Studiengang Elektrotechnik Labor Grundlagen der Elektrotechnik 1 Versuch 4: Signalverhalten von R, L und C Modul/Unit-Nr. 1005.2 Kurs-Nr. TEL….GR.... Name der/s Studierenden: ..................... □ □ Betreuer: ………………. Ort/Datum: ........................ Unterschrift: Laborausarbeitung in Ordnung. Laborausarbeitung ungenügend. ........................ Seite 1 von 15 1. Einführende Fragen 1.1 Wie lauten die Lösungen der folgenden linearen Differentialgleichungen: a) R ⋅C⋅ du C + u C = U0 dt b) L⋅C⋅ d2uC du + R ⋅ C ⋅ C + u C = U1 ( U , U konstant ) 2 0 1 dt dt 1.2 Wo treten in RLC -Schaltungen bei Spannungen und Strömen Differentialquotienten auf? 1.3 Wie wirken sich die Differentialquotienten von Strömen bzw. Spannungen mit sinusförmigem Verlauf in der komplexen Rechnung aus? Seite 2 von 15 2. Vorbereitung Bei der Übertragung von elektrischer Energie einerseits und von Information mit Hilfe elektrischer Signale andererseits treten die folgenden physikalischen Erscheinungen auf: Widerstand gegen Ladungsträger beim Stromfluss, Auf- und Abbau magnetischer Felder, Auf- und Abbau elektrischer Felder. Bei den Aufgaben der klassischen Energietechnik sind diese Erscheinungen zeitlich konstant oder ändern sich sinusförmig mit der konstanten Frequenz des Versorgungsnetzes. (Die moderne Leistungselektronik allerdings erweitert Strom- und Spannungsverläufe hin zu unterschiedlichen Frequenzen und Nicht-Sinusform.) Die Information tragenden elektrischen Signale können beliebige Verläufe annehmen. Um ihre Wirkung auf Übertragungssysteme und Verarbeitungsschaltungen zu beschreiben, sind zwei Denkansätze wichtig geworden: - die Antwort einer Schaltung auf sinusförmige Signale mit veränderlicher Frequenz: das Frequenzverhalten; - die Antwort einer Schaltung z.B. auf einen Spannungssprung: das Einschwingverhalten. (Im Experiment ist die "Sprungantwort" a(t) wichtig, bei der theoretischen Beschreibung die "Impulsantwort" h(t); es ist h(t) = da(t)/dt). Im folgenden Versuch sollen beide Betrachtungsweisen geübt werden. Die physikalischen Erscheinungen werden bekanntlich schaltungstechnisch beschrieben mit den idealisierten Schaltelementen ohmscher Widerstand R, Spule mit Induktivität L und Kondensator mit Kapazität C. Dies gilt sowohl für die Schaltungen, die diese technisch verwirklichten Schaltelemente mit ihrem gewollten Verhalten enthalten, als auch für Schaltungen, in denen die physikalischen Erscheinungen als ungewollte Effekte auftreten. Es ist daher grundlegend wichtig, das Frequenzverhalten und das Einschwingverhalten von R, L und C als Einzelelemente und in Schaltungen kombiniert kennenzulernen. Dazu ist im Folgenden für einfache Fälle Gelegenheit geboten. Seite 3 von 15 2.1 Frequenzverhalten des Stromes bei eingeprägter Spannung (Beschränkung auf Reihenschaltung) Die Theorie der Wechselströme benutzt die komplexe Rechnung zur Bestimmung von Beträgen und Phasenverschiebungen. ω = 2πf , das heißt Frequenz f und Kreisfrequenz ω , treten dabei als Parameter auf. Macht man f bzw. ω zur unabhängigen Variablen, so ist das Frequenzverhalten der Beträge und Phasenlagen beschrieben. I = U/R ; I R L U ≠ f(ω) ; ϕ = arc (I/U) = 0 ≠ f(ω) U I I = U/R I = U/jωL ; ⎪⎫ ⎬ ⎪⎭ I = U/ωL ⎫⎪ ⎬ ϕ = arc (I/U) = -π/2 = const. ⎪⎭ (1a) (1b) I = U ⋅ jωC ; I = U ⋅ ωC I C U ⎫⎪ ⎬ ϕ = arc (I/U) = π/2 = const. ⎪⎭ (1c) Seite 4 von 15 U L I = R U ; R + j ωL I= U (2a) R +(ωL) 2 2 ϕ = arc (I/U) = -arc tan (ωL/R) (2b) I U I= R C U U ⋅ jωC U ⋅ ωC = ;I= R + 1/ jωC 1 + jωRC 1 +(ωRC) 2 ϕ = arc (I/U) = π/2 - arc tan ωRC (3a) (3b) I I= U U jω C =U 2 R + jωL + 1/ jωC (1 − ω LC) + jωRC R I=U L ωC (1 − ω LC) 2 + (ωRC) 2 2 ϕ = arc (I/U) = π/2 − arc tan ωRC 1 − ω2 LC (4a) (4b) (4c) C I Normierung und Abkürzungen beim Reihenschwingkreis: LC = 1/ ω0 2 ω0 = 1/ LC = Resonanzkreisfrequenz L/C = Z = Schwingungswiderstand R dämpft die Schwingneigung des Kreises; je kleiner R ist, desto größer ist die "Güte" Q des Schwingkreises: Es sei : 1 L Z ⋅ = =Q R C R (5a) ω /ω0 = Ω (5b) Seite 5 von 15 Dann wird aus (4a, b, c): I = U⋅ I = U⋅ 1 jΩ ⋅ 2 Z (1 − Ω ) + jΩ / Q 1 ⋅ Z (6a) Ω (6b) Ω2 (1 − Ω 2 ) 2 + 2 Q ϕ = π / 2 − arc tan Ω/Q 1 − Ω2 (6c) Der prinzipielle Verlauf von I aus Gl (6b) in Abhängigkeit von der normierten Kreisfrequenz Ω ist in Bild 1 dargestellt mit dem Parameter Q ∼ l/R ; (L und C sind als konstant angenommen). I I m ax Q I m ax / 2 (− 3dB) R Ω1 1 Ω2 Ω Bild 1 Die normierte Resonanzbreite ΔΩ eines Schwingkreises ist definiert als Δ Ω = Ω 2 − Ω1 (7 a) Dabei sind Ω1 und Ω2 diejenigen normierten Frequenzen, bei denen I auf den Wert I max / 2 abgesunken ist. (vgl. Bild 1). Mit Gl. (6b) lässt sich zeigen, dass gilt: Δ Ω = 1/Q (7b) Seite 6 von 15 Aufgabe 1 a) Skizzieren Sie in ein ω / I - Achsenkreuz die groben Verläufe I(ω) aus den Gleichungen (2a), (3a) und (4b); ergänzen Sie die ω -Achse durch eine Ω -Bezifferung gemäß Gl. (5b). b) Skizzieren Sie in ein ω / ϕ Achsenkreuz die groben Verläufe ϕ( ω) aus den Gleichungen (2b), (3b) und (4c); ergänzen sie die ω -Achse durch eine Ω -Bezifferung gemäß Gl. (5b). 2.2 Einschwingverhalten des Stromes bei eingeschalteter Gleichspannung (Spannungssprung zur Zeit t = 0) Für Augenblickswerte u und i gilt bei den Schaltelementen R, L und C: i u R u = R⋅i (8a) u = L ⋅ di/dt (8b) i u L Energieträger: Spulenstrom i u C i = C ⋅ du/dt (8c) Energieträger: Kondensatorspannung ( Die energietragenden Größen können im zeitlichen Verlauf keine Unstetigkeitsstellen haben, da dies unendliche Leistung voraussetzen würde.) Somit ergeben sich für Kombinationen von R, L und C Differentialgleichungen nach Art der folgenden Beispiele: u = L ⋅ di /dt + R ⋅ i u i R u = U für t > 0 Anfangsbedingung : i(0) = 0 Die Lösung lautet (Angabe ohne Beweis): U i = (1 − e − t / τL ) für t ≥ 0 R L τL = R (9) Seite 7 von 15 i = C ⋅ du C / dt u = R ⋅ i + uC ; u u = U für t ≥ 0 u = RC ⋅ du C /dt + u C ; Anfangsbedingung: u C (0) = 0 ; C i Die Lösung lautet (Angabe ohne Beweis) u c = U(1 − e − t / τc ) für t ≥ 0 τC = RC i= U − t / τC e R für t ≥ 0 u = R ⋅ i + L ⋅ di/dt + u c ; u (10) i = C ⋅ du c / dt u = L ⋅ C ⋅ d 2 u c /dt 2 + R ⋅ C ⋅ du c /dt + u c (vergl. einf. Fragen 1.1.b) u = U für t ≥ 0 R Anfangsbedingungen: u c (0) = 0, i c (0) = 0 L Mit den Abkürzungen aus Abschnitt 2.1 bietet sich eine entsprechende Normierung an: C i uC ω0 ⋅ t = τ Beachte: mit ω0 = 1/ LC d d dτ d 1 und = ⋅ = ω 0⋅ dt dτ dt dτ R L Z = =Q C R Damit ergibt sich für die Differentialgleichung: u= d 2 u C 1 du C + ; d τ 2 Q dτ u = U für τ ≥ 0 u C (0) = 0, i(0) = 0 Anfangsbedingungen: Die Lösung der Differentialgleichung ergibt nach trigonometrischen Umformungen (Angabe ohne Beweis): 1 u C = U (1 − e −ατ ⋅ sin ( βτ + ϕ ) ) β für τ ≥ 0 mit den Abkürzungen α = 1/2Q ; β = (11a) 1 − 1/ 4Q 2 ϕ = arc tan β / α = arc tan 4Q 2 − 1 Dabei ist Q > 1/2 angenommen. Beachte: u C (0) = 0 Seite 8 von 15 Für den Strom ergibt sich aus (11a): i= U 1 −ατ ⋅ e ⋅ sin ( βτ ) Z β mit α = 1/2Q ; für τ ≥ 0 β= 1 − 1/ 4Q2 ; (11b) Q > 1/2 Beachte: i (0) = 0 und somit du C / dτ = 0 Aufgabe 2 Skizzieren Sie die prinzipiellen Verläufe der Ergebnisse (9), (10) und (11a, b). Seite 9 von 15 2.3 Übertragungsverhalten elementarer RLC-Schaltungen Einige Beispiele sollen das Übertragungsverhalten in seiner Beschreibung mit Frequenzfunktionen einerseits und mit einer Zeitfunktion andererseits im Vergleich aufzeigen. Dabei werden die Ergebnisse der Abschnitte 2.1 und 2.2 direkt angewandt. 2.3.1 RC-Glied R U2 = UC = u1 u2 C U1 U2 = U2 U1 / jωC R + 1/ jωC U1 1 + jωRC U2 1 = ; τC = RC 2 U1 1 + ω2 τC (12a) (12b) ϕ = arc (U 2 / U1 ) = − arc tan ωτC (12c) { Für u 1 (t) = U für t ≥ 0 0 für t < 0 gilt: u 2 (t) = u C ( t ) = U (1 − e − t / TC ); τC = RC; t≥0 (12d) 2. 3. 2 RL-Glied R u1 U1 L u2 U2 U2 = UL = U 2 = U1 U1 jωL R + jωL jωL / R 1 + jωL / R (13a) U2 ωτL = ; τL = L / R 2 U1 1 + ω2 τL ϕ = arc (U 2 / U1 ) = π − arc tan ωτL 2 (13b) (13c) { Für u 1 (t) = U für t ≥ 0 gilt: 0 für t < 0 u 2 (t) = u L ( t ) = U e − t / τL ; τL = L / R ; t≥0 (13d) ( Beachte : u L = L ⋅ di / dt mit i aus Gl.(9) ) Seite 10 von 15 2.3.3 Reihenschwingkreis R U1 L C Es ist U R = R ⋅ I mit I aus Abschnitt 2.1, Gl. (6a) UR UL UC Daher : UR 1 jΩ = ⋅ 2 U1 Q (1 − Ω ) + j Ω / Q (14a) UR 1 Ω = ⋅ 2 U1 Q (1 − Ω ) 2 + Ω 2 / Q2 (14b) (vgl. Bild 2) ϕR = π Ω/Q − arc tan 2 1 − Ω2 (14c) Ω L ⋅ ΩC = 1 ΩC = 1 − 1/(2Q2 ) ΩL = 1 1 − 1/(2Q2 ) Seite 11 von 15 Es ist U L = jωL ⋅ I = j Ω Z ⋅ I Daher: UL − Ω2 = U1 (1 − Ω 2 ) + j Ω / Q (15a) Ω2 UL = U1 (vgl. Bild 2) (1 − Ω2 ) 2 + Ω 2 / Q 2 ϕ L = π − arc tan Ω/Q 1 − Ω2 Es ist U C = I / jωC = I ⋅ Z / j Ω Daher: UC 1 = 2 U1 (1 − Ω ) + j Ω / Q UC = U1 (15c) (vgl. Bild 2 ) 1 (16a) (16b) (1 − Ω ) 2 + Ω 2 / Q2 2 ϕC = − arc tan (15b) Ω/Q 1 − Ω2 (16c) Nach Abschnitt 2.2 gilt für die Signale im Zeitbereich: u C aus Gl. (11a) i aus Gl (11b) uR = R ⋅i uL = L ⋅ Für di di = Z⋅ dt dτ mit τ = ω 0⋅ t ⎧⎪ U für τ ≥ 0 u1 ( τ ) = ⎨ ⎪⎩0 für τ < 0 gilt daher: ⎡ 1 ⎤ u C = U ⎢1 − e − α⋅τ ⋅ sin ( βτ + ϕ ) ⎥ ⎣ β ⎦ uR = − (17a) 1 U ⋅ e − α⋅τ ⋅ sin βτ ; τ ≥ 0 βQ (17b) 1 u L = − U ⋅ e − α⋅τ ⋅ sin ( β ⋅ τ − ϕ ) ; ( ohne Beweis ) β (α= 1 , 2Q β= 1− 1 , 4Q 2 (17c) Q > 0,5) Seite 12 von 15 Aufgabe 3 Welche Filtereigenschaften werden beschrieben in den Gleichungen (12), (13), (14), (15) und (16)? Beachten Sie in Bild 2, dass die Maxima von U C /U1 und U L /U1 nicht bei Ω = 1 liegen! 3. Messaufgaben und Auswertung 3.1 Der Strom bei Wechselspannung mit veränderlicher Frequenz. - Messen Sie für u = 2 U cos 2πf t , 10 ≤ f ≤ 10 kHz vom Strom i i= R ur = 2 I cos ( 2πf t + ϕi ) ; U eff = 1V (U = 2 ⋅ U eff ) r den Effektivwert I und die Phasenverschiebung ϕi . u U Dabei sei r ur i=ur /r a) R = jωL L = 470 mH b) R =1/jωC, C = 10 nF c) R = jωL + 1/jωC In allen Fällen sei r = 2,0 kΩ - Zeichnen Sie alle Funktionen i = i(f ) für a) bis c) in ein gemeinsames Achsenkreuz ein. Zeichnen Sie ebenso alle Funktionen ϕi = ϕi (f ) in ein zweites Achsenkreuz ein. - Wie groß ist die Resonanzfrequenz f 0 ? Wie groß ist die Resonanzbreite Δf = ΔΩ ⋅ f 0 ? Wie groß ist die Güte Q? Vergleichen Sie Mess- und Rechenergebnisse. 3.2 Der Strom als Antwort auf den Spannungssprung ⎧⎪ U für t ≥ 0 u - Messen Sie für u1 (t) = ⎨ den Strom i = r in allen Fällen r ⎪⎩0 für t < 0 a) bis c) aus 3.1. - Bestimmen Sie die auftretenden Zeitkonstanten und Periodendauern und skizzieren Sie die Zeitverläufe. - Vergleichen Sie Mess- und Rechenergebnisse. Seite 13 von 15 3.3 Übertragungsverhalten einiger elementarer RLC-Schaltungen R a)Bringen Sie am zweikanaligen Oszilloskop u1 und u 2 zur Anzeige! u2 C u1 Überprüfen Sie die Richtigkeit der Vorhersage der Gleichungen (12a – 12d)! Messen Sie besonders - die sog. 3-dB-Grenzfrequenz ( f = f g bei u 2 = u 2max / 2 ) - die Zeitkonstante τC des exponentiellen Einschwingens. In welcher Beziehung stehen τC und f 0 zueinander? - Wiederholen Sie die Messung für R* = 2R und für C* = C/2. Was hat sich geändert? R b) Überprüfen Sie wie in a) die Richtigkeit der u1 u2 L Vorhersage der Gleichungen (13a – 13d) und messen Sie wie dort - die 3dB-Grenzfrequenz - die Zeitkonstante τ L des exponentiellen Einschwingens. c) Überprüfen Sie wie in a) die Richtigkeit der R Vorhersage der Gleichungen (16) und (17a). Messen Sie besonders: u1 L - u 2 / u1 bei f = 0 und bei f = f 0 . Wie groß ist Q nach dieser Messung? (vgl. Bild 2 ) C u2 - ϕ = arc(u 2 /u1 ) bei f = f 0 Seite 14 von 15 - Ersetzen Sie den Festwiderstand durch einen veränderlichen Widerstand! Beobachten Sie bei u1 (t) = U ⋅ s(t) (Spannungssprung) die Ausgangsspannung u C (t) = u 2 (t) = U ⋅ a(t) (Sprungantwort) in Abhängigkeit vom Parameter R. Suchen Sie den „a-periodischen Grenzfall"! V22 13.06.2012 Hu Seite 15 von 15