Politische Führung in Deutschland – Zwischen Anspruch, Realität und Reform Henriette Müller, M.A. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung Humboldt-Universität zu Berlin Gliederung 1. Einleitung – Zur Relevanz politischer Führung 2. Politische Führung – Anspruch und Erwartungen aus Sicht der Politikwissenschaft 3. Politische Führung in Deutschland – Zur Realität der politischen Arenen 4. Diskussion: Politische Führung – Reformen nötig und möglich? Angela Merkel – Die Bundeskanzlerin und politische Führung in Deutschland Angela Merkel ist eine Führungskraft der immer weniger folgen. Unter dem Druck der Volksstimmung (SZ,13.06.2010) wurde aus einer Reformerin eine richtungslose, bisweilen Wenn Mittelmaß regiert. […] Im Umgang führungsschwache Beamtin […], eine mit der Griechenlandkrise kulminieren die in der Wirtschaftskrise zögernd europäische Hilflosigkeit und und zaudernd reagiert. deutsches Lavieren. (Der (dradio,10.03.2009) Tagesspiegel,11.05.2011) Von einem „Führungsstil“ zu sprechen ist ohnehin fast übertrieben, denn die Bundeskanzlerin treibt eher ein Versteckspiel mit ihrer Partei, ihrem Koalitionspartner und dem Volk. (Nürnberger Zeitung, 11.01.2010) Zur Begriffsbestimmung: „Politische Führung“ in der Politikwissenschaft Führung wird als eine Leistung (Funktion) verstanden, die der Systemerhaltung eines sozialen Systems (z.B. einer Gruppe) dient. Dem Führer werden dabei ganz grundsätzlich jene Aufgaben zugeordnet, die „für den Aufbau und die Erhaltung eines sozialen Systems“ notwendig sind. (Luhmann 1976, S. 207) Wenn die Systemerhaltung als Fluchtpunkt gewählt wird, können jene Handlungen als Führungshandlungen spezifiziert werden, die (entscheidend) zur Systemstabilität beitragen.“ (Gast 2009: 218) Leistungserwartung politischer Führung Aus strukturfunktionalistischer Perspektive: 1. Die Schaffung von gruppeninternen Werten u. Identität 2. Die Zielformulierung und Zieldurchsetzung 3. Die Integration heterogener Strukturen 4. Die Anpassung an die Umwelt (nach Gast 2009) Politische Führung in Deutschland – Zur Realität der politischen Arenen Veto-Spieler der Bundeskanzlerin: 1. Das Kabinett und die Koalition 2. Die Fraktionen und der Bundestag 3. Die Parteien 4. Der Bundesrat 5. Das Bundesverfassungsgericht 6. Interessengruppen/Lobbyisten 7. Die mediale Arena 8. Die Europäische Union Politische Führung – Anspruch und Realität (Eigene Darstellung) Diskussion: Politische Führung – Reformen nötig und möglich? „Zumindest in entscheidungspolitischer Hinsicht zutreffend wäre die Feststellung, dass im politischen System der Bundesrepublik hocheffiziente politische Führung erforderlich ist, um jedenfalls bescheidene Erfolge im Sinne einer hinreichenden Effektivität des Regierungshandelns zu erringen.“ (Helms 2005: 173) Ausgewählte Bibliographie BURNS, James MacGregor (1978): Leadership. New York u.a.: Harper & Row. ELGIE, Robert (1995): Political Leadership in liberal democracies. Houndsmills: Palgrave Macmillan. FEMIA, Joseph/KÖRÖSÉNYI, András/SLOMP, Garbiella (Hrsg.) (2009): Political Leadership in Liberal and Democratic Theory. Exeter/Charlottesville: Imprint Academic. GAST, Henrik (2009): Was bedeutet „politische Führung“? In: ZPB (2/2009): 211-229. Ders. (2008): Wann und warum wirken Regierungschefs charismatisch? In: ZfP 55Jg. (2/2008): 147-174. HELMS, Ludger (2005): Regierungsorganisation und politische Führung in Deutschland. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. ─ (2005b): Presidents, Prime Ministers and Chancellors: Executive Leadership in Western Democracies. London/New York: Palgrave Macmillan/St. Martin’s Press, 2005. JANKOWITSCH, Regina/Zimmermann, Annette (Hrsg.) (2008): Political Leadership. Annäherungen aus Wissenschaft und Praxis. Berlin/München/Brüssel: polisphere. MICUS, Matthias (2010): Tribunen, Solisten, Visionäre. Politische Führung in der Bundesrepublik. Göttingen: V & R unipress. NICLAUS, Karlheinz (1988/2004): Kanzlerdemokratie. Paderborn: Ferdinand Schöningh Verlag. SEBALDT, Martin/GAST, Henrik (Hg.) (2010): Politische Führung in westlichen Regierungssystemen. Theorie und Praxis im internationalen Vergleich. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. W EBER, Max (1992/1919): Politik als Beruf. Tübingen: J.C.B. Mohr.