Dr. Thomas Götzer Sommersemester 2017 Anand Sawant, PhD 12. Juli 2017 Höhere Algebra – Übungsblatt 11 Aufgabe 1 (Jacobsonradikal) Sei A ⊆ B eine ganze Ringerweiterung und sei J A bzw. JB das Jacobsonradikal von A bzw. B. Zeigen Sie: J A = JB ∩ A. Lösungsskizze: Nach Definition ist JB der Schnitt über alle maximalen Ideale von B. Nach Korollar 11.14a) ist dann allerdings für jedes maximale Ideal n ⊂ B der Rückzug m = n ∩ A auch ein maximales Ideal. Andererseits liegt über jedem maximalen Ideal m von A nach Proposition 11.15 (Lying-Over) ein Primideal n ⊂ B, das wieder nach Korollar 11.14 sogar maximal ist. Das zeigt nun {n ∩ A | n ∈ Specmax ( B)} = Specmax ( A) und folglich ∩m∈Specmax ( A) m = ∩n∈Specmax (B) n ∩ A. Hinweis: Es wurde ein Tippfehler im Index des letzten Schnitts ausgebessert; dort wurde ein m durch ein n ersetzt. Aufgabe 2 (Berechnung des ganzen Abschlusses) √ Sei n ∈ Z quadratfrei, An = Z [ n] und Cn der ganze Abschluss von An im Quotientenkörper von An . Zeigen Sie, dass ( √ Z [ 12 + 12 n], falls n ≡ 1(mod4) Cn = An , sonst. Lösungsskizze: Wir berechnen erst den ganzen Abschluss Bn von Z im Quotientenkör√ per Q ( n) von An und zeigen dann Cn = Bn . √ i) Da n quadratfrei ist, ist ganz offensichtlich n 6∈ Q; gleichzeitig ist T 2 − n ∈ Q [ T ] √ √ ein Polynom mit Nullstelle n. Damit ist Q ( n)/Q galoissch vom Grad 2 mit √ √ √ nichttrivialem Automorphismus σ mit σ( n) = − n. Ist a = α + β n ∈ Bn , so ist auch σ(a) ganz über Z, und damit sind die Koeffizienten des Minimalpolynoms µa = (T − a)(T − σ(a)) gleichzeitig rational und ganz über Z, also ganze Zahlen. Konkret ist µa = T 2 − 2αT + α2 − nβ2 , und damit müssen A := 2α und α2 − nβ2 ganze Zahlen sein. Insbesondere ist dann mit B := 2β auch nB2 eine 2 ganze Zahl. Schreibt man nun 2β als vollständig gekürzten Bruch rs , so n rs2 = k, also nr2 = ks2 für ein k ∈ Z; ist nun p ein Primfaktor von s, so teilt das Quadrat p2 das Produkt nr2 . rs ist aber vollständig gekürzt, also teilt p2 den Faktor n. Aus der Quadratfreiheit von n folgt nun, dass s keine solchen Primfaktoren enthalten kann, es gilt also B ∈ Z. Aber damit α2 − nβ2 = 41 ( A2 − nB2 ) eine ganze Zahl sein kann, mus A2 ≡ nB2 mod (4) gelten. Die einzigen Quadrate modulo 4 sind aber 0 und 1. Aus der Quadratfreiheit von n folgt offensichtlich n 6≡ 0 mod (4) und es gilt zwei Fälle zu unterscheiden: Ist n ≡ 2, 3, so muss B2 ≡ 0 sein, also auch A2 ≡ 0, und damit sind A, B gerade und √ α, β ganze Zahlen, d.h. a ∈ Z [ n] = An . Im Fall n ≡ 1 folgt A2 ≡ B2 , was bedeutet, dass A und B entweder beide gerade oder beide ungerade sind. Im ersten Fall folgt a ∈ An , im zweiten immerhin noch √ a ∈ Z [(1 + n)/2]. en mit In beiden Fällen ist also Bn ⊆ A ( √ Z [ n] = An , falls n ≡ 2 oder 3, en := √ A 1+ n Z [ 2 ] ⊇ An , falls n ≡ 1. √ en . Das ist im Fall n ≡ 2, 3 trivial (denn n ist ganz ii) Zeigen wir nun Bn ⊇ A über Z mit Ganzheitsgleichung T 2 − n). Im Fall n ≡ 1 sehen wir zuerst ein, dass √ (1 + n)/2 offensichtlich Nullstelle des Polynoms (2T − 1)2 − n, aber dieses nicht normiert ist. Normieren wir es mit Gewalt, so erhalten wir das Polynom 1−n 1 [(2T − 1)2 − n] = T 2 − T + , 4 4 und dieses hat tatsächlich ganzzahlige Koeffizienten! iii) Nun zeigen wir noch Bn = Cn : natürlich ist Bn ⊆ Cn . Aber Cn ist nach Definition ganz über An , und da An selbst ganz über Z ist (das haben wir in ii) gezeigt), folgt nach der Transitivität der Ganzheit, dass Cn ganz über Z ist, d.h. Cn ⊆ Bn . Aufgabe 3 (Ganzheit und Lokalisierung) Sei k ein Körper mit char(k) = 0 und seien A = k[ x2 − 1] ⊆ B = k[ x ]. Betrachten Sie die maximalen Ideale n = ( x − 1) ⊆ B und m = nc = A ∩ n ⊆ A und zeigen Sie: i) B ist ganz über A. ii) Bn ist nicht ganz über Am (Betrachten Sie hierzu 1/( x + 1)). Lösungsskizze: i) Zunächst bemerken wir A = k[ x2 ]; B wird somit als A-Algebra von x erzeugt, und x ist Nullstelle des Polynoms T 2 − x2 ∈ A[ T ], also ganz. Damit ist B ganz über A. ii) Wir arbeiten sogar allgemeiner: sei char(k) 6= 2, sei 0 6= a ∈ k beliebig und na = ( x − a) ⊆ B das zugehörige maximale Ideal. Setze ma := na ∩ A. 1. Es gilt ma = ( x2 − a2 ): Dabei ist ⊇ vollkommen harmlos, denn x2 − a2 liegt in A und ist (in B) ein Vielfaches von x − a. Ist andererseits f = ∑in=0 ai xi ∈ ma , so gilt zum einen ai = 0 für i ungerade und zum anderen ( x − a) | f (in B). Aus der ersten Aussage folgt dann aber, dass auch − a Nullstelle von f ist, also gilt ( x + a) | f und schließlich x2 − a2 | f , was ⊆ zeigt. 2. Für das Element g := 1/( x + a) ∈ k( x ) gilt: ist g Nullstelle eines Polynoms f (t) = ∑in=0 hi ti ∈ A[t] (beachte hn ∈ k[ x2 ]), so gilt hn ∈ ma . Denn aus 0 = ∑in=0 hi gi folgt 0 = ∑in=0 hi ( x + a)n−i in A[ x ], und durch Einsetzen von x = − a folgt hn (a2 ) = 0, also hn ∈ ( x2 − a2 ). 3. g liegt in Bna und ist nicht ganz über Ama . Für die erste Aussage muss man nur x + a 6∈ na zeigen, und das ist klar, falls a 6= − a, also a 6= 0 und char(k) 6= 2. Für die zweite bemerken wir: eine Ganzheitsgleichung von g über Ama könnte man durch Elimination der Nenner zu einer Gleichung für g machen, deren Leitkoeffizient nicht in ma liegt. Das kann aber nach 2. nicht sein. Aufgabe 4 (Primideale und ganze Erweiterungen) Sei A ⊆ B eine ganze Ringerweiterung, wobei B als A-Modul endlich erzeugt ist, und p ⊂ A ein Primideal. Zeigen Sie: Es gibt nur endliche viele Primideale in B, die über p liegen. Mögliche Herangehensweise: Rechtfertigen Sie zuerst, dass man auch die lokale Situation Ap ⊆ Bp betrachten kann. Schätzen Sie dann die Anzahl maximaler Ideale in Bp , die pBp enthalten, durch die Anzahl maximaler Ideale in Bp /pBp ab. Hierbei hilft es zu zeigen, dass Bp /pBp eine affine Ap /pAp -Algebra ist. Lösungsskizze: Wir betrachten die lokale Situation, d.h. Ap ⊆ Bp ; diese Erweiterung ist nach Lemma 11.9 wieder ganz. Es ist dann Ap ein lokaler Ring mit maximalem Ideal pAp . Die push-forwards der Primideale P in B, die über p liegen, sind nach Proposition 10.14 auch wieder Primideale in Bp und allesamt verschieden. Genauer entsprechen sie genau den Primidealen in Bp , die über pAp liegen. Nach Korollar 11.14 sind diese Ideal alle maximal, da sie über dem maximalen Ideal pAp liegen. Diese Ideale enthalten folglich auch die Menge pBp . Jetzt gibt es aber die bijektive und ordnungserhaltende Korrespondenz zwischen Primidealen in Bp , die pBp enthalten, und den Primidealen in Bp /pBp . Insbesondere gilt: Gibt es in Bp /pBp nur endlich viele maximale Ideale, so gibt es auch nur endlich viele maximale Ideale in Bp , die pBp enthalten. Es ist nun B als AModul endlich erzeugt; das gleiche gilt für Bp als Ap -Modul (einfach durch Einsetzen prüfen: sind b1 , . . . , bn erzeugen von B als A-Modul, so sind b1 /1, . . . , bn /1 Erzeuger von Bp als Ap -Modul). Der Homomorphismus Ap → Bp → Bp /pBp faktorisiert offensichtlich über Ap /pAp , also hat Bp /pBp die Struktur eines Ap /pAp -Moduls. Letzteres ist ein Körper, also ist Bp /pBp eine affine Ap /pAp -Algebra. Nach Blatt 8, Aufgabe 2 hat Bp /pBp schließlich endliches Maximalspektrum, was die Behauptung zeigt. Diese Lösungen erheben nicht den Anspruch darauf vollständig zu sein. Insbesondere stellen sie keine Musterlösung dar, auf die ein Korrektor volle Punktezahl geben würde.