Tierschutzschulung Geflügel. Dr. Matthias Todte Dr. Dieter Mischok Vechta Anatomie und Physiologie Körperaufbau und Funktionen Unterschiede Vogel/Säuger Vogel: Anatomie und Physiologie • • • • • • • Keine Zähne Kropf (Vorverdauung) Lungen fest, nicht beweglich Drüsen- und Muskelmagen Luftsäcke Keine Poren, kann nicht schwitzen Kein Urin sondern feste Uratkristalle Vogel Anatomie und Physiologie • Hohe Stoffwechselleistung • Schnelles Wachstum • Platz 2 in der Futterverwertung (1=Fisch, 2=Vogel, 3=Schwein, 4=Rind/Schaf) • Dünne Haut • Versorgung in den ersten Lebenstagen aus „Vorratsbehälter Dottersack“ Unterschied Säugetier/Vogel • • • • Lungen beweglich Zwerchfell Poren (Wärmeableitung durch Schwitzen) Vogel: Wärmeableitung über Umgebung (Kühlung, Frischluft, z.T. „Hecheln“ • Wärmeableitung durch Flügelschlagen. Eingeweide Konsequenzen hieraus: • Vogel viel empfindlicher als Säuger • Achten auf: viel Frischluft, nicht zu eng packen • Achten auf: nicht zu heiße Umgebung • Hoher Wasserbedarf • Oft sehr nervös und hektisch Konsequenzen fürs Einfangen • • • • Ruhiger Umgang „Anklopfen“ „Achtungspfiff“ (niemals bei Puten!) Gedämpftes Licht (ideal Nacht) Verladung; achten auf: • Nicht zu stark drücken (Hämatome) • Ruhe, Panik vermeiden: Hautverkratzungen führen zu B-Ware • Platzbedarf/Container: nicht überladen (Transporttote durch Ersticken!!) Transport; achten auf: • Container nicht überladen, lieber ein Fahrzeug zusätzlich • Transportdauer einhalten (Inland max 8 Stdn, Ausland max 12 (14) Stdn • Schutznetze!! • Im Winter starke Zugluft vermeiden:Reinigungsstutzen geschlossen Vorgabe Transport • Gesetz: TierschutztransportVO (EG) 1/2005 • Schutz vor extremer Witterung, Transport in geeigneten Behältnissen, Transportzeiten, ggf Tränken, Belegdichte in den Containern (z.B. 3 kg Gewicht = 160 qcm/kg und 23 cm Mindesthöhe Container) Vorgabe „Kranke Tiere“ • TschG § 3 (2): keine kranken Tiere transportieren, „unverzügliche schmerzlose Tötung“ vorgeschrieben Töten von Geflügel, rechtliche Grundlagen • VO (EG) 1099/2009 „über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung“ • Tierschutz-Schlachtverordnung 1997 „VO zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung“ • Tierschutzgesetz (1972) Sachgerechtes Töten von Geflügel im Einzelfall • Betäubung durch Kopfschlag (Holzstock, Hammerstiel) • Zerstören des Rückenmarks durch stumpfes Quetschen des Halses ohne Blutaustritt! • Der Entblutungsschnitt (Öffnen der Halsadern, wird zwar erwähnt, ist aber seuchenhygienisch problematisch!!) Praktische Beispiele für eine Begutachtung und Prüfung im Rahmen „biosichernder Maßnahmen" • Darstellung von „Problembereichen Biosicherheit“ Die 4 Einflussgrößen auf die Gesundheit Genetik Management Gesundheit Mikroben Fütterung Def. ,,Biosicherheit“ • ,,Reduzierung des Risikos der Verbreitung übertragbarer Krankheiten" Die Biosicherheit eines Geflügelbetriebes im Umfeld von Einflussfaktoren Reinigung und Desinfektion Wasser Stalleinrichtung Futter Kadaverlagerung Einstreu Personenverkehr Stallumgebung Lebende Vektoren Tierbesatz/Einstallung Tierbesatz/Ausstallung Transportfahrzeuge Kernfrage: „Wie schotte ich mein Bestand wirksam gegen Seuchen und den Produktionserfolg schädigende Erkrankungen ab?“ Überträger von Schadkeimen • • • • • Schadnager. Vögel (auch Nutzgeflügelhaltungen im Umfeld). Hunde und Katzen. Insekten (Fliegen, „schwarzer Käfer“). Transporte (Gülleausbringung im Umfeld, 6 Monate). • Mensch. • Infizierte Küken. Risiken- „Hitliste“ der Krankheitsübertragungen (nach Hoop) XXXXXX Mensch (90 % der Einträge, Schuhe, Kleidung, Hände, Kopfhaare, Nasenschleimhaut) XXX Infizierte Tiere XX Lebende Vektoren/Fahrzeuge X Stäube/Zuluft X Wildvogelkontakt Seuchenhygiene in Geflügelproduktionsanlagen (Mast- und Legeställe) • Einrichtung von „Schwarzweiß-Zonen“ besonders im Vorraum, auch optisch dargestellt. „Problembereich Stallvorraum“ • Stallkleidung und Schuhzeug wahllos im nicht unterteilten Raum „Problembereich Stallvorraum“ • Der Vorraum ist kein „Versammlungsplatz“ „Problembereich Stallvorraum“ • „klassische“ Eintrittspforte für Schadkeime „Persönliche“ Biosicherheit“ • Pro Bestand eine saubere Schutzkleidungs-Garnitur! • Niemals mit bereits woanders getragener ungereinigter Schutzkleidung in den nächsten Betrieb!! • Alternative: Betriebseigene Schutzkleidung • Schuhe und Hände vorher Desinfektion. Wie stellt sich die momentane Realität im Hinblick auf diese Ansprüche dar? • Defizite bestehen vermehrt noch bei Reinigung und Desinfektion, bei den Serviceintervallen, bei der Vektorenkontrolle und der Eigen- und Fremddisziplin (Ausstallkolonnen) sowie vor allem in der Erfassung und Bewertung der zahlreichen Hobbygeflügelhalter innerhalb dieser Region mit intensiver tierischer Veredelung. • Seuchenalarmpläne, auch individuell auf einen Betrieb und sein Gefährdungspotential abgestimmt, sollten zum festen Bestandteil der Seuchenvorbeuge von Nutzgeflügel-haltungen etabliert werden. Wie stellt sich die momentane Realität im Hinblick auf diese Ansprüche dar? In den Nutzgeflügelhaltungen unserer Region sind viele dieser Maßnahmen verwirklicht, einige teilweise oder gelegentlich durchgeführt und wenige zusätzlich noch zu fordern. • praktisch alle Geflügelproduktionsanlagen bekommen Tiere aus kontrollierten und zertifizierten Herkünften wobei das Gleiche für das eingesetzte Futter gilt. • Die Kontrolle von Schlachtpartien im Vorfeld und/oder anlässlich der Schlachtung wird umfangreich genutzt und sollte auch weiterhin fest verankert bleiben. Als besonderer Vorteil ist hier die „risikoorientierte Kontrolle“ zu sehen, die über schwer-punktmäßige Auswertungen gezielte und auf eine mögliche Infektionsgefahr hin „angepasste“ Untersuchungen ermöglicht Weitere Ansatzpunkte zur praktischen Seuchenhygiene in der Geflügelhaltung • Wie sieht die „Grauzone“ der Hobbygeflügelhalter aus? Wie lassen sich diese Kleinstbestände lückenlos erfassen. Hobbygeflügelhalter und ihre Tiere (z. B. Tauben) haben oft einen sehr hohen „Migrationsradius“ • Zertifizierung der gesamten Produktionspyramide und möglichst Anstreben eines „5-D-Schemas“ zur Verhinderung der Übertragung von Seuchen und seuchenhaften Erkrankungen (Elterntiere (D1), Brüterei (D2), Aufzucht und Mast (D3), Futter (D4) und Schlachtung (D5) aus Deutschland. Ziel: Herkunft aus einem einheitlichen Gebiet mit vergleichbaren Normvorgaben auch in rechtlicher Hinsicht . Weitere Ansatzpunkte zur praktischen Seuchenhygiene in der Geflügelhaltung • „Seuchensituation“ in den entsprechenden Herkunftsländern des Personals berücksichtigen Î „Seuchentourismus“ Seuchenhygiene in Geflügelproduktionsanlagen (Mast- und Legeställe) • Kadaverentsorgung Falsch: Kadavercontainer Stallnah auf unbefestigter Fläche Richtig: Container Stallfern, geschlossen auf befestigter, leicht zu desinfizierender Fläche. Noch besser: zusätzliche elektrische Kühlung Seuchenhygiene in Geflügelproduktionsanlagen (Mast- und Legeställe) • Stall abschließbar, Dokumentation von Besuchen (Besucherbuch) Seuchenhygiene in Geflügelproduktionsanlagen (Mast- und Legeställe) • Keimverschleppungen durch Haustiere verhindern!! „Problembereich Mastherde“ • Kümmerer sind oft auch Keimträgerverbreiter • Kümmerer merzen!! „Persönliche Biosicherheit“ • Sauberes desinfiziertes Schuhwerk. • Saubere gewaschene Kleidung • Saubere gewaschene Kopfbedeckung/Handschuhe • Gute Reinigung heißt: „Farbe und Textur des ursprünglichen Materials müssen wieder sichtbar sein, also keine Schmutzkrusten!! Die Rolle des Amtstierarztes (ATA) im Zusammenhang mit biosichernden Maßnahmen • • • ATA (im Betrieb) prüft vor Verladung zur Schlachtung frei sein vom Verdacht einer seuchenhaften Erkrankung, Herdengesundheit, Verluste, Behandlungen, Wartezeiteinhaltung, Endmastfutter und erstellt die, „Gesundheitsbescheinigung„. Ohne diese dürfen die Tiere nicht zur Schlachtung transportiert werden. ATA entnimmt Proben im Rahmen von, Pilotstudien, z.B. zur Feststellung der Durchseuchung (Prävalenz) einer Region/Geflügelart mit einem Zoonosekeim (Salmonellen, Campylobacter) ATA (im Schlachthof): Lebensmittel-Ketteninformation (,,Standarderklärung“); ohne diese (und die Gesundheitsbescheinigung) keine Schlachterlaubnis. Hier bestehen noch häufig Defizite! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit