Leseprobe © Schleife Verlag CH-Winterthur Marcel Rebiai Islam

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Marcel Rebiai
Islam, Israel
und die Gemeinde
Der Kampf um die Erwählung
Schleife Verlag, CH-Winterthur
© Schleife Verlag CH-Winterthur
Leseprobe
c 2004 Marcel Rebiai
2.Auflage Feb. 2005
© Schleife Verlag, Pflanzschulstrasse 17,
Postfach 85, CH-8411 Winterthur, Switzerland.
Tel. +41 (0)52 2322424 Fax. +41 (0)52 2336082
Email: [email protected] www.schleife.ch
ISBN 3-907827-42-2
Vertriebspartner Deutschland, Österreich: Gerth Medien, D-Asslar Schweiz: Gerth
Medien AG, CH-Rothrist
Die Bibelzitate sind wechselweise der Luther-Bibel, der Zürcher Bibel oder der
Jerusalemer Bibel entnommen.
Die Zitate aus dem Koran entstammen der Übersetzung von Rudi Paret, Verlag
Kohlhammer, 4. Auflage.
Der Text des Buches folgt den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung.
Lektorat: Michael Herwig und Judith Petri
Umschlaggestaltung und Foto auf der Vorderseite: Pia Maurer Foto auf der
Rückseite: GDV
Satz und Druck: Schönbach-Druck GmbH, D-Erzhausen
Alle Rechte vorbehalten, auch für auszugsweise Wiedergabe und Fotokopie.
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INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort von Gen Keller
Einführung
1. Islam im Brennpunkt
Der Islam — eine „Religion des Friedens“? • Gleichsetzung von Christentum und
Islam Islam als Partner?
Keine Religionsfreiheit in islamischen Staaten Gläubige Christen als Störfaktor •
Kontroverse um Israel • Zwei Definitionen von Terrorismus • Haus des Friedens —
Haus des Krieges Die Botschaft der Liebe
2. Der Islam — seine Stellung zu Israel
und zur christlichen Gemeinde
Das Judentum • Das Christentum • Der Islam • Der Islam, die „einzig wahre Religion“
• Adam, der „erste Moslem “• Unterwerfung unter den Islam • Mohammed als
Messiasgestalt • Der Islam als anthropozentrische Religion • Die Anfänge des Islam •
Mohammeds Werdegang zum Propheten. Mohammed erfährt Ablehnung • Die
Bedeutung von Jerusalem • Kampf gegen die Juden • Abraham als Schlüsselfigur .
Judentum und Christentum als „gefälschte Botschaften“ • Islamische Theologie • Das
territoriale Denken des Islam • Dar al-islam, Haus des Friedens • Dar al-harb, Haus
des Krieges • Islamisches und westliches Denken • Unser Gott ist ein persönlicher
Gott, beziehungssuchender Gott• Im Islam steht Gott ausserhalb der Geschichte •
Islamische Logik • Die islamische Welt braucht das Evangelium
3. Israel aktuell: Der Nahost-Konflikt aus aktueller,
historischer und geistlicher Sicht . Die Augen der Welt sind auf Israel gerichtet
Palästinenser unter jordanischer und ägyptischer Herrschaft Juden
— Täter statt Opfer? • Missbrauch von Kindern Aufruf zum Heiligen Krieg • Kein
ethnischer Konflikt ‘Anspruch des Islam auf Israel und Jerusalem • Islam oder
biblische, jüdisch-christliche Gottesoffenbarung
4. Gottes Sicht für den ganzen Nahen Osten Der Nahe Osten — ein Zentrum des
Segens (Jesaja 19,24-25). Stolperstein Jerusalem • Die Bedeutung Jerusalems für
den Islam und das Judentum Die Berufung Israels • Die Wurzeln des NahostKonflikts • Die Sicht der Bibel . Segen für Ismael • Das Wesen Ismaels • Exkurs: Das
prophetische Bild des Olbaums • Die Berufung Ismaels • Verschiedene Trennwände •
Gott verherrlicht sich durch gebrochene Gefässe . Die Verheissung schliesst Agypten
mit ein • Auflehnung gegen Gott statt Vertrauen • Gottes Strategie . Zerbruch des
Islam • Israel muss sich demütigen Der Stolz der Nationen • Die Kirche • Die ganze
Welt ist betroffen
5. Israel — ein Licht für die Völker
Warum wurde Israel erwählt? • Gott wirbt um die Völker‘
Gottes Gegenwart ist Voraussetzung für Leben • Leben in
der Finsternis • Zurück ins verheissene Land • Israel:
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Gottes Volk“ • Israel: Ort der Gottesoffenbarung ‘Israel:
Der Zeuge Gottes
6. Der Messias und das Land
Hindert „ christlicher Zionismus“ die Erfüllung des Missionsbefehls? • Zionismus —
ein Stein des Anstosses • Relativierung des Alten Testaments • Römer 9 bis 11 • Die
Gemeinde • Liebe und Zorn • Gericht über die Völker • Was ist Zionismus? • Gott —
ein Zionist? • Kontroverses Israel Der Treuetest
7. Ist in Israel „Erntezeit“9
Was wurde gesät? Worum geht es Israelfreunden?
Tröstet, tröstet mein Volk!“ • Israels Berufung: die Herzensbeziehung zum Vater •
Berufung entwendet ... ‘Jesus, der König der Juden • Wer ist gerufen, zu trösten? •
Warten auf den Friedefürst Die Saat des Himmeireiches Gref bare Vaterschaft „Den
Juden zuerst“ • Die Juden brauchen unser Zeugnis‘ Was bin ich bereit zu säen?
8. Das Böse überwinden
Auschwitz — nur ein deutsches Problem? • Auch Schweigen ist Schuld • Den „guten
Menschen “gibt es nicht • Ein verhängnisvoller Irrtum • Das Böse kommt mit Gewalt •
Das Einfallstor der Minderwertigkeit ‘Die Erlösungsbedürftigkeit der Kirche • Die
„zehn Gerechten“ • Israel — der Sündenbock • Die Stimme der Kirche • Hoffnung und
Zukunft
9. Das Buch Ruth —
Der Auftrag der Gemeinde am jüdischen Volk Gottes Herrschaft verlassen •
Zurück nach Bethiehem, zurück zum Ort des Erbes • Ruth: ein prophetisches Bild für
die Gemeinde • Rahab von Jericho • Seltene Eigenschaften Ruth und der Erlöser
Noch näher zum Messias • Der Schlüssel zum Erbe
10. Am Scheidepunkt
Israel vor der uralten Entscheidung ‘Der Druck auf Israel wächst • Israel kann sich
seiner Berufung nicht entziehen‘ Auch die Gemeinde Jesu vor der Entscheidung •
Unsere Bestimmung: Gottes hörbare Stimme für die Welt • Werden wir uns als
Gemeinde Jesu zu Israel stellen?
Anhang:
Brauchen die Juden auch Jesus? (Reuven Berger)
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VORWORT
Wer heute zu derart brisanten Themen wie Israel oder Islam Stellung bezieht, muss
sich die Frage nach der Legitimation gefallen lassen. Experte oder Sachverständiger
zu sein, ist nicht genug. Persönliche Integrität und eine Liebe zu den Menschen und
Völkern, die hinter diesen Themen stehen, muss dazukommen.
Ich kenne Marcel Rebiai nun schon über drei Jahrzehnte. Mir sind wenig Menschen
mit einer so ausgeprägten Integrität begegnet, wie ich sie bei ihm beobachten
konnte. Und zwar auf allen Ebenen: der familiären, der mitmenschlichen und der
glaubensmässigen. Als erfolgreicher Jugendarbeiter in einer landeskirchlichen
Gemeinde hatte er schon damals der Versuchung widerstanden, Menschen an sich
zu binden. Auf dem späteren Weg in seine eigentliche Berufung hinein hat er nichts
übers Knie gebrochen; er liess es über viele Stationen wachsen und in Gottes Zeit
reif werden. Und als vor Jahren seine Frau Regula mitten in einem erfüllten Leben an
Leukämie erkrankte, bewährte sich auch in dieser Extrembelastung die Integrität
ihrer Gottesbeziehung — Integrität immer verstanden als Wille zur Transparenz, die
auch die eigene Schwäche mit einschliesst.
Über seine engagierte Beziehung zu Juden und Arabern schreibt Marcel Rebiai in
der Einleitung dieses Buches. Gerade diese Herzensbeziehungen sind es, die ihm
eine blinde Parteinahme verwehren. Als Christen sind wir gewarnt vor solchen
Kurzschlüssen. Die Antwort Jesu auf alle religiöse oder rassistische Verhetzung ist
sein freiwilliger Tod am Kreuz. Indem er dort die blutige Identifikation mit dem
Brudermord aller Zeiten an seinem eigenen Leib vollzog, wurde er zum
Erstgeborenen einer neuen Menschheit, wo nicht Jude oder Araber, Sklave oder
Freier, Mann oder Frau ist. Der Gott Jesu Christi ist der Vater aller. Darum steht am
Anfang der Evangelien die Bergpredigt als Charta des Reiches Gottes. In ihr wird die
unantastbare Würde
des Menschen festgeschrieben: „Jeder der seinem Bruder zürnt, soll dem Gericht
verfallen sein ... Wer aber sagt: du Tor! soll der Hölle mit ihrem Feuer verfallen sein.“
(Matthäus 5,22) Söhne (und Töchter) des Vaters im Himmel sind daran zu erkennen,
dass sie ihre Feinde lieben und für die bitten, die sie verfolgen (vgl. Matthäus 5,44).
Die einzige, wirkliche Parteinahme ergreift der Verfasser für seinen Gott und für
dessen Wille und Wort. Deshalb sucht er die Gründe für den verfahrenen Konflikt in
Nahost auch nicht zuerst in den bekannten Hindernissen. Ausgangspunkt ist die freie
Erwählung eines liebenden Schöpfers, der nicht nach Verdienst und Ansehen urteilt,
sondern das Seinige austeilt, wie und wem er will. Der Anfang der Weisheit — auch
im Blick auf alle Nahost-Sackgassen — ist die Gottesfurcht. Das bedeutet, dass der
Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern von einem jeden Wort, das aus dem
Munde Gottes kommt. Nur in diesem Wort erschliesst sich Hoffnung und Zukunft. Als
Parteigänger dieser Hoffnung führt Marcel Rebiai auch die Auseinandersetzung mit
dem Islam, wohl wissend, dass Medien und Öffentlichkeit hier im Westen
seismografisch auf jedes Wort reagieren, das als Kritik am Islam empfunden werden
könnte. Selbst prominente Kolumnisten sind davon nicht ausgenommen und riskieren
ein Strafverfahren, wenn sie eine Verbindung zwischen Islamisten und dem Islam
erwägen. Im Namen der Toleranz beugen wir uns als so genanntes christliches
Abendland schon jetzt der Intoleranz, die eine Gleichwertigkeit der Weltreligionen
einfordert.
Das Buchcover zeigt einen Palästinenserjungen, der sich spontan mit seinem Lamm
vor der Fotografin aufpflanzte. Dies ist wohl der tiefste Ausdruck von Hoffnung: nur
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durch die Ohnmacht der Liebe, die alles erträgt, alles glaubt, alles hofft und alles
erduldet, kann das Böse letztlich überwunden werden. O crux! Spes unica mundi! 0
Kreuz, du einzige Hoffnung der Welt! Darum mussten schon die Israeliten das
Passahlamm vor seiner Opferung während Tagen in ihrem Haus halten. Nur da, wo
das Lamm in der Mitte der Familie, der Kirchen und der Gesellschaft ist, verlieren
unsere Wolfsspiele (Dürrenmatt) ihre
Macht. In meinem Geist sehe ich immer wieder die Gesichter der
Frauen und Männer der Gemeinschaft der Versöhnung, die von
Marcel und Regula Rebiai ins Leben gerufen wurde. Sie alle
spiegeln den verborgenen Glanz jenes Lammes, das der Welt
Sünde trägt.
Geri Keller
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EINFÜHRUNG
Als Autor dieses Buches bin ich Teil einer christlichen Lebensgemeinschaft, der
Gemeinschaft der Versöhnung, die dem Aufruf des Messias Jesus gefolgt ist,
Botschafter der Versöhnung zu sein (2. Korinther 5,20). Als Gemeinschaft
— bestehend aus Familien und Unverheirateten — teilen wir seit Jahren den
Lebensalltag mit Juden, moslemischen und christlichen Arabern, Israelis und
Palästinensern.
Der Alltag unserer jüdischen und arabischen Freunde ist geprägt von Angst,
Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit, von zunehmender Aggression, Gewalt und
Gegengewalt, von sozialer Not, Schuldzuweisungen, Verbitterung und Hass, ohne
Anzeichen auf einen echten Ausweg. In persönlichen Beziehungen zu Juden wie
Arabern versuchen wir, Freundschaft, Annahme und die Hoffnung des Evangeliums
hineinzutragen, und zu bezeugen, dass Frieden und Versöhnung zuallererst eine
Frage des Herzens sind. Durch das Aus leben von Freundschaft auf jüdischer wie
auf arabischer Seite wollen wir eine Brücke der Versöhnung sein, indem wir die
Hoffnung des Evangeliums durch Wort und Tat in das Leben unserer Freunde
hineinbringen und auf individueller Ebene zwischen einzelnen Familien und Gruppen
Versöhnung und Frieden ermöglichen und fördern.
Durch das Vertrauen, das viele — sowohl der jüdischen wie auch der arabischen
Freunde — zu unseren Mitarbeitern aufbauen konnten, ist schon manche Sichtweise
des arabischen wie des jüdischen „Feindes“ verändert worden. Unsere Mitarbeiter
bilden durch ihren Einsatz und ihr Leben, durch ihre Freundschaft zu beiden Seiten
eine Brücke, die es Verfeindeten, Zerstrittenen, Entfremdeten ermöglicht, in einem
Rahmen des Vertrauens neuen Zugang zueinander zu finden.
Dieses Zwischen-den-Fronten-Stehen ist unglaublich anspruchsvoll, weil es nur
gelebt werden kann, wenn man sich bei aller Nähe zu den Menschen — bei allem
Mitgehen, Mitleiden, Mittragen an der Not und ihrem Schmerz — nicht von ihren
Feindbildern emotional vereinnahmen lässt. Dies erfordert ein grosses Mass an
Disziplin und bewusstem Leben, das meines Erachtens nur aus der Kraft Gottes
gelebt werden kann. Weil wir uns ganz zu dem Gott der Bibel stellen, und damit auch
zu seinen Verheissungen und Plänen mit dem jüdischen Volk, mit Israel, aber auch
zu seinen Verheissungen und Plänen mit dem arabischen Volk (nach Jesaja 19,2324), und weil wir wissen, dass der Gott Israels auch der Gott des arabischen Volkes
sein will und es auch ist, können wir mit einem weiten Herzen in der gleichen Liebe
und Hingabe für Juden wie Araber leben.
In vielen palästinensischen Familien, zu denen wir Beziehungen pflegen, werden
Lebenshilfe, soziale Hilfe und Erziehungshilfe geleistet. Männer wie Frauen wurden
in Gefängnissen besucht, um ihnen sowohl administrative, z. T. juristische, aber auch
geistliche, Hilfe zu geben und immer wieder die Botschaft der Hoffnung und der
Versöhnung in ihr Leben hinein zu bezeugen. Auch auf jüdischer Seite sind unsere
Mitarbeiter am Leben vieler beteiligt und leisten Beistand und Hilfe, bringen Trost und
bezeugen, dass es Hoffnung gibt, weil der Gott Israels lebt und sich seines Volkes
annimmt. Er will und wird sich seinem Volk neu offenbaren im Angesicht des Messias
und König der Juden, Jeschua (Jesus) von Nazareth.
Der Inhalt dieses Buches ist kein in sich abgeschlossenes Thema, sondern vielmehr
eine Zusammenfassung von verschiedenen Referaten und Artikeln, die sich mit dem
Thema Islam, Israel und die Christen auseinander setzen. Die Absicht ist, das Thema
von verschiedenen Seiten zu beleuchten, zu informieren und zur
Auseinandersetzung anzuregen.
Marcel Rebiai
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KAPTEL 1
Islam im Brennpunkt
In der weltanschaulichen Auseinandersetzung mit den Terroranschlägen vom 11.
September 2001 in New York werden nach meinem Eindruck in weiten Teilen der
Öffentlichkeit vor allem zwei Wurzeln des Übels in der heutigen Welt ins Visier
genommen: und zwar nicht — wie man dies in der Folge der Ereignisse vom 11.
September natürlicherweise erwarten könnte — der Islam, sondern vielmehr Israel
und die bekennenden Christen. Beide werden gerne mit dem stigmatisierenden
Etikett fundamentalistisch versehen. Beide gefährden angeblich die Weltsicherheit
und das friedliche Zusammenleben der Weltgemeinschaft. Wie komme ich zu diesem
doch überraschenden Eindruck?
Der Islam — eine „Religion des Friedens“?
Es ist erwiesen, dass dieser Anschlag, der die bisherigen Grenzen im Austragen
internationaler Konflikte rückhaltlos überschritten hat, von überzeugten Moslems
verübt worden ist. Es handelt sich um Menschen, die den islamischen Glauben
absolut ernst nehmen und sich auf nichts anderes als ihre religiösen Quellen, d.h. auf
den Koran und die Hadith, stützen (Hadith = traditionelle Lehre vom Leben und
Denken Mohammeds und seiner Nachfolger). Weil ihr Denken und Handeln aber für
den Nichtmoslem und besonders für Menschen der westlichen Kultur weder
begreiflich noch annehmbar sind, wollen uns westliche Politiker und Kirchenführer im
Verbund mit den Medien und der islamischen lntelligentia einreden, der Anschlag
habe mit dem wahren Islam nichts zu tun. Sie vertreten die Ansicht, diese Terroristen
seien keine echten Moslems, sondern Extremisten, wie sie in jeder Religion und
jedem Volk vorkommen. Erfüllt von dem Bedürfnis nach einer konfliktfreien,
harmonischen und solidarischen Welt sind viele schnell dabei zu bekräftigen, der
Islam sei eine „Religion des Friedens“, welche Gewalt gegen Anders- glaubende
ablehne. Dass islamische Staaten wie Saudi-Arabien, Pakistan, Sudan, Afghanistan
und der Iran jegliche Ausübung nicht-islamischer Religionen in der Öffentlichkeit
sowie die Verbreitung ihrer Schriften verbieten, Missionare strafrechtlich verfolgen
und Konversionen zum christlichen Glauben anhand des religiösen Rechts (Scharia)
mit dem Tod ahnden, scheint der westlichen Gesellschaft entweder unbekannt oder
als Ausdruck des gewalttätigen Wesens des Islam unerheblich zu sein. Entrüstung
über Menschenrechtsverletzung spart man sich lieber für den israelischpalästinensischen Konflikt auf, was beispielsweise darin zum Ausdruck kam, dass für
Dezember 2001 in Genf eine Konferenz über israelische
Menschenrechtsverletzungen am palästinensischen Volk angesetzt wurde.
Gleichsetzung von Christentum und Islam
Um jeder Verdächtigung des Islam vorzubeugen und mögliche Infragestellungen zu
entkräften, wird auf den Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten und den
zugehörigen Terror im Namen der christlichen Religion hingewiesen. Auch die
Inquisition und die Kreuzzüge werden herangezogen, um auf Verwirrungen und
Entartungen in allen Religionen aufmerksam zu machen. Christentum und Islam
werden als leicht zu missbrauchende Religionen gleichgesetzt. Es ist wahr, dass es
im Christentum viel Missbrauch gegeben hat und immer noch gibt. Aber wer Islam
und Christentum gleichsetzt, hat weder das eine noch das andere wirklich
verstanden.
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Islam als Partner?
Um die islamischen Völker als Partner im Kampf gegen den internationalen
Terrorismus zu gewinnen, versichern ihnen die führenden westlichen Nationen, dass
sie ihre Religion nicht in Frage stellen, sondern respektieren, achten und schützen.
Der Islam ist, soweit mir bekannt ist, die einzige Religion, die von der UNO auf der
Konferenz in Durban 2001 durch eine Resolution gegen Islamophobie (krankhafte
Angst vor dem Islam) geschützt wurde. In der westlichen Welt gehört es sich nicht,
sich kritisch gegenüber dem Islam zu äussern; man setzt sich damit dem Verdacht
aus, intolerant, fremdenfeindlich oder gar rassistisch zu sein. Was fürchtet der
westliche Mensch mehr, als mit einem solchen Etikett versehen zu werden? Die
islamische lntelligentia und geistliche Führerschaft weiss um diese Hemmungen des
Westens und spielt die Karten der Toleranz geschickt auf diesen Emotionen und
Ängsten aus. Sie fordert für den Islam Rechte, die dieser in seinem eigenen Umfeld
anderen Religionsgruppierungen nie zugestehen würde.
Keine Religionsfreiheit in islamischen Staaten
Wo kann man heute in Ländern wie Saudi-Arabien, Iran und Pakistan, die für die
Koalition im Kampf gegen den Terror umworben worden sind, Kirchen oder
Synagogen, christliche oder jüdische Schulen bauen? Die islamischen Nationen
vertreten eine klare Haltung. Was sie in ihren Staaten tun und lassen, bezeichnen sie
als ihre eigene Angelegenheit. Weltanschauung, Lebensweise und Kultur, die ein
Nichtmoslem nicht versteht, müssen akzeptiert und respektiert werden. An einer
Konferenz der islamischen Aussenminister vor einigen Jahren wurde gesagt, das
Aufzwingen westlicher Ansichten von Menschenrechten sei geistiger Kolonialismus
und Entmündigung. Amar Moussa, ehemaliger ägyptischer Aussenminister und
heutiger Präsident der arabischen Liga, warnte kürzlich die westlichen Nationen vor
einer Konfrontation der Zivilisationen und forderte sie auf, jede Form von Feindschaft,
Ablehnung und Unterdrückung gegenüber der islamischen Welt zu beseitigen.
Terrorismus sei hingegen als Folge von Unterdrückung und Armut zu verstehen;
wären diese einmal beseitigt, stünde einem weltweiten Frieden nichts mehr im Wege.
Bezeichnenderweise darf sich Amar Moussa der Zustimmung der westlichen Welt
sicher sein; denn viele sind sich einig, dass das Problem in jeder Religion einzig die
radikalen Elemente seien. Deshalb müssen die konfliktschaffenden Extremisten, die
Friedensverhinderer und Unruheherde neutralisiert werden. Die islamischen
Nationen lassen keinen Zweifel daran, wer für sie die Kriterien der
konfliktschaffenden Elemente erfüllt: Es sind wie oben schon erwähnt die gläubigen
Christen und Israel.
Gläubige Christen als Störfaktor
Warum die gläubigen Christen? Diese sind überzeugt, dass die Menschen, die in der
islamischen Welt leben, wie alle anderen Menschen ein Recht haben, die Frohe
Botschaft von Jesus Christus zu hören. Sie sehen es als ihre Pflicht, den Moslems
das Evangelium zugänglich zu machen, damit sie sich damit auseinander setzen
können. Diese Haltung erzeugt Konfrontation mit den Autoritäten des offiziellen
Islams, d. h. mit dessen Regierungen und geistlichen Führern. Müssen
Kirchenführer, Politiker und Medien im Westen gegen Missionare, die unter
islamischen Völkern arbeiten, vorgehen, sie bekämpfen und ihre Mission verbieten,
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um dem Anspruch des Islam nach bedingungsloser Annahme nachzukommen? Kann
es sein, dass die zentralen Grundlagen des Evangeliums — und damit die
bekennenden Christen — von der westlichen Welt geopfert werden müssen, um
Konflikte mit dem Islam zu vermeiden? Das heisst: Aggression, Gewalt und Terror
aus der islamischen Welt abzubauen, weil man für eigene Interessen und Sicherheit
zu allem bereit ist‘?
Kontroverse um Israel
Auch Israel scheint ein solcher Preis zu sein, den die westliche Welt immer williger zu
zahlen bereit ist, um die eigene Sicherheit zu gewährleisten, welche man durch die
Unberechenbarkeit der islamischen Welt bedroht sieht. Wie die UNOMenschenrechtskonferenz in Durban gezeigt hat, sind sich alle islamischen Staaten,
nicht nur die palästinensischen Vertreter, in der Feindschaft Israel gegenüber einig.
Ihre Mitarbeit in der von den USA ins Leben gerufenen Anti-Terror-Koalition wird
abhängig gemacht von der Haltung des Westens Israel gegenüber. Plötzlich werden
Staaten wie Iran und Syrien, die bisher als Schutzherren verschiedener
terroristischer Zellen galten und dafür geächtet wurden, vom Westen umworben.
Gleichzeitig wird Israel vermittelt, es könne dieser Koalition nicht beitreten, weil ihr
Beitritt zu viele, vor allem islamische Länder vor den Kopf stossen würde. Syrien darf
sogar ohne Protest der USA, geschweige denn der EU, für eine bestimmte Zeit Teil
des ständigen Sicherheitsrats der UNO werden. Dabei weiss jedermann, dass Syrien
die Terrororganisation Hisbollah unterstützt und seit Jahren Teile des Libanons
besetzt hält. Die Einzigen, die bis zu ihrem Abzug im Mai 2000 in Bezug auf den
Libanon an die Zügel genommen worden sind, sind die Israelis.
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