Skalarprodukträume - sigma

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Skalarprodukträume
Sebastian Thomas
12.07.2007
Es bezeichne K entweder den Körper R der reellen Zahlen oder den Körper C der komplexen Zahlen. Ein
Skalarproduktraum ist ein Vektorraum H zusammen mit einem Skalarprodukt h·, ·i : H × H → K.
1
Orthogonalität
(1.1) Definition. Wir nennen zwei Elemente x, y ∈ H eines Skalarproduktraums H orthogonal, falls hx, yi = 0
ist, und schreiben dafür x ⊥ y.
Ein Element x ∈ X eines normierten Vektorraums
X heißt normiert, falls kxk = 1 ist. Wir bemerken hier nur,
p
dass jeder Skalarproduktraum via k · k := h·, ·i zu einem normierten Raum wird.
(1.2) Lemma (Satz des Pythagoras). Für alle orthogonalen Elemente x, y ∈ H in einem Skalarproduktraum
H gilt
kx + yk2 = kxk2 + kyk2 .
Beweis. Es ist
kx + yk2 = hx + y, x + yi = hx, xi + hx, yi + hy, xi + hy, yi = hx, xi + hy, yi = kxk2 + kyk2 .
(1.3) Lemma (Ungleichung von Cauchy-Schwarz). Für alle Elemente x, y ∈ H in einem Skalarproduktraum
H gilt
|hx, yi| ≤ kxkkyk.
Dabei ist |hx, yi| = kxkkyk genau dann, wenn {x, y} linear abhängig ist.
Beweis. Es seien x, y ∈ H beliebig gegeben. Da für y = 0 die Ungleichung wegen
|hx, 0i| = 0 = kxkk0k
richtig als Gleichung und {x, y} linear abhängig ist, können wir o.B.d.A. y 6= 0 annehmen. Dann gilt
hy, xi 2
hy, xi
hy, xi
hy, xi
hy, xi
|hy, xi|2
yk
=
hx
−
y,
x
−
yi
=
hx,
xi
−
hx,
yi
−
hy,
xi
+
hy, yi
kyk2
kyk2
kyk2
kyk2
kyk2
kyk4
|hy, xi|2
|hy, xi|2
|hy, xi|2
|hy, xi|2
2
= kxk2 −
−
+
=
kxk
−
kyk2
kyk2
kyk2
kyk2
0 ≤ kx −
und es folgt daher
|hx, yi|2 = |hy, xi|2 ≤ kxkkyk.
hy,xi
Ist 0 = kx − hy,xi
kyk2 yk, so muss x = kyk2 y und damit {x, y} linear abhängig sein. Es seien also umgekehrt {x, y}
linear abhängig und es seien a, b ∈ K mit ax + by = 0 und (a, b) 6= 0 gegeben. Wäre a = 0, so folgte by = 0 und
wegen y 6= 0 damit auch b = 0 im Widerspruch zur linearen Abhängigkeit von {x, y}. Also ist a 6= 0 und somit
x = − ab y. Es folgt schließlich
b
b
b
b
|hx, yi| = |hy, xi| = |hy, − yi| = | hy, yi| = | |kyk2 = k − ykkyk = kxkkyk
a
a
a
a
wie behauptet.
1
(1.4) Definition. Es sei H ein Skalarproduktraum. Für eine Teilmenge M ⊆ H heißt
M ⊥ := {x ∈ H | x ⊥ y für alle y ∈ M }
das orthogonale Komplement von M in H.
(1.5) Proposition. Es sei H ein Skalarproduktraum und M ⊆ H eine Teilmenge. Dann ist M ⊥ ein abgeschlossener Unterraum in H.
Beweis. Wegen hx, 0i = 0 ist 0 ∈ M ⊥ . Es seien nun x, x0 ∈ M ⊥ und a ∈ K gegeben. Dann ist
hax + x0 , yi = ahx, yi + hx0 , yi = a0 + 0 = 0 für alle y ∈ M,
also ist auch ax + x0 ∈ M ⊥ . Es sei schließlich (xn )n∈N eine konvergente Folge in M ⊥ und es seix := limn→∞ xn
ε
der Grenzwert von (xn )n∈N in H. Für alle y ∈ M und alle ε > 0 gibt es dann ein N ∈ N mit kxn − xk < kyk
für alle n ≥ N . Mit Hilfe der Ungleichung von Cauchy-Schwarz folgt nun
|hx, yi| = |hx − xn + xn , yi| = |hx − xn , yi + hxn , yi| = |hx − xn , yi| ≤ kx − xn kkyk < ε.
Da aber ε > 0 beliebig gewählt war, muss somit |hx, yi| = 0 sein, also auch hx, yi = 0 bzw. x ⊥ y, d.h. es ist
x ∈ M ⊥ und damit M ⊥ abgeschlossen.
2
Orthonormalbasen
(2.1) Definition. Es sei H ein Skalarproduktraum. Eine Teilmenge S ⊆ H heißt Orthonormalsystem in H,
falls je zwei Elemente von S orthogonal sind und alle Elemente normiert sind, falls also
hs, ti = δs,t für alle s, t ∈ S.
Ein bezüglich der Inklusion maximales Orthogonalsystem nennen wir Orthonormalbasis.
(2.2) Satz (Ergänzungssatz für Orthonormalbasen). Es sei H ein Skalarproduktraum und es sei S ein Orthonormalsystem in H. Dann gibt es eine Orthonormalbasis B von H mit S ⊆ B.
Beweis. Wir betrachten die bzgl. Inklusion geordnete Menge
M := {T ⊆ H | T ist Orthonormalsystem in H mit S ⊆ T }.
S
Wegen S ∈ M ist M 6= ∅. Es sei nun K ⊆ M eine totalgeordnete Teilmenge in M. Wir definieren T ∗ := K
und zeigen, dass dies ein Orthonormalsystem
in H ist. Hierzu seien zwei Elemente t, t0 ∈ T ∗ mit t 6= t0 gegeben.
S
∗
Nach Definition von T = K gibt es dann Orthonormalsysteme T , T 0 ∈ K mit t ∈ T und t0 ∈ T 0 . Da aber
K totalgeordnet bzgl. der Inklusion ist, muss entweder T ⊆ T 0 oder T 0 ⊆ T gelten. O.B.d.A. sei nun T ⊆ T 0 .
Dann sind beide Elemente t, t0 ∈ T 0 und da T 0 ein Orthonormalsystem in H ist, folgt t ⊥St0 . Damit ist aber
auch T ∗ ein Orthonormalsystem in H. Wegen S ⊆ T für alle T ∈ M
S ⊆ K = T ∗ , d.h. T ∗
S gilt insbesondere
∗
ist selbst ein Element der Menge M. Offenbar gilt außerdem T ⊆ K = T für alle T ∈ K, womit gezeigt ist,
dass T ∗ eine obere Schranke für K ist. Nach dem Lemma von Zorn gibt es also ein maximales Element B ∈ M,
d.h. eine Orthonormalbasis von H mit S ⊆ B.
(2.3) Korollar. Jeder Skalarproduktraum besitzt eine Orthonormalbasis.
Beweis. Es sei H ein Skalarproduktraum. Dann ist die leere Menge ∅ ein Orthonormalsystem in H und nach
Satz (2.2) gibt es eine Orthonormalbasis B von H (mit ∅ ⊆ B).
(2.4) Lemma (Gram-Schmidt). Es sei S ein endliches Orthonormalsystem in einem Skalarproduktraum H.
Dann ist
X
x−
hs, xis ∈ hSi⊥ für alle x ∈ H.
s∈S
2
Beweis. Es sei x ∈ H beliebig. Dann gilt
X
X
X
hx −
hs, xis, ti = hx, ti −
hs, xihx, ti = hx, ti −
hx, siδs,t = hx, ti − hx, ti = 0
s∈S
s∈S
s∈S
und damit x ∈ hSi⊥ .
(2.5) Lemma (Besselsche Ungleichung für endliche Orthonormalsysteme). Es sei S ein endliches Orthonormalsystem in einem Skalarproduktraum H. Dann ist
X
kxk2 ≥
|hs, xi|2 .
s∈S
Beweis. Aus Lemma (2.4) und dem Satz des Pythagoras folgt
X
X
X
X
X
X
kxk2 = kx −
hs, xis +
hs, xisk2 = kx −
hs, xisk + k
hs, xisk2 ≥ k
hs, xisk2 =
khs, xisk2
s∈S
=
X
s∈S
2
2
|hs, xi| ksk =
s∈S
X
s∈S
s∈S
s∈S
s∈S
2
|hs, xi| .
s∈S
(2.6) Proposition. Es sei S ein Orthonormalsystem in einem Skalarproduktraum H. Dann ist
{s ∈ S | hs, xi =
6 0}
abzählbar für alle x ∈ H.
Beweis. Es sei x ∈ H beliebig. Nach der Besselschen Ungleichung für endliche Orthonormalsysteme muss jede
der Mengen
{s ∈ S | |hs, xi| ≥
1
} für n ∈ N
n
endlich sein, denn ihre Anzahlen sind durch n||x|| beschränkt. Hieraus folgt aber sofort die Abzählbarkeit von
{s ∈ S | hs, xi =
6 0} =
[
{s ∈ S | |hs, xi| ≥
n∈N
1
}.
n
(2.7) Satz (Besselsche Ungleichung). Es sei S ein Orthonormalsystem in einem Skalarproduktraum H. Dann
ist
X
kxk2 ≥
|hs, xi|2 .
s∈S
Beweis. Nach Proposition (2.6) ist die Menge
Sx := {s ∈ S | hs, xi =
6 0}
abzählbar. Nun ist nach der Besselschen Ungleichung für endliche Orthonormalsysteme aber
X
kxk2 ≥
|ht, xi|2
t∈T
für alle endlichen Teilmengen T ⊆ Sx , woraus sofort
X
X
kxk2 ≥
|hs, xi|2 =
|hs, xi|2
s∈Sx
s∈S
folgt.
3
(2.8) Satz (Parsevalscher Entwicklungssatz). Es sei B eine Orthonormalbasis in einem Skalarproduktraum H.
Dann hat jedes x ∈ H die Darstellung
X
x=
hb, xib.
b∈B
Beweis. Nach der Besselschen Ungleichung konvergiert die Reihe
hx −
X
hb, xib, ci = hx, ci −
b∈B
hb, xihx, ci = hx, ci −
b∈B
für alle c ∈ B, d.h. es ist x −
x=
X
P
b∈B hb, xib
X
P
b∈B hb, xib.
Nun ist aber
hx, biδb,c = hx, ci − hx, ci = 0
b∈B
∈ hBi⊥ = {0} und daher
X
hb, xi.
b∈B
(2.9) Korollar (Besselsche Gleichung). Es sei B eine Orthonormalbasis in einem Skalarproduktraum H. Dann
gilt
X
|hb, xi|2 für alle x ∈ H.
kxk2 =
b∈B
Beweis. Nach dem Parsevalschen Entwicklungssatz ist
X
x=
hb, xib
b∈B
und daher
kxk2 = k
X
X
X
X
hb, xibk2 =
khb, xibk2 =
|hb, xi|2 kbk2 =
|hb, xi|2 .
b∈B
b∈B
b∈B
b∈B
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