Fachbereich Mathematik AG 5 Funktionalanalysis Dr. H. Glöckner SS 2003 A TECHNISCHE UNIVERSIT ÄT DARMSTADT 7. Übung Riemannsche Flächen (Hausübung) 18. Juli 2003 Es geht los mit weiteren Aufgaben zu Kapitel 5. Wer mit Gruppenwirkungen nicht vertraut ist, konsultiere zunächst das Zusatzblatt “Grundwissen Algebra” ! Aufgabe 57 (Galoissch überlagerte Räume als Bahnenräume). Es sei p : Y → X eine Überlagerung zusammenhängender, nicht-leerer Hausdorffscher topologischer Räume. Zeige, dass G := Deck(Y /X) auf Y durch φy := φ(y) wirkt. Zeige, dass die Abbildung θ : G\Y → X, θ(Gy) := p(y) wohldefiniert ist, surjektiv ist, und θ ◦ q = p erfüllt, wobei q : Y → G\Y die kanonische Abbildung ist, q(y) := Gy. Zeige, dass bzgl. der Quotiententopologie auf G\Y die Abbildung θ stetig ist und offen (vgl. 1. Übungsblatt, Aufgabe 5). Zeige: Die Überlagerung ist Galoissch genau dann, wenn θ eine Bijektion ist (und somit ein Homöomorphismus). Eine Gruppe G wirke auf einem topologischen Raum X durch Homömorphismen, d.h. die Abbildung X → X, x 7→ gx sei ein Homöomorphismus, für jedes g ∈ G. Die Wirkung wird frei diskontinuierlich genannt, wenn es zu jedem x ∈ X eine offene Umgebung U ⊆ X (genannt “schöne Umgebung”) gibt derart, dass gU ∩ U = ∅ für alle 1 6= g ∈ G (wobei gU := {gx : x ∈ U }). Für x, y ∈ U gilt nun x ∼ y genau dann, wenn x = y. Weiter ist dann gU ∩ hU = ∅ für alle g 6= h ∈ G. Aufgabe 58 (Decktransformationsgruppen wirken frei diskontinuierlich). Es sei p : Y → X eine Überlagerung nicht-leerer, zusammenhängender Hausdorffscher topologischer Räume. Zeige, dass Deck(Y /X) auf Y frei diskontinuierlich wirkt. Aufgabe 59 (Umkehrung). Eine Gruppe G wirke durch Homöomorphismen frei diskontinuierlich auf einem topologischen Raum X. Wir versehen G\X mit der Quotiententopologie bzgl. der kanonischen Abbildung q : X 7→ G\X. Was ist q −1 (q(U )) für eine schöne Umgebung U in X ? Schließe, dass q eine offene Abbildung ist. Schließe, dass q eine Überlagerung ist. Spezialfall: Es sei nun X eine Riemannsche Fläche und G ⊆ Aut(X) eine Untergruppe, die vermöge der natürlichen Wirkung Aut(X) × X → X, φx := φ(x) auf X frei diskontinuierlich wirke. Zeige: Ist G\X Hausdorffsch, so gibt es darauf genau eine komplexe Struktur, die q holomorph macht. Dann ist q eine unverzweigte holomorphe Überlagerung. Aufgabe 60 (Kleine Korrektur zum Beweis von Satz 5.3). In der Vorlesung wurde Forsters Satz 5.3 über die Existenz universeller Überlagerungen allgemeiner für wegzusammenhängende, semilokal einfach zusammenhängende Hausdorffsche topologische Räume X bewiesen. Dabei wurde in Teil (d) des Beweises auf Satz 4.19 zurückgegriffen, den wir in der Vorlesung jedoch nur für lokal wegzusammenhängende Hausdorffräume bewiesen hatten, in welchen jeder Punkt eine einfach zusammenhängende offene Umgebung hat, was in der jetzigen Situation leider nicht der Fall zu sein e → X in der braucht. Um dieses Problem zu umgehen, zeigen wir stattdessen ganz direkt, dass p : X Situation des Beweises von Satz 5.3 (wie in der Vorlesung formuliert) eine Überlagerung ist. Zeige: Ist x ∈ X und U eine offene, wegzusammenhängende, relativ einfach zusammenhängende Umgebung von x in X, so ist [ p−1 (U ) = [U, α] , [α] wobei [α] alle Homotopieklassen von Wegen von x0 nach x durchläuft, und die Vereinigung disjunkt ist. Da nach Schritt (b) die Abbildungen p|U[U,α] Homöomorphismen sind, ist also U eine trivial überlagerte Umgebung von x. Aufgaben zu Kapitel 7 (Analytische Fortsetzung): Aufgabe 61 (Analytische Fortsetzung holomorpher Funktionskeime). Es sei X eine Riemannsche Fläche, a ∈ X und φ ∈ Oa ein Keim einer holomorphen Funktion an der Stelle a. (a) Es sei g : G → C eine auf einem Gebiet G ⊆ X mit a ∈ G definierte holomorphe Funktion mit Keim ρa (g) = φ, und q : G → X die Inklusionsabbildung, q(z) := z. Mache Dir klar, dass (G, q, g, a) eine analytische Fortsetzung des Keims φ ist (s. Definition 7.6). (b) In der Situation von (a) sei weiter (Y, p, f, b) eine maximale analytische Fortsetzung von φ. Zeige, dass die durch die universelle Eigenschaft induzierte Abbildung F : G → Y injektiv ist. All diese G’s können wir also in Y wiederfinden. (c) Zeige: Ist (Y, p, f, b) eine analytische Fortsetzung von φ und F : Z → Y eine beliebige unverzweigte, nicht-konstante holomorphe Abbildung und c ∈ F −1 ({b}), so ist auch (Z, p ◦ F, f ◦ F, c) eine analytische Fortsetzung von φ. Ist hier (Y, p, f, b) maximal, so wissen wir, dass jede analytische Fortsetzung von φ auf die eben beschriebene Art durch Zurückziehen von f entsteht. Aufgabe 62 (Wie man analytische Fortsetzungen u.U. als maximal erkennt). Es seien X und Z nicht-leere Riemannsche Flächen, q : Z → X eine holomorphe Abbildung, welche zudem eine topologische Überlagerung ist, und g : Z → C eine holomorphe Funktion. Es sei c ∈ Z, a := q(c) ∈ X und φ := q∗ (ρc (g)) ∈ Oa . Es sei weiter (Y, p, f, b) die im Beweis von Satz 7.8 beschriebene maximale analytische Fortsetzung von φ. (a) Mache Dir klar, dass (Z, q, g, c) eine analytische Fortsetzung von φ ist. Die universelle Eigenschaft der maximalen Fortsetzung induziert also eine holomorphe Abbildung F : Z → Y ; wie in der Vorlesung im Beweis von Satz 7.8 gezeigt wurde, ist diese gegeben durch F (z) := q∗ (ρz (g)) für alle z ∈ Z. (b) Zeige, dass F surjektiv ist. (Gegeben ψ ∈ Y verbinde φ = b mit ψ durch einen Weg w in Y ; lifte nun u := p ◦ w zu einem Weg u e in Z und vergleiche F ◦ u e mit w). (c) Zeige, dass F injektiv (und somit biholomorph) genau dann ist, wenn F auf der Faser q −1 ({a}) injektiv ist, wenn also gilt: c1 6= c2 ∈ q −1 ({a}) =⇒ p∗ (ρc1 (g)) 6= p∗ (ρc2 (g)) . Genau dann ist also (Z, q, g, c) eine maximale analytische Fortsetzung von φ. Aufgabe 63 (Maximale Fortsetzungen von Quadratwurzel und Logarithmus). Zeige mithilfe von Aufgabe 62: (a) Das Quadrupel (C× , p, f, 1) mit p : C× → C× , p(z) := z 2 und f : C× → C, f (z) := z ist eine maximale analytische Fortsetzung des holomorphen Funktions√ iα keims ρ1 (reiα 7→ r e 2 ) ∈ O1 (mit r > 0, α ∈ ]−π, π[). (b) Das Quadrupel (C, p, f, 1) mit p : C → C× , p(z) := exp(z) und f : C → C, f (z) := z ist eine maximale analytische Fortsetzung des holomorphen Funktionskeims ρ1 (reiα 7→ ln(r) + iα) ∈ O1 (mit r > 0, α ∈ ]−π, π[). Aufgabe 64∗ (Leichte Verschärfung). Auf eine 0-Umgebung lässt sich weder ein holomorpher Logarithmus noch eine holomorphe Quadratwurzel definieren (siehe Übung 8 und 9 zu Herr Rochs Analysis IV, SS 2003; verfügbar im Internet). Benutze dies, um aus vorige Aufgabe zu folgern: (a) Das Quadrupel (C× , p, f, 1) mit p : C× → C (C statt C× nun !), p(z) := z 2 und f : C× → C, f (z) := z ist eine maximale analytische Fortsetzung des holomorphen √ iα Funktionskeims ρ1 (reiα 7→ r e 2 ) ∈ O1 (mit r > 0, α ∈ ]−π, π[). (b) Das Quadrupel (C, p, f, 1) mit p : C → C, p(z) := exp(z) und f : C → C, f (z) := z ist eine maximale analytische Fortsetzung des holomorphen Funktionskeims ρ1 (reiα 7→ ln(r) + iα) ∈ O1 (mit r > 0, α ∈ ]−π, π[). Aufgabe 65 (Weiteres Beispiel einer maximalen analytischen Fortsetzung). P∞ Wir betrachten die holomorphe Funktion g : B1 (0) → C, g(z) := n=0 z n! . Es ist bekannt (siehe Herr Rochs Skript zur Analysis IV, SS2003, S. 30, Beispiel 2; verfügbar im Internet), dass sich g auf kein Gebiet in C, welches eine echte Obermenge von B1 (0) ist, holomorph fortsetzen läßt. Zeige, dass (B1 (0), q, g, 0) eine maximale analytische Fortsetzung des Keims φ := ρ0 (g) ist, wobei q : B1 (0) → C die Inklusionsabbildung ist. (Hinweis: Es sei (Y, p, f, b) eine maximale analytische Fortsetzung. Zeige zunächst, dass im p ⊆ B1 (0). Mache Dir dann klar, dass man daher C durch B1 (0) ersetzen darf; wende nun Aufgabe 62 auf (B1 (0), q|B1 (0) , g, 0) an). Aufgaben zu Kapitel 8 (Algebraische Funktionen): Aufgabe 66 (Algebraische Funktionen). (a) Zeige, dass (C, p, f ) mit p : C → C, p(z) = z 2 und f := idC : C → C die durch die Gleichung w2 − z = 0 definierte algebraische Funktion (s. Definition S. 54) ist. (b) Durch geeignetes Abändern von p oder f finde die durch die Gleichung w2 − z 3 = 0 definierte algebraische Funktion. Aufgabe 67 (Körper meromorpher Funktionen auf kompakten Flächen). Es sei X eine nicht-leere kompakte Riemannsche Fläche. Dann gibt es, wie in (14.13) später gezeigt wird, stets eine nicht-konstante meromorphe Funktion f : X → P1 . Zeige mit dieser Information, dass M(X) ein endlicher Erweiterungskörper des rationalen Funktionenkörpers C(t) (bzw. genauer: eines dazu isomorphen Unterkörpers von M(X)) ist. (Hinweise: Benutze Satz 8.3 und M(P1 ) ∼ = C(t)). Wer bereits eine Vorlesung zur Algebra gehört hat, versuche noch: Aufgabe 68∗ (Umkehrung). Zeige, dass es umgekehrt zu jedem endlichen Erweiterungskörper L von C(t) eine kompakte Riemannsche Fläche X mit M(X) ∼ = L gibt. (Hinweis: Schreibe L = C(t)(a1 )(a2 ) · · · (ak ) mit geeignetem k und aj 6∈ C(t)(a1 ) · · · (aj−1 ) für j = 1, . . . , k und wende nun k mal Satz 8.9 an). Hier noch einige Aufgaben zur weiteren Gewöhnung an eigentliche Abbildungen (Kapitel 4). Aufgabe 69 (Beispiele eigentlicher Abbildungen). Zeige, dass jede Überlagerung mit endlicher Blätterzahl p : Y → X eines zusammenhängenden lokalkompakten topologischen Raumes X eine eigentliche Abbildung ist. Zeige, dass die Schlussfolgerung richtig bleibt, wenn p ein lokaler Homöomorphismus zwischen lokalkompakten topologischen Räumen ist und jede Faser von p die gleiche, endliche Mächtigkeit hat. Aufgabe 70∗∗∗ (Charakterisierungen eigentlicher holomorpher Abbildungen). Es seien X und Y Riemannsche Flächen und f : X → Y eine holomorphe, nicht-konstante Abbildung. Zeige, dass die folgenden Bedingungen äquivalent sind: (a) f ist eigentlich; (b) f ist eine abgeschlossene Abbildung (d.h. abgeschlossene Mengen haben abgeschlossenes Bild); (c) f ist eine abgeschlossene Abbildung und jede Faser von f ist endlich; (d) f nimmt jeden Wert c ∈ Y gleich oft an, d.h. es existiert ein N ∈ N derart, dass X N = m(f, c) := ν(f, x) für alle c ∈ Y , x∈p−1 {c} mit Notation wie in Satz 4.24. Hinweis: Alles lässt sich direkt beweisen, ohne Satz 4.24 zu benutzen. Weitere Hinweise: (a)⇒(b) ist klar. Für (b)⇒(c) nimm an, eine Faser f −1 ({y}) sei unendlich und führe einen Widerspruch herbei durch Konstruktion einer abgeschlossenen (vgl. Aufgabe 39 (b)) Menge in X (bestehend aus Elementen nahe Elementen in f −1 ({y})) deren Bild y nicht enthält, jedoch y als Randpunkt hat. Für (c)⇒(d) zeige, dass m(f, •) : Y → N0 lokal konstant (also stetig) ist, wegen des Zusammenhangs von Y also konstant. Nützlich sind weiter Forster, Remark 2.2 (lokale Gestalt holomorpher Abbildungen) sowie Lemma 4.21. Aufgabe 71 (Einige nicht hinreichende Bedingungen). exp(X) Finde jeweils ein geeignetes Gebiet X ⊆ C derart, dass f := exp |X Bekräftigung der Aussage liefert: ein Beispiel zur (a) Ist f : X → Y eine surjektive holomorphe Abbildung zwischen Riemannschen Flächen, mit endlichen Fasern, so braucht f nicht eigentlich zu sein. (b) Ist f : X → Y eine surjektive holomorphe Abbildung zwischen Riemannschen Flächen, mit endlichen Fasern und ist m(f, •) : Y → N0 eine beschränkte Funktion, so braucht f nicht eigentlich zu sein.