DEUTSCHES ÜBERSEE-INSTITUT Forschungsgruppe: „Informelle Politik und politische Parteien im interregionalen Vergleich“ Arbeitspapier Dimensionen politischer Repräsentation und Interessenvermittlung durch Parteien im interregionalen Vergleich: Eine Problemskizze Detlef Nolte (Institut für Iberoamerika-Kunde) in Zusammenarbeit mit Joachim Betz, Gero Erdmann und Patrick Köllner * Dezember 2000 * Das vorliegende Arbeitspapier basiert auf einem von Detlef Nolte erstellten Diskussionspapier für die Forschungsgruppe am DÜI „Informelle Politik und politische Parteien im interregionalen Vergleich“, das als Ergebnis der Diskussionen überarbeitet und ergänzt wurde. Dabei haben insbesondere Joachim Betz (Institut für Allgemeine Überseeforschung), Gero Erdmann (Institut für AfrikaKunde) und Patrick Köllner (Institut für Asienkunde) wichtige Anregungen gegeben. 1 1. Renaissance der Parteienforschung und Krise der Parteien........................................................... 1 2. Parteientypen im Wandel: Konvergenz oder Divergenz? .............................................................. 5 3. Die Funktion von Parteien in demokratischen Systemen............................................................... 8 4. Formelle und informelle Verfahren der Interessenaggregation und –vermittlung ......................... 18 5. Gegenstand eines interregionalen Vergleichs.............................................................................. 22 Literaturverzeichnis...................................................................................................................... 25 1. Renaissance der Parteienforschung und Krise der Parteien „Einigkeit herrscht in der ernstzunehmenden Literatur über Parteiwandel immerhin über eines: wenn die Parteien aufgrund der Krisen, die sie nicht unverschuldet produzieren, untergingen. würden sie wieder erfunden werden ... “ (von Beyme 2000: 209). Politischen Parteien kommt eine konstitutive Funktion bei der Etablierung und/oder Konsolidierung eines demokratischen Systems zu. Lipset (2000) hatte erst jüngst auf die „Unverzichtbarkeit“ politischer Parteien in der repräsentativen Demokratie hingewiesen, diese geradezu zum Kern seiner Demokratiedefinition gemacht.1 Insofern leistet die Parteienforschung einen wichtigen Beitrag zur Demokratieforschung (Demokratieblockaden, Demokratisierung, Konsolidierung und Systemerhalt). Politische Parteien ermöglichen erst den demokratischen Wettbewerb im Rahmen einer repräsentativen Demokratie, indem sie den Wähler mit überschaubaren personellen und programmatischen Alternativen konfrontieren. Auf diese Weise legitimieren sie den Wahlprozess und die daraus hervorgehenden Regierungen.2 Sie bilden eine Vermittlungsinstanz zwischen den Bürgern und den von ihnen gewählten politischen Repräsentanten; oder wie es Sartori bereits 1968 1 „Democracy in a complex society may be defined as a political system which supplies regular constitutional opportunities for changing the governing officials, and a social mechanism which permits the largest possible part of the population to influence major decisions by choosing among contenders for political office, that is, through political parties“ (Lipset 2000: 48). 2 „Politics as a specialized field of social competition will always require the service of political parties to legitimately produce the competing teams“ (Yanai 1999: 15). 2 in der Encyclopedia of Social Sciences formuliert hatte: „citizens in western democracies are represented through and by parties. This is inevitable“ (zitiert in Dalton 1996: 247). Seit Mitte der 90er Jahre ist wieder ein gewachsenes Interesse an den politischen Parteien in der wissenschaftlichen Literatur zu den „neuen Demokratien“ (siehe Merkel/Sandschneider 1997; Mainwaring 1998; Schmitter 1999; Bendel/Grotz 2000)3 zu konstatieren, und es gibt Anzeichen dafür, dass die Parteien – aus unterschiedlicher Perspektive – auch in der politikwissenschaftlichen Forschung zu etablierten Demokratien wieder auf ein größeres Interesse stoßen (siehe u.a. Bowler/Farrell/Katz 1999; Müller/Strom 1999; Przeworski/Stokes/Manin 1999; American Politics Quarterly 27 (1999) 1; Poguntke 2000; von Beyme 2000).4 Dies hat verschiedene Ursachen. Nach Abschluss der Transitionsprozesse der „Dritten Welle“ haben die Parteien in den „neuen Demokratien“ an Einfluss in der Politik gewonnen und andere Akteure zurückgedrängt. In der Diskussion über die Rolle der „civil society“ bei der Etablierung und Konsolidierung demokratischer Systeme war in den 80er und 90er Jahren noch häufig die Bedeutung der „political society“ mit den politischen Parteien als zentralen Vermittlungsstrukturen zwischen Staat und Gesellschaft vernachlässigt bzw. eine abnehmende politische Relevanz der Parteien postuliert worden. In seinen rückblickenden Reflektionen über die Rolle der Parteien im Prozess demokratischer Konsolidierung in Süd- und Osteuropa hat Klaus von Beyme (1997b: 51) an die verbreitete Parteienskepsis schon vor der aktuellen Demokratisierungswelle erinnert und auf das vor diesem Hintergrund überraschende Comeback der Parteien auf der politischen Bühne verwiesen: “Dennoch bleibt bemerkenswert, dass die Parteien überhaupt so eine dominante Rolle spielen konnten. In den 70er Jahren hatte es Künder neuer Organisationsformen der Demokratie gegeben. Prognostiziert wurde die Dominanz korporativer Interessenorganisationen oder gar die Auflösung der Parteiendemokratie in den neuen sozialen Bewegungen. Sie hatten sich geirrt .…” Auch in den „alten Demokratien“ haben sich die Parteien als krisenresistenter erwiesen, als dies von vielen Parteienkritikern vorausgesagt worden war. Insofern ist dem Diktum von Klaus von 3 Zu Lateinamerika siehe Bendel (1996; 1997), Bodemer/Carreras (1997), Mainwaring/Scully (1995); Mainwaring (1999), Nolte (2000), Wehr (2000), Werz (2000a; 2000b); zu Afrika Erdmann (1999), Erdmann/Weiland (2000), zu Asien Sachsenröder/Frings (1998), Köllner (1999); zu Osteuropa Kitschelt et al. (1999). 3 Beyme (2000: 11) zuzustimmen, wenn er schreibt „Die Geschichte der Parteienforschung ist die Geschichte überholter Krisenszenarios“. Anderen Akteure, wie den Verbänden (im Rahmen der Korporatismusdiskussion) oder die neuen sozialen Bewegungen, war es nicht gelungen, die Parteien zu verdrängen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die Wissenschaft wieder stärker den Parteien zuwandte. Gleichwohl überwogen in den 90er Jahren lange Zeit die kritischen Analysen, die einen Bedeutungs- und Funktionsverlust der Parteien in „neuen“ (vgl. Schmitter 1999) wie „alten“ Demokratien (von Beyme 1997) feststellten, den Rückgang von Parteibindungen konstatierten (vgl. Dalton 1999: 65-66)5, oder auf die unzureichende Institutionalisierung vieler Parteiensysteme der „dritten Demokratisierungswelle“ verwiesen (vgl. Mainwaring 1998; 1999). Einzelne Autoren, wie etwa Schmitter (1999: 491-492), gingen sogar soweit, eine generische Krise der Interessenrepräsentation und –vermittlung durch politische Parteien zu diagnostizieren: „one of the major reasons that I am so convinced of the basic weakness of parties in these neodemocracies is that virtually all the difficulties that they have been experiencing are also being experienced by contemporary parties in archeo-democracies. The crisis of representation/intermediation through partisan channels seems to be generic, not specific to those countries that have recently changed their mode of political domination.” Andere Autoren betonten demgegenüber die Adaptationsfähigkeit der Parteien an ein gewandeltes Umfeld, auch wenn sie historisch kontingente Veränderungen im vorherrschenden Parteitypus eingestehen (vgl. Mair 1997: Kap.4,5). So beschreiben Mair (1997: 110-111) und von Beyme (2000: 4142) die historische Abfolge der dominierenden Parteitypen in Europa als Sequenz Elitenparteien – Massenparteien - Catch-all Parteien/Volksparteien - Kartellparteien/professionalisierte Wählerparteien. Aus der Sicht dieser Autoren ist eher von einem Funktionswandel als von einem Funktionsverlust der Parteien auszugehen. 4 1995 wurde auch die Fachzeitschrift „Party Politics“ gegründet. In einer zusammenfassenden Studie über die Entwicklung der Demokratie in den erstmals 1975 von der Trilateralen Kommission analysierten führenden Wirtschaftsnationen heißt es zur Entwicklung der Parteien seit den 70er Jahren: „Signs of the public’s waning attachments to political parties first emerged in several Trilateral democracies during the 1970s (...). The collapse in citizen engagement with political parties over the decades since is as close to a universal generalization as one can find in political science …. As attachments to political parties have eroded, electorates have become more volatile and skeptical. A comprehensive look at this pattern of weakening party ties, or “dealignment”, reveals that popular identification with political parties has fallen in almost all the advanced industrial democracies. The percent of the public expressing a partisan attachment has declined in 17 out of 19 of the Trilateral nations for which time series data are available. … Seldom does such a diverse group of nations reveal so consistent a trend” (Putnam/Pharr/Dalton 2000: 17). 5 4 Zwar wurden von etlichen Autoren ähnliche Trends für Länder mit unterschiedlichen Parteientypen und Parteiensystemen und mit einem unterschiedlichen soziokulturellen Umfeld diagnostiziert. Bisher gibt es allerdings kaum vergleichende Studien über die Parteienentwicklung während der „dritten Demokratisierungswelle“ in unterschiedlichen Weltregionen, die über eine tabellarische Zusammenstellung einzelner Indikatoren hinausgehen.6 Es wäre zu fragen, ob es tatsächlich derartige übergreifende Trends der Parteienentwicklung in „neuen“ und „alten“ Demokratien sowie in unterschiedlichen Weltregionen gibt. Oder zeichnen sich die untersuchten Regionen durch spezifische Entwicklungen aus? Wie stark sind vor dem Hintergrund der Diskussion über ihren Bedeutungsverlust die politischen Parteien im Vergleich mit anderen Akteuren in der Gesellschaft (partyness of society) und wie stark sind sie in der Regierung verankert (partyness of government)? Inwieweit lassen sich diese für die Analyse westeuropäischer Parteiensysteme entwickelten Konzepte auf „neue“ Demokratien und Demokratien in anderen Weltregionen (d.h. ein anderes soziokulturelles Umfeld) anwenden? Gleichen sich die Parteien an, gibt es – wie in Europa und den USA - spezifische Sequenzen der Parteientwicklung? Zeigen sich regional und überregional Veränderungen im vorherrschenden Parteitypus? Welche Parteitypen lassen sich unterscheiden, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Funktionsweise der politischen Systeme? Verfügen wir überhaupt über ausreichende Klassifikations- und Analyseschemata, um Parteien in unterschiedlichen Weltregionen systematisch erfassen und vergleichen zu können? 6 “Given the holistic predisposition of much research on new democracies, the comparative analysis of parties and party systems in Third Wave polities is underdeveloped.…To our knowledge, no one has attempted in a systematic, comparative, and empirically grounded fashion to analyze the linkage mechanisms between citizens and party elites in these countries or the alignments, if any, that divide parties and their constituencies” (Kitschelt et al. 1999: 2). 5 2. Parteientypen im Wandel: Konvergenz oder Divergenz? Wie von der „Parteienkrisenliteratur“ hervorgehoben wurde, befinden sich die politischen Parteien fast überall in einem Wandlungsprozess. In den USA wird eine kontroverse Diskussion darüber geführt, ob es bereits eine „base-less party system“ (Shea 1999) gibt, wobei sich der Typus der US-amerikanischen Partei traditionell von den europäischen Parteien unterschieden hat. Die US-amerikanischen Parteien waren einst aufgrund ihres weniger ausgeprägten programmatisch-ideologischen Profils und der starken und einseitigen Ausrichtung auf Wahlen – quasi als Dienstleistungsorganisationen (Nominierung und Wahlkampf)7 - in Abgrenzung zu den europäischen Parteien als „empty vessels“ (Katz/Kolodny 1994: 35) bezeichnet worden. Neuerdings zeigt sich allerdings in den USA eine Tendenz zu einer stärkeren parteipolitischen Polarisierung (vgl. Stimson 1999) Für die europäischen Demokratien wurde seit den 70er Jahren eine Transformation von der „Catch-all-Partei“ zur „Kartellpartei“ (vgl. Mair 1997: 93-119; Katz 1996: 119-123) konstatiert. Die Parteien weisen demnach eine geringere gesellschaftliche Verankerung auf, kompensieren dies aber mit einem stärkeren Zugriff auf staatliche Ressourcen (staatliche Finanzierung,8 Zugang zu den Medien, Patronageposten etc.), wirken heute weniger als Transmissionsriemen zwischen Gesellschaft und Staat sondern vielfach als „Broker“ (Mair 1997: 103) zwischen Staat und Gesellschaft, bei wechselseitiger Absicherung (über die staatliche Parteienfinanzierung und Einbindung in politische Ämter). Der analytische Nutzwert des Konzepts der “Kartellpartei” wird jedoch zunehmend in Frage gestellt (vgl. Koole 1996; Kitschelt 2000a); zumal Parteien, die sich dem Modell der „Kartellpartei“ angenähert haben, bei Wahlen nicht besonders erfolgreich waren (siehe Kitschelt 2000a: 171). Statt des Konzepts der „Kartellpartei“ scheint sich für Europa mehr und mehr der von Panebianco (1988) eingeführte Begriff der „professionalisierten Wählerpartei“ durchzusetzen (vgl. von Beyme 2000: 35). 7 „American parties are officially conceived as organizations that provide services, both to candidates and to democracy, but not as organizations that themselves run campaigns. They are seen as providing a framework for the choice of candidates (which in some cases they are legally barred from trying to influence); as structuring electoral choice both through the physical organization of the ballot and through campaigns asking for undifferentiated support of the primary winners, whoever they may be as getting out the vote; as helping candidates raise money; and as acting as a wholesale provider of services for candidates“ (Katz/Kolodny 1994: 35). 8 Kritisch zu den Thesen, die staatliche Parteienfinanzierung sei eine Reaktion auf rückläufige Mitgliederzahlen bzw. deren Ursache oder führten zu einer „Versteinerung“ der Parteiensysteme äußern sich Pierre et al (2000). 6 Tendenzen zu einer Schwerpunktverlagerung bei der Verankerung der Parteien von der gesellschaftlichen auf die staatliche Ebene zeigen sich nicht nur in Westeuropa, sondern auch in den „neuen Demokratien“ in Osteuropa: „Die „gesellschaftliche“ Schwäche vieler Parteien der neuen Demokratien kontrastiert mit ihrer „staatlichen“ Kompetenzfülle. In Ost- und mit Einschränkungen auch in Südeuropa sind deshalb Parteien in einem noch stärkeren Ausmaße „etatisiert“ als ihre westeuropäischen Pendants“ (Merkel 1997: 360). „Was in Osteuropa entsteht, könnte sich als modernere – oder postmoderne – Form der Parteien entpuppen. Die „Kartellparteien“ (...) oder „Parteien der Berufspolitiker“ sind auf dem Vormarsch (...). Massenmitgliedsparteien können nicht mehr erwartet werden; sie entstanden schon in Südeuropa in der dritten Demokratisierungswelle nicht mehr. Die Konsolidierung der Parteiensysteme erfolgt ohne Umweg über die Merkmale der klassischen Moderne ....“ (von Beyme 1997b: 52). Auch für Lateinamerika wird eine „Verstaatlichung“ (estatalización) der politischen Repräsentation bzw. eine „Verparteilichung“ (partidización) des Staates bei gleichzeitiger Loslösung von der Gesellschaft diagnostiziert (del Campos/Ramos 1997: 30). Trotz der geschilderten Unterschiede und Veränderungen in Europa und den USA hielt sich bei der Analyse von Parteien in anderen Weltregionen lange Zeit als Referenzpunkt das „klassisches Parteienmodell“ der europäischen Massenpartei, die es so schon lange nicht mehr gibt und dieser Form in vielen Ländern auch nicht gegeben hat. Die vergleichende Parteienforschung ist durch europäische Erfahrungen geprägt worden, die dann häufig als Folie für die Analyse von Entwicklungen in anderen Weltregionen benutzt wurden. Dies gilt selbst für USForscher, die für ihre vergleichenden Studien (z.B. zu Lateinamerika) häufig weniger das eigene Parteienmodell als das europäische anlegen. Mittlerweile sind jedoch Ansätze für eine Neuausrichtung der Parteienforschung zu erkennen, auf die von Beyme (2000: 19) verweist: „Angesichts des Wandels der Parteien in den 90er Jahren wurde das statische Bild der älteren Parteienforschung aufgegeben, und die Dynamik der Änderungen in Parteien und Parteiensystemen rückten ins Blickfeld. Die normative Vorstellung einer klassischen Partei ging verloren.“ Ein Rückblick auf die Parteienentwicklung in Westeuropa (siehe Mair 1997) oder den USA (siehe Shefter 1994: 61-97) zeigt, dass Parteien kollektive Akteure sind, die sich hinsichtlich ihrer Organisationsform historisch immer wieder gewandelt haben. Dabei verliefen diese Veränderungen in Westeuropa weder zeitlich synchron 7 noch zeigten sie überall die gleiche Ausprägung. Diese Tatsache sollte zu einer größeren Offenheit bei der Analyse der Parteien und Parteienentwicklung in anderen Weltregionen führen. Es allerdings nicht auszuschließen, dass die „Dynamisierung“ der Parteienforschung wieder einseitig auf die Entwicklungen in Westeuropa und den USA – bestenfalls ergänzt um die „neuen Demokratien“ in Osteuropa – beschränkt bleibt. Ein Parteienvergleich, der über Westeuropa und die USA hinausgehend auch Erfahrungen in Asien, Afrika, Lateinamerika und im Nahen Osten einbezieht, könnte die Parteienforschung in der augenblicklichen Phase der Neuausrichtung zusätzlich bereichern, sie aus ihrem westeuropäischen Bias herausführen und einen Beitrag zur Einschätzung zukünftiger Entwicklungstrends der Parteien leisten. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass bei der Analyse der Parteientwicklung in anderen Weltregionen häufig sehr unterschiedliche Fragen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen. Ein herausragendes Strukturmerkmal der Parteisysteme in Südostasien ist der Faktionalismus, d.h. die Durchsetzung der Parteien mit spezifischen internen Machtgruppen, in deren Zentrum charismatische bzw. ressourcenstarke Führungspersönlichkeiten stehen (siehe Köllner 1999). Die Selektion des politischen Führungspersonals vollzieht sich häufig außerhalb der formalen Parteiorganisation. Parteien treten dort außerhalb von Wahlen kaum in Erscheinung. Für Lateinamerika verweisen viele Autoren auf die hohe Volatilität in der Stimmabgabe für die Parteien, die als kennzeichend für die Region und als Indikator für eine geringe gesellschaftliche Verankerung und Institutionalisierung der Parteien in Lateinamerika angesehen werden (siehe Mainwaring 1999; Roberts/Wibbels 1999; kritisch hierzu Bendel/Grotz 2000; Nolte 2000). In Afrika ist die Verankerung der Parteien in zivilgesellschaftlichen Gruppen gering, häufig fehlt eine nennenswerte Mitgliederbasis, die Finanzierung ist ungesichert, innerparteiliche Demokratie existiert zumeist nur auf dem Papier. Stärker als anderswo herrschen dort klientelistische/personalistische Strukturen vor, weisen die Parteien eine ethnische Verankerung auf (siehe Erdmann 1999). Trotz dieser ganz anderen, oft als problematisch gesehenen gesellschaftlichen Verankerung und ohne bürokratischen Apparat können auch afrikanische Parteien klassische Parteifunktionen (s.u.) erfüllen. Parteien außerhalb Europas und den USA funktionieren möglicherweise anders. Dies schließt aber nicht a priori aus, dass sie einen wichtigen Beitrag im Demokratisierungsprozess und zur Konsolidierung und Aufrechterhaltung der betreffenden politischen Systeme leisten können. 8 Sie mögen ihn auf ganz andere Weise leisten, als dies bisher verstanden wurde; zumal auch in Europa die Parteien ihre Funktionen häufig nicht mehr in der Art und Weise erfüllen, die ihnen traditionell in den Lehrbüchern zugeschrieben wurde. Ungeachtet vergleichbarer Entwicklungen der Parteien und Parteiensysteme unter unterschiedlichen politischen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen ist nicht zu erwarten, dass sich die Parteitypen weltweit angleichen werden, noch dass sich eine allgemeingültige Sequenz der Parteienentwicklung herauskristallisieren wird. Auszugehen ist von unterschiedlichen, möglicherweise nach Regionen zu differenzierenden Entwicklungssequenzen und Parteienprototypen, die es herauszuarbeiten und im Hinblick auf ihre Funktionen im politischen System, ihrer organisatorischen Strukturmerkmale und ihrer gesellschaftlichen Verankerung zu vergleichen gilt. Wichtige Faktoren zur Erklärung der Parteienentwicklung sind die Organisationsgechichte, das Verhältnis zwischen Parteien und Staatsbürokratie (vgl. Shefter 1994), das politische System (Präsidialsystem/Parlamentarismus, Wahlsystem) sowie die Gesellschaftsstruktur (Cleavages, Ausdifferenzierungsprozesse etc.). Neben den endogenen – bezogen auf das nationale politische System – Einflussfaktoren sind bei den Demokratien der „dritten Welle“ zusätzlich exogene Einflussfaktoren wie die Diffusion von Demokratie- und Parteienmodellen (auch über die finanzielle Unterstützung durch externe Akteure) in die Analyse einzubeziehen. Die wachsende politische Bedeutung der Medien und die Übernahme moderner Wahlkampftechniken können zu einer Synthese von traditionellen Parteistrukturen, die auf klientelistischen Beziehungen basieren, und Elementen der professionalisierten Wählerpartei moderner Prägung führen. 3. Die Funktion von Parteien in demokratischen Systemen Bevor die anfangs aufgeworfene Frage weiterverfolgt werden kann, inwieweit von einem Funktionsverlust oder von einem Funktionswandel der Parteien auszugehen ist, und welche Konsequenzen dies für den vorherrschenden Parteitypus und die demokratischen Systeme hat, gilt es zunächst die Funktionen aufzuzeigen, die Parteien in einem demokratischen System wahrnehmen. 9 In allen politischen Systemen müssen disperse soziale Präferenzen in gebündelte, kollektive Verhandlungspositionen und diese – in Konkurrenz zu/Koalition mit anderen Positionen – in bindende Entscheidungen über die Zuteilung wichtiger materieller Ressourcen transformiert werden. Nur in sehr kleinen Gemeinschaften ist dies auf direktdemokratischem Wege möglich (siehe Anckar/Anckar 2000). In Rückgriff auf systemtheoretische Überlegungen von Luhmann hat Wessels (2000: 35) darauf hingewiesen, dass „Organisationen die einzigen Sozialsysteme sind, die als ‚kollektive Akteure’ auftreten können, im Namen eines Kollektivs berechtigt kommunizieren können. ... Gerade für demokratische Systeme, die mit der Produktion kollektiv verbindlicher Entscheidungen nach bestimmten Regeln betraut sind, bekommen sie dadurch ein besondere Relevanz. ... Demokratien ... haben darüber hinaus die Eigenart, dass sie kollektiv verbindliche Entscheidungen nur durch Beteiligung rechtfertigen können“. Politische Parteien sind die Organisationen par excellence die den doppelten Anspruch an die Demokratie – als einer Regierung für das Volk und durch das Volk – der Repräsentation kollektiver Interessen und der Legitimation von Entscheidungen durch Beteiligung erfüllen können. Die Partei als „kollektiver Akteur“ ermöglicht erst die Fiktion einer Herrschaft im Namen eines Kollektivs. Dies erklärt, warum auch totalitäre und autoritäre Systeme auf diese Organisationsform zur Legimitation ihrer Herrschaft zurückgreifen. Im Rahmen einer repräsentativen Demokratie funktionieren Parteien als die zentralen politischen Vermittlungsstrukturen zwischen Staat und Gesellschaft.9 Die Qualität der demokratischen Verfahren hängt entscheidend von der Struktur der Parteien und Parteiensysteme ab (vgl. Kitschelt et al. 1999: 5). Die Parteien stellen eine Verknüpfung (linkage)10 zwischen den Bürgern und den politischen Entscheidungsstrukturen her, die unterschiedliche Formen annehmen kann. Auf der gesellschaftlichen Ebene können die Parteien kollektive Identitäten schaffen und kollektive Interessen artikulieren, um sie nachfolgend „politikfähig in Form begründeter Entscheidungsalternativen zu aggregieren“ (Wessels 2000: 37), die anschließend von durch Parteien rekrutierte politische Entscheidungsträger – oder von diesen kontrollierten Bürokratien - autoritativ entschieden und implementiert werden. 9 “Parties are the central intermediate and intermediary structure between society and government” (Sartori 1986: ix). 10 Nach Poguntke (2000: 24) beinhaltet “linkage” “einen Mechanismus, der die Politik der Eliten an die Präferenzen der Bürger zurückbindet”. Zum Linkage-Konzept siehe auch Lawson (1980). 10 An beiden Enden der Verknüpfung können die Parteien unterschiedlich fest und auf unterschiedliche Weise verankert sein. Dies gilt für die Verankerung der Parteien auf der politischen Ebene, die „partyness of government“, auf die noch näher eingegangen wird, wie auch die gesellschaftliche Verankerung der Parteien, die „partyness of society“ (vgl. Sjöblom 1987: 157). Die Diskussion um den Wandel von der „Catch-all Partei“ zur „Kartellpartei“ hat gezeigt, dass sich das Gewicht der beiden Verknüpfungspunkte verschieben kann. Bisher besteht ein Mangel an vergleichenden Studien zu den Vermittlungsmechanismen und –strategien von Partei- en/Parteieliten gegenüber ihren Wählern bzw. zu den Modi der Repräsentation gesellschaftlicher Interessen durch Parteien. Ein partielle Ausnahme bildet die Studie von Kitschelt et al. (1999), die in einer vergleichenden Analyse der Entwicklung der osteuropäischen Parteiensysteme zwischen charismatischen, klientelistischen und programmatischen Linkage-Strategien unterscheiden. Bei der Analyse der gesellschaftlichen Verankerung der Parteien wird es in einem ersten Schritt darum gehen, rein quantitativ den Rückhalt der Parteien in der Bevölkerung – Wähler, Sympathisanten (erfassbar über die Parteiidentifikation), Mitglieder – zu erfassen. Der Rückhalt manifestiert sich in Meinungsumfragen zur Wahrnehmung der Parteien, ihrer Unterstützung bei Wahlen (Wahlbeteiligung, Volatilität), der Zahl der Bürger, die sich in Parteien organisieren und dem Grad der Repräsentativität der Parteien im Hinblick auf gesellschaftliche Gruppen (und von diesen artikulierten Interessen). In einem interregionalen Vergleich sollte analysiert werden, wie die Parteimitgliedschaft definiert wird: • von der Verpflichtung auf ein Parteistatut und ein Parteiprogramm, regelmäßigen Mitgliedsbeiträgen und der Möglichkeit des Parteiausschlusses, • über die bloße Registrierung als Mitglied oder Sympathisant, ohne weitergehende Verpflichtungen, • bis hin zur bloßen Sympathie als Anhänger einer Partei, ohne dieser formal beizutreten („informelle Mitgliedschaft; Erdmann 1999), aber mit der Möglichkeit sich beispielsweise an Vorwahlen zu beteiligen oder einzelne Kandidaten im Wahlkampf aktiv zu unterstützen. Weiterführende Überlegungen sind notwendig, welche Auswirkungen dieses unterschiedliche Verständnis von Mitgliedschaft auf die Wahrnehmung von Parteifunktionen zeitigen. 11 Wie stark ist der Rückhalt der Parteien im Vergleich zu anderen Organisationen in der Gesellschaft? Inwieweit üben die Parteien einen Einfluss auf zivilgesellschaftliche Organisationen (z.B. Berufsverbände) aus, bzw. in welchem Umfang beeinflussen derartige Organisationen die Parteien? In welchem Umfang wirken diese als kollaterale Organisationen (Poguntke 2000)11 zu den Parteien? Zu fragen ist auch, ob Parteien neben ihren politischen Funktionen – als Vermittlungsstrukturen zwischen Staat und Gesellschaft – noch zusätzliche gesellschaftliche Funktionen wahrnehmen. Die „partyness“ der Gesellschaft hängt auch davon ab, inwieweit die Parteien gesellschaftliche Spaltungslinien (cleavages) widerspiegeln bzw. verstärken. Je mehr Parteien derartigen gesellschaftlichen Spaltungslinien Ausdruck verleihen und diese organisatorisch verfestigen, desto größer dürfte die gesellschaftliche Verankerung der Parteien sein. Ein Beispiel hierfür ist die „versäulte“ Gesellschaft der Niederlande in den 50er und 60er Jahren (vgl. Lijphart 1975). Gesellschaftliche Veränderungsprozesse, die derartige Spaltungslinien unterminieren, könnten dementsprechend gleichzeitig den gesellschaftlichen Einfluss der Parteien verringern. Gesellschaftliche und politische Verankerung von Parteien können invers variieren. Bei Parteien, die außerhalb der politischen Elite entstanden, ging die gesellschaftliche der politischen Verankerung voraus. Honoratorien- oder Eliteparteien verfügten demgegenüber zuerst über eine politische Verankerung, die sie in Konkurrenz mit neu aufkommenden Akteuren um eine breitere gesellschaftliche Verankerung zu erweitern trachteten. Augenblicklich wird für die modernen Gesellschaften eine abnehmende Bedeutung kollektiver Akteure für die gesellschaftliche Integration, bei zunehmenden Anforderungen an kollektive Akteure für die Systemintegration konstatiert (Wessels 2000: 44). Welche spezifischen Funktionen erfüllen die Parteien im Vermittlungsprozess zwischen Gesellschaft und Politik? Die Funktionen, die den politischen Parteien in demokratischen Systemen 11 Nach Poguntke (2000: 36-36) werden unter diesem Oberbegriff alle Organisationen zusammengefasst, „die im Vorfeld politischer Parteien interessenaggregierend und interessenartikulierend formell und informell mit politischen Parteien verbunden sind“, d.h. es handelt sich um intermediäre Organisationen „die mehr oder minder dauerhafte Interaktionsbeziehungen mit Parteien eingehen und somit Vermittlungsinstanzen zwischen Parteieliten und Wählerschaft darstellen.“ 12 zugeschrieben werden, weisen je nach Autor eine gewisse Variationsbreite auf,12 es gibt jedoch eine genügend große Schnittmenge, wie die nachfolgend wiedergegebenen Beispiele aus der neueren Parteienliteratur illustrieren: • So schreibt beispielsweise von Beyme (1982: 25; 1997a: 361) den Parteien folgende Funktionen zu: die Zielfindung (Ideologie und Programmatik); die Artikulation und Aggregation gesellschaftlicher Interessen; die Mobilisierung und Sozialisation der Bürger im System, vor allem bei Wahlen; und die Elitenrekrutierung und Regierungsbildung. • Bei Schmitter (1999: 477-478) sind es die Funktionen: electoral structuration, symbolic integration, governing function, aggregative function. • Morlino (1995: 315) nennt in seiner Studie zum Konsolidierungsprozess in Südeuropa die folgenden Aufgaben: attraction of mass-level support in elections; recruitment to key governmental, parliamentary, and local government posts; formulation of alternative public policy options; elite-level intermediation with the bureaucracy, the military, and the judiciary; transmission belts for social demands; delegates or representatives of civil society. • Nach Yanai (1999: 7) sind es die Funktionen: nominating candidates for public office; adopting statements for public policy, primarily in an electoral platform; mobilizing support for each of the above – candidates (public officials) and policies.13 Alle die genannten Definitionen lassen sich unter den strukturell-funktionalistischen Ansatz von Almond und Powell (1966; siehe auch Almond/Powell/Mundt 1996; Almond/Po- well/Strom/Dalton 1999) subsumieren. Ein Vorteil des Analyseansatzes von Almond und Powell liegt darin, dass auch Parteien in unterschiedliche Typen von politischen Systemen (z.B. in rechtsstaatlichen liberalen Demokratien und in „defekten“ bzw. „illiberalen“ Demokratien) im 12 Wiesendahl (1980: 188) hatte Ende der 70er Jahre nach einer Auswertung der wissenschaftlichen Parteienliteratur insgesamt 14 Funktionen identifizieren können, die den politischen Parteien zugeschrieben werden. 13 Nach zwei weiteren Definitionen ist eine Partei: (1) “an institution that (a) seeks influence in a state, often by attempting to occupy positions in government, and (b) usually consists of more than a single interest in the society and so to some degree attempts to ‘aggregate interests’” (Ware 1996: 5); (2) „an organization that is locally articulated, that interacts with and seeks to attract the electoral support of the general public, that plays a direct and substantive role in political recruitment, and that is committed to the capture or maintenance of power, either alone or in coalition with others“ (La Palombara/Weiner 1966: 29). 13 Hinblick auf ihre Funktionen verglichen werden können. Demnach erfüllen die Parteien folgende Funktionen:14 • Interessenartikulation • Interessenaggregation • politische Rekrutierung • politische Sozialisation Wahlen sind in demokratischen Systemen, aber auch in manchen autoritären Systemen das zentrale politische Ereignis, bei dem es sich zeigt, in welchem Umfang Parteien die ihnen zugeschriebenen Funktionen effizient wahrnehmen und welchen Beitrag sie zur Legitimierung des politischen Systems leisten. Wahlen zu organisieren, impliziert Rekrutierung von politischem Führungspersonal, Interessenartikulation (einschließlich politischer Programmatik), Interessenaggregation und als Summe der effizienten Erfüllung der anderen Funktionen die Legitimierung des politischen Systems und der Parteien.15 Die Bereitschaft, sich an den Wahlen zu beteiligen, und die Wahl systemkonformer Parteien/Kandidaten können zugleich als Ergebnis erfolgreicher politischer Sozialisation angesehen werden. Für die weitere Analyse ist festzuhalten, und darin liegt ein Vorteil des strukturellfunktionalistischen Ansatzes, dass politische Parteien Organisationen sind, • die im politischen System unterschiedliche Funktionen, auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlicher Intensität wahrnehmen oder wahrnehmen können; • wobei einige dieser Funktionen auch komplementär oder konkurrierend von anderen Organisationen wahrgenommen werden können (vgl. Yanai 1999: 5). 14 Ursprünglich hatten Almond/Powell (1966: 114-127) nur die zuerst genannten vier Funktionen aufgelistet. In späteren Überarbeitungen und Ergänzungen ihres Ansatzes (siehe Almond/Powell/Mundt 1996: 104/105; Almond/Powell/Strom/Dalton 2000: 41-43; 85-86) ergänzen sie die den Parteien zugeschriebenen Funktionen noch um die der politische Kommunikation und – bei Regierungsparteien - , die der politischen Entscheidungsfindung, der politischen Implementierung und der politischen Adjudizierung. Der spezifische Beitrag der Parteien zur politischen Kommunikation wird nicht weiter spezifiziert, wobei unter politischer Kommunikation generell verstanden wird „the flow of information through the society and through the various structures that make up the political system“ (Almond et al. 2000: 42). 15 Ähnliche Überlegungen, die Legitimierungsfunktion als Ergebnis der erfolgreichen Erfüllung der übrigen Funktionen zu interpretieren, die Parteien zugeschrieben werden, finden sich bei Schmitter (1999: 476-477 Anm.2) 14 Stellt sich die Frage, welches sind die „Konkurrenten“ der Parteien (funktionale Äquivalente) in den verschiedenen Funktionsbereichen, welches die zentralen und unverzichtbaren Funktionen der Parteien und welches die Funktionen sind, bei denen eine gewisse Flexibilität bei der Wahrnehmung möglich ist. Je nach Bedeutung haben Defizite bei der Funktionswahrnehmung mehr oder weniger gravierende Konsequenzen für das politische System. Die Interessenaggregation gilt als die zentrale und spezifische Funktion der Parteien im politischen System: „The political party may be considered the specialized aggregation structure of modern societies“ (Almond/Powell 1966: 102). Die Schaffung spezifischer Strukturen der Interessenaggregation16 gilt als Zeichen politischer Entwicklung und Modernität, als Beitrag zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Legimitat politischer Strukturen (vgl. Almond/Powell 1966: 102-105). Wessels (2000: 37) verweist darauf, dass es „für die Vermittlungsleistungen“ – zwischen Gesellschaft und Politik - „von entscheidender Bedeutung ist, dass Organisationen aus sozialer Kommunikation Ausschnitte selektieren und damit zu einer programmatisch verdichteten Kommunikation beitragen. Mit anderen Worten: Organisationen leisten Aggregation durch (als legitim unterstellte) Selektionen“. Für moderne Gesellschaften mit zunehmender Komplexität und Ausdifferenzierung sozialer Interessenlagen wird sogar eine zunehmender Bedarf an Aggregation angenommen. Aus der Perspektive der „Systemintegration“ würden demnach die Anforderungen an die Parteien eher zu- als abnehmen (vgl. Wessels 2000: 44). Während die Parteien bei der politischen Sozialisation17 und der Interessenartikulierung in demokratischen Systemen in einem gewissen Umfang durch andere Akteure ersetzbar sind, gilt dies nicht für die Interessenaggregation und die politische Rekrutierung für Wahlämter. So können gesellschaftliche Organisationen, wie Verbände oder NGOs, zwar mit den Parteien bei der Interessenartikulation konkurrieren oder auf diese einwirken. Diese Organisation verfügen allerdings nur über begrenzte Möglichkeiten der Interessenaggregation über ihr unmittelbares 16 Unter Interessenaggregierung verstehen Almond/Powell (1966: 98) die politische Systemfunktion „of converting demands into general policy alternatives“ bzw. “the activity in which the demands of individuals and groups are combined into significant policy proposals” (Almond/Powell/Mundt 1996: 104). 17 Von Beyme (2000: 194) verweist für die Ära der Volksparteien darauf: „Die Sozialisationsfunktion gegenüber der Masse der Parteimitglieder hatte abgenommen. Die Sozialisationsfunktion gegenüber den Eliten hingegen wurde intensiviert. In vielen Parteien waren kommende Eliten einem langwierigen Prozess der Bewährung in Parteiämtern und Abgeordnetenmandaten ausgesetzt, ehe sie in die höchsten Exekutivämter zugelassen wurden.“ 15 Interessengebiet hinaus. Sie können aber – soweit sie nicht die direkte Einflussnahme auf Parlament und Regierung vorziehen - als „kollaterale Organisationen“ (Poguntke 2000) über formale oder informelle Verbindungen die Parteien bei der Interessenaggregation unterstützen. Klaus von Beyme (2000: 197) verweist darauf, dass „die Aggregationsleistung der Parteien auch künftig für die moderne Demokratie nicht überflüssig“ wird, „selbst wenn Teile der Interessenartikulation heute weniger in den Parteien als gegenüber den Parteien ausgeübt werden.“ Wesentlich problematischer als ein Einflussverlust der Parteien bei der Interessenartikulation oder politischen Sozialisation wäre ein Zurückdrängen der Parteien bei den Funktionen der Interessenaggregation und der politischen Rekrutierung (sieht man von der Möglichkeit unabhängiger Kandidaturen ab). Noch in der Ära der Volksparteien wurde „die Elitenbildungs- und Rekrutierungsfunktion ... von den Parteien exklusiver wahrgenommen als in jeder früheren Epoche der Parteiengeschichte“ (von Beyme 2000: 194). Und auch nach dieser Periode üben die Parteien in den europäischen Demokratien einen entscheidenden Einfluss auf die Elitenrekrutierung aus. Dies gilt nicht im gleichen Umfang für andere Weltregionen. Eine gewisse Minderung des Einflusses der Parteien bei der Elitenrekrutierung – z.B. durch direktdemokratische Verfahren – muss nicht automatisch zu einer Schwächung der Demokratie führen. Sobald sich jedoch „Fassadenparteien“ bilden, denen keinerlei reale Bedeutung bei der Rekrutierung von Kandidaten für politische Wahlämter und bei der Politikformulierung (Interessenaggregation) zukommt – wie z.B. bei den künstlich geschaffenen Regierungs“parteien“ in Peru während der Herrschaft von Fujimori - , ist die Demokratie in Gefahr (oder bereits zu einem autoritären System mutiert). Ein anderes Risiko besteht darin, dass sich die staatliche Bürokratie oder ein Teil der staatlichen Bürokratie (z.B. das Militär) gegenüber den Parteien emanzipiert und diese kontrolliert (vgl. Shefter 1994: 61-62). Die real existierenden politischen Parteien (oder Parteiensysteme) erfüllen die eingangs genannten Systemfunktionen nicht im gleichen Umfang. Je mehr sie diese Funktionen wahrnehmen, um so größer ist ihr Gewicht im politischen Prozess, um so mehr handelt es sich um eine „Parteiregierung“ (party government). Das Konzept des „party government“ (siehe Carlisle 1996; Katz 1987a) war in den 80er Jahren zur Analyse der Entwicklung in den parlamentarischen Demokratien Westeuropas entwickelt worden (als Vergleichsfall war das US- 16 amerikanische Präsidialsystem in die Analyse einbezogen worden), es kann aber auch – möglicherweise in modifizierter Form - auf außereuropäische Systeme angewandt werden,18 um den Einfluss der Parteien im politischen System bzw. in der Regierung – auch in Abgrenzung/Konkurrenz zu anderen Akteuren (z.B. dem Militär) - zu erfassen. Dieser Einfluss ist wiederum von der Erfüllung der vier Grundfunktionen – politische Sozialisation, Interessenartikulation, Interessenaggregierung und politische Rekrutierung –, vor allem der beiden letztgenannten abhängig. In Anlehnung an Sjöblom (1987: 156), dessen Operationalisierung des Konzepts des „party government“ leicht modifiziert wurde, hängt der Grad des Einflusses der Parteien in der Politik19 und der Kontrolle über den formalen Regierungsapparat („partyness of government“) ab20: • Vom Ausmaß, in dem politische Entscheidungen von gewählten Politikern (oder Personen unter ihrer tatsächlichen Kontrolle) gefällt werden, und vom Umfang, in dem gewählte Parteipolitiker, direkt oder indirekt, die Implementierung autoritativer Entscheidungen kontrollieren. • Vom Ausmaß, in dem über politische Inhalte in den Parteien entschieden wird (die sie dann durch ein gemeinsames und geschlossenes Handeln umzusetzen trachten). • Vom Ausmaß, in dem politische Entscheidungsträger durch Parteien rekrutiert werden (und für ihr Handeln als Vertreter von Parteien zur Verantwortung gezogen werden). Sind die bisher beschriebenen Parteifunktionen ausreichend, um die Entwicklung in verschiedenen Weltregionen analysieren zu können? In einem interregionalen Vergleich könnten Trends in verschiedenen Weltregionen aufgezeigt werden, • auf welche Weise und mit welcher Intensität Parteien die unterschiedlichen Funktionen, die ihnen zugeschrieben werden, wahrnehmen, • 18 welche konkurrierenden Organisationen es gibt, Einen Versuch, das Konzept des „party government“ auf Lateinamerika anzuwenden, unternimmt Cansino (1995, 1997). 19 Neben dem Konzept des „party government“ hatte Katz (1986: 45-46) mit „party governmentness“ ein zusätzliches Konzepte eingeführt, das die politische und gesellschaftliche Macht der Parteien erfassen soll („the proportion of all social power exercised by parties within the framework of the party government modell“). 20 Trotz der Operationalisierung durch Sjöblom (1987) bleiben Probleme der Messbarkeit des Ausmaßes an „party government“. 17 • und in welchem Verhältnis diese zu den Parteien stehen. Inwieweit lassen sich Unterschiede in der Funktionswahrnehmung auf den unterschiedlichen sozioökonomischen Entwicklungsstand, unterschiedliche organisatorische Entwicklungspfade, unterschiedliche Cleavage-Strukturen und unterschiedliche institutionelle Arrangements (Wahlsystem, Regierungssystem, Kompetenzverteilung und Zusammenspiel von/zwischen Legislative und Exekutive etc.) zurückführen? Von den Funktionen, die Parteien im (demokratischen) politischen System wahrnehmen, gilt es die Modi oder Verfahren der Funktionswahrnehmung zu unterscheiden.21 Dabei ist es analytisch sinnvoll, außer auf die formellen politischen Regelungssysteme auch auf informelle Arrangements einzugehen, die komplementär oder konträr zu den formellen Regelungssystemen wirken können. In welchem Umfang nehmen Parteien ihre Funktionen durch informelle Verfahren wahr? In welchem Verhältnis stehen informelle zu formellen Verfahren? Welche informellen Verfahren sind unter welchen Bedingungen demokratieförderlich, welche der Demokratie abträglich? Hierzu sollen im Folgenden einige allgemeine Überlegungen präsentiert. 21 Am Beispiel der Interessenaggregation lassen sich in einem ersten Schritt folgende formalen und informellen Verfahren unterscheiden. Als formale Verfahren sind zu nennen: formale Mitgliedschaft in Parteien; primaries; formelle kollaterale Organisationen; Programme. Als informelle Verfahren sind zu nennen: informelle Mitgliedschaft; Meinungsumfragen; informelle kollaterale Organisationen; Klientelismus; Charisma. 18 4. Formelle und informelle Verfahren der Interessenaggregation und –vermittlung Gero Erdmann/Patrick Köllner22 Almond und Powell (1966) waren geprägt vom Entwicklungsoptimismus der frühen 60er Jahre (Stichwort: Modernisierungstheorie) von der Annahme ausgegangen, dass im Prozess sozioökonomischer Modernisierung die Funktionen der Interessenartikulation und -aggregation immer mehr von formellen Verfahren und Strukturen wahrgenommen werden, während gleichzeitig die Bedeutung informeller Interaktionsmuster abnimmt.23 Parteien galten geradezu als systemnotwendige Antwort auf die Herausforderungen soziopolitischer Modernisierung.24 Dies hat teilweise dazu geführt, dass etwa in Afrika Parteistrukturen imaginiert wurden, gleichsam „potemkinsche Parteien“, die real kaum zu fassen waren. Ex post ist festzuhalten, dass eher eine Überlagerung, Ergänzung und Durchdringung formaler durch informelle Interaktionsmuster in Parteien die Regel war, häufig wurden letztere sogar dominant. Dies gilt indessen nicht nur für afrikanische, asiatische oder lateinamerikanische Parteien Auch in Parteien in den etablierten Demokratien Westeuropas und auf dem nordamerikanischen Halbkontinent sind informelle Praktiken nicht unüblich.25 Sie haben den Parteien bisweilen – bei aller Beachtung formaler demokratischer Regeln – den Vorwurf der Intransparenz, der Oligarchisierung und der fehlenden innerparteilichen Demokratie eingetragen. Das Nebeneinander von informellen und formellen Elementen in den Parteien ist bisher wenig systematisch aufgearbeitet (Ausnahmen: Appleton 1984; Köllner 1999; Levitsky 1998a, 1998b) bzw. mit anderen Analysekonzepten erfasst worden (Stichworte: Klientelismus, Patrimonialismus, Personalismus und Faktionalismus etc.). Bei der Analyse der Parteienentwick22 Das nachfolgende Kapitel basiert in wesentlichen Teilen auf Ausführungen und Anregungen von Gero Erdmann und Patrick Köllner. 23 „In modern societies, as citizens become aware of larger collective interests and have the resources and skills to work for them, personal networks tend to be regulated, limited, and incorporated within broader organizations. ... extensive performance of interest aggregation by personal patron-client networks is confined mainly to the less economically developed countries“ (Almond/Powell/Mundt 1996: 105). 24 „Political parties seem to emerge where the number and variety of interests being articulated becomes to great to receive satisfaction through informal interaction“ (Almond/Powell 1966: 102). 25 Zudem hat die Forschung zum Neokorporatismus in Westeuropa und anderswo gezeigt, dass die Funktion der Interessenaggregation keineswegs ein alleiniges Monopol der politischen Parteien darstellt. Wie Koole (1996) argumentiert, wird angesichts des deutlichen Trends zur gegenseitigen Durchdringung von Staat und Gesellschaft im 20. Jahrhundert auch die Rolle der Parteien als „Brücke“ zwischen diesen beiden Subsystemen fraglich. 19 lung in Asien, Afrika oder Lateinamerika wird zwar immer wieder auf entsprechende „informelle“ Beziehungssysteme und Praktiken hingewiesen, die häufig als Ursachen für „Fehlfunktionen“ der Parteien bzw. Abweichungen vom „normalen“ (westeuropäisch geprägten) Erscheinungsbild und Entwicklungspfad der Parteienentwicklung sowie als Teil der Demokratiehemmnisse („Funktionsdefizite“) gewertet werden. Was jedoch fehlt, sind neben eingehenden Ländervergleichen innerhalb einzelner Regionen (etwa in Afrika) vor allem regionenübergreifende vergleichende Studien, in denen die für einzelne areas entwickelten Analyseinstrumente und Erkenntnisse auf andere Regionen angewendet werden. Grundsätzlich ist der Frage nachzugehen, welche informellen Verfahren der Funktionsweise der Parteien und der Demokratie abträglich, welche möglicherweise sogar förderlich sind. Durch die Einbeziehung informeller Praktiken in die Analyse von Parteien und Parteiensystemen werden Modi der Interessenartikulation, -aggregation und der Führungsauslese angesprochen, die sich von denen unterscheiden, die einer klassischen Programmpartei zugeschrieben werden. Dabei wird zunächst davon ausgegangen, dass informelle Verfahren (über klientelistische Beziehungen, Faktionalismus etc.) einen ähnlichen oder gleichen Grad an Ordnung und Bündelung politischer Präferenzen sowie politischer Legitimierung der Parteiführung erzeugen können wie Interessenaggregation qua politischem Programm. Die Ausblendung informeller Modi der Funktionswahrnehmung führt zu einer deskriptiven Verarmung, weil ein wichtiger Bereich des Parteihandelns ausgeblendet wird. Gemessen an formellen Arrangements müssen in wesentlichen Bereichen informell strukturierte Parteien dann organisationsarm und nur mangelnd in der Gesellschaft verankert erscheinen (was allerdings auch unter Einbezug der informellen Ebene der parteipolitischen Realität entsprechen kann). Wird die informelle Politikebene ignoriert, landet die Parteienanalyse in neuen Demokratien zwangsläufig bei der Konstatierung systemischer Defekte (im Vergleich zum europäischen Modell), denen – mitunter vorschnell – mangelnde Konsolidierungsbeiträge zugeschrieben werden. Die klientelistische Anbindung der Wähler an die Parteiführung durch den Austausch von Gefolgschaft gegen die Erwartung materieller Vorteile ist aber nicht per se demokratiegefährdend. Zu fragen ist, ob 20 • die Verwendung der parteieigenen oder der staatlichen Ressourcen zur Finanzierung eines dauerhaften klientelistisches Arrangements ausreicht; • die demokratische Entwicklung bzw. Konsolidierung behindert wird und diese Prozesse schließlich systemdysfunktional werden; und • neben den politischen auch die gesellschaftlichen Entwicklungschancen beeinträchtigt werden. Im Rahmen einer vergleichenden Analyse informeller Politik in politischen Parteien sollten daher die vier Systemfunktionen der Parteien – politische Sozialisation, politische Rekrutierung, Interessenartikulierung, Interessenaggregation – nach formellen und informellen Verfahren untersucht werden. Für die Funktionswahrnehmung kann dabei a priori weder von einer klaren Komplementarität noch von einem klaren Spannungsverhältnis zwischen formellen und informellen Elementen ausgegangen werden. Im Allgemeinen kann von einem komplementären institutionellen Gefüge gesprochen werden, wenn die informellen Elemente die formellen Elemente stützen oder ihrem Geist entsprechen. So ist vorstellbar, dass informelle Elemente genutzt werden, um die Rigiditäten formeller Organisationen oder Prozesse zu umgehen. Die Nutzung informeller Elemente könnte in diesem Fall zur Senkung von Transaktionskosten führen.26 Die Nutzung informeller Elemente kann mithin in bestimmten Fällen Ausdruck einer pragmatischen Haltung sein. Dittmer (2000: 306) führt diesen Fall wie folgt aus: „By thus „filling the cracks“, informal politics reveals and bridges shortcomings in the formal system; by basing itself on prepolitical ties and sentiments and the allocation of apolitical incentives, it broadens and deepens the political realm. At the heart of informal politics is power, and legitimacy is its Achilles’ heel, but it can provide a sort of nonideological substitute for legitimacy based purely on getting things done … .” Informelle Elemente (z.B. Faktionen in Parteiorganisationen) können im positiven Fall das formelle System stützen, indem sie den Zugang verschiedener Gruppen zu Parteien erleichtern und damit ihre Repräsentativität und Responsivität, mithin ihre Legitimität erhöhen oder zumindest sichern. Informelle Elemente können zudem - zumindest in der Theorie - die Legiti- 26 Zur möglichen Effizienz informellen Regierungshandelns siehe etwa von Beyme (1991). Zum Thema informelle Institutionen siehe Lauth/Liebert (1999). 21 mität des formellen Rahmens sichern, wenn sie wirkungsvoll „traditionale“, von der Allgemeinheit geteilte Wertvorstellungen in den formellen Rahmen integrieren und somit helfen, Unterstützung für formelle, zumeist eher abstrakte Rahmenbedingungen zu erzeugen. In diesem Zusammenhang wären etwa die vermutlich in vielen Fällen eher ambivalenten Wirkungen des Klientelismus zu überprüfen. Gleiches gilt für den Einsatz von Patronage. So argumentierte bereits Huntington (1968), dass Patronageparteien, die tendenziell eher pragmatisch und moderat ausgerichtet sind, eine konstruktive Rolle in demokratischen Gemeinwesen spielen können. Schwierig fällt die Beurteilung des Einsatzes informeller Politik, wenn – wie so oft im Bereich der informellen Politik – nicht legitime Mittel eingesetzt werden, um legitime politische Ziele wie die Erringung von Machtpositionen, die Versorgung von Wahlkreisen mit öffentlichen Projekten oder die Durchsetzung von Politiken zu erreichen. Sind die eingesetzten Mittel nicht nur nicht legitim, sondern auch illegal, stehen sie klar im Widerspruch zu den formellen Elementen der Politik. In allen anderen Fällen müssen jedoch die Auswirkungen des Einsatzes der entsprechenden Kanäle und Mittel jeweils abgewogen und auf ihr Verhältnis zu den formellen Elementen der Politik überprüft werden. Heilmann (1999: 6) merkt hierzu an: „In der Nutzung informeller Verfahren bleibt die Balance zwischen funktionalen und normativen Erfordernissen ... immer prekär: Effizienzgewinnen im politischen Entscheidungsprozess stehen Defizite im Hinblick auf die politische Verantwortlichkeit und Transparenz gegenüber. Die Spannung bleibt unaufhebbar und sorgt dafür, dass der institutionelle Gleichgewichtszustand der Konsolidierung [demokratischer Systeme] immer wieder neu hergestellt und gerechtfertigt werden muss“. Heilmann (1999: 6) macht das Verhältnis von formellen und informellen Elementen gar zum Kern seiner Definition demokratischer Konsolidierung: „Als konsolidiert können offizielle Institutionen nur solange gelten, wie sie durch informelle Koordinationsformen gestützt werden. In nicht-konsolidierten Demokratien setzen informelle Interaktionsformen die offiziellen Regeln von Verfassung und Gesetzen teilweise oder im Extremfall auch weitgehend außer Kraft. ... In konsolidierten Demokratien hingegen stehen die informellen Institutionen in einem komplementären Verhältnis zu den offiziellen Institutionen und kompensieren deren Funktionsdefizite“. 22 So ist im negativen Fall in Bezug auf politische Parteien denkbar, dass informelle Elemente (etwa Faktionalismus) einer Fragmentierung der Parteien und des Parteiensystems im allgemeinen Vorschub leisten und die Handlungs- bzw. Regierungsfähigkeit von Parteien beeinträchtigen. Allgemeiner gesprochen ist mithin dann ein deutliches Spannungsverhältnis zwischen formellen und informellen Elementen gegeben, wenn informelle Elemente den formellen Rahmen „kolonisieren“ oder unterhöhlen. Dies ist dann gegeben, wenn die informellen Elemente gegen den Geist der formellen Elemente verstoßen und/oder wenn der formelle Rahmen nur als „Wirt“ für parasitäre Aktivitäten und Prozesse informeller Natur genutzt wird. Von einem Spannungsverhältnis kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn die informellen Elemente klar den formellen untergeordnet sind. Anschließend stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen formellen und informellen Praktiken in Parteien im Prozess gesellschaftlichen Wandels. Entsprechen informelle Praktiken eher traditionalistische Gesellschaften? Nimmt im gesellschaftlichen Modernisierungsprozess zunächst die Bedeutung formeller Verfahren der Interessenvermittlung zu? Kommt es in sogenannten postmodernen Gesellschaften wieder zu einer Zunahme informeller Verfahren? 5. Gegenstand eines interregionalen Vergleichs Ausgangspunkt für den interregionalen Vergleich von Parteien ist die in der wissenschaftlichen Diskussion vorgetragenen Diagnose eines allgemeinen Bedeutungsverlustes der Parteien in “alten“ wie „neuen“ Demokratien, der auf ähnliche Herausforderungen, mit denen sich die Parteien konfrontiert sehen, zurückgeführt wird. Damit ist implizit die Hypothese einer weltweiten Konvergenz von Parteientypen und Parteienentwicklung verbunden. Im Rahmen eines interregionalen Vergleichs sollen Bedeutung und Funktionen (bzw. die Art der Funktionswahrnehmung) politischer Parteien in verschiedenen Weltregionen aus komparativer Perspektive analysiert werden. Dabei soll insbesondere untersucht werden, auf welche informelle Verfahren Parteien bei der Wahrnehmung ihrer Funktionen zurückgreifen, in welchem Verhältnis diese zu den formalen Parteistrukturen und politischen Entscheidungsregeln stehen und welche Implikationen sich aus dem Wechselverhältnis von formalen und informellen Strukturen für die Funktionswahrnehmung der Parteien im politischen System und die Funktionsweise der betreffenden politischen Systeme ergeben. 23 In einem ersten Schritt sollen grob die Thesen eines Bedeutungsverlustes bzw. Funktionswandels von Parteien in den 80er und 90er Jahren für die behandelten Regionen im Allgemeinen und für die als Fallbeispiele ausgewählten Länder im Besonderen überprüft werden. Dabei soll zunächst anknüpfend an den strukturell-funktionalistischen Ansatz untersucht werden: • In welchem Umfang nehmen die Parteien die ihnen zugeschriebenen Funktionen der politischen Sozialisation, der Interessenartikulation, der Interessenaggregation und der politischen Rekrutierung wahr? Dabei soll der Schwerpunkt auf die beiden zuletzt genannten Funktionen gelegt werden. • Welches sind die konkurrierenden Akteure und Organisationen, und in welchem Verhältnis stehen sie zu den Parteien (gegebenenfalls als kollaterale Organisationen)? • Welche Folgerungen ergeben sich für die Verankerung von Parteien in Politik und Gesellschaft? Schließlich ist zu fragen, ob • die oben genannten Kategorien ausreichen, um die relevanten Parteienfunktionen in den behandelten Regionen zu erfassen. Dabei sind fünf Merkmalbereiche zu untersuchen, die in der wissenschaftlichen Debatte über den Funktionswandel bzw. –verlust und den Unterschied zwischen „alten“ und „neuen“ Demokratien von Bedeutung sind: die Mitgliederzahl, die Organisation (Kontinuität und territoriale Präsenz, etc.), die Programmatik, die gesellschaftliche Verwurzelung und die Volatilität der Parteien (gemessen über ihren Stimmenanteil). In einem zweiten Schritt soll nach den Ursachen für die unterschiedliche Funktionserfüllung durch die Parteien in den ausgewählten Ländern gefragt werden. Inwieweit lassen sich Unterschiede in der Funktionswahrnehmung auf den unterschiedlichen sozioökonomischen Entwicklungsstand, unterschiedliche organisatorische Entwicklungspfade, unterschiedliche Cleavage-Strukturen oder institutionelle Arrangements (Wahlsysteme, Regierungssystem, Kompetenzverteilung zwischen Exekutive und Legislative etc.) zurückführen? Aufgrund der Vielzahl der Einflussfaktoren und der methodischen Probleme bei der Zuordnung von Kausalitäten werden die Antworten zunächst nur tentativ ausfallen können. In einem dritten Analyseschritt geht es darum spezifische Verfahren - formaler und informeller Art - bei der Erfüllung der den Parteien zugeschriebenen zentralen Funktionen der politischen 24 Rekrutierung und der Interessenartikulation und -aggregation herauszuarbeiten und hinsichtlich ihrer Ursachen und Folgen vergleichend zu analysieren. Dabei wäre nicht nur auf den klassischen Untersuchungsgegenstand, die Beziehung zwischen Parteien und Zivilgesellschaft im allgemeinen zu achten, sondern darüber hinaus sollte, wie von Mair (1994) vorgeschlagen, die Parteien auf verschiedenen politischen und organisatorischen Ebenen untersucht werden: in Regierungsämtern, im Parlament, in der Parteizentrale, in den Wahlbezirken, in städtischen und in ländlichen Regionen. Besonderes Interesse gilt in einem vierten Analyseschritt der Frage, welche informellen Verfahren bzw. welche Kombinationen von formalen und informellen Verfahren der politischen Rekrutierung und der Interessenartikulation und -aggregation für die Funktionsweise eines demokratischen Systems förderlich, welche abträglich sind. Dabei soll die von Kitschelt (2000b) vorgenommene Unterscheidung zwischen charismatischen, klientelistischen und programmatischen Verbindungen zwischen Politiker/Parteien und ihren Wählern im Prozess der Interessenvermittlung als Ausgangspunkt dienen. In einer vergleichenden Studie gilt es, konzeptionell noch schärfer verschiedene Formen „informeller Praktiken“ in Parteien herauszuarbeiten und auszudifferenzieren. Das zu entwickelnde Untersuchungsraster zur Bestimmung informeller Praktiken soll nachfolgend auf die als Fallbeispiele ausgewählten Länder und Parteien angewendet und auf seinen analytischen Nutzwert überprüft werden. Insbesondere soll das Verhältnis zwischen formalen und informellen Regelungssystemen und Praktiken der Interessenaggregierung und politischen Rekrutierung in den Parteien untersucht und der Frage nachgegangen werden, ob und welche informelle Praktiken der Funktionsweise der Parteien abträglich, welche förderlich sind, und welche Implikationen sich daraus für das politische Gesamtsystem ergeben. Ausgehend von den Ergebnissen der Fallstudien sollen anschließend übergreifende Hypothesen zum Verhältnis zwischen informellen und formalen Praktiken der Interessenvermittlung durch politische Parteien und ihre Konsequenzen für die Funktionsweise demokratischer Systeme generiert und überprüft werden. Literaturverzeichnis ALDRICH, John H., 1999: Political Parties in a Critical Era, in: American Politics Quarterly 27.1, 9-32 25 ALMOND, Gabriel A./POWELL, G. Bingham, 1966: Comparative Politics. A Developmental Approach, Boston ---/---/MUNDT, Robert J., 1996: Comparative Politics. 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Bisher erschienen: AP (12/2000) Dimensionen politischer Repräsentation und Interessenvermittlung durch Parteien im interregionalen Vergleich: Eine Problemskizze Detlef Nolte in Zsm.arbeit mit Joachim Betz, Gero Erdmann und Patrick Köllner AP (12/2000) Informale Politik im internationalen Vergleich: Ein Forschungsaufriss Joachim Betz / Patrick Köllner Generell wird die Forschungsarbeit des Deutschen Übersee-Instituts, soweit sinnvoll und möglich, zu Forschungsschwerpunkten verdichtet. Dabei stehen Aktualität, regionale und überregionale Relevanz und Forschungsbreite grundsätzlich vor langfristigen und theoretisch abstrahierenden Spezial- und Generalanalysen. Aktuell existieren folgende Forschungsgruppen: 1. Globalisierung und Politiken sozialer Entwicklung auf nationaler und transnationaler Ebene 2. Parteien im Spannungsfeld formaler und informeller Politik 3. Internationale Medien und politische Kommunikation 4. Krisenprävention und peace-building 5. Süd-Süd-Kooperation Nähere Informationen über die Forschungsarbeit des Deutschen Übersee-Instituts erhalten Sie in unserem Online-Angebot. Dort sind die Arbeitspapiere vollständig online gestellt und können kostenfrei als Printausgabe ebenso bestellt werden wie alle anderen entgeltlichen Publikationen des Forschungsverbundes. Der Verbund Deutsches Übersee-Institut betreibt anwendungsorientierte Forschung, Beratung und Dokumentation auf dem Gebiet der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den Ländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und des Nahen und Mittleren Ostens sowie der Nord-Süd- und Süd-Süd-Beziehungen. Das DÜI umfasst das Institut für Afrika-Kunde, Institut für Asienkunde, Institut für IberoamerikaKunde, Deutsches Orient-Institut, Institut für Allgemeine Überseeforschung sowie die ÜberseeDokumentation. DEUTSCH ES ÜB ERSEE-INSTITUT Neuer Jungfernstieg 21 · 20354 Hamburg · Telefon +49 (0)40 42834-593 · Fax +49 (0)40 42834-547 · Email: [email protected]