Fachinformation

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MEDIZINISCHES
Fachinformation
L ABOR
Dr.med.univ. et Dr.phil.chem.
Jänner 2015
Johann P erné
Labordiagnostik der
Lyme-Borreliose
Borrelien –
Lyme-Borreliose
Allgemeines.
Borrelien sind spiralförmige, bewegliche Bakterien die zur Familie der Spirochäten gehören.
Sie sind obligate Parasiten, d.h. sie benötigen für die Arterhaltung zoonotische
Transmissionszyklen: Das Hauptreservoir sind kleine Nagetiere, aber auch Haus- und
Wildtiere. Der Mensch stellt eine Sackgasse dar (=dead-end-host).
Die Lyme-Borreliose stellt in Mitteleuropa die häufigste und klinisch relevanteste Vektorübertragene Erkrankung dar, wobei der Hauptüberträger die Schildzecken, insbesondere
Ixodes ricinus sind.
Die Erreger die eine Lyme-Borreliose hervorrufen gehören zum Borrelia burgdorferiKomplex. Dieser umfasst bisher 18 Spezies von denen wiederum 5 sicher humanpathogen
sind: B. burgdorferi senso strictu, B. afzelii, B. garinii, B. spielmanii, B. bavariensis.
Während in Europa alle dieser 5 genannten Genospezies vorkommen, wurde in den USA
bisher nur B. burgdorferi senso strictu identifiziert, was die Diagnostik dort erheblich
einfacher gestaltet.
Aus Untersuchungen geht hervor dass es genospezies-spezifisch unterschiedliche klinische
Verteilungsmuster gibt.
Zum Beispiel: B. afzelii ist am häufigsten mit dem Borrelienlymphozytom, sowie der
Acrodermatitis chronica atrophicans assoziiert (daher kommen in den USA keine kutanen
Krankheitsbilder der Lyme-Borreliose vor).
B. burgdorferi zeigt einen Organotropismus für Gelenksmanifestationen.
Allgemeinsymptome treten häufiger bei Infektionen mit B. garinii auf.
Klinik.
Eine Infektion mit Borrelien verläuft stadienhaft in Form einer Systemerkrankung. Betroffen
sind vor allem Gelenke, Haut und Nervensystem, aber auch Herz und Augen.
Zu beachten ist, dass im Verlauf der Infektion nicht alle Stadien durchlaufen werden.
Individuell abhängig vom Patienten und von der Borrelienspezies ist nur ein Organsystem
hautsächlich betroffen (z.B. „nur“ Neuroborreliose oder „nur“ Lyme-Arthritis).
Hilfreich ist eine Einteilung in eine frühe (akute) Phase und eine späte (chronischpersistierende).
Vor allem zu Beginn der Infektion klagen viele Patienten über ein allgemeines
Krankheitsgefühl, Lymphknotenschwellungen, subfebrile Temperaturen und Kopfschmerzen.
Medizinisches Labor
DDr. Johann Perné
Krassniggstraße 44,
A-9020 Klagenfurt a.W.
Tel.: +43 463 513 222
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www.labor-perne.at
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Labordiagnostik der
Lyme-Borreliose
Rheumatologische und andere internistische Manifestationen.
Die Lyme-Arthritis ist eine der häufigsten und klinisch bedeutsamsten Erscheinungen der
Lyme-Borreliose. Die Erstbeschreibungen stammen aus den Orten Lyme und Old-Lyme,
Conneticut wo diese Arthritiden endemisch gehäuft auftraten. Der Haupterreger der
arthritischen Verlaufsform ist B. burgdorferi senso strictu. Dennoch können auch B. afzelii
und B. garinii eine Lyme-Arthritis auslösen.
Die Lyme-Karditis ist selten (<5%) allerdings sollte differentialdiagnostisch bei jeder
Myokarditis insbesondere beim Auftreten von AV-Blockierungen daran gedacht werden.
Rheumatologische Symptome wie Arthralgien oder Myalgien können sich sehr früh im
Krankheitsverlauf, d.h. schon nach wenigen Wochen manifestieren.
Die typische Lyme-Arthritis tritt in der chronischen Phase nach Wochen bis Monaten auf. Die
häufigsten Symptome sind eine Mon- oder Oligoarthritis wobei das Kniegelenk in 85% der
Fälle betroffen ist. Typische Befunde sind eine Synovialitis mit voluminösen
Gelenksergüssen aber geringer Schmerzsymptomatik. Die Synoviaanalyse zeigt eine stark
erhöhte Zellzahl bis zu 50.000/µL (hauptsächlich neutrophile Granulozyten).
Ein Befall des Achsenskeletts (z.B. Sakroiliitis) ist absolut untypisch und spricht für klinisch
ähnlich verlaufende Spondylarthritiden.
Diagnosekriterien
- Typisches Befallsmuster der Gelenke (Knie-, Sprung-, Ellenbogengelenke)
- Pathognomonische extraartikuläre Manifestationen
- Ausschluss möglicher Differentialdiagnosen
- IgG-Antikörper gegen B. burgdorferi (typischerweise deutlich positiv)
- Positive Borrelien-PCR in Synovia oder Synovialis
Therapie.
Die Therapie erfolgt stadien- und symptomorientiert, wobei die Antibiotika Doxycyclin,
Amoxicillin und Ceftriaxon Mittel der Wahl sind.
Die Erfolgsquote nach dem ersten Behandlungszyklus liegt bei ca. 80%. Bei fehlender
Beschwerdefreiheit sollte ein zweiter bzw. dritter Therapiezyklus angehängt werden.
Insgesamt heilen jährlich ca. 10% der Lyme-Arthritis-Fälle spontan aus und auch mehrere
Jahre nach Erkrankungsbeginn ist ein Antibiotikatherapie wirksam.
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Dermatologische Manifestationen.
Zu den klassischen Hautsymptomen der Lyme-Borreliose zählen
- Erythema migrans (EM):
Es entsteht üblicherweise nach einer Latenzphase von 4-20 Tagen mit dem Auftreten
einer Rötung um die Zeckeneinstichstelle, die sich kontinuierlich vergrößert. Die
klinischen Manifestationen umfassen ein Erythem mit zentraler Abblassung, eine
homogene Rötung, eine anuläre sowie eine vesikulöse Form, aber auch multiple Herde.
Kinder zeigen oft nur eine einseitige Rötung der Wange.
Bei 1/3 der Patienten mit Erythema migrans treten gleichzeitig Allgemeinsymptome als
Zeichen einer hämatogenen Dissemination auf. Spontanheilungen des EM sind möglich.
Die Diagnosestellung ist eine rein klinische.
Insbesondere zu Beginn ist die Serologie häufig noch negativ, nur bei ca. 50% der EMPatienten sind IgG-Antikörper nachweisbar.
- Borrelienlymphozytom (BL):
Es handelt sich um ein Pseudolymphom mit polyklonaler Proliferation von B- und TLymphozyten. Einige Wochen nach der Infektion manifestiert sich das BL als Knötchen
im Bereich des Ohrläppchens, des Skrotums und der Mammae.
Diagnostisch steht die Klinik im Vordergrund, allerdings sind bei 70% der Betroffenen
IgG-Antikörper nachweisbar.
- Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA):
Nach einer Latenzzeit von Monaten bis zu vielen Jahren zeigt sich die ACA mit einer
symptomlosen Rötung an distalen Extremitäten, Ellbogen, Streckseiten der Oberarme,
am Handrücken, sowie Unter- und Oberschenkel. Arthropatien der Zehen- und
Fingergelenke können zusätzlich auftreten. Öfters werden auch Neuropathien berichtet.
Ein deutlich positiver IgG-Antikörperspiegel ist typisch.
Entscheidend ist der histologische Befund.
Therapie.
Das Erythema migrans heilt unter antibiotischer Therapie bei >90% der Fälle innerhalb von
2-3 Wochen ab. Manchmal findet sich nach 3 Wochen noch ein livides Erythem. Hingegen
bessert sich die Neuropathie nur langsam.
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Neuroborreliose.
Borrelia burgedorferi s.l. zeigt eine hohe Affinität für Zellen des zentralen und peripheren
Nervensystems. Über das Lipoprotein OspA (outer surface protein A) der
Borrelienoberfläche binden sie an Proteoglykane und Galaktocerebrosiden der Hirnnerven
und Nervenwurzeln.
Klinisch manifestiert sich die Infektion des Nervensystems meistens akut, selten chronisch
(nach >6 Monaten)
- Erkrankung des peripheren Nervensystems
Meningopolyradikulitis (Bannwarth-Syndrom). Nach dem Erythema migrans ist sie in
Europa die zweithäufigste Manifestationsform einer akuten Borrelieninfektion. Betroffen
sind die Meningen, die Nervenwurzeln und die Hirnnerven.
o
Meningitis: insgesamt eher selten. Symptome sind mäßige Kopfschmerzen,
Meningismus, Fieber, Brechreiz, Schwindel (alles selten)
o
Radikulitis: etwa 4-6 Wochen nach dem Zeckenstich treten nächtlich betonte
mitunter sehr starke Schmerzen (hindern die Patienten am Schlaf) in den
Extremitäten (radikulär) und am Rumpf (gürtelförmig) auf die auf Analgetika
schlecht ansprechen. Nach wenigen Wochen treten Sensibilitätsstörungen (selten)
und Paresen (häufiger) auf.
o
Hirnnervenparesen: Bei 60% der Patienten mit Bannwarth-Syndrom treten
Hirnnervenparesen auf. Am häufigsten (80%) betroffen ist der N.facialis (40%
bilateral), gefolgt vom Nervus abducens (10% bilateral).
o
Polyneuritis/Polyneuropathie: praktisch nur gemeinsam mit einer Acrodermatitis
chronica atrophicans
- Erkrankungen des zentralen Nervensystems
o
Enzephalitis: selten
o
Myelitis: die akute Symptomatik mit sensibler und motorischer
Querschnittsymptomatik und Blasenentleerungsstörung ist sehr selten. Die
chronische Verlaufsform entwickelt sich schleichend über Monate bis Jahre
o
Cerebrale Vaskulitis: selten, meist akuter Verlauf mit Infarkten im hinteren
Stromgebiet (Thalamus, Hirnstamm)
o
Myositis: Sehr selten.
Diagnostik.
Die Diagnose wird klinisch gestellt und anschließend durch die Serologie und Liquorzytologie
bestätigt.
Diagnosekriterien
- Typisches klinisches Bild
- Borrelienspezifische IgG und/oder IgM-Antikörper
- Positiver Liquorbefund mit lymphozytärer Pleozytose, Blut/Liquorschrankenstörung
und intrathekaler Synthese von borrelienspezifischen Antikörpern
- Positive Borrelien-PCR im Liquor
Therapie.
Ceftriaxon und Cefotaxim i.v. 1x/d für mind. 2 Wochen (bzw. 3 Wochen bei chronischer
Infektion)
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Diagnostik der Lyme-Borreliose.
Die Lyme-Borreliose ist eine Multisystemerkrankung und kann sich an den Organen Haut,
Gelenken, Nervensystem, am Herz und an den Augen manifestieren. Die Untersuchung auf
borrelienspezifische Antikörper gehört zu den häufigsten serologischen Testen im
mikrobiologischen Labor. In Europa ist bei der Testentwicklung und Testanforderung die
Heterogenität der humanpathogenen Borrelia burgdorferi s.l. Stämme zu berücksichtigen (in
den USA gibt es nur einen humanpatogenen Stamm: B. burgdorferi s. stricto).
In Europa besteht in den Endemiegebieten eine sehr hohe Durchseuchung und damit eine
sehr hohe Seroprävalenz in der Bevölkerung. Ein positives Testergebnis bei nicht typischer
Symptomatik muss daher immer kritisch hinterfragt werden.
Nachweis von Antikörpern gegen B. burgdorferi
Im Allgemeinen erfolgt die serologische Untersuchung als Stufendiagnostik
1. Suchtest (=Immunoassay)
Dieser muss eine hohe Sensitivität aufweisen um möglichst alle Infektionen zu erfassen. Als
Antigenquelle im Test soll VlsE für die IgG-Immunantwort und OspC für die IgMImmunantwort verwendet werden. Die neuen Testgenerationen verwenden rekombinante
Antigene.
2. Bestätigungstest (=Immunoblot)
Die neuen Testgenerationen benutzen rekombinante Antigene. Bei Frühinfektionen weisen
die Patienten nur Antikörper gegen wenige Borrelien-Proteine auf, bei Spätmanifestationen
sind zahlreiche Banden (=Antikörper) gegen verschiedene Antigene nachweisbar.
Der Immunoblot muss eine hohe Spezifität (³95%) haben.
Interpretation der serologischen Befunde.
Die Beurteilung der Testergebnisse muss immer in Zusammenschau mit dem klinischen Bild
erfolgen.
Die Seropositivität (=Antikörperantwort) ist vom Stadium bzw. der Dauer der Erkrankung
abhängig.
Stadium (Zeit)
Sensitivität [%]
Antikörperklasse
I (Tage/Wochen)
20-50
Prädominanz von IgM
II (Wochen/Monate)
70-90
IgM &IgG
III (Monate/Jahre)
100%
In der Regel nur IgG
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Lyme-Borreliose
Problemstellungen bei der Borrelien-Serologie.
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Patienten mit Frühmanifestationen (z.B. Erythema migrans) können seronegativ sein,
speziell bei kurzer Krankheitsdauer (weniger als 3-6 Wochen). Bei Verdacht auf eine
Infektion kann eine serologische Verlaufskontrolle sinnvoll sein. Eine Serokonversion
(Antikörper von negativ auf positiv) ist dabei diagnostisch beweisend.
IgM-Antikörper sind erst 3-6 Wochen nach der Infektion zu erwarten. Sie können dann
über Monate persistieren (auch nach erfolgreicher antibiotischer Therapie). Isoliert
positive IgM-Antikörper sind diagnostisch nicht relevant für eine Spätmanifestation. D.h.
ein negatives IgG-Ergebnis spricht gegen eine späte Lyme-Borreliose.
Im Stadium III sind IgG-Antikörper zu fast 100% nachweisbar.
Bei sehr frühem Therapiebeginn (antibiotische Therapie bei entsprechender Klinik)
können die Antikörper negativ bleiben.
Unter Therapie kann es zunächst zu einem deutlichen Anstieg der IgG-Antikörper
kommen.
Die Testsysteme der unterschiedlichen Hersteller sind nicht standardisiert und
untereinander nicht vergleichbar. Serologische Verlaufskontrollen sind generell nicht
sinnvoll (Ausnahme: zum Nachweis einer Serokonversion bei zunächst negativem
Ergebnis), da die Antikörper auch bei erfolgreicher Therapie sehr lange persistieren
können und keine Hinweis auf Therapieversager geben.
Aufgrund der hohen Seroprävalenz in der Allgemeinbevölkerung ist der prädiktive Wert
einer positiven Borrelienserologie gering und nur bei entsprechender klinischer
Symptomatik sinnvoll. Die Präsenz spezifischer Antikörper ist nicht gleichzusetzen mit
dem Vorhandensein einer klinischen Manifestation.
Aussagekräftige Ergebnisse der Borrelien-Serologie sind daher:
o Ein negatives Ergebnis (IgM &I gG negativ) bei klinischem Verdacht auf eine
chronische Borreliose.
o Ein deutlich(!) positives Ergebnis (unbedingt IgG) bei typischem klinischem
Bild.
Quellenangabe
1. Talaska, T; Krause, A; Aberer E u.a.: Aspekte der Lyme-Borreliose
2. Lothar, T: Labor und Diagnose. 8.Auflage.Frankfurt/Main 2012, S. 1955-65.
3. Stanek, G: Alles Borreliose, DiaSorin Symposium 2014.
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