK (V, K)
sei f |U : U −→ K die Einschränkung von f auf den Teilraum U . Dann
ist die K-lineare Abbildung HomK (V, K) −→ HomK (U, K), f 7−→ f |U ,
surjektiv.
Beweis des Lemmas. Sei g ∈ HomK (U, K), und sei U 0 ein zu U komplementärer Teilraum, also V = U ⊕ U 0 . Für f : U ⊕ U 0 −→ K, u + u0 7−→ g(u)
folgt f |U = g .
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13.6 Dualitätssatz
55
Beweis des Dualitätssatzes. Zu 1. Es ist
% : V −→ HomK (V, K),
(
V −→ K
v−
7 →
w 7−→ hw, vi
injektiv, da kern % = Rad V = {~0} ist, und also surjektiv nach 4.8.
Sei
|U
%
%0 : V −→ HomK (V, K) −→ HomK (U, K)
Dann ist %0 nach dem Lemma surjektiv (da das Komposition surjektiver Abbildungen surjektiv ist), also
dimK bild %0 = dimK HomK (U, K) = dimK U
5.5
Es ist kern %0 = {v ∈ V | hu, vi = 0 ∀u ∈ U } = U ⊥ . Es folgt
dimK V = dimK |{z}
U ⊥ + dimK U
| {z }
4.7
kern %0
dimK bild %0
Zu 2. Es gelten U ⊂ (U ⊥ )⊥ , wie man der Definition von U ⊥ abliest, sowie
dimK V − (dimK V − dimK U ) = dimK V − dimK U ⊥ = dimK (U ⊥ )⊥ .
1.
1.
Also ist dimK U = dimK (U ⊥ )⊥ . Wegen U ⊂ (U ⊥ )⊥ folgt U = (U ⊥ )⊥
(vgl. 3.12). Dies ergibt Rad U = U ∩ U ⊥ = (U ⊥ )⊥ ∩ U ⊥ = Rad(U ⊥ ).
Zu 3. Ist s auf U regulär, dann gilt U ∩ U ⊥ = {~0} , und mit 2.7 folgt
U + U ⊥ = U ⊕ U ⊥ . Aus dem Dimensionssatz 3.13 ergibt sich
dimK (U ⊕ U ⊥ ) = dimK U + dimK U ⊥ = dimK V
1.
Da U ⊕ U ⊥ ein Teilraum von V ist, folgt U ⊕ U ⊥ = V nach 3.12. Die
Summe ist orthogonal nach Definition von U ⊥ . Nach 2. gilt Rad U =
Rad(U ⊥ ). Also ist mit U auch U ⊥ regulär.
Bemerkung.
Ist U ein ausgearteter Teilraum von V , so ist U ∩ U ⊥ 6= {~0}. Daher ist
dann dimK V = dimK U + dimk U ⊥ > dimK (U + U ⊥ ) nach 1. und nach
dem Dimensionssatz 3.13. Also ist dann V ) U + U ⊥ , und Aussage 2. gilt
nicht.
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56
13.7
13 Bilinearformen
Ein Gegenbeispiel
Das Beispiel aus 9.4 wird uns hier als Gegenbeispiel dienen. Wie in 9.4 sei
s : R2 × R2 −→ R, (v, w) 7−→ hv, wi , definiert durch
hv, wi = x1 y1 − x2 y2 für v = (x1 , x2 ), w = (y1 , y2 ) ∈ R2
Dann ist s eine symmetrische Bilinearform. Sei B = {e1 , e2 } die Standardbasis von V = R2 . Dann ist
he1 , e1 i he1 , e2 i
1 0
MB (s) =
=
he2 , e1 i he2 , e2 i
0 −1
Nach 13.5 i) ist s regulär, denn det MB (s) = −1 6= 0, also MB (s) ∈ GL2 (R).
Sei u1 := 12 (e1 + e2 ) = ( 21 , 12 ), dann ist hu1 , u1 i = 0. Sei
U := Ru1 := {λu1 | λ ∈ R}
Dann ist s|U ×U nicht regulär, da U 6= {~0} und
Rad U := {u ∈ U | hu, wi = 0 ∀w ∈ U } = U ∩ U ⊥ = U
wegen hλu1 , µu1 i = λµhu1 , u1 i = 0 ∀λ, µ ∈ K gilt.
• Ein Teilraum eines regulären Raumes braucht also nicht regulär zu sein.
Wir verifzieren nun noch für den Teilraum U , dass zwar dimR U +dimR U ⊥ =
1 + 1 = dimR R2 ist (wie in 13.6.1 allgemein für reguläres V bewiesen), aber
R2 ) U + U ⊥ gilt und damit 13.6.2 für U nicht erfüllt ist:
Behauptung U ⊥ := {v ∈ R2 | hv, ui = 0 ∀ u ∈ U } = U
Beweis. Es gilt U ⊥ ⊇ U , denn es ist hλu1 , µu1 i = λµhu1 , u1 i = 0.
Zu zeigen: U ⊥ ⊆ U . Setzen wir u2 := e1 − e2 = (1, −1), dann bilden u1 , u2
eine Basis von R2 , und es gelten hu2 , u2 i = 0 und hu1 , u2 i = 12 + 12 = 1 .
Sei v ∈ U ⊥ . Dann gilt v = λ1 u1 + λ2 u2 mit λ1 , λ2 ∈ R, da u1 , u2 eine Basis
von R2 bilden und
0 = hv, u1 i = hλ1 u1 + λ2 u2 , u1 i
= λ1 hu1 , u1 i +λ2 hu2 , u1 i
| {z }
| {z }
=0
=1
= λ2
also v = λ1 u1 ∈ U .
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13.8 Hyperbolische Ebenen
13.8
57
Hyperbolische Ebenen
Wir setzen hier voraus, dass 1 + 1 6= 0 in K gilt. Es sei V ein mindestens
2-dimensionaler K-Vektorraum, der mit einer symmetrischen oder schiefsymmetrischen Bilinearform
s : V × V −→ K , (v, w) 7−→ hv, wi
versehen sei. Ein Vektor u 6= ~0 in V heißt isotrop, falls hu, ui = 0. gilt.
Satz.
Sei V nicht ausgeartet, und es gebe einen isotropen Vektor u1 ∈ V . Dann
gibt es einen Vektor u2 ∈ V so, dass
hu1 , u1 i = 0 = hu2 , u2 i
und
hu1 , u2 i = 1
gilt. Die Vektoren u1 und u2 sind linear unabhängig, und der Raum
H := Ku1 + Ku2
ist nicht ausgeartet.
Beweis. Da V regulär ist, gibt es einen Vektor u ∈ V mit hu1 , ui 6= 0 .
Setzen wir λ := hu1 , ui−1 und w := λu , so folgt
hu1 , wi = 1 .
Ist s schiefsymmetrisch, so ist nach der Bemerkung am Ende von 13.2 jeder
Vektor 6= ~0 isotrop und wir setzen u2 = w. Ist s symmetrisch, so setzen wir
u2 := µu1 + w mit µ := − 12 hw, wi und rechnen nach, dass hu2 , u2 i = 0 und
hu1 , u2 i = 1 gilt. Es sind u1 und u2 linear unabhängig, denn wäre u1 = λu2
mit λ ∈ K, so wäre 1 = hu1 , u2 i = hλu2 , u2 i = λhu2 , u2 i = 0 . Es folgt
dimK H = 2. Die Matrix von s|H×H bezüglich B = (u1 , u2 ) ist
hu1 , u1 i hu1 , u2 i
0 1
=
hu2 , u1 i hu2 , u2 i
±1 0
und also in GL2 (K). Nach 13.5 ist also H nicht ausgeartet.
Definition. Man nennt zwei isotrope Vektoren u1 , u2 ∈ V mit hu1 , u2 i = 1
ein hyperbolisches Paar und den Raum
H := Ku1 + Ku2
eine hyperbolische Ebene.
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58
13 Bilinearformen
Beispiel. Sei s : R2 × R2 −→ R, (v, w) 7−→ hv, wi , definiert durch
hv, wi = x1 y1 − x2 y2 für v = (x1 , x2 ), w = (y1 , y2 ) ∈ R2
wie in 13.8. Dann bilden u1 = ( 12 , 12 ) und u2 = (1, −1) ein hyperbolisches
Paar, und H = Ru1 + Ru2 ist eine hyperbolische Ebene.
13.9
Symplektische Räume
Sei 1 + 1 6= 0 in K, und sei V ein K-Vektorraum, der mit einer schiefsymmetrischen Bilinearform s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi versehen sei.
Es gilt dann
hv, vi = 0 ∀v ∈ V
und man nennt V einen symplektischen Raum. Die schiefsymmetrische Bilinearform s wird ebenfalls als symplektisch oder auch als alternierend bezeichnet.
Satz.
Sei V ein endlich dimensional. Dann ist
V = H1 ⊥ · · · ⊥Hm ⊥L1 ⊥ · · · ⊥Lk
mit hyperbolischen Ebenen Hi und isotropen Geraden Lj . Es ist
U := H1 ⊥ · · · ⊥Hm regulär
und Rad V = L1 ⊥ · · · ⊥Lk das Radikal von V .
Hierbei ist mit einer isotropen Geraden ein 1-dimensionaler Teilraum L =
Ku mit hu, ui = 0 gemeint.
Folgerung.
Jeder reguläre symplektische Raum V ist orthogonale Summe von hyperbolischen Ebenen, und es ist dimK V = 2m eine gerade Zahl.
Beweis des Satzes. Sei U 6= {~0} ein orthogonal unzerlegbarer Teilraum von
V , d.h. U lässt sich nicht darstellen als U = U1 ⊥U2 mit echten Teilräumen
U1 , U2 .
s|U ×U = 0 In diesem Fall ist jede Zerlegung von U in eine direkte Summe von Teilräumen trivialerweise orthogonal. Da U aber orthogonal
unzerlegbar ist, muss dimK U = 1 gelten.
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13.9 Symplektische Räume
59
s|U ×U 6= 0 In diesem Fall ist U regulär, da es sonst eine orthogonale Zerlegung U = U 0 ⊥ Rad(U ) geben würde (vgl. 13.4) und U unzerlegbar
ist. Da s symplektisch ist, ist insbesondere jeder Vektor 6= ~0 in U
isotrop, und wir finden eine hyperbolische Ebene H = Ku1 + Ku2
in U gemäß 13.8. Da s|H×H regulär ist, gilt U = H⊥H ⊥ nach 13.6.
Hieraus folgt H ⊥ = {~0}, da U orthogonal unzerlegbar ist. Es ist also
U = H eine hyperbolische Ebene.
Sei nun V = V 0 ⊥ Rad V ein Zerlegung von V gemäß Satz 13.4. Dann ist
s|V 0 ×V 0 regulär (insbesondere 6= 0), und wir finden eine hyperbolische Ebene H1 , wobei s|H1 ×H1 regulär ist. Nach dem Dualitätssatz 13.6 gilt
V 0 = H1 ⊥ H1⊥
|{z}
:=V 00
und s|V 00 ×V 00 ist regulär. So fortfahrend erhalten wir eine Zerlegung
V 0 = H1 ⊥ · · · ⊥Hm
mit hyperbolischen Ebenen Hi .
Nach Definition ist s|Rad V ×Rad V = 0 und wir spalten eine (unzerlegbare)
isotrope Gerade ab
Rad V = L1 ⊕ Ṽ
Trivialerweise ist die Zerlegung sogar orthogonal und s|Ṽ ×Ṽ = 0. So fortfahrend erhalten wir eine Zerlegung Rad V = L1 ⊥ · · · ⊥Lk
Analog wie in 10.1 ist eine Isometrie definiert als eine bijektive, K-lineare
Abbildung f : V −→ W , die hv, v 0 i = hf (v), f (v 0 )i für alle v, v 0 ∈ V erfüllt.
Wir können nun die regulären symplektischen Räume bis auf Isometrie
klassifizieren:
Korollar.
Sei 1 + 1 6= 0 in K. Seien V , W endlich dimensionale K-Vektorräume, die
jeweils mit einer regulären schiefsymmetrischen Bilinearform ausgestattet
seien. Dann gilt
V und W sind isometrisch ⇐⇒ dimK V = dimK W
Zu jeder geraden positiven Zahl 2m gibt es also bis auf Isometrie genau
einen regulären symplektischen K-Vektorraum der Dimension 2m. Reguläre
symplektische Räume ungerader Dimension gibt es nicht.
Beweis. =⇒ klar nach dem Klassifikationssatz 4.6 für endlich dimensionale Vektorräume.
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60
13 Bilinearformen
0
⇐= Es ist V = H1 ⊥ · · · ⊥Hm und W = H10 ⊥ · · · ⊥Hm
mit hyperbolischen
0
Ebenen Hi , Hi nach dem Satz, den wir gerade bewiesen haben. Sei
(ui , vi ) eine Basis von Hi , wobei ui , vi isotrop und hui , vi i = 1. Wähle
analoge Basis (u0i , vi0 ) von Hi0 für i = 1, . . . , m. Dann ist
f : V −→ W,
ui 7−→ u0i , vi 7−→ vi0
eine Isometrie.
Der Rest folgt ebenfalls aus dem Satz.
13.10
Normalform schiefsymmetrischer Matrizen
Wir setzen voraus, dass 1 + 1 6= 0 in K ist.
Satz.
Ist A ∈ GLn (K) und A schiefsymmetrisch (d.h. tA = −A), so ist n = 2m
gerade und es gibt eine Matrix T ∈ GLn (K) so, dass
0
Em
t
T AT =
−Em
0
gilt, wobei Em ∈ Mm×m (K) die Einheitsmatrix bezeichne.
Beweis. Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum und B eine Basis von V .
Dann ist A = MB (s) nach 13.2 mit einer schiefsymmetrischen Bilinearform
s auf V . Nach 13.5 i) ist s regulär. Nach 13.9 folgt
V = H1 ⊥ · · · ⊥Hm
mit hyperbolischen Ebenen Hi und Basen Bi = (vi , wi ) mit
hvi , vi i = 0 = hwi , wi i und hvi , wi i = 1 für i = 1, . . . , m
Für B 0 := (v1 , . . . , vm , w1 , . . . , wm ) gilt
0
MB0 (s) =
−Em
Em
0
und mit T := MB
B0 (id) folgt die Behauptung, vgl 13.2.
13.11
Orthogonalbasen
Sei 1 + 1 6= 0 in K. Es sei nun V ein n-dimensionaler K-Vektorraum, der
mit einer symmetrischen Bilinearform s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi
versehen sei.
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13.11 Orthogonalbasen
61
Satz.
1. V besitzt eine orthogonale Zerlegung
V = L1 ⊥ · · · ⊥Ln
in 1-dimensionale Teilräume L1 , . . . , Ln .
2. V besitzt eine Orthogonalbasis, das ist eine Basis B = (v1 , . . . , vn )
mit vi ⊥vj für alle i 6= j (d. h. mit hvi , vj i = 0 für alle i 6= j).
3. Es gibt eine Basis B von V so, dass

a1






MB (s) = 





0
..
.
0
0
..
.
0
..
.
···
···
···
..
.
..
.
0
···
···
···
0
..
.
0
..
.
0
am
0
..
.
0

0 ··· 0
..
.. 
.
. 

..
.. 
.
. 

0 ··· 0 

0 ··· 0 

..
.. 
.
. 
0 ··· 0
mit aj 6= 0 für alle j = 1, . . . , m, und es ist m = n − dimK Rad V .
Beweis. Zu 1. Wir zeigen zunächst, dass jeder orthogonal unzerlegbare
Teilraum U von V eindimensional ist.
s|U ×U = 0 Dann ist dimK U = 1 wie im Beweis von Satz 13.9.
s|U ×U 6= 0 Dann ist U regulär, (denn sonst gäbe es eine Zerlegung
U = U 0 ⊥ Rad U nach 13.4). Es gibt ein u ∈ U mit hu, ui 6= 0,
denn angenommen hu, ui = 0 für alle u ∈ U , dann folgt
0 = hu + v, u + vi = hu, ui +hu, vi + hv, ui + hv, vi
| {z }
| {z }
0
0
= 2hu, vi ∀u, v ∈ U
Dann ist aber hu, vi = 0 ∀u, v ∈ U , also s|U ×U = 0 im Widerspruch zur Voraussetzung.
Sei also u ∈ U mit hu, ui 6= 0. Dann ist L := Ku ein regulärer
Teilraum und nach dem Dualitätssatz 13.6 gilt U = L⊥L⊥ . Da
U unzerlegbar ist, folgt L⊥ = {~0} und also dimK U = 1.
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62
13 Bilinearformen
13.4
Es ist V = V 0 ⊥ Rad V , wobei V 0 regulär ist. Induktiv erhalten wir
dann Zerlegungen (analog wie im Beweis von 13.9)
V 0 = L1 ⊥ · · · ⊥Lm und Rad V = Lm+1 ⊥ · · · ⊥Ln
Zu 2., 3. Sei B = (u1 , . . . , un ) so gewählt, dass Li = Kui ist, dann gilt
huj , uj i =: aj 6= 0 für j = 1, . . . , m
huj , uj i = 0 für j = m + 1, . . . , n
hui , uj i = 0 für alle i 6= j
und die Behauptungen 2. und 3. folgen nach Definition 13.1 von MB (s)
und da n = dimK V 0 + dimK Rad V = m + dimK Rad V nach dem
Dimensionssatz 3.13 gilt.
Bemerkung.
Es sei 1 + 1 6= 0 in K. Ferner sei V endlich dimensional und mit einer
regulären symmetrischen Bilinearform s : V × V −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi
versehen. Dann gibt es eine orthogonale Zerlegung
V = H1 ⊥ . . . ⊥Hr ⊥Van
mit r hyperbolischen Ebenen H1 , . . . , Hr und einem anisotropen Raum Van ,
in dem kein Vektor isotrop ist. Die Zahl r und bis auf Isometrie der Raum
Van sind durch V und s eindeutig bestimmt.
Zum Beweis. Die Eindeutigkeitsaussage folgt aus dem sog. Kürzungssatz
von Witt, den man in Büchern über quadratische Formen findet, vgl. auch
7.9 in [19]. Die Zerlegung selbst ergibt sich aus 13.8. Besitzt V einen isotropen Vektor u1 , so gibt es eine hyperbolische Ebene H = Ku1 + Ku2 . Da
H regulär ist, ist V = H⊥H ⊥ nach 13.6, und man kann per Induktion H ⊥
zerlegen, sofern nicht H ⊥ schon anisotrop ist.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
13.12 Folgerung für symmetrische Matrizen
13.12
63
Folgerung für symmetrische Matrizen
Satz. Es sei 1+1 6= 0 in K. Zu jeder symmetrischen Matrix A ∈ Mn×n (K)
gibt es eine Matrix T ∈ GLn (K) so, dass

a1






t
T ·A·T =





0
..
.
0
0
..
.
0
..
.
···
···
···
..
.
..
.
0
···
···
···
0
..
.
0
..
.
0
am
0
..
.
0

0 ··· 0
..
.. 
.
. 

..
.. 
.
. 

0 ··· 0 

0 ··· 0 

..
.. 
.
. 
0 ··· 0
mit ai 6= 0 für alle i = 1, . . . , m gilt.
Beweis. Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum, und sei B eine Basis von
V . Nach 9.3 gibt es genau eine symmetrische Bilinearform s auf V so, dass
A = MB (s) gilt. Wähle B 0 gemäß 13.11 3. und setze T := MB
B0 (id). Dann
folgt die Behauptung, da MB0 (s) = t T MB (s) T nach 9.4 gilt.
13.13
Trägheitssatz von Sylvester
Sei nun K = R. Dann kann man den Satz 13.11 verschärfen. Zunächst
können die Einträge hvi , vi i = ai in der Matrix zu 1 oder −1 normiert
√
werden: Ist ai > 0, so sei ci = √
ai , und der Vektor vi0 = c−1
i vi erfüllt
0 0
hvi , vi i = +1. Ist ai < 0, so sei ci = −ai , und der Vektor vi0 = c−1
i vi erfüllt
hvi0 , vi0 i = −1. Man kann dann noch die Reihenfolge der Basiselemente so
ändern, dass die Matrix bezüglich der normierten Orthogonalbasis B 0 die
Gestalt hat


0
0
Er +
−Er−
0 
MB0 (s) =  0
0
0
0r0
Hierbei bezeichnet r+ die Anzahl der Diagonaleinträge, die gleich +1 sind,
r− die Anzahl der Diagonaleinträge, die gleich −1 sind, und r0 die Anzahl der Diagonaleinträge, die gleich 0 sind. Wie üblich ist Er die r × rEinheitsmatrix. Es ist n = r+ + r− + r0 , und die Nullen stehen für Nullmatrizen passenden Formats. Der Trägheitssatz von Sylvester sagt aus, dass
die Zahlen r+ , r− , r0 eindeutig durch die Bilinearform s bestimmt sind. Die
Eindeutigkeitsaussage ergibt sich aus dem folgenden Satz.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
64
13 Bilinearformen
Satz (Trägheitssatz von Sylvester).
Sei V ein n-dimensionaler R-Vektorraum, und sei
s : V × V −→ R , (v, w) 7−→ hv, wi ,
eine symmetrische Bilinearform auf V . Dann gibt es eine Zerlegung
V = U + ⊥ U − ⊥ Rad V
wobei s auf U + positiv definit, auf U − negativ definit (d.h. hv, vi < 0 für
v ∈ U − \ {~0}) und auf Rad V gleich 0 ist. Ist V = V + ⊥ V − ⊥ Rad V eine
weitere solche Zerlegung, so ist
r+ := dimR U + = dimR V +
und
r− := dimR U − = dimR V − .
Beweis. Satz 13.4 erlaubt es uns, zunächst das Radikal abzuspalten und für
den Beweis anzunehmen, dass V nicht ausgeartet ist. Sei U + ein maximal
positiv definiter Teilraum von V , das ist ein Teilraum mit den Eigenschaften
1. hu, ui > 0 für u ∈ U + \ {~0}
2. Für alle v ∈ V \ U + ist s|(U + +Kv)×(U + +Kv) nicht positiv definit.
Sei U − := (U + )⊥ = {v ∈ V | hv, ui = 0 ∀u ∈ U + }. Da s|U + ×U + positiv
definit ist, ist U + regulär. Nach 13.6 folgt V = U + ⊥ (U + )⊥
Angenommen es gibt v ∈ U − mit hv, vi > 0. Dann ist s auf U + ⊕ Rv positiv
definit im Widerspruch zur Maximalität von U + , denn für alle λ ∈ R,
u ∈ U + gilt dann
hu + λv, u + λvi = hu, ui +2λ
| {z }
>0
hu, vi
| {z }
=0, da v∈(U + )⊥
+λ2 hv, vi
| {z }
>0
>0
Also ist hv, vi 6 0 für alle v ∈ U − . Ist hw, wi = 0 für ein w ∈ U − , so gilt
für alle v ∈ U − und alle λ ∈ R, dass
0 > hw + λv, w + λvi = hw, wi +2λhv, wi + λ2 hv, vi
| {z }
| {z }
=0
60
Es folgt hv, wi = 0 für alle v ∈ U − (andernfalls erhält man einen Widerspruch, da λ ∈ R beliebig), also ist w ∈ Rad U − . Es folgt w = ~0, da s nach
13.6 regulär auf U − ist. Also ist s auf U − negativ definit.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
13.13 Trägheitssatz von Sylvester
65
Sei V = V + ⊥V − eine zweite Zerlegung. Dann ist nach 13.6
dimR V − = n − dimR V +
Angenommen: dimR V + < dimR U + . Dann folgt
n < dimR U + + n − dimR V + = dimR U + + dimR V −
= dimR (U + + V − ) + dimR (U + ∩ V − )
3.13
= dimR (U + + V − ), da
U + ∩ |{z}
V − = {~0}
|{z}
pos. def.
6n
neg. def.
Widerspruch
Es folgt dimR V + = dimR U + (der Fall dimR U + < dimR V + ist analog).
Bezeichnungen
r− heißt Trägheitsindex
(r+ , r− , r0 ) heißt Signatur . (Dabei ist r0 = dimR Rad V )
Min(r+ , r− ) heißt Isotropieindex von V bezüglich s (das ist die Anzahl
der hyperbolischen Ebenen in V ).
Beispiele.
Sei V regulär, also r0 = 0.
1. r+ = n =⇒ V euklidisch
2. r+ = 1, r− = 1 ⇐⇒ V ist eine hyperbolische Ebene
Beweis. =⇒ Nach Voraussetzung gibt es eine Basis B = (v1 , v2 ) von
V mit hv1 , v1 i = 1, hv1 , v2 i = 0 = hv2 , v1 i und hv2 , v2 i = −1.
Setze u1 = 12 (v1 + v2 ) und u2 = v1 − v2 . Dann bilden u1 , u2 ein
hyperbolisches Paar.
⇐= Sei V = Ru1 + Ru2 mit hu1 , u1 i = 0 = hu2 , u2 i und hu1 , u2 i =
1 = hu2 , u1 i. Setze B = (v1 , v2 ) mit v1 = 12 u1 + u2 und v2 = 12 u1 − u2 .
Dann ist
hv1 , v1 i hv1 , v2 i
1 0
MB (s) :=
=
hv2 , v1 i hv2 , v2 i
0 −1
3. r+ = 3 und r− = 1, dann heißt V Minkowski-Raum. (Hier spielt sich
die spezielle Relativitätstheorie ab.)
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
66
13 Bilinearformen
Korollar.
Seien V , W zwei endlich dimensionale R-Vektorräume mit orthogonaler
Geometrie (d.h. sie seien jeweils mit einer symmetrischen Bilinearform
sV : V × V −→ R und sW : W × W −→ R versehen). Dann gilt
V und W sind isometrisch ⇐⇒ V und W haben die gleiche Signatur
Insbesondere gibt es auf einem n-dimensionalen R-Vektorraum V bis auf
Isometrie genau n + 1 verschiedene reguläre orthogonale Geometrien.
Beweis. Die Äquivalenz folgt aus der Existenz von normierten Orthogonalbasen, wie am Anfang dieses Abschnitts ausgeführt, und dem Trägheitssatz
von Sylvester. Sei (r+ , r− , r0 ) die Signatur von V . Da V regulär ist, ist
r0 = 0. Dann verbleiben für r+ und r− die n + 1 Möglichkeiten
(0, n), (1, n − 1), . . . , (n, 0).
Lernerfolgstest.
• Was ist die Länge von Vektoren in der symplektischen Geometrie?
• Geben Sie ein Beispiel für eine nicht-positiv definite symmetrische
Bilinearform Rn × Rn −→ R
• Erläutern Sie den Begriff des Radikals einer symmetrischen Bilinearform auf einem endlich dimensionalen K-Vektorraum V und bringen Sie diesen in Zusammenhang mit dem Dualraum HomK (V, K).
• Wie lauten die Klassifikationsergebnisse für reguläre orthogonale Geometrien über R und reguläre symplektische Geometrien über
einem Körper, in dem 1 + 1 6= 0 ist. Warum und in welchem Zusammenhang wurde die Voraussetzung 1 + 1 6= 0 an K gestellt?
13.14
Übungsaufgaben 84 – 88
Aufgabe 84.
Für v = (x1 , x2 , x3 ), w = (y1 , y2 , y3 ) aus
R3 sei
hv, wi := 3x1 y2 + 4x1 y3 − 3x2 y1 − x2 y3 − 4x3 y1 + x3 y2 .
Dies definiert eine schiefsymmetrische Bilinearform
s : R3 × R3 → R, (v, w) 7→ hv, wi .
Man bestimme die Matrizen MB (s) und MB0 (s) bezüglich der Basen
1
3
B = {(1, 0, 0), (0, 1, 0), (0, 0, 1)} und B 0 = {(0, 0, 1), (0, 1, 0), ( , 1, − )}
4
4
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
13.14 Übungsaufgaben 84 – 88
67
Aufgabe 85.
Es sei R4 versehen mit dem Standard-Skalarprodukt, und es sei f : R4 → R4
für x = (x1 , x2 , x3 , x4 ) ∈ R4 definiert durch
f (x) = (x1 +x2 +x3 +x4 , x1 +x2 +x3 +x4 , x1 +x2 −x3 −x4 , x1 +x2 −x3 −x4 )
Man bestimme eine Orthogonalbasis von kern(f ) und ergänze diese zu einer
Orthogonalbasis von R4 .
Aufgabe 86.
Es sei K der in 1.4 definierte Körper mit zwei Elementen 0, 1, und es sei
s : K 2 × K 2 −→ K, (v, w) 7−→ hv, wi , definiert durch
hv, wi = x1 y2 + x2 y1 für v = (x1 , x2 ) und w = (y1 , y2 ) aus K 2
1. Man zeige, dass s eine reguläre symmetrische Bilinearform ist.
2. Man entscheide, ob K 2 eine Orthogonalbasis besitzt. (Dabei ist eine
Orthogonalbasis eine Basis (~x, ~y ) von K 2 so, dass h~x, ~xi = 1 = h~y , ~y i
und h~x, ~y i = 0 = h~y , ~xi gilt.)
3. Man bestimme die Bahnen der folgenden Rechts-Operation
M2×2 (K) × GL2 (K) −→ M2×2 (K), (A, T ) 7−→ t T AT
von GL2 (K) auf M2×2 (K).
Aufgabe 87.
Es sei V = M2×2 (R). Dann bilden die Matrizen
1 0
0 1
0 0
0
~e11 =
, ~e12 =
, ~e21 =
, ~e22 =
0 0
0 0
1 0
0
0
1
die Standardbasis von V . Sei s : V × V −→ R, (A, B) 7−→ hA, Bi definiert
durch
hA, Bi = Spur(A · B) für alle A, B ∈ V
1.
2.
3.
4.
Man
Man
Man
Man
zeige, dass s eine symmetrische Bilinearform ist.
bestimme die Matrix MB (s) für die Standardbasis B von V .
bestimme eine Orthogonalbasis von V .
bestimme die Signatur von s .
(Allgemein bezeichnet man als Spur einer n × n-Matrix die Summe ihrer
Diagonalelemente.)
Aufgabe 88.
Es seien V und s definiert wie in Aufgabe 85, und es sei U der durch
U := {A ∈ V | Spur(A) = 0} definierte Teilraum von V . Man bestimme
die Signatur von s|U ×U : U × U −→ R .
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
68
14
14 Normalformen von Matrizen
Normalformen von Matrizen
Sei 1 + 1 6= 0 in K. Wie aus der Tabelle ersichtlich, haben wir schon einige
Normalformen kennengelernt, mit Ausnahme der Jordan-Normalform.
Relation B ∼ A
B = S −1 AT
mit S, T ∈ GLn (K)
B = t T AT
mit T ∈ GLn (K) und
A, B symmetrisch
A, B ∈ GLn (R)
Normalform
Er 0
0 0
Invarianten
r = rang A
vgl. 5.10
Rang, Dimension
und weitere
Diagonalmatrix
vgl. 13.11.3
Er +
0
0
−Er−
vgl. 13.13
Signatur
vgl. 13.13
B = t T AT
mit T ∈ GLn (K) und
A, B schiefsymmetrisch
A, B ∈ GLn (K)
0
−Em
Em
0
B = T −1 AT mit
T ∈ GLn (K)
vgl. 5.9
∃ Kriterien für
Trigonalisierbarkeit,
Diagonalisierbarkeit
vgl. 8.10, 8.3, 8.8
Für K = C
B = t T AT mit
T ∈ On (R) und
A, B ∈ Mn×n (R)
symmetrisch
vgl. 10.3.2
Jordan-Normalform


λ1 0 · · · 0

. 
 0 . . . . . . .. 



. .
.. ... 0 
 ..
B = t T AT mit
T ∈ Un (C) und
A, B ∈ Mn×n (C)
hermitesch
vgl. 10.3.3
0

λ1

0

.
 ..
0
···
0
..
.
..
.
···
0 λn

··· 0
. 
..
. .. 


..
. 0
0 λn
n = 2m
vgl. 13.10
Rang
char. Polynom
Eigenwerte
mit Vielfachheit
Dimension von
Eigenräumen
λ1 , . . . , λ n
Eigenwerte
mit Vielfachheit
vgl. 9.12.a
λ1 , . . . , λ n ∈ R
Eigenwerte
mit Vielfachheit
vgl. 9.12.b
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14.1 Satz über die Jordansche Normalform
69
Die folgende Herleitung des Satzes über die Jordansche Normalform ist
von Charlotte Wahl, die als Assistentin den AGLA-Kurs 1999/2000,
aus dem dieser Universitätsdruck entstanden ist, begleitet hat.
14.1
Satz über die Jordansche Normalform
Sei V ein endlich dimensionaler K-Vektorraum.
Theorem.
Sei f : V → V eine K-lineare Abbildung. Das charakteristische Polynom
χf (x) von f zerfalle in Linearfaktoren. Dann gibt es eine Basis B von V
so, dass




λi 1
0
J1
0


..
..




.
.
B
.




.
MB (f ) = 
.

 mit Ji = 
.
.. 1 

Jk
0
0
λi
ist, dabei ist λi ein Eigenwert von f . Die Matrix MB
B (f ) heißt Jordansche
Normalform von f . Die Ji heißen Jordankästchen. Bis auf Permutation
der Jordankästchen ist die Jordansche Normalform eindeutig bestimmt.
Bemerkung.
Zu einem Eigenwert λ können mehrere Jordankästchen gehören. Die Anzahl
der Jordankästchen zu λ ist gleich der Dimension des Eigenraums von λ.
Nach 8.10 existiert die Jordansche Normalform für alle trigonalisierbaren
Endomorphismen, insbesondere für alle Endomorphismen von endlich dimensionalen komplexen Vektorräumen. Da die Jordansche Normalform eine
obere Dreiecksmatrix ist, ist die Trigonalisierbarkeit eine notwendige Bedingung.
Beispiele (für Jordansche Normalformen).
3 1
3 0
3 0
,
,
•
0 3
0 3
0 4
• Bei

2
 0

 0
0
0 0
2 1
0 2
0 0

0
0 

0 
4
gibt es zwei Jordankästchen zu 2. Die Standardbasisvektoren e1 und
e2 sind Eigenvektoren zu 2, und es ist e4 Eigenvektor zu 4.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
70
14 Normalformen von Matrizen
• Bei Diagonalmatrizen handelt es sich um Jordansche Normalformen.
Der Beweis des Satzes erstreckt über die folgenden Abschnitte 14.2, 14.3,
14.4 und 14.5.
14.2
Teilbarkeitseigenschaft des charakteristischen Polynoms
Lemma.
Sei f : V −→ V eine K-lineare Abbildung, und sei U ⊂ V ein unter f
stabiler Untervektorraum, d.h. es gelte f (U ) ⊂ U . Dann teilt das charakteristische Polynom von f |U : U −→ U das charakteristische Polynom von
f : V −→ V
Beweis. Sei BU eine Basis von U . Ergänze diese zu einer Basis BV von V .
Sei dim U =: n und dim V − dim U =: m. Wegen f (U ) ⊂ U ist dann
M11 M12
BV
MBV (f ) =
0
M22
mit M11 = MBBUU (f |U ) ∈ Mn×n (K), M22 ∈ Mm×m (K), M12 ∈ Mn×m (K).
Dann gilt für das charakteristische Polynom von f nach der Kästchenregel
det(MBBVV (f ) − xEm+n ) = det(M11 − xEn ) det(M22 − xEm )
7.9
Das charakteristische Polynom von f |U ist gerade det(M11 − xEn ).
14.3
Satz von Cayley-Hamilton
Satz (Cayley-Hamilton).
Pn
Sei f : V −→ V und sei χf (x) = i=0 ai xi das charakteristische Polynom
von f . Dieses zerfalle
Pnin Linearfaktoren.
Dann gilt χf (f ) := i=0 ai f i = 0, wobei f 0 := id.
Qn
Beweis. Sei dim V = n. Sei χf (x) = i=1 (λi − x). Dann ist
χf (f ) =
n
Y
(λi − f ).
i=1
Sei fi := (λi − f ). Nach 8.10 gibt es eine Basis B von V so, dass MBB (f )
eine obere Dreiecksmatrix mit Diagonalelementen λi ist.
Sei Ui der von den ersten i Basisvektoren aufgespannte Teilraum von V ,
sei U0 = 0. Dann gilt f (Ui ) ⊂ Ui .
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
14.4 Verallgemeinerte Eigenräume
71
Für den i-ten Basisvektor vi gilt fi (vi ) = (λi − f )(vi ) ∈ Ui−1 , da die Matrix MBB (λi − f ) eine obere Dreiecksmatrix ist, deren i-tes Diagonalelement
verschwindet. Also gilt fi (Ui ) ⊂ Ui−1 . Aus
χf (f ) = f1 ◦ f2 . . . ◦ fn
und Un = V folgt χf (f )(V ) ⊂ U0 = 0
Bemerkung.
Der Satz gilt auch für nicht trigonalisierbare Endomorphismen. Wir werden
ihn aber nur in der obigen Form weiter anwenden.
14.4
Verallgemeinerte Eigenräume
Folgendes Lemma entnehmen wir ohne Beweis der Algebra (vgl. zum Beispiel 8.3 und 8.4 in [13]):
Lemma.
Seien p1 , . . . , pk Polynome aus K[x], und es gebe kein Polynom vom Grad
> 1, das alle diese Polynome teilt. Dann gibt es Polynome h1 , . . . , hk ∈ K[x]
Pk
so, dass i=1 hi pi = 1 .
Satz.
Sei f : V −→ V ein Endomorphismus,Qund das charakteristische Polyk
nom χf (x) von f zerfalle, d.h. χf (x) = i=1 (λi − x)ri , wobei die λi ∈ K
paarweise verschieden seien. Sei Vi := kern(λi − f )ri . Dann gelten
1) V = V1 ⊕ . . . ⊕ Vk
2) f (Vi ) ⊂ Vi für alle i = 1, . . . , k
3) dimK Vi = ri für alle i = 1, . . . , k
Beweis.
1) Sei
χf (x)
für i = 1, . . . , k
(λi − x)ri
Die Polynome gi haben keinen gemeinsamen Teiler vom Grad > 1. Es
k
P
gibt also Polynome h1 , . . . , hk so, dass
gi hi = 1 ist. Daraus folgt
gi (x) =
i=1
k
P
gi (f ) ◦ hi (f ) = id und daher
i=1
k
X
bild(gi (f ) ◦ hi (f )) = V
i=1
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
72
14 Normalformen von Matrizen
Wegen (λi − f )ri ◦ gi (f ) ◦ hi (f ) = χf (f ) ◦ hi (f ) = 0 ◦ hi (f ) = 0 folgt
14.3
bild(gi (f ) ◦ hi (f )) ⊂ Vi = kern(λi − f )ri
also
Pk
i=1
Vi = V . In 3) wird gezeigt, dass die Summe direkt ist.
2) Die Behauptung folgt aus
(λi − f )ri (f (vi )) = f ((λi − f )ri (vi )) = 0
für ein beliebiges vi ∈ Vi .
3) Das charakteristische Polynom q(x) von f |Vi teilt χf (x) nach 2) und
14.2. Das Polynom q(x) zerfällt also in Linearfaktoren. Sei µ Nullstelle von q(x), dann ist µ Eigenwert von f |Vi , vgl. 8.6. Sei v ∈ Vi ein
zugehöriger Eigenvektor. Aus
0 = (λi − f )ri (v) = (λi − µ)ri (v)
folgt µ = λi . Daher gilt q(x) = (λi − x)` . Das Polynom q(x) teilt χf (x),
somit ist der Grad von q(x) kleiner oder gleich ri . Dieser ist gleich der
Pk
Dimension von Vi , also dimK Vi 6 ri . In 1) wurde i=1 Vi = V gezeigt,
was bedeutet
k
X
i=1
ri ≥
k
X
i=1
dimK Vi ≥ dimK V =
k
X
ri .
i=1
Damit muss dimK Vi = ri gelten, und außerdem folgt
dimK V. Dies zeigt, dass die Summe der Vi direkt ist.
Pk
i=1
dimK Vi =
Bemerkung.
Der Untervektorraum Vi heißt verallgemeinerter Eigenraum oder Hauptraum
zum Eigenwert λi .
Für
Sk Matrizen bedeutet der Satz: Ist Bi eine Basis von Vi , dann ist B =
i=1 Bi eine Basis von V , und es gilt


λ1
∗
0


..


.




λ1

 0


B
.


.
MB (f ) = 
.




λk
∗ 




..
.


0
0
λk
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
14.5 Normalform nilpotenter Endomorphismen
73
Es ist also MB
B (f ) = D+N mit einer Diagonalmatrix D = diag(D1 , . . . , Dk ),
für die gilt Di = diag(λi , . . . , λi ) ∈ Mri ×ri (K), und einer nilpotenten Matrix N , für die gilt N dimK V = 0 und DN = N D.
Es bleibt noch zu zeigen, dass man die Basen Bi so wählen kann, dass
die nilpotente Matrix die gewünschte Form hat. Dies ist die Aussage des
folgenden Satzes, angewandt auf den nilpotenten Endomorphismus
(f |Vi − λi ) : Vi −→ Vi
14.5
Normalform nilpotenter Endomorphismen
Satz.
Sei u : V −→ V nilpotent, d.h. es gebe ein k ∈
gibt es eine Basis B von V so, dass

0



MB
B (u) = 

0
∗
..
.
..
.
..
.
N so, dass uk = 0. Dann

0


 mit ∗ ∈ {0, 1}

∗
0
Beweis. Sei q ∈ N minimal mit uq+1 = 0 und u0 := id.
Sei Ei := kern ui , i = 0, . . . , q + 1.
Für v ∈ Ei+1 gilt ui (u(v)) = ui+1 (v) = 0 und damit u(v) ∈ Ei . Wir
erhalten u(Ei+1 ) ⊂ Ei . Der Raum Ei ist im Raum Ei+1 enthalten; wir
behaupten, dass er sogar ein echter Teilraum von Ei+1 ist:
Wir nehmen an, dass für ein i die Räume Ei und Ei+1 gleich sind.
Für alle x ∈ V gilt: ui+1 uq−i (x) = 0. Daraus folgt uq−i (x) ∈ Ei+1 , also
uq−i (x) ∈ Ei , und daher uq (x) = ui uq−i (x) = 0. Es ist also uq = 0 im
Widerspruch mit der Definition von q. Die Räume Ei bilden eine Fahne
0 = E0 ( E1 ( E2 . . . Eq ( Eq+1 = V.
Hilfssatz Sei F ∈ V ein Untervektorraum, für den für ein i > 0 gilt:
F ∩ Ei = {~0}.
Dann folgt:
1) u(F ) ∩ Ei−1 = {~0}
2) u|F : F −→ u(F ) ist ein Isomorphismus.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
74
14 Normalformen von Matrizen
Beweis.
1) Sei y ∈ F so, dass u(y) ∈ Ei−1 . Dann ist ui−1 (u(y)) = 0, also y ∈ Ei
und damit y = 0 nach Voraussetzung.
2) Injektivität: Sei v ∈ (kern u) ∩ F . Dann ist v ∈ E1 ⊂ Ei , also v = 0.
Induktiv konstruieren wir eine Folge von Untervektorräumen Ui für i =
1, . . . , q + 1 so, dass gilt:
Ui ⊕ Ei−1 = Ei
u(Ui ) ⊂ Ui−1
u|Ui : Ui → Ei−1 ist injektiv
Wir wählen zunächst Uq+1 so, dass Eq ⊕Uq+1 = V gilt. Es ist u(Uq+1 ) ⊂ Eq ,
und wegen Uq+1 ∩ Eq = {~0} gilt nach dem Hilfssatz
u(Uq+1 ) ∩ Eq−1 = {~0},
und u|Uq+1 : Uq+1 → Eq ist injektiv. Der Raum Uq+1 genügt damit den
obigen Bedingungen.
Sei nun Ui+1 wie verlangt, d.h. insbesondere u(Ui+1 ) ⊂ Ei und u(Ui+1 ) ∩
Ei−1 = {~0}. Wir können dann den Raum Ui ⊂ Ei so wählen, dass er
u(Ui+1 ) enthält und ein Komplement zu Ei−1 in Ei ist.
Nach dem Hilfssatz hat Ui die gewünschten Eigenschaften.
Diese Eigenschaften und die Tatsache, dass die direkte Summe der Ui den
ganzen Raum V ergibt, nutzen wir im folgenden aus, um uns eine geeignete
Basis von V zu konstruieren.
Da u : Ui+1 → Ui injektiv ist, können wir induktiv für jedes i eine Basis Bi
von Ui so finden, dass u(Bi+1 ) ⊂ Bi ist. Die Vereinigung B dieser Basen ist
eine Basis von V . Wir ordnen die Basisvektoren aus B so um, dass für zwei
aufeinanderfolgende Basisvektoren vk−1 , vk gilt: Ist vk ∈ Bi , i 6= 1, dann
sei vk−1 = u(vk ) ∈ Bi−1 . Also gilt
u(vk ) = vk−1 für vk ∈
/ B1 und u(vk ) = 0 für vk ∈ B1 .
Die Matrix MB
B (u) hat somit die verlangte Form.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
14.6 Anwendungen der Jordanschen Normalform
14.6
75
Anwendungen der Jordanschen Normalform
Physik Lösen von homogenen linearen Differentialgleichungen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten.
Sei K = C, A ∈ Mn×n (C) und y0 ∈ Cn . Gesucht wird eine differenzierbare
Funktion y : R −→ Cn mit
d
y(t) = Ay(t) und y(0) = y0
dt
Für n = 1 ist y(t) = eAt y0 eine Lösung. Formal löst y(t) := eAt y0 mit
eAt =
∞
X
Ai ti
i=0
i!
und A0 := En das Problem auch für n > 1. Es ist allerdings nicht auf
Anhieb klar, ob die Summe in Mn×n (C) konvergiert.
Existenz und Rechenverfahren für eAt :
1) Für eine Diagonalmatrix

λ1

diag(λ1 , . . . , λn ) := 
0
..



.
0
λn
konvergiert die Summe absolut, denn es ist eDt = diag(eλ1 t , . . . , eλn t ).
2) Sei N eine nilpotente Matrix, d.h. es gibt ein k ∈ N mit N k = 0. Dann
konvergiert
k−1
X N i ti
eN t =
i!
i=0
absolut.
3) Für C ∈ Mn×n (C) konvergiere die Summe absolut. Sei B ∈ GLn (C) und
A := B −1 CB, dann konvergiert
∞
X
Ai ti
i=0
i!
= B −1
∞
X
C i ti
i=0
i!
B
absolut, inbesondere gilt
eAt = B −1 eCt B.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
76
14 Normalformen von Matrizen
4) Sei A = B + C und BC = CB, und die Summe konvergiere für B und
P∞ i i
C absolut. Dann konvergiert i=0 Ai!t absolut, und es gilt
eAt = eBt eCt
(Cauchysche Summationsformel, hier geht die absolute Konvergenz ein).
Sei J die Jordansche Normalform von A, d.h. es gibt B ∈ GLn (C) mit
A = B −1 JB. Es ist


 
0 ∗
0
λ1
0

 

.. ..
..

 

.
.
.



 mit ∗ ∈ {0, 1}
J =
+

.
.
..
. . ∗

 
0
0
0
λn
{z
} |
{z
}
|
=:D
=:N
Es gilt DN = N D. Damit folgt:
eAt = B −1 eJt B = B −1 (eDt eN t )B
3)
4)
= B −1 diag(eλ1 t , . . . , eλn t )
1),2)
k−1
X
i=0
N i ti
i!
!
B
Dies zeigt die Existenz von eAt . Mit dieser Formel kann eAt auch berechnet
werden.
Mathematik Klassifikationsproblem.
Sei X eine Menge, ∼ eine Äquivalenzrelation auf X und X/ ∼ die Menge
der Äquivalenzklassen. Gesucht wird eine Teilmenge S ⊂ X so, dass
S −→ X/ ∼
eine Bijektion ist. Diese wird Vertretersystem von X/ ∼ genannt. Sei X =
Mn×n (C) und
A ∼ B :⇐⇒ Es gibt T ∈ GLn (C) mit A = T −1 BT.
Dann ist jede Matrix äquivalent zu einer Jordanschen Normalform, und es
gibt nur endlich viele Jordansche Normalformen in einer Äquivalenzklasse,
die sich durch eine Permutation der Jordankästchen voneinander unterscheiden. Man kann also ein Vertretersystem aus Jordanschen Normalformen konstruieren. (Diese Äquivalenzrelation wird auch Ähnlichkeit genannt, vgl. 8.1.)
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
14.7 Übungsaufgaben 89 – 91
77
Mit Hilfe der Jordanschen Normalform kann so entschieden werden, ob zwei
Matrizen durch Basiswechsel ineinander überführt werden können: Dann
müssen ihre Jordanschen Normalformen bis auf Reihenfolge der Jordankästchen übereinstimmen.
Lernerfolgstest.
• Prüfen Sie, ob es sich bei der Relation B ∼ A in der Tabelle am
Anfang dieses Kapitels jeweils um eine Äquivalenzrelation handelt.
• Welche Anwendungen ergeben sich aus dem Satz von der Jordanschen Normalform.
14.7
Übungsaufgaben 89 – 91
Aufgabe 89.
Seien a, b ∈ R . Man bestimme die Jordansche Normalform der Matrix


0 1 0
A = 0 0 1 ∈ M3×3 (C)
0 a b
Aufgabe 90.
Was ist falsch an dem folgenden “Beweis” des Satzes von Cayley-Hamilton?
χf (f ) = det(f − f ◦ id) = det(f − f ) = det(0) = 0
Aufgabe 91.
Sei A ∈ M2×2 (K), und sei χA (x) = det(A − xE2 ) das charakteristische
Polynom von A. Man rechne direkt nach, dass χA (A) = 0 gilt.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
78
15 Affine Unterräume und Abbildungen
15
Affine Unterräume und Abbildungen
Ein affiner Raum über einem Körper K ist gemäß 11.20 ein Tripel (X, V, t),
wobei X eine Menge von Punkten p, q, . . . , und V ein K-Vektorraum sowie
t : X × V −→ X, (p, v) 7−→ p + v , eine einfach transitive Operation ist.
t transitiv“ bedeutet, dass es zu je zwei Punkten p, q ∈ X einen Vektor
”
v ∈ V mit q = p + v gibt, und t einfach transitiv“ bedeutet, dass es jeweils
”
→
nur einen solchen Vektor v ∈ V gibt. Man schreibt dann v = −
pq und nennt
→
−
pq den Ortsvektor von q bezüglich p.
Lernziel.
Fertigkeiten: Affine Räume als Räume verstehen, in denen a priori
kein Koordinatensystem mit ausgezeichnetem Nullpunkt gewählt ist.
Affine Abbildungen als lineare Abbildungen verknüpft mit Translationen erkennen
Kenntnisse: Affine Räume und Unterräume, affine Abbildungen, Parallelprojektion, Schwerpunkt, Hauptsatz der affinen Geometrie
15.1
Affine Unterräume
1. Seien V ein K-Vektorraum, v0 ein Vektor in V und U ein Untervektorraum von V . Dann heißt die Menge
v0 + U := {v0 + u | u ∈ U }
ein affiner Unterraum von V . Oder anders gesagt: Eine Teilmenge S
von V heißt affiner Unterraum von V , wenn es einen Vektor v0 ∈ V
und einen Untervektorraum U von V so gibt, dass S = v0 + U gilt.
2. Sei (X, V, t) ein affiner Raum über K. Eine Teilmenge Y ⊂ X heißt
affiner Unterraum, wenn es einen Punkt p0 ∈ X und einen Untervektorraum U ⊂ V gibt mit
Y = p0 + U := {p0 + u | u ∈ U }
Es ist dann Y selbst ein affiner Raum, und man nennt U auch die
Richtung von Y oder Richtungsvektorraum von Y .
15.2
Beispiele für affine Unterräume
1) Eine durch die Gleichung y = ax + b mit a, b ∈ R definierte Gerade L
in R2 ist ein affiner Unterraum von R2 , denn es ist L = (0, b) + U mit
U = {x(1, a) | x ∈ R}. Ist b 6= 0, so ist L kein Vektorraum.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
15.3 Affine Abbildungen
79
2) Sei V = K n . Ist A~x = ~b mit A ∈ Mm×n (K) ein lineares Gleichungssystem, und f : K n −→ K m , ~x 7−→ A~x, so ist die Lösungsmenge die leere
Menge ∅ oder von der Form x~0 + kern(f ), also ein affiner Unterraum
von V (vgl. 6.3).
3) Seien (Yi )T
(Ui )i∈I .
i∈I affine Unterräume von (X, V, t) mit Richtungen
T
Dann ist i∈I Yi ein affiner Unterraum mit Richtung i∈I Ui oder ∅.
Die Vereinigung von affinen Unterräumen ist i.A. kein affiner Unterraum.
4) Sei (X, V, t) ein affiner Raum über K. Setze dim X := dimK V
Dann gilt:
• Die 0-dimensionalen affinen Unterräume sind die Punkte von X.
• Die 1-dimensionalen affinen Unterräume sind die Geraden von X.
• Die 2-dimensionalen affinen Unterräume sind die Ebenen von X.
• Die (n−1)-dimensionalen affinen Unterräume sind die Hyperebenen
von X, wobei n = dimK V gilt.
15.3
Affine Abbildungen
Seien (X, V, t) und (Y, W, t0 ) affine Räume über K.
Definition.
(1) V und W seien K-Vektorräume. Eine Abbildung α : V −→ W heißt
affin, wenn es eine K-lineare Abbildung f : V −→ W so gibt, dass
α(v) = f (v) + α(~0) für alle v ∈ V gilt.
(2) Eine Abbildung ϕ : X −→ Y heißt affin, wenn es eine K-lineare Abbildung ϕ
~ : V −→ W gibt so, dass gilt
(*)
−−−−−−→ −
→
ϕ(p)ϕ(q) = →
ϕ (−
pq) ∀p, q ∈ X
Eine bijektive affine Abbildung heißt Affinität.
Satz.
Sei p0 ∈ X fest. Dann ist eine affine Abbildung ϕ : X −→ Y durch Angabe
von
→
ϕ(p0 ) und −
ϕ : V −→ W
eindeutig festgelegt. Umgekehrt gibt es zu jedem r0 ∈ Y und jeder Klinearen Abbildung f : V −→ W genau eine affine Abbildung ϕ : X −→ Y
mit
→
ϕ(p0 ) = r0 und −
ϕ =f
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
80
15 Affine Unterräume und Abbildungen
Beweis. Sei ϕ affin. Dann gilt
ϕ(p)
0
=
t transitiv
−−−−−−→
→
ϕ(p0 ) + ϕ(p0 )ϕ(p) = ϕ(p0 ) + −
ϕ (−
p→
0 p) ∀p ∈ X
(*)
Umgekehrt: Seien r0 ∈ Y und eine K-lineare Abbildung f : V −→ W
vorgegeben. Setze ϕ(p) = r0 + f (−
p→
0 p) für p ∈ X. Dann gilt ϕ(p0 ) = r0 und
−−−−−−→
ϕ(p0 )ϕ(p) = f (−
p→
0 p)
−−−−−−→
weil t0 einfach transitiv operiert und also der Vektor ϕ(p0 )ϕ(p) durch die
−−−−−−→
Gleichung ϕ(p0 ) + ϕ(p0 )ϕ(p) = ϕ(p) eindeutig bestimmt ist. Es ist noch zu
zeigen, dass ϕ
~ = f gilt. Für alle p, q ∈ X gilt
−→ −→
−
→
→+−
pp
p→
pq = −
0
0 q = p0 q − p0 p
11.20
Weil f K-linear ist, folgt daraus
−−−−−−→ −−−−−−→ −−−−−−→
→
−→
f (−
pq) = f (−
p→
0 q) − f (p0 p) = ϕ(p0 )ϕ(q) − ϕ(p0 )ϕ(p) = ϕ(p)ϕ(q)
−
Es ist also (*) mit →
ϕ = f erfüllt.
15.4
Beispiele für affine Abbildungen
1) Sei V ein euklischer Vektorraum und β : V −→ V eine Bewegung. Dann
ist β affin, wie aus Satz 12.2 folgt.
−
2) Eine affine Abbildung ϕ : X −→ X heißt Translation, wenn →
ϕ = idV
gilt, also wenn
−−−−−−→ −
ϕ(p)ϕ(q) = →
pq
für alle p, q ∈ X gilt.
Für q0 = ϕ(p0 ) und p ∈ X gilt:
−→
−−→ −→
ϕ(p) = q0 + idV (−
p→
0 p) = q0 + p0 p = q0 + p0 q0 + q0 p
11.20
−−→
−−→
= q0 + −
q→
0 p + p0 q 0 = p + p0 q 0
Eine Translation ist eine Affinität.
3) Eine affine Abbildung ϕ : X −→ X heißt Dilation oder Homothetie,
→
falls −
ϕ = λ idV mit einem λ ∈ K gilt.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
15.5 Parallelprojektion
15.5
81
Parallelprojektion
Sei (X, V, t) ein affiner Raum über K und dim X < ∞. Sei W ein Untervektorraum von V und Y = p0 + U ein affiner Unterraum von X derart,
dass V = W ⊕ U gilt. Dann besteht der Schnitt (p + W ) ∩ Y für jedes p ∈ X
nur aus einem Punkt π(p), und die Abbildung
π : X −→ Y, p 7−→ π(p)
ist eine surjektive affine Abbildung, genannt Parallelprojektion von X auf
Y längs W . Die Einschränkung von π auf Y ist eine Affinität.
3.13
Beweis. Es gilt dim X = dimK W + dimK U , da W ∩ U = {~0} ist. Wir
zeigen zunächst, dass π(p) aus genau einem Punkt besteht für jedes p ∈ X:
Wäre (p + W ) ∩ Y = ∅, so würde die Verbindungsgerade zwischen p und
p0 einen zusätzlichen Beitrag zur Dimension liefern, und X würde einen
affinen Unterraum der Dimension 1 + dim X enthalten, was unmöglich ist.
Es ist also Y 6= ∅, und daher folgt dim((p + W ) ∩ Y ) = dimK (W ∩ U ) = 0 .
Dies besagt nach 15.2.4, dass π(p) = (p + W ) ∩ Y ein Punkt ist.
Die Abbildung π ist affin, da die zugehörige lineare Abbildung
~π : V = W ⊕ U −→ U,
v = w + u 7−→ u
die Projektionsabbildung ist, und π ist surjektiv, da π(p) = p für alle p ∈ Y
gilt.
15.6
Der Schwerpunkt
Ein Koordinatensystem eines n-dimensionalen affinen Raumes (X, V, t) be→
steht aus n + 1 Punkten p0 , p1 , . . . , pn so, dass die Vektoren vi = −
p−
0 pi
für i = 1, . . . , n linear unabhängig sind. Bezeichnung (p0 ; p1 , . . . , pn ). Jen
P
→
λi −
p−
des p ∈ X hat dann eine Darstellung p = p0 +
0 pi mit eindeutig
i=1
bestimmten λi ∈ K.
Lemma.
Pk
Seien p1 , . . . , pk ∈ X und µ1 , . . . , µk ∈ K mit i=1 µi = 1 (wobei k ∈
Dann hängt der Punkt s ∈ X mit dem Ortsvektor
−
p→
0s =
k
X
→
µi −
p−
0 pi
i=1
nicht von der Wahl von p0 ab.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
N).
82
15 Affine Unterräume und Abbildungen
Beweis. Sei p00 ∈ X. Dann gilt:
s = p0 + −
p→
0 s = p0 +
k
X
→
µi −
p−
0 pi = p0 +
i=1
= p0 +
k
X
i=1
!
µi
−−→0
p0 p0 +
k
X
−−→ −−→
µi (p0 p00 + p00 pi )
i=1
k
X
k
X
−−→
−−→
µi p00 pi = p00 +
µi p00 pi
i=1
i=1
Man nennt s den Schwerpunkt der mit den Massen µ1 , . . . , µk belegten
Punkte p1 , . . . , pk .
15.7
Affine Unterräume und Schwerpunkte
Satz.
Sei (X, V, t) ein affiner Raum über K, und sei Y ⊂ X mit Y 6= ∅. Dann
ist äquivalent:
1) Y ist ein affiner Unterraum von X
2) Für jedes System p1 , . . . , pk ∈ Y und jede Massenbelegung µ1 , . . . , µk
Pk
mit i=1 µi = 1 gehört auch der Schwerpunkt zu Y
Beweis.
1) ⇒ 2) Sei Y affiner Unterraum, also Y = p + U mit einem Untervektor→
raum P
U von V . Sei p0 ∈ Y , dann ist −
p−
i = 1, . . . , k, also
0 pi ∈ U
Pfür
k
k
−
−
→
→
auch i=1 µi p0 pi ∈ U . Daraus folgt s = p0 + i=1 µi −
p−
0 pi ∈ Y
2) ⇒ 1) Sei p0 ∈ Y . Zeige: U = {−
p→
0 p | p ∈ Y } ist ein Untervektorraum von
V . Seien λ, µ ∈ K und p, q ∈ Y . Nach Voraussetzung ist
→
−→
−→
p0 + (1 − λ − µ)−
p−
0 p0 + λp0 p + µp0 q ∈ Y
−→
−−→
~
woraus λ−
p→
0 p + µp0 q ∈ U folgt, da p0 p0 = 0 gilt.
11.20
Weitere Informationen zum Schwerpunkt und zu Anwendungen des obigen
Satzes sind in [16], Kapitel VII.3 zu finden.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
15.8 Zum Hauptsatz der affinen Geometrie
15.8
83
Zum Hauptsatz der affinen Geometrie
Eine Affinität führt Geraden in Geraden über. Aus dem Hauptsatz der
”
affinen Geometrie“ folgt, dass für K = R und jeden affinen Raum X über
R mit dim X > 2 umgekehrt gilt:
Jede bijektive Abbildung X −→ X , die Geraden in Geraden überführt, ist
eine Affinität (vgl. [10]).
Lernerfolgstest.
• Wieso ist der in 15.1.2 definierte affine Unterraum ein affiner
Raum?
• Gegeben sei eine affine Abbildung α : V −→ V . Dann gibt es einen
Vektor v0 ∈ V und eine K-lineare Abbildung f : V −→ V so, dass
α(v) = v0 + f (v) für alle v ∈ V gilt. Überlegen Sie sich, dass v0 und
f eindeutig bestimmt sind.
15.9
Übungsaufgaben 92 – 95
Aufgabe 92.
In Kapitel 1 ist eine Ebene in R3 definiert als eine Teilmenge E ⊂ R3 mit
der Eigenschaft: Es gibt a1 , a2 , a3 , b ∈ R mit (a1 , a2 , a3 ) 6= (0, 0, 0) derart,
dass E = {(x1 , x2 , x3 ) ∈ R3 | a1 x1 + a2 x2 + a3 x3 = b} gilt. Man finde einen
Vektor v0 ∈ R3 und einen Untervektorraum U in R3 so, dass E = v0 + U
gilt und also E als ein affiner Unterraum von R3 realisiert ist.
Aufgabe 93.
Man entscheide, ob es zu jedem affinen Unterraum S von K n ein lineares
Gleichungssystem A~x = ~b so gibt, dass S die Lösungsmenge von A~x = ~b
ist.
Aufgabe 94.
Es sei S = v0 + U ein affiner Unterraum eines K-Vektorraums V wie in
15.1.1 und s0 ∈ S. Man zeige, dass S = s0 + U gilt.
Aufgabe 95.
Sei ϕ : X −→ Y eine affine Abbildung, wie in 15.3 definiert. Man zeige,
dass bild ϕ ein affiner Unterraum von Y ist und dass das Urbild ϕ−1 (Y 0 )
für jeden affinen Unterraum Y 0 von Y ein affiner Unterraum von X (oder
die leere Menge ∅) ist.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
84
16
16 Projektive Räume und Projektivitäten
Projektive Räume und Projektivitäten
Lernziel.
Fertigkeiten: Grundlagen der projektiven Geometrie beherrschen und
deren Einführung motivieren
Kenntnisse: Projektiver Raum, Homogenisierung, Schnittpunktsatz,
Übergang vom Projektiven ins Affine und umgekehrt, synthetischer
Ansatz
Im Projektiven hat man stärkere Schnittpunktsätze als im Affinen. Durch
das Arbeiten im Projektiven erspart man sich daher einige sonst nötige
Fallunterscheidungen.
Sei K ein Körper und V ein K-Vektorraum.
16.1
Der projektive Raum P(V )
Der zu V gehörige projektive Raum P(V ) ist definiert als die Menge aller
1-dimensionalen Untervektorräume von V . Ist dimK V < ∞, so setzt man
dim P(V ) = dimK V − 1
und spricht von der Dimension von P(V ).
Es ist P({~0}) = ∅ und dim ∅ = −1.
Man setzt Pn (K) := P(K n+1 ) und nennt Pn (K) den n-dimensionalen projektiven Raum über K.
Bemerkung.
Man hat eine Abbildung
V \ {~0} −→ P(V ), v 7−→ Kv
wobei Kv := {λv|λ ∈ K} die durch v 6= ~0 eindeutig bestimmte Gerade
durch ~0 ist.
Kv = Kv ′
v′
v
Abbildung 5: Gerade durch ~0
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.2 Homogene Koordinaten
16.2
85
Homogene Koordinaten
Sei V = K n+1 .
Dann sind die homogenen Koordinaten von v = (x0 , x1 , . . . , xn ) ∈ V \ {~0}
definiert durch
(x0 : x1 : . . . : xn ) := Kv
Sei K ∗ = K \ {~0}. Dann gilt:
Kv = Kv 0 ⇐⇒ ∃λ ∈ K ∗ mit v 0 = λv
⇐⇒ ∃λ ∈ K ∗ mit x00 = λx0 , . . . , x0n = λxn
Die homogenen Koordinaten sind also nur bis auf einen gemeinsamen Faktor λ 6= 0 aus K festgelegt.
16.3
Beispiele zur Homogenisierung
Sei (a, b, c) ∈ K 3 und (b, c) 6= (0, 0). Betrachte in K 2 die Gerade mit der
Gleichung
(1)
bx + cy + a = 0
Die Gleichung ist inhomogen, wenn a 6= 0 ist.
Homogenisierung Setze
x=
x1
x2
und y =
mit x0 6= 0
x0
x0
Dann folgt b xx01 + c xx02 + a = 0 und also durch Multiplikation mit x0
(2)
ax0 + bx1 + cx2 = 0
Nach 16.2 ist (x0 : x1 : x2 ) = ( x10 x0 :
1
x0
x1 :
1
x0 x2 )
= (1 : x : y).
Es ist also (y0 : y1 : y2 ) ∈ P (K) genau dann eine Lösung von (2), wenn
(y0 : y1 : y2 ) = (1 : x : y) mit einer Lösung (x, y) von (1) gilt oder wenn
(y0 : y1 : y2 ) = (0 : c : −b) ist.
2
Beispiel.
Betrachte in
R2 die parallelen Geraden
x + y − 2 = 0,
x + y = 0,
x+y+3=0
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
86
16 Projektive Räume und Projektivitäten
R2
1
1
x+y−2=0
x+y =0
x+y+3=0
Abbildung 6: Drei parallele Geraden
Homogenisierung liefert:
x+y−2=0
x+y =0
x+y+3=0
−2x0 + x1 + x2 = 0
0· x0 + x1 + x2 = 0
3x0 + x1 + x2 = 0
In allen drei Fällen ist (0 : 1 : −1) eine Lösung in P2 (R). Die Geraden haben
also einen Schnittpunkt in P2 (R).
16.4
Projektive Geraden in P2 (K)
Eine projektive Gerade L ⊆ P2 (K) ist die Nullstellenmenge in
Gleichung
ax0 + bx1 + cx2 = 0 mit (a, b, c) 6= (0, 0, 0)
P2 (K) einer
Es ist also
L = (x0 : x1 : x2 ) ∈ P2 (K) | ax0 + bx1 + cx2 = 0
Ist b = c = 0, so ist L die unendlich ferne Gerade“
”
P 1 := (x0 : x1 : x2 ) ∈ P2 (K) | x0 = 0
Die übrigen Geraden in P2 (K) erhält man, wie in 16.3 beschrieben, durch
(1) und durch Hinzufügen
des unendlich fernen Punktes“ (0 :c : −b).
”
Ist c 6= 0, so ist U = (x0 , x1 , x2 ) ∈ K 3 | ax0 + bx1+ cx2 = 0 ein Unter3
vektorraum von K mit Basis (1, 0, − ac ), (0, −c, b) und es ist L = P(U ).
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.5 Projektive Unterräume
16.5
87
Projektive Unterräume in P(V )
Eine Teilmenge X ⊂ P(V ) heißt projektiver Unterraum, falls X =
mit einem Untervektorraum U von V gilt. Es ist dann X
P(U )
• eine projektive Gerade in P(V ), falls dim X = 1
• eine projektive Hyperebene in P(V ), falls dim X = dim P(V ) − 1 und
dimK V < ∞
Beispiele.
Seien (Xi = P(Ui ))i∈I projektive Unterräume von P(V ), dann ist
\
Xi = P
i∈I
\
Ui
i∈I
ein projektiver Unterraum.
Man nennt den kleinsten projektiven
Unterraum von
W
enthält, den Verbindungsraum i∈I Xi . Es ist
_
i∈I
Xi = P
X
Ui
P(V ), der
S
i∈I
Xi
i∈I
P
S
Dabei ist i∈I Ui der von i∈I Ui erzeugte Untervektorraum von V , und
das ist der kleinste Untervektorraum von V , der alle Ui enthält.
16.6
Dimensionssatz
Satz.
Sei dim P(V ) < ∞.
Für projektive Unterräume X1 = P(U1 ) und X2 = P(U2 ) gilt
dim(X1 ∨ X2 ) = dim X1 + dim X2 − dim(X1 ∩ X2 )
Beweis. Es ist
dim(X1 ∨ X2 ) = dimK (U1 + U2 ) − 1 nach 16.1 und 16.5
= dimK U1 + dimK U2 − dimK (U1 ∩ U2 ) − 1 nach 3.13
= dim X1 + 1 + dim X2 + 1 − (dim(X1 ∩ X2 ) + 1) − 1
16.1
= dim X1 + dim X2 − dim(X1 ∩ X2 )
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
88
16 Projektive Räume und Projektivitäten
16.7
Schnittpunktsatz
Satz.
Sei dimK V < ∞. Dann gelten
1) Ist dim X1 + dim X2 > dim P(V ) für zwei projektive Unterräume X1 , X2
von P(V ), so ist X1 ∩ X2 6= ∅ .
2) Ist X1 = L eine projektive Gerade in P(V ), X2 = H eine projektive
Hyperebene in P(V ), und gilt L * H, dann schneiden sich L und H in
genau einem Punkt P ∈ P(V ).
3) Zwei projektive Geraden in
P2 (K) schneiden sich stets.
Beweis.
1) dim(X1 ∩ X2 ) = dim X1 + dim X2 − dim(X1 ∨ X2 )
16.6
> dim X1 + dim X2 − dim P(V ) > 0 =⇒ X1 ∩ X2 6= ∅ .
Vor.
2) Aus L * H folgt dim(X1 ∨X2 ) = dim P(V ) und somit dim(X1 ∩X2 ) = 0
nach 16.6. Es ist also X1 ∩ X2 = {P } ein Punkt.
3) folgt aus 2), da die Hyperebene H eine projektive Gerade in
16.8
P2 (K) ist.
Projektiver Abschluss von An (K)
Sei V = K n+1 . Betrachte die Abbildung
ψ : K n −→ P(V ),
(x1 , . . . , xn ) 7−→ (1 : x1 : . . . : xn ) = Kv
mit v = (1, x1 , . . . , xn ). Es ist
U = (x0 , x1 , . . . , xn ) ∈ K n+1 | x0 = 0
ein n-dimensionaler Untervektorraum von K n+1 , also ist H :=
Hyperebene in P(V ).
P(U ) eine
Behauptung Es ist bild(ψ) = P(V ) \ H.
Beweis. Es ist bild(ψ) ⊂ P(V ) \ H nach Definition.
Sei (y0 : y1 : . . . : yn ) ∈ P(V ) \ H, also y0 6= 0.
y1
yn
y1
yn
=⇒ (y0 : y1 : . . . : yn ) = (1 :
: ... :
) = ψ( , . . . , )
y0
y0
y0
y0
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.9 Projektivitäten
89
Man nennt H die unendlich ferne Hyperebene, ψ heißt kanonische Einbettung von An (K) in Pn (K), und Pn (K) wird als projektiver Abschluss
von An (K) bezeichnet. Man schreibt auch Pn (K) = An (K) ∪ A∞ , wobei
A∞ = H ist. Für n = 1 schreibt man dann speziell P1 (K) = A1 (K) ∪ {∞},
da H dann ein Punkt ist.
16.9
Projektivitäten
Seien V, W zwei (n + 1)-dimensionale K-Vektorräume. Dann heißt eine bijektive Abbildung ϕ : P(V ) → P(W ) eine Projektivität, falls es eine bijektive
K-lineare Abbildung
ϕ
~ : V −→ W gibt mit ϕ(P ) = ϕ
~ (P ) ∀P ∈ P(V )
(Hierbei ist P ein Punkt von P(V ) und also ein eindimensionaler Teilraum
von V .) Es ist dann ϕ
~ nicht eindeutig durch ϕ bestimmt, denn für λ ∈ K ∗
ist (λ~
ϕ)(P ) = ϕ
~ (λP ) = ϕ
~ (P ) .
Ferner gilt ϕ(P(U )) = P(~
ϕ(U )) für jeden Untervektorraum U von V und
jede Projektivität ϕ.
16.10
Kollineationen
Definition.
Eine bijektive Abbildung ϕ : P(V ) −→ P(W ) heißt Kollineation, wenn
das Bild einer projektive Geraden g durch die Punkte P, Q ∈ P(V ) die
projektive Gerade durch die Punkte ϕ(P ), ϕ(Q) ∈ P(W ) ist.
Satz.
1) Zu je zwei Punkten P, Q ∈ P(V ) mit P 6= Q gibt es genau eine projektive
Gerade g, die P und Q enthält.
2) Ist ϕ : P(V ) −→ P(W ) eine Projektivität, so ist ϕ eine Kollineation.
Beweis.
1) Es ist P = Kv1 und Q = Kv2 mit v1 , v2 ∈ V \ {~0}. Da P 6= Q ist
folgt, dass v1 und v2 linear unabhängig sind. Es ist also g = P(U ) mit
U = Kv1 + Kv2 die gesuchte projektive Gerade.
2) Es ist ϕ(g) = P(~
ϕ(U )). Daraus folgt die zweite Behauptung.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
90
16 Projektive Räume und Projektivitäten
16.11
Weitere Beispiele zur Homogenisierung
Analog wie in 16.4 konstruiert man zu einer Hyperebene
X = {(x1 , . . . , xn ) ∈ K n | a1 x1 + . . . + an xn + b = 0}
durch Homogenisierung ihrer definierenden Gleichung den Abschluss
X = {(y0 : y1 : . . . : yn ) ∈ Pn (K) | by0 + a1 y1 + . . . + an yn = 0}
in
Pn (K). Man setze xi =
yi
für alle i = 1, . . . , n.
y0
Analog erhält man durch Homogenisierung den projektiven Abschluss von
Quadriken, Kegelschnitten, Kubiken, etc.
Beispiele.
Betrachte die definierenden Gleichungen:
i) x2 + y 2 − 1 = 0
Kreis
ii) x2 − y 2 − 1 = 0
Hyperbel (vgl. 12.3)
iii) x2 − y = 0
Parabel (vgl. 12.3)
Homogenisierung Mit x =
x1
x0
und y =
x2
x0
erhält man:
i) −x20 + x21 + x22 = 0
ii) −x20 + x21 − x22 = 0
iii) x21 − x2 x0 = 0
Behauptung Kreis, Hyperbel und Parabel sind projektiv äquivalent, d.h.
die zugehörigen projektiven Kurven gehen durch eine Projektivität
P2 (R) −→ P2 (R)
ineinander über.
Beweis. Durch (x0 : x1 : x2 ) 7−→ (x1 : x0 : x2 ) geht die projektive Quadrik
mit der Gleichung ii) in die projektive Quadrik mit der Gleichung i) über.
Durch (x0 : x1 : x2 ) 7−→ (x0 + x2 : x1 : x0 − x2 ) erhält man aus Gleichung
iii) die Gleichung i).
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16.12 Übergang vom Projektiven ins Affine
16.12
91
Übergang vom Projektiven ins Affine
Bemerkung.
Ist H = P(U ) eine projektive Hyperebene in P(V ), so ist A := P(V ) \ H ein
affiner Raum mit zugehörigem Vektorraum U , und es ist A∞ = H.
Was geschieht dabei mit einer projektiven Quadrik in P(V )?
Beispiel.
Sei Q = (x0 : x1 : x2 ) ∈ P2 (R) | − x20 + x21 + x22 = 0 .
1) Sei H = (x0 : x1 : x2 ) ∈ P2 (R) | x0 = 0 und
ψ : R2 −→ P2 (R) \ H, (x1 , x2 ) 7−→ (1 : x1 : x2 )
(vgl. 16.8). Dann ist Q ∩ H = ∅, und
ψ −1 (Q) = (x1 , x2 ) ∈ R2 | x21 + x22 − 1 = 0
ist ein Kreis. Ersetzt man R durch C, so besteht Q∩H aus zwei Punkten
(vgl. Aufgabe 98).
2) Sei H = (x0 : x1 : x2 ) ∈ P2 (R) | x1 = 0 . Dann besteht Q ∩ H aus zwei
Punkten, und für
ψ : R2 −→ P2 (R) \ H, (x0 , x2 ) 7−→ (x0 : 1 : x2 )
ist
ψ −1 (Q) = (x0 , x2 ) ∈ R2 | x20 − x22 − 1 = 0
eine Hyperbel.
3) Sei H = (x0 : x1 : x2 ) ∈ P2 (R) | x0 + x1 = 0 . Dann ist Q ∩ H ein
Punkt, und für
ψ : R2 −→ P2 (R) \ H, (x1 , x2 ) 7−→ ((1 − x1 ) : x1 : x2 )
ist
ψ −1 (Q) = (x1 , x2 ) ∈ R2 | x22 + 2x1 − 1 = 0
eine Parabel. (Die Substitution x1 = −z1 +
1
2
ergibt 21 x22 − z1 = 0 .)
(Je nachdem, was man als unendlich ferne Hyperebene auszeichnet, erhält
man aus Q die drei affinen Kurven: Kreis, Hyperbel, Parabel)
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
92
16 Projektive Räume und Projektivitäten
16.13
Explizite Beschreibung von Projektivitäten
Sei V = K n+1 und ϕ : P(V ) −→ P(V ) eine Projektivität. Bezüglich der
Standardbasis wird ϕ
~ : V −→ V durch eine Matrix


a00 a01 . . . a0n

..
..  ∈ GL
A :=  ...
n+1 (K)
.
. 
an0
an1
...
ann
beschrieben (vgl. 5.11). Es ist dann
ϕ(x0 : x1 : . . . : xn ) = (y0 : y1 : . . . : yn )
mit yi = ai0 x0 + . . . + ain xn . Übergang zu inhomogenen Koordinaten
5.11
ergibt
yi0 =
mit x0i =
xi
x0
yi
ai0 x0 + . . . + ain xn
ai0 + ai1 x01 + . . . + ain x0n
=
=
y0
a00 x0 + . . . + a0n xn
a00 + a01 x01 + . . . + a0n x0n
und x0 6= 0 (vgl. 16.8). Die Abbildung
ϕ0 : K n −→ K n , (x01 , . . . , x0n ) 7−→ (y10 , . . . , yn0 )
ist auf der affinen Hyperebene
E = {(x01 , . . . , x0n ) ∈ K n | a00 + a01 x01 + . . . + a0n x0n = 0}
nicht definiert. Die Punkte von E werden auf die unendlich ferne Hyperebene abgebildet.
Ist speziell n = 1 und P1 (K) = A1 (K)∪{∞}, so ist mit x01 =: x und y10 =: y
eine Projektivität gegeben durch
x 7−→ y =
a11 x + a10
a01 x + a00
00
wird auf ∞ abgebildet,
( Möbiustransformation“). Der Punkt x = − aa01
”
a11
falls a01 6= 0. Definiere ∞ 7−→ − a01 .
16.14
Projektive Basen
Seien V, W zwei (n + 1)-dimensionale K-Vektorräume. Dann sind n + 2
Punkte P0 , . . . , Pn+1 von P(V ) in allgemeiner Lage, wenn keine n + 1
Punkte davon einen echten projektiven Unterraum von P(V ) erzeugen. Man
sagt dann, dass P0 , . . . , Pn+1 eine projektive Basis von P(V ) bilden.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.15 Das Doppelverhältnis
93
Satz.
Sind P0 , . . . , Pn+1 in allgemeiner Lage in P(V ) und sind Q0 , . . . , Qn+1 in
allgemeiner Lage in P(W ), dann gibt es genau eine Projektivität
ϕ : P(V ) −→ P(W ) mit ϕ(Pi ) = Qi für alle i = 0, . . . , n + 1
Beweis. Es ist Pi = Kvi mit vi ∈ V \ {~0} für i = 0, . . . , n und analog
Qi = Kwi mit wi ∈ W \ {~0}. Nach Voraussetzung bilden v0 , . . . , vn eine
Basis von V und w0 , . . . , wn eine Basis von W . Sei f : V → W die durch
f (vi ) = λi wi mit noch zu bestimmenden λi ∈ K ∗ für i = 0, . . . , n definierte
K-lineare Abbildung. Es ist
vn+1 =
n
X
µi vi mit 0 6= µi ∈ K für alle i = 0, . . . , n
i=0
da P0 , . . . , Pn+1 in allgemeiner Lage sind, und analog
wn+1 =
n
X
ηi wi mit 0 6= ηi ∈ K und i = 0, . . . , n
i=0
Setze λi =
ηi
µi ,
also ηi = µi λi für i = 0, . . . , n. Dann ist
f (vn+1 ) =
n
X
µi f (vi ) =
i=0
n
X
ηi wi = wn+1
i=0
Für ϕ : P(V ) −→ P(W ), Kv 7−→ Kf (v), ist dann ϕ(Pi ) = Qi und ϕ
~ = f.
Bis auf einen Faktor λ ∈ K ∗ ist ϕ
~ eindeutig bestimmt.
16.15
Das Doppelverhältnis
Sei n = 1 und X = P(V ) mit dimK V = 2. Dann sind je drei verschiedene
Punkte P0 , P1 , P2 ∈ X in allgemeiner Lage. Seien nun P0 , P1 , P2 , P3 vier
paarweise verschiedene Punkte in X. Dann gibt es nach 16.14 genau eine
Projektivität ϕX : X −→ P1 (K) mit
ϕX (P0 ) = (1 : 0), ϕX (P1 ) = (1 : 1), und ϕX (P2 ) = (0 : 1)
Dadurch ist ϕX (P3 ) =: (λ : µ) schon eindeutig festgelegt. Man nennt
D(P0 , P1 , P2 , P3 ) = (λ : µ) ∈ P1 (K)
das Doppelverhältnis der vier Punkte P0 , P1 , P2 , P3 ∈ X.
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94
16 Projektive Räume und Projektivitäten
Satz.
Sei dimK V = 2 = dimK W . Seien X = P(V ) und Y = P(W ) zwei projektive Geraden. Ist ϕ : X → Y eine Projektivität, so gilt
D(P0 , P1 , P2 , P3 ) = D(ϕ(P0 ), ϕ(P1 ), ϕ(P2 ), ϕ(P3 ))
für je vier paarweise verschiedene Punkte P0 , P1 , P2 , P3 ∈ X. Das Doppelverhältnis bleibt also unter Projektivitäten erhalten.
Beweis. Sei Qi = ϕ(Pi ) für i = 0, 1, 2, 3. Dann gelten
(ϕY ◦ ϕ)(P0 ) = ϕY (Q0 ) = (1 : 0) = ϕX (P0 )
(ϕY ◦ ϕ)(P1 ) = ϕY (Q1 ) = (1 : 1) = ϕX (P1 )
(ϕY ◦ ϕ)(P2 ) = ϕY (Q2 ) = (0 : 1) = ϕX (P2 ),
also ist ϕY ◦ ϕ = ϕX nach 16.14. Damit folgt
(ϕY ◦ ϕ)(P3 ) = ϕX (P3 ) = D(P0 , P1 , P2 , P3 ).
Andererseits ist (ϕY ◦ ϕ)(P3 ) = ϕY (Q3 ) = D(Q0 , Q1 , Q2 , Q3 )
Beispiel.
Seien Pi = (1 : µi ) ∈ P1 (K) für i = 0, 1, 2, 3 paarweise verschiedene Punkte.
Für die Möbiustransformation (vgl. 16.13)
ϕ : K ∪ {∞} −→ K ∪ {∞},
x 7−→
µ1 − µ2 x − µ0
·
µ1 − µ0 x − µ2
gilt ϕ(µ0 ) = 0, ϕ(µ1 ) = 1 und ϕ(µ2 ) = ∞. Es ist dann
D(µ0 , µ1 , µ2 , µ3 ) =
µ1 −µ2
µ1 −µ0
µ3 −µ2
µ3 −µ0
das Doppelverhältnis von µ0 , µ1 , µ2 , µ3 .
Bemerkung.
Seien a, b, c, d ∈ A1 (K) paarweise verschiedene Punkte auf einer affinen
b−c
Geraden. Dann ist b−a
das durch b gegebene Teilverhältnis der Strecke“
”
[c,a]. Dies ist invariant unter affinen Abbildungen. Analoges gilt für das
d−c
d−c
b−c
Teilverhältnis d−a . Wir haben gezeigt, dass der Quotient b−a : d−a
auch
bei gebrochen linearen Transformationen invariant bleibt. Ist D(a, b, c, d) =
−1, so sagt man, dass sich die vier Punkte a, b, c, d in harmonischer Lage
befinden.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.16 Zentralprojektion
16.16
95
Zentralprojektion
Sei V ein (n + 1)-dimensionaler K-Vektorraum und X = P(U ) ein projektiver Unterraum von P(V ). Ferner seien P(U1 ) und P(U2 ) zwei m-dimensionale
projektive Unterräume von P(V ). Es gelte:
i) X ∩ P(U1 ) = X ∩ P(U2 ) = ∅
ii) X ∨ P(U1 ) = X ∨ P(U2 ) = P(V )
Dann ist
(X ∨ P ) ∩ P(U2 ) = P 0
ein Punkt für alle P ∈ P(U1 ) wie aus dem Dimensionssatz 16.6 folgt. Die
Abbildung ϕ : P(U1 ) −→ P(U2 ), P 7−→ P 0 , heißt Zentralprojektion.
P(U1 )
P
P′
P(U2 )
P(U )
Abbildung 7: Zentralprojektion
Satz.
Die Zentralprojektion ϕ : P(U1 ) −→ P(U2 ) ist eine Projektivität.
Beweis. Aus i) folgt U ∩ U1 = U ∩ U2 = {~0} und wegen ii) ist
U ⊕ U1 = U ⊕ U2 = V
Nach 2.7 gibt es zu jedem u1 ∈ U1 eindeutig bestimmte Vektoren u ∈ U
und u2 ∈ U2 mit u1 = ~0 + u1 = u + u2 . Setze
ϕ
~ : U1 −→ U2 , u1 7−→ u2
Dann ist
ϕ(Ku1 ) = P(U + Ku1 ) ∩ P(U2 ) = Ku2 = ϕ
~ (Ku1 ) ∀u1 ∈ U1 \ {~0}
und ϕ
~ ist K-linear und injektiv, also nach 4.8 bijektiv, da dimK U1 =
dimK U2 .
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
96
16.17
16 Projektive Räume und Projektivitäten
Zum Hauptsatz der projektiven Geometrie
Sei σ : K −→ K ein Automorphismus, d.h. σ ist bijektiv, und es gilt
σ(a + b) = σ(a) + σ(b)
und
σ(ab) = σ(a)σ(b)
für alle a, b ∈ K. Eine Abbildung f : V −→ W heißt σ-linear, falls gilt
f (v + v 0 ) = f (v) + f (v 0 )
und
f (λv) = σ(λ) f (v)
für alle λ ∈ K und v, v 0 ∈ V .
In 16.10 haben wir gesehen, dass jede Projektivität eine Kollineation ist.
Umgekehrt gilt der
Hauptsatz der projektiven Geometrie
Seien V, W zwei (n + 1)-dimensionale K-Vektorräume, n > 2, und sei
ϕ : P(V ) → P(W ) eine Kollineation. Dann gibt es einen Automorphismus
σ : K → K und eine σ-lineare bijektive Abbildung
ϕ
e : V −→ W mit ϕ(P
e ) = ϕ(P )
für alle P ∈ P(V ). Ist K = R, so ist dies eine Projektivität.
Den Beweis findet man zum Beispiel in: E. Artin [1], Stuhler [19] oder
Fischer [10].
Für n = 1 ist der Satz im Allgemeinen falsch, da dann jede bijektive Abbildung eine Kollineation ist. Für K = R ist die Identität der einzige Automorphismus, daher ist ϕ
e stets eine Projektivität für K = R. Analoges gilt
für K = Q :
Behauptung Ist σ ein Automorphismus von Q, so ist σ = id.
Beweis. Sei n ∈ N, also n = 1 + . . . + 1 mit n Summanden. Aus
σ(1) = σ(1· 1) = σ(1) σ(1)
folgt 1 = σ(1). Daher gilt σ(n) = σ(1) + . . . + σ(1) = 1 + . . . + 1 = n.
Außerdem gilt σ(−n) = −n, denn 0 = σ(0) = σ(n + (−n)) = σ(n) +
n
σ(−n) = n + σ(−n). Ist x = m
∈ Q mit geeigneten m, n ∈ Z , m 6= 0. Dann
σ(n)
n
n
ist σ(x) = σ( m ) = σ(m) = m = x.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.18 Sätze von Desargues und Pappos
16.18
97
Sätze von Desargues und Pappos
Satz (Desargues).
In einer projektiven Ebene seien zwei Dreiecke in perspektivischer Lage gegeben, d.h. es sind 6 paarweise verschiedene Punkte P1 , P2 , P3 und P10 , P20 , P30
gegeben so, dass sich die Verbindungsgeraden P1 ∨ P10 , P2 ∨ P20 und P3 ∨ P30
in einem Punkt Q schneiden. Dann liegen die Schnittpunkte
A := (P1 ∨P2 )∩(P10 ∨P20 ), B := (P2 ∨P3 )∩(P20 ∨P30 ), C := (P3 ∨P1 )∩(P30 ∨P10 )
auf einer Geraden.
Beweis für
P2 (K). Wähle Vektoren v, vi , vi0 ∈ K 3 für i = 1, 2, 3 mit
Q = Kv, Pi = Kvi , Pi0 = Kvi0
Nach Voraussetzung kann man vi und vi0 so wählen, dass v = v1 − v10 =
v2 − v20 = v3 − v30 gilt. Dann folgt
w1 := v1 − v2 = v10 − v20
w2 := v2 − v3 = v20 − v30
w3 := v1 − v3 = v10 − v30
Da w1 , w2 , w3 linear abhängig sind (es ist w1 + w2 − w3 = ~0) und A = Kw1 ,
B = Kw2 und C = Kw3 gilt, folgt die Behauptung.
Satz (Pappos).
In einer projektiven Ebene seien zwei verschiedene Geraden g und g 0 und
darauf paarweise verschiedene Punkte P1 , P2 , P3 ∈ g und P10 , P20 , P30 ∈ g 0
gegeben. Dann liegen die Schnittpunkte
(P1 ∨ P20 ) ∩ (P10 ∨ P2 ), (P2 ∨ P30 ) ∩ (P20 ∨ P3 ), (P3 ∨ P10 ) ∩ (P30 ∨ P1 )
auf einer Geraden.
Der Beweis geht mit dem Doppelverhältnis. Es sei hier als Übung gelasssen.
16.19
Synthetischer Aufbau
Diesen Abschnitt hat der Student Tobias Jandt geschrieben.
Beim synthetischen Aufbau einer Geometrie geht man von einer Menge P
aus, deren Elemente Punkte genannt werden, und zeichnet gewisse Klassen
von Teilmengen von P aus (zum Beispiel Geraden“ oder Hyperebenen“).
”
”
Dann definiert man die Geometrie allein durch Inzidenzeigenschaften“.
”
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
98
16 Projektive Räume und Projektivitäten
Definition.
Eine projektive Ebene E ist eine Punktmenge P zusammen mit einer Menge
G von Teilmengen von P , die als Geraden bezeichnet werden, derart, dass
folgende Axiome gelten.
(PE1) Zwei verschiedene Punkte liegen immer auf genau einer Geraden.
Das heißt: Für p, q ∈ P , p 6= q, gibt es genau eine Gerade γ, so dass
p ∈ γ und q ∈ γ. Man nennt γ auch Verbindungsgerade von p und q.
(PE2) Je zwei verschiedene Geraden haben genau einen Punkt gemeinsam. Das heißt: Für zwei Geraden γ, δ ∈ G, γ 6= δ existiert genau
ein Punkt p ∈ P mit p ∈ γ und p ∈ δ. Man nennt p auch den
Schnittpunkt von γ und δ.
(PE3) Auf jeder Geraden liegen mindestens drei Punkte. Das heißt: Für
jede Gerade γ ∈ G existieren mindestens 3 Punkte p1 , p2 , p3 ∈ P
mit p1 , p2 , p3 ∈ γ.
(PE4) Es existieren mindestens zwei verschiedene Geraden.
Beispiel.
Betrachten wir ein gleichseitiges Dreieck. Sei P die Menge, bestehend aus
dem Mittelpunkt des Dreiecks, seinen drei Eckpunkten und den drei Mittelpunkten seiner Seiten. Die Menge G bestehe aus den drei Dreiecksseiten,
den drei Winkelhalbierenden und dem einbeschriebenen Kreis. Dies ist eine
projektive Ebene.
3
7
6
4
1
5
2
Abbildung 8: Endliche projektive Ebene
Benennen wir die Punkte im Dreieck wie in der Skizze, so ergibt sich als
Punktmenge P = {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7}. Auf jeder Geraden liegen drei Punkte.
Die Menge der Geraden fassen wir nun als dreielementige Teilmengen von P
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.19 Synthetischer Aufbau
99
auf: G = {{1, 2, 5}, {1, 4, 6}, {1, 3, 7}, {2, 4, 7}, {2, 3, 6}, {3, 4, 5}, {5, 6, 7}}.
Wie man nun leicht nachprüfen kann, gelten die 4 Axiome.
Auch ein beliebiger projektiver Raum wird durch Inzidenzeigenschaften für
Punkte und Geraden definiert.
Definition.
Ein projektiver Raum P ist eine Punktemenge P zusammen mit einer Menge
G von Teilmengen von P , die als Geraden bezeichnet werden, derart, dass
folgende Axiome gelten.
(PG1) Zwei verschiedene Punkte liegen immer auf einer Geraden.
(PG2) (Veblen-Young-Axiom) Sind p,q,r,s vier Punkte, so dass die Gerade
durch p und q die Gerade durch r und s schneidet, so schneidet die
Gerade durch p und r die Gerade durch q und s in einem Punkt.
Sind in einem projektiven Raum P auch die Axiome (PE3) und (PE4)
erfüllt, so nennt man P einen nicht ausgearteten projektiven Raum.
Affine Ebenen kann man beim synthetischen Aufbau wie folgt beschreiben.
Definition.
Eine affine Ebene ist eine Punktmenge P zusammen mit einer Menge G
von Teilmengen von P , die als Geraden bezeichnet werden, derart, dass
folgende Axiome gelten.
(AE1) Für p, q ∈ P , p 6= q, gibt es genau eine Gerade γ, so dass p, q ∈ γ.
(AE2) Zu jedem Punkt p ∈ P und jeder Geraden γ ∈ G mit p 6∈ γ existiert
genau eine Gerade δ ∈ G, so dass p ∈ δ und kein q ∈ γ existiert,
mit q ∈ δ.
(AE3) Es existieren mindestens drei verschiedene Punkte in P , die nicht
auf einer gemeinsamen Geraden liegen.
Beispiele.
1. Der
R2 ist eine affine Ebene.
2. Betrachten wir nun ein Quadrat. Die Menge P sei gegeben durch die
vier Eckpunkte. Die Menge G seien die vier Seiten des Quadrats sowie
die zwei Diagonalen. E ist eine affine Ebene.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
100
16 Projektive Räume und Projektivitäten
Abbildung 9: Endliche affine Ebene
Bemerkung.
Der Schnittpunkt der Diagonalen existiert in diesem Modell nicht!
Genau genommen sind die beiden Diagonalen sogar parallel.
Hier ist es tatsächlich weniger verwirrend sich das Ganze mengentheoretisch vorzustellen. Sei also P = {1, 2, 3, 4} die Menge der Eckpunkte.
Dann betrachten wir als Menge G der Geraden die zweielementigen
Teilmengen von P , also G = {{1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {2, 3}, {2, 4}, {3, 4}}.
E ist eine affine Ebene.
16.20
Dualitätsprinzip
In der projektiven Geometrie gibt es ein sehr schönes Dualitätsprinzip.
Sätze über den projektiven Raum P(V ), wobei V ein n + 1-dimensionaler
K-Vektorraum ist, gelten entsprechend für den projektiven Raum P(V ∗ )
des Dualraums V ∗ = HomK (V, K) von V . Zu jedem Untervektorraum W
von V setzt man W ⊥ := {f ∈ V ∗ | f (w) = 0 ∀w ∈ W }, und umgekehrt
ordnet man jedem Untervektorraum U von V ∗ den Raum
U ⊥ := {v ∈ V | f (v) = 0 ∀f ∈ U } = {v ∈ V | (λf )(v) = 0 ∀f ∈ U }
mit λ ∈ K \{~0}. Es gilt dimK U ⊥ = dimK V −dimK U . Die Punkte in P(V ∗ )
sind 1-dimensionale Untervektorräume von V ∗ , und man hat eine bijektive
Abbildung von P(V ∗ ) in die Menge der projektiven Hyperebenen von P(V ).
Damit kann man dann das Dualitätsprinzip formulieren, dass sich Aussagen
über projektive Unterräume, die sich mit Hilfe von “⊂, ∩, ∨, dim” formulieren lassen, in dazu duale Aussagen übersetzen lassen, indem man die
Unterräume durch komplementäre ersetzt (z.B. Hyperebenen durch Punkte), Inklusionen umdreht und Durchschnitt durch Verbindung ∨ ersetzt.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.20 Dualitätsprinzip
101
Die dualen Aussagen gelten genau dann, wenn die ursprünglichen Aussagen gelten, vgl. [10], 3.4 und [19].
Für projektive Ebenen in der synthetischen projektiven Geometrie hat
Tobias Jandt das Dualitätsprinzip wie folgt aufgeschrieben.
Sei A eine Aussage über eine projektive Ebene mit Punkten und Geraden.
Dann erhält man die zu A duale Aussage Ad , indem man die Wörter Punkt
und Gerade vertauscht.
Beispiel.
Sei folgende Aussage mit A bezeichnet: Es gibt eine Gerade, die durch vier
Punkte verläuft. Dann ist die dazu duale Aussage Ad : Es gibt einen Punkt,
durch welchen vier Geraden verlaufen.
Lemma.
In jeder projektiven Ebene E gelten auch die zu (PE1) bis (PE4) dualen
Aussagen.
Beweis.
PE1 Die duale Aussage lautet, je zwei verschiedene Geraden haben genau
einen Punkt gemeinsam, was nach (PE2) gilt.
PE2 Die duale Aussage lautet, je zwei verschiedene Punkte liegen auf einer
Geraden, was (PE1) entspricht.
PE3 Die duale Aussage lautet: Durch jeden Punkt gehen mindestens drei
Geraden. Nach (PE4) existieren mindestens zwei verschiedene Geraden, und auf jeder Geraden liegen nach (PE3) mindestens drei Punkte.
Betrachten wir nun einen Punkt p auf einer Geraden γ , dann gibt es
also eine von γ verschiedene Gerade δ. Diese muss γ schneiden und
tue dies o.B.d.A. nicht im Punkt p. Die Verbindungsgeraden von p
mit den nicht auf γ liegenden Punkten von δ, und γ selbst sind also
drei Geraden durch p.
PE4 Die duale Aussage lautet, es gibt zwei verschiedene Punkte, was direkt
aus (PE3) und (PE4) folgt.
Bemerkung.
Fasst man die Geraden einer projektiven Ebene E als neue Punkte, und die
Punkte als neue Geraden auf, so erhält man wieder eine projektive Ebene,
die zu E duale Ebene Ed .
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
102
16 Projektive Räume und Projektivitäten
Satz (Dualitätsprinzip).
Ist A eine Aussage, die für alle projektive Ebenen gilt, so gilt auch die zu
A duale Aussage Ad für alle projektiven Ebenen.
Beweis. Die Aussage Ad in E ist identisch mit der Aussage A in Ed . Wenn
A in allen projektiven Ebenen gilt, so gilt sie auch in Ed . Also gilt die
Aussage Ad in E.
Lernerfolgstest.
• Wie sind Punkte und Geraden in einem projektiven Raum P(V )
definiert?
• Formulieren Sie den Schnittpunktsatz in P(V ).
• Diskutieren Sie, wie man den projektiven Raum P2 (R) als projektiven Raum P in der synthetischen projektiven Geometrie realisieren
kann.
• Diskutieren Sie mögliche Verallgemeinerungen des Dualitätsprinzips für projektive Ebenen auf 3-dimensionale projektive Räume der
synthetischen Geometrie.
16.21
Übungsaufgaben 96 – 100
Aufgabe 96.
Man bestimme die Normalform des Kegelschnitts mit der Gleichung
4 x21 + 9 x22 − 12 x1 − 24 x2 − 144 = 0
und fertige eine Skizze an.
Aufgabe 97.
Man ermittle in den folgenden Fällen, ob die Kurven X und X 0 projektiv
äquivalent sind, und bestimme gegebenenfalls eine entsprechende Projektivität ϕ : P2 (R) −→ P2 (R) :
(a)
(b)
X = {(x, y) ∈ R2 | y −x3 = 0 } und X 0 = {(x, y) ∈ R2 | y 2 −x3 = 0 } ,
X = {(x, y) ∈ R2 | x2 + 5y 2 − 1 = 0 } und
X 0 = {(x, y) ∈ R2 | 5x2 − 1 = 0 } .
Aufgabe 98.
Sei f (x, y) = a11 x2 + 2 a12 x y + a22 y 2 + a1 x + a2 y − a = 0 eine Gleichung
mit reellen Koeffizienten. Man bestimme die zu f (x, y) gehörige homogene
Gleichung f¯(x0 , x1 , x2 ) = 0, für die f¯(1, x, y) = f (x, y) gelte, und beweise,
dass der Kegelschnitt
X := {(x, y) ∈ R2 | f (x, y) = 0 }
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
16.21 Übungsaufgaben 96 – 100
103
genau dann ein Kreis ist, wenn
X̄ := {(x0 : x1 : x2 ) ∈ P2 (C) | f¯(x0 , x1 , x2 ) = 0 }
die unendlich ferne Hyperebene H := {(x0 : x1 : x2 ) ∈ P2 (C) | x0 = 0} in
den Punkten (0 : i : 1) und (0 : −i : 1) schneidet und X nicht ausgeartet
ist.
(Man nennt die beiden Punkte (0 : i : 1) und (0 : −i : 1) die imaginären
unendlich fernen Kreispunkte.)
Aufgabe 99.
Man prüfe, ob die beiden Flächen
X = {(x, y, z) ∈ R3 | x2 − zy 2 = 0 } und
X 0 = {(x, y, z) ∈ R3 | x − yz 2 = 0 }
projektiv äquivalent sind, und bestimme gegebenenfalls eine entsprechende
Projektivität ϕ : P3 (R) −→ P3 (R) .
Aufgabe 100.
Eine projektive Ebene und ein projektiver Raum seien wie in 16.19 definiert.
Man zeige, dass jede projektive Ebene ein projektiver Raum ist.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
104
17
17 Multilineare Algebra
Multilineare Algebra
Lernziel.
Fertigkeiten: Die Determinante als alternierende Multilinearform verstehen und daraus ihre wesentlichen Eigenschaften ableiten
Kenntnisse: Vektorprodukt in R3 , äußere Algebren
17.1
Sei
Das Vektorprodukt im R3
R3 mit dem Standard-Skalarprodukt versehen, und sei
{e1 = (1, 0, 0), e2 = (0, 1, 0), e3 = (0, 0, 1)}
die Standardbasis von R3 . Schreibe ~x = (x1 , x2 , x3 ) und ~y = (y1 , y2 , y3 ) mit
xi , yi ∈ R für i = 1, 2, 3. Das Vektorprodukt
R3 × R3 −→ R3 , (~x, ~y) 7−→ ~x × ~y
ist definiert durch
~x × ~y = (x2 y3 − x3 y2 , x3 y1 − x1 y3 , x1 y2 − x2 y1 )
Merkregel
Zeile:
Entwickle die folgende Determinante“ formal nach der 1.
”

e1 e2 e3
~x × ~y = det x1 x2 x3 
y1 y2 y3
x
x2 x3
− e2 det 1
= e1 det
y1
y2 y3

x3
y3
x
+ e3 det 1
y1
x2
y2
= (x2 y3 − x3 y2 )e1 + (x3 y1 − x1 y3 )e2 + (x1 y2 − x2 y1 )e3
Rechenregeln Für ~x, ~x0 , ~y , ~y 0 ∈ R3 und λ ∈ R gilt:
1) (~x + ~x0 ) × ~y = ~x × ~y + ~x0 × ~y und λ~x × ~y = λ(~x × ~y )
~x × (~y + ~y 0 ) = ~x × ~y + ~x × ~y 0 und ~x × λ~y = λ(~x × ~y )
Das Vektorprodukt ist also bilinear.
2) ~x × ~x = ~0
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
17.2 Geometrische Eigenschaften des Vektorprodukts
3) k~x × ~y k2 = k~xk2 · k~y k2 − h~x, ~y i2
105
denn:
k~x × ~y k2 = (x2 y3 − x3 y2 )2 + (x3 y1 − x1 y3 )2 + (x1 y2 − x2 y1 )2
= x22 y32 − 2x2 x3 y2 y3 + x23 y22 + x23 y12
− 2x1 x3 y1 y3 + x21 y32 + x21 y22 − 2x1 x2 y1 y2 + x22 y12
= (x21 + x22 + x23 )(y12 + y22 + y32 ) − (x1 y1 + x2 y2 + x3 y3 )2
= k~xk2 · k~y k2 − h~x, ~y i2
4) ~x × ~y = ~0 ⇐⇒ k~xk · k~y k = |hx, yi| ⇐⇒ ~x, ~y sind linear abhängig
3.
9.7
Bemerkung.
2) kann man ersetzen durch
2’)
~x × ~y = −~y × ~x
denn: ~x × ~x = −~x × ~x =⇒ ~x × ~x = ~0 und umgekehrt:
~x × ~x = ~0 ∀ ~x =⇒ ~0 = (~x + ~y ) × (~x + ~y ) = ~x × ~x +~x × ~y + ~y × ~x + ~y × ~y
| {z }
1) | {z }
=~
0
17.2
=~
0
Geometrische Eigenschaften des Vektorprodukts
a) Für ~x, ~y , ~z ∈ R3 gilt

x1
h~x × ~y , ~z i = det  y1
z1
x2
y2
z2

x3
y3 
z3
und also h~x × ~y , ~xi = h~x × ~y , ~y i = 0. Dies folgt unmittelbar aus den
Formeln für die Determinante einer (3×3)-Matrix und für das StandardSkalarprodukt sowie daraus, dass det() = 0 ist, wenn zwei Zeilen gleich
sind. Der Vektor ~x × ~y steht senkrecht auf ~x und auf ~y , wenn ~x und ~y
linear unabhängig sind.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
106
17 Multilineare Algebra
~x × ~y
~y
ϕ
~x
−~x × ~y
Abbildung 10: Vektorprodukt
b) Behauptung Die Länge von ~x × ~y ist der Flächeninhalt des von ~x und
~y aufgespannten Parallelogramms, also
k~x × ~y k = k~xk· k~y k· | sin ϕ| für 0 6 ϕ := ^(~x, ~y ) < π
Beweis. Aus 17.1.3 folgt k~x × ~y k2 = k~xk2 · k~y k2 − h~x, ~y i2 und also gilt
k~x × ~y k2 = k~xk2 · k~y k2 · (1 − cos2 ϕ) = k~xk2 · k~y k2 · sin2 ϕ
9.8
c) Orientierung Seien ~x, ~y linear unabhängig, sei also B = {~x, ~y , ~x × ~y }
eine Basis von R3 . Es ist ~x × ~y = (z1 , z2 , z3 ) mit z1 , z2 , z3 ∈ R und daher

x1
det  y1
z1
x2
y2
z2

x3
y3  = h~x × ~y , ~x × ~y i > 0,
a)
z3
da das Skalarprodukt positiv definit ist. Die Basis B ist also gleich orientiert wie die Standardbasis. Man sagt auch ~x, ~y , ~x × ~y bilden ein positiv
”
orientiertes Dreibein“, denn sie liegen im Raum wie Daumen, Zeigefinger
und Mittelfinger der rechten Hand.
17.3
Äußere Algebren
Sei M = {1, 2, . . . , n}. Dann hat M hat 2n Teilmengen, die mit
∅, M, R, S, T, . . .
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
17.3 Äußere Algebren
107
bezeichnet seien. Sei A ein K-Vektorraum der Dimension 2n mit Basiselementen eR , eS , eT , . . ., die den 2n Teilmengen von M zugeordnet seien. Für
r, s ∈ Z sei


falls r = s
0

(r, s) := 1
falls r < s


−1 falls r > s
Sei
eR ∧ eS :=
Y
(r, s) eR∪S
∀R, S ⊂ M
r∈R,s∈S
Q
(Dabei setzt man r∈R,s∈S (r, s) = 1, falls R = ∅ oder S = ∅.)
P
P
Für ~x = R⊂M xR eR und ~y = S⊂M yS eS mit xR , yS ∈ K sei dann
~x ∧ ~y =
X
xR yS (eR ∧ eS )
R,S⊂M
Man erhält so eine Multiplikation A × A −→ A, (~x, ~y ) 7−→ ~x ∧ ~y , genannt
äußere Multiplikation. Damit ist A eine K-Algebra mit Einselement e∅ .
Q
Ist R ∩ S 6= ∅, so ist r∈R,s∈S (r, s) = 0. Also gelten
(1) eR ∧ eS = ~0 , falls R ∩ S 6= ∅.
(2) eR ∧ eS = (−1)pq eS ∧ eR falls |R| = p und |S| = q
(Vertauschungsregel).
Beispiele (für n = 3).
Es ist e{1,3} ∧ e{2} = (1, 2)(3, 2)e{1,2,3} = −e{1,2,3} und e{1,3} ∧ e{2,3} = ~0
Mit der Schreibweise ei statt e{i} sei
~x = x1 e1 + x2 e2 + x3 e3 und ~y = y1 e1 + y2 e2 + y3 e3 mit xi , yi ∈ K
Dann ist
(1)
~x ∧ ~y = x1 y2 (e1 ∧ e2 ) + x1 y3 (e1 ∧ e3 ) + x2 y1 (e2 ∧ e1 )
+ x2 y3 (e2 ∧ e3 ) + x3 y1 (e3 ∧ e1 ) + x3 y2 (e3 ∧ e2 )
= (x1 y2 − x2 y1 )e{1,2} + (x1 y3 − x3 y1 )e{1,3} + (x2 y3 − x3 y2 )e{2,3} .
Die Koeffizienten sind (bis auf Vorzeichen) gerade die Koordinaten von ~x ×~y
aus 17.1, falls K = R ist. Es folgt k~x ∧ ~y k = k~x × ~y k für K = R und die
Standardbasis e1 , e2 , e3 von R.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
108
17.4
17 Multilineare Algebra
Die äußere Algebra eines K -Vektorraums
Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum mit Basis B = (e1 , . . . , en ). Bette
V in einen 2n -dimensionalen K-Vektorraum A ein und ergänze B zu einer
Basis von A. Die Basiselemente von A seien mit eR für R ⊂ M := {1, . . . , n}
bezeichnet, wobei e{i} = ei zu setzen ist. Wie in 17.3 wird A zu einer KAlgebra gemacht. Man nennt A die Grassmann-Algebra oder äußere Algebra von V und schreibt A = Λ(V ).
Beispiel (für n = 3).
Dann ist
{e∅ , e1 , e2 , e3 , e1 ∧ e2 , e1 ∧ e3 , e2 ∧ e3 , e1 ∧ e2 ∧ e3 }
{z
}
| {z } | {z } | {z } |
=e{1,2}
=e{1,3}
=e{2,3}
=e{1,2,3}
eine Basis von A (mit 8 = 23 Elementen).
Man kann zeigen, dass die äußere Algebra von V unabhängig von der Wahl
der Basis von V ist.
17.5
Zwei Regeln für die äußere Multiplikation von
Vektoren
Sei V ein K-Vektorraum mit Basis (e1 , . . . , en ). Dann gilt für alle v, w ∈ V :
v ∧ v = ~0 und v ∧ w = −w ∧ v
Pn
Beweis. Für v = i=1 λi ei mit λi ∈ K gilt

!  n
n X
n
n
X
X
X
λj ej  =
λi λj (ei ∧ ej ) = ~0
v∧v =
λi ei ∧ 
j=1
i=1
i=0 j=0
denn in der Summe gibt es nur Glieder der Form
λ2i (ei ∧ ei ) = ~0 und λi λj (ei ∧ ej ) + λj λi (ej ∧ ei ) = ~0
(1)
(2)
Es folgt nun auch die zweite Regel v ∧ w = −w ∧ v, denn:
~0 = (v + w) ∧ (v + w) = (v ∧ v) +(v ∧ w) + (w ∧ v) + (w ∧ w)
| {z }
| {z }
=~
0
=~
0
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
17.6 Ein neues Kriterium für lineare Abhängigkeit
17.6
109
Ein neues Kriterium für lineare Abhängigkeit
Satz.
Für Vektoren v1 , . . . , vp ∈ V gilt:
v1 ∧ . . . ∧ vp = ~0 ⇐⇒ v1 , . . . , vp sind linear abhängig
Beweis.
=⇒“ Sei v1 ∧ . . . ∧ vp = ~0. Angenommen v1 , . . . , vp sind linear unabhängig
”
(insbesondere p 6 n). Ergänze v1 , . . . , vp zu einer Basis
v1 , . . . , vp , vp+1 , . . . , vn
von V . Dann ist {vR | R ⊂ M } mit v{i} = vi eine Basis von Λ(V )
nach 17.4. Insbesondere ist v1 ∧ . . . ∧ vp = vR mit R = {1, . . . , p} ein
Basiselement von Λ(V ) und somit 6= ~0. Widerspruch!
⇐=“ Seien v1 , . . . , vp linear abhängig. Dann ist einer dieser Vektoren eine
”
Linearkombination der übrigen. Da sich bei Vertauschung der Vektoren in v1 ∧ . . . ∧ vp nach 17.5 höchstens das Vorzeichen ändert, können
wir ohne Einschränkung annehmen, dass vp = λ1 v1 + . . . + λp−1 vp−1
mit λi ∈ K ist. Hieraus folgt
v1 ∧ . . . ∧ vp = (v1 ∧ . . . ∧ vp−1 ) ∧ (λ1 v1 + . . . + λp−1 vp−1 )
= λ1 (v1 ∧ . . . ∧ vp−1 ∧ v1 ) + . . .
+ λp−1 (v1 ∧ . . . ∧ vp−1 ∧ vp−1 ) = ~0
nach 17.5, denn in jedem Summanden treten zwei gleiche Faktoren
auf.
17.7
Ein Kriterium für Untervektorräume
Satz.
Seien u1 , . . . , up linear unabhängige Vektoren in V und u01 , . . . , u0p ∈ V . Es
sei U der von u1 , . . . , up erzeugte Untervektorraum von V und U 0 der von
u01 , . . . , u0p erzeugte Untervektorraum von V . Dann gilt:
U = U 0 ⇐⇒ ∃λ ∈ K ∗ mit u1 ∧ . . . ∧ up = λ(u01 ∧ . . . ∧ u0p )
Beweis.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
110
17 Multilineare Algebra
=⇒“ Sei U = U 0 . Dann ist uj =
”
Es folgt
u1 ∧ . . . ∧ up =
Pp
i=1
p
X
aij u0i für j = 1, . . . , p mit aij ∈ K.
ai1 1 · · · aip p (u0i1 ∧ . . . ∧ u0ip )
i1 ,...,ip =1
Nach 17.5 fallen die Summanden weg, bei denen die i1 , . . . , ip nicht
alle verschieden sind. Wir können also annehmen, dass (i1 , . . . , ip )
eine Permutation von (1, . . . , p) ist. Durch Vertauschen der u0ij folgt
nach 17.5, dass
u0i1 ∧ . . . ∧ u0ip = ε(u01 ∧ . . . ∧ u0p )
mit ε = ±1 gilt. Es folgt
u1 ∧ . . . ∧ up = λ(u01 ∧ . . . ∧ u0p ),
wobei λ sich als Summe über die εai1 1 · · · aip p ergibt.
⇐=“ Es ist
”
u1 ∧ . . . ∧ up ∧ u0i = λ(u01 ∧ . . . ∧ u0p ∧ xu0i ) = ~0 ∀i = 1, . . . , p
17.5
Es sind also u1 , . . . , up , u0i linear abhängig für alle i = 1, . . . , p nach
17.6, d.h. es gibt Linearkombinationen
λ1i u1 + . . . + λpi up + µi u0i = ~0 mit λij , µi ∈ K
in denen jeweils nicht alle Koeffizienten 0 sind. Da u1 , . . . , up linear
unabhängig sind nach Voraussetzung, ist µi 6= 0 für i = 1, . . . , p. Es
ist also u0i ∈ U für alle i und somit U 0 ⊂ U . Da u1 , . . . , up linear
unabhängig sind und u1 ∧ . . . ∧ up = λ(u01 ∧ . . . ∧ u0p ) ist, folgt nach
17.6, dass u01 , . . . , u0p linear unabhängig sind. Also U 0 = U .
17.8
Die äußere Potenz Λp (V )
n
Teilmengen mit p Elementen
Sei M := {1, . . . , n} . Dann hat M genau
p
(p 6 n).
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
17.9 Fortsetzungssatz
111
Definition Sei Λp (V ) der Untervektorraum von Λ(V ), der von allen eR
mit R ⊂ M und |R| = p erzeugt wird. Man nennt Λp (V ) die p-te äußere
Potenz von V .
Bemerkung.
Ist {e1 , . . . , en } eine Basis von V , so ist {ei1 ∧ . . . ∧ eip | i1 < i2 < . . . < ip }
n
p
p
.
eine Basis von Λ (V ), und es ist dimK Λ (V ) =
p
Beispiel.
4!
n
Sei n = 4 und p = 2. Dann ist
=
= 6 und
2!· (4 − 2)!
p
{e1 ∧ e2 , e1 ∧ e3 , e1 ∧ e4 , e2 ∧ e3 , e2 ∧ e4 , e3 ∧ e4 }
ist eine Basis von Λ2 (V ).
Bemerkung.
Ist {e1 , . . . , en } eine Basis von V , so gelten
• dimK Λ0 (V ) = 1, und e∅ ist eine Basis von Λ0 (V )
• Λ1 (V ) = V , und {e1 , . . . , en } ist eine Basis von Λ1 (V )
• dimK Λn (V ) = 1, und {e1 ∧ . . . ∧ en } ist eine Basis von Λn (V )
• Es ist Λ(V ) = Λ0 (V ) + Λ1 (V ) + . . . + Λn (V ) als K-Vektorraum
• Wir setzen Λm (V ) = 0 für m > n
Man kann zeigen, dass die Konstruktion von Λp (V ) unabhängig von der
Wahl der Basis von V ist.
17.9
Fortsetzungssatz
Satz.
Seien V, W endlich-dimensionale K-Vektorräume, und sei f : V −→ W
eine K-lineare Abbildung. Dann gibt es genau einen K-Algebrahomomorphismus f : Λ(V ) −→ Λ(W ), der f fortsetzt, d.h. f (v) = f (v) für alle
v ∈V.
Außerdem gilt f (Λp (V )) ⊆ Λp (W ).
• f (x + y) = f (x) + f (y)
• f (x ∧ y) = f (x) ∧ f (y)
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
112
17 Multilineare Algebra
• f (e∅ ) = 1Λ(W )
für alle x, y ∈ Λ(V )
Zum Beweis. Sei {e1 , . . . , en } eine Basis von V und sei R = {i1 , . . . , ip }
eine Teilmenge von M = {1, . . . , n} mit i1 < . . . < ip 6 n. Dann bilden die
eR = ei1 ∧ . . . ∧ eip zusammen mit e∅ eine Basis von Λ(V ). Durch
f (e∅ ) = 1Λ(W ) und f (eR ) = f (ei1 ) ∧ . . . ∧ f (eip )
wird eine K-lineare Abbildung f : Λ(V ) −→ Λ(W ) erklärt, die f fortsetzt.
Man zeigt nun, dass f ein K-Algebrahomomorphismus ist, und die übrigen
Behauptungen.
17.10
Die Determinante
Sei V ein K-Vektorraum mit Basis {e1 , . . . , en }, dann ist {e1 ∧ . . . ∧ en }
eine Basis des 1-dimensionalen K-Vektorraums Λn (V ). Sei f : V −→ V eine
K-lineare Abbildung. Nach 17.9 gibt es dann ein wohlbestimmtes Element
det(f ) ∈ K so, dass für f : Λn (V ) −→ Λn (V ) gilt
f (e1 ∧ . . . ∧ en ) = det(f ) e1 ∧ . . . ∧ en
Für beliebige Vektoren v1 , . . . , vn ∈ V ist v1 ∧ . . . ∧ vn ∈ Λn (V ) und es ist
f (v1 ∧ . . . ∧ vn ) = f (v1 ) ∧ . . . ∧ f (vn ). Also
det(f )v1 ∧ . . . ∧ vn = f (v1 ) ∧ . . . ∧ f (vn )
Es ist det(f ) die Determinante von f .
Satz (Multiplikationssatz).
Für f, g ∈ EndK (V ) gilt det(f ◦ g) = det f · det g.
Beweis. Es ist
det(f ◦ g)(e1 ∧ . . . ∧ en ) = (f ◦ g)e1 ∧ . . . ∧ (f ◦ g)en
= f (g(e1 )) ∧ . . . ∧ f (g(en ))
= det f · (g(e1 ) ∧ . . . ∧ g(en ))
= det f · det g· (e1 ∧ . . . ∧ en )
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
Abbildungsverzeichnis
113
Abbildungsverzeichnis
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Endliche affine Ebene . . .
Gleichseitiges Dreieck . . .
−−→
v = PQ . . . . . . . . . . .
Spiegel- und Drehsymmetrie
Gerade durch ~0 . . . . . . .
Drei parallele Geraden . . .
Zentralprojektion . . . . . .
Endliche projektive Ebene .
Endliche affine Ebene . . .
Vektorprodukt . . . . . . .
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Literatur
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[2] Artin, Emil: Analytische Geometrie und Algebra I, II. Vorlesungen
an der Universität Hamburg, 1960/61. Teil I ausgearbeitet von H.
Behncke und W. Hansen, Teil II ausgearbeitet von H. Kiendl und W.
Hansen.
[3] Artin, Michael: Algebra. Birkhäuser, 1998.
[4] Artmann, Benno: Lineare Algebra. Birkhäuser Skripten, 1991.
[5] Beutelspacher, Albrecht: Lineare Algebra. vieweg, 1998.
[6] Beutelspacher, Albrecht; Ute Rosenbaum: Projektive Geometrie. vieweg, 1992.
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[8] Dieck, Tammo tom: Lineare Algebra. Mathematisches Institut der
Universität Göttingen, 1995.
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[19] Stuhler, Ulrich: Analytische Geometrie und Lineare Algebra II.
Mathematisches Institut der Universität Göttingen, 1999.
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
Index
Abstand, 32
Abzählformel, 20
affine Abbildung, 79
affine Ebene, 99
affiner Raum, 27, 78
An (K), 28
affiner Unterraum, 78
affiner Unterraum von V , 78
Affinität, 79
Aktion, 27
Algebra, 26
alternierende Bilinearform, 58
anisotroper Raum, 62
Äquivalenzrelation, 10
äußere Algebra, 108
äußere Multiplikation, 107
äußere Potenz, 111
Bahn, 28
Bahnformel, 29
Bewegung, 33
Bewegungsgruppe
von R2 , 37
Bilinearform, 48
Determinante, 112
Diedergruppe Dn , 43
Dimension
von P(V ), 84
Dimensionssatz, 87
Doppelverhältnis, 93
Dreibein, 106
Dualitätsprinzip, 102
Dualitätssatz, 54
Ebene, 79
Einheitssphäre S 2 , 43
Ellipse, 34
euklidischer Raum, 32
Fahne, 73
Faktorgruppe, 24
Faktorraum, 12
Fixpunkt, 42
G-Menge, 27
Gerade, 79
Grassmann-Algebra, 108
Gruppenhomomorphismus, 17, 18
Gruppenordnung, 14
Hauptraum, 72
Hauptsatz der projektiven
Geometrie, 96
homogene Koordinaten, 85
Homogenisierung, 85, 90
Homomorphiesatz, 25
Homomorphismus von Gruppen, 17
Hyperbel, 34
hyperbolische Ebene, 57, 65
hyperbolisches Paar, 57
Hyperebene, 79
Ikosaedergruppe, 43
Index, 20
Isometrie, 59
Isomorphismus
von Gruppen, 17
isotroper Vektor, 57
Isotropieindex, 65
Jordankästchen, 69
Jordansche Normalform, 69, 76
K-Algebra, 26
Kegelschnitt, 34
Kleinsche Vierergruppe, 14, 22
Kollineation, 89
komplementäre Teilräume, 52
Koordinatensystem, 81
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
Index
117
linear abhängig, 109
Linksnebenklasse, 19
Lösungsmenge, 79
metrischer Raum, 32
Minkowski-Raum, 65
Möbiustransformation, 92
nicht ausgeartet, 51
nicht ausgearteter projektiver
Raum, 99
nilpotente Matrix, 75
nilpotenter Endomorphismus, 73
Normalform eines Kegelschnitts, 34
Normalteiler, 23
Operation, 27
Ordnung
einer Gruppe, 14
einer Untergruppe, 21
eines Elementes, 20, 21
orientierungserhaltend, 36
orientierungsumkehrend, 36
Orthogonalbasis, 61
orthogonale Summe, 51
orthogonale Geometrie, 66
orthogonale Gruppe O(R), 24
orthogonale Vektoren, 50
Ortsvektor, 28, 78
Parabel, 34
Parallelogramm, 106
Permutationsgruppe, 13
Pol, 43
projektiv äquivalent, 90
projektive Basis, 92
projektive Ebene, 98
projektive Gerade, 86, 87
projektive Hyperebene, 87
projektiver Abschluss von An (K),
89
projektiver Raum, 99
projektiver Raum P(V ), 84
projektiver Raum Pn (K), 84
projektiver Unterraum, 87
Projektivität, 89
Punkt, 79
Quadrik, 36
Quaternionengruppe, 16
Quotientenvektorraum, 12
Radikal von V , 51
regulär, 51
regulärer symplektischer Raum, 58
Richtung, 78
Ring, 26
Satz von Cayley-Hamilton, 70
Satz von Desargues, 97
Satz von Lagrange, 21
Satz von Pappos, 97
schiefsymmetrische Bilinearform, 49
schiefsymmetrische Matrix, 49, 60
Schnittpunktsatz, 88
Schwerpunkt, 41
Signatur, 65, 66
SLn (K), 23
spezielle orthogonale Gruppe, 24
Spur einer Matrix, 67
Stabilisator, 28
Symmetrie, 40
Symmetriegruppe, 40
symmetrische Bilinearform, 48, 60
symmetrische Gruppe, 13
symplektische Bilinearform, 58
symplektischer Raum, 58, 59
synthetischer Aufbau, 97
Tetraedergruppe, 43
Trägheitssatz von Sylvester, 63
Trägheitsindex, 65
transitive Operation, 78
Translation, 33
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
118
Index
unendlich ferner Punkt, 86
Untergruppe, 15
Untervektorraum, 109
Verbindungsraum, 87
Vektorprodukt, 104
verallgemeinerter Eigenraum, 72
Zentralprojektion, 95
zyklische Gruppe, 22, 23, 42
Würfelgruppe, 43
Analytische Geometrie und Lineare Algebra II, Universität Göttingen 2006
Ina Kersten
Dieser Universitätsdruck ist die Fortsetzung des 2005 erschienenen Titels „Analytische Geometrie und Lineare Algebra
1“. Er wendet sich an Studierende des zweiten Semesters, die
einen Studienabschluss in Mathematik, Physik oder in einem
Zwei-Fächer-Bachelorstudiengang mit Mathematik als einem
der beiden Fächer anstreben. Es werden einige Grundbegriffe
der Algebra bereitgestellt, und es wird in die affine und projektive Geometrie eingeführt.
Analytische Geometrie und
Lineare Algebra 2
Ina Kersten Analytische Geometrie und Lineare Algebra 2
LATEX-Bearbeitung von Stefan Wiedmann
ISBN 3-938616-44-X
Universitätsdrucke Göttingen
Universitätsdrucke Göttingen
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