Wissenschaftliche Nachrlchten Herausgegeben vom Bundesministerium fur Bildung, Wissenschaft und Kultur Nr.118 Marz/ April 2002 Polarlicht (Aurora borealis) Elektrisch geladene Teilchen des Sonnenwindes dringen urn die magnetischen Pole der Erde in die Atmosphare ein. 1m Spektrum dominieren die "verbotenen" Linien des atomaren Sauerstoffs Cgrun und rot) und die Linien des molekularen Stickstoffs Cblau und violett). Zukunft • Bildung • Kultur ~IUC Inhalt Grundwissenschaftliche Probleme · m ... , J. Ich hab die Wahrheit ... . . . .. . .... . . . .. . . " 3 Biologie, Geowissenschaften Struktur- und Stoffflussanalyse zur okologischen Bilanzierung einer Gemeinde am Beispiel der historischen und aktuellen Situation von Altenberg bei Linz .................... . . .. . ...... . 9 Chemie Chemie-Nobelpreistrager Max Perutz starb in Cambridge an einem Krebsleiden .. . .... .. . Die Mineraliensammlung des Naturhistorischen Museums in Wien .. . .. . ..... . . .. . . ... . . . Carl Auer von Welsbach - Das Lebenswerk eines osterreichischen Genies ... . . . ..... . .... .. . Kurznachrichen .. ... ... . .... .... . ...... . . 15 . 16 . 18 . 21 Mathematik Mathematik in neuen Handen . . .... . .. . . . . . . 23 Nachruf auf Professor Leopold Vietoris . . . . . . . . . 23 Axiome cler Mengenlehre unci mathematische Praxis . . . . . ... .. .. . . .. . . .. . .. . .. . .. . .. . 24 Es giht unencllich viele Primzahlen . ... . .. ... . 30 Quadratische Drillinge . .. . ... . . . . . . .. . . . . .. 34 Aufgaben. . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . ... .. 36 Physik, Astronomie Enrstehung und Begriffe fur Gezeiten . . ........ 41 Wirtschafts- und Sozialgeogra phie Wirtschaftsinformationen Nelles zur Fachdidaktik Geographie . . . . . . . . . . . 8 Steuern und Furclerungen als Standortfa ktoren ... 45 profil-Interview mit Rene 'iegl ............... 50 l3uchbespre hungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 51 2 IMPRESSUM: nWissenschaftl iche Nachrichten", Fortbildungsorgan des Bundesministeriums fiir Bildung, Wissensdlaft und Kultur fiir AJ-IS- unci l3I-1S-Lehrer. Erscheint dreimal jiihrlich, im Miif7J Apnl , Julil August und November/ Dczember. l\ledieninhaber (Verleger) und Herausgehcr: Bundesministerilll11 fUr Bildung, Wb~ens<..h a ft und Kuhur. 1010 Wien . Minoritenplatz 5 Rcdaktion: Dr Chnstian Wolny. BRG KancllgJ ~~c W . 1070 Wicn IIcr~t e ll cr: Ueberreuler Print und Digimcdl <l Gmbll. 2 100 Korneuburg. Incluslrieslra Be I . Teldon 02262 ' 1'19 D.IS Informallonsblall _Wbscm.clmliltche NJchrk hten" c rs<..hci nt im .lull AuguM , im November Dezember und im Miio / April. Es "ird ( Eri . des IlM UK vom 11'1 II 1%5. Z 120 7 12fV14,1/65) den w"t:incligen ~c hulbe hordcn CI.<;R bzw. ~S R) , den Dirc ktio ncn cler allgemeinbildendcn und der hcmf"bildcndcn hoheren Schulcn Oslcrreicll " , weIche It1 den gcnannten Schlli katcgorien Philosophie, Mathematik, lin naturwissenschaftlichen Fach, Geographie und Wirtschaftskunde IIt11crrichtcn. I.ur ko"ten loM:n Vcnclillng 7m Verfilgllng ge~tdlt Wi. ' CnM'h.lltltche N.ld l ridllen . M :ir/~ p ril ,W Ol GRUNDWISSENSCHAFTUCHE PROBLEME Mag. Dr. Robert Hofstetter Ich hab die Wahrheit Disput liber die Wahrheit zwischen DI Dr. Karl POllgracz (P), Physikel; und Prof Mag. Dr. Walter Weiss (W), Philosoph Alisgangspunkt derfolgenden, ilberdas Mediul1I des Internet via E-Mails ge/i1/111el1 Dialoges war ein Al1ikel in den" Wissenschaftlichen Nachrici1ten", den Prqf Mag. Erwin Kohalltllnd Prof Mag . Dr Walter Weiss liber "Parap~ychologie lind Natllrwissenschaft" veIT5jfentlicht haben (W. N. 117; NovemberlDezember 2001, Seitel13-8). DI Dr. Karl Pongracz, mit beiden befreundet, hat via Internet den AI1ikei sowohllobend als auch kritisierend kommentiel1, was in dem vorliegenden Di~Pllt mit Walter \\7eiss gipfelte. P.: Flir meinen Geschmack ist der Artikel i.iher Parapsychologie und Naturwissenschaft etwas zu wenig bissig. reh hane in Anlehnung an Ken Wilber gesagt: Die Naturwissenschaft befagt sich mit Mef~barem und den GrunclkrMten. Sie weig jecloch nidus von cler Kmft cler Liebe oeler des Hasses, nichts von cler Kraft cler Hoffnung oder cler Verzweiflung (die etwa einen Stefan Zweig in den Selbstmord trieb - die Naturwissenschaft befagt sich gar nicht mit der Welt, sondern mit einem Teil der Welt. Sie postuliert die Existenz dieser Welt, von der sie aber nur einen (geringen) Teil sieht (unci das verzerrt). Des Pudels Kern ist meines Erachtens die Grenzliberschreitung. Die naturwissenschaftliche Methode ist eine hervorragende Methode, um zu Erkenntnis zu gelangen. Manche sagen auch "Wahrheit", aber auf die Frage des Pilatus, was Wahrheit sei, hat schon Christus nicht geantwortet; ich tue 's auch nicht. W.: reh schon. Die "absolute Wahrheit" ist jene, die die Moglichkeit zur Negation (= zur Falschheit) ausschlieBt: sie ist transrational , weil sie das Sein schlechthin umfagt - weil es das Nidus ja nicht "geben" kann, da das Nichts yom Sein oder Seiend-Sein explizit ausgeschlossen ist. Wir landen daher beim: Ens et unum, pulchmm, bonum, verum convertuntur. Wahr ist also das Sein - und damit alles Seiende, da ja das Sein nur seiend "ist" (und es ja kein yom Seienden abgelostes Sein - also ein quasi im Nachhinein realisiertes oder konkretisiertes - gibt; das ware ja die beri.ihmt-beruchtigte Verdoppelung der Welt in ein Dies- und ein Jenseits ... ). Also ist die Natur als Summe alles Seienden (=Konkretisierten) wahr (und natlirlich auch gut und schon unci eins usw). Wir haben tatsiichlich stets nur subjektive (oder bestenfalls: "intersubjektive Wahrheiten - egal jetzt, ob es sich urn Naturwissenschaft oder Religion handelt, also um Diesseitsreligion oder Jenseitsideologie. Wahrheiten sind immer gemacht! P.: 1m Gegensatz dazu glaube ich, dag es Wahrheiten unabhangig von uns gibt! Die naturwissenschaftliche Methode Iiefert intersubjektive Erk nntnis - nicht mehr, U ) Wi ·scn:.chafrfiche Nachrichten . Mar7J Aprii 2002 aber auch nicht weniger! Sie gibt Wahrheit, wenn man es so haben will, doch immer eine Teilwahrheit. Die Teilwahrheit ist sichtbar, meBbar, berechenbar. Das ist vie I. Doch clie ganze Wahrheit ist unsichtbar .. . W.: Aber denkbar! P.: ... unmeBbar .. . W.: Natlirlich! P.: ... unberechenbar (in des Wortes doppelter Bedeutung). W.: Na klar! P.: Aber sie existiert. W.: Naja: Es "existiert" nur materiell Seiendes, alles andere "gibt es "nur". Alles, was ohne Alternative ist, ist wahr - also unsere gesamte Welt (siehe oben). Teilaspekte davon sind meBbar (Naturwissenschaft), andere Aspekte sind nur denk- oder (irgendwie jedenfalls) "erfahrbar" (jetzt z. B. durch mich oder uns, wenn Du verstehst, was ich meine ... ) P.: Die Wahrheit ist nicht mit einerbestimmten Methode erkennbar, wenn liberhaupt. W.: Doch: Mit cler Methode des die Vernunft (grenz-) liberscheitenden Denkens. Da sincl wir (hoffentlich) fast gleicher Meinung - -P.: Jeclenfalls ist ein Teil der ganzen Wahrheit nic/tt mit der wissenschaftlichen Methode erkennbar (siehe Edclingtons Netz). W.: Teil ist immer nur im Rahm n cler Vernunft sinnvall (also im Rahmen der Naturwissenschaft); die erkennt meinetwegen nur einen .,Teil" cler ganzen Wahrhe it - der verbleibende "Rest" ist aber kein "Teil", sondern umfagt immer ALLES! P. : Somit haben wir zwei gleichberechtigte Wege: clie wissenschaftliche und die, nennen wir sie so, "philosophische" Methode. W.: Nein: Der Weg der Naturwissenschaft hat iml1ler Nac/Jrang. Nur wissen die dart clas nicht! P.: Die Bezeichnung . Philosophie" ist so schlecht nicht, clenn Weisheit ist auch oft akausal. W.: Nein: Weisheit ist immerakausal, weil Kausalitat eine Kategorie des - verni.inftigen - Denkens ist, Weisheit aber die Vernunft transzendiert (und damit auch die Kausalitat!). P.: Darin liegt die Grenzi.iberschreitung: Wenn die Wissenschaft behauptet, clie Teilwahrheit sei die ganze Wahrheit ... W.: Das ist keine Grenzi.iberschreitung, das ist Prapotenz! P.: ... wenn die Wissenschaft behauptet, die andere Wahrheit, die unsichthare undunberechenhare, gibt es i.iberhaupt nicht ... U 3 W.: Das ist eine noch groBere AnmaBung und findet seinen Ausdmck z. B. im Denken des Stephen Hawking! P.: ... odeI' wenn die andere Seite, die philosoph ische, behauptet, ihre Teilwahrheit sei die ganze Wahrheit! W.: WeI' sonst, als die Philosophie hatte die ganze Wahrheit? Ansonsten gibt es eben nul' bewuBte Teilwahrheiten. Das Sein (odeI' allesSeiende, die Natur, die Welt, das Universum odeI' aile Multiversa) is sind abel' alternatlvlos wahr. BewuBtseinsabhangig sind natiirlich aile bewuBtseinsabhangigen Ordnungen (das ist kein Pleonasmus!) - abel' die "reine" (=absolute?) Wahrhe it ist alternativlos und ergo bewuBtseinsunabhangig (weil es das Wesen von BewuBtsein ist, negieren zu miissen-das ist ja auch das "Charisma" des Luzifer, des "Leuchtentragers" im Mythos: daB die Negation aus bzw. von Gott selbst abfallt bzw. stammt - als Negation namlich! Woher kame sie sonst auch, wenn es nul' das (odeI' "den") EINE(N) gibt? P. : Da ist einiges schlampig odeI' unscharf gedachtvon mil' schlampig, von Dir unscharf. W.: Nein, diesmal nicht! P.: Trotzdem, lieber Walter, jetzt abel' zur "absoluten Wahrheit" etwas langeI' - und scharfer - gedacht: Du behauptest, die absolute Wahrheit exisliere nicht. Korrekt. Was Du uber die absolute Wahrheit sagst, stimmt vollstandig, wenn man "Wahrheit" durch "Sein" ersetzt. In del' Philosophie wird del' Wahrheitsbegriff aber zumeist pradikativ als Bestimmung von rteilen, Aussagen oder Satzen verwendet, manchmal auch in bezug auf mentale Akte und Zustande. Von der pradikativen Verwendung des Wahrheitsbegriffes ist die attributive unci die substantive Verwendung zu unterscheiden. In einem attributivem Gebrauch ist gemeint, daB ein Ereignis oder Ding echt, wirklich oder gut ist. W.: Richtig' das alles entspricht meinen relativen Wahrheiten. Diese sind also im engeren Sinn gar keine "Wahrheiten", sondern nur richtige oder falsche Aussagen - oder Bewertungen; und die hal:>en mit Wahrheit liberhaupt nichts zu tun, sondern sind stets nur subjektive Urteile und sonM nichts. P.: Haufig liegt diesem Begriff von Wahrheit aber die Vorstellung zugmnde, daB es flir jecles Ding eine ideale Gestalt gabe unci daB ein Ding um so "wahrer" werde, je naher es cliesem Ideal kommt. W.: Das ist naturlich gmndfalsch, denn ein Ideal hat mit - relativer! - Wahrheit nichts zu tun; auBerdem bnn man "wahl''' nicht steigern: entweder entspricht etwas dem flir wahr Gehaltenen (sic!) oder nicht. Wenn nein, clann ist es el:>en nicht wahl', aber nicht notwendigerweise falsch. Nur ist die Aussage: "Dies entspricht dem fiir wahr Gehaltenen" eben dann falsch, wenn diese Entsprechung nicht besteht. Was sollte hier steigerbar sein? Und Ideale sincl ja auch nichts ancleres, als bloBe Projektionen von etwas flir vollkommen Gehaltenen ocler Angestrebten - und ersteres gibt es in unserer Welt gar nicht, unci angestrebtes Vollkommenes (welch semantischer Widersinn!) ist eben nur in seiner Unvollkommenheit real , weil aile Konkretionen von Iclealen von diesen "meilenweit" entfernt sind und ihnen bestenfalls im .,Gemeinten" t = in ihrem Wesen) entsprechen (auch "Ahbild" genannt). 4 P.: In den Wahrheitstheorien wird zumeist der pradikative Gebrauch untersucht. W.: So soBte es zumindest sein. P.: Um den Begritf "absolute Wahrheit" richtig zu verstehen, muB man bedenken, daB diesel' Terminus mehrere Bedeutungen hat: 1. Absolute Wahrheit ist absolutes Wissen iiber die Wirklichkeit insgesamt, d. h. liber die ganze Welt ... W.: Genau das ist die absolute Wahrheit nicht! P.: .,. und 2. Absolute Wahrheit ist jener Teil cler relativen Wahrheiten, der erhalten bleibt und im ProzeB der Erkenntnisentwicklung anwachst ... W. : Wo hast Du denn das her? !c.h weiB, von irgendeinem Neunmalklugen; abel' das beeindmckt mich nicht. Diesel' Satz ist fiir mich vollig konfus. Wie kann etwas "Absolutes" (das nicht einmal ein Etwas ist!) "von etwas" (also von einem Konkreten) "ein Teil" (also etwas Realisiertes!) sein? Wie kann Absolutes "anwachsen"? Seltsam, daB Dir so was von clen Lippen kommt ... P.: .. . Lichtenl:>erg sa gte, die Wahrheit sei die Asymptote der Forschung und 3. ist absolutes Wissen endgiiltiges Wissen uber einige bestimmte Aspekte der Wirklichkeit ... W.: Der Begriff "absolutes Wissen" ist genauso bescheuert wie der cles viereckigen Kreises. Unci endgliltiges Wissen kann es nie geben, weil Wissen immer Stiickwerk, weil Wissen subjektiv oder bestenfalls intersubjektiv) ist. Abel' was ist das schon im Vergleich zum Absoluten? (Was immer das auch nun wieder sein mag - aber wir verwenden den Begriff dafi.ir immerhin!) P.: ... weiters 4. Die absolute Wahrheit umfaBt gewisse unwiderlegbare Resultate der Erkenntnis liber einzelne Seiten untersuchter Objekte ocler Klassen von Objekten in Form von KonstatienlOgen unci Beschreibungen. W.: Absolut nein. Die absolute Wahrheit ist - so wie Du sie hier verstehst - eine Schimare. Wie ich sie verstehe, ist sie alles, was ist. P. : Aile diese Bedeutungen stehen miteinander in Zusammenhang. abel' nur in cler ersten Becleutung ist die absolute Wahrheit ers('hopfencles, allgemeines, absolutes Wissen. W.: Auch wenn Du Dich wiederholst, bleibt es falsch! P.: Eng verwanclt mit dem Begriff del' absoluten Wahrheit ist cler Begriff cler objektiven Wahrheit. W.: Eng? Es gibt nichts Widersprlichlicheres! P.: Mit clem Begriff cler absoluten unci cler objektiven Wahrheit ist auch der Begriff del' "aeternae veritates", cler ewigen Wahrheiten eng verwandt. W.: Irgendwie mag ich solche scholastischen I3egriffe nicht .. . ewig ist die absolute Wahrheit natlirlich: aber nul' cleshalb, weil sie nichts Enclliches (also etwa Wissen) ist (genauso wie Gott "ewig" sein muB, weil er sich ja sonst verandern mi.iBte. Unci da sei ja bekanntlich Gott selbst vol' ... ). P.: Diesel' Begriff, der in metaphysischen oder religiosen Schriften verwendet wird, geht davon aus, claB jecle Wahrheit ewig sein muB, d. h. unveranderlich flir aile Zeiten und unter allen Beclingungen. W.: Eben! P.: Wenn sich die Wahrheit spater andert, so das Argument, bedeutet <.las, daB clas, was man als Wahrheit angenommen hatte, keine Wahrheit ist. W.: Irgenclwie schli.issig und logisch. Der Haken liegt Wi sse n~ch :tftliche Nachrichtcn M:il7) April 2002 nur darin, daB relative Wahrheiten (und nur von solchen ist es sinnvoll zu sprechen) eben nichts anderes sind als DafUrhaltungen im Hier und Jetzt. lst das Hier und Jetzt vorbei, ist auch die Wahrheit perdu. So einfach ist das - und so wenig spektakular. Es gibt nichts Wandelbareres, als sogenannte (nattirlich: relative!) Wahrheiten. Deine Wahrheiten sind tiberhaupt nichts Bestiindiges - genausowenig wie Naturgesetze und Theorien - sie andern sich so rasch wie 's Wetter ... P.: Russell stellt drei Forderungen auf, denen seiner Meinung nach jede Theorie der Wahrheit gentigen muB: 1. Es muB Falschheit geben konnen. W. : Wie recht er doch damit hat! P.: ... 2. Wahrheit und Falschheit sind Eigenschaften von Glaubenstiberzeugungen oder Aussagen. W.: Ein Genie, dieser Russell! P.: ... 3. Die Wahrheit oder Falschheit hangt immer von etwas ab, das jenseits des Glaubens Iiegt. W.: Na endlich! Das ist auch der Unterschied zwischen "absoluter" und "relativer" Wahrheit. Glauben bedarf keiner lntersubjektivitat - da bist Du wie Gott und niemandem Rechenschaft schuldig. Konfessionen geben's da schon billiger - unci Parteien noch mehr. P.: Russell vertritt bei der Wahrheit eine Korrespondenz mit Fakten. W.: Sagte ich nicht schon, daB dieser Mann einer cler Gro(:;ten war? P.: Damit Falschheit moglich ist, clarf das, womit der wahre Glaube libereinstimmt, nicht ein einzelnes Objekt sein. W.: Na sag ich nicht immer, daB Gott keinen Bart hat? P.: Der Glaube ist nach Russell ein Verhaltnis zwischen dem BewuBlsein und einem Faktum ... W.: Tja, das sagte ich schon oben: Was jemand fUr ein Faktum halt, kann ihm niemand ausreden, wenn er es sich nicht ausreden lassen will. Gottgleich eben! P.: ... d. h. einem Komplex miteinander in Beziehung stehender Objekte. W.: Das mit den Objekten wertet die Aussage Russells etwas abj aber bitte, vielleichr hast Du ihn nur unvollstandig zitiert ... P.: Ein Glaube isr wahr, wenn er mit dem assoziierenden Komplex, d. h. dem korrespondierenden Faktum, libereinstimmt, sonst ist er falsch. W.: Naja, jetzt stimmt's wiederj da kommen ja auch keine "Objekte" mehr vor ... nur mit dem Unterschiecl, daB ein Glaube gar nicht falsch sein kann. Denn wer sagr, clar:; ein Glaubensfaktum mit einem liberprOtbaren Faktum iclentisch sein muB? Russell offenbar nicht (zuminclest in dem von Dir Zitierten nicht). Wie ist clas mit dem Faklllm der Gottessohnschaft Christi? Frag mal einen Juden ... Und komm mir jetzt bloB nicht mit dem "Faktum" des Photons oder Gravitons ... da sind mir ja Engelsflligellieber, da hab ich was davon ... P.: Heureka! W.: Ebenfalls: Heureka, aber mit Einschrankungen P. : Wahrheit steht also immer im Gegensatz zur Nicht-Wahrheit, ansonsten ist der Begriff sinnlos. W.: Hoppla, zieh kein Kaninchen aus der Tasche! "Relative" Wahrheiten mlissen tatsachlich immer im Gegensatz zu Nicht-Wahrheiten stehen. Aber fUr die absolute Wahrheit gilt das nicht. Sie ist ja auch "sinnlos" in der Bedeutung von "durch die Sinne nicht e rfahrbar". Wissen~dJ;lltliche N:lchrich[C'n . f-1iif7J April 2002 Oder willst Du allen Ernstes behaupten, daB der Begriff ALL-ElNES "Sinn" macht? Logisch ist er ein Widerspruch und philosophisch DIE (=absolute) Wahrheit. Aber Sinn? P.: Wenn es absolute Wahrheit gibt, ist sie absolutes Wissen ... W.: Nein, nein und nochmals nein. Den ganzen Computerschirm voller Neins ... P.: ... also alles Wissen liber alles Existierende (nicht tiber das Seiende! - wir wollen aber keine Diskussion liber clen Begriff des Wissens anfangen, oder?). W.: ein hoch unendlich. Aber offenbar soli ten wir tatsachlich auch eine Diskussion tiber den Begriff des Wissens anfangen! P.: Dieses absolute Wissen ist ein Fluchtpunkt, wie die Parallelen, die einander nie berOhren. Man sagt, sie berOhren einander im Unendlichen (und meint: niemals). W.: Mach's kurzer und einfacher: Es gibt kein absolutes Wissen! Es gibt auch keinen absoluten Aschenbecher! P.: Das alles meinst Du aber nicht. W.: Eben. P.: Du meinst die reine, absolute Wahrheit, die alternativlos lind bewuBtseinsunabhangig ist (Deine Worte). W.: Dreimal ja! P.: Du meinst das TAO. W.:Ja. P.: Wenn aber Wahrheit nur sinnvoll ist, wenn es auch Falschheit gibt ... W.: lch wiederhole mich: Du vermengst andauernd relative Wahrheiten (also Quantitaten) mit absoluter Wahrheit (= deI'Qualit~it). Nur fUr die unendlich vielen relativen Wahrheiten gilt dieser Dein obiger Satz! P.: ... dann hat sich das TAO beim Begriff der Wahrhe it bereits (in Yin und Yang) gespalten. W.: Das ist gut! Das ist sogar sehr gut! Weil es das Nichts nicht geben kann, muB die Negation "von" anderswo her. Natliriich! So muB man es sehen. lst wirklich toll , was Du da denkst! ImJuden- und Christentllm heiBt dies liberdies "Sturz des Luzifer"j da muB ja auch die Negation (=das Bose) von irgendwo (also vom ALLEINEN!) her - also aus sich selbst hera us - emanieren: die Geburt des Widerspruchs aus sich selbst! P.: Es ist dies jedoch eine der fundamentalen oder ausgezeichneten Spaltungen ocler "Verklumpungen" des Kontinuums, wie ich's einmal gesagt habe), in einem Atemzug zu nennen mit Gut und Bose, Freiheit und Abhangigkeit, Schonheit und HaBlichkeit. W.: Also fundamental ist diese Splittung allemal! Die WidersprOche Gut unci Bose, Freiheit unci Abhangigkeit sind allerdings nur relative im Vergleich zur fundamentalen Antinomie. Da geh ich durchaus noch mit: Yin unci Yang als Form, und alles andere als stoffliche Flillung clieser Polaritiit. Anders konnte ich Dir nicht folgen. P.: Das TAO ist mitnichten schon oder gut oder wahr. W.: Naja. Das gibt Brasel: schon, gut unci wahr ist es in clem Sinn, als das Schone, Gute lind Wahre (unci Eine), clas Sein abo, keine Alternative haben bzw. hat. Schon wiecler vermengst Dli absolut und relativ. Absolut gesehen ist das TAO schon, gut, wahr - und eins. Relativ gesehen natlirlich nicht. Aber relativ sehen kann 5 man das TAO ja gar nicht. Es ist ja nichts Relatives und nichts Einzelnes. Was meinst Du mit Deiner Aussage also? P.: Das TAO ist nicht einmal eins. W.: Na, was denn sonst? P.: Das TAO ist nicht einmal das TAO. W.: Du spaltest ja nicht nur Haare, sondern sogar das TAO! P.: DAS TAO - 1ST! W.: Und zwar als Seiendes. Aber naturlich niemals als TAO! Konnten wir uns darauf einigen? Dann ist das TAO narurlich nicht "das TAO" (wei! es ja keinen Namen als Nicht-Einzelnes haben kannO, sondern bloBes Sein. Und da "bloBes" Sein ja nicht als "bloBes Sein" sein kann (da hatten wir ja die al tatsachlich realisiert gedachte Verdoppelung der Welt der Religionen!), 111UjS es (also das TAO) als die Vielzahl alles Seienden sein. Dann stimmt wieder a lies - und ich hoffe, Du hast es so gemeint ... P.: "Triffst du Buddha unterwegs, tote Buddha!" W.: Naturlich! Wie sollte ich Buddha (oder Gott, oder das TAO, oder die Welt, oder die Menschheit etc.) "treffen" konnen? Treffen kann ich immer nur konkretisiertes Einzelnes. Du suchst ja Gott auch nicht mit der Taschenlampe, oder? P.: Diese besondere Stellung des Begriffes Wahrheit legt es nahe, daB man hochst vorsichtig damit umgeht. W.: Ich komm mir jetzt vor wie die Tante jolesch: Nona! P.: Was ist Wahrheit? Bevor Du mich fragtest, wuBte ich es. W.: Ich weiB es auch nachher. P.: Die ganze Wahrheit, sagst Du, ist denkbar? W.: Denkbar, denkbar! Naturlich! Aber nur als dieser Satz, den Du schreibst oder sprichst naturlich. Dabei aber stets ohne konkrete Inhalte - oder eben alles inkludierend; aber das geht ja gedanklich gar nicht! Denkbar ist "die ganze Wahrheit" also nur als Begriff dessen, was mit ihm gemeint ist. Genauso, wie fUr mich Gott, wenn ich "ihn" denke, immer nur aus den Buchstaben G und 0 und T und T besteht. Ais jesus oder Mann mit Bart oder Dreieck mit Aug in der Mitte stell ich "ihn" mir schon Hingst nicht mehr vor ... P.: ja, die ganze Wahrheit ist denkbar! Doch nur als Abstraktum, wie die unmoglichen Bilder E.'ichers. W.:ja, jetzt sagst Du das gleiche, wie ich eben oben. P.: !eh kann mir einen Damon denken, c1er alles weiB, was man wissen kann; das fiillt mir gar nicht schwer. W. : Mir schon; ich glaub namlich nicht an Damonen. P.: Aber das TAO kann ich nicht denken. W.: Doch: als T und A und 0 ... P.: Wir konnen nur Teiledes Ganzen erkennen. W.: Erkennen kannst Du Deine Frau, wenn Du bibelfest bist ... oder sonst was real Existierendes. Aber sonst nichts. P.: Das TAO ist. W.: Du wiederholst Dich. P.: Es existiert llicht. W.: Wie recht Du doch ha1>t! P.: Es gibt Wahrheit. W.: ja, viele relative Wahrheiten. Zuviele davon! P.: Des einen Wahrheit ist c1es anderen Falschheit. W.: Sic Haider und Gusenbauer ... 6 P.: Wahrheiten und Falschheiten sind nicht einmal zwei Seiten einer Munze, sie sind diesel be Seite! W.: Nun, ich mochte nicht mit jedem auf einer MOnze aufscheinen! P.: Eine herrliche Metapher Wit mir da ein: Das Gedicht (von Schiller?), in dem ein Kunstler Christus malen mochte. Er sucht lange in del' Menge nach dem treffenden Gesicht. Dann findet er es. UnObertrefflich, das ist Christus! Er malt das Gesicht. Dann will er Luzifer malen. Er sucht lange in der Menge nach dem treffenden Gesicht. Dann findet er es. Unubertreftlich, das ist Luzifer! Er malt den Teufel. Und erst jetzt bemerkt er, daB er c1enselben Menschen, dasselbe Gesicht gemalt hat. W.: Ein schaner Vergleich. P.: !eh meine nicht, alles sei nun beliebig, bei Gott nicht. W.: Dagegen wiirde ich mich auch verwehren! P.: Wahrheit erkennt man. W.: Nein. Man konstruiert sie (sich). P.: Wahrheit kann man von Falschheit unterscheiden. W.: Aber stets nur subjektiv. Und wenn jemand dazu zu Feige ist, braucht er eben lntersubjektivitiit! P.: Abel' es kommt auf den Kontext an. W.: !eh bin ein gltihender Anhanger der Korrespondenztheorie. Alles andere ist Schaum! Allerdings erfahrt die Korrespondenztheorie eine Steigerung durch die Konsenstheorie. P.: Und letztlich kann clas Gegenteil einer graBen Wahrheit auch eine groBe Wahrheit sein (siehe Niels Bohr) ... W.: Abel' naturlich! Relativitatstheorie versus Quantenmechanik! Simmering gegen Ottakring! Karl gegen Walter! P.: Die "ganze Wahrheit" Itat niemand - auch nicht die Philosophie. W.: Doch. Aber mit dem haben hast Du nati.irlich recht. Ich kenne sie, ich weifisie, ich hab sie erkanntund doch stimmen aile diese Worte nicht. Also machen wir Nagel mit Kopfen: Was die Wahrheit anbelangt, bin ich sicher. P.: Die Quantenwirklichkeit ist wahr. W.: Wenn man an sie glaubt. P.: Sie ist aber nicht die ganze Wahrheit ... W.: Nati.irlich nicht; siehe Relativitatstheorie! P.: ... und die meisten Physiker geben das freimlitig zu. W.: Tja, wir gehen schonen Zeiten entgegen: Immel' mehr Physiker verstehen, auch philosophisch zu denken! P.: Sie ist eine Teilwahrheit. W.: Klar doch. P.: Aber del' verbleibende Rest (von dem wiederum einen Teil zum Beispiel die eben nicht in quantenphysikalische Aspekte faBbare Wahrheit bildet, daB ich mit einem gewissen Walter Weiss gerne Streitgespriiche fUhre) ist auch nicht die ganze Wahrheit. W.: Aber eine andere relative. P.: Niemand Itatdie ganze Wahrheit ... W.: Ich sagte schon: Ich "hab" sie! P.: ... nicht die Wissenschaft, W.: Na , die schon gar nicht! P.: .. . nicht die Philosophie .. . W.: Die schon eher! Wissenschaftlichc Nachrichten M:irz/ April 2002 P.: ... nicht St. Polten ... W.: Hehe ., . P.: . .. nicht Moskau oderWashington. Sogardie Ewige Philosophie ist verganglich . .. W.: Deren Wahrheiten aber nkht! P.: ... denn wenn es keine Menschen gibt, gibt es auch keine Philosophie ... W.: Logo! P.: ... und die Wahrhe iten, die sie erkennen konnte, verhungern mangels Erkennendem. W. : So ist das auch mit der Gravitation. Was machte die, wenn es keine Steine gabe, die herunterfielen? P.: Aber das TAO ist! W.: Absolut. Und wahr. Also die absolute Wahrheit. Siehst Du, jetzt hast auch Du sie gedacht! Also "hast" auch Du sie!Jetzt sind wir schon zwei! P.: lch mache Dir ein Angebot: Vielleicht konnen wir uns darauf einigen, daB die Philosophie zwar nicht die ganze Wahrheit hal, aber die ganze Wahrheit umjafil. W.: lch laB ja mit mir reden. Aber ich "hab" sie, davon geh ich nicht nlOter! Und Du ,hast" sie seit Deinem letzten Satz auch! Heureka! P.: Der Unterschied ist ahnlich wie beim TAO. Das TAO isl nicht irgend etwas ... W. : Sagte ich bereits! P.: .. . aber es lImjaftl alles. W.: Nein: es isl alles! P.: Alles ist aus dem TAO, aber das TAO selbst ist .. , (Schweigen, Zeigefinger nach oben) W.: lch erhebe auch meinen Zeigefinger. Vielleicht sind wir gellleinsam stiirker? (Schweigen, Zeigefinger nach oben) P.: KOlllmen wir noch zur Weisheit. Du sagtest: "Weisheit ist immer akausal, weil Kausalit~it eine Kategorie des - vernlinftigen - Denkens ist, Weisheit aber die Vernunft transzendiert (und damit auch die Kausalitat!)." Das ist nicht ganz richtig. W.: Doch. P.: "Die Weisen sind immer auch klug und zugleich Illehr als elas. " Insofern die Weisen klug sind, ist Weisheit kausal. W.: Klug sein , heiSt - ich nehm mal an , daB Du es so meinst! - liber viele relative (und intersubjektive!) Wahrheiten zu verfligen ; insofern ist da natt.irlich Kausalitat mit drinnen. P. : Insofern die Weisen aber "zugleich mehr als das" sind unci die Klugheit, den Verstand, die Vernunft transzendieren, insofern ist We isheit in der Tat akausal. W.: Tja, unci so hab ich 's verstanden gehabt. Danke flir Dein Entgegenkommen oder besser Verstehen. P.: Deshalb sagte kh , Weisheit sei {/lich akausal. W. : Delll kann ich beiptlichten. P.: Walter, lieber Freund, ich m6chte das hier nicht als klugen Kommentar verstehen. W. : Ais was sonst? K1ug und clamit kausal ist er allemal! P.: Da halte ich es lieber mit Marai. W.: nd schon wieder 1:0 fOr Dkh: lch kenne diesen Mann nicht! P.: Marai Sa nclor, vor kurzem erst neu entdeckt, wird auch cler ungarische Thomas Mann genannt. Seine Bli- Wi.~selb( h afl l ichc Nachrichlcn . lvliir7J April 2002 cher sind ziemliche Renner. Er schrieb in einem Bancl namens "Krauterfibel" liber Klugheit und Weisheit. Und weil's so schon paBt, zitiere ich ihn noch schnell: "Kluge Menschen haben mich immer gelangweilt, ermliclet ... Sie beobachteten mich mit schmalen, wachsamen Augen, wie cler Jager clas Wild ... , ob ich liberhaupt klug genug bin, daB sie, die Gescheiten, sich mit mir auf ein Gesprach einlassen .. ." W.: Irgenclwie erinnert mich clas an clie Schlange unci clas Kaninchen. P. : "... und ich lernte von ihnen nichts Grundlegencles. Meistens haben sie nur erklart, warum etwas nicht gut sei, clas Leben, das Werk des Menschen, der Fruhling oder der Herbst. Doch sie haben nie gesagt, daB das Leben auch gut sei, der Tocl natlirlich unci cler Mensch nicht ganz hoffnungslos .. ." W. : Also, clas sagt der Marai Sandor. P.: "K1ugheit ist nicht Weisheit." W. : Der Marai hat Dich halt nicht gekannt; sonst hatt er nicht so brutal polarisiert ... P.: "Klugheit ist Fertigkeit, nervliche und verstanclesmaBige Behendigkeit." W.: Marai muB Dich vor seinem geistigen Auge gehabt haben! P.: "Weisheit hingegen ist Wahrheit, Fligung, Verzeihung, Unvoreingenommenheit unci Einverstandnis." W.: Auch daflir muBt Du ihm Pate gestanden haben! P.: "Kluge Leute sincl nie weise, dazu sind sie vie! zu erregt - als waren sie standig tnlOken von ihrer eigenen K1ugheit ... " W.: Tja, Du bist eben auch von einem Marai nicht zu beschreiben, Du sprengst aile Kategorien! P.: , ... doch die Weisen sind immer auch klug unci zugleich mehr als das, denn sie wollen nichts beweisen. ~ W.: Also dahin mochte ich noch . P.: "Meide die Gesellschaft der K1ugen." W.: Das ist klar. P.: .. Sie werclen d ich nur aufregen unclletztlich beleidigen." W.:Jaja. P.: ..Suche die Nahe cler Weisen." W.: Wenn das so leicht war! P.: "Mit Klugen kann man reden." W.: Noch reden wir! P. : .. Mit Weisen kann man schweigen." W.: Wollen wir zwei clas wirklich? P.: Vielleicht, lieber Walter, schweigen wir auch ein wenig miteinander? Das TAO moge Dir jeclenfalls ein langes Leben bescheren ... W.: Danke, ich kann's brauchen. [ch hab noch soviel zu den ken . .. P.: ... damit wir noch moglichst lange "streiten" konnen W.: Wiir sehr, sehr schon! P.: Waren wir immer derselben Meinung, ware das cloch fad! W.: Schon. P.: Dann also: Liebe GruBe, Karl. W.: The same to you , Walter! 7 Zur Wirtschafts- und Sozialgeographie NEUES ZUR FACHDIDAKTIK GEOGRAPHIE (und Wirtschaftskunde) • Seit Beginn dieses Jahres wurden am http://gw.eduhLat dem wichtigsten schulgeographischen Intemetportal Osterreichs einige wichtige Verbesserungen vorgenommen. Ein von Kollegen Mag. Alphons KOLLER (ZIP/Linz) erweitertes Team arbeitet verstarkt am steten Ausbau der W\fV\N-Seiten: Am Beginn sehen Sie nun immer eine laufend, jede Woche aktualisierte Einstiegsseite mit ausgewahlten neuen Webtipps. Ausgebaut wurde femer der Bereich "DIDAKTIK". Hier findet man neben einigen neuen Einstiegswebsits, z. B. unter "Didaktik-Artikel" einen Beitrag zur Behandlung des "Kem- und Erweiterungsbereichs im Lehrplan 20001 AHSUnterstufe", unter "Onlinelemen" eine vielfciltige Einstiegsseite zu ,,virtuellen Schulbucherganzungen und zu Methoden des Web-teachings" , zu "Laptopklassen" und neuerdies auch einen Link zu .einigen downloadbaren Vorlagen fUr eine einfache eigene Gestaltung von Klassen-Webseiten (die man auch mit einfachen Kenntnissen von "Word" ohne besondere html-Kenntnisse fUlien und als virtuellen Einstieg nutzen kann!) Herausgestrichen soli damit auch werden, dass der Einsatz des Intemets im Unterricht neue methodische Herausforderungen an uns stellt zu deren Bewaltigung wir gerade Ober den gw-eduhi hier verstarkt Impulse finden konnen! 1m Bereich "Regionales" wurde verstarkt Material fUr sie herausgesucht (z. B. Ober Russland, China oder IsraelI Nahost u. a. m.). GERADE IN ZEITEN, IN DENEN VERLAGE BEGINNEN, IHRE ZUNACHST FREI ZUGANGLICHEN WEBANGEBOTE - KOMMERZIELL ZWAR VERSTANDLICH - SCHRITTWEISE AUF KOSTENPFLICHT UMZUSTELLEN, SOLLTEN WIR DIESE "FREIEN" MOGLICHKEITEN VERSTARKT NUTZEN bzw. AUS DEREN MATERIALANGEBOTEN EIGENE (SCHULINTERNE) KLASSENSEITEN ZUSAMMENZUSTELLEN KONNEN ! • NEU am gw.eduhLat wird im Sinne einer ONLlNE-ZEITSCHRIFT unter "Medien" nun auch ein verstarktes Augenmerk auf Rezensionen gelegt, sei es zu neu erschienenen BOchem, als auch zum vielfciltigen Zeitschriftenangebot (und natOrlich auch wie bisher schon - zu Rezensionen von Software!) NEU wollen wir auch den Bereich "FORUM" bel eben. Hier wird eine virtuelle Diskussionsplattform fUr aile am Geographie(unterricht) Beteiligten angeboten. Wir glauben, damit auch auf die laufende Lehrplandiskussion zu reagieren, die bisher ja immer eher zufcillig, nur unter Teilnahme der Kolleglnnen in den zufcillig ausgewahlten Versuchsschulen, und immer viel zu spat und auch nur punktuell in den ARGEs abgelaufen ist (vgl. hier die zu spat erst und ex post laut gewordenen Kritik Ober die "Oberfallsartige EinfUhrung" des neuen Unterrichtsgegenstandes "Geschichte und Politische Bildung" in den beiden letzten AHS-Klassen). Ansatzpunkte sind jetzt konkret die - auch am gw.eduhi immer problemlos publizierten - ENTWORFE fUr die neuen Lehrplane an kaufmannischen Schulen, und sobald das Ministerium sein Schweigen gelOftet haben wird, die zur neuen AHS-Oberstufe! Bei beiden Bereichen, glaube ich, ware eine viel breitere Diskussion der Fachdidaktiker und der Praktiker in den Klassen vonnoten - ein Diskussionsprozess, an dem nicht nur die Hand voll yom BM:BWK Ausgewahlten teilnehmen sollten bzw. dOrfen. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte Lehrplanentwicklung hatten gezeigt, dass nach Vorliegen der BegutachtungsentwOrfe nur mehr marginale Anderungen m6glich sind! Breitere ErfahrungshintergrOnde, dokumentiert in Diskussionen, wOrden in diesen Verordnungen starkere Resonanz bewirken bzw. manche FehlerlUngereimtheiten/Unklarheiten in den Formulierungen etc. ausraumen helfen. Diese Diskussionsplattform konnte/sollte aber auch andere Bereiche zur Sprache bringen, wie z. B. die Umsetzung der Erweiterungsbereiche, kritische und positive Argumente zu den angebotenen SchulbOchem, Ideen aus der praxis fUr die Umsetzung eines zeitgemaf3en Unterrichts in den yom Unterrichtsministerium forcierten LaptopKlassen etc. • Nicht zuletzt will gw-eduhi Ober seine Schiene "Geo-Kontakte" durch die Zusammenstellung aller z. Z. vorhandenen osterreichischen Fachdidaktikeinstiegsseiten - sei es die der ARGEs, Uni-Fachdidaktiklehrgange, Geo-Einstiegsseiten an Schulen etc. - die einfache und aktuelle Moglichkeit verstarken, sich zu informieren, "was andere Geographen in unserem Land so machen" - um neben einer starkeren Kommunikation untereinander auch dem Grundsatz des "Lemens voneinander", abseits der punktuellen Fortbildungsseminare und -tagungen zu fordem. NUTZEN SIE DIE MOGLICHKEIT DADURCH, DASS SIE UNS DERARTIGE ADRESSEN ZUR VERFOGUNG STELLEN! (Mail siehe auch unten.) • Hinweisen mochten wir hierorts auch auf den DEUTSCH EN SCHULGEOGRAPHENTAG 1m September In Wien, der yom Institut fUr Geographie und Regionalforschung organisiert wird. Dabei wird u. a. auch das Spezifikum der osterreichischen Variante eines "doppelpoligen Zentrierfaches GW" prasentiert werden. Neben den vielen Vortragen mochte ich besonders auf die Fachsitzungen zu Neuen Medien, zum bilingualen Unterricht und auf die reichhaltige Ausstellung hinweisen. Die Teilnahme wurde auf Erlassweg des BM:BWK geregelt, an die Landesschul rate weitergegeben und kann als Fortbildungsveranstaltung genehmigt werden! Mehr konnen Sie auf der dazu gestalteten Intemetseite www.schulgeographentag.at entnehmen. [email protected] 8 Wissenschaflliche Nachrichtcn . Mar?) April 2002 BIOLOGIE, GEOWISSENSCHAFTEN Prof. Mag. Leo Holemy Struktur- und Stoffflussanalyse zur okologischen Bilanzierung einer Gemeinde am Beispiel der historischen und aktuellen Situation von Altenberg bei Linz Zielllllayer D., Maier R. & PUI1Z W. Einleitung Seit ntnd 200 Jahren zeigt die Anthroposphare ein exponentielles Wachstum an Energie- und Materialumsatz. Erst eine Kombination aus neuer Gesellschaftspolitik, neuer Wirtschafts- und Bildungspolitik und technischen Innovationen ermoglicht es den Menschen, sich aus Abhangigkeiten der regionalen Beschrankungen zu losen und aktiv in den globalen Energie- und Stoffhaushalt einzugreifen (Baccini et al. 1993, Baccini & Bader 1996). Damit beeinflusst und beschleunigt er die urspriinglich regional im TrophiestufenKreislauf (Pflanze, Tier/ Mensch, Mikroorganismen) verschalteten Stoffe und Gilter und zwingt sie durch die weltweite Auslenkung in die regionale Linearitat. Ziel der vorliegenden Analyse ist es, die Eingriffe des Menschen in den Naturhaushalt der Gemeinde Altenberg bei Linz anhand c1er Darstellung von ausgewahlten Teilen cles Kohlenstoff- unci Stickstoffkreislaufes zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten -1831 sowie 1998 - darzustellen. Parallel clazu werden clie Rahmenbeclingungen Flachenstmktur, Bevolkemngsstmktur sowie Siedlungsstmktur untersucht und mit den Ergebnissen der Stoffflussanalyse verkmipft. Untersuchungsgebiet Das Gemeindegebiet Altenberg bei Linz Iiegt auf einem Auslaufer cles Milhlviertler Hochlandes gegen das Linzer Becken. Nach Osten fallt die Hochflache zum Gallneukirchner Becken, nach Westen zum Haselgraben und in Silclen zum Linzer Becken steil abo Die Gemeinde selbst besteht aus den drei Katastralgemeinden A1tenberg, Katzgraben und Oherbairing, die sich zwischen 300-800 m Seehohe befinden . Somit hat Altenberg sowohl Anteil an cler submontanen als auch an der montanen Hohenstufe. Das Altenberger Gemeindegebiet ist c1en Linzer Randbergen und damit cler Bohmischen Masse zuzuorclnen. Bestanclsbildend sind hier vor allem Granite Wi,sens haftliche Nachrichte n . MiirzlApril 2002 und Gneise, welche zu lehmigen Sanclboclen mit unterschiecllichem Stein- und Gmsgehalt verwittern. Haupts;ichlicher Bodentyp ist silikathattige Braunerde; an den Silclhangen sincl haufig trockene Sandboden anzutreffen. Bedingt clurch cliesen geologischen Aufl)au sind keine reichhaltigen Wasservorkommen vorhanden und mit mncl800-900 mm Niederschlag pro Jahr ist die Neubildung von Quell- unci Gmndwasser Iimitiert (Gemeindeamt Altenberg bei Linz 1995). Bis in clie Mitte der 50er Jahre war Altenberg ein landwirtschaftlich-bauerlich gepragter Ort mit einer annahernd konstanten Einwohnerzahl von 1.700 Personen; der Anteil der in der Lanclwirtschaft Beschaftigten betmg mnd 75% (Gemeincleamt Altenberg bei Linz, 1999). Heute milt clie Gemeinde in clie Kategorie cler GroBstadt-Umgebungsregionen unci zahlt mnd 4.000 Einwohner; 12,3% der erwerbstatigen Bevolkemng sincl in cler Land- unci Forstwirtschaft, 30% in der Inclustrie unci 5 ,2% im Dienstleistungssektor beschaftigt (OSTAT 199 ). Methodik Flir die Darstellung des Kohlenstoff- und Stickstoffkreislaufs wurcle die Methode der "Okosystemaren Stmktur- und Stoffflussanalyse" nach Maier et al. (1997) angewendet. Kernpunkt dieser Methode ist eine Gegenilberstellung cler ein- und ausgebrachten Energie und Stoffe in Verbindung mit einer raumlichen Stmkturanalyse cles ntersuchungsgebietes. Nach clem Bilanzprinzip muss ein formaler Ausgleich erreicht werden, da auf Gmncl des Massen- unci Energieerhaltungssatzes weder Masse noch Energie clurch physikalische oder chemische Vorgange zerstart oder geschatfen werclen konnen. Kann ein Stoff nicht wiecler in clen natilrlichen Kreislauf zuruckgefilhrt werclen, so erfolgt eine Akkumulation in Sen ken, wie Z. B. clem Boden, dem Gmndwasser ocler cler Atmosphare. Die Bilanzen mlissen auf eine riiumliche und zeitli· che Einhe it bezogen werden, urn eine Eincleutigkeit der 9 Darstellung sowie eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewahrleisten. (PlInz et al. 1996, Sukopp & Wittig 1998). Die Gemeinde A1tenberg bei Linz wurde daher in einer ersten Bewertung in unterschiedliche nutzungsspezifische Subsysteme auf Basis des Katasters (Franziszeischer Kataster - aktueller Kataster) zusammengefa sst. In einem nachsten Schritt wurde eine quantitative und qualitative Analyse ausgewahlter Prozesse und Gliter, welche flir Input und Output von Kohlenstoff und Stickstoff verantwortlich sind, durchgeflihrt. Die Berechnungen wurden unter Zuhilfenahme von Aggregationsmodellen durchgefi.ihrt; dabei wurden die unterschiedlichen Pools (Prozesse) mit ihrem Input und Output unter Verwendung von vorhandenem statist ischen Datenmaterial und Literaturdaten flir den jeweiligen Zeitschnitt ermittelt und auf das entsprechende FlachenausmaB des Subsystems bezogen. Parallel dazu wurde die zeitliche Entwicklung der Flachen-, Bev6lkenmgs- und Siedlungsstruktur auf Basis statistischer Daten sowie der Flachenausweise untersucht. Detaillierte Angaben zur Methodik samt tabellarischer Berechnung sind bei Ziehmayer (2000) zu finden. Strukturanalyse: Die Daten, auf welche sich die historische Stoffflussanalyse stlitzt, sind vorwiegend dem "Franziszeischen Kataster'; entnommen. Dort finclen sich die vermessenen Grundparzellen c1er einzelnen steuerpflichtigen Gemeinclen und zusatzlich ein Fragenkatalog (nmd 80 Fragen bezliglich der wirtschaftlichen Gegebenheiten der Gemeinde), c1en eine Kommission in jecler Katastralgemeinde ZlI bearbeiten hatte; dieser Fragenkatalog war einer der Gnmcllagen zur Festiegung der damaligen Steuer- und Abgabepflichten. Die Vermessungen in Ober6sterreich erfolgten in c1en Jahren 1824-1829, der Fragekatalog c1er Katastralgemeinden Altenberg, Oberbairing und Katzgmben wurcle 1831 erstellt bzw. fertiggestellt (Franziszeischer Kataster 1831a,b,c). .... . . ~orcrmncrung an bie etcucr~@cmcink .Bum ~~Uf(. bet Morjlr(>mtlm <!l.nm~mr~q~ e-~o."g _~ ml6rm :n.""" ~1III8m .,aad.,ttt. ~~ IDlIb )tbf.(;<mcWt lim- rm 14II~IrI~i41/lli4al 3ujLmb ,:,",OtIIIJItn. anb l'a6jmljlt. INIJ Nt <!ltmdnbt ill bltrer :&!f$lDJ I>erl4ofi~ an3ugcbm, ~t I lilln ~ n4c!1l1d}mbtn {ir4srG 4uiSmDIIIlIIm trorbln. = Nt 15CW1t11o.rhn:g titftr GOAtil rltlt lanbmirtQ(~flh. <:rf.~run.... !lor ~.t <!It.r~t Itju tiIIm 2111l1fc!lu6 t ... rtlllI«HJnr C116 trf4/)m1)lm <!lmntfo<flUtl'l In IDd. rlttill ~ rutrlr~Dm!<Ot, la lD~tII, ar.~ i9nm bit ilI'r!>tit ~ uMtrdgm. !i)a .ortlirlllDrnl~ 1·.,._fctJr, r. 30r 18tanllt'Crlllll~ t>rr 3r.9111 uM bit !!i!.Ilb .\ .IM 11l."*<f""bm Ctl}tlliqr ~rjhl(rfI.InN!1'1 ft'<Itf)tlll ~It ~u .tf)r liM M til ber (!)aunnbt fi'IJm1'nI 2B41~ !UfIrlJ~, "'IUJitf)<n. !i)tr 10 1N~lmbt !lu;<fll}ufi DUI~ IIII!I 0lid'ml 11!1 41!a1 ~III b<t eltu:r . 9tlllriabt luf4t11mm~tftVr IUrt/Im, tamll lin "dat old tit (limit nN aU(! mrf)rmm II'" n/TII .o,Ifd}.1f/m IIcfld)1 aud) CII 1a1~l\IirlfJi~ft!"t .. <n,~!rnl1f' tilltr ;tbtn fd)olfl ~ btm sanl'" UGlI.. n~: t>rr ~ (!)a:lt,nbt NrUd~~risrt _belt ~tbt rinJdnr iJradr ,,1 ""~ ~m .or! Ilrf"""'' ' ~t~lmloj'm b<t e""tfnbt ~f AU rot." gtloir..... mrJgm, nc(l oibtr Nr .nluftvtub< !!nhrorl I" b<ta~, unC birf<l6t !loft I gmdu IIIIC Crulli~ 114~ ;ebtr \lr.:jtal1JllfllJllL eclJlt fur dnl, ebtr bit anbm iJraol' M ilfa... 0141' ~lnrtI~ ,. Itt tin dsmtd l!>I.tt rinlall\ltll. ~.. e~ofl" btr It$1fll !!ImDort ~brn Olt llIa&fdlUfI', bod~,.... ... O,q.. ']1... lIItIf~ilrti!lJmg l>c9~f"" 10 Diese Protokolle Iiegen nur handschriftlich vor und unterliegen auf Grund ihres Alters besonderen Benutzungsbedingungenj sie dlirfen unter anclerem nicht kopiert werclen. Um eine genaue Aufarbeitung c1es Datenmaterials ZlI gewahrleisten, wllrcle ein Fotosatz der Aufzeichnungen angefertigt, dieser eingescannt und schlieBlich transkribiert. Die aktuellen Daten stammen einerseits aus statist ischen Erhebungen, Angaben ZlI Flachenerhebungen und chel11ischen Messungen sowie aus Literaturclaten. Flir die Stoffflussanalyse wurclen bevorzugt, soweit vorhanden, Daten flir das Jahr 1998 verwendet; falls kein derartiges Zahlenmaterial vorlag, wurde auf altere Daten ZlIrlickgegriffen. Zu berucksichtigen ist, daB sich die Flachenverhaltnisse der drei Katastralgemeinden Aitenberg, Katzgraben und Oberbairing im Vergleich 1831 zu 1998 verandert haben; die heutige Gemeinde Altenberg ist mit 3.616,67 ha um etwa 20% kleiner als im Jahr 1831 ( .535 ha). COrBilanz: FOr die Erstellung der CO 2-Bilanz wurcle die COr Abgabe durch Respiration der Mikroorganismen, Bodentiere, Nutztiere und c1er menschlichen Bev6lkerung, sowie durch Emissionen aus Haushalten, Industrie und Gewerbe einerseits del' pflanzlichen CO~­ Aufnahme andererseits gegeni.ibergestellt. FOr die Berechnung c1er CO 2-Menge, die von den Mikro- unci Boc1enorganismen abgegeben wircl, wurde c1eren C-Gehalt (Bick 1998: ca. 40%) mit clem Verhmtnis des Molekulargewichtes von CO 2:C (44:12) multipliziert. Flir die menschliche Atmungsaktivitat geben Baccini et al. (1993) ein Wert von 498,08 kg CO 2 pro Kopf unci Jahr an. Die C01-Procluktion der Nutztiere erfolgte auf Basis c1er Pro-Kopf-OrVerbrauchsweJte nach Keller (973), genauer Berechnungsansatz bei D6rflinger el al. (995). Die C01-Abgaben von Haushalt, Gewerbe unci Industrie sowie Verkehr wurclen l11ittels spezifischer Emissionsfaktoren berechnet (BMUJF 1995). Die CO 2-Fixierung, also die C-Aufnahme c1er Pflanzen, wurde Ober c1ie Nettoprimiirprocluktion kalkuliert (Datengrundlage bei Maier et al. 1997, ausfi.ihrliche tabellarische Darstellungen in Ziehmayer 2000). StickstoftbiIanz: Die Erstellung der Stickstoffl)i1anz beschrankt sich auf den Stickstoffkreislauf in c1er Lanclwirtschaft, cia sich hier die gr6Bten quantitativen Veriinc1enmgen (wie z.B. c1er Einsatz von MineraldOnger ergeben haben Cvgl. allch Gaube 2002. Flir c1iesen Bereich waren auch die genauesten historischen Daten verfi.igbar und somit eine Vergleichsmoglichkeit mit cler aktuellen Situation gegeben. FUr die Ermittiling der Bilanz wurden die nachfolgencl beschriebenen Inputund Output-Gr6Ben beri.icksichtigt: Diingung: FOr die Berechnung der Stickstoffmenge, die durch MineraldUngung in das System gelangt, wurc1e die Anbaufliiche der einzelnen Kultursorten (OSTAT 1997) mit clen jeweiligen Di.inge~l11pfehlungen (Bundesministerium flir Land- und Forstwirschaft 1996) flir Boden mit mittlerel11 Ertrag l11ultipliziert (detaillierte tabellarische Obersicht bei Ziehmayer 2000). Die Berechnung des WirtschaftsdUngeranfalls erfolgte auf Basis von GroBvieheinheiten (Bundesl11inisteriul11 fUr Lanclund Forstwirtschaft 1996) sowie dem jeweiligen c1urchschnittlichen Wirtschaftscllingeranfall pro Grogviehein- Wi~scnschaft\ichc Nadlrichtcn ' t\liirZl April 2002 heit entsprechend 60 kg feldfallendem Stick stoff pro Jahr (Maier et al. 1997, Geisler 1998). Slickslqroixierung: FLir die Berechnung der Stickstofffixienmg wurden den unterschiedlichen landwirtschaftlichen Subsystemen entsprechende Werte der Stickstofffixienmg zwischen 10-80 kg/ha zugewiesen (G6tz & Zethner 1996). Deposition aus del' Ll(ft: Die Kalkulation erfolgte nach Maier et al. (199 ,we1che flir ein historisches Okosystem einen atmospharischen Stickstoffeintrag von 5 kg/ ha annehmen , sowie nach G6tz & Zethner (1996), die fOr ein aktuelles System einen durchschnittlichen Stickstoffeintrag von 20 kg/ha ermittelten. Abfuhr mil dem Ernlegul: Die Stickstoffmengen, die dem System durch Ernte entzogen werden, wurden sowohl mittels Hochrechnung der durchschnittlichen Stickstoffgehalte cler einzelnen Kultursorten als auch clurch Zuordnung von spezifischen Stickstoff-Entzugskoeffizienten auf die einzelnen Subsysteme ermittelt (G6tz & Zethner 1996, Ostat 1997, cletaillierte tabellarische Dbersicht bei Ziehmayer 2000). Ammoniakveljliichligung: Diese errechnet sich aus der AmmoniakverflLichtigung pro Individuum der unterschiecllichen Nutztierarten, hochgerechnet auf den Gesamttierbestancl sowie dem natlirlichen NHr Veriust cles Boclens (0,2 kg N/ a; nach Daten von Braun et al. 1994, detaillierte tabellarische Dbersicht bei Ziehmayer 2000). Denilrijikatiol1sverlllsle: Nach Gotz & Zethner (1996) liegen c\iese bei 5 kg Stickstofflha landwirtschaftlicher Nutzmiche, WirtschaftsciLinger verlieren durch Denitrifikation nach clen gleichen Autoren 20% des Gesamtstickstoffgehaltes des DLingers. Die AltSLVClSchuI1g wurde nach G6tz & Zethner (1996) durch Multiplikation der landwirtschaftlichen Flache mit clem Mitte1wert der jahrlichen Auswaschung durch den Sickerwasserstom (51,76 kg N/ ha) berechnet. Obe~fliichel1C1bsc/llvel11mung: Von Prasuhn & Braun (1994) werden nutzungsspezifische Verlustkoeffizienten (Acker: 0,1 kg N/ ha, Wiesen: 0,4) angegeben, die mit den jeweiligen landwirtschaftlichen Subsystemen verknLipft werden. Nat{ir/iche und ClI1liJropogene Erosion: Zum Unterschied von der Oberflachenabschwemmung, durch we1che gel6ste N~ihrstoffe in Gewasser transportiert werden, handelt es sich hiebei um Boclenmaterialverluste. Die Berechnung erfolgte analog zu Prasuhn & Braun (1994), die fOr die natlirliche Erosion Werte zwischen 0,3 (Griin- unci Ackerland) und 2,5 (Weiden) kg N/ ha.a, und fi.ir die anthropogene Erosion Werte zwischen 0,2 (Kunstwiesen) und 1,2 (Griin- unci Ackerland) kg N/ ha.a angeben. so sind es heute nur mehr rund 12%; die verbleibende Bev61kerung ist im Industrie- und Gewerbesektor tatig oder penclelt 05% der Erwerbstatigen) taglich zu ihrer Arbeitsstatte in den GroBraum Linz. Das StraBennetz hat sich in clen letzten 40 Jahren nahezu verdoppelt; im Zusammenhang damit steht clie verstarkte Zersiecllung des Raumes (die Anzahl der Hauser stieg im Untersuchungszeitraum von 294 auf 1.156) und cler forcierte Einsatz von lanclwirtschaftlichen Maschinen (ausfOhrlicher hiezu Ziehmayer 2000). Diese Entwicklungen konnten nur durch eine Umstrukturierung des Kulturraumes erreicht werden, die sich einerseits in der Bereitstellung von Flachen fOr den StraBenbau, anclererseits aber auch in der Erleichtentng del' maschinellen Bewirtschaftung durch Homogenisierung von Flachen manifestiert. DemgegenLiber steht ein Verlust von kleinraumigen kulturlanclschaftlichen Elementen. Vor aHem unwirtschaftliche Kleinraume wie Ackerraine, Hutweiden und B6schungen wurden aufgegeben. Vergleicht man die Flachenstruktur Altenbergs von 1831 unci 1998 Abb. 1), so zeigt sich, daB sich im Bereich Land- unci Forstwirtschaft Verschiebungen zugunsten von landwirtschaftlichen Flachen ergeben haben. 1831 wurclen etwa 59% der Gesamtgemeindeflache lanclwirtschaftlich genutzt, wobei nmd 36% auf Acker (inklusive Acker mit Obstb~iumen und Garten) unci 23% auf Wiesen (inklusive Wiesen mit Obstbaumen und Hutweiden) entfielen. Knapp 170 Jahre spiiter sind 71% cler Flachen als landwirtschaftlicher Nutzflache ausgewiesen - mit einem Acker- unci Gartenanteil von 42% und einer Wiesennutzung von 29%. Diese Zunahme geht auf Kosten del' Walclflachen: 1831 waren 24% der Gemeindeflache von Niederwaldern und ntncl15% von Hochwaldern bedeckt, gegenw~irtig sind 25% der Flache in der Gemeinde Altenberg als Walcl ausgewiesen. Fliichenstrukturen 1831 kke,rnIt Wiesen mit Bauareat ObstbAumen-, 0 48%. O,SS,. Obstbaumon - 0._ Hutweidon 1.46% Wiesen 21,(18% GArten 0.43'lr. Veranderungen ergeben sich auch in der StrukturieSubsysteme im aktueUen System Altenberg GowAssar 0 ,10% B.oland r- 0.66% _so~;~. Ergebnisse und Diskussion Strukturanalyse 1m Zeitraum 1831-1998 kam es in Altenberg bei Linz ZlI einem Bev61kenmgsanstieg von rund 220%. Die urspriingliche Einwohneranzahl von ca. 1.700 wuchs auf etwa 4.000, wobei clieses Wachstum aber erst ab cler Mitte des 20. Jahrhunclerts einsetzte. Ein Ende clieses Anstiegs ist zur Zeit nicht absehbar. Waren 1950 noeh runcl 5% del' Bevi"ilkerung in del' Lanclwirtschaft tiitig, Wbsen~l.-h ;lftliche Naciuidllen . Marz April 2002 Wk!<en 29,33% Abbildllng J: FI~ichenMnlkturen cler Gemcinclc Ahcnberg bei Linz 1831 (oben) lind 1998 ( linten) 11 I rung der Kulturlandschaft. Waren 1831 noch insgesamt rund 66 ha Hutweiden, 28 ha Acker mit Obstbaumen und 25 ha Wiesen mit Obstbaumen ausgewiesen (Franziszeischer Kataster 1831a,b,c), welche einen Anteil von nmd 3% der Gesamtflache ausmachten, so sind nach der Bodennutzungserhebung von 1995 (OSTAT 1997) nur mehr 4 ha Hutweiden vorhanden. Der Raum Altenberg bei Linz hat sich damit von einer bauerlich gepragten Gemeinde in eine GroBstadt-Umgebungsgemeinde gewandelt. .Produktion" - offensichtlich eine Konsequenz des etwa verzehnfachten Pro-Kopf-Verbrauchs an Energie (Ziehmayer 2000). Rechnet man die Respiration der Nutztiere zur Anthroposphare, so hat diese 1831 einen Anteil an der Gesamtrespiration von 64%, imJahr 1998 aber von 93%! Dennoch gilt sowohl fUr die historische wie auch fUr die aktuelle Gemeinde Altenberg, daB die photosynthetische COz-Bindung durch die Vegetation urn ein Vielfaches hoher ist als die COr Freisetzung die Gemeinde bildet also einen "sink" fUr das "Treibhausgas" CO2 • COrBiIanz (Tab. 1) historisch t aktuell t 2'17 2.526 '1 .172 8'17 197 1.973 13.0;6 6';'11 Respimtion Mikroorganismen Respimtion Bodentiere Hespimtion Nutztiere Haushalte (ink!. menschliche Respiration) Gewerbe & Industrie Stickstoftbilanz (Tab. 2, Abb. 2) historisches System [kg) N Eintrag Verkehr Summelnput 7.792 74.877 74.877 67.085 Jiihrliche CO,-Fixienmg dureh NPP Summe Flxierung Bilanz 108.770 Minemldiinger 62.;26 Winschaftsdiinger 2.70'1 1.630 6.902 Verkehr mit landwinsch. NUl7iahrleugen aktuelles System [kg) N 12.;80 Deposition Stickstofffixientng 9'1.353 130.417 Summe Eintrag 33.003 88.073 88.073 55.070 299.950 '19.638 150.18; 608.53 Austrag Emteentzug Acker 28.971 23.331 511 '16.602 Emteentzug Wiesen AmmoniakverflOchtigung Boden Tabelle 1: Vereinfachte CO! - Bil anz der Gemeinde Altenberg bei Linz 1831 und 1998 Denitirifikalion 113.560 107. 1'16 496 82.2 10 Auswaschung 128.'16'1 ;;6 Obcrflachenabschwemmung Fur dasJahr 1831 betragt die COz-Abgabe durch das naturliche Okosystem (Mikrooorganismen und Bodentiere) 2.773 t, 1998 sind es 2.1 70 t. Gleichzeitig konnen 1831 durch das System wieder 74.877 t CO 2 fixiert werden 0998: 88.073 t). Die anthropogen venlrsachten Emissionen belaufen sich 1831 auf etwa 847 (mit NlItztieren: 5.019) t CO 2, 170 Jahre spater werden bereits 17.777 (mit NlItztieren: 30.833) t CO 2 freigesetzt. Bei der COz-Bilanz hat sich vor aHem der anthropogene Anteil betrachtlich verandert. W~ihrend von den 1831 pro Jahr emittierten 7.792 t CO 2 nur ein Zehntel aus menschlicher Tatigkeit (Haushalt) stammen, sind es im Jahr 1998 dagegen bereits 17.777 t CO2 aus anthropogenen QueHen, also die Halfte der gesamten CO 2- ;R; Erosion Summe Austrag 99.418 433.047 Tabelle 2: Stickstoftbilanz der Gemeindc Altenberg bei Linz 1831 und 1998 1831 betragt das VerhaItnis von Stickstoffeintrag zu Stickstoffaustrag der landwirtschaftlichen Nutztlachen 130. 17 kg zu99.418 kg. Das flirdasJahr 1998 ermittelte Input-Output-VerhaItnis von 608.543 kg zu 433.047 kg N bedeutet, daB heute der Eintrag den Austrag um nmd ein Drittel iibersteigt; die Gesamt-Stickstoffzufuhr pro Hektar landwirtschaftliche r Nutztlache hat sich somit von 40 kg auf 160 kg erhoht, mithin vervierfacht. Diese Stickstoffbilanz Iandwirtschaftlicher Nutzflacheo der Gemeinde Alteoberg bei Linz 1831 uod 1998 Atmosphare _________________________ J ! Deposition , , 12.580 49.638 , , : , , ,, , V:,;:'ii~~~~:k~g , ,, , 150.185 1 Mlneraldiinger keine Angaben 108.no ---'L Systomgrenzo Attenborg boi Un: • ,: Ernteenlzug Acker ' 28.971 ' 113.560 - -' ~ Subsystemklasse "Iandwirtschaftliche Nutzflache" Ausschwemmung keine Angaben 126.464 - - - - - - - - - - - - - - : 82.240 • Wirtschaftsdiinger 62.526 299.950 !- - -;'i~~ig-1------~;,,4i~6ri.;6kO:!:~ « 496 I : , - - - - - 514 r:::- Ernleenlzug Wiesen 23.331 107.146 -~ Erosion keine Angablln 585 Obarflllchenabschwemmung" keine Angaben" .. 556 -- - - - - - - - - \ - - - - - - - - - - - --' Grundwasser , J NIGh Maler of al. 1997 Abbilclung 2: Stickstofn)il:1Il7. cler Gemeincle Altenbcrg bei Linz (Angahen in kg) ; Werte fUr 1831 k/ll~h', fO r 199H felt 12 Wissenschatilic he N:tchrichtc n . l\Iii rtJAprii 2002 groBen mengenmaBigen Veranderungen in den letzten 170 Jahren sind vor allem auf die Faktoren Intensivierung und Mechanisierung der Landwirtschaft, Einsatz von Mineraldunger sowie Steigerung der in der Luft vorhandenen Schadstoffe (,Deposition"), welche sich seit 1831 vervierfacht haben, zurUckzufUhren. Eine positive Konsequenz aus dieser Entwicklung ist die Steigerung des landwirtschaftlichen Ertrags in A1tenberg von rund 815 kg/ha Getreide imJahr 1831 auf 3680 kg/ha im Jahr 1998. Allerdings ist mit diesem Oberangebot an Stickstoff, welcher nicht l11ehr vollstandig von den pflanzen l11etabolisiert werden kann, eine Reihe von nachteiligen okologischen Folgen fUr die Nachbarokosysteme wie Erhohung der Stickoxidemissionen, vermehrte Nitratauswaschung, Grundwasser- und Gewassereutrophienmg u. a. (dazu Geisler 1998) verbunden. Zusammenfassung Die Gel11einde A1tenberg bei Linz wurde mittels der okosystel11aren Struktur- und Stofftlussanalyse (fUr Teilbereiche des C- und N-Flusses) untersucht; verglichen wurden Angaben aus der Zeit des Franziszeischen Katasters (1831) und dem Ende des 20. Jahrhunderts (1998). Aus der Umgestaltung des landlichen Raumes und seiner Bewirtschaftung, verbunden mit einer raumlichen ErschlieBung der Region resultiert ein Ansteigen der Bevolkerung auf 220%, welche nur mehr zu einem geringen Teil in der Landwirtschaft beschaftigt ist; gleichzeitig erhoht sich die Hauseranzahl urn 290%. In der Flachenstrukturanalyse zeigt sich em Ruckgang des Waldes zugunsten von landwirtschaftlichen Nutzflachen (Acker, Wiesen). Die anthropogen bedingte Freisetzung von C02 betragt 17.777 (inklusive Nutztiere 30.833) t gegenuber 847 (mit Nutztieren 5.019) t imJahr 1831. Dennoch bindet die vorhandene Vegetation auf dem Gemeindegebiet weitaus l11ehr Kohlendioxid (88.073 a), als CO 2 insgesamt - narurlich und anthropogen - freigesetzt wird (33.003 a). Ein Blick auf die CO 2-Bilanz mit 55.070 t (gegenuber 67.085 t imJahr 1831) zeigt, daB AItenberg nach wie vor eine CO 2-,Senke'' (,sink") darstellt. Die anthropogene Stickstoffzufuhr auf landwirtschaftlichen Nutzflachen hat sich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts etwa versechsfacht; der gegenwartige Zustand ist durch einen StickstoffiiberschuB charakterisiert. Uteratur- und QueUenverzeichnis: Baccini P., Daxbeck H., Glenck E. & Henseler G. 1993: METAPOLIS - GUlerumsalz und Sloffwechselprozesse in den Privalhaushalten einer Sladt. Schweizerischer Nationalfonds zur Fo rderung der Wissenschaften. Zurich. Baccini P. &. Bader H.-P. 1996: Regionaler sIom1aushalt - Erfassung, Bewertung und Steuerung. Heidelberg. Bick H. 1998: Gnmdzuge der Okologie. Fischer Sluttgart. Bmun M., Hurni P. & Spiess E. 199'1: Phosphor- und StickstoffiiberschUse in der Landwirtschaft und Para-Landwirtschaft. Ab- AG GEOWISSENSCHAFTEN, SCHULE UNO OFFENTLICHKEIT der Osterreichischen Geologischen Gesellschaft Workshop "GEOWISSENSCHAFTEN. SCHULE UND OFFENTLICHKEIT" - Stand 2002 Kremsmunster. 18.-20. 10. 2002 Programm Freitag. 18. 10. Exkursion T raunseelehrpfad (Privat-Pkw) Abendliches T reffen im Gasthaus ca. ab I 8.00 Uhr Samstag. 19. 10. Vortrage. Poster. Video-. Buchprasentationen. 9.00-17.00 Uhr Sonntag. 20. 10. Ganztagige Exkursion "GeoPfad und GeoMuseum Gams" (ca. € 30.- ) Themen Ausbildung AHS-Lehramtsstudenten Biologie- und Umweltkunde an den Universitaten Lehrerfortbildung in Osterreich Geologie im osterreichischen Lehrplan AHS. BHS Geologie im Schulbuch Geologie in der Schul praxis (AHS. BHS. HS) Schulprojekte im Gelande Neue Geo-Lehrpfade. -Parks. Geotope. World Heritage-Projekte als Exkursionsziele Neue Lehrmittel (CD-Rom. DVD. Diaserien. Bucher. Schulsammlung. Internet) Geologie 1m Internet Geologie - Schule - Museum Mineralien. Fossilien und Gesteine in den Schulsammlungen Vollversammlung der AG (Gaste willkommen) mit Standortsbestimmung. Kosten und Quartier Tagungsbeitrag € 30.- (Studenten frei) EZlF/PersonlTag € 41 .DZlF/PersonlTag € 35.3B/F/PersonITag € 29.Exkursion 20. 10. € 30.Unterbringung GH Schicklberg bei Kremsmunster Dr. Herbert Summesberger Anmeldung an Naturhistorisches Museum Wien. Burgring 7. 1014 W ien Tel.: 01/52177-251. Fax: 01/52177-45977/459 E-Mail: [email protected] Wissens haftliche Naduid lll'n . Mart/April 2002 13 I schatzung fOr die Schweiz und das Rheineinzugsgebiet unterhalb der Seen. Forschungsanstalt fOr Agrikulturchemie und Umweltchemie, Liebefeld-Bem. Bundesministerium fOr Land- und Forstwirtschaft 1996: Fachbeirdt fOr Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz, Richtlinien fOr die sachgerechte DOngung, Wien. BMUJr - Bundesministerium FOr Umwelt Jugend Familie 1995: Leitfaden Klimaschutz auf kommunaler Ebene, Wien. Dorninger A.N., Hietz P. , Maier R., Punz W. & Fu~senegger K. 1995: Okosystem GroBstadt Wien : Quantifizierung okologischer Pammeter unter besonderer BerOcksichtigung der Vegetation. 1m Auftmg des Bundesministeriums fOr Wissenschaft und rorschung und der Stadt Wien - MA 22, 200pp + Karten . Frdnziszeischer Kataster 1831a: Schatzungs-Unterlage fOr das Allgemeine Kataster betreffend die Steuer-Gemeinde Altenberg im Steuer-Bezirke Riedegg im Kreise MOhl, Linz. Franziszeischer Kataster 1831b: Schatzungs-Unterlage fUr d:ls Allgemeine Ka!aster betreffend die S!euergemeinde Ka!zgmben im Steuer-Bezirke Riedegg im Kreise MOhl, Linz. Frdnziszeischer Kataster 1831c: Schiitzungs-Unterlage fOr das Allgemeine Kataster betreffend die Steuer-Gemeinde Oberbayring im Steuer-Bezirke Riedegg, Linz. Gaube V. 2002: Gesellschaftliche StickstoffflOsse des osterreichischen Landwirtschaftssektors 1850-1995. Eine humanokologische Untersuchung. Diplomarbeit Univ. Wien. Geisler A. 1998: Quantifizierung und okologische Bewertung des Stickstoffhaushaltes von Wien. Diplomarbeit Univ. Wien. Gemeindeamt Altenberg bei Linz 1995: Altenberg bei Linz - ein Heimatbuch, Katsdorf. Gemeindeamt Altenberg bei Linz 1999: Schriftliche Mitteilung. Gotz B. & Zethner G. 1996: Regionale Stoffl>i1anzen in der Landwinschaft: Der Niihrstoffllaushalt im Hinblick auf seine Umweltwirkung am Beispiel des Einzugsgebietes Strem. Monographien Umwel!bundesamt 78, Wien. Keller T. 1973: Die Sauers!offbilanz cler Schweiz. Schweizerische Zei!schrift fOr Forstwesen 124: 465-'173. Maier R. , Geisler A., Aigner B., Eisinger K., God u. & Punz W . 1997 Die Dynamik der Urbanen Agglomeration als Determinante der Kulturlandschaftsentwicklung. Okosystemare Strukturund StofffluBanalyse der Marktgemeinde Bisamberg. AbchluBbericht SU2 SM1 PPI . Institu! fOr Pflanzenphysiologie [jetzt Institu! fOr Okologie und Naturschutzl der Universitiit Wien. 1m Auftrag des Bundesminis!eriums fOr Wissenschaft und Verkehr, des Bundeskanzleramts, des BundesminsiteriUIllS fOr Umweltschu!z, Wien. OSTAT 199'1: Arbei!ss!attenzahlung 1991 : Haup!ergebnisse Oberosterreich, Wien. 6STAT 1997: Agrarstrukturerhebung 1995: Gesam!ergebnisse Ober die Land- und Forstwinschaft, Wien. Pmsuhn V. & Braun M. 199'1. Abschatzung der Phosphor- und Sticks!offverluste aus diffusen Quellen in die Gewasser des Kantons Bern. FAL, ZOrich-Reckenholz. Punz W. , Maier R., Hie!z P. & Dorffinger A.N. 1996 Der Energieund Stoffllaushalt Wiens. Verh. Zool.-Bol. Ges. 133: 27- 39. Sukopp H. & Wittig R. 1998: Stadtokologie: Ein Fachbuch fOr Stu dium und Praxis. Fischer Stuttgart. Ziehlllayer D. 2000: Die historische und die ak!uelle Gellleinde AItenberg bei Linz. Eine Analyse 3usgewiihlter Stoffkreisliiufe. Diplomarbeit Univ. Wien . Al1scllrift der Alliorell: Mag. Daniela Ziehmayer, a. niv.-Prof. Dr. Rudolf Maier, Ass.-Prof. Mag. Dr. Wolfgang Punz, Abteilung fOrOkophysiologie der Pflanzen, Institut fOr Okologic und Na!urschu!z, Universitlil Wien, AI!hanstrdBe 1'1 , A-1090 Wi en Der vorstehende Anikel is! ein Teilabdruck einer Publikation, wclche Ende des Jahres in den VERHANDLUNGEN der ZoologischBotanischen Gesellschaft erscheinen wird. Ein Bei!ritt zur Gesellschaft stehr jedem offen. Bine beach!en Sie clie Hinweise auf Ziel und Leistungen dieser 150jiihrigen Vereinigung zur Fordenmg der Wissenschaft in Osterreich. ZOOLOGISCH-BOTANISCHE GESELLSCHAFT IN OSTERREICH Osterreichische Zoologisch-Botanische Gesellschaft Seit 1851 Satzungen Die Zoologisch-Botanische Gesellschaft ist ein gemeinnutziger Verein und hat den Zweck, das Studium der wissenschaftlichen Zoologie, Botanik und bkologie anzuregen, die Erforschung der einheimischen Fauna und Flora zu fordem und den Kontakt der Wissenschaftler untereinander und mit einem interessierten Publikum zu vermitteln. Publikationen Uber Aktivitaten der Gesellschaft und uber Veranstattungen aus dem naturwissenschaftlichen Umfeld informieren 4 mal im jahr die Mitteilungen. Die Verhondlungen erscheinen jahrlich und stehen jedem fUr die Publikation von Originalarbeiten okologischen und systematischen Inhalts mit Bezug auf bsterreich und seine Nachbarlander offen. In Zusammenarbeit mit dem Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien werden ab 2002 die Schriften ediert, welche Arbeiten popularen Charakters sowie ausgewahtte Vortragsmanuskripte (siehe unten) abdrucken. Die fallweise erscheinenden Abhondlungen haben monographischen Charakter zur Veroffentlichung umfangreicherer Arbeiten. Gemeinsam mit dem Wiener Coleopterologenverein werden die Ko/eopterologische Rundschou Uahrlich) sowie die Monographs on Coleoptera (unregelmaf3lg) herausgegeben. Bibliothek Die Bibliothek umfaf3t Monographien sowie derzeit rund 1000 Periodika, die durch Schriftentausch erworben werden, und ist fUr Interessierte zuganglich. Veranstaltungen Die Gesellschaft organisiert Vortrage in- und auslandischer Forscher, sowie Veranstaltungen der einzelnen Sektionen (Geobotanische Arbeitsgemeinschaft, Entomologie, Omithologie), zu denen auch Exkursionen zahlen. Mitgliedsbeitrag Der jahrliche Mitgliedsbeitrag betragt 29 EURO, welcher den Erhalt der Verhandlungen und der Schriften inkludiert. Fur die anderen Druckwerke besteht die Moglichkeit zum verbilligten Bezug Spenden Nach einem Bescheid des Bundesministeriums fUr Wissenschaft und Forschung sind in bsterreich Spenden an die bZBG in vollem Umfang steuerlich absetzbar. Bankverbindung: bsterreichische Postsparkasse PSK 7129.207 Homepage http://www.univie.ac.atlzoobot 14 Wi%en~chartliche Nachrichren . Miir. April l U02 CHEMIE Dr. Rosa Hagenauer Chemie-Nobelpreistrager Max Perutz starb in Cambridge an einem Krebsleiden (14. 5. 1914-6. 2. 2002) Dr. Rosa Hagellauer I Am 6. Febmar 2002 verstarb in England der aus Osterreich gebi.irtige Chemie-Nobelpreistrager Max Pemtz, Die osterreichischen Zeitungen widmeten diesem bedeutenden Mann zu Recht eindmcksvolle Nachmfe. Wer war Max Perutz? Er wurde am 14. Mai 1914 in Wi en als Sohn einer Industriellenfamilie geboren, von 1923 bis 1932 besuchte er das Theresianum in Wien. Begeistert yom Unterricht seines Chemielehrers studierte er nach der MatuTa Chemie und nicht Physik, was er urspri.inglich vorgehabt hatte. Als Dissertant ging er 1936 an das Cavendish Laboratory in Cambridge/ England. Nach dem Anschluss Osterreichs an Deutschland imJahre 1938 war ihm wegen seiner ji.idischen Abstammung die Ri.ickkehr in die Heimat verwehrt. Also blieb er in Englandund heiratete dort 1942 Gisela Peiser, die ihm 1944 die Tochter Vivien und 1949 den Sohn Robin gebar. 1943 wtlfde er bereits britischer Staatsbi.irger. ImJahr 1947 griindete er in Cambridge das "Medical Research Council of Molecular Biology". Dieses Institut leistete Pionierarbeit Zll dieser Zeit, als man eben erst die Rolle der Proteine als Enzyme zu verstehen begann. Penttz brachte Nobelpreistrager hervor, dafllnter Fred Sanger (Insulin-Sequenz), James Watson und Francis Crick (Doppelhelix der DNS). Perutz hatte die Talente dieser Manner erkannt und entsprechend gefordert. Perutz selbst erhielt mit John Kendrew clen ChemieNobelpreis fUr clie Entschli.isselung der raumlichen Stmktur des aus i.iber 10.000 Atomen bestehenden Blutfarbstoffes Hiimoglobin mit Hilfe cler Rontgenstmkturanalyse . 1970 klarte er auch die Funktionsweise dieses Proteins auf. Wi~sl!nsd1:lftlich e Nachrk htt:n tv!iir7.1April 2002 Pemtz war bis zuletzt wissenschaftlich tatig. In clen letztJahren befasste er sich hauptsachlich mit den Polyglutamin-Krankheiten wie Hunting Chorea. Ganz im Sinne seines standigen Bestrebens, clas Los cler Menschen zu verbessern. Die Verbinclungen zu Osterreich hat Pemtz nie abreiBen lassen. Wenn er Zll Vortr~igen nach Wien kam, besuchte er stets auch das Theresianum, zuletzt 1997. 1m Jahre 1995 wurde clie Bibliothek der biochemischen Institute in Wien nach ihm benannt. AuBerdem wurde in ihr das Modelll des Hamoglobins aufgestellt. Weiters war Penttz maBgeblich an der Gri.indung des Instituts Modell des Hiimoglobins 15 Kurier Max Perulz, beharrlicher Forscher mil groBem ldeenreichlum fur Molekulare Biologie der Akademie der Wissenschaften beteiligt. Univ.-Prof. Dr. Gunter Kreil von eben diesem Institut hat Perutz als "gutigen und weisen Menschen" in bester Erinnenmg. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass fur die beste Fachbereichsarbeit auf dem Gebiet der Biochemie seit Jahren von der GOCH in Zusammenarbeit mit der AHS-Oberstufe ein Max-Perutz-Sonderpreis vergeben wird. Uteratur: Kurier, 8 Februar 2002, S. 30 Die Presse, 8. Februar 2002, S. 15 Wissenschaflliche Nachrichlen 2002 hUp://www.nobel.se/ chemislry/ laureales/ 19621perulz-bio.hlml Die Mineraliensammlung des Naturhistorischen Museums in Wien In der deutschen Zeitschrift "Naturwissenschaften im Unterricht Chemie" wird die Mineraliensammlung des Naturhistorischen Museums in Wien wegen ihrer Reichhaltigkeit besonders gelobt. Dieses Lob kommt nicht von ungefahr. Dass Wien mehr zu bieten hat als "nur" Stephansdom, Sacher-Torte und Schloss Schonbrunn, mag fur einen Deutschen Bundesburger vielleicht neu sein, fur einen osterreichischen Burger nicht. Geht doch die Sammlung bereits auf die Schatze von Joachimsthal in Bohmen und auf das ZiIlertal in Tirol, (siehe Ambraser Sammlung , 1819) zurlick. GegrGndet wurde die Wiener Sammlung im 18: Jahrhundert von Franz Stephan von Lothringen, dem Gemahl der Kaiserin Maria Theresia. DaZll kommt noch der eindrucksvolle Kuppelbau von Meister Semper, der geme mit der Semper-Oper in Dresden verglichen wird. Die mineralogische Sammlung basierte on Anfang an auf einer wissenschaftlichen Ordnung und wurde standig erganzt. Prunkliebe und Geschaftssinn waren die Ausloser von Kaiser Franz Stephan (1751) aus mehreren Rohdiamanten durch Zusammenschmelzen einen groBen Diamanten zu erhalten. "Das allerdings nicht angestrebte Ergebnis dieser sehr kostspieligen Versuche war der erste Nachweis der Verbrennbarkeit des Diamanten an der Luft. Einige ausgekohlte Proben aus diesen Versuchen sind in der Kuriositatenvitrine im Saal IV aufgestelllt." Nach dem Tode des Kaisers ubergab die Kaiserin Maria Theresia die Privatsammlung dem Staate und verfugte ihre Offnung zum Nutzen fur Lehrende und Lemende. Ein bekannter Benutzer war Carl Friedrich Mohs (Mohs'sche Harteskala), der 1826 als Professor fUr Mineralogie an die Wiener Universitat berufen wurde und die Erlaubnis erhielt, sein Vorlesungen im Mineralienkabinett abhalten zu durfen. Heute gehort c1ie Mineralogische-PetrogrJphische Sammlung des Naturhistorischen Museums ZlI c1en fUnf 16 groBten in c1er Welt. Von den ca. 300.000 Objekten c1er wissenschaftlichen Sammlung sincl ca. 20.000 Objekte in einer Schausammlung zu besichtigen. Dabei bilclen die Mineralien c1ie groBte Gruppe. Sie sind in acht Mineralklassen eingeteilt, wobei die Zuordnung zu einer K1asse auf Gnmd c1er chemischen Zusammensetzung des Minerals erfolgt (nach Hugo Strunz). Innerhalb einer Klasse werden die Minerale nach den Fundorten (Orte der ehemaligen osterreichisch-ungarischen Monarchie, Sud- und Nordeuropa, ubrige Kontinente) angeordnet. Der Saal V (Meteoritensaal) beherbergt die groBte Meteoritenschau Europas. Wi en rangiert diesbezuglich an 4. Stelle nach Wahington, Tokyo und der Nasa. Zirka 1700 verschiedene Meteorite sind zu sehen. In Wien wurden Meoriten in einer Zeit gesammelt, in der sie noch fur ein irdisches Phanomen gehalten wurden (Bsp. c1er 39 kg schwere Steinmeteorit von Hraschina , in der Nahe von Zagreb) lind der Steinmeteorit Cabin Creek (Arkansas). Besonders zu erwahnen ist c1er 300 kg schwere Steinmeteorit Knyahina (Ural). Interes- Wissensch;lflliche achrichle n · M;irz/ April 2002 Cabm Creek, Eisenme!eori~ gefallen am 27. Milrzl886 im Johnson County, Arkansas, USA, die Frontseite zeigteine typisehe Struktur, welche durch das Abschmelzen in der Erdatmosphare entstand (historisehes FOlO) • . - .•..." Gustav Tschermak (1836-1927), Direktor der Miner.llogischI'etrogr.lphische Abteilung von 1868 bis 18 Cooper, Eisen· me!eorit (Oktaedrit), die gemzte SchnittfIlichezeigt "Widmansllittensehe Figuren". sant sind auch die Widmanstatter Figuren von Aloys von Widmannstatten (1808), eine Atzung mit Sal petersaure an einem polierten Nickel-Eisen-Meteoriten. Auch wenn der Besucher zunachst von der Hille der Ausstellungsstucke und der GroBe mancher Objekte (z. B. Steinsalzstufe von Wieliczka/ Polen mit einem Gewicht von 1000 kg) liberwaItigt ist, sollte er die kunstvolle Gestaltung der Raume nicht libersehen. Mit I)ie mikroskopischc Beschaffenhcit METEORITEN ......\hblldom(!'<ll G Tschermllk, mU 100 mtk ......~ AbbU•••l/OI 8TOT'I'0"RT Lit· .. Wj sscn~('hafllichc Naduichten . Miir April 2002 Steinme!eorit Knyhinya, ein gewiihnl icher Chondrit (LS), gefallen am 9. Juni 1866 in der Ukraine. Mit fast 300 kg Masse war dieses Stiick lange Zeit der groBte bekanntc Steinmeteoril 17 . ;: .. zahlreichen Sondervitrinen wird der beriihmte Blick tiber den Tellerrand gewagt. So gibt es beispielsweise ein UV-Vitrine (Saal IV), in der verschiedene Mineralien (z. B. Fluorit) aufliegen. Durch Betatigen der UV-Lampe kann man die Mineralien auf die Fahigkeit zur Fluoreszenz und Phosphoreszenz Liberpriifen. Des Weiteren fasziniert eine Vitrine nEdelsteine lind ihre Imitate" . Die abwechslungsreiche Gestaltung der Schausammlung wird fLir den Besucher durch die gut verstandlichen Erklarungen zu einem echten naturwissenschafdichen Genuss. Ilteratur: Katrin Sommer, Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 112001 ,S. 41 Homepage: http://'N''.'W.nhm-wien.ac.at BLOCHLINGER von BANNHOLZ, K. u. K. Rittmeister (1866): Der Oberstlieutenant Chevalier de Baillou und die Entstehung des K. u . K. Hof-Naturalien-Cabinetes;12 S. FITZINGER, L. J. (1856): Geschichte des kaiserlich-koniglichen Hof-Natumlien-Cabinetes zu Wien 1. Abteilung: Alteste I'eriode bis zum Tode Kaiser Leopold II. 1792 - Sitzungsberichte der math.-naturwiss. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Bd. 21. 3. Abtlg.: '133-'179. FITZINGER, L. J. (1868): Geschichte des kais.-konigl. Hof-NaturaIien-Cabinetes zu Wien. II. Abtlg.: I'eriode unter Franz II. (Franz I. 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LAURENT, J. des (17,.6): Description abregee du fameux cabinet de M'Le Chevalier De Baillou, pour servir a I'Historie Naturelle des I'ierres precieuses, Metaux, Mineraux, et autres fossiles. - A Luques: Chez Sauveur &Jean-Dominique Marescancloli, 156 S. MOHS, G. (180'1): Des HermJ. F. von der Null Minemlien-Kabinett nach einem durchaus auf iiuBere Kennzeichen gegriindeten Systeme geordnet. - 2 B:inde und ein Anhang als Manuskript, enthaltend jene Mineralien. welcher seit Bekanntmachung des Mohs'schen Katalogs der Mineralien - S;lmmlung cles see I. Herm J. F. von der Null einverleibt worden sind und derjenigen, welche die Nummem des Mohs'schen Kataloges verloren haben, von 1'. Partsch, Wien 1804. NIEDERMA YR, G. (1984): Der Blumenstr.Juf3 aus Stein. - Magma 2: 80-83. PARTSCH, P. (1828): Das Kais.-konigl. Hof-Mineralien-Cabinet in Wien, Eine Obersicht der neuen Aufstellung desselben mlch dem naturhistorischen Miner.II-Systeme de~ Prof. Mohs. PRIMISSER, A. (1819): Die kaiserlich-konigliche Ambraser-Sammlung. - Wien:J. G. Heubner, 501 S. SCHOLLER, H. (1958): Naturhistoris hes Museum in Wien. Die Geschichte der Wiener naturhistorischen Sammlungen. Wien: Naturhistorisches Museum (FUhrer Nr.1) 53 S. STOTZ, A. (1807): Mincr.llogisches Taschenbuch . Enthaltend eine OrycLographie von UnterosLerreich zum Gebrauch reisendcr llliner.llogen. I-Irsg. J. G. Megerle von MUhlfeld. - Wien und Triest: Geistinger's Buchhandlung, 39-. s. Carl Auer von Welsbach - Das Lebenswerk eines osterreichischen Genies Roland Adunka' Carl Auer von Welsbach wurde am 1. September 1858 als Sohn des Direktors del' k.u.k Hof- und Staatsdruckerei in Wi en geboren. Nach del' Volksschule besuchte Auer zunachst ein Gymnasium, entdeckte aber bald seine Vorliebe zu den Naturwissenschaften, vor allem aber zur Physik, und wechselte so in die Realschule in del' Josefstadt, wo er auch die ReifeprLifung ablegte. • Roland Adunka, Leiter des Auer-von-Welsbach-Musellms, Ring· strage 9, A-9330 Althofen , Kamten 18 Nachdem Auer den Pt~isenzclienst als Einj~ihrig-Frei ­ williger geleistet hatte, begann er an der niversit~it Wi en Mathematik, allgemeine organische unci anorganische Chemie, allgemeine und technische Physik und Wamletheorie zu studieren. Bald aber wechselte er an die niversitiit Heidelberg, wo er im Laboratorium Professor Robert W. Bunsens mit Untersuchungen an den Seltenen Erclen begann, zus~itzlich aber auch in die von Bunsen unci Kirchhoff begrLinclete Spektralanalyse eingeflihrt wurcle, welcbe bestimmend flir seine folgenden Forschungsarbeiten sein sollte. Auch der von Bunsen entwickelte Bunsenbrenner wurde eine wicbtige Komponente fUr Auers GasglLihlicht. Bunsen schatzte Auer boch ein, da er wie Bunsen selbst ein auBerordentlich geschickter Experimentator war und h~itte ihn gerne als Mitarbeiter gesehen, jedoch White er sich nicht zum Lehrberuf, sonclern eher zur Forschung hingezogen. SchlieBlich kehrte Auer nach Wien zurUck, wo er als lInhezahlter Assistent im Lahoratorium von Prof~ssor Adolf von Lieben, ehenbll ~ ehemaliger Schliler von W i s.~ensdl.lftlk he Nachrichten . M:irFiApril1002 Professor Bunsen, tatig war. Auer beschaftigte sich intensiv mit den chemischen Trennmethoden der Seltenerdelemente und den bei Bunsen erfahrenen Anregungen, die in der Folge sein Lebenswerk bestimmen sollten. Unter dem Begriff Seltene Erden versteht man die Oxide der Lanthanoide, jener Dbergangsmetalle, die sich im chemischen und pysikalischen Verhalten dermaBen ahneln, so daB bis zu diesem Zeitpunkt gehr'Juchliche Trennverfahren versagten. Jahrzehntelange angestrengte Arbeiten vieler Forscher waren notwendig, reine Selterde1emente aus den Mineralien wie Monazit, Gadolinit oder Bastnasit auszusondern. Zwischen 1882 und 1884 veroffentlichte Auer an der Wiener Akademie die Abhandlungen "Dber die Seltenen Erden des Gadolinits von Ytterby" und "Dber die Seltenen Erden". In Fortsetzung seiner Arbeiten gelang es Auer von Welsbach, das bisherige vermeintliche Element Didym mitte1s eines von ihm entwicke1ten miihevollen, aus mehrtausendfachen Schritten bestehenden Trennverfahrens flir Seltene Erden, der Fraktioniel1en Kristallisalion del' Ammol1iumdoppelnitrate, welches geringfligige LOslichkeits- und Basizitatsunterschiede ausnutzt, zu zerlegen. Dieses Didym bestand namlich aus zwei Elementen. Diese beiden neu entdeckten Elemente benannte Carl Auer von Welsbach PraseodymillI11und Neodymium (1885). Dasselbe Verfahren ermoglichte ihm spater die Auftrennung und damit Entdeckung von zwei weiteren Elementen namlich Ytterbium und Lutetium (905), damals von ihm noch A1debaraniurn und Cassiopeium benannt. 1907 berichtete Urbain in Paris ebenfalls von seiner Entdeckung derselben Elemente, worauf sich der langste Prioritatsstreit in der Geschichte der Chemie entwickelte. Die Deutsche Atomgewichtskommission hat imJahre 1923 aile Unterlagen mit groBter Sorgfalt gepruft und eindeutig die Prioritat Auer von Welsbachs festgestellt. Dieser Bericht ist gezeichnet von Otto Hahn, Otto Honigschmidt, Max Bodenstein und R. J. Meyer. Unvergangliche Verdienste hat sich Carl Auer von Welsbach auch dadurch erworben, daB er jeden Wunsch nach den mit Hilfe seiner Trennmethoden gewonnenen reinsten Seltenerd-Praparaten, der von Gelehrten aus der ganzen Welt an ihn herangetragen wurde, bereitwillig erfiillte. Dies belegen zahlreiche Korrespondenzen mit Wissenschaftern aus aller Welt, die sich flir seine groBzOgigen UnterstOtzungen von unschatzbarem Wert bedankten. Seine Methoden gestatteten ihm auch, 10 t Uranerzlaugeruckstande aus Joachimsthal aufzuarbeiten, urn daraus erstmals die weltweit groBte Menge an Radium zu gewinnen. Die Umarbeitungen erfolgten vollkommen unentge1tlich im Dienste der Forschung flir die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien, wo auch durch Honigschmidt 1911 erstmals das exakte Atomgewicht des Radium., ermittelt wurde. In diesem Zuge gelang es Auer von Welsbach erstrna Is die Elemente Polonium und Actinium, sowie das Th 230-Isotop "Io-niul11" in relativ groBeren Mengen darzustellen. In einem ausflihrlichen Bericht tiber diese vor 1910 durchgeflihrten Arbeiten i t ruckblick nd eine Anmerkung von groBer Bedeutung, wenn er mittdlt: .. Kurz erwiihnen will jch femel~ daft viele BeobachtuHgen da- Wissenschafiliche Nachrichten . M:lr7J April _002 fill' sprechen, daft das Ionium andere ihm chemisch nahestehende Karpel' bei langerem Kontakt zu radioaktiven Emissionen anzuregen vennag. Es ist wahrscheinlich, daft hiedurch eine Erschiittenmg des ele11lentaren Bestandes del' erregten Kalper und damit allch eine Veranderltng ihrer chemischen Eigenschaften eil1trill. 1m Laufe diesel' Untersuchungen habe ich at/ch Erscheil1Ltngen radioaktiver An beobachtet, die mir mit den hettte herrschenden 771eOlien nicht recht im Einklang zu stehen scheinen. Ich habe sie in derfolgenden Schilderung einfach regislliel1. Vielleicht bilden manche VO/1 ihnel1 wlchtige Fingel'zeige fi'l,. die wei/ere Elforschul1g des so geheimnisvollen Gebietes del' Radioaktivitat. " Nach Veroffentlichung dieses Berichtes schrieb Keetmann am 11. 3. 1911 aus Berlin-Charlottenburg an Auer einen Brief mit unter anderem folgenden Zitat: "Sollte diese Behauplttng tatsachlic/1 z utreffen, so ware damit eine Entdeckul1g ungeheurer Tragweile gemac/1t, denn damtt ware zum ersten Male gezeigt, daft eine Einwil'kung aUf die Atome stabileI' Elemente maglich ist. Es ware deshalb sehr LViinschensLVe/1, Wel117 diese Angelegenheil klargestellt wilrde. " Aus heutiger Sicht muB man Auers iiberragende Beobachtungsgabe und auch den Mut bewundern, daB er schon 24 Jahre vor der Entdeckung der kiinstlichen Radioaktivitat iiber diese berichtete, zu einer Zeit also, in der solche Erscheinungen nach dem damaligen Stand der Wissenschaft als absurd galten. Urn das auffallende Strahlungsvermogen (Candolumineszenz) dieser Elemente, wie iiberhaupt der Seltenen Erden, besser beobachten zu konnen , trankte Auer Baumwollfaden mit Salzen dieser Elemente. Er brachte diese Faden in die Flamme des Bunsenbrenners, in der die Baumwollfaden verbrannten und das bekannte Aschegerust aus den Oxiden dieser Salze iibrigblieb. Und so war nichts anderes als das Gasgliihlicht erfunden worden, welches die bisher gebrauchlichen nur auf Kohlenstoff basierenden Lichtspender, wie etwa der Kienspan, die Tranlampe, die Kerze, die Petroleumlampe, Leuchtgas und auch die Kohlenfadenlampe ersetzte, da die Betriebskosten nur ein Sechstel derselben betrugen. Erstmals lernte man wirkliche Lichtspender kennen, denn Licht war bisher nur als Abfall der Warmeerzeugung und der Verbrennung bekannt gewesen. Die bis zur Leuchtkraft erhitzten RuBteilchen als die Ursache des Eigenleuchtens der Flammen. Aile kOnstlerischen Gestaltungsmittel wurden aufgewendet, urn Lampen prachtvoll auszustatten, trotz alledem muBte man sich mit dem armlichsten Lichtschein begniigen. Den Zustand der kiinstlichen Beleuchtung dieser Zeit charakterisiert treffend ein Reimspruch Goethes: " WiijSte nicht was sie besseres e/finden kanl1ten, als Well11 die Lichter ohne Putzen brel1nten. " Die Geburtsstunde des Auerlichtes war gleichzeitig die Geburtsstunde der modernen Lichtwissenschaft und der Lichttechnik. Hiermit wurde nicht nur der letzte Wunsch Goethes, sondern auch ein iiber Jahrhunderte gehegtes verlangen der Menschheit nach mehr Licht verwirklicht. Bald darauf begann man mit der industriellen Herstellung der Gliihstnimpfe. Somit wurcle durch Carl Auer von Welsbach auch die Industrie der Seltenen Erden begnindet. Die Mangel cler fruhen Gliihstrumpfe, 19 wie deren Zerbrechlichkeit, die kurze Einsatzdauer sowie das kalte, grunliche Licht, das hitzeempfindliche Zylinderglas und der relativ hohe Preis, driingten Auer zu weiteren Versuchsreihen auf diesem Gebiet. Nachdem sich die Salze des Zirkons und des Lanthans fur die Herstellung der Gli.ihkorper als wenig geeignet herausgestellt hatten, verwendete Auer an ihrer Stelle Thoriumoxid mit einem Zusatz von Ceroxid. Das Auerlicht kam im richtigen Augenblick. Denn parallel zum Auerlicht ging die Elektrizitat daran, mit der von Heinrich Goebel erfundenen und von T. A. Edison industriell produzierten Kohlenfadenlampe dem Gaslicht den Kampf anzusagen. Doch nichtsdestotrotz siegte vorlaufig das wesentlich wirtschaftlichere und bessere Gasgli.ihlicht. Aber auch den geretteten Gaserzeugem wurde vorerst Angst und bange, denn das Auerlicht als erste Energiesparlampe spendete viermal soviel Licht bei halbem Gasverbrauch. Nach der allgemeinen Verbreitung des Gasgli.ihlichtes konnten die Gaswerke auf die ruBbildenden zum Teil giftigen Zusatze im Leuchtgas endlich verzichten, denn das Auerlicht beruhte auf der vollkommenen Verbrennung der Bunsenflamme. Die Probleme mit dem Glazylinder seiner Auer-Lichtlampen konnte er in Zusammenarbeit mit dem 1886 gegrundeten Werk Schott & Gen. in Jena durch die Entwicklung eines hitzebestandigen Glases mit niedrigem Ausdehnungskoeffizienten losen. Aus dem Chemiker Dr. Carl Auer von Welsbach war mittlerweile ein Lichttechniker geworden. 1892 wurden allein in Wien und Budapest 90.000 Auer-Brenner verkauft und 1913 betrug die Jahresproduktion schon 300 Millionen Stuck. Der zu Ansehen und Wohlstand gekommene Auer kam nach der Stillegung der letzten in der norischen Eisenregion schon liber jahrtausende betriebenen Hochofen auf die Bitte der Kamtner Landesregierung nach Treibach (nunmehr Ortsteil der Stadt Althofen). Er errichtete sich hier 1898 ein groBes Laboratorium mit eigenem Elektrizitatswerk, sozusagen seinen eigenen Technologiepark. Hier flihrte er in seiner nunmehrigen Hauptwirkungsstatte die Forschungen fort. Er erkannte die Mangel der nicht mehr verbessenmgsfahigen Kohlenfadenlampe und beseitigte diese imJahre 1898 durch die Erfindung der ersten gebrauchsfahigen Metallfadenlampe, der Osmium-Lampe CnAuer-Oslicht"). 1900 konnte Auer auf der Weltausstellung in Paris schon eine groBere Anzahl dieser neuen Lampen prasentieren. Die Herstellung des Gluhfadens gilt als Pionierleistung auf dem Gebiete der Pulvem1etallurgie. Erst 1905 wurde Wolfram als das Element mit dem hochsten Schmelzpunkt herausgefunden und ersetzte nunmehr das Osmium. Von diesen beiden Elementen leitet sich auch der Name der von Auer gegrundeten Firma "Osram" aboAuch hier schuf er mehr Licht bei halbem Energieverbrauch gegenuber der Kohlenfadenlampe und so stand dem Siegeszug des elektrischen Lichtes mit der Metallfadeniampe nidus mehr im Wege. Aufgrund des Aufsehens dieser ersten praktisch verwendbaren Metallfadenlampe lieB T. A. Edison darauf im Jahre 1899 eine Kohlenfadenlampe patentieren, deren Lichtaus- 20 beute er in Anlehnung an Auers Gasgli.ihlicht mit einer Zumischung von Seltenerdoxid zum Gluhfaden zu erhohen trachtete. Aber nicht nur mehr Licht, von deren Fulle friihere Generationen sich noch keine Vorstellungen machen konnten, hat Dr. Carl Auer von Welsbach durch seine Erfindungen der Menschheit uberlassen. Ais groBzugiger Wohltater verschenkte er an Hilfsbedurftige ein groBes Vermogen, stiftete eine Schule, schenkte Krankenhausem Rontgenapparate, versorgte Kinder gratis mit Milch, lieB Wohnungen fur seine Arbeiter errichten und brachte damit auch mehr Licht in die Herzen der Menschen. Die Se!tenerd-Elemente, allesamt duktile, silberweiB glanzende Metalle (Lanthanoiden; 15 Elemente der 6. Periode) kommen in der Natur ausschlieBlich in ihren Verbindungen stets vergesellschaftet vor. Als Rohstoff fur die Gewinnung der Seltenen Erden erwies sich Monazitsand aus Brasilien als geeignet, welcher viel Cer und wenig Thorium entl1alt. Die Gluhkorpererzeugung benotigte aber hauptsachlich Thoriumoxid (99%) und nur eine geringe Menge an Ceroxid 0 %). Also galt es auch die Produktionsruckstande wirtschaftlich zu verwerten. Auers diesbezugliche Experimente mit den cerhaltigen Halden flihrten zur Erfindung des Auermetalls (1903) , einer pyrophoren Legienmg von 70010 Cer mit Eisen, welche allgemein als Cereisen, Ferrocerium oder Zundstein bekannt ist und bis zum heutigen Tage als funkenspendender Bestandteil milliardenfach in Feuerzeugen Verwendung finder. Er selbst konstruierte nicht nur die ersten Feuerzeugmodelle, sondem baute diese auch eigenhandig. Cer kann wirtschaftlich nur durch Schmelzflusselektrolyse des wasserfreien Chlorides hergestellt werden, wozu das in Treibach neben Auers Laboratorium errichtete Kraftwerk den dazu notigen Strom Iieferte. Seit dieser Zeit wird das Original Auermelal/von der ebenfalls von Carl Auer von Welsbach imJahre 1898 gegrundeten heutigen Treibacher Auermet GesmbH hergestellt, welche aus Althofen-Treibach in Kamten seit dieser Zeit den Hauptteil des Weltbedarfes an Zundsteinen deckt. Durch seine Firmengrundungen in Osterreich, Deutschland, Frankreich, England, USA, Canada und mit seinen Erfindungen und Entdeckungen hat Carl Auer von Welsbach Millionen Arbeitsplatze geschaffen. Das Gebiet um Althofen verdankt ihm nach dem dramatischen Niedergang der hier seit keltischer Zeit bestehenden Eisenindustrie am Ende des 19. Jahrhunderts, bedingt durch die Umstellung der Eisenverhuttung von Holzkohle auf Steinkohlenkoks und damit Verlagerung der Produktion nach Deutschland und England , die Entwicklung hin zu einer nunmehr bluhenden Industrie-, Handels- und Gewerbe-Region. Dr. Carl Auer von Welsbach, der in sich die Fahigkeiten eines Gelehrten, Erfinders und weltoffenen Unternehmers vereinigte, gilt als der Begriinder fur folgende Industriezweige, die im hohem MaBe dazu beitrugen, das Ansehen osterreichischer Innovationen im Au land zu verbreiten: o Seltenerd-Verbindungen o Seltenerd-Metallurgie o Gasgli.ihlicht o Zlindstein 'I issenschaftlich Nachrichten ' MiirzlApril 2002 o Feuerzeug o Metallfadenlampen und damit die Pulvermetallurgie fUr hochstschmelzende Metalle Carl Auer von Welsbach erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen wie den Siemensring, ftinf Ehrendoktorate und die Verleihung der Wurde des Ehrensenators der Universitat Heidelberg. Schlieglich wurde er von Kaiser Franz Josef als Freiherr Auer von Welsbach in den erblichen Adelsstand erhoben. Weitere Fachgebiete, in denen sich Carl Auer von Welsbach erfolgreich beilitigte, waren die Fotografie, ab 1908 Farbfotografie CLumiere-Verfahren) und die Botanik durch die ihm gelungene Ztichtung des wohlschmeckenden Auerapfels. Dr. Carl Auer von Welsbach, Vater von vier Kindem, starb vor 70 Jahren am. August 1929 kurz vor dem 71. Geburtstag auf seinem geliebten Schlog Welsbach bei Meiselding in Kamten. In Zeiten von steigendem Wettbewerb und Arbeitslosigkeit ware es erstrebenswert, dag vom Erfindergeist beseelte innovative ntemehmer sich vermehrt zu Kreativitat und Risikofreude stimulieren lassen. Dazu sollte auch unser Bildungssystem beitragen, welches derzeit diese Werte noch nicht in diesem Mage vermittelt. Anregung kann das zum Gedenken an den bedeutendsten osterreichischen Erfincler und Entdecker, Firmengri.inder und Wohltater in Althofen errichtete Auer von Welsbach-Museum gerade auch jungen Menschen bieten, welche hier an einem leuchtenden Vorbild ihre Liebe zu den Naturwissenschaften entdecken konnen. GeOffnet ist das in der Altstadt von A-9330 Althofen, Burgstrage 8, gelegene Museum vom 1. Mai bis 26. Oktober taglich auger montags von 10-17 Uhr. Voranmeldungen fUr FOhrungen: TeL/Fax: 04262/ 43 35. Internet: http://www.althofen.at/welsbach.htm Dieses 1998 eroffnete, didaktisch konzipierte Mu- seum, zeigt dem Besucher neben dem genialen Lebenswerk eines ganz erfolgreichen Wissenschafters, beri.ihmten Erfinders und Entdeckers von vier Elementen, weltweit einmalige Feuerzeug-Gltihlampen- und Gasgltihlampensammlungen und das mit der originalen Einrichtung, wissenschaftshistorischen Geraten und Chemikalien rekonstruierte Laboratorium dieses grogen Sohnes Osterreichs, auf den wir mit berechtigtem Stolz blicken konnen. Den Eingangsbereich ziert das prachtige Wa ppen mit dem Wappenspruch Dr. Carl Auers von Welsbach: PLUS WCIS literatur: Elmayer von Vestenbrugg, Mehr Licht!, Paul Zsolnay Verlag, Hamburg Wien 1958 Kellermann, Heinrich, Die Ceritnletalle, Wilhelm Knapp, Halle a. S. 1912 Peters, Kurt, Car/ Aller VO/1 IVelsbach, Blatter fOr Technikgeschichte, 20. Heft, Springer Verlag, Wien 1958 Sedlacek, Fmnz, Aller VO/1 We/sbadl, Blatter fOr Geschichte der Technik, Julius Springer, Wien 1931 Kurznachrichten Natur aJs Umweltsiinder. Wenn PCB, DDT und andere organische Chlorverbindungen in der Umwelt auftauchen, ist fUr viele klar: Der Mensch war es. Diese Stoffe gelten geradezu als Inbegriff der Chern ie, die mit ihren kOnstIichen Produkten die Umwelt vergiftet. Doeh clieses Urteil ist vorschnell. Tatsachlich entstehen, wie Sat ish C. B. Myneni von der Universitat Princeton (New Jersey) jetzt zeigte, chlororganische Stoffe auch ganz natlirlich beim biologischen Abbau von Pflanzenmaterial. Mit einer speziellen Methode, der Rontgenabsorption, konnte der U -Forscher verrottetes pflanzliches Gewebe analysieren, dessen Schadstoffgehalt mit uhlichen chemischen Analysenverfahren wie der Atomabsorption nicht nachweisbar ist. Blatter, Stangel, Wurzeln und Rinde enthalten im frischen Zustand Chlorid-Ionen. Diese reagieren bei der Zersetzung des Pflanzenmaterials ZlI chlorierten Kohlenwasserstoffen- Wissenschaftliche Nachri hten . Mar7i Aprii 2002 ring - oder kettenformigen Moleklilen - mit ein bis zwei Chloratomen. Die Forschungsergebnisse werfen auch ein neues Licht auf die Schadlichkeit von Organochlorverbindungen in der Umwelt. Kommt die Natur mit ihnen, den naturlichen wie den anthropogenen - womoglich besser zurecht als bisher angenommen. CSpektrum der Wissenschaft. 3/ 2002, S. 50 Untriiglicher Alterstest fUr Whisky. Mit jedem Jahr, das ein guter Scotch langer im Eichenfass lagert, verbessert sich sein Geschmack - steigt sein Preis. Bisher mussten sich Handler und Kaufer beim Alter auf die Angaben des Herstellers verlassen. Zwar nimmt der Whisky desto mehr Gerbstoffe und organische Sauren aus dem Holz auf, je Hinger im Fass reift. Bis jetzt wurde nur der Anteil der Gallussaure gemessen, wenn es darurn ging, das Alter auf chemisehen Wege zu bestimmen. 21 Da die Konzentration dieser Saure stark davon abhangt, aus welcher Eichenart das Fass besteht und wie lange es schon zur Lagerung dient, ist dieses Verfahren entsprechend ungenau. Ein neuer Farbtest Iiefert jetzt prazisere Werte. Sheryl Wiskur und Eric Ansllyn von der Universitat von Texas in Austin entwickelten ein Rezeptor-Molekul, das sich an samtlliche organische Sauren bindet, die der Whisky beim Reifen aus dem Fass aufnimmt. Bei der Bindung setzt es einen Farbstoff frei, der den Scotch gelb farbt. Die Intensitat der Farbung verdt dann, wie lange die Spirituose wirklich gelagert wurde. Die Forscher wollen als Nachstes das Alter von Barrique-Weinen auf ahnliche Weise bestimmen. (Spektrum der Wissenschaft. 12/ 2001, S 29) Rotwein ist fUr alte Knaben ... eine von den besten Gaben - Rotwein vermindert Herzinfarktrisiko. Ein regemaBiges Glas Rotwein vermindert die Gefahr eines Herzinfarkts - im Gegensatz zu WeiBwein oder Rose'wein. Sogar kleine Mengen von Rotwein konnen das Leben verlangern, wie britische Wissenschafter laut einem Bericht der Fachzeitschrift "Nature" herausfanden. Franzosen trinken statistisch mehr Rotwein und leiden weniger an Koronaerkrankungen als andere Europaer, obgleich sie nicht weniger fett- oder cholesterinreich essen. Dieses Franzosen-Paradoxon Iiegt nicht am Alkohol, wenn dieser auch die Plattchenaggregation senkt, die Fibrinolyse und die Menge an HighdensityLipoprotein (HDL) steigert. Nein, es scheint an einem Stoff zu Iiegen, der in den Schalen roter Trauben enthalten ist, denn WeiB- und Rose-Weine (diese werden nicht liber die Maische vergoren) zeigen das Paradaxon nicht, und der die Synthese von Endothelinen (ET) hemmt. Deren Oberproduktion wird als Schlusselfaktor fur die Entwicklung von GefaBverengungen und Atherosklerose betrachtet. Sie vermindern den Blutfluss, for- 22 dern GefaBverkalkung und Herzmuskelinfarkt. Die gesundheitsfordernde Wirkung cles Rotweins filhren die Forscher auf einige chemische Verbindungen aus der Gruppe der Polypeptide zurlick, die sie bei ihren Untersuchungen von Rotweinen cler franzosischen Rebsorte Carbernet Sauvignon entdeckten. Diese Polypeptide verhindern die korpereigene Produktion des Stoffes Endothelin-l, der wegen seiner gefaBverengenden Wirkung als eine der Ursachen flir Herzinfarkte gilt. Endotheline sind eine Familie von 21 AminosaurePeptiden mit zwei Disulfidbri.icken. Sie werden aus Praund Proproteinen herausgeschnitten und sind auffallend hochhomolog zu Schlangen-, Skorpion- und Bienengiften, die Na+-Kanale bedienen. R. Corder unci seine Mitarbeiter am William Harvey Research Institute zeigen mit Rinder-Aortenendothelialzellen in Kultur, dass die verantwortlichen Stoffe Polyphenole sind, die gerade in Schalen von Burgundertrauben (Cabernet sauvignon) sehr reichlich enthalten sind. Die Wirkung ist kein Antooxidanseffekt auf die leichten Lipoproteine (LDL) Die farbstoffgebenden Anticyanine (Delphidin, Pelargonidin, Cyanifin usw.) sind als Hemmstoffe unwirksam. Der Angriffsort der Polyphenole dlirften phosphoryliernde Enzyme (Tyrosinkinasen) in den Epithelzellen sein, sodass die interzelluHiren Signalketten der schaltenden G-Proteine unterbrochen oder modifiziert werden. Der Detailmechanismus wartet auf Klarung, aber in summa: MaBiger Rotweingenuss kann Herzerkrankungen vorbeugen. Nature 2001 , 414, 863-86 Chemie in unserer Zeit 36/ Nr. 1, 7-7 (2002) Lothar Jaenicke, Universitat Koln Arbeitsmedizin: News aus Ernahrungswissenschaft unci Diatetik (10. 1. 2002) Wissenschafllichc Nilt:hrit:hlen . Miif7/ April 2002 MATIlEMATIK Dr. Norbert Brunner und Mag. Walther Janous Mathematik in neuen Handen Mit dieser Nummer der Wissenschaftlichen Nachrichten haben Norbelt Brunnerund WaltherJanollsdie redaktionelle Betrellung des Bereichs Mathematik von KLlI1 Wagner ilbernommen, der diese Rubrik seit dem viel zu frilhen Tod von Waiter Kranzer ab dem ]ahr 1989 [WN Nr 791 herausgegeben hat. Er hat dabei immer wieder interessante Aufsatze angeworben, selbst ebenfalls eifrig informative Beitrage verfasst und sich auch noch um vielerlei organisatorischen A~lfgaben (wie Fahnenkorrekturen) gekilmmert, was nun seine Nachfolger besorgen werden. Die neu gewonnene Freizeit wird Herr Wagner aber auch uns, den treuen Lesern, zugute kommen lassen, wie ja sein aktueller Artikel in diesem Heft zeigt. Walther ]anous ist Professor am Ursulinengymnasiurn in lnnsbnlck. Er ist den Lesern bereits als Herausgeber der Aufgabenecke bekannt, die er auch weiterhin betreuen wird. Norbert Bnlnner ist a.o. Professor an der Universitat f(ir Bodenkultur in Wien. Seinen Arbeitsschwerpunkt, die Gnlndlagenforschung, stellt er in d iesem Heft vor. Wie wird sich der Charakter dieser Rubrik verandern? Wir, die neuen Herausgeber, mochten gerne den Dialog zu den Universitaten intensivieren und deswegen vermehrt Autoren aus diesem Bereich ansprechen. Nicht angestrebt wird dabei jedoch ein Monolog der Hochschullehrer. Deshalb ersuchen wir Sie, unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Schuldienst, urn lhre aktive Mitwirkung: Teilen Sie doch ihre interessanten Bemerkungen und Ideen (etwa fur Projektarbeiten, FBAen, lnitiativen zur Popularisienlng unseres Faches, ... ) einem breiteren Kreis mit und schicken Sie uns ihre Manuskripte! Unsere Kontaktadresse ist: Dr. Norbert Bnlnner, Fohrengasse 16, 3430 Tulln, E-Mail: [email protected] Vermerken Sie bitte immer i111 Begleitbrief, dass Ihr Beitrag nur bei den WissenschaJtlichen Nachrichten eingereicht wirei. Falls Sie lhr Manuskript am PC geschrieben haben, mochten wir Sie ersuchen, uns auch lhren File (Word, TeX) zu ilbermitteln, am besten tiber E-Mail. Nachruf auf Professor Leopold Vietoris Gilbert Helmberg In der Nacht yom 9. auf den 10 April ist Professor Vietoris, bis dahin im 111. Lebensjahr der Nestor der Mathematiker, sanft entschlafen. Zu seinem Andenken sind fUr die folgenden Nummern der WN zwei Beitrage von Professor Reitberger zu seinem wissenschaftlichen Schaffen geplant. Professor Helmberg hat bei einer akademischen Feier zum 105. Geburtstag den Lebenslauf skizziert, den wir hier mit seiner freundlichen Genehmigung auszugsweise abdrucken . Das Foto stammt von der Feier zum 108. Geburtstag und wird mit Genehmigung des Mathematikinstituts der Univ. Innsbnlck reproduziert (die Redaktion del' WW). Geboren wird Leopold Vietoris am 4. ]uni 1891 in Radkersburg als Sohn eines Bauingenieurs, der damals geracle beim Bau der S(iclhahn dart stationiert ist. Sein Stuclium beginnt er als Bauingenieur-Student, ab seinem zweiten Stucliensemester aber nimmt ihn neben Wisscn~cha ftlichc Nachrichtl' n . Milrd April 2002 23 der Darstellenden Geometrie an der Technischen Universitat Wien die Mathematik an der Universitat Wien gefangen. Noch vor Beendigung seines Studiums wird er zum Kriegsdienst einberufen und im Osten verwundet. 1916 wird er in Sudtirol neuerlich eingesetzt und zum Heeres-BergfUhrer ausgebildet. Er promoviert 1919 an der Universitat Wien bei Escherich und Wirtinger mit einer Dissertation, die er in der italienischen Kriegsgefangenschaft vollendet hat und in der er die Begriffe der gerichteten Menge und der Filterbasis unter anderem Namen einfUhrt. Bekannt werden diese Begriffe allerdings erst durch spatere Publikationen von E. H. Moore und H. L. Smith bzw. Garret Birkhoff. Auch die Charakterisierung der Kompaktheit eines topologischen Raumes mittels Filterbasen wird erst spater in franzosischen Publikationen wieder entdeckt. Das von Vietoris eingefUhrte topologische Trennungsaxiom aber wird zumindest im Ausland als Vietoris-Axiom bekannt. Fur eine K1arung dieser Zusammenhange setzt sich insbesondere sein Innsbrucker Mathematiker-Kollege Reitberger ein. Nach einem Zwischenspiel als Mittelschullehrer arbeitet er ab 1922 als Assistent erst an der TU Graz, dann an der Universitat Wien, wo er sich 1923 mit einer Weiterfuhrung seiner Arbeiten in mengentheoretischer Topologie habilitiert. 1925 erlaubt ihm ein RockefellerStipendium die Wahrnehmung von drei Forschungssemestern an der Universitat Amsterdam und die Entwicklung seiner bahnbrechenden Beitrage zur algebraischen Topologie, der Theorie der Homologie-Gruppen. Heute ist sie mit dem Namen Vietoris fest verbunden, aber noch 1986 musste der bekannte amerikanische Mathematiker Saunders Mac Lane in einem Artikel darauf hinweisen, dass die Entwicklung dieser Theorie Leopold Vietoris zumindest ebenso wichtige Impulse zu verdanken hat wie Emmy Noether und zeitgenossischen Mathematikern. 1927 nimmt Vietoris ein Extraordinariat an der Universitat Innsbruck an, 1928 ein Ordinariat an der TU Wien und 1930 ein Ordinariat an der Universitat Innsbruck, die ihn Coder sind es die Berge?) nicht mehr loslasst. Vietoris widmet sich neben seiner Lehr- und Forschungstatigkeit den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Bergsportes, insbesondere der Orientierung im Gebirge, und der Gletschervermessung. 1m zweiten Weltkrieg wird er neuerlich verwundet, aber nach Kriegsende ubernimmt er zum zweiten Male das Amt eines Dekans der Naturwissenschaftlichen Fakultat im Wiederautbaujahr 1945/ 46. Bereits 1935 war Vietoris zum korrespondierenden der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften gewahlt worden. 1960 wird er zum wirklichen Mitglied gewahlt. 1970 feiert er sein goldenes Doktor-Jubilaum an der Universitat Wien. 1973 wird ihm das Osterreichische Ehrenzeichen fUr Wissenschaft und Kunst verliehen. Die OMG und die DMV sind stolz, ihn zu ihren Ehrenmitgliedern zahlen zu durfen. 1984 erhalt er das Ehrendoktorat der TU Wien und 1994 das der Universitat Innsbruck. Daruber hinaus ist er Inhaber des Ehrenkreuzes 1. K1asse fUr Wissenschaft und Kunst, des GroBen Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern fU r Verdienste urn die Republik Osterreich und des Verdienstkreuzes der Stadt Innsbruck. AIlSc/lIiji: em. niv.-Prof. Dr. Gil bert Helmberg Institut fUrTechnische Mathematik, Geometrie und Bauinfonnatik Technikerstmge 13, A-6020 Innsbruck, Osterreich E-Mail: [email protected] Axiome der Mengenlehre und mathematische Praxis Norbert Bnmner Das System ZFCder Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Auswahlaxiom (C steht fur "axiom of choice") dient heute als Grundlage der Mathematik. Kann und soli man eine bessere Basis find en? 1m Folgenden werden wir an einigen einfachen Beispielen aufzeigen, dass sich diese Frage bereits an der Grenze zur Schulmathematik stellt: Manche ihrer Resultate hangen von der Wahl der Axiome abo CWir setzen im Folgenden voraus, dass ZFCwiderspruchsfrei ist.) 1. Warum Axiome? Wie Bertrand Russell 1901 entdeckt hat, fuhrt die naive Mengenbildung zwangslaufig zu in sich widerspruchlichen Konstruktionen. Es ist also nicht moglich, die Arithmetik (und allgemeiner die Mathematik) auf 24 die Logik zu reduzieren, indem man etwa, wie Frege ' , fur jede Forn1el der Mengenlehre folgendes Axiom postuliert. 2 (Die Menge all dieser Axiome bildet ein so genanntes "Schema von Axiomen".) Komprahension!iirq>. Es gibt die Menge y = {x;q>(x)}, d.h.: 3yV'x(x E y ¢::> q>(x» Satz 1. Das Komprahensionsschema isl in sich widerspn'ichlich. Setzt man namlich oben die Formel q>(x) =x ~ x ein, so ware ydie Russell-K1asse y = {x;x ~ x} und speziell fUr x = y folgt y E Y ¢::> Y ~ y , ein Widerspruch in sich. Offensichtlich muss man die Mengenbildung einschranken, aber wie? In der Autobiografie berichtet Bertrand Russell uber seine Entdeckung, die vor hundert Jahren den AnstoB Wissenschaftl iche Nachrichten ' Miir7J Aprii 20m zur Entwicklung einer axiomatischen Mengenlehre gegeben hat:>"Cantor had a proof that there is no greatest number, and it seemed to me that the number of all the things in the world ought to be the greatest possible. Accordingly, I examined his proof with some minuteness, and endeavoured to apply it to the class of all the things there are. This led me to consider those classes which are not members of themselves, and to ask whether the class of such classes is or is not a member of itself. I found that either answer implies its contradiction." Zum Problem der Axiomatik schreibt er: "It seemed unworthy of a grown man to spend his time on such trivialities, but what was I to do? There was something wrong, since such contradictions were unavoidable on ordinary premises. Trivial or not, the matter was a challenge. Throughout the latter half of 1901 I supposed the solution would be easy, but by the end of that time I had concluded that it was a big job." Tatsachlich haben sich viele LOsungsversuche (auch der von Russell selbst, eine Typentheorie), im Forschungsalltag nicht durchsetzen konnen, weil sie nicht auch die ilblichen mathematischen Schlussweisen rechtfertigen. Beispiele fUr solche Ansatze sind folgende Bedingungen an <p bei der Kompriihension: o Der Vorschlag von Frege, x:l= y vorauszusetzen, also etwa oben die Formel (x E Y <=> <p(x» zu ersetzen durch x :1= y => (x E y <=> <p(x». Dann gabe es nur die leere Menge. i o Der Vorschlag von Quine, nur solche Formeln <p zuzulassen, bei denen man den Variablen x, y, ... Typenzahlen m, n, ... derart zuordnen kann, dass der Ausdruck x E y bzw. x=y in <p nur vorkommt, wenn 11 = m + 1 bzw. 11 = III gilt. Aus diesem Axiomenscherna (plus Extensionalitat) folgt ein Unendlichkeitsaxiom, aber auch die Ungilltigkeit des Wohlordnungssatzes. 5 Der Wohlordnungssatz besagt, dass es auf jeder Menge eine Wohlordnung gibt. Eine Wohlordmmg ~ ist eine transitive, antisymmetrische und vollstandige Relation, bei der jede nicht leere Menge ein minimales Element hat. 2. Die Mengenlehre von Zermelo und Fraenkel Das heute gebrauchliche System ZFC von Axiomen der Mengenlehre verdankt seine Existenz einer anwendungsbezogenen Uberlegung: Ernst Zermelo hat 1908 den angezweifelten Beweis seines Wohlordnungssatzes (siehe oben) durch die Angabe von genauen Pramissen nachtraglich verteidigt. 6 Insbesondere formuIiert Zermelo folgende Sonderfalle der Komprahension. (Dabei fassen wir X = {x; <p(x)}, eine K1asse, als Abkilrzung fUr <p(x) auf.) o Paannengen. Mit x, y existiert auch die Menge Z = {x,y}. o Vereil1igllngsmengen. Mit x existiert auch die Vereinigung ux = {y;(3z E x)(y E z)} aller seiner Elemente. o Potenzmenge. Mit x existiert auch die Potenzmenge p(x) = {y;y !;;; x} aller Teilmengen von x. o Schema del' Teilmengenbildung. FUr aile Mengen a und Formeln <p(x) =X E a /\ ",(x) gibt es y ={x; <p(x)} ={x E a;",(x)} Wissenschaftliche Nachrichten . Mtifu'Aprii 2002 Dazu kommen noch vier Axiome: o Existenz. Es gibt eine Menge x. o Extensionalitiit. Mengen sind (genau dann) gleich, wenn sie die gleichen Elemente haben. Insbesondere ist daher die (aus der Teilmengenbildung und Existenz abgeleitete) leere Menge 0 = {x E a;x :1= x} nicht von a abhangig. o Auswahlaxiom. Zu jeder Familie x :1= 0 aus paarweise disjunkten nicht leeren Mengen gibt es eine AllSwahlmenge z, die von jedem y EX genau ein Element enthalt. o Unendlichkeit. Es gibt eine induktive Menge x, d. h. es ist 0 EX und mit jedem Element y Exist auch der Nachfolger y u {y} E x. Die kleinste induktive Menge (sie existiert wegen der Teilmengenbildung) ist die Menge der natilrlichen Zahlen, co = to, 1, 2, ... 1. Abraham Fraenkel hat dieses System noch erganzt: o Fundienmg. Jede nicht leere Menge x enthalt ein bzgl. E minimales Element y: y n x = 0. o Ersetzlll1gsschema. Das Bild einer Menge a unter einer Funktion ist wieder eine Menge b; konkret: Definiert <p(x,y) eine Funktion (zu x pibt es genau eine Menge y mit <p(x,y»), dann ist b = ly;(3x E a)<p(x,y)} eine Menge. Zusammen ergeben diese (unendlich vielen) Axiome das System ZFC Die russellsche Antinomie besagt hier lediglich, dass die K1asse V = {x;x = x} aller Mengen keine Menge ist, d.h. Veo V. Triviale Antinomien sind bei ZFC ausgeschlossen: Die Mengenlehre ohne Unendlichkeitsaxiom ist frei von Widersprilchen, falls es die elementare Zahlentheorie ist. (Urn sich davon zu Uberzeugen, genilgt es, auf den nati.irlichen Zahlen. d.h. fUr 0, 1,2,3, ... , eine Relation E wie folgt zu definieren: ItEm, wenn m die dyadische Darstellung m= /~o m / 2 / mit m; = oder 1 hat und 11 einer der Exponenten i ist mit m/ = 1.') L ° 3. Philosophischer Exkurs Ob ZFC mit Unendlichkeitsaxiom frei von Widersprilchen ist, bleibt offen. Man kann namlich prinzipiell nicht beweisen, dass ZFC widerspruchsfrei relativ zur Zahlentheorie oder sogar lediglich relativ zu ZFC ist, auger es ware bereits die Zahlentheorie selbst bzw. ZFC inkonsistent. Das ist im Wesentlichen der Inhalt des 2. Unvollstandigkeitssatzes von Kurt GOOel, der vor 70 Jahren veroffentlicht wurde. B Es steckt somit in den Axiomen von ZFC(insbesondere dem Unendlichkeitsaxiom) mehr Inhalt, als es zunachst den Anschein hat. Sollen wir ZFCtrotzdem akzeptieren? o Ein "Pragmatiker", und somit fast jeder Mathematiker, wird dies zweifellos tun. Viele davon meinen, dass sie solche Eigenschaften von Objekten erforschen, die unabhangig von ihnen selbst existieren CnPlatonismus"). Weil die Axiome der Mengenlehre wahre Aussagen ilber Mengen sind, ist die Mathematik nach dieser Sichtweise auch so erfolgreich. o Eine etwas vorsichtigere Haltung ist es, moglichst nur die unhedingt benotigten Axiome zu verwenden. Man lost somit ein "inverses Problem,,:9 Gegeben ist ein Theorem, welche Mengenlehre benotigt man zu seinem Beweis? 1m Extremfall wird man bei der Beschaftigung mit solchen Fragen jedes nicht nachgewiesen in sich widersprilchliche System der Mengenlehre als Stu- 25 dienobjekt akzeptieren und Mathematik allgemein als Spiel mit Symbolen unter gewissen Regeln auffassen CnFormalismus"). o SchlieBlich konnte man ZFC ganz oder teilweise ablehnen . Manche werden z.B. nur endliche Mengen bis zu einer gewissen maximalen Anzahl von Elementen akzeptieren wollen ("Ultrafinitismus"). Auch ist etwa das Auswahlaxiom nicht a priori (vgl. aber das Axiom V - L unten) mit der Auffassung zu vereinbaren, dass nur solche Beweise und Axiome zulassig sind, die Vorschriften fur die Konstruktion def Objekte enthalten, deren Existenz sie postulieren CnKonstruktivismus"). Wir werden hier vor allem einige Ergebnisse zum "inversen Problem" vorstellen. Von besonderem historischen, philosophischen bzw. praktischen Interesse sind dabei das Fundierungsaxiom, das Unendlichkeitsaxiom und das Auswahlaxiom und dazu vor allem die praktische Frage, bei welchen Satzen der Mathematik das jeweilige Axiom eine Rolle spielt. 4. Auswahlaxiom Zermelo hat durch die Angabe seiner Axiome die Zweifel an der Gultigkeit des Wohlordnungssatzes nicht beenden konnen. Vor allem das Auswahlaxiom ist dabei in das Zentrum der Kritik geruckt:1O Gibt es Konsequenzen dieses Axioms, die so wenig plausibel sind, dass das Auswahlaxiom (im Sinn des Platonisten) nur "falsch" sein kann?lI Ein Kandidat fur eine solche Paradoxie wurde 1924 von Banach und Tarski vorgestellt. 12 AbbUdung 1. Zerlegung eines Dreiecks (Grundlinie a, Hohe (1) und eines Rechlecks (Seilen a und II 1 2) mil der gleichen Flache in drei jeweils kongruenle S((icke. (1 lind 2 werden urn 1800 gedrehl, 3 bleibl fix.) Der Ausgangspunkt ist eine Frage clef Elementargeometrie: Wie ermittelt man clie Flache einer eben en Figur, z. B. eines Polygons P? Ein moglicher Ansatz ist es, das Polygon Pin mehrere Stucke (Polygone) zu zerteilen (sie schneid en sich hochstens in clen Randkurven) und diese dann so zu bewegen (zu drehen oder mittels Translation zu verschieben), das ' ein Rechteck R entsteht, clessen Flache jene von P ist, wie etwa in obiger Abbildung fUr das Dreieck. Nach dem klassischen Satz von Bolyai uncl Gerwien funktioniert das wirklich: Zwei Polygone haben genau dann die gleiche Flache, wenn sie relativ zu einer Zerlegung kongruent sind. Gelingt clieser Ansatz auch flir Polytope im Raum? Diese Frage, das 3. hilbertsche Problem, wurde 1900 von Dehn beantwortet; mit "nein".13 Doch damit ist das Thema der Zerlegung noch keinesfalls erschopft! Was ist, wenn man z. B. den Korper in 26 allgemeine Mengen zerlegt? (Weil der Rand von allgemeinen Mengen auch ein positives Volumen haben kann, wird man fordem, dass sich keine zwei Stucke schneiden.) Nun funktioniert die Zerlegung plotzlich zu gut, wie der Satz 2 von Banach und Tarski zeigt. In der Ebene (fur den Einheitskreis) gilt der Satz ubrigens nicht (auBer man verwendet abzahlbar viele StUcke). Unsere Formulierung folgt R. Robinson: Satz 2. In ZFC gilt: Die Einheitskugelliisst sich deralt in fiinf disjunkte Mengen M i zerlegen, dass sich sowohl bereits M I bis M } iiber Translationen ltnd Drehtmgen nett zu eillerEinheitskugel zusammel1setzel1lassen, als auch M I lind M s' Die Einheilskugel wird also durch Zerlegungen verdoppelt. Spricht dieses Resultat gegen das Auswahlaxiom? Eigentlich nicht, wie Dougherty LInd Foreman 1994 gezeigt haben: Auch ohne Auswahlaxiom kann man endlich viele paarweise disjunkte offene Teilmengen der Kugel finden , deren Vereinigung dicht ist, und die sich so neu zusammensetzen lassen, dass sic in zwei Einheitskugeln dicht sind. I . (Das Auswahlaxiom benotigt man somit nur, urn eine nirgends dichte Menge aufzuteilen.) 5. Unendlichkeitsaxiom Indem man von den Mengen der naturlichen, rationalen, reellen Zahlen spricht, setzt man implizit das Unencllichkeitsaxiom voraus. Um aber nur elementare Zahlentheorie zu betreiben, braucht man clie Cnaktual unendliche") Menge aller natiirlichen Zahlen nicht (d. h.: sie konnte eine "potenziell unendliche" echte Klasse sein). Man beweist dann z. B. wie Euklicl, dass keine endliche Menge aile Primzahlen enthaIt (statt .es gibt unendlich viele Primzahlen"). Gibt es ein Resultat der elementaren Zahlentheorie, zu clessen Beweis man die Mengenlehre mit Unencllichkeitsaxiom benotigt? Nach clem 1. Unvollstandigkeitssatz von Godel (loc. cit.) ist die Antwort positiv: Es gibt einen wahren (in ZFC giiltigen) Satz, der aber nicht in der elementaren Zahlentheorie (Mengenlehre ohne Unendlichkeitsaxiom) beweisbar ist. Ein konkretes Beispiel dafiir ist folgender Satz von Goodstein.15 Seine scheinbar harmlose Fragestellung konnte fast einer Problemecke entstammen. Bekanntlich kann man Zahlen in unterschiedlichen Basen darstellen, etwa 11 Zllf Basis b ~ 2 als endliche i Summe 11 = i b • It , mit 0 =::;; 11, < b, und diese Darstellungen ineinander umrechnen (11 =22 als dyadische ZahI10110: 11 = 2'; + 22 + 21). Eine Zahln ist in der vollstandigen Darstellung zur Basis b, wenn man nichl nur n= b i • Il schreibt, sondem auch die Exponenten i (mit 11; :F. 0) in der Basis b anschreibt. ebenso deren Exponenten usw. (Zum Beispiel schreibt man bei cler vollstancligen Darstellung von 22 zur Basis 2 noch die Exponenten als 4 = 22 ,2 = 21. Es werclen also keine Zahlen verwenclet, die groBer als b = 2 sincl.) Mit Hilfe dieser Darstellung kann man folgencle Funktion 5;, definieren: Gegeben sind Il uncl clie Basis b ~ 2. Man stellt n vollsrandig in cler Basis b clar unci ersetzt iiberall b clurch b + 1. Das Resultat ist 5;,(11). So ist S2(22) = 3~' + Y + 3 = 7.625.597.485.017 (aus clem Exponenten 4 = 22 wircl27 = Y), die Funktionen 5;, wachsen also ziemlich rasch. L L, j Wisst:nschaftliche Nachrichten ' Miirz/ April l 002 Wir kombinieren diese Funktionen mit der Subtraktion urn 1: Eine Zahl n wird in der Basis bvollstandig dargestellt, b wird durch b + 1 ersetzt und yom Ergebnis wird 1 abgezogen. Dies wird mit der Basis b + 1, dann b + 2, ... wiederholt. Wir definieren also eine Rekursion g", (n): g2(n) = SJ(11 )-1,g3(n) = S,(gl(n )-1, ... g",+I(ll) = S"'+I(g",(n)-l Kann die Subtraktion das rasche Wachstum durch den Basiswechsel kompensieren? Die Antwort hangt von den verwendeten Axiomen ab: Satz 3. In ZFC kann man beweisen: Fiirjede natilrliche Zahl n gibl esm ~ 2 mil g", (n) =O. In der eiementaren Zahlentheorie lasst sich dies nicht beweisen (falls sie konsistent isO. Wie man sich leicht uberzeugen kann , wachst die Foige gIll anfangs rasch. Trotzdem wird sie nach Satz 3 schlieBlich verschwinden! Und urn das zu zeigen, benotigt man das Unendlichkeitsaxiom: Analog wie die Funktion Sb definiert man namlich eine Ordinalzahl K h , indem man in der vollstandigen Darstellung von 11 uberall b durch die Ordinalzahl co ersetzt. (Es wird also eine Arithmetik von unendlichen Ordinalzahlen vorausgesetzt. 16) Man kann diese Zahl als die Komplexitat von 11 in der vollstandigen Darstellung zur Basis b auffassen. Die wichtigste Beobachtung ist dann, dass die Komplexitiit K",+I(g",(n) der Goodstein-Foige gill mit jedem Schritt 111 sinkt: Weil es keine unendlichen absteigenden Foigen aus Ordinalzahlen gibt, wird die Komplexitat nach endlich vielen Schritten 0, ebenso wie g",. Diese Anwendung von Ordinalzahlen kann nach Satz 3 auch nicht vollstandig durch die gewohnliche Arithmetik ersetzt werden. Analog, wie der Satz von Goodstein unendliche Mengen zu seinem Beweis benotigt, gibt es auch Satze der Zahlentheorie, deren Gliltigkeit von der Annahme )10herer Unendlichkeitsaxiome" d. h. der Existenz "groBer Kardinalzahlen") abhangt. 17 Ein Beispiel fur ein solches Axiom ist die Annahme der Existenz von lInerreichbaren Zahlen 1(, liberabzahlbaren Kardinalzahlen, bei denen (0 die Vereinigung jeder Familie Xvon Mengenx E X eine kleinere Kardinalitat alsl( hat, falls Xund aile x E X weniger als I( Elemente haben (Regularitat) und (ii) fur solche x auch die Kardinalitat der Potenzmenge p(x) kleiner als I( ist. 6. Fundierungsaxiom Wenn sich ZFCaus "wahren Aussagen uberdie wirkliche Welt" zusammensetzt, dann sollte es auch eine anschaulich einsichtige Begrundung flir diese Axiome geben. Eine davon ist die Vorstellung der "kumulativen Hierarchie", wonach Mengen schrittweise gebildet werden, indem (ausgehend von der leeren Menge bereits bestehende Mengen zu neuen zusammengefasst werden, etwa aus xundydie Paarmenge {x,),}. Die so zusammengeftigten Mengen bilden eine Stufe S. Sie ist der Ausgangspunkt fOr die Wiederholung dieser Konstruktion, der Bildung der nachsten Stufe T. Dana Scott hat aus dieser Idee folgende (hier etwas abgewanclelte) Axiome gewonnen. 18 Er unterscheidet clabei allgemeine Mengen x, )' und spezielle Mengen S, T, clie mit clen intuitiven Stufen iclentifiziert werden. Er \X' issenschaftlichc Nachrichtcn . tvl:ir7.1April 2002 kann so nach Satz 4 das Fundierungsaxiom begrunden, nicht allerdings das Auswahlaxiom. 19 Die Axiome von Scott sind einerseits die ZFC Axiome Existenz, Extensionalitat, Unendlichkeit, das Schema der Teilmengenbildung, das Ersetzungsschema und das Auswahlaxiom , andererseits: o Zusammen!assung. Die Elemente x jeder Stufe S entstehen aus einer Zusammenfassung von Elementen einer fruheren Stufe T, d. h.: XES ¢::> 3 T E S(x !:; T v X E T); o A usschliefilichkeit. Samtliche Mengen x werden uber diese Zusammenfassung bestehender Mengen gewonnen, d. h.: "i/ X3Sx E S. Satz 4. Ein Salz <p der Mengenlehre gilt genau dann in ZFC, wenn er mit den Axiomen von Scott beweisbar is!. Zum Nachweis der Fundierung zeigt Scott u.a., dass die Stu fen bzgl. !:; linear geordnet sind. Bekanntlich folgt ja aus Fundierung, dass es eine Rangfunktion (als Klasse) rk: V ~ On (= Klasse der Ordinalzahlen) gibt mit x E )' ~ rk(x) < rk(y), wodurch sogar eine wohlgeordnete Hierarchie Va = {x;rk(x) < a} (mit a EOn) von Stu fen definiert wird. Das Funclienmgsaxiom hat keine unmittelbaren praktischen Konsequenzen. Es (d. h. die Existenz einer Rangfunktion) schlieBt lediglich pathologische Mengen mit x EX oder x EyE Z EX aus. Dadurch wird jedoch indirekt der mengentheoretische Begriff einer Funktion (eine Menge von geordneten Paaren) inkompatibel mit dem dynamischen Begriff einer Funktion, wie er etwa in der Programmierung gelaufig ist, wo eine Funktion (ein Programm) f auf sich selbst anwendbar ist:!O Die GleichungfOJ = x bedeutet, dass das geordnete Paar (j, x) E fist, weswegen f E {t} E {{f}, {f,x}} = (j,X)E f. Moglicherweise liegt darin eine Ursache fur die in der Schule und bei vielen Studienanfangern zu beobachtende Schwierigkeit mit dem Funktionsbegriff. (Dass er auch weiter gehen kann, als der konstruktive Begriff einer Regel, ist wohl die zweite Ursache; vgl. Z. B. Abschnitt 9.) 7. Konsistenz des Auswahlaxioms Bei jedem Axiom wird man sich fragen, ob es zu einem Widerspruch fuhrt. Dazu untersucht man es relativ zu einem Fragment der Mengenlehre (d.h. einer Gruppe von "unproblematischen Axiomen"). Kann man zeigen, dass es relativ konsistent ist, weil die Hinzunahme des Axioms keine (neuen) Widerspruche einflihrt? 1st es aber auch relativ unabhangig, also keine Konsequenz aus dem Fragment (und die relative Konsistenz somit nicht trivia!)? Aus historischen Grunden hat sich die Frage der Konsistenz relativ zu den ubrigen Axiomen der Mengenlehre (einschlieBlich Unendlichkeit) vor aHem fiir das Auswahlaxiom gestellt: 1st cler Wohlordnungssatz doch falsch? Dass dem nicht so ist, hat Godel nachgewiesen, indem er die kumulative Hierarchie um eine Dberiegung zur Definierbarkeit erganzt hat. 1m Foigenden sei ZF die Mengenlehre ohne Auswahlaxiom. ~I Satz 5. Wenn ZF keillen Widerspruch hal, dann ist allch ZFC'/;-ei von Widerspriichell. Zum Beweis konstruiert Goclel eine Klasse L (die 27 konstruktiblen Mengen) und darauf On L ohne Verwendung des Auswahlaxioms) eine Wohlordnung. Der Nachweis, dass L (mit der Relation e) die Axiome von ZFerfullt (d. h., dass Lein Modell von ZFist), beruht auf folgenden Eigenschaften: oDie Klasse List transitiv: Mit x e List auch jedes Element y e x in L. oDie Klasse List unter gewissen fundamentalen Operationen F{ abgeschlossen, wie F,(x, y) = {x,y}. Die Rolle dieser Operationen besteht darin, in L die Teilmengenbildung fur beschrankte Formeln <p zu garantieren, bei der aile Quantoren von der Form (:Ix e y), ('7 x e y) sind. Dazu gibt es namlich eine zusammengesetzteOperation Fmit{x e aj<p(x)} = F(a). o Jede Teilmenge x b List Teilmenge eines ye L. (Dadurch gibt es in L Potenzmengen.) Wenn allgemein eine Klasse M diese Eigenschaften erfullt, dann ist sie ein Modell von ZF. Dies legt eine rekursive Konstruktion fOr das Modell L von Godel als einen Abschluss unter den fundamentalen Operationen nahe. 22 Insbesondere ist Lauch das kleinste transitive Modell von ZF, welches aile Ordinalzahlen enthalt und es erfullt das Axiom V = L, dass jede Menge im obigen Sinn konstruktibel ist. (Vgl. mit den Anforderungen des Konstruktivismus in Abschnitt 3.) Eine fruhe Anwendung des Modells L war die Beobachtung, dass das Auswahlaxiom (anders als das Unendlichkeitsaxiom) keinen Einfluss auf die elementare Zahlentheorie hat. 23 Auch heute noch ist L ein zentrales Thema der Mengenlehre. So nehmen drei der sieben Forschungsschwerpunkte am Institut fur Formale Logik der Universitat Wien Bezug daraue' 8. Unabhangigkeit des Auswahlaxioms Als Nachstes stellt sich die Frage, ob das Auswahlaxiom aus den ubrigen Axiomen folgt. Ein erstes verneinendes Gedankenexperiment haben bereits Poincare und Russell formuliert: Anders als bei einer unendlichen Foige von (ungeordneten) Paaren von Schuhen, bei denen man z. B. die Menge aller linken Schuhe als Auswahlmenge definieren kann, gibt es keine solche Definition fur die (ununterscheidbaren) Paare von Socken. Vor 80 Jahren hat Fraenkel daraus durch eine Abschlusskonstruktion ein Modell fur ein Fragment der Mengenlehre zu konstruieren versucht. Der wesentliche Defekt war dabei, dass den Socken keine Mengen entsprochen haben.z; Er wurde nach rund 42 Jahren von Paul Cohen behoben: Eine Foige von ungeordneten Paaren von unendlichen Teilmengen der reellen Zahlen kann das Verhalten der russellschen Socken simulieren.l6 (Dann kann die Potenzmenge der reellen Zahlen nichtlinear geordnet werden und daher die Menge der reellen Zahlen nicht wohlgeordnet.) Satz 6. Wenn ZFjrei von Widerspruchen ist, dann ist es auch ZF zusammen mit der Aussage "die Menge der reel/en Zahlen verletzt den Wohlordnungssatz ". Der Nachweis der Unabhangigkeit des Auswahlaxioms ermoglicht es, das Auswahlaxiom aus philosophischen Grunden abzulehnen, oder weil die Mathematik ohne Auswahlaxiom vielleicIu interessanter ist. Dazu ware dann zunachst zu untersuchen, welche 28 wichtigen mathematischen Resultate zum Auswahlaxiom aquivalent sind.27 Aus solchen OberJegungen gewinnt man oft interessante Prinzipien, die zwar vom Auswahlaxiom abhangen, dieses aber nicht implizieren.:!II Und schlieBlich wird man Alternativen suchen (und analog erforschen). die zwar dem Auswahlaxiom widersprechen, aber nicht den sonstigen Axiomen von ZF. Auch wenn man keinesfalls vorhat, auf das Auswahlaxiom zu verzichten, enthalten die Unabhangigkeitssatze von Cohen nutzliche Informationen: So gibt es in ZFCzwar auf der Menge aller reellen Zahlen eine Wohlordnung, aber man kann sie in ZFC nicht definieren. (So wie man in .der" Geometrie zwar Winkel dreiteilen bnn, aber nicht mit Zirkel und Lineal.) 9. Stetigkeit und Auswahlaxiom Der Unabhangigkeitsbeweis von Cohen hat das Gesicht der Mengenlehre vollig verandert: Das Interesse der Forscher liegt bei der Formulierung neuer Axiome, dem Nachweis ihrer relativen Konsistenz und Unabhangigkeit (und eventuell der Klarung der Frage, auf welchen Prinzipien diese Resultate ihrerseits beruhen). Dabei werden sogar Probleme beruhrt, die in die Nahe der Schul mathematik fUhren. Ein erstes Problem steckt schon im Begriff der Abzahlbarkeit: Man benotigt z. B. kein Auswahlaxiom, um (mit dem Diagonalargument von Cantor) zu zeigen, dass die Menge der reellen Zahlen nicht abzahlbar ist (und dass sie auch nicht eine abzahlbare Vereinigung von nirgends dichten Mengen ist). Sie konnte jedoch eine abzahlbare Vereinigung von abzahlbaren Teilmengen sein: Die Konstruktion einer Aufzahlung bei einer solchen Menge beruht somit auf einer Auswahl. (Auch Mathematiker haben dies vereinzelt irrtumlich ubersehen. 29) Als fUr die Schule relevantes Beispiel illustrieren wir, dass die Schwierigkeit, den Begriff der Stetigkeit zu verstehen, auf einer unausgesprochenen Anwendung des Auswahlaxioms beruht. Eine reellwertige Funktion j auf den reellen Zahlen ist bei einem Punkt x stetig, wenn es fur aile E > 0 ein 0>0 gibt mit -O<x-y<O~-E<j(X)-j(y)<E. Sie ist bei xfolgenstetig, wennj(x" )fur jede Folge (x,, ) mit dem Grenzwert x gegen j(x) konvergiert. Sie ist (uberal)) stetig bzw. folgenstetig, wenn diese Aussage uberall gilt. Ohne Auswahlaxiom kann man leicht zeigen, dass aus der Stetigkeit die entsprechende Form der Folgenstetigkeit folgt. Umgekehrt ist der Sachverhalt kom plizierter: 30 Satz 7. In ZF ohne Auswahlaxiom kann man zeigen: Eine alljallen reel/en Zahlen definiel1e und iiberal!jolgenstetige reel!wel1ige FUllktion ist ubemll stetig. In ZF ohne Auswahlaxiom kann man jedoch nicht beweisen (es sei denl1, ZF enthalt einen WiderspruchJ, dass (i) eine bei einem Punkt jolgel1stetige FUl1ktion dOI1 stetig ist oder dass (ii) eine auj einer Teilmenge der l-eellen Zahlel1 dejiniel1e und dol1 ilbemll jolgel1stetige Funklion auch uberall stetig ist. Beim ublichen Beweis von .bei x unstetig ~ bei x nicht folgenstetig" beginnt man mit der Pramisse, dass es ein Eu > 0 gibt, fUr das es zu jedem 0 =1 / n ein y" gibt Wis~ensc haflliche Nachrichlen . Marzl April 2002 mit - 0 < x - y" < 0 und I/(x)- ICY" ~ > Eo' Diese gegen x konvergente Folge der y" ist dann offensichtlich ein Gegenbeispiel zur Folgenstetigkeit. Allerdings ist bereits in der Formulierung der Pramisse das Auswahlaxiom versteekt: Die Folge der j' wird aus der Men ge M" = {y;-l / n <x- y <l i n und I/(x)- fCY~ > Eoj ausgewahlt. Ohne Auswahlaxiom kann man nur M" :t: 0 konstatieren und gewinnt noeh keine Folge. 31 Dazu musste man z.B. zusatzlieh wissen, dass M" rationale Zahlen enthalt: Aus deren Wohlordnung lieBe sich (das nkleinste") y" EM" konstruieren. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn/uberall definiert und folgenstetig ist, also aueh bei y EM" . (Das ist im Wesentlichen das Argument von Sierpinski, dass "uberall folgenstetig => stetig" in ZF gilt.) Man betraehtet dazu eine Folge r,,, von rationalen Zahlen, die gegen y konvergiert und zeigt: 4 5 6 N . "' {r rdlional;-I / II < x - r < 1 / 11 und lr(x ) - [ (r)1> E. 1 2}" 0 . Ahnliehe Beispiele gibt es aueh beim Themenkreis urn den Satz vom Maximum: Man benotigt kein Auswahlaxiom zum Beweis, dass abgesehlossene und besehrankte Mengen reeIler Zahlen kompakt sind (d. h.: sie erfUlIen den Satz von Heine und Borel . Ferner sind ohne Auswahlaxiom) stetige Funktionen auf kompakten Mengen besehrankt und sie nehmen dort ihre Extremwerte an. Ohne Auswahlaxiom (aber eventuell mit etwas genauerer BeweisfUhrung als ublieh) gilt aueh der Satz von Bolzano und WeierstraB, dass jede besehrankte Folge von reellen Zahlen eine konvergente Teilfolge enthalt (Folgenkompaktheit). Fur die Aussage jedoeh, dass eine folgenkompakte Menge reeIler Zahlen kompakt ist (und dass dort stetige Funktionen besehrankt sind), benotigt man jedoeh das Auswahlaxiom ..ll Wie Satz 7 nahe legt, wird man zumindest eine sehwaehe Form des Auswahlaxioms postulieren. Ein soIches Axiom, das fUr die meisten praktisehen Zweeke der Analysis ausreicht (etwa zum Beweis von "bei x folgenstetige Funktionen sind stetig", "abzahlbare Vereinigungen abzahlbarer Mengen sind abzahlbar", aber aueh etwa dem bairesehen Kategoriesatz), wurde von Paul Bernays vorgesehlagen, die bedingte At/swahl: Gegeben sei eine Relation R auf einer nicht leeren Menge Xmit der Eigensehaft V.tJy xRy. Dann gibt es eine Folge (x,,) auf Xmitx"Rx ,,+I' 7 8 9 10 11 12 13 Al1scllrift: ao niv.-Prof. Dr. Norbert Brunner, Institut f. Mathematik u. angewandte Statistik niversitat f. Bodenkultur, Peter-Jordan-Str. 82, 1190 Wi en 14 Anmerkungen: 1 Vgl. § 9 in Frege, G.: Grundgesetzc der Arithmetik, begriffsschriftlich abgeleitet. Bd. 1. Jena 1893. 2 Eine Formel wird indllktiv aufgebaut aus Aussagen der Foml /I E V, /I = v, logischen VerknOpfungen .... ,v,/\, ... lind Quantoren 'V,3. Die im Foigenden durch AbkOrzungen definierten Konstanten werden cbenfalls in den Formeln der Mengenlehre zugelassen. Die freien Variablen von IP seien xund die Parameter z" .. z,,' aher nicht die Variable y. Das Prafix 'V z, ... 'V z" haben wir bei der Formulierung des Axioms unterdruckt. (Analoge Konventionen gelten auch bei den folgenden Axiomenschemata.) 3 Russell, B.: The Autobiography of Bertrand Russell, lR72-1914. London 196 . Die dieser KonMruktion vorangegangenen Oberlegungen von Cantor und Burali-Forti zur graBten Kardinalbzw. Ordinalzahl wurden erst von Russell als Paradoxien inter- Wissenschaftliche Nachrichten . MarziAprii 2002 15 16 pretiert; vgl. Garciadiego, A. R.: Bertrand Russell and the Origins of the Set-theoretic Paradoxes. Basel 1992. Vgl. Anhang zu Frege, G.: Grundgesetze der Arithmetik, begriffsschriftlich abgeleitet. Bd. 2. Jena 1903. Dieser Vorschlag wird z. B. diskutiert in Quine, W. V. (955): On Frege's Way Out. In: Mind.Jg. 64. S. 145. Mehr zu dieser Mengenlehre NFfindet man in Forster, T. E. : Set Theory with a Universal Set. Oxford 1992. Zermelo, E. (1908): Untersuchungen Ober die Grundlagen der Mengenlehre, I. In: Mathematische Annalen.Jg. 65. S. 261. Der ursprungliche Kontext fOr diesen Satz ist das 0900 auch in die beruhmte Liste Hilberts aufgenommene) KOl1lil1l1msproblem, das seit der Geburtsstunde der Mengenlehre virulent ist: 1873 berichtet Georg Cantor in einem Brief von seiner Entdeckung, dass sich unendliche Mengen in ihrer GraBen unterscheiden. Konkret ist die Menge der reellen Zahlen von gra Berer Machtigkeit als die (abzahlbare) Menge der ration alen Zahlen. Die Frage liegt nahe, wie groB genau die Machtigkeit c des Ko ntinuums ist, der Menge aller reellen Zahlen: Gilt c =tt, und ist damit insbesondere die Menge der reellen Zahlen wohlordenbar? Zum aktuellen Stand der Forschung vgl. Woodin, W. H. (2001): The Continuum Hypothesis. In: Notices of the American Math. Soc.Jg. 48. Part I, S. 567und Part II, S. 681. Die Relatio n £ auf den natUrlichen Zahlen erfOlit aile Axiome von ZFC(fUr E), bis auf das Unendlichkeitsaxiom. Dies ist das Modell von Ackermann, W. (937): Die Widerspruchsfreiheit der allgemeinen Mengenlehre. In: Mathematische Annalen. Jg. ll q. S. 305. Vgl. (den allgemein fUr rekursiv axiomatisierte Theorien formulierten) Satz XI in Gadel , K. (1931): Ober formal unentscheidbare Satze der Principia Mathematica und verwandter Systeme I. In: Monatshefte fUr Mathematik und Physik.Jg. 38. S. 173. Mit diesem Theorem hat sich Gadel (geb. 1906 in Brunn, 1930 Promotion an der Univ. Wien, gest. 1978 in Princeton) den Ruf als einer der graBten Denker des 20. Jahrhunderts erworben (Time Magazine vom 29. 3. 1999). HerJusragend unter den zahlreichen popularen Darstellungen dieses Resllitats ist Hofstadter, D. R.: Godel, Escher, Bach: An Eternal Golden Braid. New York. 1979 (Neuauflage 1999). Konkret stellt sich diese FrJge vor allem fur das Auswahlaxiom . Ebenso untersucht wurde, ob es genugt, die Axiome zur Bildung von Teilmengen fur eine eingeschriinkte Klasse von Formeln IP zu fordem; vgl. Simpson, S. G. (984): Which Set Existence Axioms are Needed to Prove the Cauchy-Peano Theorem. In: Journal of Symbolic Logic. Jg. 49. S. 783. Eine ausfuhrliche Darlegung dieser Diskussion findet man in: Moore, G. H.: Zermelo's Axiom of Choice. Berlin 1982. Enthalt die Logik z.B. zusatzlich Wahrscheinlichkeitsquantoren (neben 'V,3>, dann kommt man bald auf Widerspruche zum Allswahiaxiom; vgl. van Lambalgen, M. (992): Independence, Randomness and the Axiom of Choice. In: Journal of Symbo lic Logic. Jg. 57. S. 1274. Fur diesen Abschnill vgl. Wagon, S.: The Banach-Tarski Paradox. Cambridge 1986. Vgl. Boltyanskii, V. G.: Hilbert's Third Problem. Washington. 1978. Ein Sonderfall des Problems wurde schon 1882 als Preisaufgabe von Kretkowski gestellt, vgl. Piotrowski, W. (985): Wladyslaw Kretkowski and Hilbert's Third Problem. In: His\. Math.Jg. 12. S. 258. Dougherty, R. I Foreman, M. (994): Banach-Tarski Decompositions Using Sets with the Property of Baire. In: Journal of the American Math. Soc. Jg. 7, S. 75. Die genaue logische Starke des Satzes von Goodstein untersuchen Kirby, L. I Paris, J. (1982): Accessible independence results fo r Peano arithmetic. In: Bulletin London Math. Society. Jg. 14. S. 285. Die Addition, Multiplikation und Potenz von Ordinalzahlen wird rekursiv definiert: a+(~+I)=(a+~)+I, a x (~+I)=(a x ~)+a, a~ + ' =a~ xa fOr Nachfolgezahlen ~ + 1 und als Grenzwert fOr Limeszahlen. Jede Ordinalzahl a,* 0 hat dann eine eindeutige Normalform a = (J)u(m) am +...+oou( O) a o mit Ordinalzahlen a(m) >... > a(o) und natOrlichen Zahlen 111, a, mit am O. 17 Beispiele aus der Kombinatorik konstruiert Friedman, H. M. (998): Finite functions and the necessary use of large cardinals. In: Annals of Mathematics. Jg. 1 8. S. 803. 18 SCOII, D. (197 ): Axiomatizing Set Theory. In:Jech, T. (Hrsg.): Axiomatic Set Theory. Providence. Spezieller als b i SCali ken- '* 29 19 20 21 22 23 24 25 nen wir nur Mengen und wir fordern, dass jede Menge ein Element ist. Eine Analyse fehlgeschlagener Begriindungsversuche des Auswahlaxioms findet man bei Mirdglia, P. (2000): Finite Mathematics and the Justification ofthe Axiom ofChoicc.ln: Philosophia Mathematica .Jg. 8. S. 9. Tatsachlich kann man in einer Mengenlehre ohne Fundierungsaxiom (und einem Antifundierungsaxiom als Ersatz) auf sich selbst anwendbare Progmmme als Funktionen (= Menge von Paaren) repr'dsentieren; niiheres z.B. bei von Rimscha, M. (1980): Mengentheoretische Madelle des AK-KalkLils. In: Archiv f. math. Logik u. Grundlagenforschung.Jg. 20. S. 65. Vgl. auch Aczel, P.: Non-Wellfounded Sets. Stanford 1988. Unsere Darstellung folgt im wesentlichen Gbdel, K.: The Consistency of the Continuum Hypothesis. Princeton 19qO. List die Vereinigung aller Stufcn l,. ,a. eine Ordinalzahl, wobei 4 0 und l,.+\ aile Teilmengen von La' die durch Anwendung der Kombinationen von fundamentalen Operationen auf l,. U {l,.} entstehen. Fiir Limeszahlen a. ist l,. wieder die Vereinigung der bis dahin definierten lp. Vgl. Kreisel, G. (1956): Some Uses of Metamathematics. In: British Journal of the Philosophy of Science. Jg. 7. S. 161. Aus der Homepage [www.logic.univie.ac.atl: .Research in our group is concentrdted on axiomatic set theory, in particular: the constructible universe, inner madels for large cardinals, class forcing, cardinal characteristics, forcing axioms and absoluteness principles, descriptive set theory, fine structure theory." Eine ausflihrlichere Diskussion dazu findet man bei Brunner, N. (1996): 75 Years of Independence Proofs by Frdenkel-Mo- = = stowski Permutation Models. In: MathematicaJaponica.Jg. 3. S. 177. 26 Verbffentlicht wurde die Unabhiingigkeit des Auswahlaxioms erst in Cohen, P. J.: Set Theory and the Continuum Hypothesis. New York 1966. 27 Fiir eine Obersicht vgl. Rubin, H. I Rubin, J. E.: Equivalents of the Axiom of Choice, II: New York 1985. 28 Den aktuellsten Oberblick erhalt man in der Homepage zur Monografie Howard, P. / Rubin, J. E.: Consequences of the Axiom of Choice. Providence 1998. 29 Vgl. die Diskussion bei Brunner, N. I Howard, P. (1992): Russell 's Alternative to the Axiom of Choice. In: Zeitschrift f, mao thematische Logik u. Grundlagen der Mathematik. Jg, 38. S. 529, 30 Weitere Referenzen z. B. bei Herrlich, H. (997): Choice Principles in Elementary Topology and Analysis. In: Commentationes Math. niv. Carolinae. Jg. 38. s. 5q5. 31 Es konnte namlich ( vgl. Howard / Rubin, loc. cit.) eine in den reellen Zahlen dichte, aber Dedekind-endliche Menge D von irmtionalen Zahlen geben. ( Dedekind-Endlichkeit bedeutet, dass D keine Foige aus unendlich vielen Elementen enthalt. Die Existenz einer unendlichen demrtigen Menge widerspricht dem Auswahlaxiom ,) Die chamkteristische Funktion von D, j(x) 1, fiir x ED und j(x) = 0, sonst, ist dann nirgends stetig, aber bei mtionalem x folgenstctig, weil es (Dedekind-Endlichkeit) keine Folge y" E ill" zu den Mengen M" ={y ED;-l / n<x- y < 1 1 II} gibt. 32 Ein Gegenbeispiel erhiilt man aus einer dichtcn Dedekindendlichen Menge. = Es gibt unendlich viele Primzahlen WaltherJa now; Einleitung Fur manche Theoreme gibt es eine Vielzahl von Begriindungen, Beispiele dafur sind der pythagoreische Lehrsatz mit uber 300 Beweisen im auch fOr Schliler lesenswerten Bi.ichlein [3], die MacLaurin'sche Ungleichung vom geometrischen und arithmetischen Minel (Anfang 18, Jh.) mit 52 verschiedenen Beweisideen in [4] oder der Fundamentalsatz der Algebra, fur den seit GauB (erster Beweis imJahr 1 99) unuberschaubar viele weitere Beweiswege erdacht worden sind. Auch der im Titel erwahnte Satz, den erstmals Euklid in seinen Elementen formuliert und nachgewiesen hat, zahlt zu dieser Kategorie, Selbst heute noch werden fOr aile diese Resultate zum Teil i.iberraschende neue Beweise veroffentlicht. In dieser Arbeit sollen einige solcher Nachweise fOr clen Satz von Euklicl vorgestellt werclen. Sie verlaufen meist inclirekt, cI,h, sie nehmen an, es gabe nur encllich viele Primzahlen unci leiten daraus einen Widerspruch her. Sie sind auch zum GroBteil "elementar" in dem Sinn, dass die Kenntnis ein/acher Aussagenuber die Teilbarkeit, uber Reihen bzw, uber topologische Raume zu ihrem Verstandnis ausreicht. Inwieweit sie besonders elegant (in der Diktion von Erdos, vgl. [1], "Proofs from THE BOOK") sind, Oberlasse ich dem Geschmack des Lesers, Welches Intere se besteht eigentlich claran, eine alt- 30 bekannte und elementare Tatsache immer wieder neu zu bestatigen? Wie wir beim Satz von Euklid sehen werc1en, sind viele der Beweise das Ergebnis von weitergehenden Oberiegungen, z.B, i.iber die Verteilung der Primzahlen: Der neue Beweis ist dann die Illustration einer neuen Idee oder eines neuen Konzepts einer schwierigen allgemeineren Theorie, Beim Satz von Euklid kommen jedoch noch kulturelle und asthetische Motive hinzu, wie auch Ribenboim ([121, S, 3) bemerkt: "I shall give several proofs of this theorem [. . .J by famous, but also forgotten, mathematicians. Some proofs suggest interesting developments; other proofs are just clever or curious," Solche Motive spielen gerade bei elementaren Resultaten eine groBe Rolle. (So berichtet James A, Garfield, spater Prasident der SA, da s er im Jahr 1876 seinen interessanten Beweis des pythagoreischen Lehrsatzes entdeckt hat, weil er einem Zirkel von Kongressabgeordneten angehort hat, die zum Zeitvertreib bei langweiligen Reclen mathematische Aufgaben gelost haben,) Nicht zuletzt gibt es auch padagogische Gri.inde, wie Benjamin F. Finkel (in der ersten Ausgabe des American Mathematical Monthly) schreibt: ,The solution of problems is one of the lowest forms of mathematical research, [.. ,] yet its educational value cannot be overestimated. It is the ladder by which the mind ascends into higher fields of original research and investigation. Many durmant minds have been aroused into activity through the mastery of a single problem." Wbsemchafthche achrichtc n Miir7J April ZOfL 1. Der Beweis von Euklid Sogar zum elementaren Originalbeweis gibt es Variationen namhafter Mathematiker. Angenommen PI = 2 < pz = 3 < .. < p" seien aile Primzahlen. (1) [Euklid] Man betrachte nun die Zahl P" = PI . Pl'.. "p" + 1. Jeder Primteiler P von Pmuss von PI"" ,p" verschieden sein. (Sonst musste P die Zahl 1 teilenO Damit ergibt sich aber, dass es eine weitere Primzahl geben muss. Aus diesem Beweis erhait man induktiv auch eine (sehr ungenaue) Abschatzung fLir die n-te Primzahl: Es gilt p" S; 2(2· -' ). Die momentan besten Abschatzungen fUr p" gehen auf Rosser, Schoenfeld und Robin zuruck (vgl. [8]), namlich: /1' (log/1 + log 10g11 - a) < p" < n· (log/1 + log log 11 - ~} wobei die erste Ungleichung mit ex. - 1.0072629 fLir aile 11 ~ 2 zutrifft, die zweite fUr aile n ~ 20 , wenn ~ =0.5. (2) [Kummer] Es wird die (kleinere) Zahl Q" = PI' P2·.. ··P" -1 an Stelle von P" verwendet. (3) [Stieitjes] Man denke sich da Produkt N" = PI . P2·" .'p" in zwei Faktoren a und h zerlegt, also N " = a· h. Da keine Primzahl beide Faktoren teilt, ist die Summe a + h durch keine der vorhandenen Primzahlen teilbar. Die Beweise von Euklid und Kummer flihren auf verschiedene Fragestellungen, von deren Lasungen man momentan noch weit entfernt ist. Wir definieren dazu vier Foigen: a) Es sei a l = 2. Fur 11 ~ 1 betrachte man A" = a l • a~ ·...·a" + 1 und wahle a,,+1 als i) den kleinsten bzw. ii) den graBten Primteiler von A" . b Ausgehend von hi = 3 betrachte man die analog, sich nun aber uber B" = hi . .·11" -1 ergebenden beiden unendlichen Foigen von Primzahlen. Vel711utlich enthalten in beiden Fallen die Foigen i aile Primza/1len. Uber die Foigen ii vermutet man, dass es fLir a" u11endlich viele Plimzahlel1 gibt, die in ihr nicht vorkommel1, wahrend die Foige 11" noch ziemlich nim Dunkeln" Iiegt. (Man weiB aber, dass in ihr die Primzahlen 7, 11, 13, 17 und 19 nicht auftreten.) "2'" dass F,. = Fo ·FI·.. ··F,,_1 +2,n ~1, gilt. Deshalb ist fLir Zahl Fk ein Teiler von F" - 2. Ware d > 1 ein gemeinsamer Teiler von Fk und F", so musste d also auch 2 teilen. Dies ist aber ein Widerspruch, weil aile Fermat'schen Zahlen ungerade sind.) Die Bedeutung der Fermat'sehen Primzahlen (die Frage, ob es unendlich viele gibt, ist offen) fLir die Konstruierbarkeit regelmaBiger Vielecke ist seit GauB bekannt. Die Entscheidung, ob eine spezielle Zahl F" faktorisierbar ist, gehart zu den nHiirtetests fLir Supercomputer" (und ist fLir VerschWsselungsfragen bedeutsam). (2) [Sylvester] Die durch XI = 2, X"+I =x" 2 - X" + 1, /1 ~ 1, rekursiv definierte Folge erfLillt die Bedingungen des Hilfssatzes. (Denn nun beweist man mit vollstandiger Induktion, dass X"+I = XI' x 2·...·x" + 1, 11 ~ 1, gilt.) (3) Nahe Iiegend ist die Frage, ob man die Ideen hinter diesen beiden Beweisen erweitern kann. Und es gilt in der Tat der folgende allgemeine Satz. Fur die teilerfremden naturlichen Zahlen a und 11 erfi.illen aile Foigen XI = a und X,,+I = XI ·x2·... ·x" +h,n ~1, die Bedingungen des Hilfssatzes. Onduktiver Beweis: Ubungsaufgabe.) Ais weiteren Weg der Verallgemeinerung kannte man auch Foigen konstruieren des Typs X I = a ~ 2 und X,,+I = x" . (x" - 1).y" +1,11 ~1, die den Bedingungen des Hilfssatzes genligen. (Dabei istYI ')'2' ... eine geeignete Foige natLirlicher Zahlen.) Ein Beispiel daflir ist ),,, = x,,, also die Rekursion X,,+I = x" 2 . (X " -1)+ 1. Eine unterschiedliche Variante ist: (4) [Schorn] Fur eine naturliche Zahl n ~ 2 sind die Zahlen 11!' i + 1 und n!· j + 1, 1 S; i < j S; 11, paarweise teilerfremcl. (Denn mit j = i + k, 1 S; k < 11 ist n !. j + 1 = (/1 !. i + 1) + 11 !. k. Dies zeigt, dass es flir jedes n mindestens n Primzahlen geben muss.) oS; k < 11 die 3. "Ungewohnliche" groBte gemeinsame Teiler und unendlich viele Primzahlen Diesen Abschnitt beginnen wir mit zwei zahlentheoretischen Aussagen, die auch fLir sich von Interesse sind. Dabei sind a ~ 2, m, 11 ~ 1 naturliche Zahlen und /" die note Fibonacci-Zahl. Den graBten gemeinsamen Teiler der Zahlen u und v ist bezeichnen wir mit (u, v) Dann~i1t: 2. Von teilerfremden Zahlen zu Primzahlen Die nun folgenden Beweise beruhen auf dem einfachen (in dieser Form wohl erstmals von Hurwitz formuIierten) HilJssatz. Aus der Existenz einer unendlichen Foige natLirlicher Zahlen, die aile graBer als 1 sind und deren Glieder paarweise teilerfremd sind, ergibt sich die Unendlichkeit der Menge Paller Primzahlen. (Denn man ordne jeder naturlichen Zahl einen Primteiler des entsprechenden Foigengliedes zu.) Man beachte, dass der graBte gemeinsame Teiler mit Hilfe des euklidischen Algorithmus bestimmt werden kann. Deshalb ist die Kenntnis der Primfaktorzerlegung der einzelnen Foigenglieder nicht natig. (1) [Goldbach] Die Fermat'schen Zahlen F" = z< 1" ) + 1, 11 ~ 0, erflillen die Bedingung des Hilfs- satzes. (Mit vollstancliger Induktion weist man nach, Wisscnschaftliche Nachrichten . Mal7J April 2002 i) a'" -1,a" -1)=a(""") -l und ii) /""/,,)= !r.", . ,,) Beide Aussagen beweist man mit dem euklidischen Algorithmus. (Zu i: Wenn n =111 •f1 + l' mit q ~ 0 und o S; l' < 111 ist, so gilt a" -1 = a' . ~a""'1 - + (a' -1), weswegen sich (a'" -1, a" -1) = (a" -1, a -1) ergibt. Idee von Ii: Benachbarte Fibonacci-Zahlen sind teilerfremd und es gilt /'" t" = /,,, I ' /" + /m . /',+1> 111, 11 ~ 1, woraus sich !r.k+I}", = / km I' /m + /k '" . / m+1 flir 117, k ~ 1 ergibt.) (1) Angenommen, die 11 -1 Zahlen pz = 3 < .. < p" seien aile ungeraden Primzahlen. (Hinzu kommt PI = 2.) Dann sind die 11 Mersenne'schen Zahlen 2P, -1, ... ,2 Pn - 1 paarweise teilerfremd (man wiihlt a = 2 in i) und es gibt mindestens n ungerade Primzahlen (vgl. Hilf.<;satz). Die Bedeutung der Mersenne'schen Primzahlen M P = 2 P -1 zur Charakterisierung der geraden vollkommenen Zahlen ist seit Euler bekannt. Die Frage, ob 1) 31 es unendlich viele derartige Primzahlen gibt, ist ungekHirt. (2) Mit den Zahlen /p ,,... '/P. kommt man analog (mit U) zu einem Widerspruch. 4. Zahlen mit "ausreichend" vielen Primteilern ('''-') :X"+I= (2-'0 )-2-('.-') +1 )·x",n;:::l. Weil die beiden Faktoren graBer als 1 und teilerfremd sind, ergibt sich mit XI = 7, dass jedes Folgenglied x" wenigstens 11 Primteiler besitzt. (2) Nun betrachten wir die Primfaktorzerlegung von 11! = 1· 2·...·n, 11 ;::: 2, also n! = p .. ,, (p ). II ps" (Dabei erstreckt sich das Produkt uber aile Primzahlen aus dem Intervall [2,11].) Wir zeigen die Ungleichung II p-fP >!!.- und damit die Unendliehkeit der Menge P ps " e aller Primzahlen. Seit Legendre kennt man eine "kompakte" Formel zur Bestimmung der Exponenten e" (P), namlich: e,,(p) = L J~ I l J. I1j P woraus if;! ~ Deshalb gilt e" (p) ~L II p-fP folgt. J~ I I1j P =~, P 1 p S" Die Ungleichung ergibt sich jetzt aus der "Stirling'.. "I: 11 schen" Absehatzung!{fn! >-. e Zur Bestimmung von e" (P) beaehte man: Genau n / P der Faktor~n vo~ n !si~d durch P teilbar, genau 11 / p-l davon smd em welteres Mal durch p, also ureh p- teilbar, usw. Zur abgesehwachten Stirling'schen Ungleichung J ~ 1 aquivalent ist: - . (In 2+... + In 11) > In 11 -1. n Weil die Funktion y = In(x),x >0, streng monoton J J steigt, gilt fur j = 2, ... ,11, dass In i > In xdx und daher " J In 2+... I~ 11 > In xdx = )- 1 11 ·In 11 - 11 + 1 > 11 • (In 11 -1). I (3) Es sei /(x) ein nicht konstantes Polynom mit 9anzzahligen Koeffizienten. Dann ergibt die Menge i/(I), /(2), .. .}unendlieh viele Primteiler, d.h. Primzahlen p, sodass fur eine passende narurliche Zahl N der Polynomwert /(N) dureh p teilbar ist. Es ist /(x) = a" ·x"+... at ·x+ao,I1;:::1 und a" :;to. Es soli tlo :;t sein. (Die Aussage fUr ao = folgt dann mit Euklid: Man setze N = p.) Wir nehmen an, die Menge {/(1),/(2), .. .} wilrde nur endlich viele Primteiler PI' ... p, ergeben und betrachten die unendliche Zahlenfolge N", = 2'" . PI ..... p, . tIo2 , m =1,2,3, ... fUr die (mit der Abkiirzung q = 2'" . PI .... . p ) gilt, class ° 32 fUr x ~ ist der Absolutwert der Klammer fur hinreichend groBes m graBer als 1 und besitzt demnaeh wenigstens einen Primteiler, der aber von PI bis p, versehieden sein muss. 00 00 5. Jenseits des euklidischen Horizonts Man kann den Satz von Euklid auch beweisen, indem man Folgen natiirlicher Zahlen angibt, deren Glieder eine (streng monoton) steigende Anzahl von Primteilern haben. 2" .,, _ , (1) Die Folge x" =2( )+i- )+I,n;:::l, ist von der angegebenen Art. Denn mit Hilfe der Identitat a I + a 2 + 1 = (a! - a + 1) . (a! + a + 1) folgt fur a=2- /(N,,)= a o ·( a" .ao2,,- I.q"+ ...+al·ao·q+l). Wegen I/(x j ~ ° Die obigen elementaren Ideen kannen sehr rasch zu sehr sehwierigen Fragen fuhren. Deren LOsungen sind dann tief Iiegende Theoreme, aus denen sich der Satz von Euklid als triviale Folgerung ergibt (weswegen wir hier selbstredend nicht mehr von "alternativen Beweisen" sprechen kannen). Nicht vorbeigehen k6nnen wir dabei an folgenden zwei Resultaten: (1) [Dirichletl Einen interessanten Spezialfall von (3) oben bilden die Iinearen Funktionen /(x) =d· x + a (a, d E Z, d:;t 0), deren Funktionswerte /(1),/(2), ... unendlich viele Primteiler ergeben. Hier gilt allerdings ein viel wichtigeres Resultat, namlich der Satz von Dirichlet. Es sei a" = d·11 + a, 11 = 0,1,2, ... eine streng monoton steigende (arithmetische) Folge ganzer Zahlen, wobei die Zahlen a unci d teilerfremd sind. Dann enthmt diese Folge unendlich viele Primzahlen. Fur allgemeine Problemstellungen, clie clen Dirichlet'schen Satz naeh vieIen Seiten erweitern, maehte ich auf clie einschHigige Literatur verweisen, darunter besonders [12), Chapt. 3, 4 unci 6, und [15), Kap. III und IV. Dabei geht es u. a. um die Frage, ob ein Polynom mit gal1zzahligen Koeffizienten uber der MengeN bzw. N n unencllieh viele oder sogar aile Primzahlen als Werte annimmt. Bis heute ist kein Polynom Pbekannt, fUr clas P(N) unencllich viele Primzahlen enthiilt, man weiB aber, class sich bei nicht konstanten Polynomen unter den Zahlen ±P(I1), 11 EN, unencllich viele zusammengesetzte befinclen. 1m Zusammenhang mit cler Lasung cles 10. Hilbert'sehen Problems uber polynomiale cliophantische Gleichungen, wurde aber eine iiberrasehende Einsicht gewonnen (Matijasevic, Putnam, Davis unci Robinson): Es gibt ein Polynom p(x ..... , XII )' soclass die Menge seiner positiven Funktionswerte uber der Menge N n mit cler Menge Paller Primzahlen zusammenfallt. (Derartige Polynome wurden auch explizit angegeben. Dabei ist etwa fUr 11 - 26 der Grad d = 25. (2) [Bertrand) Es zahlt zu den schwierigsten Fragen der Zahlentheorie, "gute" Funktionen /zu finclen , clie garantieren, dass im Intervall ]11, n + /(11)] immer eine Primzahlliegt. Das folgende Postulat (dafUr wurde von Erdas im Alter von 19 Jahren ein besonders schaner Bewe is gefunden: [1), Chapt. 2) zeigt, dass /(11) = 11 eine solche Funktion isl. Daraus ergibt sich der Satz von Euklid wie folgt: Setzt man fur 11 der Reihe nach 1,2,2 2 ,2 3 , ••• ,2 N , ••• ein, so ist zwischen jeder dieser Zahlen eine Primzahl und P daher unendlich. (AuBerdem erhalt man so die Abschatzung p" ~ 2" .) Satz von Bertrand. Fur jede naturliche Zahll1 ;::: 1 befindet sich unter den Zahlen 11 + 1,11 + 2, .. . ,2·11 eine Primzahl. Man vermutet auch, dass zwischen aufeinander folgenden Quadratzahlen immer zwei Primzahlen Iiegen, wahrend es zwischen aufeinander folgenden Kubikzahlen deren vier sind. Mitunter kannen die Intervalle Wisscn~chaftlil:he Nachrichten . MiiwApril 2002 auch sehr kurz sein, namlich bei Primzahlzwillingen P und p+2, etwa 5 und 7 oder 41 und 43. Man weiB zwar noch nicht, ob es unendlich viele davon gibt, aber es wurde von Brun ein verblGffendes Resultat bewiesen: Die Summe (nBrun'sche Konstante") L B= (.!..+_1 ) P P+2 aller Kehrwerte der zwillingsweise auftretenden Primzahlen konvergiert. Spater wurde mit komplizierten Methoden sogar der Wert von B bestimmt! (Vgl. zu all dem etwa [8], Chapt. VII - IX, und [121, Chapt. 4.) (p .p+2)ep l 6. Ein Beweis von Euler fort an die Divergenz der Summe L .!.. (woran auch ein pepP geniales Argument von Erdos anknOpft, vgl. [11, Chapt. 1). Von Euler gibt es aber auch ein elementares analytisches Argument: Wieder werde angenommen, es gabe nur die n Primzahlen P.,... , p" , (1) [Euler] Wei! jede Primzahl P der Ungleichung 1 - < 1 genOgt, konvergiert d ie unendliche geometrische P Reihe 1 + .!.. + +... (und hat den Summenwert ~). p Pp-1 Dann folgt J., ~ -.!, ( 1 + PI + PI- +.. .) .. "'(1 + p" + P - +... ) < 00 . II Weil aber jede natOrliche Zahl z die eindeutige DarsteHung z = P.'·· ·... ·PII ~· hat, ergibt sich durch Ausmultiplizieren auch, dass das oben angegebene Produkt geometrischen Reihen den Wert 1 + !. + !. +... ha2 3 ben muss. Dies ist jedoch nicht moglich, weil die harmonische Reihe divergiert. (2) [Legendre?] Einen analogen Beweis erhalt man, wenn man die 11 geometrischen Reihen 1 1 p2 1 + -~ + - +... =-/- betrachtet (i =1,2, ... 11). der 11 P/ p/ rz . ten, der Beziehung a II ~~ = 0.6079.. . (n ~ 00) n- " nugt, es gt'1 t sogar genauer all = 1t62 + 0 P/- 1 (1) In ' ge- wenn n~ 00 . (3) [Thue] Es seien n, k ;:: 1 ganze Zahlen, flir die (1 + 11)k < 2" gelten soil. Dann gibt es unter den Zahlen 1, 2, 3, ... , 2" wenigstens k + 1 Primzahlen. (FOr n = 2k ~ folgt wegen 1 + 2k2 < 22k, k ;:: 1, dass es wenigstens k + 1 Primzahlen gibt, die kleiner als Bei der Erwahnung von Euler denkt man nanirlich so- ~ ~ zahl z der Elemente in {1,2, ... ,z} die Ungleichung z ~ 2', die aber flir z ~ 00 falsch ist. Man kann sogar zeigen, dass der Anted all der quadratfreien Zahlen, die unter den Zahlen 1,2, ... , n auftre- i k' ) sind und es gilt da- i her die grobe Abschatzung Pk+. < k' ).) Angenommen, es gabe nur rPrimzahlen, wobei r ~ k ist. Nach dem Fundamentalsatz der Arithmetik hat jede ganze Zahl z, 1 ~ z ~ 2", eine eindeutige Darstellung z = 2"1 . 3"' ..... p/ ' mit e l = n und ej = 0 sonst oder O~el <n , 0~e2 <l1, ... ,O~e, <no Daraus erhalt man aber flir die Anzahl aller betrachteten Zahlen z, dass 2" ~ 1 + n' < (11 + 1)' ~ (n + < 2" gelten mOsste, also einen Widerspruch. It 8. Fiirstenbergs topologischer Beweis Der Menge Z wird eine Topologie durch folgende Basis aller N".b = a + b· Z = {a + b· 11: 11 E Z} mit a,b E Z und b > 0 aufgepragt, d.h. : Eine Menge 0 k Z ist offen, wenn entweder 0 = 0 gilt oder es flir jedes a E 0 ein b > 0 gibt, sodass N" b k 0 erftillt ist. Es ist eine Obungsaufgabe (vgl. das Beispiel 58 der Evenly Spaced Integer Topology in [14] oder allgemein die p-adischen Topologien), dass dies wirklich die Basis einer Topologie definiert, flir die femer gilt: i) Jede nichtleere offene Menge ist unendlich. il) Jede Menge N".b ist auch abgeschlossen (und die Topologie ist O-dimensional). Angenommen, die Menge Paller Primzahlen ware endlich. Weil jede ganze Zahl z :I- ±1 einen Primteiler P besitzt, also in N o. p enthalten ist, folgt Z \ { -1,1} = UN U• I ) ' Nach il ist deshalb Z \ {-1,1} Mit ihnen erhielte man nun, dass die Summe 1 1 1;(2) = 1+ --; + --; +... einen rationalen Wert hatte. 2- 3- abgeschlossen. Folglich ist aber {-1,1} im Widerspruch zu i eine offene Menge. 7. Kombinatorische Beweise 9. Eine Aufgabe Aus der Annahme, dass es nur endlich viele Primzahlen gibt, werden widersprtichliche Abschatzungen zahlentheoretischer GraBen abgeleitet. Besonders schon ist folgender Beweis mit der Euler'schen q>-Funktion, die flir jede natOrliche Zahl zdie Anzahl der zu zteilerfremden k E {1,2, ... , z -I} zahlt. Es werde vorausgesetzt, dass PI = 2, pz = 3, ... , Pr aile Primzahlen seien. (1) FOr ihr Produkt P = P.· ...·Pr mOsste dann aber <p(p) = 1 gelten, was ein Widerspruch zur bekannten Formel <p(p) = (P. -1}... {p, -1) > 1 ist. (2) Jede nattirliche Zahl z lasst sich in der Fom1 z = Z. 2 . k schreiben, wobei k quadratfrei ist, d. h. die Gestalt k = P... •·...·Pr'·, mit Exponenten ej E {0,1} hat U= 1, .. . ,r)' Nun ist aber z. ~ und flir k gibt es hochsten 2' N1oglichkeiten. Deshalb besteht fOr die An- In der Hoffnung mit diesem Bericht tiber einen Bruchteil aus der Theorie der Primzahlen beim Leser wieder einmal das Interesse flir die Beschaftigung mit den "einfachen Zahlen" wachgerufen zu haben, m6chte ich zum Ausklang folgende Aufgabe anbieten (um der eingangs zitierten Ansicht Finkels folgend den Leser einzuladen, die "Leiter in die Zahlentheorie" zu erklinunen): Die Foige aller Zahlen der Form 2" - 3, n = 2, 3, 4, ... enthalt eine unendliche Teilfolge mit paarweise teilerfremden Gliedem. rz Wissensch,IIU iche Nachrichte n . M:ir April 2002 pe l' Ilteratur: III M. Aigner and G. M. Ziegler, Proofs from THE BOOK. Springer-Verlag Berlin-Heidelberg 1998. (21 P. Basicux, Die Top Ten der schonsten mathematischen Satze. RowohltTaschenbuch Verlag Reinbek bei Hamburg 2000. 33 13] P. Baptist, Pythagoras - und kein Ende? Ernst-Klett-Verlag Leipzig-Stuttgart-Dusseldorf 1997 14] P. S. Bullen, D. S. Mitrinovic and P. M. Vasic, Means and Their Inequalities. Reidel PubL Dordrecht 1988. 151 J. H. Conway und R. K. Guy, Zahlenzauber. Birkhiiuser Verlag Basel-Boston-Berlin 1997. 16] A. Ewnin, Dewjatnadzat' dokasatel'stw teoremy Ewklida. Kvant 32 (2001), 3;-38. 17] R. L. Gmham, D. E. Knuth and O. Patashnik, Concrete Mathematics. Addison-Wesley PubL Reading, Ma.-New York 1989. (8] D. S. Mitrinovic, J. Sandor and B. Crstici, Handbook of Number Theory. Kluwer Acad. Pub!. Dordrecht-Boston-London 1996. 19] L. J. Mordell, Diophantine Equations. Academic Press London-New York 1969. 110] I. Niven und H. S. Zuckerman, Einfuhrung in die Zahlentheorie, Bd. I. Bibliogmph. lnsl. Mannheim-Wien-Zurich 1976. \11] G. P61ya und G. Szego, Aufgaben und LehrsalZe aus der Analysis, Bd. II. Springer-Verlag Berlin-Heidelberg-New York 1971. 1121 P. Ribenboim, The New Book of Prime Number Records. Springer-Verlag New York-Berlin-Heidelberg 1995. 113] W. Schwarz, Einfuhrung in Methoden und Ergebnisse der Primzahltheorie. Bibliograph. lnst Mannheim-Wien-Zurich 1969. (J4] L. A. Steen und). A. Seebach, Counterexamples in Topology. Springer-Verlag New York-Heidelberg-Berlin 1978. 1151 E. Trost, Primzahlen. Birkhauser Verlag Basel-Stuttgart 1968. \16] N. N. Worobjow, Die Fibonaccischen Zahlen. Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1971. 11 ] E. W. Weisstein, CRC Concise Encyclopedia of Mathematics. Chapman & Hall/ CRC Boca Raton-London-New York-Washington, D.C. 1999. 1181 http://mathworld.wolfram.com \19] http://....·ww.utm.edu.researcl primes Allschriji des Fe/fassel's: Mag. Walther Janolls, UrsulinengYll1nasium. FLirstenweg 86, 6020 lnnsbruck [email protected] Quadratische Drillinge Helmut B17.mne/~ KUI1 Wagner Quadratsummen Die Frage, weJche Zahlen als Summen von Quadraten darstellbar sind, hat die Mathematik seit der Antike beschaftigt. Eine naturliche Zahl 11 ist quadratisch zerlegbar, wenn es x '# 0 und y '# 0 gibt mit 11 = x ! + y ! . Nicht jede naturliche Zahl ist quadratisch zerlegbar, flir manche ist die Zerlegung eindeutig, andere ermoglichen verschiedene Darstellungen. Heute kennt man die definitive Antwort auf diese Frage, den Satz VOI1 Ramamtjan: Die Anzahl A(n) der moglichen quadratischen Zerlegungen von 11 ist von der Differenz der Anzahl d, der Teiler in der Restklasse 1(4) und jener d 3 der Restklasse 3(4) abhangig. Sie betragt (1) A(n) =(d, - d j + s) / 2, S = -1 fur Quadrate, s= 1 flir doppelte Quadrate, S - 0 sonst. Dabei sind nur die wesentlich verschiedenen Darstellungen gezahlt. faile, die nur durch Vertauschung der Variablen oder der Vorzeichen entstehen, bleiben unberucksichtigt. Zum Beispiel folgt aus diesem Satz (wie man auch direkt durch die Untersuchung der quadratischen Reste zum Modul 4 sehen kann), dass eine Zahl der Restklasse 3(4) immer unzerlegbar ist. Bei diesen Zahlen existiert zu jedem Teiler t 1(4)ein komplementarerTeilern / t 3(4). Daraus ergibt sich A(n) =o. = = Quadratische Drillinge Gibt es aufeinander folgende ganze Zahlen, die zerlegbar sind? Bei unserer Untersuchung wird nicht unterschieden, ob eine Zahl ein- oder mehrdeutig zerlegbar ist. Die Suche im Computer ergab, dass maximal drei aufeinander folgende Zahlen diese Eigenschaft haben. (Wie unsere folgenden Oberlegungen zeigen, kann dies gar nicht anders sein; vgl. den nachsten Ahschnitt.) Wir nennen sie quadratische Drillinge. Eine erste Untersue hung ergab die Drillinge unter 2500, deren Leitzah- 34 len, wie wir die kleinsten der drei Zahlen nennen wollen, hier aufgelistet sind: 72; 232; 288; 520; 584; 800; 808; 1096; 1152; 1224; 1312; 1600; 1664; 1744; 1800; 1872; 1960; 2248; 2312; 2384 Ais Beispiel wahlen wir die Leitzahl520 und iIIustrieren nochmals den Satz von Ramanujan. Offensichtlich sind die Faktoren 2k fur (1) nicht relevant. 520 = 23 ·65, TeilermengeT(521) ={1,5,13,65}, A(s20) = A(65) = (4 - 0) / 2 = 2 521 = 2° .521, T(521) = {1,521}, A(521) = (2-0) / 2 =1 522 =2' ·261, T(261) ={1,3,9,29,87,261}, A(522) = A(261) = (4 -2) / 2 = 1 Samtliche Zerlegungen zum Drilling mit der Leitzahl 520 lauten daher: 520 = 6 2 +222 = 142+18 2 ,521 = 112+20 2 ,522 = 9 2 + 21 ! Restverhalten der quadratischen Drillinge Die angefuhrten Leitzahlen der Drillinge sind sichtlich durch 8 teilbar. Gilt dies allgemein? Aile Quadrate fallen in die Restklassen 0, 1 oder 4 (8). Fur zwei Quadrate ergeben sich die Restklassen 0, 1, 2,4 oder 5. Es gibt daher nur eine M6glichkeit flir quadratische Drillinge, sie mussen in den Restklassen 0, 1 und 2 (8) Iiegen. (Insbesondere gibt es keine vier aufeinanderfolgenden quadratisch zerlegbaren Zahlen. Die Leitzahlen quadratischer Drillinge sind daher immer durch 8 teilbar. Die Unzerlegbarkeit der Zahlen in den Restklassen 3, 6 und 7(8) ergibt sich auch aus dem Satz von Ramanujan direkt, denn aile drei fiihren auf die Restklasse 3(4). Zum Modul 9 fallen die Quadrate der narurlichen Zahlen in die Restklassen 0, 1,4 und 7. Flir die Summe zweier Quadrate sind claher die Restklassen 0, 1, 2, 4, 5, 7, 8 Wissenschaftlichc Nachrichtcn lv!:ir7J ApnI 2002 moclulo (9) moglich. Wahrencl beim Moclul 8 nur eine Moglichkeit fur Drillinge besteht, namlich (0 1 2), gibt es ZUl11 Moclul 9 gleich clrei: <0 1 2), (7 8 0) und (8 0 1). Zum Moclul 72 gibt es cia her auch 3 Arten von Drillingen: (0 1 2), (8910) unci (161718). FOr clie Leitzahlen cler Drillinge kommen daher nur clie Restklassen 0, 8 unci 16 (72) in Frage. Verteilung der Abstande Gibt es lInendlich viele quadratische Drillinge? Tabelle 3. AbsWncie A keiten H. Die Fl'age ist positiv beantwortet, wenn es gelingt, eine unendliche Teilmenge aller Drillinge zu konstruieren. Dazu eignen sich die doppelten Quadrate 11 = X l +X2, cia bei ihnen allchl1 +2 = ~,_1)1 +(x+1i eine Summe ,:on zwei Qu~ clraten ist. Mit dem Ansatz 11 + 1 = (x - rt + (x + I' -1 t fUr die mittlere Zahl erhalten wir eine quadratische Gleichung in I~ (2) 1'2_I'-X=0,1'= Yz (1+(4x+1)~1 ) II Damit r ganzzahlig wird , muss 4X + 1 = (2v + das Quaclrat einer ungeraden Zahl sein. Wil' erhalten dann (3) x = «2V + If -1) / 4 = v(v + 1), r = 1 + V, 11 = 2",\. 2 Die erste Moglichkeit ergibt sich fUr v = 2: x = 6, I' = 3. Der Drilling ist: 72 = 61 +6 2 , 73 = (6- 3)1 + (6+2)1 = 3 2 + 8 2 , 74 = (6_1)2 + (6+1Y = 52 + 7 2 Tabelle 1. Leitzahlen Drillinge 11 2 6 n 72 \. x 6 Ji2 ... n 3528 .. 3 12 288 5 30 IS00 20 420 352800 'I - ... 20 SOO 19 380 288800 Nach c1el' Fertigstellung dieses Artikels ist im American Mathematical Monthly, Bd. 108, Nr. 9, ein Bel'icht liber die 61. Putnam Competition erschienen. Dort wird unter A2 ein iihnliches, abe r einfachel'es Problem libel' quadratische Drillinge behanclelt, wo in der Zerlegung 11 =.\'2 + .1'1 auch .\'=0 oclel' J = 0 el'laubt \v ire\. Haufigkeitsverteilung der Drillinge Beobachtet wurcle die Haufigkeit cler Drillinge in c1en Abschnitten k mit 100000· (k -1)::; 11 < 100000· k . A11I1lich wie bei den Primzahlen nimmt die miufigkeit in den ersten Abschnitten deullich , in den weiteren nul' mehr schwach abo Gelegentlich ist sogar eine kleine Zunahme zu vermerken . In der letzten Zeile ist cler Quotient aus den Hiillfigkeiten der Primzahlen und Drillinge verzeichnet. Er schwankt nicht allzu stark. Tabelle 2. Vergleich cler Hiiufigkeiten von Primzahlen und Drillingen. Abschnill Drillingc I'rimzahlen Quotic ni Abschnill Drilllngc Prill1z:lhl ell Q uolic lll I 415 9592 23. 1 7 271 7114; 2S--.J 2 336 8392 20.2 8 2"6 1<i08 16.8 A Ii A H A H 8 20 72 36 136 10 16 24 0 88 9 l ·n 21 I SO 12 144 6 = 8 · 11 mit 11 ::; 2- unci Haufig32 o 96 o 160 17 10 0 104 0 168 0 I 3 327 8013 23.8 9 276 7323 2(, ; I 288 7863 24.0 10 250 722'1 28.9 Wi:;:;cnsch;II'tIichl: '.llhriLillCn t. lii r7.lApri l 2002 II 6 290 7560 26.7 12 265 7216 17.2 722'1 29.5 5 ' 283 7678 26.7 2~i5 48 0 112 0 172 0 56 28 120 0 184 0 64 38 128 13 192 0 Ab clem Abstancl 2 (= 3·8) milt eine Neuner-Periocle auf: Vier "verbotenen" Abstanden folgen fUnf "erlaubte u • Der Moclul8 reicht fur eine Erklanmg offenbar nicht aus, cleshalb versuchen wir es mit clem Moclul 72; vgl. Abbilclung 1. Abbildung 1. Erlaubte unci verbotene Restklassen moclulo 72. Es becleutet • eine erlaubte unci a eine verbotene Restklasse. Zwischen A unci B (16 unci 56) sincl keine Abstiincle moglich. o 2 8 einiger nach (3) berechneter x \. Eine Untersuchung im Abschnitt bis zu 100000 zeigt, class nicht aile moglichen Abstande A == 0(8) zwischen den Drillingen vorkommen. Der kleinste Abstancl 8, cler uns schon bei 800 und 808 begegnete, kommt immer wiecler vor. Flir kleine Abstande ergibt sich folgencles Bild. Il Das experimentelle Ergebnis flihrt zur Vermutung, class man clie nicht auftretenden Abstiincle el'fassen kann als a lj mit: (4) a ij = 72i+8J, ·i=O,l,_, ... J=3,4,5,6 Vierlinge lind Flinflinge Wie erbutert, kann es keine vier aufeinander folgende Zahlen geben, clie quaclratisch zerlegbar sind. Aber es gibt zwei Moglichkeiten von fi.inf aufeinander folgenden Zahlen, von denen vier quadratisch zerlegbar sincl (vgl. den Abschnitt zum Restverhalten). Nach c1er Aufstellung von Tabelle 4 konnen wir annehmen, class es etwa c1reimal so hiiufig symmetrische wie asymmetrische Vierlinge gibt. Tabelle 4. Potenzielle Vierlinge. modulo !! modulo 9 lIIodulo 72 (1 2 '15) (1 2 ' I 5) (I 2 ' I 5) ('19 50 52 53) (25262829) (01 2 ,I) ('157 8) (7 8 12) S),llllllelrisc h A'),llll11elrisch (0 I :2 4 ) (0 12 '1) Tatsachlich findet man im Zahlenbereich unter einer Million 535 asymmetrische und1609 symmetrische Vierlinge. Dies entspricht einem Verhmtnis von 1:3.01. Die ersten zehn symmetrischen Vierlinge haben die Leitzahlen 97, 145, 241, 289,625,673, 1153, 1489, 1681,2305. Einige Leitzahlen flir asymmetrische Vierlinge lauten: 288,1152,3600,8352,10368,10656 Durch berlagerung von symmetrischen und asymmetrischen Vierlingen entstehen FOnflinge. Zum Beispiel ist 288 die Leitzahl des kleinsten FOnflings. Die Zerlegungen sincl: 288 = 122+ 122,289 = 82+ 15~, 290 = 11 + 17 2, 291 = 11 2+ 131 , 29 2 = 62 + 16 2, 293 = 22+ 172. Flinflinge besetzen moclulo 8 clie Restklassen 0, 1,2, 35 4 und 5. Die ersten zehn Leitzahlen sind: 288, 1152, 8352,11808,21312,29520,32400,33408,37584, 41616 Drei Quadrate Betrachtet man die Summenx2+ y 1 + Z 1 die auf eine nattirliche Zahl fuhren, so sind dabei auch die meisten Zahlen erfasst, die bereits als Summe von zwei Quadraten darstellbar sind. Siimtliche Zahlen dieser Art wurde man erhalten, wenn man auch x - 0, y - 0, z = 0 zulassen wurde. Unter den Zahlen 11 = X l + y 2 + Z 2 gibt es maximal sieben aufeinander folgende Zahlen (11,11 + 1, 11 + 2, 11 + 3, 11 + 4,11 + 5, n + 6), die aile die Summe von drei Quadraten sind, ein "Siebenling". Fur die Leitzahl 11 bemerkt man, dass diese (wie beim Drilling) durch 8 teilbar ist. Es folgen einige Leitzahlen fur Siebenlinge: 72, 104, 136, 224, 264, 272, 296, 304. Die Restklassen zum Modul8 von (X l + y l + z2 )sind {0,1,2,3,4,5,6}. Also gibt es nur eine einzige Moglichkeit fUr "Siebenlinge". Vier Quadrate Seit Lagrange weiB man, dass sich jede naturliche Zahl als Summe von zwei , drei oder hochstens vier Quadraten nattirlicher Zahlen clarstellen lasst. Dieser Satz von Bachet de Meziriac wurcle 1621 von Bachet (in einem Kommentar zu Diophant) vermutet. Fermat hat clann behauptet, cliese Vermutung bewiesen zu haben. Der erste Beweis gelang Lagrange im Jahr 1770. GauB und Legenclre haben die Summen von drei Quadraten charakterisiert: Es sind genau die Zahlen 11, clie sich nicht als 11 = 4 k • (7 + 8m) anschreiben lassen. Fur weitere Literatur vgl. Rajwacle, A. R. : Squares. Cambridge 1993. Wir sehen uns jetzt jene nattirlichen Zahlen zwischen 1 und 400 an, clie sich nurals Summe von vier Quadraten darstellen lassen: 4, 7, 15, 16, 23, 28, 31, 39, 47, 55, 60,63,64,71,79,87,92,95,103,111, 112, 119, 124, 127, 135,143,151,156, 159,167, 175,183, 188,191,199,207, 215,220,223, 231,239, 240,247,252, 255, 256,263, 271, 279,284,287,295, 303,311 , 316,319, 327, 335,343,348, 351 , 359,367,368, 375,380,383, 391,399. Wie man sieht, gibt es Zwillinge z.B. 15, 16; 63, 64; 111,112; 239, 240; 255, 256; 367, 368. Ein Beweis, dass es unencllich viele Zwillinge gibt, ist hier sicller sehr schwierig Zl1 erbringen. Wenn man sich die obige Zahlenfolge ansieht, fallt noch etwas auf: Der groBte Abstand zwischen zwei Zahlen betriigt 8. Dass das allgemein so gilt, folgt aus clem o. a. Satz von GauB und Legendre. (Die Verfasser danken Herrn Mag. Walther Janolls, Innsbruck, fur diese Bemerkung.) Ansc1l1i/1en del'l elfassen Dr. Helmut Brunner, Kaiser-Frdnz-Ring 22, 2500 Baden. Mag. Kurt Wagner, Len:henfe ldstr.l 'l, 9020 Klage nfurt. Aufgaben Walther janous Aufgabe Nr. 83: Ein Rundweg hat clie Gestalt eines regelmiiBigen Zwolfecks ABC ... L. Auf ihm findet eine Wanderung ("Irrfahrt") statt. Ein Eckpunkt, etwa A, ist clas Ziel der Wanclerung, clie in irgencl einem cler Eckpunkte B, C, ... ocler L beginnt (unci mit clem ersten Erreichen von A Zl1 Ende ist). Bei jeclem Schritt kann man sich immer nur von einem Eckpunkt zum nachsten (reclus oder links) bewegen. Wie viele clerartige Wanclerungen (mit Ziel A) gibt es, die a) aus zehn Schritten bzw. b) aus n Schritten bestehen? (Johanna TIBAUDO, Innsbruck) c) f"Open-end-Teil"} Man betrachte auch Verallgemeinerungen cler voranstehenden Fragestellung. (W. ].) Aufgabe Nr. 84: Man steige clie "Leiter zur Zahlentheorie" etwas hinauf. (Vgl. das Ende meines Beitrags Es gibt Ilnend/ich viele Primzahlell in cliesem Heft cler Wissenschaftlichen Nachrichten.) (.Ausgegraben" von W.].) 36 Zli gllter Letzt noch clas Quicky Q3: Drei parallele Geraden befinclen sich im Abstand a bzw. b. Auf ihnen liegen clrei Punkte A, B bzw. C, die ein gleichseitiges Dreieck bestimmen. A Man berechne die Seitenliinge s ecks ABC. = s(a,h) des Drei(trad.) Einsendeschluss fur Losungen (bitte ill iibersichtlicher ,md gut lesbarer Form - GETRENNT NACH AUFGABEN [!}) 31. Oktober 2002. Zuschriften erbeten an Walther Janous, WRG Ursulinen, Furstenweg 86, 6020 Innsbruck (oder Schneeburggasse 169, 6020 Innsbruck) bzw. WORD-lesbare Dokumente an [email protected]. Bine dabei NUR den Forme1-Editor 3.0 zu verwenden! Aufgabellvorschlitge (samt LosUllgell), AllregU1lgetl, Kritik tlsw. si"d jederzeit wiUkomme,1. Wissensch:tliliche achrichten ' I\lilr7.! April 2002 Losung tier beiden Aufgaben aus WN 115 (Man/ AprlI2001},p.37. Aufgabe Nr. 77: Die Folge (x"' n ~ 1) ist rekursiv definiert: XI = x 2 = 0, X3 = 2, x .; = 3 und x"+ -i = 2x"+3 - 4X"+2 + 3x"+1 - 2x", 11 2: 1. Es sei 5" die Summe der ersten n Glieder dieser Foige. a) Man beweise, dass sich 5" in einfaeher Weise als Funktion von X,,+2 ausdriicken Iasst. (Wie lautet dieser Zusammenhang?) b) Man bestimme femer aile 11, fi.ir die 5" = 0 gilt. (Johanna TIBAUDO, Innsbruek) c)* ["Open-end-Tei!''l Man betraehte Verallgemeinerungen derartiger Foigen und Summen. (W.].) Richtige Losungen sind eingegangen VOII: Johann BRANDSTETIER (BG X Wien), Karl EDLINGER (G 19 Wien), Herbert HAMETNER (Gallneukirchen), W. ]., Wolfgang KIRSCHENHOFER (Herzogenburg), Gerhard PSCHILL (BG/ BRG Neusiedl am See), Andreas REIl'vIAIR (BHAK Imst), Kurt SCHOISSWOHL (Akad. Gymn. Innsbruek) undJohanna TIBAUDO (Innsbruek). Einen Beitrag sandte Helmut BRUNNER (Baden). • Da von vielen Losungsbeitragem fOr Teil a) Vera 11gemeinerungen vorgesehlagen wurden, betraehten wir gleich die Foige (x,pn 2:1 ) mit XIIX~ ,X3 'X" eR und X,,+/ = 2x"+3 - (I + 3)x"+2 + (I + 2)x'1+1 - V+ l)x" (n 2: 1), wobei I eine beliebige reelle Zahl ist. Mit der Substitution JI,, : = x ,, +z - x " H + (I + l)x" lautet die obige Rekursionsgleichung in ~iquivalenter Form JI,, +! = JI,,+I - JI" mit)ll = X:\ -Xl + (I +1)x1 und )I! = x . -X3 +(/+l).-X: 2· Damit erhait man sehrittweise )13 =)12 -)III )Ii =)13 -)12 =)12 -)11-)12 = -)III )I; = J' I -)lj = -)II - )1_ +)11 = -)12' )16 =)'; - )'.1 = -)11 +)11 = -)1.1' Y = Y(, - )15 = -Y3 + Y2 = )II und )lH = y , - Yr. = )II + Yj = Y2' Deshalb hat die Foige (y", 11 2: 1) clie Periodenlange 6 unci es ist femer )II + )12+ ...+)1" = O. Foiglieh ergibt sich " " II lYk = 1(xk+2 -x k+I )+(1+/)lXk/ cI. h. aber: k: 1 k"' l b l " = X,,+ 2 -X2+ (1 +/)5". l)lk k I * Fur 1 -1 erhaIt man daraus (unter Beaehtung cler Perioclizitat von ()I", n 2: 1)) S - x 2+ YI+···+)I,-x6,\'+ +2 (, ,\ ' +' - 1+1 (Dabei sind N ~ 0 unci I = 1, 2, ... ,6. Wenn man die seehs F~iIIe aussehreibt, erkennt man fi.ir XI = Xl = 0, Xj = 2 unci x .1 = 3 unsehwer die zusammenfassende Darstellung . (11 + 1)7t 1- 2 cos -x ,+' 3 ' 5" = (n ~1). t+1 1m Fall 1 = -1 erhiilt man clurch clirekte Reehnung: x; = 2x.1 -2x.\ +X Z ,x6 = 2x, -3X3 +2x2' x_ = x ., -2xj +2x1 ,XH =X2,X9 = X3 '~) O =x " XII = x S ' usw., mit x ! +x + .. .+x, = 6~x! -x j +x.• ). Wi~scns haflliche N:u:hrichlen . l\liir April 2002 Deshalb ist nun 56 ,1+, = XI+"'+X, +6N(X! -Xl +X 1). Fi.ir XI = x 2 = 0, X3 = 2 unci x 4 = 31asst sich dies (wieder dureh "Abklappem" der seehs faile von I) zusammenfassen als 5" = 11 + 1- X,,+ 2 oder aueh (n + 1)7t 5,,=n+2eos (n~l). 3 • Dureh das Bisherige ist zwar Teil a) (sogar reeht allgemein) vollstandig geklart, zur Beantwortung von Teil b) benotigen wir aber die explizite Darstellung von x". Dem nun Folgenden sei abergleich vorausgeschickt, dass diese Aufgabe (leider?) eil1e Premiere im Au/gabenteil der WiV darstellt. Aile vermeintlichen L6sungen blieben an einer 5telle unvollstandig, sodass ein Fall als (hoffentlich nur einstweilen?) ltl1entscheidbar filr weitere Denkanslrengul1gen ilbrig blieb. Aueh nun betraehten wir einen allgemeineren (Iinear-rekursiven) Foigentyp, namlieh Foigen (x"' n ~ 1) mitx ll x 2,x3,x.t eR und X,,+.I = a,x lI +3 -b'X,,+ 2 + a·d,x,,+1 -c'x" (11 ~1), wobei a,b,c eR,d:= (4b- a 1 ) / 8 und c < d 2 sind. Wir setzen zur AbkOrzung D = d 2 - c. Die Glieder x" kann man (etwa) auf folgencle Art erhalten. Man betrdehtet zuerst die beiden Iinear-rekursiven Foigen Y " +I= ;y,,-(d-..[jj)Y" _1 mit den beiclen Anfangswerten ;IJ = x J+3 j=O,I, und Z "+ I ~XJ+2 +( d + ..[jj)xj + 1I =~z,,-(d+..[jj)Z" _ 1 clen Anfangswerten zJ = x J+3 - mit den bei- ~.:\j+ 2 + (d - ..[jj)xj + 1I j = 0, 1. Mit etwas Reehnung erhalt man auf incluktivem Wege die Darstellung 1 i-(Y,, _I -x,, _I),n ~1. 2vD Speziell fOr a = 2, b = I + 3 und c = 1+1, also d=(/+2) 12 unci a·d=I+2, unci wegen 2 c < d <=> I + 1 < 12 / 4 + I + 1 <=> I 0 gilt nun mit XI = x ! = 0, x } = 2 undx, = 3 fOr die in Teil a) betraehtete Foige X,, +I =2.-X:" H - (/+3)x,,+ z+(/+2)x,,+I-(/+l).-x:,,: Y " tl = Y " - Y,, - II wobei)lu = 2'YI = 1, unci Z,, +I = z " - V+1)z" _11 wobei Z o = 2, ZI = 1. x" = * Daraus erhalt man sehlieBlieh x" = !(Y" _I - Z" _I) fOr 1* O. I Minels cler eharakteristisehen Gleichungen ergeben sich fOr n ~ 0 clie noeh benotigten Foigenterme '3)" ),,, = -1+;2v_ J ( z" '3)" + (1-; ~ = 2eos 1m bzw. 3 =l(1+i~r +c-i~r,t* -~ 1 3 t =2" - 1 ' 4 und claraus unminelbar cler Term von x ". (Die l3etraehtung cles Falles nl = 0" bleibe als Obungsaufgabe.) Wir bemerken zuerst, class wegen XI = x~ =0 immer 51 = 0 unci 52 = 0 geiten. 37 Mit der bereits in Teil a) hergeleiteten Fonnel fOr 5" erhalten wir fOr IE R \ { - 1,0}: 1 ( (n+1)1t 5,,=--1-2cos 1+1 3 5" = -C 1 )(1 11+1 1 ) -(v,,+,-z,,+,),d.h. I 2(t + l)cos (11 + 1)1t + Z"+I)' 11 ~ O. 3 Durch einen einfachen Induktionsbeweis weist man nach, dass fOr die Folge (z", 11 ~ O)auch die allgemeinere Rekursionsformel Z,,+k = zk'Z,,-(1+1t,z"_k,11 ~k~O,gilt. FOr "unseren" Fall 1= 1 haben wir demnach 1( (11+1)1t ) 5" ="2 1-4cos 3 +Z"+I Bemerkungen. l)Flirden Fall t= 0 (mitx l = x 2 = 0, = 2 und x.1 = 3) ergibt sich durch direktes Rechnen: 5" = 0 <=> n = 1,2,6N, wobei N ~1. 2) FOr I :#: -1 haben die Losungen der Rekursion Z,,+I = Z" - (I + l)z" _,, wobei Z o = 2 und ZI = 1 sind, allch folgende explizite Darstellung X3 I"L (-lY ' - . ' (11-1) . ·(l+IY, 21 11 11 ~1. n- ) .I Diese Formel ist ein Spezialfall einer sehr bemerkenswerten Identit1it, die sich etwa im Zusammenhang mit Umkehnmgsformeln der Tschebyschew-Polynome ergibt, n~imlich: z" = )-0 Ii] (-1)'. ja O _11_. . 11- ) (11 ~ j).(x+ y)" -2j . ("'JlY = x " + y", } 1, 2,3, ... (Vgl. dazu etwa § 2.4. im sehr "Iehrreichen Klassiker" John Riordan, Combinatorial Identities, John Wiley & Sons, New York, 1968.) 11 = mit Z,,+k = Zk ' Z" - 2k. Z,, _k' wobei 11 ~ k ;;::0. Setzt man speziell k = 6, so ergibt sich wegen Z6 = 9 die Rekursion Z,,+6 = 9z" - 64z,, _6 (11 ;;:: 6). Daraus folgt unmittelbar Z,,+(, == z" (mod 8) fOr 11 ~ 6. Die ersten zwolf Glieder der Foige (z", 11 ~ 0) lauten der Reihe nach: 2,1, -3, -5,1,11; 9, -13, -31, -5,57 ul1d67. (Damit erkennt man sofort: 5" :#: 0 flir 11 = 3, 4, 5, 6.) FOr N ;;:: 1 sind deshalb z(, ,v == Z, \ +~ == Z (, N +I == 1 (mod 8) und ZM +1 == z (, ,\ + ~ == Z(,,\'+5 == 3 (mod 8). Dies und 5(,,\+1 = (Zr,'\+2 +3) / 2, 5(,,\,+! = (Z(, ,\ +3+ 5) / 2, 5;,,\'+3 = (Zfo,\ +I + 3) / 2, 5(,,\+i = (ZC. ,\+5 -1) 12, 56 ,\+5 = (zr,,\+(, -3) / 2 und 5".\'+6 = (Z(,,\ +- -1) / 2 zeigen unmittelbar fOr N ~ 1: 5100\+ 1 == 56 \ +3 == 2 (mod 4), 56.\ +I == Sr,.\'+10 == 1 (mod 4) und S6N +> == -1 (mod 4), aber ("eben" leider auch) Sr,,\ n == 0 (mod 4). N = 1 liefert auch gleich SH = O. Es besteht nun die Vermutung, dass fiir N ~ 2 die Summen S 6 N +2 niemals den Wert Null annehmen. Die leider gescheiterten Losungswege "zerbrachen" am Beweis folgender Aussagen: Weg A: FOr i ~ 1 und1 ~ 0 ist immer - -)-+?- i+2( 1110d?- ,+3) . Z9+;\- !' (2j+1)= Weg B: FOr N ~ 1 hat die Gleichung (2N +1) . (_I)' (6N +2- i) L .- ' }-1 . . ·2 Je l } j O\+I J- auch in der aquivalenten Form 1) 1 = -1, die sich 1)] • ~ ( )' [(6N+2- + (6N+1()"",-1' ·2J =3 ) .0 1+1 1 schreibe n lasst, gel1(/U die L6slIIlg N = 1. (Beim zweiten Weg gewinnt man durch induktiv fortgesetzte Kongruenzbetrachtungen an den Summen den Eindmck, dass fOr die Losungszahl N die unendlich vielen Relationen N == 11 L.(mod2 L') fOr aile k ~ 1 bestehen dlirften, wobei sich die Foige (11 k , k ;;:: 1) = (1,1,1,1,1,1,65,65,321,321, ...) induktiv ergibt. Aus diesem " lIllel1dlichel1 Al!/'stieg " ergabe sich die Behauptung.) Weg C: Wenn man den Absolutbemlg der in Gleichung (0) auftretenden Summe mit a A , N ;;:: 1, bezeichnet, so gilt: Die Foige (a,\ , N ~ 1) sleigl sl rel/g mOl1ulol1 . 38 Aufgabe Nr. 78: Man l:>eweise folgende Paral:>eleigenschaften: a) Der Hohenschnittpunkt eines Dreiecks, dessen Seiten auf den Tangenten einer Parabelliegen, liegt auf der Leitlinie I dieser Parabel. b) II und 12 sollen zwei Tangenten an eine Parabel sein, die einander im Punkt Pschneiden. II berlihrt diese Parabel im Punkt B. Dann schneiden einander die Normale 111 zu I I durch Pund die Normale 112zu 12durch B auf I c) Der Umkreis eines Dreiecks, dessen Seiten auf drei Tangenten einer Parabel liegen, geht durch den Brennpunkt Fdieser Parabel. d) Mit den Bezeichnungen von b) gilt: Der Kreis, der 12 in P berlihrt und durch B geht, geht auch durch F. (Robert GERETSCHLAGER, BRG Kepler, Graz) Richtige Losullgell silld eillgegange11 VOIl: Johann BRANDSTETTER (BG X Wien),Johann DORFMEISTER (BG Amstetten), Karl EDLINGER (G 19 Wien), Franz GAIvJMER (Collegio del mondo unito, Duino (TS), Ita lien), Robert GERETSCHLAGER (BRG Kepler, Graz), Herl:>ert HAIvIETNER (Gallneukirchen), W. J., Wolfgang KIRSCHENHOFER (Herzogenburg), Gregor LINGL (BRG 16, Schuhmeierplatz, Wien), Gerhard PSCHILL (BG/ BRG Neusiedl am See), Andreas REIMAIR (BHAK Imst), Kurt SCHOlSSWOHL (Akad. Gymn. Innsbruck) undJohanna TlBAUDO (Innsbruck). Von nahezu allen Losungsbeitr1igern wurde der "Weg des [hartcn analytischen) Rechnens" eingeschlagen, wie etwa der folgende: Es seien i, 1 und k paarweise verschiedene Indizes, welche die Werte 1, 2, 3 annehmen konnen. Die in Rede stehende Parabelp moge in einem kartesischen Koordinatensystem (0 . B. d. A.) durch die Gleichung y = (/ . x ! (a:#: 0) gegeben sein. Ihre Leitlinie I hat dann die Gleichung y = __l_ und ihr Brennpunkt ist F = (0, ~). 4· a 'l 'a PI = (x" a.x, ~ ), i= 1, 2, 3, seien drei paarwe is verschiedene Punkte auf der Parabelp. Die drei Tangenten I , in den Punkten 1', an die Parabelp haben dann die Gleichungen In ' = a'x i ·(2· x .'\'1) (1 ) Wisst!nsehaflliche Nachrichten ' MHri'J April 2002 Es seien I I ntj =:{Pi}} mit i"* j. Das von den drei paarweise verschiedenen Punkten Pi} aufgespannte Dreieck soli mit D bezeichnet sein. CPI} sind also die drei Eckpunkte des Dreiecks D.) Wir bestimmen nun die Koordinaten von Pi) : x; +X, a· x I ' (2." - x ;) = a· x j ' ( 2x -) x J :::) x :;: --2- (2) a) Berechnung der Koordinaten des Hohenschnittpunktes Hvon D. -> Aus Gleichung (1) folgt, dass 11k = (2ax., -l)ein Normalvektor cler Tangente I k ist unci clamit auch ein Richtungsvektor der Hohe h i" clie durch den Eckpunkt Pij geht unci normal zur Tangente f k stehr. (k "* i, k "* Die Hohe hk hat also die Parameterclarstellung j) (x,y) = (0, - _1_)+ s· (1,0) hat, ergeben sich die Koor4·a 1 +X2+X;\ ax l -(x2+X3 ») .(.x..,],)_(2'X 4 ' 4 + I .. (? _a.x , ,- SI' 1 1 a·x, ' )..j - r = - - :::) r = a,x l ,x, + - , also qa 4a X 1 ) _(X / +XJ+ • +2'a 2 ·,x•/ ·Xj • • Hk ·X k,- . 2 4a S, :( XlI= ) - '.J alsU= ( ( 2'X,- +X3+XI aX2-(xi +XI») +s·2ax, ( . -1 ) 4' XI +X, +X3 4- ( a{~'1 'X2+XI2 - X I +X,- +X3 +2·a-· 1 ) unci H Iiegt , x l ·x z ·x;\ ,- 2 4a auf cler Leitlinie I. b) Mit cler Bezeichnung cler AufgabensteUung haben wir P: = PI ~ unci B: = PI' Die Parameterclarstellungen von 11 I Lll1d III lauten XI ;X2 ,a,x l ,x 1 )+r.(2.a ' X p -1) ,x.l (3) unci :;: (Xl' a 'X I2)+ s· (2. a· Xl' -1) (4) r:;: XI + 2ax1 · S un cI ax lx 1 + (-1). r:;: ax / + (-1). s. Deshalb ergeben sich r:;: - a - -' 1 )2 - - - unci 8·a - ( 'X 3 ) 2 2 0 )2 1 +- - - a · x l ·x, . 8 ·a - Wenn man clie beiden Ausclrlicke vergleicht, ergibt sich flir ihre Differenz Cnach teilweisem Ausquaclrieren des zweiten Terms) : 1x ) (X + x )3 -a1'X I'X2'X, + 1 - 2 + 4 1 1 a,(x i 'X 2+XI 'X3+X2.xJ- 4 a} ( 4 a - a,x l 'Xl )+ -(x' +X2 , \ +( I + x 2 +x -4 +( - 1 -a ,x l ,x 2 )2 = (XI +X2) ·.'I.'3 ' ,x, ·x, ,x . ·( ) +(r 1 XI + .'1.', + q +Cl~ -a ,x l ·x, }(a.{x, ·x, +X, ,x, +x1'x )-a .x, .x 2)= :;::{S}. Aus (3) unci (4) folgen ax l x 2 - +X1 ·XJ 4 qa 1 4 ' -a- ·x l ·x1 ·x" a ,(x i ' X l + XI' X3+ X l + Wegen der Symmetrie der Koordinaten von H k , gilt i • ) --2 _(X 1 +X2+X;\ -a2 ·X. I· X, ·_"(• , -XI+X2)2 'P.I, --- + HI = H 1 = H , = H mit XI +X , ----z-=+ 2ax l und + dinaten von H k aus III nl1 1 s~ : , -UF 2 = (X I +X, +x;\ ' ) 4- a- . x I • X 2 • x .\ + Weil die Leitlinie t die Parameterdarstellung Es sei und der Umkreisraclius.) Es sincl aher Sei hk n t =: {H k} , k= 1, 2, 3. 11 1: (x,),) SI a,(x i ,xl +XI ,x3 +x1 'x;\ ) + _ 1_ ). 2 8·a --, - , -Zu zeigen ist nun etwa UPI2 - = UF -. (Denn UP l1 ist ) +r ·(2ax ,-1). X +x II k: (x,y)= ( ~,a.xl'x) k y:;: seien clie Seitensymmetralen von ~ 2PI;l S2 terdarstellungen von ) X. +X . EsistdaherPij = ( T , a , x ; ':>i.j ,miti"*i 17 1:(X ,y)=( unci Ihren Schnittpunkt (I, den Umkreismittelpunkt von D, erhiilt man nach kurzer Rechnung aus den Parame- und weiter y = a·x; ,x)' H =( SI bzw. PuP!.,. ~ + ax lx 1 unci qa 1 ax l x 2 :;: - - , also Set. a c) MI unci M 2 sollen clie Mittelpunkte der Dreiecksseiten P12 PI:l bzw. PI2P~ sein. Dann sincl M = PI'- + PI'- = (2'X I +X,- +X;\ C/,xl . (XL +X3») unci I 2 4 ' 4 Wissenschahliche Nachrichten . IvWr' April 2002 --, -, Daher ist UP I2- = UF -. d) Der Kreis, der 12 in P = PI2 beriihrt unci durch B = PI geht, moge mit k unci sein Mittelpunkt mit Mbezeichnet sein. Ferner sollen S I clie Symmetrale cler Streeke PB unci 11 clie Normale zu/, clurch clen Punkt P sein. Dann gilt s , n 11 :;: {M}. - 2 Wegen P = (XI ;X2 ,a·x, .X, ) unci B = (X I' a.x I ) lautet clef Mittelpunkt MI der Strecke PB: !VII = ( 3' XI +X2 a,x l . (XI +xJ) 4 , 2 . . Aus x +.\'" ) X I -X , ( PB= ( XI--Z,{/·x,--a·x"x, =Z . 1.2,(/,xl ) --> l 39 ersieht man, dass (2· a·x ..-l) ein Richtungsvektor von Sl ist. Die Parameterdarstellungen von Sl und n lauten demnach .(x,Y )__ (3' XI+X , a.xl.(xl+x 2 SI' 4 z )) 2 +t ·(2·· a x I! -1) bzw. 11: (x,y) = ( XI; x 2 ,a,x l ' X! )+ s · (2. a ·x 1 ,-1). Daraus folgt lung, 5. Aufiage, 1909, vorgefilhrt. AuBerdem finden sich dort auch die foigenden historischen Verweise: Der Inhalt von a) geht auf Jacob STEINER (1796-1863) zurUck, der von c) auf Johann Heinrich LAMBERT (1728-1777). 3) [W.j.] Wie man die vielen oben angefOhrten und bewiesenen Parabeleigenschaften in der Darstellenden Geometrie verwenden kann, findet man (etwa) in folgender Notiz des Aufgabenstellers R. Geretschlager, Einige interessante Parabelvervollstandigungseigenschaften, Inform. BI. f. DG 18 (1999), Heft 1, 1-{'). 2 M= XI x , Z a'x l 1 ) ( - +-=--a-'x ·X - - + a ·x 'X, +0 2 4 z 2 Z' I I - 8a z Um Mp = Mp zu zeigen, gehen wir wie in c) vor: - MP 2 X. . = (XI - +~-a-'x 2 4 2 I (a.,t/ XI+x, ·x, - - - )2+ - - +2 - 2 1)2 8a )2 (a .x + -1)2 X, , , =( -..:. +a - ·x -· x , + 4 2 8a Z I I z Mp = - (X I + x ! _ a 2 .X IZ .x, ) ' + 24- a.x l ! 1 1 +( - + - +a ·x ' X, - 2 8a I 4a = (i + l a .x l ! ·x! +( ~I -~. )1 aZ·x l ! .X! ))' + +( a '; I +L+( a,x l ,xz - LJ)Z Z Eine kurze Rechnung fUhrt abe r auf l (~2 +2.az .x ! .X + 2 -2 · a ,x XI 2 ( 2 I l }( ,xz) 1 ~I -2.a! .XIZ.X! )+ + a,x l +4a1) . 1 ( 2 1 -( a ·xl·xz - 4 a)+(a ,x I'xz- 4aY =0 Daher ist i'Jllp ! = Mp 2. Bernerkungen. (GeretschIager unci Pschill) 1) Ein Zlisatz ZitI' uorangehenden Al!(gabe. Vier allgemein liegende Geraden einer Ebene (d. h. keine Parallelen, nicht mehr als zwei Geraden verlaufen durch einen Punkt) bestimmen (zu je drej) vier Dreiecke, fOr die immer folgencle Aussagen zutreffen: i) Die vier H6henschnittpunkte liegen auf einer Ceraden . Diese Geracle ist die Leitlinie cler eindeutigen Parabel , die aile vier Geraden berOhrt. ii) Die vier Umkreise gehen durch einen gemeinsamen PlInkt. Dieser Punkt ist der Brennpunkt der eindeutigen Parabel, die aile vier Geraden beruhrt. 2) Diese und auch die Aussagen von Aufgabe Nr. 78 lassen sich im Rahmen der projektiven Geometrie olme Recl111l1l1g, also rein begrifflich, beweisen. Dies wird in Theodor REYE, Die Geometrie der Lage, Erste Abtei- Ein Nachtrag zu Aufgabe Nr. 72a), WN 112 ailn1Ier 2000),p. 36, Ulld 115 (Milrz/AprlI2001),p. 40. An einem Turnier nehmen fOnf Mannschaften teil . (Dabei spielt jede Mannschaft genau einmai gegen jede andere.) Weil nur ein Spiel platz zur VerfOgung steht, mOssen die einzelnen Spiele hintereinander stattfinden. Dabei soli keine Mannschaft in zwei aufeinanderfolgenden Spielen eingesetzt werden . 1st es moglich, einen Spielplan at!(zlistellen, sodass keine JIIlanl1schajt des ersten Spiels auch i111 letzten Spiel antreten muss? (Barbara DOnser, WRG Ursulinen, und W. J.) 1m Foigenden die erbetene graphentheoretische Losling von Gerd BARON (TU Wien). Der "Turniergraph" T" sei wie folgt definiert: Die Knotenmenge V(T,,) ist die Menge der Paarungen ij, die Kantenmenge E(T,,) ist die Menge der in unmittelbar aufeinander folgenden Spielen erlaubten PaanlOgen (ij , kl) mit {i,j} n {k,l} = 0. Kurz gesagt: T" ist clas Komplement des Linegraphen des vollstancligen Graphen G". Und dieser ist fUr It = 5 der Petersen-Graph. [Dies ergibt sich auch direkt: Die Knoten des auBeren FOnfecks sind cler Reihe nach 12, 45, 13, 24, 35 direkt verbunde n mit clen Ecken 34, 23, 25, 15, 1 . Damit ergibt sich das DiagonalenfUnfeck als innerer Bestandteil.] Ein zulassiger Turnierablauf entspricht einer Auflistung aller Knoten von T" , sodass je zwei aufeinanderfolgende durch eine Kante verbunden sind und auch der letzte mit dem ersten. D. h . ein Hamiltonscher Kreis. Nun ist aber bekannt, dass der Petersen-Graph (n = 5) keinen Hamiltonschen Kreis hat. [Um dies direkt einzusehen, gehen wir folgendermaBen vor: Von den Verbindungskanten zwischen dem auBeren und dem inneren FOnfeck mOssen entweder 4 oder 2 verwendet werden. Werden 4 verwendet, kann der flinfte Punkt im auBeren FOnfeck nicht mehr auf einem Kreis liegen. Er kann zwar erreicht, aber nicht mehr verlassen werden . Zwei Kanten sind nun entweder im iiuBeren oder im inneren Fi.infeck benachbart, aber nicht beides. Dem zwischen ihnen liegenclen Knoten ergeht es wie dem letzten Knoten bei 4 Kanten.] Zurn Schluss: Die Losung des Quickies Q2 aus dem letzten Heft cler WN ist s = X. Auf Grund geanderter Termine ist der neue Einsendeschluss fiir die Aufgaben Nr. 81 und 82 der 28. Juni 2002! 40 Wi~~cn~dl a ftlichc Nachrichten . MiirtlApril 2002 PHYSIK, ASTRONOMIE Dr. Christian wolny Entstehung und Begriffe fur Gezeiten Auszug aus "Gezeitel1tq(eln" des BUlldesamtes./i·ir SeeschijIJal111 ltl1d Hydrographie Hamburg I. Entstehung der Gezeiten Richtung und Betrag der Schwerkraft weisen an jedem Ort der Erdoberflache kleine gesetzmaBige Schwankungen auf, die sich durch Beobachtungen mit feinen Instrumenten unmittelbar nachweisen lassen. Diese Storungen der Schwerkraft entstehen dadurch, daB die einzelnen Punkte der Erdoberflache sich in etwas anderen Richtungen und Entfemungen vom Monde befinden als der Erdmittelpunkt, so daB auch die Massenanziehung durch den Mond etwas verschieden ausfallt, und daB die Punkte der Erdoberflache infolge der Erdumdrehung fortlaufend in andere Stellungen zum Monde gebracht werden. Gleichartige aber nur etwa halb so groBe Storungen der Schwerkraft libt auch c1ie Sonne aus. Da die Wassermassen c1er Meere bestrebt sind, sich mit ihrer Oberflache stets senkrecht zur augenblicklichen Richtung c1er Schwerkraft einzustellen, geraten sie infolge der Schwerkraftstorungen in Schwingungen, bei c1enen die einzelnen Wasserteilchen langgestreckte, fast vollig waagrechte Bahnen um ihre mittleren Lagen beschreiben. Diese waagerechten Bewegungen werden Gezeitenstrome genannt. Die Hebungen und Senkungen der Wasseroberflache, die durch das Anhaufen und Abziehen c1er Wassermassen entstehen, heiBen Gezeiten. Die Art, in der sich die Gezeitenschwingungen der Ozeane infolge der allerorts wirk amen Schwerkraftstonmgen ausbilden, h;ingt wesentlich auch von der Gestalt und der Tiefe c1er Ozeane abo Die Gezeiten kleinerer Randmeere auf den Schelfen der Kontinente, wie Z. B. die Gezeiten der Nordsee, sind fast ausschlieBlich durch clas Mitschwingen mit clen angrenzenclen Ozeanen unci nur w einem sehr geringen Zeit durch clie unmittelbare Einwirkung der gezeitenerzeugenclen Gestime verursacht. Die Gezeiten an irgendeiner bestimmten Stelle brauchen claher keineswegs clem Verlauf cler ortlichen Schwerkraftstonmgen w ahneln. Da aber cliese Stonmgen liberall nur von den scheinbaren Stellungen cler gezeitenerzeugenclen Gestime zur Ercle abhangen, konnen clie Gezeiten unci Gezeitenstrome an jedem Ort unmittelbar w den scheinbaren Bewegungen des Mondes unci der Sonne in Beziehung gesetzt werclen. Die besondere Form clieser Beziehungen fOr einen bestimmten Ort wird bisher am genauesten unci bequemsten aus ortlichen Beobachtungen der Gezeiten und Gezeitenstrome, also aus cler Erfahnmg, ermittelt; Doch ist gnmdsatzlich auch clie theoretische Berechnung schon mit einiger Genauigkeit moglich. II. Begriffsbestimmungen \fIasserstand ist der senkrechte Abstaml cler Wasser- Whscn~ch a ftliche NaLhndllen . Nl:ird April2002 oberflache von einer festen Nullmarke. Liegt die Wasseroberflache oberhalb der Nullmarke, so wird der Wasserstancl positiv gerechnet; Iiegt clie Wasseroberflache unterhalb der Nullmarke, so wird der Wasserstand negativ gerechnt. Holle (der Gezeit) ist ein Wasserstand (Gezeitenwasserstand), cler auf clas ortliche Seekartennull bezogen ist. Km1ellllu/l (KN) ocler Seekartennull ist die Nullflache, auf welche clie Tiefenangaben einer Seekarte bezogen sincl. In Gezeitengebieten stimmt clas Kartennull im allgemeinen nicht mit cler Nullflache cler Landesvermessung (in Deutschland: Normalnull, NN) liberein, unci der Hohenunteschiecl zwischen dieser Nullfache und dem Seekartennull ist entiang der Kliste im allgemeinen von Ort w Ort verschieden (vgl. den folgenden Abschnitt III ). Flut ist das Steigen des Wassers von einem Niedrigwasser bis wm folgenden Hochwasser. Ebhe ist das Fallen des Wassers von einem Hochwasser bis zum folgenclen Niedrigwasser. Steigdaller(SD) oder Flutdauer ist der Zeitraum vo n einem Niedrigwasser bis zum folgenden Hochwasser. Falldauer(FD) oder Ebbdauer ist der Zeitraum von einem Hochwasser bis wm folgenden Niedrigwasser. Tide ist eine einzelne, im allgemeinen noch naher zu bezeichnende Gezeit, die sich aus einer Flut und der nachfolgenden Ebbe zusammensetzt, also von einem Niedrigwasser bis zum folgenden Niedrigwasser reicht. Als hamlOnische (Teil-)Tiden werden die streng periodischen Ausdnicke A . cos bezeichnet, in die sich die Gezeiten nach dem hannonischen Verfahren zerlegen und aus denen sie sich auch wieder zusammensetzen lassen. Tidenklllv e ist die zeichnerische Darstellung einer bestimmten Tide, in der die Zeiten als Abzissen und die wgehorigen Wasserstande oder Hohen als Ordinaten aufgetragen sind. Gez eitel1kurue ist die zeichnerische Darstellung der Wasserstands- oder Hohenandenmgen wahrend mehrerer aufeinanderfolgender Tiden. Stillstand der G'ezeit ist der Zeitraum im Verlauf einer Tide, wahrend dessen sich der Wasserstand nicht merklich andert. Hochwasser (HW) ist der Eintritt des hochsten Wasserstandes einer Tide beim Obergang yom Steigen zum Fallen. Hocllwasserstand ist der Wasserstand beim Hochwasser. Hoc!uvasserh6he (HWH) ist die Hohe der Gezeit beim Hochwasser. Hochwasserzeit (HWZ) ist die Zeit, zu der das Hochwasser eintritt. 41 Niedrigwasser (NW) ist der Eintritt des niedrigsten Wasserstandes zwischen zwei aufeinanderfolgenden Tiden beim Obergang vom Fallen zum Steigen. Niedrigwassersland ist der Wasserstand beim Niedrigwasser. Niedrigwassedl0he (NWH) ist die Hohe der Gezeit beim Niedrigwasser. Niedrigwasserzeil (N\VZ) ist die Zeit, zu der das Niedrigwasser eintritt. Ungleichheit ist die astronomisch bedingte Abweichung eines einzelnen, cI. h. zu einer einzelnen Tide gehorigen, Gezeitenwertes von clem entsprechenden Mittel wert. Man unterscheidet Ungleichheiten in Zeit und Ungleichheiten in der Hohe. Ungleichheit in Hoch- odeI' Niedrigwasserzeif (bei halbtagiger Gezeitenform) ist die astronomisch beclingte Abweichung eines einzelnen Hoch- oder Niedrigwasser-Intervalls vom mittleren Hoch- oder Niedrigwasser-Intervall. Ungleichheil in Hoch- oder Niedrigwasserh6he ist die astronimisch bedingte Abweichung einer einzelnen Hoch- oder Niedrigwasserhohe von der mittleren Hoch- ocler Niedrigwasserhohe. Halbmonalliche ngleichheil (bei halbWtiger Gezeitenform) ist der Teil der gesamten Ungleichheit in Zeit oder Hohe, der von der Phase des Mondes abh ~ingt, genauer: der mittlere zu jeder einzelnen Meridiandurchgangszeit des Moncles gehorige Wert der betreffenden Ungleichheit. Dabei ist die Meridiandurchgangszeit des Mondes in UTe auszudr(icken und zwischen Vormittags- unci Nachtmittagsstunden nicht zu unterscheiden , also von den nach 11. -9 Uhr fallenclen Meridianclurchgangszeiten cler Betrag von 12 h 00 min abzuziehen. Die halbmonatliche Ungleichheit nimmt jeweils nach Ablauf eines halben synodischen Monats oder von 14,7 Tagen wieder den gleichen Wert an. Dem VolIoeler Neumond entspricht durchschnittlich die Mericliandurchgangszeit 0 Uhr oder 12 Uhr), dem ersten oder letzten Viertel die Meridiandurchgangszeit 6 Uhr (oder 18 Uhr). - Bei eilllagigerGezeitenform hangt die halbmonatliche Ungleichheit von der Deklination des Mondes ab, ihre Periode betragt 13,61 Tage. Springzeil(bei halbtagiger Gezeitenform) ist die Zeit, zu der die halbmonatliche Ungleichheit in Hochwasserhohe ihren groBten positiven Wert annimmt. Wenn die halbmonatliche Ungleichheit aile anderen Ungleichheiten libertrifft, was bei halbtagiger Gezeitenform mit Ausnahme weniger Gebiete auf der Ercle cler Fall ist, so treten also zur Springzeit durchschnittlich clie hochsten Hochwasser ein. Bei einlagiger Gezeitenform ist dies kurz nach dem Eintritt der groBten nord lichen oder slidlichen Deklination cles Mondes der Fall. Spingverspalung (bei halbtagiger Gezeitenform) ist der Zeitunterschied zwischen dem Eintritt des Volloder Neumoncles unci der Springzeit. Bei einlagigerGezeitenform ist die Springversp~itung der Zeitunterschied zwischen dem Eintritt der groBten nordlichen oder slicllichen Deklination des Mondes und cler Springzeit. Parallaklische Ungleichheit ist der Teil der gesamlen Ungleichheit in Zeit ocler Hohe, der von cler Entfernung zwischen Ercle unci Moncl abhangt, genauer: cler mittlere zu jedem einzelnen Wert der Entfernung oder Horizontalparallaxe cles Moncles gehorige Wert der betreffenden Ungleichheit. Bei genaueren Untersuchungen 42 mlissen die Werte der parallaktischen Ungleichheit auch noch getrennt fUr clie verschieclenen Kulminationszeiten des Mondes bestimmt werclen. Eine parallaktische Ungleichheit nimmt durchschnittlich nach Ablauf eines anomalistischen Monats von 27,55 Tagen wiecler den gleichen Wert an. Die parallaktischen Ungleichheiten in Hoch- unci Nieclrigwasserhohe haben eine Zunahme cles Tidenhubs mit wachsencler Anniiherung des Mondes an die Ercle zur Foige. Deklinalionsungleichheit ist der Teil der gesamten Ungleichheit in Zeit ocler Hohe, cler nur vom Betrag, also nicht vom Vorzeichen, der Monclcleklination abh~ingt, genauer: cler mittlere zu jedem einzelnen Grad des Deklinationsbetrages gehorige Wert der betreffenden Ungleichheit. Eine Deklinationsungleichheit nimmt jeweils nach Ablauf eines halben tropischen Monats oder von 13,66 Tagen wiecler den gleichen Wert an. Die Deklinationsungleichheiten in Hoch- und Niedrigwasserhohe haben bei halbtagigen Gezeiten eine Abnahme des Tidenhubs mit wachsencler Deklination cles Mondes zur Foige. Tiigliche Ungleichheil (bei halbtagiger Gezeitenform) ist die Verschiedenheit zwischen clen Werten einer Ungleichheit in Zeit oder Hohe bei zwei aufeinanclerfolgenden Hoch- oder Niedrigwassern, soweit sie von der Moncl- (und Sonnen-)Deklination einschl. cler Vorzeichen abhtingt. 1m engeren Sinne versteht man unter taglicher Ungleichheit den zu jeclem einzelnen Wert cler Monddeklination gehorigen mittleren halben Unterschied zwischen den Hohen ocler Intetvallen je zweier aufeinanderfolgender Hoch- oder Nieclrigwasser. Eine ttigliche Ungleichheit nimmt jeweils nach Ablauf eines tropischen Monats ocler von 27,32 Tagen wieder den gleichen Wert an. Sie nimmt mit wachsencler Deklination des Mondes zu unci kehrt nach jedem Durchgang des Moncles durch den Aquator ihr Vorzeichen um. Bez llgsol1 ist ein Ort, fUr den in c1en Gezeitentafeln ausfUhrlich berechnete Eintrittszeiten und Hohen der Hoch- und Niedrigwasser angegeben sind. Anschlllflol1 ist ein Ort, fUr den in den Gezeitentafeln keine ausfUhrlichen Gezeitenvorausberechnungen, sondern nur Gezeitenunterschiede gegen einen Bezugsort angegeben sind. Gez eilenunterschiede (G. U.) sind clie Verbessenmgen, die man an clen Hoch- unci Niedrigwasserzeiten und -hohen eines Bezugsortes anzubringen hat, um clie Hoch- unci Niedrigwasserzeiten und -hohen fUr einen AnschluBort zu erhalten. In clen Gezeitentafeln werden gewohnlich angegeben: Mittlere Hochwasser-Zeitunterschiede, Mittlere Nieclrigwasser-Zeitunterschiede, ferner Hochwasser-Hohenunterschiede wr Springzeit, Hochwasser-Hohenunterschiede wr Nippzeit, Niedrigwasser-Hohenunterschiecle zur Springzeit, Niedrigwasser-Hohenunterschiede wr Nippzeit, DiJJerenzvelfahren zl/r Berechnung del' Gezeiten ist ein Verfahren, bei clem clie Eintrittszeiten und Hohen der Hoch- und Niedrigwasser eines Ortes aus den bereits vorliegenden Eintrittszeiten und Hohen fUr einen anderen Ort clurch Anhringen von Verbesserungen berechnel werden, die aus den Differenzen der mittleren Intervalle und Hohen an den beiden Orten sowie aus den Differenzen cler halbmonatlichen Ungleichheiten Wi~sl:nsch a ftli che Nachrich!en . 1\ Iii rz/ A pril 2002 oder weiteren Ungleichheiten in Zeit und Hohe gebildet sind. Harmonische Ana/yse del' Gezeiten ist ein Verfahren ZlIr Untersuchung der Gezeiten, nach dem diese in eine groBere Anzahl streng periodischer harmonsicher Teiltiden von der Form A . casU zerlegt werden. Die Winkel U der einzelnen harmonischen Tiden nehmen gleichmiiBig mit der Uhrzeit t am Ort zu, da sie je gleich einem Ausdmck von der Gestalt (P + T + i . t) mit festen Werten P, T und i sind. Die verschiedenen Period en cler einzelnen Tiden sowie clie verschieclenen Werte T ergeben sich aus der Lehre von clen Bewegungen cles Moncles und cler Sonne; sie sincl fUr aile Orte cler Erde die gleichen. Die Amplituclen A und die Phasen P cler einzelnen Tiden sind clagegen im allgemeinen von Ort ZlI Ort verschieden und kennzeichnen den verschiedenartigen Verlauf der Gezeiten an clen einzelnen Orten. - Die harmonische Analyse der Gezeiten beruht auf einer gleichartigen Zerlegung cler gezeitenerzeugenden Kriifte in harmonische Glieder. Mill/erer \'f/asserstand ist der mittlere Stand des Wassers w~ihrencl eines liingeren Zeitraums und wird berechnet als arithmetisches Mittel gleichabst~indiger, meist stlindlicher, Wasserstiincle liber diesen Zeitraum. Harmonische Gezeitenkonstanten eines Oltes sincl die Hohe des mittleren Wasserstancles Zosowie clie Amplituclen A unci clie Phasen P der einzelnen harmon ischen Teiltiden, wie sie sich nach cler harmonischen Analyse der Gezeiten an diesem Ort ergeben. Astonomische Tide iSl eine hannonische Teiltide der Gezeiten, die clurch ein harmonisches Gliecl cler gezeilenerzeugenclen Kriifte mit c1er gleichen Winkelgeschwindigkeit verursacht ist. Die Gezeiten tiefer Gewiisser sind fast ausschlieBlich aus astronomischen Tiden zusammengesetzt. Seichtwassertide iSl eine hannonische Teiltide der Gezeiten, die in seichterem Wasser durch clas Auftrelen einer oder mehrerer astronomischer Tiden zusiitzlich hervorgerufen wird. Die Winkelgeschwincligkeit der Seichtwassertiden sind ent\Veder ganzzahlige Vielfache der WinkeJgeschwindigkeiten der astronomischen Ticlen oder sie setzen sich mit ganzzahligen Beiwerten aus den Winkelgescl1\"vincligkeiten mehrerer astronomischer Ticlen ZlIsammen. Die Winkelgeschwindigkeiten mancher Seichtwassertiden stimmen mit cler \Vinkelgeschwindigkeit einer astonomischen Tide liberein, so daB eine Trennung der betreffenclen Ticlen nicht moglich ist; cloch kann gewohnlich entschieclen werden, ob eine bestimmte Ticle vorwiegend als astronomische ocler als Seichtweasserticle anZllsehen ist. Harmonische Darstellung del' Ung/eichheiten ist ein Verfahren zur Berechnung der Gezeiten, clas dem nonharmonischen Verfahren iihnelt, bei clem jecloch clie Ungleichheiten cler Hoch- und Nieclrigwasser in Zeit und Hohe iihnlich \Vie beim harmonischen Verfahren clurch Zusammensetzen aus periodischen Glieclern berechnet wird. Ha/btiigige Gezeitell sincl solche, bei clenen im Laufe eines Tages (Moncltages) zwei Hochwa sser unci zwei Niedrigwasser eintreten. Eintiigige Gez eiten sind solche, bei clenen im Laufe eines Tages (Moncltages) dn Hochwasser und ein Niedrigwasser eintreten. Gemischte Gez eiten sind solche, hei denen clie bci- ~ h'il:n~ch a f{ lichl: N:lchrichlCn . 1I1:lIz/ April _00 2 den im Laufe eines Tages eintretenden Hoch- und Niedrigwasser sich in ihren Hohen oder ihren Intervallen stark voneinancler unterscheiclen. III. Das Seekartennull in Gezeitengebieten Die angaben der La ndkarten liber die Hohen cler Bodenerhebungen sind auf eine i.iberall waagrecht verlaufende Fliiche, eine sag. Niveaufliiche, bezogen. In den verschiedenen Staaten sind cliese Nullflachen zwar im allgemeinen nicht genau in der gleichen Hohe festgesetzt, c10ch weicht eine solche Nullfliiche gewohnlich nur wenig yom mittleren Wasserstand an cler Kliste des betreffenclen Staates ab; eine Ausnahme bildet z. B. Belgien, wo clie Nullfliiche erheblieh tiefer Iiegt. Die Fliiche cles mittleren Wasserstandes verliiuft entlang cler Kliste im allgemeinen nicht genau waagrecht. - In Deutsch land sind die Hohenangaben der Landesvermessung auf clas sog. Norma/null (NN) bezogen, dessen Lage clurch eine Anzahl Hohenfestpunkte in cler Niihe von Potsdam festgesetzt ist. An der cleutschen Nordseekliste weicht clas Normalnull nur um geringe Betriige yom mittleren Wasserstancl abo Anders als clie Landkarten verzeichnen die Seekarten von Gezeitengebieten nicht etwa den Abstand des Grundes von einer Niveaufliiche oder Fliiche des mittleren Wasserstancles, sondern sie geben die Wassertiefen an, clie bei einem besonclers nieclrigen Niedrigwasser noch verbleiben. Je groBer cler mittlere Ticlenhub an einem Ort ist, um so tiefer Iiegt clieses Nieclrigwasser unterhalb des mittleren Wasserstandes ocler unterhalb cles Landesvermessungsnulls an cler Klisle, Z. B. bei WiIhelmshaven runcl 2,5 m, Bei Cuxhaven runclI,; m, bei List runcl 1 m. Dieses besonclere Niedrigwasser, auf clas die Tiefenangaben der Seekarten bezogen sind , wird als Seekartennull ocler kurz als Kartennull (KN) bezeichnet unci ist im allgemeinen von Staat zu Staat verschieden <Iusgewahlt. Die cleutschen Seekarten von ausHindischen Gewiissern i.ibernehmen jecloch das clort eingefUhrte Kartennull, und in den Ubrigen Staaten wircl bei der Herausgabe cler Seekarten fast ausnahmslos in cler gleichen Weise verfahren, so daB also cleutsche unci fremde Karten fUr das gleiche Gebiet aueh die gleichen Tiefen angeben. Da die Genauigkeit cler Lotungen mit wachsender Tiefe abnimmt, werden groBere WasseJ1iefen nicht mehr auf ein Kartennull bezogen' clieses spielt also nur im Bereich cler KUsten eine Rolle. Nachfolgencl sincl kurz die fUr die Hoheitsgebiete der einzelen Staaten Europa,,' gi.i1tigen Festsetzungen cles Seekartennulls zusammengestellt. GUS (lfIejfles Meer lind HurI11Clnkfiste): Kartennull ist gleich dem ortlichen niedrigstmoglichen Nieclrigwasser, das nach einem bestimmten Verfahren ermittelt wircl. Norwegen: Kartennull ist etwa gleich dem ortlichen niedrigstmoglichen Niedrigwasser, das mittels von harmonischen Gezeitenkonstanten festgesetzt ist. Sc/lll'eden: Kartennull ist in cler Regel gleich dem mittleren Wasserstand. Diinel11ark ( west/ich vall Skagen): KaJ1ennull ist gleich dem ortli hen mittleren Springnieclrigwasser. DelltsclJ/and (Nordseekfiste): KaJ1ennull an cler KUste, auf der Ems unci Jade ist gleich dem ortlichen mittleren Springnieclrigwa~ser. FUr clie Weser lIncl Elbe ist clas 43 KartennuJl gesondert festgesetzt und entspricht auf der Weser ungefahr dem ortlichen mittleren Niedrigwasser, auf der Elbe ungefahr dem ortlichen mittleren Springniedrigwasser. Niederlande: Kartennull an der Kliste ist gleich dem ortlichen sog. mittleren niedrigeren Springniedrigwasser (gemiddelt laaglaagwaterspring, LLWS), das als mehrjahriges Mittel aus den jeweils niedrigsten Springniedrigwassem der einzelnen Monate berechnet ist. Diese Festsetzung gilt auch fiir die Wester und Ooster Schelde. Auf dem Nieuwe Rotterdamsche Waterweg beginnt an der Mlindung ein als OLW (overeengekomen lage waterstand) bezeichnetes Kartennull, das mit dem LLWS bei Hoek van Holland ubereinstimmt und den allmahlichen Obergang bildet zu dem OLR (overeengekomen lage rivierstand) im weiter oberhalb gelegenen Teil von Lek und Waal; dieser OLR wird durchschnittlich nur an etwa zwanzig Tagen im Jahr unterschritten. Belgien: Kartennull ist gleich dem ortlichen mittleren nieclrigeren Springniedrigwasser (vgl. Niederlande). Frankreich (Nord- ltnd Westkiiste): Kartennull ist gleich dem ortlichen niedrigstmoglichen Niedrigwasser, wie es sich nach den franzosischen Unterlagen zur Berechnung der Gezeiten ergibt. Auf der Seine bis Rouen sind die Tiefen auf eine waagerechte Bezugsflache (Niveauflache) bezogen, die mit dem gewohnlichen Kartennull bei Le Havre ubereinstimmt. Spanien lind P011ugal: wie Frankreich. Groflbritanl1ien, Nordirland lind h1and: Kartennull ist gleich dem ortlichen niedrigstmoglichen Gezeitenwasserstancl (Lowest Astronomical Tide, L.A.T.), wie es sich nach den britischen Unterlagen zur Berechnung der Gezeiten ergibt. Je tiefer das Kartennull an einem Ort festgesetzt ist, urn so seltener fallt das Wasser unter das Kartennull. So sind z. B. negative Hohen der Gezeit an der franzosischen Kliste seltener als an der niederlandischen und dort wiederum seltener als an der deutschen Nordseekiiste. Da bei den Festsetzungen des Kartennulls jedoch nur die astronomischen rsachen der Gezeiten berucksichtigt werden, muB besonders in solchen Gebieten , wo auch die meteorologischen Umstande starken EinfluB auf die Wasserstande haben, stets mit der Moglichkeit gerechnet werden, daB einzelne Niedrigwasser tiefer eintreten als das Kartennull. An verschiedenen Orten der deutschen Nordseekliste sind fur die Zwecke der Schiffahrt besondere Pegel aufgestellt, deren Nullpunkt mit dem ortlichen Seekartennulllibereinstimmt, so daB die abgelesenen Wasserstande als Hohen unmittelbar zu den Tiefenangaben der Seekarten hinzugefugt werden konnen. Diese Pegel sind durch ein Schild mit der Aufschrift "Schiffahrtspegel" gekennzeichnet. Aile ubrigen Pegel sind unbezeichnet und heiBen Betriebspegel; ihre Nullpunkte liegen gewohnIich 5 m unter dem Normalnull, so daB also die Anzeige eines Betriebspegels zu den Tiefenangaben der Seekarten nicht unmittelbar in Beziehung gesetzt werden darf. IV. Der EinflulS des Windes und der Luftdruckschwankungen auf die Gezeiten Der Wind und die Luftclruckschwankungen rufen im Meere Stromungen und Wasserstandsanclenmgen hervor, die zu den Gezeitenstromen unci clen Gezeiten hin- 44 zutreten, so daB die gesamte Wasserbewegung mehr oder minder von den bloBen Gezeitenerscheinungen abweicht. Wo diese Abweichungen in der Regel verhaltnismaBig klein bleiben, spricht man kurz, wenn auch nicht ganz zutreffend, von einer Beeinflussung der Gezeiten und Gezeitenstrome durch den Wind und die Luftclruckanderunge. Diese meist kurzfristig wechselnden Beeinflussungen konnen in langfristige Gezeitenvorausberechnungen, wie sie die Gezeitentafeln enthalten, nicht mit einbegriffen werden. Mit der Moglichkeit, daB clie tatsachlichen Eintrittszeiten und Hohen der Hoch- und Niedrigwasser von den vorausberechneten urn kleinere und gelegentlich auch urn groBere Betrage abweichen, muS daher stets gerechnet werclen. Aus astronomischen und meteorologischen Ursachen weichen die einzelnen Hoch- und Niedrigwasser gewohnlich in Hohe yom mittleren Hoch- bzw. Niedrigwasser abo FUr meteorologische Einfllisse gilt al\gemein, daB auflandige Winde also Winde aus slidwestlicher bis norcllicher Richtung, eine Erhohung der Wasserstande hervorrufen, Winde aus den entgegengesetzten Richtungen dagegen eine Emiedrigung. Flir die Hochwasser wird clie Abweichung, welche an der Nordseekliste, bei Emden, Bremen und Hamburg zu erwarten ist, 6 bis 12 Stunclen vor der Hochwasserzeit in der "Wasserstandsvorhersage des Bundesamtes fUr Seeschiffahrt und Hydrographie" bekanntgegeben. Das AusmaB der Sturmfluten nimmt westlich der deutschen Nordseekliste nach cler niederlandischen, be\gischen und sliclenglischen Kliste hin aboAn cler niederHindisch-belgischen Kliste gel ten Erhohungen der Hochwasser um 2,0 m bis 2,5 m, bei Dover und Southend (Themse-Mi.indung) bereits solche um 1,5 m als schwere Sturmfluten. Auch diese Sturmfluten treten beim DUfChzug eines Sturmtiefes durch die norclliche Nordsee auf, wenn clie Nordsee im Bereich nordlicher Winde liegt, also keineswegs liberal\ bei auflandigen Winden. Die starksten Emiedrigungen in der slidlichen Norclsee werden beobachtet, wenn ein kraftiges Tief nordwestlich von Irland liegt und liber der Norclsee starke slidliche Winde herrschen. Vorwiegend in de r westlichen und si.idlichen Nordsee konnen Erhohungen und Emiedrigungen cler Wasserstande auch clurch meteorologische Einfllisse hervorgerufen werclen, deren Ursprung auBerhalb der Norclsee liegt. Ursachlich hierrur ist rdscher Druckanstieg, der einem kraftigen atlantischen Tiefdruckgebiet, das nordlich der Nordsee vorbeizieht, folgt. Ein solches Drucksystem erzellgt unter bestimmten Bedingungen eine lange Welle (Femwelle), deren Fortschrittsgeschwincligkeit etwa der der Gezeitenwelle entspricht. Diese Welle durchlauft die Nordsee entgegen dem Uhrzeigersinn dem Klistenverlallf folgend unci liberlagert sich der in gleicher Richtung laufenden Gezeitenwelle. Ihre Hohe nimmt entlang der schottischen und englischen Ostkliste bis in das Mlindllngsgebiet der Schelcle von Norclen nach Sliden zu, danach clann aber wieder abo Bislang wurden bei Aberdeen, beim Eintritt der Welle in die Nordsee, Erhohungen bis zu etwa 1,0 m beobachtet. Etwa gleiche Werte traten auch im Bereich der delltschen Nordseeki.iste auf. Allgemein ist def EinflllB des Windes auf clie Wasserstiinde am starksten in Seichtwassergebielen, wahrend er auf tieferem Wasser wahrscheinlich innerhalb maBiger Grenzen bleibt. Wissenschaftlichc N,lLhrichtcn . lvI arz/ April 2002 WIRTSCHAFTS- UND SOZIALGEOGRAPHIE WIRTSCHAFTSINFORMATIONEN Prof. Mag. Wolfgang Sitte - Dr. Christian Sitte Steuern und Forderungen als Standortfaktoren* Dr. Robel1 Wieser Internationale Untersuchungen tiber BestimmungsgraBen des Wirtschaftswachstums zeigen, dass das Wachstumstempo eines Landes von Investitionen, Forschung und Ausbildung abhangt; das Ausgangsniveau der Pro-Kopf-Einkommen spielt dabei eine zusatzliche Rolle, und Forschung, Humankapital und die Nutzung neuer Technologien erhalten fOr hochentwickelte Volkswirtschaften einen immer hoheren Stellenwert. Ein Einfluss von Besteuerung und InvestitionsfOrdenmgen auf Wachstum und Investitionstiitigkeit Jasst sich nicht immer nachweisen. Er ist - wenn gesichert - eher gering. Die Grtinde dafOr sind vielfaltig: Zum einen bilden Steuern und Fordenmgen neben Arbeits-, Kapital-, Transport-, Energiekosten usw. nur einen Teil der relevan ten Kostenfaktoren. Zum anderen wird das Investitionsverhalten durch eine Reihe von weiteren Faktoren bestimmt, etwa die Existenz und Qualitat der wirtschaftIichen Infrastruktur, das Angebot an qualifizierten Arbeitskraften, die raumlichen Zugangsmoglichkeiten zu den Markten, die Umweltstandards und die sozialen Sicherungssysteme. Vor allem aber folgen Investitionen selten kurzfristigen Gewinnmaximierungsmotiven, sondern sind vorwiegend von Marktchancen, Technologien und Innovationen bestimmt. Dennoch gewinnt der "Steuerwettbewerb" an Bedeutung, da viele andere Instrumente zurVerbessenmg der Wettbewerbsfahigkeit - wie Forderungen oder nationale Auftragsvergabe - eingeschrankt oder vereinheitlicht werden. Wegen der fortschreitenden wirtschaftlichen Integration im Zeichen der Wirtschaftsund Wahnmgsunion und des Binnenmarktes, ist daher damit zu rechnen, dass sich die bestehenden Unterschiede in der Unternehmensbesteuenmg in Europa immer starker auch auf die internationale Investitionstatigkeit auswirken werden (Europiiische K0111l11issiol1, 2001). Hohe Abgabenquote in Osterreich Die Abgabenquote war in Osterreich imJahr 2001 mit 45,6% um fast 4 Prozentpunkte hoher als im EU-Durch• Zusammenfassung einer Stu die des W1FO im Auftrag der Wirtschaftskammer bsterreich: Karl Aiginger (Projektleitung), Der Eintluss von Steuem und Forderungen auf Wettbewerbsfiihigkeit und Investitionsdynamik in bsterreich (2002, 140 Seiten, mit Beitriigen von Karl Aiginger, Michael Boheim, Serguci Kaniovski, Gerhard Lehner, Gerhard Palme, Michael Peneder, Michael Pfaffermayr, Gerhard Schwarz, Ewald Walterskirchen und Rohert Wieser), Q.: Monatsherichte 3/ 2002 W i~sen scha ftliche Nachrichten . MiirzlAprii 2002 schnitt (41,7%). Osterreich weist damit unter den EUStaaten nach den skandinavischen Landern und Frankreich die vierthochste Steuerquote auf. (Der internationale Vergleich der Abgabenquote ist allerdings teilweise durch institutionelle Faktoren verzerrt.) Der Abstand zwischen Osterreich und dem EU-Durchschnitt erhohte sich auch durch die Bemtihungen, den Staatshaushalt auszugleichen. So stieg die Steuerquote in Osterreich 2001 um 1,6 Prozentpunkte und lag damit um mehr als 3 Prozentpunkte tiber dem Wert von 1995, wahrend sie in der EU um vi Prozentpunkt zunickging und das Niveau von 1995 um nur 1 Prozentpunkt tiberstieg. Dieser positive Abstand der Abgabenquote wird in entscheidendem MaB durch die hoheren lohnsummenabhangigen Abgaben und Sozialversicherungsbeitrage bestimmt: Abgaben auf die Lohnsumme (z. B. Kommunalsteuer) machen in Osterreich 2,7% cles BIP aus, im EU-Durchschnitt nur 0,5%. Die Sozialversicherungsbeitrage erreichen 15,1% in Osterreich und 11,4% in der E , wobei der Arbeitgeberanteil rund 60% betragt. Der Anteil der Korperschaftsteuer am BIP Iiegt in Osterreich bei 2,1% gegentiber 3,5% im EU-Durchschnitt. Unternehmensteuerlast im EU-Mittelfeld Ein Vergleich der Unternehmensbesteuerung ist wegen der Unterschiede zwischen clen Unternehmensformen und der Uneinheitlichkeit des europaischen Steuersystems schwierig. Verglichen werden mtissen Tarife und Effektivbesteuerung. Die Korperschaftsteuer ist ein wichtiger Indikator cler Unternehmensbesteuerung, cloch gilt sie nur fOr Kapitalgesellschaften; mehrere Uinder erheben zudem zusatzliche Unternehmenssteuern, etwa auf Landes- oder Gemeindeebene. Der Tarif cler Korperschaftsteuer ist in Osterreich mit 34% etwas hoher als im E -Durchschnitt (31,9%). Wenn man clie Unternehmenssteuern der "nachgelagerten Gebietskorperschaften" (Lander unci Gemeinclen) hinzuzahlt, ist cler Steuersatz im EU-Durchschnitt mit 35% etwas hoher als in Osterreich. Die Effektivbesteuerung cler Unternehmen entspricht in Osterreich mit 27,9% (2001) etwa dem europaischen Mittel (gewichteter Durchschnitt 31,3%, ungewichteter Durchschnitt 28,5%). In Deutschland und Frankreich war sie 2001 deutIich hoher (+ 7 Prozentpunkte), in Finnland und Schweden hingegen nieclriger (-l V2 bzw. -5 Prozentpunkte [Ubersicht 1]). 45 Ubersicht 1: Steuerstruktur im internationalen Vergleich QueUe: OI:CD. Hc\'cntlf.: ~la llS1 ic!'t 1965- 1999. Pan!) 2000 Steuem yom Einkommen Steuem yom Verbr:tuch Sozialyersicherungsbeilr'jge <= ~ Belgien Danemark Deutschland Griechenland (J 997) Spanien Frankreich lIalien Niederlande Qsterreich Schweden GroEbrilannien --EUSA -- gj, E, ]J?i ~~ c5S IS,O 29,3 10,9 7,7 9,6 10,5 13,9 10,6 13,0 21,2 li,3 14,6 14,3 3,9 2,S 1,6 2,1 2,5 2,7 3,0 4,3 2,1 2,9 4,1 3,5 2,6 14, 1 26,5 9,3 5,6 7, 1 7,S 10,9 6,3 10,9 IS,3 10,2 II ,I 11 ,7 §l, - oS! '"i'l , ..c .~ c: I Steuem yon der Lohnsumme 14,5 1,6 14,9 10,6 12,1 16,i 12,5 16,4 15, 1 14,9 6,5 11 ,4 6,9 Arbeitskosten knapp liber dem E -Durchschnitt Gemessen an den Arbeitskosten je Stunde in der Sachgliterproduktion nimmt Osterreich innerhalh der EU den siebenten Rang ein; die Stunde kostete im Jahr 2000 19, 6 Euro, um 3% mehr als im EU-Durchschnitt. Die Lohnsttickkosten - sie ber(icksichtigen zusiitzlich die Produktivitiit - haben sich in den neunziger Jahren gegen(iber den Handelspartnern durch die Fixienll1g der W echselkurse im Zuge der Realisierung der Wiihrungsunion und durch den hohen Produktivitiitsanstieg in der Sachglitererzeugung um 10010 verbessert. Diese Verbesserung konzentrierte sich auf clie zweite Hiilfte del' n eunziger Jahre. Dennoch schrumpfte geracle in clieser Phase der Wachstum svorsprung Osterreichs, insbesondere w eiI d er tertiiire Sektor hlngsamer expanclierte als in anderen Uindern . Dies weist auf ein Defizit im Angebot an modernen Dienstlei stungen hin. Die Lohnnebenkosten entsprechen in O sterreich (einschlieGlich der Sonderzahlun gen) 90% cles Leistungslohncs (ohn e Sonderzahlungen 63%). O sterrcich nimmt damit nach Ita lien, Belgien unci Frankreich clie vierte Stelle unter den E -Iiinclern ein. Eine WIFO-Studie errechnet, class eine clefizitfinan zierte Senkung der Lohnnebenkosten LI111 1,09 Mrcl. Eu ro einen Wachslumsschub von bis zu 0,7% des BIP bewirken kann ( U"alterskirchen et al., 1999) . Eine Lohnnebenkostensenkung hat nach dieser Stuclie hohere positive Effekte auf Wachstum und BeschMtigung als eine Erhohung on Transferzahlungen odeI' Steuersenkungen in iihnlich hohem Au smaG. Auch die EU-Kol11missio n mahnte zuletzt eine Verringerung der hohen Lohnnebenkostenbelastung in O sterreich ein. RegionalfOrderlandschaft wird 2007 neu geordnet Die Regionalforclerung setzt sich zusammen aus cler nalionalen Ford enll1g, fOr die die E im Rahmen der 46 0,4 0,2 1,0 0,1 2,7 2,5 0,5 Sleuem yom Vennogen In ° 0 des BIP 1,5 I,S 0,9 1,3 2,1 3,3 2,0 2,0 0,6 1,9 4,0 1,9 3,1 ~ OJ ~ '" l:l E => 11 ,4 16,5 10,1 13,7 10,1 12,0 II ,7 II,4 12,4 11 ,2 12,1 12,3 4,7 7,0 9,S 6,6 7,7 5,7 7,9 6,1 6,9 S,3 7,1 6,7 7,3 2,2 §l, oS! a'" gj, Obrige Sleuem Summe .~ <= 0 V,) 4.4 6,7 3,5 6,0 4,4 4,1 5,6 4,5 i ,1 4, 1 5,4 5,0 2,5 IS,5 29,5 II ,I 7,9 9,9 12,5 16,4 II ,2 13,6 21,5 14,6 15,2 0,0 45,9 49,8 37,0 33,7 34,2 45,2 ~ ~ ~ 52,0 37,2 41 ,3 28,9 "Wettbewerbskulisse" Hochstgrenzen vorgibt, unci cler direkten Fordenll1g aus den Mitteln des Struktur- unci Kohiisiansfonds der EU (EU-Kofinanzierungsanteil). In der Programmperiode 2000 bis 2006 wurclen die Zielbereiche auf drei Schwerpunkte reduziert, d ie Zielgebietskulisse veriindert unci Gemeinschaftsinitiativen forciert; Osterreich erhmt nun geringere Mittel (210 Mia . Euro pro Jahr . Flir die weitere Entwicklung ab 2007 Iiegen noch keine Vorgaben vor, doch ist davon auszugehen , dass clas Burgenland nicht mehr Ziel-l-Gebiet sein w ird, dass die F6rderkulisse weiter eingeschriinkt wird und Forderungen immer mehr auf Projekte mit hoher volkswirtschaftlicher Prioritiit ( Forschung, Bilclung, Klein- und Mittelbetriebe) eingeschriinkt werden Boheim, 1998, May rhQ(er!Palme _001). Gemeinschaftsinitiativen mit den Beitrittsliinclern werden voraussichtlich verstiirkt. Die Investitionen Osterreichs in O st-Mitteleuropa MOEL) haben sich in den neunziger Jahren verzehnfacht. Ihr Anteil am Gesamtkapital der osterreichischen Direktinvestitionen stieg von 4% auf fast 50%. FOr runcl drei Viertel del' Unternehmen sind Marktmotive <1USschlaggebend; steuerliche Oberlegungen und Unterschiede zwischen den Arbeitskosten spielen - mit Ausnahme einiger arbeitsintensiver Branchen - keine Rolle. Der Dienstleistungssektor triigt 58% der Direktinvestitionen bei, cler SachgOterbereich 40,4% (vor allem Nahrungsmittel-, Papier-, chemische und Baustoffindustrie) . In Zukunft wird die velt ikale Arbeitsteilung mit Auslagerl.lng eines bestimmten Teils der Wertschopfungskette groGere Bedeutung erhalten. Damit k6nnen osterreichische Unternehmen in clen Genuss der Ziel-lGebiet-Forderung kommen unci Vorteile aus cler E -Erw eiterung erzielen, die anderen EU-Uindern wegen der groGeren Entfernung nicht offen stehen. Nach den heute gOltigen Kriterien werden die me islen Regionen der MOEL zu Ziel-l-Gebieten (Ausnahme: Hauptstacltregionen). Dadurch verliert die wirtschaftspolitische Forclerung von (aktiven) Direktinvestitionen an Prioritiit. Dennach konnte es in Teilbereichen (etwa im Dienstleistungssektor sinnvoll sein, Wls~c nsc ha ftlid lc 'achrichtcn ' Hi r7.lApri I2002 MaBnahmen zur Unterstlitzung c1er vertikalen Arbeitsteilung mit den MOEL zu setzen oder c1ie Vernetzung c1er Regionen etwa in den grenzuberschreitenden Programmen ZlI forcieren. Quantitative Schatzung der Effekte von Steuel'l'eformen und Wegfall del' Strukturfonds Die Literatur bescheinigt staatlichen Forderungen im Wesentlichen einen positiven Effekt auf die private Investitionstatigkeit ("Crowding-In"). In der Foige der Verringerung bzw. des Wegfalls von EU-RegionalfOrclenmgen ist demnach mit negativen Auswirkungen auf die Investitionen ZlI rechnen. Unterschiedliche Informationsquellen (internationale Srudien, Gravitationsmodell flir Direktinvestitionen, User-Cost-Analyse) ergeben allerdings ein breites Spektnllll und groBe Unsicherheit tiber das AusmaB der Wirkungen von RegionalfOrdenmgen. Da bsterreich unter clem Gesichtspunkt der Kosten als Wirtschaftsstandort relativ zu den MOEL an Attraktivitiit verliert, ist jedenfalls mit einem Rtickgang der passiven Direktinvestitionen im Inland bei gleichzeitigem Anstieg del' osterreichischen Investitionen in den MOEL ZlI rechnen. Ein WIFO-Modell (Brel/sslr:'gger/Pfc!lJermay/~ 2001) schiitzt den Einfluss der sich abzeichnenden Verandenmg der Strukturfondsmittel auf die passiven Direktinvestitionen in bsterreich auf kurzfristig -3,7% und langfristig - ,1% (irhersicht 2). Ubersicht 2: Auswirkungen der Anderungen der Strukturfondspolitik der EU durch die Agenda 2000 auf die realen Direktinvestitionsbestiinde in der EU1 Belgium-Luxemburg Oanemark Deutschland Griechenland Spanien Frankreich lrland Italien Niederlande Osterreich Portugal Finnland Schweden GroBbritannien EUI5 I \'er'.imlerung der realen Bestande von passiven Direktinvestilionen in % kurzfrislige Effekte langfristige Effekte - 7,2 -3,8 - 7,4 - 3,9 0,2 0,3 0,4 0,8 -0,5 -0,9 - 3,0 - 5,7 - 15,9 --8,3 -0,6 - 1,1 - 1,1 - 2,0 - 7,1 - 3,7 - 1,2 - 2,3 - 5,8 - 3,0 - 1,0 - 1,9 -6,6 - 3,4 - 2,4 -4,5 Modellsimlilationen der Veranderung der Verteilling der Struktlirfondszahlllngen Cink!. Kohasionsfondszahilingen; real in USS Zll Preisen 1995) zwischen den i'rogr.Jmmp('fioden 1995 1999 lind 2000/ 2006 :Il1fgnlfld de r Sch:itzungen mit clem Gravitationsmodell \'on Brellss, Egger, Praffermayr (2001). Die Verringenmg der EU-Regionalforclerungen verschlechtert zwar die Attraktivitiit fOr passive Direktinvestitionen, beglinstigt aber die vel1ikale Arheitsteilung. Bereiche, in denen die Kost n geringqllalifizierter Ar- Wissen~chaftliche Nachrichlen . Mar71April 2002 heit der wichtigste Produktionsfaktor sind, werden abwandern (Auslagenmg). Eine vertikale Arbeitsteilung bedeutet aber nicht, dass der Wirtschaftsstandort bsterreich aufgegehen wurde. Vielmehr wird der Standort aufgewertet, da sich durch die Auslagerung von arbeitsintensiven Produktionsprozessen in bsterreich Unternehmenstiitigkeiten mit hoherer Wertschopfung konzentrieren. bsterreich ist durch seine Nahe zu den MOEL insofern besonders beglinstigt, als die Unternehmen die Moglichkeiten cler vel1ikalen Arbeitsteilung zu nieclrigen Transaktionskosten nlitzen konnen. Eine okonometrische Schiitzung c1er Effekte von Veriinclenmgen im Bereich der Steuern und Forclerungen wurde auch mit einem Investitionsmodell clurchgeflihrt , in dem die Investitionen des SachgOterbereichs abhiingig sind von den Nettogewinnen unci den KapitalnutZllngskosten. Beide Variablen erweisen sich - wie auch liberwiegend in cler Literatur - als signifikant. Die Elastizitat cler realen Investitionen auf clie Nettogewinne betragt 0,21, jene der Kapitalnutzungskosten -0,16. Eine Zunahme der Gewinne um 10% becleutet demnach eine Steigerung cler Investitionen um 2,1%, wahrencl eine Erhohung cler Kapitalnutzungskosten um 10% die Investitionen um 1,6% cliimpft:. Die Koeffizienten sind signifikant, aber doch mit einer gewissen Banclbreite, unci unterschiedliche Modellspezifikationen ergeben unterschiedliche quantitative Effekte. Die gewiihlte Gleichung zeigt - ahnlich wie internationale Stuclien - clen Einfluss der Steuern und del' Kapitalnutzungskosten, cler aber von ancleren Eintllissen wie Nachfrageiinclenmgen und technologischem Wandel Oberlagert werden kann. Unterstellt man, dass Regionalf6rderungsmittel im AusmaB von 72,7 Mio. Euro pro Jahr wegfallen (entsprechencl dem EU-Kofinanzierungsanteil), so verringern sich clie Investitionen dadurch lim 0,3%. 1m Gefolge einer fiktiven Steuersenkung, clie der Verringerung der Effektivbelastung der nternehmen durch die jOngste Steuerreform in Deutschlancl entspricht, wOrden sich die Investitionen um 1,15% erhohen. Ais Nettoeffekt ergabe sich ein Anstieg der Investitionen um etwas weniger als 1% (rechnerisch 0,87%) . Das Standortprofil: Starken und Schwachen Osterreichs aus Sicht der Unternehmen Eine umfassende Untersuchung des WIFO Ober Bestimmungsfaktoren der Standortqualitat aus dem Jahr 199 (Ajgjl1geI7Pe17ede/~ 1997) hat die Bedeutung staatlicher Institutionen und Aktivitiiten betont: Rechtssicherheit und Leistungsfahigkeit cler Verwalrung, integrationspolitische Weichenstellung im Prozess der Schaffung von Binnenmarkt und WiihmngslInion, Bildungssystem und bffnung der Markte. Ais besonclere Smrke Osterreichs wurden das gesellschaftliche Umfelcl unci die Qualifikation der Arbeitskrafte gesehen. Negativ wurclen in ihrer Gesamtheit die Produktionskosten, Qualitat unci Ausgabenniveau von Forschung unci Entwicklung sowie (mit der schlechtesten Note) das Regulienmgssystem heurteilt:. Innerhalb der Kostenfaktoren sa hen sich Unternehmen in ihrer Wetthewerbsfahigkeit am meist~n dllrch clie Steuerbelastung hetroffen. Seit dieser mfrage haben sich einerseits wichtig~ 47 Rahmenbedingungen (Liberalisierung von Energieund Telekomsektor, Beschleunigung der Betriebsanlagengenehmigung, Schritte zur Verwaltungsreform), andererseits durch den jilngsten Konjunkturabschwung das wirtschafdiche Urnfeld verandert. In einer neuen Untemehmensbefragung (November/ Dezember 2001) wurde im Rahmen der vorliegenden Studie die aktuelle Sicln der nternehmen bezilglich einer engeren Auswahl von Standortfaktoren ermittelt. Erhoben wurde im Besonderen die Einschatzung von Steuerbelastung, Lohnnebenkosten und Forderungen auch im Hinblick auf die Steuerreform in Deutschland und die bevorstehende Osterweiterung der EU. Senkung def Lohnnebenkosten ist wichtigstes Anliegen Ais wichtigste MaBnahme zur Erhohung der Attraktivitat des Standortes Osterreich erschien den Unternehmen dabei die Senkung der Lohnnebenkosten (56% der Untemehmen) vor der Flexibilisierung der Arbeitsmarkte (14%) und der Senkung der Unternehmenssteuern (11%). Geringere Bedeutung haben Verwaltungsvereinfachung, Forcierung von Forschung und Entwicklung, Ausbau der Infrastruktur unci cler Forclerungen. Eine Steuerreform nach dem Muster Deutschlands, durch die die Steuersatze flir Unternehmen gesenkt und im Gegenzug SteuerbegLinstigungen eingeschrankt wilrclen, beflirworten 53% der Befragten. 34% wi.irden einer solchen Reform neutral gegenUberstehen, nur 6% reagierten ablehnend. Die Mehrzahl der Unternehmen erwartet aus dem oben cliskutierten Verlust an Regionalforderungen ab 2007 keine wesentlichen Verandenmgen, 40% rechnen mit namhaften Effekten. Die Auswirkungen der Erhohung des Konkurrenzdrucks aus den Beitrittsiandern unci der Verbessenmg cler Chancen zur MarkterschlieBung werden gleich hoch eingeschatzt. Weniger hiiufig werden Chancen zur AusJagerung von Produktionsschritten und Beteiligungen oder Joint Ventures in cliesen Regionen genannt. Mit einer Verringerung ihrer In- vestitionen im Inland rechnen die Unternehmen kaum, hier schatzen allerd ings die kleineren Untemehmen die Aussichten pessimistischer ein als der Durchschnitt. Unternehmen mit Erfahrung im Osten sind bezilglich der Marktchancen am zuversichtlichsten. Wenn Untemehmen wahlen konnen zwischen niedrigerer Steuerbelastung und hoheren Forderungen, bevorzugen sie mit ilberwaltigender Mehrheit die Entlastung von Steuem - nur 11 % wtirden eine Ausweitung cler Forderungen vorziehen. Unter den fOrderpolitischen MaBnahmen sprechen sich gleich viele flir die Forderung von Produktionsanlagen und Betriebsgebauden wie flir Forderungen in den Bereichen Technologie, Innovation und Forschung aus. Angesichts del' Tatsache, dass nur ein kleiner Teil der Untemehmen Forschung betreibt, ist dies ein wichtiges Indiz fUr das Bewusstsein der Wichtigkeit von Eigenforschung. Immerllin 21% der Unternehmen wtirden Forderungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern beflirworten. Kleinunternehmen faumen diesen MaBnahmen ein Liberdurchschnittliches Gewicht ein. FLir Tochtenmternehmen internationaler Konzerne und flir Unternehmen mit Ostbeteiligungen hat die Fo rschungs- und Technologieforderung den hochsten Stellenwert. Dynamische Entwicklung trotz Strukturschwachen Die osterreichische Industrie wuchs in den letzten Jahrzehnten starker als die der europiiischen Handelspartner und hat ihren internationalen Marktanteil erhoht (von 2,4% der Exporte der EU im Jahr 1985 auf 3,ZOIo im Jahr 2000). Die Produktivitat stieg rascher als im Ausland - Osterreich war eines der vier europaischen Uinder, in denen sich die Produktivitiitssteigenmg in cler zweiten Halfte de r neunziger Jahre beschleunigte und ahnlich kraftig war wie in den SA. Gemessen am Niveau der Arbeitsproduktivitat liegt Osterreich in c1er Spitzengruppe cler EU-Lancler. Diese Wachstllmserfolge wurden trotz einer lIngLinstigen In- Ubersicht 3: Defizite in dynamischen Branchen 1985 Traditionelle Sachgtiter Arbeitsinlensive Branchen Kapilalintensive Branchen Marketingorientierte Branchen Technologieorienlierte Branchen Branchen mil vomehmlich ... · .. niedriger Qualifikation · .. miulerer Qualifikalion: "blue collar" ... miulerer Qualifikalion: "while collar" · .. hoher Qualifikalion Branchen mit hoher Nachfrage nach ... · .. wissensintensiven Dienslleislungen · _. Markeling und Ilandel ... Transportdienslleislungen Sonslige 48 24,21 21,45 18,49 24,84 11,01 I QueUe; l~ ll nOSTAT , s n.s , 'f:lxonOl1l1cn Pcncdcr <200 1) I I I I I I I 1998 1985 1990 1985 1990 1998 1998 1990 OSlerreich Europiiische Union Oslerreich minus EU Anleile von Induslrielypen an der Wertschiipfung nach 3 Taxonomien 24,87 26,S7 24,87 -0,66 -0,56 1, 12 25,43 25,45 5,24 21,80 16,56 4,58 20,13 16,19 15,55 5,25 0,26 1,55 17,50 15,65 1,85 15,23 16,94 14,97 21,11 4,46 2,80 20,38 20,51 3,48 23,98 23,91 11,85 14,16 - 10,61 - 10,00 -8,76 21.62 21,85 22,92 41,81 20,49 26,39 11,31 37,87 22,07 28,59 11 ,47 30,39 24,53 31,97 13.11 32,32 20,50 30,69 16,49 31,40 21,36 30,42 16,81 29,93 22,53 30,86 16,67 9,49 -0,01 -4,30 - 5,18 6,47 0,70 - 1,83 - 5,34 0,46 2,00 1,10 - 3,57 9,70 28,01 30,Q9 32,20 10,44 28,01 29,90 31,66 12,40 25,26 32,39 29,95 18,61 26,96 23,78 30,65 18,22 27,57 24,05 30,1 6 19,23 27,92 23,57 29,28 --8,90 1,05 6,31 1.54 -7,79 0,44 5,84 1,50 - 6,83 - 2,66 8,82 0,67 WisSl.'nschaftl ichc Nachrichten M;l rzl Apri l l 00Z (Pel1eder el ai., 2(01). Gleichzeitig gewinnen andere Produktionsstandorte an Bedeutung, die jene Rolle spielen konnen, die Osterreich bisher erfolgreich nutzte: importierte Technologie mit mittlerer Qualifikation zu kombinieren. Diese Situation hat neben cler verscharften Standortkonkurrenz flir Osterreich aber durchaus auch Vorteile: Die Steigerung von Eigenentwicklungen und die Obernahme dispositiver Verantwortung durch Regionalzentralen ermaglichen hahere Einkommen und sichere Arbeitspliitze. Unternehmen, Arbeitnehmer und die Wirtschaftspolitik mlissen diese Strategie jedoch aktiv verfolgen. dustriestruktur erzielt: Ein gemessen am europaischen Durchschnitt zu geringer Anteil der Produkte wird technologieintensiv erzeugt, zugleich ist der Bedarf an hochstqualifizierten Beschaftigten und an wissensintensiven Dienstleistungen zu gering (Ubersicht 3). Nach dem jOngsten Innovationsbericht der EU (European Commission, 2001 ) Iiegt Osterreich gemessen an Indikatoren der Wirtschaftsdynamik gemeinsam mit Belgien nur an 9. Stelle der EU-Lander. Eine schlechtere Wertung erhalten nur die vier si.idlichen Mitgliedslander der EU (und Luxemburg, fOr das unvollstandige Werte vorliegen). Auch zeigt sich in den neunziger Jahren kein Aufholprozess, sodass Osterreich hinsichtlich der Innovationsperformance in die Kategorie "unterdurchschnittlich und verschlechtert" gereiht wurde. Die verwendeten Indikatoren messen die Positionierung Osterreichs bezOglich jener Faktoren, die auch in der Wachstumstheorie als wichtige Determinanten der Dynamik einer Volkswirtschaft gelten. Osterreich schneidet nach 14 KenngraBen unterdurchschnittlich ab, besonders deutlich nach den Indikatoren nBeteiIigung an tertiiirer Bildung", nPatente je Einwohner" und nattraktive Finanzierung im High-Tech-Bereich" (Venture Capital). Einige Gri.inde, die es der asterreichischen Sachgi.itererzeugung in der Vergangenheit erlaubten, mit geringen Zukunftsinvestitionen erfolgreich zu sein, fallen zunehmend weg: So ist der Aufholprozess abgeschlossen unci die Makrosteuerung schwieriger geworclen Drei Strategielinien und ihre makrookonomische Absicherung Eine "Qualitatsstrategie" kann der asterreichischen SachgOtererzeugung den Obergang aus der Phase cles erfolgreichen Aufholprozesses in die durch Eigenentwicklungen unci Managementfunktionen bestimmte Rolle erleichtern. Sie muss mehrere Strategielinien verfolgen, die in cler vorliegenclen Studie nur skizziert, nicht aber im Detail ausgeflihrt werden. • Strategieelement 1 - Wettbewerbs- und Inclustriepolitik: Dazu zahlen MaBnahmen zur Starkung der WettbewerbsintensiUit und Wettbewerbsstarke, clie Forcierung von Unternehmensgri.indungen und -wachstum uncI cIie Entwicklung von Regionalkonzepten. Qualitiitsstrategie zur Aufwertung des Wirtschaftsstandortes Osterreich Strategiliches Ziel: Qnalltatsstandort Osterreich I I t Standon-U pgrading durch Qualit y Drivers Ausbildung I F&E I IKT I Strategieelement 1: Str:llegieelement 2: Strategiet::iemt:nt 3: Wettbewerbs- nnd Industriepolitik Richtige Anreize Institutionen • Konkurrenzintensittit • U ntt: rnehmen~griindungen • Regionalpolitisches Konzept • Ilochwenigt: D ienstleistungen • New Economy • Hisikobclohnung • Le i stung~komponenten • • • • J I Infrastnlktur Clusterbildung Transfereinrichtungcn Kapitalmarkt Schult:n, Fachhochschulen, l'niversitiiten MakroOkonomische Absicherung . I • St abilitiit ~N':lchstum . .8eschaftigung . So zial- und Umweltsystem Voranssetzung: Kosten im Gleichgewicht halten • Transa ktionskosten sen ken MohiliWtskosten Administrative Kosten, Ent;;cheidungstempo Lohnnebenkosten • Steuerlich alll"Jktiver Standon • Faktoreinkommcn steigen produkth'itatsorientien , AusgangsIage: \Xfi s~ensch a ftliche N.lchrichtcn MiirZl April .002 .' ~ • Erfolgreicher AulllOlprozess • Stnlkturschwiichen • Neue Rahmenbedingungen erfordern neue Str.llegie 49 • Strategieelement 2 - VerbessenlOg del' Anreizstmkturen: Diese Linie umfasst MaBnahmen zur BegUnstigung hochwertiger Dienstleistungen und del' New Economy, Entlastung cles Faktors Arbeit, FinanzierungsneutraliHit des Steuersystems (z. B. durch Beglinstigung nicht entnommener Gewinne odeI' Eigenkapitalverzinsung). • Strategieelement 3 - Forciemng von unterstlitzenden Institutionen: Dazu zahlen AktivienlOg des Kapitalmarktes, Unterstlitzung von Clusterbildung, Einrichtung ocler Verbessenmg von Ausbildungsinstitutionen von der Lehre liber berufsbildencle Schulen, Fachhochschulen bis zu Universitaten und del' Wissenstransfer zwischen Universit;iten und Wirtschafr. • Makrookonomische Absichenmg: Eine wachstums- und stabilitiitsorientierte Wirtschaftspolitik mit Vollbeschaftigung unci intaktem Sozial- und UmweItsystem bietet clen besten Rahmen flir Strukturwanclel und Innovation. Die Basis, auf del' diese Qualitiitsstrategie allfbaut, ist eine auch preislich weubewerbsfahige Wirtschaft. Steuerentlastungen sollen so gestaltet unci die verbleibende Regionalforderung so genutzt werden, dass sie auch gleichzeitig o ptimal in die Richtung del' Gesamtstraregie wirken. Das strategische Ziel ist es, die Procluktion aus clem Sektor mit intensivem Preisweubewerb in ein Segment starkerer Qualitiitskonkurrenz zu verlagern. Das ist umso wichtiger, als clie Preiskonkurrenz clurch clie Osterweiterung zllnehmen wird. Eine Qualitatsstrategie ist die Vorallssetzung fOr langfristig steigende Faktoreinkommen. Uteraturhinweise Aiginger, K., Peneder, M. , Qualitat und Defizite des Industriestandorts b sterreich , WIFO, Wien, 199 . Boheim, M .. "Die Zukunft der Wirtschaftsforderung in b sterreich. Dcr Refo rmbedarf des Systems aufgrund geiinderter Rahmenbedingungen", WIFO-Monatsberichte, ]998, 71(-1), S. 281 - 28 . Brcuss, F., Egger, P., Pfaffermayr, M., The Impact of Agenda _OOO·s StruclUral Policy Reform on I'DI in the EU,Journal of Policy Modelling, 2001, 23(7), S. 811-824. Europ;iische Kommission. Ein Binnenmarkt ohne steucrliche Hindernis.~e - Strategien zur Schaffung einer konsolidierten Kerperschaftsteuer-Bemessungsgnmdlage fur die grenziiherschreitende Untcrnehmenstatigkeit in der E , KOM(200J) -82, Briissel, 2001. Europcan Commission, . 200] Innovation Scoreboard", Commission Staff Working Paper, 2001. Mayerhofer, P. , Pal me, G., Preparity - Strukturpolitik und Raumplanung in den Regionen an der mitteleuropUischen El 'Auf::engrcnzc 7.ur Vorbereitung auf die EU-Oslerweilerung. Teilproiekt 15: Wirtschaftspolitische Empfehlungen auf Basis der Analysecrgebnisse, WIFO, Wien, 2001. Peneder, M., "Eine Neubetrachtung des ,bslerreich-Paradoxon'", WIFO-I'\'Ionatsbcrichte, 2001 , 7'1(12), S. 737-7'18. Pcneder, M., Aiginger, K .. I-Iutschenreiter, G ., Marterbaucr, M., Structural Change and Economic Growth, \'<1]1'0, Wicn, 200] . Walterskirchen, E., IIuber, 1'., Lehner, G., Weber, A., Moglichkeilen unci Auswirkungcn einer Senkung cler Lohnnebenkosten, \'(1]1'0 . Wien, 1999. prof'll-Interview mit Rene Siegl (Geschaftsfiihrer der Austrian Business Agency, www.aba.gv.at) iiber Wettbewerbsf"ahigkeit Siegl: Seit dem EU-Beitriu hat O sterreich kein Projekt mehr alleine aufgnlOci von Forclerungen gewonnen . Abel' Forderungen konnen bei einzelnen Projekten natlirlich schon eine wichtige Rolle spielen. Ende cler siebziger Jahre, als GM einen Standort suchte, h;iue Wien-Aspern ohne Forclerung den Zuschlag nicht bekommen. Heute schaffen sie es ohne. Und cler neue Baxter-Standort in Krems wurde zwar mit 13,4 Prozent cler InvestitionSSllmme gefOrclert, eine Reihe von Konkllrrenten hatte abel' erheblich mehr geboten. proid: Also ist Osterreich als Unternehmensstanclort weubewerbsfahiger geworden . Slegl: Sieht schon so aus. Zwischen 1991 und 2001 fielen Lohnstlickkosten in Osterreich LIm zwolfProzent. 1m gleichen Zeitraum verdoppelten sich clie Direktinvestitionen ausIandischer nternehmen auf nahezu 30 Milliarden Euro. profll: Welche Rolle spielte die Steuerreform 199"1 fOr diese Aufwertug? Siegl: Osterreich hat sich mit cler Steuerreform 1994 sehr gut positioniert. Mit clem Korperschaftssteuersatz (Kost, Anm.) von 34 Prozent lagen wir in Europa nicht so schlecht. Unci del' Kost-Satz ist das Erste, was VOl' einer Standortentscheiclung angeschaut wird. Del' Fall cler Strom- und Telefonkosren hat sich auch POSiliv ausgewirkt. profll: Mittlelweile sincl wir bei den Steuern zuri'tckgefallen ... Slegl: Nach c1er massiven Steuersenkungswelle in Europa Iiegen wir heure mit unseren Steuersatzen deutIich liber clem EU- und OECD-Schnitt. Es gibt Uincler wie Estlancl mit einem Kost-Satz von null Prozent, abel' auch Irlancl mit 16, Ungarn mit 18 ocler clie Skanclinavier mit 30 Prozent sind klar VOl' uns. Unci da viele Iiincler , weiter senken, fallen wir laufencl zuriick. Was Konzernen wichtig ist - die wichtigsten Aspekte fOr Direktinvestitionen + Marktzugang und MarkgroSe Osterreich hat sich als zentraleuropiiischer Standort mit Grenzen Zll vier E( -Beitriuskanclidate n ein beispielhaftes Know-how vor aHem im Osteuropageschiift erarbeitet. + Fachkrat'te Trotz cler Engpiisse in einigen Branchen (EDV, Elektro-, Nachrichtenlechnik) gibt es eine gute Verfligbarkeit an hach qualifizielten Fachkriiften illl La nd . 50 ± Produktivitiit und Arbeitskosten Die Arbeitskosten sind in Osterreich relativ hoch, zudem ist del' HandlungsspielrauI11 bis auf die Lohnnebenkoslen gering. Dank enorI11er Procluktivitiitszuwiichse in den neunziger Jahren Iiegt Osterreich bei den I.ohnst(ickkosten und clem Stunden-Output pro Mitarbeiter abel' unter clen Top-Ten weltwelt. ± Infrastruktur/Energie Osterreich Iiegl bei den Kosten im Mittelfeld . Die Wissellschartli he NaLhrichtcll . M;ir. April 2002 steuer im jeweiligen Land. Osterreich war mit einem Satz von 34 Prozent in der Vergangenheit attraktiver als viele seiner Mitbewerber. Mittlerweile liegt es tiber dem EU- und dem OECD-Schnitt. Strompreise sind zwar gesunken, ein Argument fUr den Standort ist das derzeitige Niveau aber nicht. Bedeutung stark branchenabhangig. - InfrastrukturlVerkehr Aus der Sieht vieler Untemehmen unbefriedigend. Dringend notwendig ware der Ausbau der Achsen Wien-Bri.inn, Wien-Bratislava und Linz-Prag. ± Infrastruktur/ Telefon Bei den Festnetzkosten liegt Osterreieh im Mittelfeld, beim Mobilnetz ist es besonders gtinstig. Steuern Am wichtigsten ist fur Investoren die Korperschafts- Forderungen Weit geringer als bei manchen Konkurrenten (Ostdeutschland). Staatliche Zuwendungen spielen fOr Investoren aber oft eine geringere rolle als kolportiert wird. Laut ABA hat Osterreich seit demEU-Beitritt kein Projekt alleine aufgrund von Forderungen an Land gezogen. QueUe: profil-extr.t, 1;. April 2002 Die Wettbewerbsf"ahigkeit Osterreichs verbessert sich Iaut IMD-Ranking vonJahr zuJahr LausannelWien (red.). Osterreich hat seine Wettbewerbsfahigkeit we iter verbessert. 1m .World Competitiveness Yearbook 2002", das seit 1989 vom Schweizer Institut fUr Management-Entwicklung (lMD) herausgegeben wird, liegt Osterreich nur auf Rang 13. In den vergangenen zwei Jahren konnte Osterreich damit jeweils einen Platz gutmachen. Bewertet werden in dem Ranking insgesamt 49 Staaten nach 314 Kriterien, die das Umfeld beschreiben, in dem sich Firmen bewegen. Bestnoten bekam Osterreich fUr die Gesundheits-Infrastruktur, die Luftqualitat und clie geringe Gewalt am Arbeitsplatz. Schlechte Noten setzte es hingegen wegen cler hohen Steuerbelastung, der geringen durchschnittlichen Arbeitsleistung und der - nach Meinung der IMDExperten - zu restriktiven Einwandenmgsgesetze. Rangllste der besten Wirtschaftsstandorte (Q.: AI'A. IMOl Top Ten und aW;)lewllhlle Uinder USA 71 1 2 Finnl~nd 71 3 'i 5 3 I.uxemburg 71 'I Niederland~ :.I 5 ~ingapur 71 2 6 D,inemark 71 I'; 7 Schw~l7. 71 10 !l Kanada Hongko ng 71 9 :.I 6 7 14 9 Quelle: Die l'ressc, 2. Mai 2002 Vorjahresrcihung 1 10 Irlund :.I 1:\ Osterrelch 71 IS Deutschland :.I 22 2R Frankrdch 71 Ungarn :.I 30 Japan :.I t2 2:; 27 26 Buchbesprechungen GEBEL N./G TENBERG .' Mit Standardsoftware Erdkunde unterrichten (+ CD-ROM). REIF H.: Mit Geographie-Software Erdkunde unterrichten. POSCHEL L.: Das Internet im Erdkundeunterricht (+ CD-ROM). Aile clrei: Reihe Geobits des Klett-Perthes Verlags, Gotha und Stuttgart 2001 (www.klett-verlag.de/ klettperthes) Diese drei je etwas tiber hunclert Seiten starken Bandchen sincl von Praktikern mit langjiihriger eigener Erfahrung verfasst worden . Oer Ansatz des ersten Bandchens versucht konsequent die Arbeitsoberflache [(ir Lehrencle wie Lernende auf den Computer zu verlagern unci clen Schritt zur ,.cligitalen Schulhank" hin einzuleiten. 1m Wechselspiel zwischen erfolgreichen alten Arbeitsmethoclen und clen Mijgl ichke iten cler digitalen Arbeit1>oberflache wurcle Moddle kOn7.ipiert lind darin exel11plarisch dargestellt. Arb iten mit digitalen Meclien hat ab ' r auch Einflug auf Didaktik und Methodik des \'( 1.,.,cnSthaltlichc .u:ilndllcn ~la r7~ Apnl 2()02 ~chulfaches Geographie. Oa1> Buch ist zweigeteih in einem Teil der clie Basismethoden beschreibt (= Melhoden cler InformationserschlieBung unci Informationswrarbeitung) und e inem zweiten Teil, der in Form von Unterrichtsbeispielen konkret lIntersehiedliche Zugangsmoglichkeiten verdeutlicht (wie Beispiele mil Textverarbeitung; Beispiele mit cineOl Prasentationsprogramm, Beispiele mit einer Tabellenkalkulation). Auf der beiliegenden CD-ROM sind aile im Buch verwendeten Dateien enthalten, Arbeitshltitter, Prasentationen und Oatenblatler k6nnen auch veriindert werden - das Bueh hasiert auf dem MS-Office 97. Da~ zweite Bii ndchen will cincn Beitrag clazu leisten die Grundinformationen zum Einsatz de .. Computers im Unterricht weiterzugeben unci zu seinem Einsatz anregen. Aueh hier wurden nehen den chclaktischen und methodischen Oberiegllngen ( Anwendllngsbereiche, Ein~a l zmogli chkei ten, veriincierte Lehrerrolle) erprobte Unterrichtsa nregungen angeflihn: In einem ersten Block ZlI verschied nen Klima- und Vegetation1>cinhei- 51 globalen Demokratiej Rustung und RUstungskontrolle j Konfliktpraventionj Menschenrechtsschutzj Der Mythos yom Kampf der KlIlturen. Eine Kurzfassung erganzend daZll findet man allch in dem regelmaBig hera uskommenden Fischer Tb "Globale Trends 2002" der Stiftung Frieden und Entwicklung. Ch. S. tenj in einem zweiten Block zu Programmen der Nurnberger Uni (Prof. Schrettenbrunner - vg\. auch rezensiert auf http://gw.eduhLat) wie Wega oder dann spater Stadtplanung Karberg. Ferner zu den bewahrten Klett CD-ROMS ,,Alex auf Reisen im Regenwald" j ZlI den beiden Multimedia CD-ROMs "Die Alpen" bzw. "Wasser und Eis". Oberall findet man dazu nicht nur methodische Ideen, sand ern auch konkrete Arbeitsblattvorschlage. Das dritte Buchlein beginnt mit einer kurz gehaltenen EinfOhrung in das Internet, bringt Ferner Aspekte der Recherche im Internetj Methoden und Arbeitstechniken internetbasierten Unterrichts, die dann auch an acht konkreten Beispielen von der 5. bis 13. Schulstufe vorgefOhrt werden. Sie sind insofern wertvoll, weil man im Sinne eines ,learning by doing' hier so manches erproben kann, aus dem man seine eigenen Schllisse und Ideen ziehen kann, um almliche Unterrichtsblocke eigenstandig ZlI entwerfen. DaZll hilft dann auch die im letzten Kapitel angefOhrte kommentierte LinksammIllng. Da die CD-ROM neben Off-line-Materia lien allch den BlIchtext enthalt, kann man die Links auch bequem von ihr aus starten. Wenn eine Schule liber einen einigermaBen praktikablen (= schnell en und stabilen) IntemetZllgang verfOgt, wurde der Rezensent einen Beginn mit dem dritten Bandchen empfehlen. Der Vorteil der beiden anderen ist, netzllnabhangige lind damit technisch lInabhangigere Varianten (z. B. fOr den "normal en" Stationenbetrieb Uber ein netZllnabhangiges Gerat in der Klasse) vorZllschlagen. Weitere Informationen ZlIm www-Einsatz finden Sie allf dem osterreichisellen Linkportal www.eduhLat/ fUr Geographie und Wirtschaftskunde, aber auch fOr andere Schulfacher ! Ch. S. GAGEL W.: Einfiihrung in die Didaktik des politischen Unterrichts. 2. Auflage 2000. UTB Nr. 2134 bei Leske+BlIdrich Opladen. 384 Seiten, Euro 15,50. Aueh wenn im heurigenJahr aufgrund einer (schul-) politischen Junktimierung im Parlament dem Gegenstand "Geschichte" in c1en beiden letzten Gymnasialklassen "Politische Bildllng" als ZlIsatz beigefOgt worden ist, gilt in Osterreich nach wie vor das "Unterrichtsprinzip Politische Bildllng" lind auch im GymnasialGW-Lehrplan von 1989 finden wir den Begriff "Politik" in den Bildungsallfgabe lind in den Zielen der einzelnen Klassen mehrfach verankert. Und gerade der Auftrag, "Wirtschaft" nicht nur inventarisierend, c1eskriptiv ZlI unterrichten, impliziert gerade eine c1ynamische Herangehensweise fUr c1ie c1rei Bereiche Rallm - Gesellschaft - Wirtschaft! HierZll bietet das als Stllclientext konzipierte UTB-Bandchen eine vielseitige Grundlage! Es fOhrt nicht nur in die politikwissensehaftlichen Denk- und Arl)eitsweisen ein, sondern behandelt allch gnmdsatzliche Fragen c1er Didaktik des politisch bildenden Unterrichts - nach dem Was, WOzll lind Warum (= Zielen) und vermittelt wichtige Grundbegriffe. Gerade auch Caber nicht nur!) fUr KollegInnen , die - vielleicht auch aufgnmd ihrer Facherkombinationen - bei ihrem GW-Unterricht Defizite im gesellschaftswissenschaftlichen Bereichen haben, sei dieses interessante Taschenbllch empfohlen! Ch. '. OPITZ P.]. Hrsg.: Weltprobleme im 21. Jahrhundert. UTB fOr Wissenschaft Nr. 2209, W. Fink Verlag MUnchen 2001. 335 Seiten. Gleich vorweg: Dieses unter 300 Schilling kostende Taschenbllch kann man heller jedem Lehrer einer Maturaklasse nur auf das Warmste flir die von den Schulern eingeforderte Vorbereitungsarbeit cler Spezialgebiete oder auch fOr den Unterricht im Wahlptlichtfa h empfehlen! Inhaltlich sind aus clem Stllclillm auch Impulse fUr die 5. und 6. Klasse Oberstufe bzw. I. lind II. Jahrg~inge BHS ZlI ziehen! Inhaltlich werden in 16 von renomierten Fachleuten verfaBten Kapiteln die existenziellen Fragen, die das globale Oberleben der Menschen beri.ihren und c1ie aile nicht mehr kontinental ocler gar noch national gelost werden konnen, hehandelt: Die globale Bevolkerung dynamik j die Migration j die Urbanisierung; die Verwirklichung des Grundreehts auf Nahrungj Bedrohllng der Lebensgrundlage Wasserj Energie - Klimaschlltz j Weltumweltprohlemej Welthandelspolitikj Braucht die Welt eine internationale Wiihrungsordnungj Glohalisierung und Global Governancej Gibt es eine n Weg ZlIr HAUBRICH H.: Das Methodenbuch - Lernbox Geographie. friedrich-verlag.de , Seelze-Velber 2001. 150 Seiten, Ellro 13,70. Dieses fOr die Mittel- unci Oberstufen ZlIsammengestellte BUchlein will fOr einen Unterricht der sy~temati­ sehes, selbststandiges Arbeiten in clen Mittelpunkt rUckt, beispiel haft die vielfaltigen methodischen ZlIgangsmoglichkeiten auf-.ehlieBen helfen. Jede der 17 vorgeMellten Methoclen Cvon Fragen stellenj Bilder beschreibenj LlIftbilder analysieren .. . bis Fragebogen beurteilen lind erstellenj im Internet recherehieren) beginnt mit einer kurzen einfUhrenden Besehreibllng, gibt dann einige praktische Hinweise fUr ihr " Anwendung, zeigt ein Anwendllngsbeispiel und giht als vierten Schritt noeh Aufgaben an , in denen die seMethode selbsstandig angewendet werden soli. Die vieWiltigen Anregllngen k6nnten un~ helfen, GW starker von seiner allzu oft nur kognitiven (.nenne ... ") Komponente eines "Lerngegenstandes", hin zu einem, typische Anwendungsfertigkeiten starker miteinbeziehenden Unterrichtsgegenstand ZlI maehen und dies au h starker hei c1er L istllngsheurteilung mite inzubeziehen! Ch . S. 52