Einleitung 2015 wärmstes Jahr seit 1880 Quelle: NOAA, NASA Für 2015 meldete die NOAA wieder einen neuen Temperaturrekord. Damit übertraf 2015 das bisherige Rekordjahr 2014 um weitere 0,16 °C und ist damit das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1880. Die weltweite Durchschnittstemperatur stieg auf 14,8 °C, 0,9 °C mehr als der langjährige Durchschnitt im 20.Jahrhundert (13,9 °C), der in der Infografik als Nulllinie dient. Die fortschreitende Erderwärmung wird damit eindrucksvoll bestätigt: 9 der 10 wärmsten Jahre seit 1880 fallen in den Zeitraum 2000 bis 2015. Diese starke Häufung am Ende der Zeitskala ist ein eindrucksvoller Beweis für die globale Erderwärmung infolge des Treibhauseffekts. Und die Temperatur steigt weiter rasant: Die Monate Januar bis Juli 2016 waren mit Abstand die wärmsten Monate, die je seit 1880 gemessen wurden. Dabei markiert der Februar mit +1,35°C gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1951 – 1980 einen absoluten Temperaturspitzenwert, der weit außerhalb der Schwankungsbreite liegt... 7 Der Klimawandel - Die Grundfakten Folgende fundamentalen Fakten sind aufgrund umfangreicher, detaillierter Messergebnisse inkl. Vergleichsmessungen zahlreicher Klimaforscher, Institute sowie Organisationen seit langem unstrittig: • Die Durchschnittstemperatur auf der Erde hat sich in den letzten 200 Jahren um maximal 1°C erhöht. • Der CO2-Gehalt der Atmosphäre hat sich in den letzten 200 Jahren fast verdoppelt. • Der Meeresspiegel ist im Verlauf der letzten 130 Jahre um ca. 25 cm angestiegen. • Der massive Anstieg der Treibhausgase in den letzten 40 Jahren korreliert mit der Temperaturerhöhung. a) Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur Man sieht an folgendem Diagramm der NASA sehr deutlich den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur seit Beginn der Industrialisierung 1880. Dabei markieren die schwarzen Punkte die jährliche globale Durchschnittstemperatur auf der Erde zum jeweiligen Zeitpunkt, während die rote Linie den gemittelten Temperaturverlauf darstellt. Auffallend an dem Diagramm sind die deutlich erkennbaren starken jährlichen Temperaturschwankungen. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass CO2 und die anderen Treibhausgase nicht alleine für das Weltklima verantwortlich sind, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart. Stattdessen wird von einem Zusammenspiel externer Faktoren wie der Sonne und interner Rückkopplungen des hochkomplexen Klimasystems ausgegangen, bei denen neben den Treibhausgasen auch viele andere Faktoren eine Rolle spielen. Deshalb ist es nicht überraschend, wenn es zeitweise zu einer Entkopplung zwischen steigendem CO2-Gehalt in der Atmosphäre und der globalen Durchschnittstemperatur kommt. Dies kann man an folgender Graphik sehr gut für den Zeitraum 1940-1975 erkennen. Diese vorübergehenden Abkühlungsphasen sind auf natürliche Schwankungen im Klimasystem zurückzuführen. 15 Globaler Temperaturindex - Oberflächentemperaturen Land und See 18802014 - Quelle: NASA - Goddard Institute for Space Studies -http://data.giss.nasa. gov/gistemp/graphs/ Allerdings ergibt sich ein offensichtlicher logischer kausaler Zusammenhang zwischen dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur und der starken Zunahme des CO2 und anderer Treibhausgase in der Atmosphäre in den letzten 120 Jahren. Dies zeigt das Diagramm über den CO2Anstieg im nächsten Abschnitt deutlich (s.a.S. 256). Wissenschaftler des IPCC simulieren seit Jahren mit extrem aufwendigen Rechenverfahren die Vergangenheit, Gegenwart sowie die Zukunft des Klimas auf der Erde. Damit ist es möglich, Projektionen für die wahrscheinliche Klimaentwicklung bis zum Jahre 2100 zu erstellen. Kernaussagen dieser Projektionen: Wenn sich die Menschheit in den nächsten 85 Jahren so verhält wie in der Vergangenheit, kann die Durchschnittstemperatur auf der Erde um bis zu 5°C ansteigen. Die Polkappen, das Grönlandeis sowie die weltweiten Gletscher könnten dadurch soweit abschmelzen, dass sich in Folge der Meeresspiegel um bis zu 1,5 m erhöhen würde. Nach neueren Modellberechnungen ist sogar ein Anstieg... 16 Ökosysteme Arktis, Antarktis und Grönland Seit 10-15 Jahren schmilzt das Eis am Nordpol alarmierend schnell. Dies zeigt sich u.a. daran, dass im arktischen Sommer verschiedene Passagen mittlerweile praktisch eisfrei sind. Ursache ist, dass sich das Polarmeer viel stärker erwärmt als die anderen Weltmeere. Zunächst erscheint dies vorteilhaft, vor allem für die Wirtschaft, da sich durch die Befahrbarkeit dieser Seerouten Transportwege zum Teil erheblich verkürzen. Die Summe der Nachteile für die Tierwelt und die Meeresströmungen sowie die globale negative Beeinflussung des Weltklimas überwiegen diese Vorteile allerdings bei weitem. Warum? a) Golfstrom, globale Meeresströmungen Die sogenannte Atlantische Meridionale Umwälzbewegung (AMOC, Atlantic Meridional Overturning Circulation), zu der auch der Golfstrom gehört, bestimmt wesentlich das relativ milde Klima mit gemäßigten Temperaturen in Europa. Der Mechanismus ist relativ einfach: Warmes Oberflächenwasser wird vom Süden nach Norden bis in die Nähe von Grönland transportiert, kühlt sich dort ab und strömt nach dem Absinken als kaltes Tiefenwasser wieder nach Süden. In der folgenden Abbildung sind die wichtigsten weltweiten Meeresströmungen abgebildet. Man sieht u.a. deutlich, dass die meisten globalen Meeresströmungen miteinander zusammenhängen. Diese Störung kann infolge der fortschreitenden Erderwärmung irgendwann ausgelöst werden, indem das zunehmende Abschmelzen der gigantischen inländischen Eismassen Grönlands die Meereisbildung immer mehr behindert. Dies würde im Extremfall dazu führen, dass das warme Oberflächenwasser, das aus dem Süden herantransportiert wird, nicht mehr absinkt und damit das Kreislauf-Förderband des Golfstroms zusammenbricht. Voraussetzung dafür ist, dass die Dichte dieses Oberflächenwassers, ausgelöst sowohl durch verminderte Eisbildung als auch infolge der Verdünnung durch salzfreies Schmelzwasser der Grönland- 26 Gletscher, nicht mehr groß genug ist, damit es absinken kann. Damit wäre der Kreislauf unterbrochen, mit insgesamt nicht absehbaren Folgen für das Klima weltweit. Die große Gefahr hierbei ist allerdings nicht eine weitere Eiszeit (s.S. 361 ff), sondern das Versiegen sämtlicher Meereszirkulationen bei einer ungebremsten weiteren Erderwärmung und als Folge die Mutation der weltweiten Ozeane zu einer einzigen gigantischen sauerstofffreien Todeszone. Dies würde die Vernichtung praktisch sämtlichen Lebens auf der Erde auslösen, wie es vor 250 Millionen Jahren während der globalen Katastrophe des Sibirischen Trapps passierte (s.S. 348ff). Quelle: www.raonline.ch Das generelle Problem ist die genaue Prognose, wann und unter welchen Klimabedingungen ein Versiegen des AMOC eintreten würde. Es ist nämlich schwierig für die Klimawissenschaft, dies aufgrund der vielfältigen Wechselwirkungen sowie der Komplexität aller weltweiten Klimafaktoren mit hoher Wahrscheinlichkeit vorherzusagen. Das Einzige, was die Weltgemeinschaft tun kann, ist, das Risiko des Eintretens einer solchen Katastrophe zu minimieren. Wie potentiell das Risiko ist, haben einige Klimaforscher schon 2003/ 2004 anhand verschiedener Einflussfaktoren berechnet, unter ihnen der bekannte Klimawissenschaftler Stefan Rahmstorf, Professor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Preisträger des mit einer Million Dollar dotierten Jahrhundertpreises der James-S.-McDonnel-Stiftung. „In manchen... 27 ... beziehen, die vom wissenschaftlich weltweit anerkanntesten Forschungsinstitut auf diesem Gebiet, dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), stammen. Nach der neuesten Studie von Rahmstorf und Vermeer (2009) beträgt der wahrscheinliche Anstieg des Meeresspiegels bis 2100 je nach Emissionsszenario zwischen 100 und 140 cm.[10] Der Anstieg des Meeresspiegels bis 2100. Rot sind die Messdaten (Church & White 2006); bunt zeigen die verschiedenen Anstiegswahrscheinlichkeiten je nach Emissionsszenario (B1, A2, A1FI); Basis der Daten ist eine semiempirische Abschätzung. Quelle: Vermeer & Rahmstorf (2009) Die verschiedenen Projektionen B1, A2, A1FI zeigen deutlich, dass der künftige Anstieg des Meeresspiegels vor allem von der Entwicklung der menschengemachten Treibhausgas-Emissionen abhängt. Dabei kommt die semiempirische Abschätzung von Rahmstorf und Vermeer je nach Emissionsszenario (B1, A2, A1FI) auf Anstiege zwischen ca. 1,00 und 1,40 m für den Zeitraum 1990-2100. Man erkennt zudem an obiger Graphik, dass dies signifikant von den entsprechenden Werten aus dem IPCC-Bericht („AR4“), denen prozessbasierte Modelle zugrunde liegen, abweicht. Um die wissenschaftliche... 30 ...ein beschleunigtes Abschmelzen der Eisschilde auf Grönland und in der Antarktis der Anstieg noch deutlich höher ausfällt. [11] Die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines solchen „Worstcase-Falles“ kann die Klimawissenschaft nach heutigem Wissensstand noch nicht abschätzen. Was man allerdings aufgrund neuerer Forschungsergebnisse weiß, ist, dass das Verschwinden des grönländischen Eisschildes bei einer Temperaturerhöhung zwischen 1 und 4°C ausgelöst werden könnte und zu einem Meeresspiegelanstieg von bis zu 7 m führen würde. Man kann aus dieser Zusammenfassung aus dem 5. Klimareport des IPCC folgende klare Rückschlüsse ziehen: 1) Der Meeresspiegel wird auch bei verminderter Erderwärmung mehrere Jahrhunderte weiter ansteigen; projektiert sind von Klimaforschern bis zu 3 m in 2300. 2) Das Beunruhigende an den mittel- und langfristigen Projektionen bezüglich des Anstiegs des Meeresspiegels ist, dass man nicht zeitlich exakt die verschiedenen Faktoren vorhersagen kann, die diesen Anstieg stark beschleunigen könnten, wie z.B. ein plötzlicher unvorhersehbarer Zusammenbruch des antarktischen Eisschildes. Dies könnte zusammen mit einem Abschmelzen des grönländischen Eisschildes im ungünstigen Fall einen Anstieg des Meeresspiegels von bis zu 7 m in den nächsten Jahrhunderten verursachen. Folgende Karte zeigt am Beispiel von Norddeutschland und den Niederlanden die unmittelbaren Folgen. Man sieht deutlich, wie stark die Küstengebiete schon bei einem Meeresspiegelanstieg von „nur“ 1 m überschwemmt werden: Von den Niederlanden bleibt nicht mehr viel übrig. Ganze Landstriche verschwinden in der Nordsee. Auch große Teile der deutschen Nordsee-Küstengebiete werden großflächig vom Meer bedeckt. Das Meer frisst sich teilweise tief ins Landesinnere von Niedersachsen: Bremen und Oldenburg werden Küstenstädte! Dies sind aber nicht die einzigen Folgen eines Anstiegs des Meeresspiegels um 1m. Auch die Veränderungen im Landesinneren wären massiv. 34 Überflutungsgebiete an der deutschen Nordseeküste und in den Niederlanden bei einem Anstieg des Meeresspiegels um 1 m Quelle: http://flood.firetree.net Durch eindrückendes Wasser von der Nordsee würden nicht nur die heutigen Küsten überschwemmt, sondern auch große Teile im Landesinnern, da die Flusspegel ebenfalls ansteigen und damit über die Ufer treten. Dies hätte u.a. zur Folge, dass die Gebäude in den bedrohten Gebieten starken Wassereinbrüchen ausgesetzt wären. Weiterhin werden bei einem Anstieg um 1 m auch viele Südseeinseln - einzigartige Naturwunder mit atemberaubender Schönheit, Anmut und Vegetation - im Meer verschwinden sowie große Küstengebiete weltweit unbewohnbar. Die Kosten der gigantischen Umsiedlungen wären unkalkulierbar, auf jeden Fall sehr hoch… Eine neue Studie eines internationalen Klimaforscher-Konsortiums bestätigt den beschleunigten Meeresspiegelanstieg in den letzten 150 Jahren: Schnellerer Anstieg des Meeresspiegels als je zuvor Viele Jahrhunderte stieg der Meeresspiegel kaum oder nur sehr langsam. Seit Ende des 19. Jahrhunderts änderte... 35 Ökosystem Weltmeere Bei der allgemeinen öffentlichen Diskussion geht der Einfluss der in den letzten Jahrzehnten dramatisch gestiegenen Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre auf das Ökosystem der Weltmeere meistens unter. Dabei weiß man in der Wissenschaft schon lange, dass den weltweiten Ozeanen in Bezug auf die Folgen einer globalen Klimaerwärmung eine überragende Bedeutung zukommt. Das große Problem hierbei sind die vielfältigen komplexen Einflüsse des Klimawandels, vor allem die diversen Rückkopplungseffekte, die sich gegenseitig verstärken. Erwärmung der Ozeane Die Weltmeere erwärmen sich zwar langsamer als die Erdatmosphäre, nehmen aber insgesamt eine wesentlich größere Wärmemenge auf: Über 90% der von 1971 bis 2010 aufgenommenen Wärmeenergie wurde in den Ozeanen gespeichert, davon über 60% in den oberen 700m. [19] Entwicklung des Gesamtwärmebudgets der Erde; Hellblau: Erwärmung der Wassersäule 0–700 m; Dunkelblau: Erwärmung der Wassersäule 700–2000 m; Braun: Erwärmung der Eis- und Landflächen sowie der Atmosphäre. Quelle: Nuccitelli et al.(2012) - Public domain - https://commons. wikimedia. org/wiki/ File: Change in total heat content of earth.svg 44 Aufgrund des Anstiegs der Treibhausgaskonzentrationen hat die Erde zwischen 1971 und 2010 eine Energiemenge von 274 ZJ (1 Zettajoule= 1021 Joule) absorbiert. Davon sind 93% von den Ozeanen absorbiert worden. Der obere Ozean (0-700 m) hat 64%, der tiefere (700-2000) 29% der Wärme aufgenommen. 3% der Energiemenge sind in das Schmelzen von Eis gegangen, ebenfalls 3% in die Erwärmung der weltweiten Landoberfläche sowie 1% in die Erwärmung der Atmosphäre.[20] Man sieht an obiger Graphik deutlich die alles dominierende Wärmeaufnahme der Ozeane (hellblaue und dunkelblaue Fläche). Dagegen ist die Wärmeaufnahme der Eis- und Landflächen sowie der Atmosphäre in der Gesamtbetrachtung fast vernachlässigbar. Die Ozeane sind durch ihr großes Volumen und ihre hohe Wärmekapazität das mit Abstand größte Wärme-Reservoir im Klimasystem der Erde. Die Wärmeaufnahme durch den Ozean stellt daher zunächst einen Puffer bei Klimaänderungen dar und verlangsamt beim gegenwärtigen Klimawandel deutlich die Erwärmungsrate der Atmosphäre.[21] Die Situation wird zusätzlich dadurch verschärft, dass auch der Anstieg der Wärmeaufnahme durch die Ozeane viel stärker ist als die vom Menschen direkt wahrnehmbare Erwärmung der Eismassen, der Landflächen sowie der Atmosphäre, wie man in obiger Graphik deutlich erkennen kann. D.h. die Menschen können mit ihren Sinnen gar nicht unmittelbar und offensichtlich die eigentliche Dramatik der direkten globalen Erderwärmung wahrnehmen. Dies mag auch ein Grund für die Diskrepanz der Einschätzung von ca. 98% der Experten (s.S. 297) - der forschenden Klimawissenschaftler weltweit - und des restlichen Teils der Bevölkerung sein. Wir sehen und spüren nur einen sehr kleinen Teil (7%) der wirklichen Wärmeaufnahme der Erde und damit der Erderwärmung, da den allergrößten Teil der Wärme die Ozeane absorbieren. Der tiefere Ozean Interessant und gleichzeitig alarmierend ist folgender Befund, der in letzter Zeit vermehrt diskutiert worden ist: Seit ca. 1995 scheint sich der tiefere Ozean stärker erwärmt zu haben als die oberen Schichten. Vorher war es umgekehrt. Die folgende... 45 Ökosystem Gebirge a) Weltweite Gletscherschmelze Seit 1850 kann man weltweit einen deutlichen Rückgang der Gletscher aufgrund der Klimaerwärmung beobachten. In der folgenden Abbildung ist die zum Teil dramatische Abnahme der Gletschermassen in den verschiedenen Regionen weltweit abgebildet: Kumulative Massenbilanz in Meter Wasseräquivalent von Gletschern in verschiedenen Regionen der Welt. Quelle: wiki.bildungsserver.de/ Gletschergebiete.jpg/ Eigene Darstellung nach Dyurgerov, M. and Meier, M.F. (2005): Glaciers and the Changing Earth System: a 2004 snapshot Die Mehrzahl aller Gletscher hat in den zurückliegenden Jahrzehnten zum Teil stark an Masse und Fläche verloren.[33] Dies betrifft bis auf wenige Ausnahmen alle Regionen, von den Tropen über die mittleren Breiten bis zu den polaren Eiskappen. Dabei fallen u.a. die... 60 ...gerechnet. Nach sämtlichen Modellen wird es in Südeuropa bei anhaltender globaler Klimaerwärmung trockener. Alle wissenschaftlichen Studien bestätigen die Annahme, dass es infolge des Klimawandels zu gewaltigen Verschiebungen der Klima- und Vegetationszonen kommen wird, mit allen damit zusammenhängenden Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt sowie für die Landwirtschaft und damit für die Ernährung des Menschen. Hinzu kommen die Zerstörungen durch vermehrte Unwetter und Überschwemmungen. Im Folgenden wollen wir die komplexen Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die weltweite Flora am Beispiel der Tropenwälder sowie der kalten Regenwälder betrachten. Tropenwälder Die weltweiten Tropenwälder gehören in vielen Aspekten zu den außergewöhnlichsten Ökosystemen unserer Erde. Deshalb wollen wir sie uns im Detail genauer anschauen, um ihre Einzigartigkeit und Bedeutung als Ökosystem aufzuzeigen. Die Verbreitung der Tropen weltweit Quelle: „Weltkarte tropen“. Lizenziert unter CC BY-SA 2.0 de über Wikimedia Commons - https://commons. wikimedia.org/wiki/File:Weltkarte_tropen.png# /media/ File:Weltkarte_tropen.png 87 Extreme Wetterereignisse Seit Jahren geistert es wie ein Menetekel und letzte Warnung durch die Medien: Die verheerende einzigartige Jahrhundertdürre in Kalifornien, u.a. dokumentiert durch dramatische Bilder von zu 70 - 80% ausgetrockneten Seen und Flüssen... Unabhängig davon, dass die Landschaft im Vergleich zu vor nur einigen Jahren zum Teil grauenhaft aussieht, sind die Folgen für Kalifornien, insbesondere für die Landwirtschaft - den Obst- und Gemüsegarten der USA - , katastrophal. Gouverneur Jerry Brown hat deshalb 2015 den „Wassernotstand“ ausgerufen und rigide Wassersparmaßnahmen für den US-Staat angeordnet. Die jahrelange kalifornische Dürre zeigt wieder einmal exemplarisch, wie komplex und auf lokaler Ebene unvorhersehbar die Folgen der allgemeinen Erderwärmung sind. Die Hauptursache für die Trockenheit der letzten Jahre in Kalifornien sind die stark zurückgegangenen Regenfälle. Was ist nun der Grund für die seit Jahren ausbleibenden Regenfälle? Die Erderwärmung und vor allem die überproportionale Erwärmung in der Arktis haben u.a. zu einer Verschiebung und gleichzeitigen Änderung von Luftströmungen wie der Nordatlantischen Oszillation (NAO) geführt. Dieses hochkomplexe Strömungssystem ist nach Ansicht von Klimawissenschaftlern mit eine der Ursachen für die zu beobachtende Zunahme von Wetterextremen in zahlreichen Gegenden der Erde. Die durch den Klimawandel vermehrt auftretende negative Phase der NAO begünstigt langanhaltende Wetterextreme in einer Region. Natürlich leidet unter der jahrelangen Dürre vor allem und insbesondere die Landwirtschaft. Dies hat nicht nur unmittelbare existenzgefährdende Folgen für die Bauern, sondern auch für die Lebensmittelversorgung der USA, insbesondere mit Gemüse und Obst. Dass man der Dürre von Seiten des Staates jahrelang zugeschaut hat, ist eigentlich mit klarem Menschenverstand schwer zu fassen. Weltweit kann man seit einigen Jahrzehnten eine kontinuierliche Zunahme von extremen Wetterereignissen beobachten: Schwere Stürme wie Hurrikane, Orkane und Tornados, Tsunamis, langanhaltende Trocken- und Dürreperioden, schwere Gewitter, 101 Hagelschauer mit eiergroßen Eisklumpen, sintflutartige Regenfälle, Überflutung großer Landstriche mit „Jahrhundertfluten“ etc… Jede Leugnung einer signifikanten Zunahme dieser extremen Wetterereignisse in den letzten Jahrzehnten entbehrt angesichts der wahrnehmbaren Realität sowie der statistischen Daten jeder Grundlage. (s.S. 217, Graphik der Munich Re) Darunter leiden müssen vor allem arme Staaten sowie Inseln im Pazifik. Aber auch wohlhabende Industriestaaten wie die USA werden seit Jahren von vermehrt auftretenden schweren Unwettern und Stürmen heimgesucht. Ebenso dramatisch wie die Zerstörungen sind die immensen Versicherungssummen, die bei solchen extremen Ereignissen anfallen. Letztendlich bezahlen dies natürlich die Beitragszahler, also die Steuerzahler. Zusätzlich verursacht jedes schwere Wetterereignis indirekte Schäden für die Wirtschaft der betroffenen Region, die in die Milliarden gehen. Genau diese Schadenssummen, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nach allen realistischen Prognosen der Wissenschaft und der Rückversicherer stark zunehmen werden, sind der Ansatzpunkt für die Weltgemeinschaft, sich zusammenzuraufen, um mit ambitionierten und für alle Staaten verbindlichen Zielen endlich massiv gegen die Erderwärmung vorzugehen. Scheitert die Weltgemeinschaft, werden die Kosten für die Staatengemeinschaft bei anhaltender Erderwärmung die Investitionen in eine wirksame Reduzierung der Treibhausgase um ein Vielfaches übersteigen. Fakten und statistische Daten zu extremen Wetterereignissen - In den vergangenen 30 Jahren hat sich laut der Rückversicherung Munich Re die Zahl extremer Wetterphänomene wie Wirbelstürme, Blizzards, Überflutungen sowie Dürren in den USA fast verfünffacht. Dies ist eine Zunahme von knapp 400%! - Bei einer ungebremsten Erderwärmung mit einer Temperaturzunahme von 4°C bis zum Jahr 2100 würde die 102 Anzahl der Blitze im Vergleich zum Jahr 2000 um ca. 50% zunehmen. - Laut WHO sterben weltweit jährlich ca. 1.000.000 Menschen an Krankheiten wie Leptospirose, Dengue-, Chikungunya- oder West-Nil-Fieber, sogenannte Tropenbzw. Vektorkrankheiten. An Malaria sterben jährlich 600.000 Menschen. - Bis 2040 wird sich die Landfläche mit extremer Hitze weltweit verdoppeln, von 10 auf 20%, unabhängig von Maßnahmen zum Klimaschutz. - 2025 werden laut Unep fast 2 Milliarden Menschen in Regionen mit Wasserknappheit leben. - 60% der Menschheit leben auf einem 100 Kilometer breiten Streifen entlang der Meeresküsten und sind damit besonders vom Meeresspiegelanstieg sowie Stürmen betroffen. - 31% von Spanien sind akut von Versteppung bedroht. - 1,5 Millionen Kinder sterben laut Unicef weltweit jedes Jahr an verseuchtem Wasser. - Die Folgen der Erderwärmung wie vermehrte Niederschläge, Überschwemmungen oder der Anstieg der Weltmeere könnten zur ernsten Bedrohung für rund 100.000 geschützte Kultur- und Naturdenkmäler werden, so das Stockholmer Umwelt-Institut SEI. - Seit 1974 sind in Afrika pro Jahr ca. 50.000 km² landwirtschaftliche Fläche wegen Dürre oder Urbanisierung verloren gegangen. - Ein Anstieg des Meeresspiegels um... 103 Berichte und Analysen zu extremen Wetterereignissen zwischen 2002 und 2015 Man kann anhand der folgenden Berichte und Analysen zweierlei feststellen: Zum einen beweisen die zahlreichen wissenschaftlichen und statistischen Untersuchungen mehr als eindeutig, dass der Klimawandel für die starke Zunahme von schweren Stürmen, Regenfällen und Dürren die Hauptverantwortung trägt. Zum anderen sieht man, wie komplex und vielfältig die Auswirkungen des Klimawandels sind. (s.a.S. 217 ff) (Als Quelle für folgende Ausführungen dienten u.a. Presseinfos, wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Berichte von Organisationen und Unternehmen. Sie sind chronologisch ausgehend vom Jahr 2015 angeordnet.) Extreme Regenfälle und Klimawandel Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung konnten mit Hilfe einer neuen Methode nachweisen, dass extreme Regenfälle mit der globalen Erwärmung zusammenhängen. Zu diesem Zweck haben die Forscher zwei Datensätze mit historischen Wetteraufzeichnungen ausgewertet und ausgezählt, wie oft in einzelnen Regionen mehr Regen als jemals zuvor gemessen wurde. Für ein hypothetisches, konstantes Klima kann aus dieser Statistik entnommen werden, wie viele Rekorde durchschnittlich in einem bestimmten Zeitraum zu erwarten sind: Während eines Zehnjahreszeitraumes ca. 2,9%, in fünfzig Jahren ca. 4,5%. Diese Erwartungswerte verglichen die Forscher dann mit den tatsächlich beobachteten Niederschlagsrekorden. [62] Dabei zeigte sich, dass erst in den letzten 30 Jahren der Anteil der Extremregen stark anstieg. Im Moment liegt er im globalen, langjährigen Mittel bei 12%. Diese Zunahme entspricht den Gesetzen der Physik: Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit transportieren. Besonders heftige Ausreißer waren die heftigen Regenfälle mit Überschwemmungen in Pakistan und Texas 2010. Wie differenziert und komplex das Klima allerdings ist, zeigt folgender Befund: Den Zusammenhang mit der Klimaerwärmung konnte 113 man nur auf der Nordhalbkugel beobachten; auf der Südhalbkugel erklären natürliche Schwankungen die Extremregenfälle. (2015) Hitzewellen - Hitzetote und Stromausfälle in den USA Als Folge des Klimawandels wird es in den USA zu mehr Hitzetoten und zu vermehrten Stromausfällen kommen, warnen zwei Forschergruppen im Fachjournal Nature Climate Change (online). Es werde zwischen 2041 und 2070 mehr Hitzewellen im Süden und Südwesten der USA geben, berichtet ein Team um Bryan Jones von der City University of New York. In Texas und Florida könnte es an mehr als 50 Tagen im Jahr 35°C oder heißer werden. Die Hitzebelastung könnte so um das vier- bis sechsfache steigen (+300-500%). Ebenso ist auch der Westen, vor allem Kalifornien, von zunehmender Hitze und Dürre betroffen. Zurzeit sterben jedes Jahr ca. 800 Amerikaner aufgrund der Extremhitze. [63] Zusätzlich wird durch vermehrte Hitzewellen insbesondere die Energieversorgung signifikant beeinträchtigt: Das generelle Problem für die Kohle- und Atomkraftwerke in den USA z.B. ist, dass ihr notwendiges Kühlwasser oft aus Flüssen entnommen wird, was sie besonders anfällig für Dürren macht. Matthew Bartos und Mikhail Chester von der Arizona State University berichten, dass um das Jahr 2050 Kraftwerke aufgrund von Trockenheit bis zu 2,7 Gigawatt weniger Leistung liefern könnten als heute. Im Übrigen sind auch derzeitige Photovoltaik-Anlagen von der Hitze betroffen, da sie bei hohen Temperaturen weniger Strom produzieren. Hinzu kommt, dass in diesen Regionen ein starker Bevölkerungszuwachs in diesem Zeitraum erwartet wird. Dies würde die Situation zusätzlich verschärfen, da dadurch der Stromverbrauch automatisch ansteigt. Auch die Gefahr von Stromausfällen würde deshalb in Zukunft signifikant zunehmen. (2015) Mehr Hitze und mehr Regen Der Klimawandel ist für einen großen Teil heutiger Extremwetter-Ereignisse verantwortlich. Dies haben Züricher Forscher mit Hilfe von ComputerSimulationen der Jahre 1900 bis 2005 herausgefunden. Aufgrund der 114 Einzelberichte von extremen Wetterereignissen zwischen 2002 und 2015 (Als Quelle für folgende Ausführungen dienten u.a. Presseinfos, wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Berichte von Organisationen und Unternehmen. Sie sind chronologisch ausgehend vom Jahr 2015 angeordnet.) Große Hungersnot in Nordkorea Diese Woche berichteten Medien in Teheran, dass Nordkorea den Iran um humanitäre Hilfe gebeten habe. Das Land sei von der „schlimmsten Dürre seit 100 Jahren“ heimgesucht, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA in Pjöngjang. Während im Winter viel weniger Schnee fiel, fällt zurzeit der Monsun aus. Schon ca. 34% der Reisfelder sind vertrocknet. 240.000 bis 350.000 Menschenleben kostete die Hungersnot vor 20 Jahren. Nun wächst die Angst vor einer ähnlichen Katastrophe… [135-136] Nordkorea leidet ganz besonders unter schweren Dürreperioden. Dies hängt außer dem Klimawandel mit einem ganzen Bündel von Ursachen zusammen: Generelle Versorgungsprobleme aufgrund ineffizienter Landwirtschaft und veralteter Transportlogistik, kurze Sommer, raues Klima, häufige Überschwemmungen etc… Hinzu kommt, dass aktuelle Wirtschaftsreformen teilweise gestoppt bzw. wieder rückgängig gemacht worden sind. (2015) Unerträgliche Hitze in Indien Singapur - Der Taxifahrer Shatrugnan Poddar aus Kalkutta, 52 Jahre alt, starb hinter dem Steuer, aber nicht wegen des ja tatsächlich mörderischen Verkehrs auf Indiens Straßen. Sondern wegen der Hitze. Um halb neun morgens hatte er seinen Dienst angetreten, wie immer, schon eine Stunde später fühlte er sich im kochenden Inneren seines Wagens so elend, dass er beschloss, eine Pause einzulegen. Er konnte gerade noch den Wagen parken, dann brach er am Lenkrad zusammen. Polizisten brachten ihn ins Krankenhaus, doch die Ärzte konnten den Mann nicht mehr retten. Zurzeit steigen die Temperaturen bis auf mörderische 50°C in manchen Teilen des Subkontinents. Als zusätzliche Belastung 155 kommt hinzu, dass es in der Nacht kaum abkühlt. Mehr als 1.200 Hitzetote sind innerhalb einer Woche bereits gezählt worden. Über ein Drittel davon lebten im südlichen Bundesstaat Andhra Pradesh. Da Todesfälle in entlegenen Gegenden Indiens oft nicht registriert werden, dürfte die tatsächliche Zahl der Toten weit höher liegen. Am meisten sind jene betroffen, die den ganzen Tag unter freiem Himmel arbeiten müssen: Bauarbeiter, Tagelöhner, Gärtner und Bauern. Oder die Menschen, die kein schützendes Dach über dem Kopf haben: Straßenkinder, Obdachlose, Bettler. Und schließlich diejenigen, die andere Menschen von einem Ort zum anderen transportieren, auf dem Fahrrad, mit der Motorradrikscha oder einem Taxi, bei dem in den meisten Fällen die Klimaanlage fehlt. Nun sind Hitzewellen in Indien nichts Außergewöhnliches. Auch Hitzetote sind keine Seltenheit. Das Problem bei der jetzigen Hitzeperiode ist jedoch, dass diesmal ein besonders trockener Wind hinzukommt, der die Hitze nahezu unerträglich macht. Diese Beobachtung deckt sich mit der Erkenntnis der Klimaforschung, dass der Klimawandel u.a. ein bedeutender Faktor ist, bestehende Wetterextreme zu verstärken. Dabei trifft es die ärmeren Länder wie z.B. Indien besonders hart, wo ein Drittel der 1,2 Milliarden Menschen keinen Stromanschluss hat und somit keine Möglichkeit, mittels eines Ventilators die Umgebungsluft abzukühlen. [137] (2015) Schwere Zerstörungen durch Tornado Affing - Am Tag nach dem Tornado steht Vincenzo Sarcone vor seinem Haus, das bis gestern noch ein schmucker Neubau war - und jetzt eine einsturzgefährdete Ruine. Der Dachstuhl ist weggeflogen, die Wände darunter haben daumendicke Risse. „Hier schaut´s aus wie im Krieg“, sagt er und schüttelt den Kopf. Er zeigt auf sein verbeultes Auto, das keine Fensterscheiben mehr hat. „Zwei Wochen alt“, seufzt er. Er zeigt auf eine Fläche daneben. „Hier war eine Hütte.“ Wo sie jetzt ist, weiß er nicht. Er tröstet seine Frau, die kopfschüttelnd auf das Kinderzimmerfenster schaut, in dem die Fenster mitsamt den heruntergelassenen Rollos ins Rauminnere gedrückt wurden. Sie sinkt auf die Knie und bricht in Tränen aus. Stirn an Stirn kauert das Ehepaar nun auf der Straße. Er spricht ihr Mut zu, sie nickt mit dem Kopf. Um sie herum... 156 Extreme Wetterereignisse - Bilanz und Prognose Klimaskeptiker äußern immer wieder gerne die Behauptung, extreme Wetterereignisse habe es schon immer gegeben. Ein Zusammenhang mit dem Klimawandel sei nicht nachzuweisen. Dass diese Behauptung nichts mit den Fakten zu tun hat, wird aus folgender Statistik des größten Rückversicherungskonzerns der Welt, der Munich Re, deutlich: Anzahl Number Geophy (sical Earthqu volcanic tsunam tivity) Meteoro (Tropica vents extrastorm, s convecti tropical m local storm, storm) Hydrolo (Flood, gical m vement Climato (Extreme vents drought, rature, fire) Accounted e one fatality a at least los- ≥US$ 10 normalized (ses depending or 3m o income grou World Bank country). Naturkatastrophen weltweit 1980 – 2015, Anzahl der Ereignisse. © 2016 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoAsRisks at March Research, 2016 Quelle: Munich RE,– GeoRiskResearch NatCatSERVICE Geophysikalische Ereignisse (Erdbeben, Tsunami, vulkanische Aktivität) Meteorologische Ereignisse (Tropischer Sturm, außertropischer Sturm, konvektiver Sturm, lokaler Sturm) Hydrologische Ereignisse (Überschwemmung, Massenbewegung) Klimatologische Ereignisse (Extremtemperaturen, Dürre, Waldbrände) 217 Nordatlantische Oszillation - NAO Am Beispiel der Nordatlantischen Oszillation (NAO) will ich die komplexen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Klimafaktoren sowie die dadurch hervorgerufenen wiederum komplexen Auswirkungen auf das regionale Klima wie das Weltklima zeigen. In diesem Kapitel werden die klimatischen und meteorologischen Zusammenhänge der NAO detailliert erläutert sowie ihre Verbindung zum Klimawandel deutlich gemacht. Aus diesem Grund ist der folgende Abschnitt zwangsweise stark wissenschaftlich orientiert und damit für die allermeisten Leser eher trockener Stoff. Es kann auch nicht meine Absicht sein, dass der Leser alle Zusammenhänge im Detail versteht. Vielmehr soll die hohe Komplexität der Klimawissenschaft an diesem Beispiel einer breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt werden. Viele Menschen gehen bei der Beurteilung des Klimawandels nach wie vor von ihrer eigenen unmittelbaren Erfahrung vor Ort aus und projizieren dies dann auf die gesamte Welt. Wenn es kälter als normalerweise zu einer bestimmten Jahreszeit ist, wird gesagt, seht her, es gibt gar keine Erderwärmung... Wird es wärmer und trockener, sagt man, dies hat es immer schon gegeben... Von singulären lokalen Ereignissen direkte Rückschlüsse auf den Klimawandel zu ziehen, hat jedoch weder mit der komplexen Realität noch mit Klimawissenschaft irgendetwas zu tun. Nur in Verbindung mit längerfristigen klimatischen und meteorologischen Zusammenhängen im globalen Maßstab macht eine Bewertung lokaler Ereignisse Sinn. So sagen Klimawissenschaftler, dass nur eine Analyse von Zeiträumen von mindestens 30 Jahren eine qualifizierte Aussage bezüglich der Entwicklung des Klimawandels und dessen Auswirkungen zulässt. Unter der Nordatlantischen Oszillation (NAO) versteht man Schwankungen des Luftdruck-Gegensatzes zwischen dem Azorenhoch im Süden und dem Islandtief im Norden des Nordatlantiks. Man spricht hier auch von einer Druckschaukel. Die NAO beeinflusst zusammen mit der MOC (Golfstrom, Nordatlantik-Strom) (s.S. 26 ff) entscheidend das Klima- und Wettergeschehen über dem östlichen Nordamerika, dem Nordatlantik und Europa. 228 Quelle: http://wayback.archive.org/web/20140212190022/http://airmap.unh.edu/ graphics/nao_fig_4.jpg Die zwei Phasen der Nordatlantischen Oszillation (NAO): In der positiven Phase der Nordatlantischen Oszillation (positiver Index, NAO+) verstärken ein kräftiges Islandtief und Azorenhoch den Jetstream, so dass dieser nur wenig mäandert. Es entstehen viele Sturmtiefs, die mit der westlichen Luftströmung (Westwindzone, Westdrift) Nord-, West- und Mitteleuropa erreichen und unter ihren... 229 Die Hauptursache des Klimawandels Tausende von Messungen, wissenschaftlichen Studien sowie logischen Ableitungen haben mittlerweile einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre und der beschleunigten Klimaerwärmung in den letzten 60 – 80 Jahren nachgewiesen. Der durch menschliche Eingriffe bewirkte Anteil am atmosphärischen Treibhauseffekt wird anthropogener Treibhauseffekt (griech. anthropos = Mensch) genannt, im Gegensatz zum natürlichen Treibhauseffekt. Der Treibhauseffekt Physikalische Grundlagen Schematische Darstellung des Treibhauseffektes 234 Kurzwellige Strahlung der Sonne (gelb) trifft auf die Atmosphäre und Erdoberfläche. Langwellige Strahlung (rot) wird von der Erdoberfläche abgestrahlt und in der Atmosphäre fast vollständig absorbiert. Im thermischen Gleichgewicht wird die absorbierte Energie der Atmosphäre je zur Hälfte in Richtung Erde und Weltall abgestrahlt. Die Zahlen geben die Leistung der Strahlung in Watt/ Quadratmeter für den Zeitraum 2000–2004 an. Quelle: public domain/NASA, translated by IqRS, redrawn by Christoph S./ Trenberth, Fasullo and Kiehl (2009): Earth’s global energy budget. In: Bulletin of the American Meteorological Society, preprint Kiehl and Trenberth 2009, based on Kiehl and Trenberth 1997 Kurzwellige Sonnenstrahlung (gelb): Kurzwellige Sonnenstrahlung (341W/m²) trifft auf die Erdatmosphäre. 79W/m² (ca. 23%) davon werden an Wolken, Aerosolen und Atmosphäre reflektiert und ins Weltall zurückgestrahlt. 78W/m² (ca. 22,8%) der Sonneneinstrahlung werden in der Atmosphäre absorbiert. Ein weiterer Teil der Sonnenstrahlung (23W/m², ca. 6,7%) wird an der Erdoberfläche reflektiert und ebenfalls ins Weltall zurückgestrahlt. Der größte Teil der Sonnenstrahlung (161W/m², ca.47%) wird von der Erdoberfläche absorbiert. Langwellige Wärmestrahlung (Infrarot-Strahlung – rot): Die Erdoberfläche strahlt ca. 396W/m² als Wärmestrahlung ab. Von diesen 396W/m² Wärmestrahlung werden 356W/m² von Atmosphäre, Wolken und Treibhausgasen absorbiert. Nur 40W/m² werden direkt in den Weltraum abgestrahlt (atmosphärisches Fenster). Von den Wolken, dem Wasserdampf in der Atmosphäre und den Treibhausgasen werden ca. 333W/m² Infrarotstrahlung auf die Erdoberfläche zurückgestrahlt (Gegenstrahlung). 30W/m² Wärmestrahlung werden von den Wolken, 169W/m² werden von der Atmosphäre ins Weltall abgestrahlt. Man sieht an der obigen Graphik sehr anschaulich, wie komplex die Strahlungsabläufe sind. Die Frage ist nun, was ist die genaue Ursache für den anthropogenen Treibhauseffekt und damit die Klimaerwärmung. Schauen wir uns deshalb die obige Graphik nochmal genauer an: Sowohl der natürliche als auch der... 235 ...noch weit entfernt. Z.B. wird die Biomasse- und Holzverbrennung als angeblich klimaneutral zurzeit weitestgehend ausgeklammert. Dies führt soweit, dass z.B. die österreichische Regierung die massenhafte Installation von Pelletheizungen in Österreich als großen Erfolg für den Klimaschutz feiert. Beim stark zunehmenden Luftverkehr ist es ähnlich. Dass die weltweiten CO2-Emissionen hier in den letzten Jahren überproportional zugenommen haben, wird von der Politik bisher praktisch nur als Nebenthema behandelt. Treibhausgas-Emissionen nach Ländern Man sieht an folgender Graphik sehr anschaulich die Entwicklung der CO2-Emissionen in einzelnen ausgewählten Staaten und der EU im Zeitraum von 1990 bis 2012. Was sofort auffällt, ist der extrem starke Anstieg der CO2-Emissionen Chinas seit 2002. Globale CO2-Emissionen 1990-2011 nach Ländern unterteilt. Quelle: www.hamburger-bildungsserver.de - Globale CO2-Emissionen 1990-2011: Dieter Kasang, eigene Darstellung nach Daten aus J.G.J. Olivier et al. (2012): Trends in global CO2 emissions, edgar.jrc.ec.europa.eu/ CO2REPORT 2012.pdf 259 Kippelemente des Erdklimas Von den Mainstream-Medien und der Öffentlichkeit wird ein äußerst kritischer Faktor des Klimawandels bis heute weitgehend nur am Rande wahrgenommen, die sogenannten Kipppunkte bzw. Kippelemente im Ökosystem der Erde, wozu auch das Erdklima gehört. Dabei geht von diesen Kipppunkten die größte im Moment noch weitgehend unkalkulierbare Gefahr für unser Ökosphärensystem als auch für die menschliche Zivilisation aus. In der Erdgeschichte konnten bisher schon mehrere solcher abrupten Klimaänderungen von der Wissenschaft identifiziert werden. Ein Beispiel sind die „Dansgard-Oeschger-Ereignisse”, welche die JüngereDryas-Eiszeit (s.S. 29) ausgelöst haben. Dafür waren nach bisheriger Erkenntnis ein Versiegen des Nordatlantikstroms (u.a. auch Golfstrom) verantwortlich. Ein anderes Beispiel ist der komplexe Ablauf bei der globalen Naturkatastrophe des „Sibirischen Trapp“ vor 250 Millionen Jahren, wo mehrmals Kipppunkte überschritten wurden, mit dramatischen Folgen (s.S. 338 ff). Im Allgemeinen geht man davon aus, dass innerhalb des Ökosphärensystems der Erde kontinuierliche kleine Änderungen der Rahmenbedingungen - wie z.B. der Temperatur - auch eine allmähliche kontinuierliche Reaktion des Systems bewirken. Da das Klimasystem jedoch keinen linearen physikalischen Gesetzen folgt und es zusätzlich durch zahlreiche Rückkopplungsprozesse - Prozesse, die sich selbst verstärken - beeinflusst wird, ist diese Annahme in der Regel falsch. So kann es - insbesondere in den dafür anfälligen Regionen – innerhalb kurzer Zeit zu dramatischen Klimaänderungen kommen, wenn eine bestimmte Schwelle eines Prozesses überschritten wird. Die Wissenschaft arbeitet daher mit Hochdruck an der Vorhersage solcher Kippelemente. Die Identifizierung solcher Kippelemente sowie die Vorhersage eines „Umkippens“ von natürlichen Systemen könnten großen Schaden verhindern. Weltweit führend auf diesem Gebiet ist das Potsdam-Institut für Klimafolgenfor- schung (PIK). Als Einleitung zu diesem wichtigen Thema der Klimaforschung 270 möchte ich über eine internationale Studie berichten, deren Inhalt am 05.02.2008 auf der Homepage des PIK zusammengefasst wurde. Kipppunkte im Klimasystem Erde Menschliche Aktivitäten könnten das Klimasystem der Erde über kritische Grenzen hinaus belasten, sodass wichtige Prozesse im Gesamtgefüge „kippen“ und von da an grundsätzlich anders ablaufen. In einem Artikel in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) beschreibt ein internationales Forscherteam nun Erdregionen, wo schon kleine Störungen große Auswirkungen auf Mensch und Natur haben können. „Projektionen von Klimamodellen könnten die Gesellschaft in einem falschen Gefühl von Sicherheit wiegen“, berichten die Wissenschaftler um Timothy Lenton von der britischen University of East Anglia in Norwich und Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Der globale Klimawandel erscheint für menschliche Maßstäbe langsam und graduell. In bestimmten Regionen der Erde kann der menschliche Einfluss aufs Klimasystem jedoch sprunghafte, teilweise unumkehrbare Entwicklungen anstoßen. Für diese Bestandteile des Erdsystems hat das internationale Forscherteam den Begriff „Tipping Elements“ (deutsch: Kippelemente) eingeführt. Aus der Analyse der Ergebnisse eines Workshops mit 36 führenden Klimaforschern im Oktober 2005, der Befragung von 52 weiteren Experten sowie der Auswertung der gesamten relevanten wissenschaftlichen Literatur konnten die Wissenschaftler u.a. neun potenzielle Kippelemente im Klimasystem der Erde identifizieren, die bei der Fortentwicklung der internationalen Klimapolitik besonderes berücksichtigt werden sollten. Besonders anfällig seien das arktische Meereis sowie der Grönländische Eisschild. Wissenschaftler gehen mit großer Sicherheit davon aus, dass das Eis aufgrund der globalen Erwärmung schwinden wird. Der Westantarktische Eisschild ist wahrscheinlich ein stabileres Kippelement, die Projektionen seines Verhaltens sind jedoch mit relativ großer Unsicherheit behaftet. Das gleiche gilt für den Amazonas-Regenwald, die Wälder in nördlichen Breiten, das El-Niño-Phänomen... 271 ...und der südöstliche Pazifik vor Südamerika wird dadurch erwärmt anstatt abgekühlt. D.h. es kommt in El Niño-Jahren zu einer Unterbrechung des normalen saisonalen Zyklus. Die Erwärmung des Wassers vor der Küste Perus bewirkt u.a. ein Absterben des Planktons, so dass ganze Fischschwärme aus diesem Gebiet aufgrund von Nahrungsmangel abwandern. Die enorme Bedeutung von El Niño ist, dass es das Wetter weltweit beeinflusst. „ENSO - normal“ von Fred the Oyster - Eigenes Werk. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons - https://commons.wikimedia.org/wiki/File:ENSO_-_normal.svg#/media/ File: ENSO_-_normal.svg El Niño „ENSO - El Niño“ von Fred the Oyster - Eigenes Werk. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons - https://commons.wikimedia.org/wiki/File:ENSO_-_El_Ni%C3%B1o.svg#/ media/ File:ENSO_-_El_Ni%C3%B1o.svg 279 Es kommt somit zu einer völligen Umstellung der Zirkulation und damit verbunden zu starken Anomalien in Niederschlag, Luftdruck, Windrichtung und Wassertemperatur. Während Indonesien unter Trockenheit und vielen Waldbränden leidet, wird Peru von Überschwemmungen und großen Regenmengen heimgesucht, die das trockene Land wegspülen. Unter diesen extremen Wetterbedingungen leidet insbesondere auch die Landwirtschaft. Durch die allgemeine Klimaerwärmung wird El Niño nach realistischen Modellaussagen mit höherer Intensität in Zukunft auftreten, jedoch nicht häufiger. Eine ähnlich bedeutende Rolle spielt das La-Niña-Wetterphänomen für das weltweite Wettergeschehen: La-Niña „ENSO - La Niña“ von Fred the Oyster - Eigenes Werk. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons - https://commons.wikimedia.org/wiki/File:ENSO_-_La_Ni%C3%B1a.svg#/media/ File:ENSO_-_La_Ni%C3%B1a.svg La-Niña bedeutet eine Verstärkung der normalen Phase der ENSO. Das Tiefdruckgebiet über Indonesien ist dann besonders stark entwickelt. Die Passatwinde sind ebenfalls stark ausgeprägt und verstärken damit die Ekman-Spirale, was zu einer besonders starken Abkühlung des östlichen Pazifiks führt. In Indonesien regnet es dann besonders viel, während es in Peru außergewöhnlich trocken ist. 280 ...des Eindrucks nicht entziehen, dass viele Regierungen nach wie vor nicht verstanden haben, was auf dem Spiel steht... Wir haben in diesem Buch gesehen, dass eine fortschreitende Klimaerwärmung eine Fülle von Gefahren und Zerstörungen für die Menschen und die weltweite Ökosphäre - Ozeane, Flora und Fauna - mit sich bringt, die zum Teil jetzt schon zu beobachten sind. Wir haben auch gelernt, dass es eine ganze Reihe von potentiellen Kippelementen im Ökosystem der Erde gibt, welche beim Überschreiten eines sogenannten Kipppunktes unkalkulierbare Rückkoppelungseffekte auslösen. Globale Naturkatastrophen der Erdgeschichte Wo liegen jedoch die elementaren Gefahren für das Überleben der derzeitigen Schöpfung inkl. der Gattung Mensch? Um diese potentielle reale Gefahr zu verstehen, wollen wir uns die bisherige Erdgeschichte ein wenig näher anschauen. Wie gesagt, es gab nach bisheriger Erkenntnis fünf globale Großkatastrophen, die zu einem massenhaften Artensterben sowie zum weitgehenden Verlust von Flora und Fauna auf der Erde geführt haben. Dabei muss man zwei Arten von globalen Naturkatastrophen unterscheiden: Die einen wurden durch externe Einwirkung, wie z.B. durch den Einschlag eines großen Meteoriten, ausgelöst. Eines der bekanntesten dieser Artensterben ist das vor ca. 65 Millionen Jahren erfolgte plötzliche Aussterben der Dinosaurier, als ein gewaltiger Meteorit von der Größe des Mount-Everest vor der mexikanischen Küste mit ca. 70.000 km/h auf die Erde aufschlug. In dem darauf folgenden weltweiten apokalyptischen Desaster - zunächst wurden riesige Landflächen durch Feuerstürme, Tsunamis sowie Brände auf der ganzen Erde zerstört - gingen in Folge mehr als die Hälfte aller Pflanzen- und Tierarten an Land sowie ca. 90% der Meereslebewesen zugrunde.[347] Die anderen globalen Naturkatastrophen wurden durch Vulkanausbrüche verursacht, die riesige Mengen von Schwefeldioxid und CO2 in die Atmosphäre schleuderten, über Wochen, Monate oder Hunderttausende von Jahren. Dadurch wurde - je 337 nach Zeitdauer und Schwere der Vulkanausbrüche - in Folge eine Reihe von Rückkoppelungseffekten in Gang gesetzt, die ebenfalls zu einer signifikanten Vernichtung von Leben auf der Erde führte. Die folgenreichste und größte derartige Katastrophe traf die Erde an der Wende vom Perm zur Trias vor 250 Millionen Jahren, als 95% aller Lebewesen - sowohl im Meer als auch auf dem Land - ausstarben. Intensive Untersuchungen und Forschungsexpeditionen in den letzten 10 Jahren haben mittlerweile eine gute Erklärung für dieses Desaster gefunden. Dabei ist das genaue Verständnis dieses Ereignisses deswegen so bedeutend, da nach Einschätzung von Wissenschaftlern eine reale Gefahr besteht, dass genau die gleiche Katastrophe infolge einer weiter ungebremsten Erderwärmung wieder passieren könnte. Diese Mega-Katastrophe wollen wir uns nun genauer ansehen, da sie u.a. exemplarisch die verheerenden Auswirkungen einer Vielzahl von fatalen Rückkoppelungseffekten veranschaulicht. Sibirischer Trapp Wissenschaftler haben im südafrikanischen Karou-Becken vor einigen Jahren eindeutige Beweise für diese Mega-Katastrophe am Ende des Perm gefunden.[347] Sedimentschichten aus diesem Gebiet zeigen, dass sich zu dieser Zeit etwas Dramatisches abgespielt haben muss: Die oberste Schicht des Perm besteht ausschließlich aus rotem Gestein, was auf extreme Trockenheit und Hitze in diesem Zeitabschnitt hindeutet. Die Schicht darunter sieht dagegen vollkommen anders aus: Sie enthält blaues und blaugrünes Gestein, ein Hinweis für eine feuchte, vegetationsreiche Umgebung. Für diese Befunde gibt es nur eine logische Schlussfolgerung: Es muss in dieser Zeit einen dramatischen Temperaturanstieg gegeben haben. Die roten Gesteinsschichten, auch „Todeszonen“ genannt, fand man im Übrigen überall auf der Erde. Das bedeutet, dass es ein globaler Prozess gewesen sein muss. Zunächst war unklar, was die eigentliche Ursache für diese Naturkatastrophe war. Zwei Alternativen standen zur Auswahl: Ein gigantischer 338 Meteoriten- bzw. Asteroideneinschlag oder Vulkanausbrüche. Um dies herauszufinden, haben englische Wissenschaftler um den Paläontologen Prof. Paul Wignall von der englischen Leeds University das Gestein aus der Todeszone eingehend untersucht. [348-410] Auf Expeditionen in Grönland haben sie Tausende von Proben gesammelt und viele Stunden Video-Material aufgenommen. Die Untersuchungen bestätigten, dass im Zusammenhang mit einer starken Klimaerwärmung ein Massensterben an Land und im Meer stattgefunden hat. „Das Massenaussterben ist gewissermaßen der größte fossile Tatort aller Zeiten. Am Tatort Grönland haben wir enorm viele Beweise entdeckt. Wir konnten eine riesige Menge an Informationen sammeln. Dadurch besitzen wir ein äußerst detailliertes Bild davon, was damals geschah. Das grönländische Gestein liefert auch stichhaltige Argumente gegen die Theorie eines Asteroideneinschlags. Bei einem Einschlag hätte das Aussterben extrem schnell passieren müssen. Spätestens nach ein paar Jahren hätte alles tot sein müssen“, so Paul Wignall. Der Hinweis für ein solches Szenario wäre eine abrupte scharfe Trennlinie zwischen den fossilen Gesteinsschichten gewesen. Diese hat man jedoch nicht gefunden. Stattdessen zeigen die Gesteinsuntersuchungen, dass sich das Aussterben der Arten über einen sehr langen Zeitraum von Hunderttausenden von Jahren hinzog. Man untersuchte deswegen die Erdoberfläche nach Beweisen für die andere mögliche Ursache, einen großen Vulkanausbruch aus dieser Zeit. Bei Vulkanausbrüchen werden gewaltige zerstörerische Kräfte frei: Angetrieben von unvorstellbarem Druck tief im Inneren der Erde werden große Mengen geschmolzenes Gestein und giftige Gase in die Erdatmosphäre geschleudert. Zudem weiß man in der Wissenschaft, dass Vulkanausbrüche vor 250 Millionen Jahren viel größer und heftiger waren als heute. Spuren eines solchen Ereignisses fand man schließlich in den sibirischen Eiswüsten: Ein riesiges Gebiet urzeitlicher Lavaströme, den sogenannten „Sibirischen Trapp“. Am Ende des Perm sammelten sich Millionen Kubikkilometer Magma unter der sibirischen Erdkruste. Mit der Zeit begann sich die gesamte Region immer mehr nach oben zu wölben und explodierte schließlich wie eine riesige Blase. Solche Vulkanausbrüche... 339 ...auf Europa, Asien, Nord- und Südamerika abgebildet: a) Nordamerika: Insbesondere die gesamte Ost- und Südküste wäre dramatisch betroffen: Große Teile von Texas, Arkansas, Mississippi, Alabama, North und South Carolina, Virginia, Pennsylvania, Connecticut, Massachusetts sowie Maine würden im Ozean versinken. Florida und Louisiana würden sogar komplett von der Landkarte verschwinden... b) Europa: Die Niederlande, Belgien, Dänemark, Estland, Lettland und Litauen würden komplett von der Landkarte verschwinden. Ebenso würden große Teile Englands, Norditaliens, Deutschlands, Schwedens, Finnlands, der Ukraine, Moldawiens, Rumäniens sowie Russlands untergehen. c) Südamerika: Große Landstriche Venezuelas, Brasiliens (Amazonasgebiet), Argentiniens, Uruguays sowie Paraguays würden im Ozean versinken. d) Asien: Der Teil Chinas, in dem der größte Teil der über eine Milliarde Menschen zurzeit lebt, sowie Kambodscha und Thailand würden untergehen. Zudem würden große Teile Indonesiens und Pakistans vom Meer über schwemmt. Bangladesch verschwände vollständig von der Landkarte. Auf den folgenden vier Seiten sind die Überschwemmungsgebiete der obigen vier Kontinente bei einem Anstieg des globalen Meeresspiegels um 65 m abgebildet. Man sieht deutlich, dass die Gestalt der Kontinente sich signifikant verändern würde. Globale Auswirkungen eines Meeresspiegelanstiegs um 65 m. Quelle: Jason Treat, M. Twombly, W. Barr, M. Smith, NGM Staff. ART: Kees Veenenbos. „If all the Ice melted“. National Geographic, September 2013 350 351 Bedeutende Zitate und Fakten WMO-Generalsekretär Michael Jarraud: „Die Gesetze der Physik sind nicht verhandelbar.“ Wir hätten das Wissen und die Werkzeuge, um den Temperaturanstieg unterhalb von 2 °C zu halten und unserem Planeten eine Chance und unseren Kindern und Enkeln eine Zukunft zu bieten. „Abwehrende Ignoranz kann nicht länger eine Entschuldigung für Nichthandeln sein“. Info der NOAA, März 2016: Die NOAA meldete für 2015 einen neuen Temperaturrekord. Damit übertraf das Jahr 2015 das bisherige Rekordjahr 2014 um weitere 0,16 °C und war damit das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1880. Mary Nichols, Leiterin der kalifornischen Luftreinhaltungs-Behörde CARB: „Es geht nicht um eine etwas bessere Version der Welt, die wir jetzt haben – es geht darum, keinen zerstörten Planeten zu hinterlassen.“ Ihre Botschaft ist eine Erweiterung der Aufforderung von John F. Kennedy, die Menschen sollen nicht fragen, was ihnen dieser Planet bieten könne: „Jeder einzelne soll überlegen, was er dafür tun kann, dem Klimawandel zu begegnen.“ IPCC, CO2-Gehalt der Erdatmosphäre: Die gegenwärtige CO2-Konzentration von ca. 400 ppm ist höher als in den letzten 800.000 Jahren, wahrscheinlich sogar höher als in den letzten 20 Millionen Jahren. WMO-Bericht zum Zustand des globalen Klimas 2014: „Wir wissen ohne jeden Zweifel, dass sich unser Klima verändert und unser Wetter extremer wird, aufgrund menschlicher Aktivitäten wie der Verbrennung fossiler Brennstoffe“, sagte WMO-Generalsekretär Jarraud. „Der Treibhausgas-Bericht zeigt, dass weit entfernt von einem Rückgang, die Kohlendioxid-Konzentration 373 in der Atmosphäre letztlich schneller als in den letzten 30 Jahren zunimmt. Wir müssen diesen Trend durch das Beschneiden der CO2-Emissionen und der anderen Treibhausgase umkehren“, so Jarraud. „Wir verlieren das Rennen gegen die Zeit.“ Das CO2 verbleibe viele hundert Jahre in der Atmosphäre, im Ozean sogar noch länger. Die Emissionen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft addieren sich zueinander, was Auswirkungen auf die globale Erwärmung und die Ozean-Versauerung hat. IPCC, Climate Change 2007: Der derzeitige Methan-Gehalt der Atmosphäre ist höher als jemals während der letzten 650.000 Jahre. Aus einer Presseinfo vom April 2015: Forscher des bekannten Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) haben zusammen mit internationalen Wissenschaftlern im Fachblatt Nature Climate Change eine Studie veröffentlicht, in der deutliche Anzeichen für eine Abschwächung des Golfstroms beschrieben werden. Die Annahme, die unter Klimawissenschaftlern schon seit längerer Zeit diskutierte Störung sei eine Fiktion, ist ein Irrtum. „Jetzt haben wir starke Belege dafür gefunden, dass dieses atlantische Förderband sich in den vergangenen hundert Jahren tatsächlich verlangsamt hat, besonders seit 1970“, sagt Leitautor Stefan Rahmstorf vom PIK. Aus einer Pressemitteilung des Helmholtzzentrums für Polar- und Meeresforschung (Alfred-Wegener-Institut) vom August 2014: Das Eis in Grönland und in der Antarktis schmilzt schneller als je zuvor. Forscher des Alfred-Wegener-Instituts berichten in der Zeitschrift „The Cryosphere“, dass jedes Jahr etwa 500 km³ Eis verloren gingen. Seit 2009 habe sich der jährliche Eisverlust in Grönland verdoppelt, in der Westantarktis verdreifacht. Aus einem Brief von 18 wissenschaftlichen Organisationen an den USKongress: Beobachtungen auf der ganzen Welt zeigen deutlich, dass Klimawandel stattfindet und sorgfältige wissenschaftliche... 374