Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Institut für Mikro- und Nanoelektronik Fachgebiet Elektronische Schaltungen und Systeme EDA-Methoden Versuch 12 im Informationselektronischen Praktikum Studiengang Elektrotechnik und Informationstechnik 2.Studienschwerpunkt: Mikro-, Nanoelektronik und Elektrotechnologie (BA) Betreuer: Dipl.-Ing. Dominik Krauße Raum H3511, Tel. 69 1167 Praktikumsraum: H 3521B Inhaltsverzeichnis Informationselektronisches Praktikum Informationselektronisches Praktikum Versuch 12 "‘EDA-Methoden"’ Dominik Krauße, Eric Schäfer 26. Juni 2009 Inhaltsverzeichnis 1 Zielstellung 2 2 Theoretische Grundlagen 2 2.1 2.2 2.3 2.4 Modifizierte Knotenanalyse - MNA . . . . . . . . . . . . . . Auflösung linearer Gleichungssysteme, LU-Zerlegung . . . . Newton-Raphson-Algorithmmus zur Arbeitspunktberechnung 2.3.1 Newton-Raphson-Ersatzschaltbilder . . . . . . . . . . Numerische Integrationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Das Companion Modell . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Transientanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 5 8 8 12 13 15 3 Praktikumsvorbereitung 16 4 Praktikumsdurchführung 17 EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 1 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum 1 Zielstellung Ziel des Versuches soll es sein, die Methoden zur Gleichungsaufstellung im Simulator zu verstehen und tiefgründige Kenntnisse darüber zu erlangen, wie die Simulationsarten DC-, und Transientsimulation ablaufen. Dabei soll ein Programm mit Hilfe von Mathematica entwickelt werden, das diese Simulationsarten mit einer vorgegebenen Schaltung durchführen soll. 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Modifizierte Knotenanalyse - MNA In den heutigen Schaltungssimulatoren wird zur Gleichungsaufstellung fast ausschließlich die modifizierte Knotenanalyse (Modified Nodal Analysis - MNA) verwendet. Diese Technik ermöglicht eine einfache Implementierung auf den Rechner, da hierbei nur Auffüllschemas für Netzwerkelemente benutzt werden. Die MNA ist eine Erweiterung der Standard-Knotenanalyse, wobei die Erweiterung aus zusätzlichen Gleichungen besteht, die den Teil der Netzwerkelemente erfassen, der für die Standard-Knotenanalyse in Matrixform ausgeschlossen war. Bild 6.11: Ausfüllmuster für Netzwerkelemente bei der Modifizierten Abbildung 1: Ausfüllmuster für Netzwerkelemente bei der MNA EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 2 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum Zur Ableitung der MNA-Pattern kann man die Superknotenanalyse (SNA) aus der Grundlagenvorlesung verwenden. Dabei werden die Knotengleichungen aufgestellt, ohne daß die Zwangsbedingungen schon enthalten sind. Für Elemente wie Spannungsquellen, gesteuerte Spannungsquellen oder Kurzschlüsse werden nun im Gegensatz zur SNA zusätzlich Ströme eingeführt, um alle Knotengleichungen (also keine Superknoten = Schnitte) aufzustellen. Zum Schluß werden die Zwangsbedingungen, die z.B. durch Spannungsquellen entstehen, an das Gleichungssystem angehangen. Ganz allgemein kann man folgendes Gleichungssystem aufstellen: ! ! ! j Y B vn = · e C D ib (1) Dabei ist Y die konventionelle Knotenadmittanzmatrix, wie sie auch bei der Knotenanalyse entsteht. Die Matrix B sind die Strombeiträge die sich nicht über die Leitwertformulierung der konventionellen Knotenanalyse darstellen lassen, d.h. Ströme durch Spannungsquellen, gesteuerte Quellen, Kurzschluß- und Steuerzweige und Widerstände in Impedanzdarstellung. Die beiden Matrizen C und D sind die „Zwangsbedingungen“ und Elementerelationen der nichtAdmittanzelemente. a c G1 U0 iU0 p Beispiel 1. b G3 G2 q G4 d Abbildung 2: Netzwerk mit Spannungsquelle Stellt man nun die Knotengleichungen für alle Knoten auf, so ergibt sich p : O q : O Zwangsbedingungen : 0 = G1 (V p − Va ) + G2 (V p − Vb ) + iU0 0 = G3 (Vq − Vc ) + G4 (Vq − Vd ) − iU0 U0 = V p − Vq Schreibt man dieses Gleichungssystem in Matrixschreibweise, so ergibt sich: Va V b −G1 −G2 0 0 G1 G2 1 Vc 0 0 0 −G3 −G4 G3 G4 −1 · Vd = 0 V p 0 0 0 0 1 −1 0 U0 Vq iU0 (2) Sieht man das Netzwerk in ein größeres eingebettet, dann erhält man die folgenden markanten Muster für die Spannungsquelle: akp = 1, akq = −1, welche die Zwangsbedingung für die Spannungsquelle darstellen, wobei Index k den k-ten Stromzweig der Spannnungsquelle (im EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 3 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum Beispiel iU0 ) darstellt. Desweiteren sind die Einträge a pk = 1 und aqk = −1, welche den zusätzlich eingeführten Strom durch die Spannungsquelle repräsentieren. So kann man nach und nach alle Matrixeinträge für die Nicht-Admittanzelemente herleiten. Nicht-Admittanzelemente sind die Spannungsquelle, spannungsgesteuerte Spannungsquelle, stromgesteuerte Spannungsquelle, stromgesteuerte Stromquelle und der Widerstand. Beispiel 2. In einem weiteren Beispiel soll der Matrixeintrag für eine stromgesteuerte Stromquelle abgeleitet werden: im 1 O 2 O 3 O ik I0 r · im 4 O G1 G2 Abbildung 3: Zweig mit einer Spannungsquelle Der Algorithmus zum aufstellen der MNA Matrix lautet wie folgt: • Aufstellen der Knotengleichungen ohne dabei die Zwangsbedingungen einzuarbeiten. Für Nicht-Admittanzelemente wird ein neuer Strom ik , sowie im eingeführt. • An die Knotengleichungen werden nun die Zwangsbedingungen bzw. die Zweigrelationen der Nicht-Admittanzelemente angehängt. • Matrixsystem aufstellen! Nun sollen für das angegebene Netzwerk die Knotengleichungen und die Zwangsbedingungen aufgestellt werden: 1 : O 2 : O 3 : O 4 : O Zwangsbedingung 1 : Zwangsbedingung 2 : 0 = −I0 + G1 + im 0 = G2 (V2 − V3 ) − im 0 = G2 (V3 − V2 ) + ik 0 = G3 · V4 − ik 0 = V1 − V2 0 = V3 − V4 − r · im Aufstellen des Matrixsystems: 1 0 V1 0 0 0 G1 0 G2 −G2 0 −1 0 V2 0 −G G2 0 1 V3 2 · = 0 0 0 G3 0 −1 V4 −1 0 0 0 0 im 1 ik 0 0 1 −1 −r 0 EDA-Methoden I0 0 0 0 0 0 FG Elektronische Schaltungen und Systeme (3) 4 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum Erkennbar sind hier wieder die Matrixeinträge für die stromgesteuerte Spannungsquelle und, wie auch im nächsten Beispiel, die Vierermuster für die Leitwerte. Es ist noch anzumerken, daß bei einem steuernden Stromzweig (wie dies bei einer stromgesteuerten Spannungsquelle oder Stromquelle vorkommt) immer ein Kurzschlußzweig eingebaut wird, für diesen ein Zweigstrom eingeführt, da der Steuerstrom für die Elementebeziehung benötigt wird und dieser in das Gleichungssystem mit aufgenommen wird. Beispiel 3. Als Beispiel für eine weitere MNA Formulierung soll folgendes Netzwerk dienen, welches das Kleinsignalsersatzschaltbild einer Emitterschaltung darstellt: 1 O 3 O ube R1 Vin rbe R2 2 O RC gm · ube RE Abbildung 4: einfache Transistorschaltung zur MNA Formulierung Zu erkennen sind die typischen Vierermuster und die zusätzliche Zeile und Spalte für die Spannungsquelle (siehe Abbildung 1). 1 + 1 + 1 R1 R2 rBE 1 −gm − rBE gm 1 1 − rBE gm + 1 rBE 0 + 1 RE −gm 0 0 1 RC 0 V 1 0 · V2 = 0 V3 1 0 IVin 0 0 0 Vin (4) 2.2 Auflösung linearer Gleichungssysteme, LU-Zerlegung Gegeben sei das Gleichungssystem: Ax = b (5) Eine Möglichkeit, eine Lösung zu bestimmen, wäre durch Multiplikation mit A−1 von links: A−1 Ax = x = A−1 b (6) Diese Methode ist aber sehr rechenaufwendig und ineffizient, da für die Berechnung der Inversen von A insgesamt n Gleichungssysteme zu lösen sind und sie erfordert drei mal mehr Multiplikationen als ein Gauß-Verfahren (siehe [1]). Damit zusätzlich noch der Speicherplatz im Rechner effizient ausgenutzt wird, führt man eine Dreieckszerlegung folgender Form durch: LUx = b (7) Dann läßt sich das Gleichungssystem wie folgt lösen: 1. y = Ux setzen EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 5 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum 2. Lösen von Ly = b durch einfache Vorwärtselimination 3. Lösen von Ux = y durch Rückwärtsseinsetzen Wie lassen sich die Matrizen L und U bestimmen? a) Es existieren n2 Gleichungen für n2 + n Unbekannte, somit sind noch n Freiheitsgrade vorhanden, um bestimmte Koeffizienten zu wählen. Häufig wird die sogenannte „Doolittle“ Zerlegung angewendet, d.h. die Koeffizienten auf der Hauptdiagonale der L-Matrix sind 1. Nebenbei sei noch erwähnt, daß es weitere Möglichkeiten für die Bestimmung der Hauptdiagonalelemente gibt, wie zum Beispiel die Crout Zerlegung bei der die Diagonalelemente der U-Matrix ukk = 1 sind oder die Cholesky Zerlegung bei der die Matrix A in A = LLT mit U = LT zerlegt wird. Der interessierte Leser sei auf die Zusatzliteratur verwiesen [6]. b) Damit sieht die LU-Zerlegung folgendermaßen aus 0 0 0 1 0 l2,1 1 0 l l 1 0 3,1 3,2 .. .. .. . . . ln,1 · · · łn,n−1 0 u1,1 u1,2 u1,3 0 0 u2,2 u2,3 0 · 0 0 u3,3 . .. 0 .. . 1 0 0 0 · · · u1,n a1,1 · · · u2,n a2,1 · · · u3,n = a3,1 .. .. .. . . . · · · un,n an,1 a1,2 a1,3 · · · a2,2 a2,3 · · · a3,2 a3,3 · · · .. .. . . an,2 an,3 · · · a1,n a2,n a3,n .. . an,n (8) c) Daraus lassen sich die Bestimmungsgleichungen für die Koeffizienten ableiten. Ausmultiplizieren der 1.Zeile von L mit U ergibt: u1,1 = a1,1 u1,2 = a1,2 .. . u1,n = a1,n d) Ausmultiplizieren von L mit der ersten Spalte von U l2,1 u1,1 = a2,1 l3,1 u1,1 = a3,1 .. . ln,1 u1,1 = an,1 =⇒ ln,1 = EDA-Methoden an,1 a1,1 FG Elektronische Schaltungen und Systeme 6 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum e) Ausmultiplizieren der 2.Zeile von L mit U: l2,1 u1,2 + u2,2 = a2,2 l2,1 u1,3 + u2,3 = a2,3 .. . l2,1 u1,n + u2,n = a2,n =⇒ u2,n = a2,n − a2,1 · a1,n a1,1 f) Danach wird L mit der 2.Spalte von U multipliziert usw. Dabei ist zu erkennen, daß die Matrixelemente sukzessiv nach und nach berechnet und ausgetauscht werden können, wobei kein neuer Speicherplatz belegt werden muß. Wie zu erkennen ist, wechseln sich die Punkte d) und e) solange ab, bis die gesamte Matrix berechnet ist. Als Gesamtformeln für die LU-Zerlegung ergeben sich: li,k = ai,k − uk, j = ak, j − k−1 P li,p u p,k p=1 uk,k k−1 X mit i = k + 1, ..., n lk,p u p, j mit j = k, ..., n p=1 Es ist zu erkennen, daß für die Bestimmung der li,k und ul,m nur bereits bekannte Matrixeinträge aus den vorherigen Schritten benutzt werden, die Matrix A kann also sukzessiv überschrieben werden. Zum Beispiel benötigt man zur Bestimmung von l2,1 kein a1,3 , was im vorhergehenden Schritt schon mit u1,3 überschrieben wurde. Als Pseudocodausschnitt sieht die LU-Zerlegung folgendermaßen aus (Quelle: Wikipedia): Eingabe: Matrix A For i = 1 To n // Bestimmen von U For j = i To n For k = 1 To i-1 A(i,j) = A(i,j) - A(i,k) * A(k,j) end end // Bestimmen von L For j = i+1 To n For k = 1 To i-1 A(j,i) = A(j,i) - A(j,k) * A(k,i) end A(j,i) = A(j,i) / A(i,i) end end Ausgabe: Die mit den Dreiecksmatrizen L und U überschriebene Matrix A, wobei die Einsen auf der Diagonale von L nicht gespeichert werden. EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 7 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum 2.3 Newton-Raphson-Algorithmmus zur Arbeitspunktberechnung Nichtlineare Gleichungen lassen sich im allgemeinen nicht in geschlossener Form lösen, sondern - abgesehen von einigen Spezialfällen, z.B. ein Polynom zweiten Grades - nur numerisch und zwar iterativ. Das bedeutet, daß man aus einer ersten Näherungslösung eine zweite berechnet, die genauer als die erste ist und diese dann wieder als Basis für die nächste noch genauere Näherungslösung benutzt, wobei dieser Prozeß entsprechend weiter fortgeführt wird, bis die Lösung die gewünschte Genauigkeit erreicht hat. Die wichtigste derartige Methode zur Lösung nichtlinearer Gleichungssysteme ist das Newton-Raphson-Verfahren. Ein System von n nichtlinearen Gleichungen und n Variablen läßt sich in der Form f(x) = 0 (9) darstellen, wenn der Vektor der Variablen mit x und der Vektor der Funktionen mit f bezeichnet wird. Die Herleitung des mehrdimensionalen Newton-Raphson-Verfahrens erfolgt über eine mehrdimensionale Taylorreihe, in dem das Gleichungssystem f an der Stelle x(j) entwickelt wird. Die Gleichung der Taylorreihe bis zum linearen Glied lautet dann: f(x(j+1) ) = f(x(j) ) + J(x) |x=x(j) · (x(j+1) − x(j) ) (10) Dabei bezeichnet J(x) die Jacobi-Matrix von f. Sie ist definiert als die Matrix aller partiellen Ableitungen der Funktionen fi nach allen Variablen x j ∂ f1 ∂x ∂ f21 ∂x J(x) = . 1 .. ∂ fn ∂x1 ∂ f1 ∂x2 ∂ f2 ∂x2 .. . ∂ fn ∂x2 ··· ··· .. . ∂ f1 ∂xn ∂ f2 ∂xn ··· ∂ fn ∂xn .. . (11) Setzt man nun in Gleichung 10 die linke Seite f(x(j+1) ) = 0 und löst man nach x(j+1) auf, so erhält man die Iterationsvorschrift: x(j+1) = x(j) − J(x) |x=x(j) −1 · f(x(j) ) In der Praxis wird nicht die Inverse der Jacobi-Matrix gebildet sondern die Gleichung h i h i J(x(j) ) x(j+1) = J(x(j) ) x(j) − f(x(j) ) (12) (13) zum Beispiel durch Gauß-Elimination gelöst, da diese drei mal schneller als die Inversenberechnung ist. 2.3.1 Newton-Raphson-Ersatzschaltbilder Die direkte Berechnung der Iterationsvorschrift aus Gleichung 12 ist wegen der umfangreichen Matrizenmultiplikation und -inversion sehr ineffizient. Schneidet man in einem Netzwerk mit einem nichtlinearen Element den Zweig des nichtlinearen Elementes heraus, wie in Abbildung 5 EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 8 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum dargestellt, und stellt dann die Sparse-Tableau-Formulierung (siehe [5]) auf, so ergibt sich beim Lösen des Gleichungssystems mit dem Gaußverfahren ein unterbestimmtes Gleichungssystem. 1 0 0 0 .. . 0 ∗ 1 0 0 .. . ∗ ∗ 1 0 .. . ··· ··· ··· ··· .. . ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ 0 0 ··· p i2 . ∗ .. ∗ ∗ ib . . ∗ u2 . . ∗ · .. = .. . ∗ ub ∗ s1 q i1 u1 (14) dabei bleibt die Gleichung: p · i1 + q · u1 = s1 (15) als unterbestimmtes Gleichungssystem übrig. Sie beschreibt exakt das Klemmenverhalten, daß das abgetrennte nichtlineare Element sieht. Für diese Gleichung gibt es unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten. 1.) Bei Umstellen nach u1 = sp1 − qp i1 = U0 + Ri1 kann man ein Ersatzschaltbild für das Restnetzwerk interpretieren als Spannungsquelle mit Serienwiderstand (siehe Abbildung 5). 2.) Bei Umstellen nach i1 = sq1 − qp u1 = I0 + Gu1 kann man ein Ersatzschaltbild für das Restnetzwerk interpretieren als Stromquelle mit Parallelwiderstand (siehe Abbildung 5). 3.) Läßt man die Gleichung 15 als implizite Gleichung stehen (die Normalform einer affinen Geraden: weder nach u1 noch nach i1 umgestellt), so kann man eine Gerade in ein U-IDiagramm einzeichnen, was die Lastgerade des Restnetzwerkes darstellt, wenn man in den aufgeschnittenen Zweig „hineinschaut“ (siehe Abbildung 6) i2 u2 i1 i1 u1 oder wird zu ik uk ik+1 uk+1 R U0 u1 i1 u1 G I0 Abbildung 5: Interpretation zur Ersatzschaltung EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 9 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum i I0 G U0 u Abbildung 6: implizite Darstellung der Ersatznetzwerkes (Gleichung 15) Schließt man nun an den offenen Zweig ein nichtlineares Bauelement an, so muß zur Arbeitspunktbestimmung der Schnittpunkt zwischen der nichtlinearen Kennlinie und der Geraden berechnet werden. Dies kann durch Newton-Iteration gelöst werden, wie in Abbildung 7 dargestellt. Bestimmt man aber in jedem Iterationsschritt eine Gerade an dem Punkt der nichtlinearen Kennlinie, bedeutet das soviel wie eine Widerstandsgerade mit Offset, wobei der Offset durch eine Spannungs- oder Stomquelle dargestellt werden kann. Diese Überlegung führt zum NewtonRaphson-Ersatznetzwerk. i I0 R G2 G1 u Start U0 Abbildung 7: Widerstandsgerade des Restnetzwerkes mit angeschlossenen nichtlinearen Bauelement Diese netzwerktheoretische Interpretation, wie im nächsten Beispiel gezeigt, ermöglicht ein wesentlich einfacheres und schnelleres Vorgehen bei der Lösung der nichtlinearen Netzwerkgleichungen als durch das direkte Newton-Raphson-Verfahren. Beispiel 4. Als Beispiel soll hier folgendes Netzwerk betrachtet werden: EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 10 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum R U0 G(u) Abbildung 8: Beispielnetzwerk mit nichtlinearen Leitwert der nichtlineare Leitwert hat die U-I-Charakteristik i = fG (u) = u3 + 10u. (16) Enwickelt man die nichtlineare Gleichung i = fG (u) in eine Taylorreihe und bricht diese nach dem linearen Glied ab, so ergibt sich: di(u( j) ) · (u( j+1) − u( j) ) du = i( j) + G( j) · (u( j+1) − u( j) ) ( j+1) i( j+1) = fG (u) = i(u( j) ) + = (i( j) − G( j) u( j) ) + G( j) u( j+1) = ( j) I0 (17) (18) (19) ( j) ( j+1) +G u (20) Als Ersatzschltbild ergibt sich eine Parallelschaltung von einem Leitwert G( j) mit einer Strom( j) quelle I0 : i( j+1) u( j+1) G( j) ( j) I0 Abbildung 9: Newton Ersatzschaltbild eines nichtlinearen Leitwertes ( j) Für das Beispiel sind G( j) = 3u2( j) + 10 und I0 = u3( j) + 10u( j) − G( j) u( j) Nun ist das NewtonErsatznetzwerk in die Schaltung einzusetzen und iterativ zu berechnen, bis die Lösung gegen einen Punkt konvergiert. EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 11 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum R ( j) G( j) U0 I0 Abbildung 10: Beispielnetzwerk mit Newton-Ersatzschaltbild Verallgemeinert man diese Betrachtungen auf eine beliebige Anzahl von nichtlinearen Bauelementen in einem Netzwerk, so stellt man fest, daß die Vorgehensweise genau dieselbe ist wie mit einem nichtlinearen Bauelement. Durch die Linearisierung der nichtlinearen Bauelemente in jedem Iterationsschritt, ergibt sich immer für das Restnetzwerk auch ein lineares Verhalten, welches sich allerdings immer in jedem Iterationsschritt etwas verändert (die Restnetzwerkgerade bekommt eine etwas größere oder kleinere Steigung). 2.4 Numerische Integrationsverfahren Zur Lösung dynamischer Netzwerkprobleme, wie bei einer Transientanalyse eines Netzwerkes mit Kapazitäten und Induktivitäten, entstehen im allgemeinen Fall Differentialgleichungssysteme. Als geeignete Verfahren zur Lösung dieser Gleichungen haben sich Einschritt- und Mehrschritt-Integrationsverfahren erwiesen. Mehrschrittverfahren sind Integrationsverfahren, bei denen die Lösung von vorhergehenden Zeitpunkten benutzt werden. Bei einer numerischen Integration wird die Lösung x(t) im interessierenden Zeitintervall [0, T ] nur zu diskreten Zeitpunkten tn betrachtet, wobei gilt: tn+1 = tn + h mit n = 0, 1, 2... (21) Die Größe h wird dabei als Schrittweite bezeichnet. Allgemein gilt für numerische Integrationsverfahren die Gleichung xn+1 = p X i=0 ai xn−i + h p X bi ẋn−i (22) i=−1 wobei xn die diskretisierte Funktion von x(t) ist, welche integriert werden soll. ai und bi sind frei wählbare Koeffizienten. Setzt man p = 0 so erhält man ein Einschrittverfahren. Desweiteren unterscheidet man zwischen expliziten Verfahren, bei denen b−1 = 0 ist und implizite Verfahren, bei denen b−1 , 0 und damit nicht explizit nach xn+1 umstellbar ist. Das einfachste explizite Integrationsverfahren (Einschrittverfahren p = 0) ist die explizite Eulerintegration (Forward Euler) mit a0 = 1, b−1 = 0 und b0 = 1. Eingesetzt in Gleichung 22 ergibt sich xn+1 = xn + h ẋn (23) Der Vorteil des expliziten Euler-Algorithmus ist seine Einfachheit. Leider hat der Algorithmus schlechte Stabilitätseigenschaften, so daß er in der Praxis höchstens mit impliziten Verfahren EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 12 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum gemischt eingesetzt werden kann (siehe [4] und [5]). Einfache implizite Einschrittverfahren sind die Implizite Euler-Integration (Backward-Euler) mit a0 = 1, b−1 = 1 und b0 = 0: xn+1 = xn + h ẋn+1 (24) oder die Trapezregel (Trapezoidal Algorithm) mit a0 = 1, b−1 = 1/2 und b0 = 1/2: h xn+1 = xn + ( ẋn+1 + ẋn ) 2 (25) Diese beiden Verfahren werden in Simulatoren häufig eingesetzt, da sie gute Stabilitätseigenschaften besitzen [5]. Beispiel 5. Gegeben ist ein RC-Tiefpaß R u0 uc C Abbildung 11: RC-Tiefpaß mit der Differentialgleichung: u̇c + 1 1 uc = u0 RC RC 1 (u0 − uc ) u̇c = RC Bei Anwendung des impliziten Euler-Verfahren ergibt sich folgender Ausdruck (n+1) u(n+1) = u(n) c c + h · u̇c h (n+1) = u(n) (u − u(n+1) ) c + c RC 0 Auflösen nach uc(n+1) ergibt u(n+1) = c u(n) c + h RC 1+ · u(n+1) 0 h RC Da die Eingangsspannung u0 bekannt ist, kann die Ausgangsspannung uc nun in jeden Schritt bei vorgegebener Schrittweite bestimmt werden. 2.4.1 Das Companion Modell Die Anwendung der Integrationsverfahren vereinfacht sich, wenn zur Lösung der Differentialgleichungen die dynamischen Element (Kapazitäten und Induktivitäten) wieder ein Ersatzschaltbild benutzt wird. Die Idee ist die gleiche wie beim Newton-Raphson-Verfahren, somit läßt sich das Ersatzschaltbild für die dynamischen Elemente sehr leicht herleiten. EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 13 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum Beispiel 6. Als Beispiel soll das Ersatzschaltbild für eine lineare Kapazität mit der impliziten Euler-Integration hergeleitet werden. Der Zusammenhang zwischen Strom und Spannung an einer Kapazität ist 1 ic = C u̇c bzw. u̇c = ic C Setzt man nun die Gleichung für das impliziten Euler-Verfahren an, so ergibt sich (n+1) = u(n) u(n+1) c + h · u̇c c 1 (n+1) = u(n) i c +h· C c liefert Umstellen nach i(n+1) c i(n+1) = c C (n+1) C (n) u − uc h c h (26) Die Gleichung 26 läßt sich wieder in ein Netzwerk interpretieren, zu einer Parallelschaltung von Leitwert G und Stromquelle I0(n) G= C h und I0(n) = C (n) u h c i(n+1) I0(n) = u(n+1) G= C (n) h uc C h Abbildung 12: Companion Modell einer linearen Kapazität für die implizite Euler-Integration Setzt man für die Kapazität in Abbildung 11 ein so ergibt sich folgendes Netzwerk: R v(n+1) 1 u0 G(n) 0 = v(n+1) 2 C h I0(n) = C h · v(n) 2 Abbildung 13: RC-Tiefpaß mit Companion-Modell Wird für das Netzwerk das MNA-Gleichungssystem aufgestellt, so führt dies zu einem iterativen Gleichungssystem, welches so lange iterativ gelöst werden muß, bis die Simlationszeit t s = n · h EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 14 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Informationselektronisches Praktikum erreicht ist. G1 0 −G1 1 v(n+1) 1 −G G + G(n) 0 · v(n+1) = I (n) 1 1 2 0 0 1 0 0 u0 i(n+1) u0 (27) C (n) C wobei G(n) 0 = h und I0 = h v2 ist. Nach der Integration mit den Werten R = 10 Ω und C = 1 mF, die Spannung u0 = 1 V mit der Anfangsbedingung v(0) 2 = 0 V und der Simulationszeit t s = 0.1 s bei einer Schrittweite von h = 0.001 ergibt sich die Spannung über der Kapazität zu: Spannung in V 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 20 40 60 80 100 Schritt n Abbildung 14: RC-Tiefpaß Spannungsverlauf 2.4.2 Transientanalyse Die Transientanalyse ist gegenüber AC- und DC Analyse wesentlich aufwendiger. Der Lösungsprozeß welcher in SPICE zur Lösung im Zeitbereich implementiert ist, ist in Abbildung 15 dargestellt. Grundsätzlich berechnet das Programm zuerst einen stabilen Arbeitspunkt. Die Berechnung beginnt mit Start- oder Initialwerten für den Arbeitspunkt, danach erfolgt ein Iterationsprozeß zur Lösung der nichtlinearen DC-Gleichungen. Dieser iterative Prozeß ist die innere Schleife in Abbildung 15. Er wird für jeden Zeitpunkt wiedeholt, bei dem die Netzwerkgleichungen für die Transientanalyse gelöst werden. Die Zeitbereichslösung repräsentiert die äußere Schleife von Abbildung 15. Hier werden die Methoden zur numerischen Integration angewendet, welche die nichtlinearen Differentialgleichungen in nichtlineare algebraische Gleichungen überführen. EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 15 3 PRAKTIKUMSVORBEREITUNG Informationselektronisches Praktikum Initialwerte oder Arbeitspunkt Linearisierung der Elemente im Arbeitspunkt Zeitdiskretisierung der Diffenrentialgleichung Laden der linearisierten Elemente in die Systemmatrix Neuer Arbeitspunkt Lösen der linearen Gleichungen nein Konvergenz? nein ja Inkrementiere Zeit ja Ende des Zeitintervalls? Ende Abbildung 15: Flußdiagramm zur Transientanalyse 3 Praktikumsvorbereitung Die Praktikumsvorbereitungsaufgabe dient zur Einarbeitung in die Thematik und soll vollständig zu Praktikumsbeginn vorliegen! Zur Lösung aller Aufgaben kann/soll vorzugsweise Mathematicar oder MATLABr benutzt werden. 1.) Zeigen Sie, daß das Newton-Raphson-Verfahren, bei Anwendung auf ein System von linear unabhängigen Gleichungen, Ax − b = 0 (28) unabhängig von der Startbedingung, exakt in einem Schritt konvergiert. 2.) Leiten Sie das „Companion-Modell“ für eine lineare Kapazität bei Integration mit der Trapezregel her. 3.) Gegeben ist folgende Schaltung: 1 O R U0 2 O 1N4148 Abbildung 16: einfache Diodenschaltung EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 16 4 PRAKTIKUMSDURCHFÜHRUNG Informationselektronisches Praktikum Stellen Sie die MNA-Matrix auf und lösen Sie das Gleichungssystem mit dem NewtonRaphson-Verfahren (Beachte: Verwenden Sie die Leitwertformulierung beim Aufstellen der Matrix, um die Zeilen und Spaltenzahl gering zu halten). Benutzen Sie dabei das Newton-Ersatzschaltbild für eine Diode. Dabei ist folgende Diodengleichung vorgegeben: UD ID = IS · e n·UT mit UT = 26 mV IS = 2.52 nA n = 1.752 Weiterhin sind folgende Werte für die Schaltung gegeben: R = 500 Ω U0 = 1 V 4.) Simulieren Sie die einfache Diodenschaltung aus Abbildung 16 mit LTSpice und überprüfen Sie Ihre Ergebnisse. 4 Praktikumsdurchführung 1.) Zeichnen Sie den folgenden Diodengleichrichter in LTSpice und führen Sie eine Arbeitspunktanalyse und eine Tansientsimulation durch. Simulieren Sie die ersten 40 ms. 1 O 3 O U0 2 O C R Uaus Abbildung 17: Brückengleichrichter Folgende Daten für den Brückengleichrichter sind gegeben: U0tran = 5 V · sin (2π · 50 · t) U0DC = 5 V Spannung für Transientsimulation Spannung zur Arbeitspunkteinstellung R = 100 Ω C = 220 µF Verwenden Sie als Dioden wieder die Modelle 1N4148. EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 17 Literatur Informationselektronisches Praktikum 2.) Stellen Sie die MNA-Matrix für den Brückengleichrichter auf. Benutzen Sie für die Dioden das Newton-Ersatzschaltbild, sowie die Gleichung und Werte aus der Praktikumsvorbereitung. Bestimmen Sie iterativ den Arbeitspunkt des Gleichrichters mit Mathematica oder MATLAB. 3.) Verändern Sie die MNA-Matrix und Ihr Programm so, daß Sie das Transientverhalten der Schaltung für die Ausgangsspannung uaus für 40 ms bestimmen können bei gegebener sinusförmiger Anregung. Benutzen Sie dabei Abbildung 15. 4.) Zeichnen Sie die Ausgangsspannung des Transientverlaufes in Mathematica bzw. MATLAB und vergleichen Sie dies mit der LTSpice-Simulation. Literatur [1] Chua, Lin: Computer Aided Analysis of Electronic Circuits. Prentice Hall, 1975 [2] Ogrodzki: Circuit Simulation Methods and Algorithms. CRC Press, 1994 [3] Vlach: Computer Methods for Circuit Analysis and Design. Kluwer, 1983 [4] Horneber: Simulation elektrischer Schaltungen auf dem Rechner. Springer Verlag, 1994 [5] R.Sommer: Vorlesung: Rechnergestützte Entwurfsmethodik (EDA) für Analog/Mixed-Signal-Schaltungen [6] Schwarz: Numerische Mathematik. Teubner Verlag, 1997 EDA-Methoden FG Elektronische Schaltungen und Systeme 18