Informationsportal Wirbelsäulenerkrankungen Professor Dr. Jürgen Harms Inhaltsverzeichnis · PDF-Downloadarchiv Professor Harms Curriculum Vitae Anatomie Wirbelkörper Wirbelgelenke (Facettengelenke) Bandscheiben Bandapparat Spinales Segment, Spinalnerven und Rückenmark Blutversorgung Wirbelsäule und Rückenmark Rückenmuskulatur Aufbau der Wirbelsäule Biomechanik der Wirbelsäule Diagnostik Anamnese Klinische Untersuchung Neurologisch-klinische Untersuchung Neurophysiologische Untersuchung Röntgen und Bildgebende Verfahren Laboruntersuchung Konservative Therapie Krankengymnastik, Physikalische Therapie Orthopädietechnik, Korsetttherapie Schmerztherapie Psychologische Betreuung Der Rückenschmerz Ursachen, Risikofaktoren Schmerzentstehung Akuter/Chronischer Schmerz Mit/Ohne Beteiligung der Nervenwurzel A A 01 B B B B B B B B B B 01 02 03 04 05 06 07 08 09 C C C C C C C 01 02 03 04 05 06 D D D D D 01 02 03 04 E E E E E 01 02 03 04 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Inhaltsverzeichnis · PDF-Downloadarchiv Degenerative Erkrankungen Osteochondrose/Spondylose Spondylarthrose Bandscheibenleiden Zervikales Bandscheibenleiden Lumbales Bandscheibenleiden Spinalkanalstenose Zervikale Spinalkanalstenose Lumbale Spinalkanalstenose Degenerative Lumbalskoliose Entzündliche Erkrankungen Infektiöse Spondylodiszitis Rheumatoide Arthritis Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew) Verletzungen der Wirbelsäule Definition Diagnostik Symptome Beurteilung der Stabilität Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) Atlasfraktur (C1) Atlanto-occipitale Dislokation (C0/C1) Axisfraktur (C2) Atlanto-axiale Instabilität (C1/C2) Traumatische Spondylolyse, „hangman´s fracture“ Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs Fehlstellung durch alte Frakturen (posttraumatische Deformität) F F F F F F F F F F 01 02 03 04 05 06 07 08 09 G G 01 G 02 G 03 H H H H H H H H H H H H H H 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Inhaltsverzeichnis · PDF-Downloadarchiv Deformitäten Definition, Epidemiologie, Symptome Klassifikation (King, Lenke) Diagnostik Therapie Geschichte der Skoliosetherapie Idiopatische Skoliose Kongenitale Skoliose mit: · Formationsstörung · Segmentationsstörung Neuromuskuläre Skoliose mit: · Meningomyelocele · Infantile Cerebralparese · Spinale Muskelatrophie I I I I I I I I 07 1 I 07 2 I 08 1 I 08 2 I 08 3 Spondylolisthese J Tumoren K gutartige Tumoren bösartige Tumoren Knochenmetastasen Publikationen 01 02 03 04 05 06 K 01 K 02 K 03 L Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. A 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Curriculum Vitae · Professor Harms persönlich Prof. Dr. med. Jürgen Harms Leitender Arzt Orthopädie-Traumatologie I Wirbelsäulenchirurgie SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach 76307 Karlsbad 1944 geboren in Darmstadt 1963 - 1968 Medizinstudium Universität Frankfurt, Universität Saarbrücken Med. Spezialisierung: Orthopädie 1974 Facharzt für Orthopädie 1978 Professor für Orthopädie Universität des Saarlandes Homburg/Saar Wissenschaftliche Untersuchungen über neue Chirurgietechniken und neue Materialien und Instrumente für Wirbelsäulen- und Hüftchirurgie seit 1980 Leitender Arzt Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie Klinikum Karlsbad-Langensteinbach, Karlsbad (Akad. Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg) Schwerpunkte der Wirbelsäulenchirurgie (alphabetische Reihenfolge): · Bandscheibenprothesen · Deformitäten · Degenerative Erkrankungen · Dorsale dynamische Stabilisierung · Erhaltung der Beweglichkeit · Frakturen · Halswirbelsäulenchirurgie · Skoliose · Transorale Chirurgie im kranio-zervikalen Übergang · Tumoren Mitgliedschaften und Zusammenarbeit: · Wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Wirbelsäulenspezialisten in Europa, Amerika, Asien, Afrika und Australien · Vorsitzender und Referent weltweit bei internationalen Kongressen · Gastprofessor und Gastchirurg in USA, Fernost einschl. Pazifischer Raum, Afrika, Europa · Berater im Rahmen diverser Forschungsprojekte · Publikationen über neue Wirbelsäulen-Operationstechniken · Editor Fachzeitschriften für Orthopädie · Ehrenmitglied SRS - Scoliosis Research Society Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Wirbelkörper (vertebrum) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie Die Wirbel haben in den unterschiedlichen Wirbelsäulensegmenten einen unterschiedlichen Aufbau, der sich an ihren statischen und funktionellen Erfordernissen ausrichtet. Wirbelkörper, Wirbelbogen, Wirbelloch und die Stellung der Wirbelgelenkflächen sehen in den drei Wirbelsäulenabschnitten zwar verschieden aus, man findet jedoch wesentliche Strukturen, die sich an allen Wirbeln zeigen. Die Grund- und Deckplatten der Halswirbelkörper sind klein und von rechteckiger Form, das Wirbelloch hat einen großen, dreieckigen Querschnitt, die Dornfortsätze liegen horizontal. • Halswirbel Die Grund- und Deckplatten der Brustwirbelkörper sind dreieckig, rechteckiger aufgebaut, das Wirbelloch hat einen runden Querschnitt, die Dornfortsätze sind steil abwärts gerichtet. • Brustwirbel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 01 Die Grund- und Deckplatten der Lendenwirbelkörper sind groß und bohnenförmig, das Wirbelloch hat einen kleinen, dreieckigen Querschnitt, die Dornfortsätze liegen horizontal und sind kräftig ausgebildet. • Lendenwirbel Die Anforderungen an unterschiedliche Beweglichkeit oder Tragfähigkeit bringen zwar verschiedene Wirbelformen hervor, es zeigen sich jedoch an Hals-, Brust- und Lendenwirbeln Baustrukturen, die alle Wirbelkörper aufweisen. Der Wirbel besteht aus einer äußeren, harten Knochenschicht, der so genannten Kompakta und der innen liegenden schwammartigen Knochensubstanz, der Spongiosa. Der rückenwärts (dorsal) gelegene Bogen (3), die beiden Querfortsätze (2) und der Dornfortsatz (1) bilden zusammen mit den Bogenwurzeln (4) und den Wirbelgelenkfortsätzen (5) das so genannte posteriore (hintere) Element, das mit allen Anteilen wichtige Ansatzpunkte für die Rückenmuskulatur bietet und ein wesentliches Element der Beweglichkeit darstellt. Der Wirbelkörper (7) liegt vorne, ventral (in Richtung Bauch- oder Brusthöhle) und erfüllt mit den dazwischen liegenden Bandscheiben die Hauptaufgabe der tragenden Säule. Zwischen dem Wirbelkörper und dem hinteren Bogen liegt das Wirbelloch (6). Die Gesamtheit aller Wirbellöcher bilden den Wirbelkanal (canalis vertebralis), durch den das Rückenmark mit den austretenden Nerven geschützt verläuft. Die Zwischenwirbellöcher (9) auf beiden Seiten des Wirbels werden von der incisura vertebralis inferior (10) und superior (11) gebildet, durch diese Öffnungen zieht jeweils ein Spinalnerv, der vom Rückenmark abgeht, sowie mehrere Blutgefäße. Die Brustwirbelkörper weisen die foveae costales (8) auf, an denen die Rippen ansetzen. • Brustwirbel seitlich · oberer Wirbelgelenkfortsatz (5) · Querfortsatz mit fovea costalis transversalis (2) · oberer Rippenansatz (8) · Wirbelbogen (3) · Wirbelkörper (7) · unterer Wirbelgelenkfortsatz (5) · Incisura vertebralis inferior (10) · Dornfortsatz (1) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Wirbelkörper (vertebrum) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Wirbelkörper (vertebrum) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Brustwirbel von oben · Dornfortsatz (1) · Querfortsatz (2) · Wirbelbogen (3) · Rippenansatz (8) · Bogenwurzel (Pedikel) (4) · Wirbelloch (6) · Wirbelgelenkfläche (5) · Wirbelkörper (7) • Wirbelsegment, seitlich Zwischenwirbelloch (9) mit: · Incisura vertebralis inferior (10) · Incisura vertebralis superior (11) Lateinische Bezeichnungen der anatomischen Strukturen des Wirbels: Dornfortsatz, processus spinosus (1) Querfortsätze, processus transversus (2) Wirbelbogen, arcus vertebrae (3) Bogenwurzel, pediculus arcus vertebrae (4) Gelenkflächen, processus articulares (5) Wirbelloch, foramen vertebrale (6) Wirbelkörper, corpus vertebrae (7) Rippenansätze, fovea costales (8) Zwischenwirbelloch, foramen intervertebralis (9) incisura vertebralis inferior (10) incisura vertebralis superior (11) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 02 An der Wirbelsäule finden sich insgesamt 23 paarige Wirbelgelenke (articulationes intervertebrales), wobei jeder Wirbel jeweils 2 obere und untere Gelenkfortsätze aufweist, die von einer Gelenkkapsel umhüllt sind (processus articulares inferiores und superiores). Der untere Gelenkfortsatz des oben liegenden Wirbels bildet mit dem oberen Gelenkfortsatz des unteren Wirbels ein so genanntes Zwischenwirbelgelenk (Facettengelenk). Die Ausrichtung der jeweiligen Gelenkflächen ist in den verschiedenen Wirbelsäulensegmenten unterschiedlich und hängt auch von den Anforderungen der Beweglichkeit im entsprechenden Segment ab. Die Wirbelgelenkflächen der Halswirbelsäule verlaufen schräg um cirka 45° zur Horizontalen geneigt, die Gelenkflächen der Brustwirbel stehen dagegen nahezu frontal. Die Beweglichkeit zwischen den einzelnen Wirbelkörpern ist nicht groß, durch das Zusammenspiel aller Wirbelgelenke bietet die Wirbelsäule jedoch ein großes Bewegungsausmaß. Eine Besonderheit zeigt sich bei den Wirbelgelenken des oberen Kopfgelenks zwischen dem Hinterhauptbein und dem 1. Halswirbel (Atlas), sowie dem unteren Kopfgelenk zwischen Atlas und 2. Halswirbel (Axis). Weitere Erläuterungen hierzu finden Sie unter „Bandapparat der Wirbelsäule“ • Wirbelgelenke des 3.-5. Lendenwirbels, Gelenkfläche auseinandergezogen · oberer Gelenkfortsatz · Querfortsatz · unterer Gelenkfortsatz · Dornfortsatz • Wirbelgelenke mit einsehbarer Gelenkfläche · oberer Gelenkfortsatz · unterer Gelenkfortsatz Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Wirbelgelenke (Facettengelenke) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Wirbelgelenke (Facettengelenke) · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Wirbelgelenke der Lendenwirbelsäule · Wirbelgelenke (Facettengelenke) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 03 Die Bandscheiben oder Zwischenwirbelscheiben liegen zwischen den Wirbelkörpern und sind mit ihnen verwachsen. Die Bandscheiben bestehen aus dem äußeren Faserring (anulus fibrosus) und dem zentral gelegenen Gallertkern (nucleus pulposus). Der äußere Bereich des Faserrings besteht aus sich überkreuzenden, straffen Kollagenfasern, die fest mit den knöchernen Randleisten benachbarter Wirbel (epiphyses anulares) verwachsen sind und diese verbinden. Im inneren Bereich des Faserrings strahlen Kollagenfasern in die Deckplatten der Wirbelkörper ein. Die Bandscheibe bedeckt die Grund- und Deckplatte der jeweils benachbarten Wirbelkörper vollständig, im Bereich der knöchernen Randleisten überragt der äußere Bereich des Faserrings den Wirbelkörper gering. Der zentral in der Bandscheibe gelegene Gallertkern (nucleus pulposus) besteht zu 80 % aus Wasser, welches er in seinem aus gallertartigem Gewebe bestehenden Innenraum speichern kann. Der Gallertkern fängt zusammen mit dem Faserring die entstehenden Druckbelastungen der Wirbelsäule auf und verteilt diese auf die benachbarten Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper. Die Bandscheibe hat insgesamt die Funktion eines Stoßdämpfers, dessen Hauptarbeit vom Gallertkern im Sinne eines „Wasserkissens“, das verformt, aber nicht zusammengedrückt werden kann, übernommen wird. Die Wirbelsäule entwickelt bei Drehbewegungen (Rotation) und Beugung (Flexion) sehr starke Kompressions-, Scher- und Zugkräfte, die von den Bandscheiben aufgefangen, verteilt und weitergeleitet werden müssen. Bei Belastung der Bandscheibe wird Flüssigkeit aus der Bandscheibe abgegeben, sie wird schmäler. Bei Entlastung, zum Beispiel während der Nachtruhe, nimmt sie wieder Flüssigkeit auf und wird dicker. Dieser Mechanismus erklärt, weshalb die Körperlänge im Verlauf des Tages, je nach Belastungssituation, um 1-2 cm schwanken kann. Die Bandscheibe ist bereits ab dem 4. Lebensjahr ohne Blutgefäße, so dass die Ernährung der Bandscheibe durch Diffusion (Durchwanderung) erfolgt. Die Bandscheiben liegen auf den jeweiligen knöchernen Deckplatten der Wirbelkörpers auf, die eine poröse Struktur aufweisen. Durch diese porösen knöchernen Strukturen hindurch erfolgt der Stoffwechsel der Bandscheiben durch Diffusionskontakt mit den Knochenmarkräumen der Wirbelkörper. Die Bandscheibe verliert im natürlichen Alterungsprozess die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen, der Quelldruck des Gallertkerns nimmt ab, wodurch die Druckweiterleitung vermehrt über den Faserring erfolgt. Mit zunehmendem Elastizitätsverlust und Verschmälerung der Bandscheibe nähern sich Grund- und Deckplatten benachbarter Wirbel an, es kommt zu ersten knöchernen Abstützungsreaktion mit Bildung von Osteophyten (neuer Knochensubstanz) an den Randleisten der Wirbelkörper als Zeichen der Degeneration (Abnutzung) der Bandscheibe (Osteochondrose, Spondylose). • Bandscheibe eines Lendenwirbelsegments · Wirbelkörper Bandscheibe mit: · Faserring (anulus fibrosus) · Gallertkern (nucleus pulposus) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandscheiben · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandscheiben · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Bandscheibe von oben gesehen · Gallertkern (nucleus pulposus) · Faserring (anulus fibrosus) • Bandscheibe von oben gesehen, Lagebeziehung zu Rückenmark und Spinalnerven · Rückenmark · Spinalnerv Bandscheibe mit: · Faserring · Gallertkern Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandapparat (Ligamente) der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 04 Die Stabilität und Beweglichkeit der Wirbelsäule wird durch ein ausgedehntes Geflecht von kräftigen Bandstrukturen gewährleistet, die von der Rückenmuskulatur unterstützt werden. Das vordere Längsband (1) (ligamentum longitudinale anterius) liegt als Grenzlamelle zwischen Wirbelkörper und Bauch- oder Brustkorbraum und zieht als breites Band über alle Wirbelkörpervorderseiten vom Kreuzbein bis zum Kopf. Das hintere Längsband (2) (ligamentum longitudinale posterius) zieht entlang der Rückfläche des Wirbelkörpers und kleidet somit die Vorderwand des Rückenmarkkanals aus. Das Dornspitzenband (3) (ligamentum supraspinale zieht als drittes Längsband vom Steißbein bis zum Dornfortsatz des 7. Halswirbels und bedeckt im Verlauf alle Dornfortsätze. Das gelbe Band (4) (ligamentum flavum) liegt zwischen den Wirbelbögen. Die Zwischendornfortsatzbänder (5) (ligamenta interspinalia) sind zwischen den Dornfortsätzen gespannt. Die Zwischenquerfortsatzbänder (6) (ligamenta intertransversaria) verbinden die einzelnen Querfortsätze miteinander. Die Zwischenrippenbänder (7) (ligamenta costotransversaria) verbinden die Rippen untereinander. • Bandverbindungen der Wirbelsäule im Querschnitt · Ligamentum longitudinale anterius, vorderes Längsband (1) · Ligamentum longitudinale posterius, hinteres Längsband (2) · Ligamentum supraspinale, Dornspitzenband (3) · Ligamentum interspinale, Zwischendornfortsatzband (5) · Ligamentum flavum, gelbes Band (4) • Bandverbindungen der Wirbelsäule, Brustwirbelsäule, von seitlich gesehen · Querfortsatz, processus transversus · Ligamentum longitudinale anterius, vorderes Längsband (1) · Ligamentum costotransversarium, Zwischenrippenband (7) · Ligamentum intertransversarium, Zwischenquerfortsatzbänder (6) · Rippe, costa Der Bandapparat und die Wirbelgelenke des oberen und unteren Kopfgelenks, welche die Verbindung und Beweglichkeit zwischen dem 1. und 2. Halswirbel (atlas und axis) und dem Kopf herstellen, weisen im Gegensatz zu den anderen Wirbelsäulenabschnitten einige Besonderheiten auf. Beide Gelenke ermöglichen in ihrem Zusammenspiel Bewegungen wie in einem Kugelgelenk. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. • Halswirbelsäule von hinten · Dens axis · 1. Halswirbel, atlas · 2. Halswirbel, axis Das obere Kopfgelenk (Atlantooccipitalgelenk) verbindet das Hinterhauptbein (os occipitale) mit den Gelenkflächen des 1. Halswirbels (atlas). Das obere Kopfgelenk ermöglicht folgende Bewegungen des Kopfes: · Vorwärtsbeugung bis 20° · Rückwärtsbeugung bis 30° · Seitwärtsneigung bis 15° Das untere Kopfgelenk (Atlantoaxialgelenk) verbindet den 1. und 2. Halswirbel und besteht aus 3 Gelenkanteilen (2 seitliche und ein mittlerer Anteil). Es handelt sich um ein Drehgelenk, das sich um den feststehenden Zapfen des 2. Halswirbels dreht (dens axis). Im unteren Kopfgelenk sind Drehbewegungen des Kopfes um etwa 30° möglich. Die Beweglichkeit der einzelnen Kopfgelenke für sich ist nicht besonders ausgeprägt, das Zusammenspiel beider Kopfgelenke und der übrigen Halswirbel ermöglicht jedoch das große Beweglichkeitsausmaß der Kopfbewegung. Die Stabilität der Verbindung zwischen dem 1. und 2. Halswirbel, dem oberen und unteren Kopfgelenk und dem Kopf wird durch einen straffen Bandapparat gewährleistet. • Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, Teile des Hinterhauptbeins und Bögen des 1.-3. Halswirbels sind entfernt. · Hinterhauptbein, os occipitale · Atlas, 1. Halswirbel · Axis, 2. Halswirbel · Membrana tectoria Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandapparat (Ligamente) der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 04 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandapparat (Ligamente) der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 04 • Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, membrana tectoria entfernt, das ligamentum cruciforme verbindet Atlas, Axis und Hinterhauptknochen, die ligamenta alaria verbinden dens axis mit dem Hinterhauptbein und dem atlas. · Hinterhauptbein, os occipitale · Ligamentum cruciforme, crus superius · Ligamenta alaria · Atlas · Ligamentum cruciforme atlantis · Axis · Wirbelgelenkkapsel • Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, ligamentum cruciforme ist entfernt, die Fixationsbänder des dens Axis (ligamenta alaria und lig. apicis dentis) sind einsehbar. · Hinterhauptbein · Ligamentum apicis dentis · Ligamenta alaria · Atlas · Dens axis · axis Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 05 Das Rückenmark ist ein Teil des zentralen Nervensystems, es verbindet das Gehirn mit den Spinalnerven, die vom Rückenmark abgehen. Vom Gehirn geht das Mark im Bereich des großen Hinterhauptlochs in das verlängerte Mark und von dort in das ungefähr 45 cm lange, im Querschnitt rund-ovale Rückenmark (medulla spinalis) über. Das Rückenmark verläuft geschützt durch die Wirbelkörper und Wirbelbögen im Rückenmarkkanal, verjüngt sich im Verlauf nach unten und endet beim Erwachsenen als spitz zulaufender Markkegel (conus medullaris) in Höhe des 2. Lendenwirbels. Von der Spitze des Markkegels in Höhe des 2. Lendenwirbels abwärts ist das Rückenmark stark zurückgebildet und verläuft als ein etwa 25 cm langer Strang, dem so genannten Endfaden (filum terminale) bis zum 2. Steißbeinwirbel. Die Nervenfasern aus dem unteren Bereich des Rückenmarks ziehen im Wirbelkanal unterhalb des 2. Lendenwirbels weiter. Die dick gebündelten Nervenfasern sehen wie ein Pferdeschweif aus, deshalb nennt man diesen Bereich cauda equina. Das Rückenmark ist wie das Gehirn von Rückenmarkflüssigkeit (liquor cerebrospinalis) und von drei schützenden Hüllen (Häuten) umgeben: · Die harte Rückenmarkhaut (dura mater spinalis) erstreckt sich als äußere Hülle vom großen Hinterhauptloch bis zum Kreuzbeinkanal · Die mittlere Hülle wird von der bindegewebigen Spinnwebenhaut (Arachnoidea spinalis) gebildet, die viele Blutgefäße mit sich führt. · Die innere Hülle ist die weiche Hirnhaut (pia mater spinalis), die dem Rückenmark direkt aufliegt. Die Schnittfläche des Rückenmarks zeigt eine typische Struktur. Zentral liegt die graue Substanz (substantia grisea), die im Schnittbild wie ein Schmetterling aussieht, aus vielen Nervenzellen aufgebaut ist und das Rückenmark in seiner gesamten Länge durchzieht. Die graue Substanz wird von der weißen Substanz (substantia alba) ummantelt, die hauptsächlich lange Nervenfasern enthält. • Rückenmark · Graue Substanz, substantia grisea · Weiße Substanz, substantia alba · Sensorische, hintere Nervenwurzel · Spinalnerv · Motorische, vordere Nervenwurzel Das Rückenmark gibt im Verlauf insgesamt 31 Paare von Nervenwurzeln auf beiden Seiten ab. Die hintere Nervenwurzel (radix dorsalis) und die vordere Nervenwurzel (radix ventralis) vereinen sich zu einem Spinalnerven, der dann zwischen den Wirbeln durch das Zwischenwirbelloch austritt. Die hintere Wurzel des Spinalnerven ist eine sensible, sensorische Nervenwurzel, die Empfindungen des Körpers aufnimmt und zum Gehirn leitet, die vordere Nervenwurzel leitet Impulse („Ausführungsbefehle“) an die Organe oder Gewebe (zum Beispiel: Muskeln), an denen etwas ausgeführt werden muss. Die „auf- oder wahrnehmende“ Funktion des Nerven wird afferent, die „ausführende“ Funktion efferent genannt. Die verschiedenen Grundfunktionen eines Nerven werden vereinfacht im unten stehenden Beispiel erläutert. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 05 Die Haut (4) empfindet Kälte und meldet dies über die sensorischen, afferenten Nervenbahnen (6) der hinteren Nervenwurzel (2) dem Zentralnervensystem (Gehirn, Rückenmark) (1). Das Zentralnervensystem veranlasst nun, dass über die motorischen, efferenten Leitungsbahnen (7) der vorderen Spinalnervenwurzel (3) der Muskel (5) über den Spinalnerven (8) Impulse erhält, sich oft zusammenzieht und über dieses „Kältezittern“ Wärme erzeugt wird. • Vereinfachtes Beispiel der unterschiedlichen Leitungsqualitäten eines Nervs · Rückenmark (1) · hintere Nervenwurzel (2) · vordere Nervenwurzel (3) · Haut (4) · Spinalnerv (8) · sensorische, afferente Nervenfasern (6) · Muskel (5) · efferente, motorische Nervenfasern (7) Das Rückenmark gibt im gesamten Verlauf 31 Paare von Spinalnerven ab, wodurch sich 31 Spinalsegmente ergeben. Jedes spinale Segment hat ein genau zugeordnetes Gebiet, für das die Informationsübertragung übernommen wird. • Sicht auf einen Abschnitt der Brustwirbelsäule mit zwei Rückenmarksegmenten von schräg vorne. Die aus dem Rückenmark austretenden Spinalnerven ziehen durch die Zwischenwirbellöcher zu ihren Versorgungsgebieten. · Rückenmark · Spinalnerv · Wirbelgelenk · Wirbelkörper · Bandscheibe · Grenzstrang (truncus sympathicus) Die Zuordnung in die Rückenmarksegmente bezieht sich immer auf den Bereich, wo die Spinalnerven durch das Zwischenwirbelloch zweier benachbarter Wirbel das Rückenmark verlassen und zu ihrem Versorgungsgebiet ziehen. Bis zum Thorakalsegment Th1 werden die Segmente nach dem darunter liegenden Wirbel, ab Th1 wird das entsprechende spinale Segment nach dem darüber liegenden Wirbel genannt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark Die Rückenmarksegmente werden unterteilt in: Entsprechende Rückenmarksegmente Höhe des Segments in Projektion auf die Wirbelsäule Zervikalmark (1) C1-C8 C1-C7 Thorakalmark (2) Th1-Th12 Th1-Th 9 Lumbalmark (3) L1-L5 Th 10-Th12 Kreuz-Steißbeinmark (4,5) S1-S5 und Co1 L1-L2 • Rückenmarksegmente, seitlich gesehen · Zervikalmark (1) · Thorakalmark (2) · Lumbalmark (3) · Kreuz-Steißbeinmark (4,5) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com B 05 · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark • Rückenmark und Spinalnervenabgänge, von vorn gesehen. · Cauda equina · Filum terminale Die jeweiligen Rückenmarksegmente innervieren über die sensiblen Fasern der hinteren Wurzel der Spinalnerven bestimmte Hautareale, diese Hautbezirke werden Dermatome genannt. In diese Dermatome strahlen aber auch Nervenfasern benachbarter Rückenmarksegmente ein, so dass die Zuordnung auf eine isolierte Nervenwurzel nicht immer ganz eindeutig ist. Der erste Spinalnerv C1 besitzt kein Dermatom, so dass man, entsprechend der Anzahl der Spinalnerven, insgesamt 30 Dermatome an der menschlichen Haut finden kann. Bei Druck auf eine dieser Nervenwurzeln, zum Beispiel bei einem Bandscheibenvorfall, können sich Ausfallserscheinungen in dem entsprechenden Hautsegment zeigen. Man spricht dann von einer radikulären (von der Nervenwurzel ausgehenden) Symptomatik. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spinales Segment, Spinalkanal, Spinalnerven und Rückenmark • Die Verteilung der Dermatome Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 06 Die arterielle Versorgung der Wirbel der Hals- und Brustwirbelsäule erfolgt aus Ästen der arteria subclavia, die Versorgung der Lendenwirbelsäule, des Kreuz- und Steißbeins erfolgt aus Ästen der aorta abdominalis und der ateria iliaca interna. Der venöse Abfluss der Hals- und Brustwirbelsäule erfolgt, nachdem das venöse Blut in den inneren und äußeren Venenplexus gesammelt wurde, über die vena azygos, vena hemiazygos und die vena hemiazygos accessoria in die obere Hohlvene (vena cava superior). Das venöse Blut der Lendenwirbelsäule, des Kreuz- und Steißbeins gelangt über die inneren und äußeren Venenplexus in die venae lumbales, von dort in die untere Hohlvene (vena cava inferior). • Arterielle Blutversorgung der Wirbelsäule, vereinfacht dargestellt · Arteria vertebralis · Arteria spinalis anterior · Rami spinales · Arteria cervicalis ascendens · Arteria subclavia · Arcus aortae · Truncus brachiocephalicus · Aorta · Arteria intercostalis Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Blutversorgung der Wirbelsäule und des Rückenmarks · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 06 Das Rückenmark wird hauptsächlich von der vorderen (1) und hinteren (2) Spinalschlagader (arteria spinalis anterior und posterior), sowie von der arteria spinalis mediolateralis (3) versorgt. Im Halsbereich entspringen die Spinalarterien aus der arteria vertebralis (Wirbelschlagader), die von der arteria subclavia (Schlüsselbeinarterie) wegzieht. Im Brustkorbbereich haben die Spinalarterien Zuflüsse aus den Rippenschlagadern (arteriae intercostales), im Lendenbereich aus den arteriae lumbales. • Blutversorgung des Rückenmarks · Arteria spinalis posterior (2) · Arteria spinalis anterior (1) · Arteria spinalis mediolateralis (3) · Arteria radicularis anterior Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Blutversorgung der Wirbelsäule und des Rückenmarks B 07 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Die Rückenmarkmuskulatur · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie Die Rückenmuskulatur teilt sich in die oberflächliche Schicht, die hauptsächlich zur muskulären Unterstützung der Atmung (z.B.: musculus serratus posterior) oder der Beweglichkeit der Schulter-Armregion (z.B.: musculus latissimus dorsi) (1), musculus trapezius (2) und musculus rhomboideus (3) dienen. • Ausschnitt der oberflächlichen Rückenmuskulatur · Musculus trapezius (2) · Musculus rhomboideus (3) · Musculus latissimus dorsi (1) Die tieferen Schichten der Rückenmuskulatur werden als echte oder autochthone Rückenmuskeln bezeichnet, die in einem komplizierten Verbund von Muskelgruppen unter anderem auch Dorn- und Querfortsätze der Wirbel miteinander verbinden. Das Zusammenspiel sämtlicher Muskelgruppen ermöglicht dann, den Rücken zu strecken, beugen, drehen oder seitwärts zu neigen. Ein wichtiger Vertreter ist der musculus erector spinae (4), der Rückenstrecker, der sich aus mehreren Einzelmuskeln zusammensetzt und vom Becken bis zum Kopf erstreckt. In der Tiefe des Muskelaufbaus des Rückens lassen sich weitere Muskelsysteme unterscheiden: · Muskeln des spinalen Systems, die an den Dornfortsätzen der Wirbel ihren Ursprung und Ansatzpunkt haben, wie zum Beispiel der musculus spinalis (6) · Muskeln des transversospinalen Systems, die von den Querfortsätzen zu den Dornfortsätzen der Wirbel verlaufen. Typische Muskeln dieser Gruppe sind die musculi rotatores thoracis (8), die musculi multifidi (7) und die · Muskeln des intertransversalen Systems, welche die Querfortsätze der Wirbel untereinander verbinden (z.B.: musculi intertransversarii (9)). Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 07 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Die Rückenmarkmuskulatur · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Teile der tiefen, autochthonen Rückenmuskulatur · musculus erector spinae (4) • Teile der tiefen, autochthonen Rückenmuskulatur · musculi semispinales (5) · musculi rotatores thoracis (8) · musculus spinalis (6) · musculi intertransversarii (9) · musculi multifidi (7) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 08 Die Wirbelsäule als unser zentrales Achsenorgan stellt sich in der seitlichen Ansicht als eine doppelt S-förmige Säule dar, die sowohl dynamische als auch statische Aufgaben erfüllen muss. Sie gibt dem Körper eine stabile und bewegliche Stütze, die das Gewicht von Kopf, Rumpf und oberen Extremitäten trägt und das Rückenmark (medulla spinalis) und die Wurzeln der austretenden Rückenmarksnerven (nervi spinales) schützt. Durch verschiedene knöcherne Fortsätze an den Wirbelkörpern bietet die Wirbelsäule Ansatzpunkte für die dort ansetzende Rückenmuskulatur. Wirbelsäulenabschnitte Die Wirbelsäule ist aufgebaut aus 7 Halswirbeln (vertebrae cervicales) 12 Brustwirbeln (vertebrae thoracicae) 5 Lendenwirbeln (vertebrae lumbales) 5 Kreuzbeinwirbeln (vertebrae sacrales), die zum Kreuzbein (os sacrum) verschmelzen 4-5 Steißbeinwirbeln (vertebrae coccygeae), die zum Steißbein (os coccygeum) verschmelzen • Wirbelsäule seitlich (sagittal) und von hinten (dorsal) · Halswirbelsäule (C1-C7) · Brustwirbelsäule (Th1-Th12) · Lendenwirbelsäule (L1-L5) · Kreuzbein (S1-S5) · Steißbein (C1-5) Die Wirbelsäule zeigt in ihrem seitlichen Verlauf typische Krümmungen auf. Die im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich vorhandene Krümmung nach vorne wird Lordose, die Krümmung im Bereich der Brustwirbelsäule nach hinten Kyphose genannt. • Wirbelsäule seitlich (sagittales Profil) · Lordose der Halswirbelsäule · Kyphose der Brustwirbelsäule · Lordose der Lendenwirbelsäule Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie Halswirbelsäule Die Halswirbelsäule besteht aus 7 Wirbeln (C1-C7) und zeigt als beweglichstes Segment der Wirbelsäule Besonderheiten auf, die schnelle Bewegungen in allen Ebenen ermöglicht. • Halswirbelsäule, Lokalisation • Halswirbelsäule von hinten · Dens axis · Atlas (C1) · Axis (C2) · 3. Halswirbel (C3) · 7. Halswirbel (C7) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Halswirbelsäule seitlich · Atlas (C1) · Axis (C2) · 7. Halswirbel (C7) · 1. Brustwirbel (Th1) Der erste und zweite Halswirbel, Atlas (C1) und Axis (C2), heben sich im Gegensatz zu den anderen Wirbeln durch ihre Form deutlich ab, um die Befestigung und Beweglichkeit des Kopfes zu gewährleisten. Der ringförmige Atlas (C1) ist der Träger des Kopfes und besteht aus den beiden Seitenstücken, massae laterales, die durch den vorderen und hinteren Bogen verbunden sind. Über Gelenkflächen (fovea articularis superior) ist der Atlas mit dem Hinterhauptbein des Schädels verbunden, wodurch das obere Kopfgelenk gebildet wird, das eine Vorwärts- und Rückwärtsneigung, sowie eine geringe Seitwärtsneigung des Kopfes ermöglicht. • Atlas (C1) und Axis (C2), von hinten · Atlas (C1) mit fovea articularis superior · vorderer Bogen (arcus anterior) · massa lateralis · Hinterer Bogen (arcus posterior) · Axis (C2) · Dens axis • Atlas (C1) ,von oben Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 08 • Axis (C2), von oben Der 2. Halswirbel (axis) schafft durch den besonderen Aufbau seines Wirbelkörpers und seinen zapfenförmigen Fortsatz, dens axis, der in eine Lücke des 1. Halswirbels hineinragt, den Übergang zum 1. Halswirbel und der unteren Halswirbelsäule. Der Dens axis wird durch ein straffes Band in seiner Position gehalten, damit er das Rückenmark nicht schädigt. Atlas und Axis ermöglichen durch die 4 atlantoaxialen Gelenke die Drehbewegungen des Kopfes, wobei sich der Atlas exzentrisch um den Zapfen des Axis dreht. Atlas, Axis und Hinterhauptbein des Kopfes sind durch einen komplexen Bandapparat verbunden, der im Zusammenspiel mit dem oberen Kopfgelenk, den atlantoaxialen Gelenken und der Muskulatur die große Beweglichkeit des Kopfes ermöglicht. Die Halswirbel haben ein großes Wirbelloch zur Aufnahme des Rückenmarks und sind im Gegensatz zu Brustund Lendenwirbeln kleiner ausgebildet. • Halswirbel, von oben · Dornfortsatz (processus spinosus) · Wirbelbogen (arcus vertebrae) · Wirbelgelenkfläche · Wirbelloch (foramen vertebrale) · Foramen transversale · Wirbelkörper (corpus vertebrae) Die Halswirbel haben als weitere Besonderheit Öffnungen in den Querfortsätzen (foramina transversaria), durch die die aus der Schlüsselbeinarterie (arteria subclavia) entspringenden Wirbelarterien (arteria vertebralis) beidseits der Halswirbelsäule verlaufen und das Gehirn mit Blut versorgen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 08 • Verlauf der arteria vertebralis im Bereich der Halswirbelsäule, seitlich · 1. Halswirbel (atlas, C1) · Foramen transversum · Arteria vertebralis · Arteria carotis communis · 7. Halswirbel (C7) · Arteria subclavia · Schlüsselbein (clavicula), teilentfernt · 1. Brustwirbel (Th 1) Brustwirbelsäule Die Brustwirbelsäule besteht aus 12 Wirbeln (Th1-Th12) und zeigt einen nach hinten gebogenen Verlauf, die so genannte Brustkyphose. • Brustwirbelsäule, Lokalisation • Brustwirbelsäule seitlich · 1. Brustwirbel (Th1) · 12. Brustwirbel (Th12) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Brustwirbel seitlich · oberer Wirbelgelenkfortsatz · Querfortsatz mit fovea costalis transversalis · oberer Rippenansatz · Wirbelbogen · Wirbelkörper · unterer Wirbelgelenkfortsatz · Incisura vertebralis inferior · Dornfortsatz • Brustwirbel mir Rippen, von oben · Wirbelkörper · Ligamentum costotransversarium · Rippen · Querfortsatz · Wirbelbogen · Dornfortsatz Die Brustwirbel sind größer als die Halswirbel, haben einen kräftigen Körper, der in der Seitansicht wie ein flacher Keil, der vorn etwas niedriger als hinten ist, aussieht. Die kräftigen dreikantigen Dornfortsätze zeigen nach unten und hinten. Das Wirbelloch ist rund und kleiner als bei den Halswirbeln. Als Besonderheit finden sich an den Brustwirbeln die Verbindungsstellen zu den Rippen des Brustkorbs. An jedem Querfortsatz finden sich 3 Gelenkverbindungen (fovea costalis superior, inferior und fovea costalis transversalis) ,worüber die jeweilige Rippe durch den Rippenhöcker und Rippenköpfchen mit dem Brustwirbel verbunden sind. Diese Gelenke werden durch eine straffe Gelenkkapsel und durch Bänder geschützt und in ihrer Position gesichert. Die 12 Brustwirbel, die 12 Rippenpaare und das Brustbein bilden den Brustkorb, der den inneren Organen Schutz bietet. • Brustkorb von hinten Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 08 Lendenwirbelsäule Die Lendenwirbelsäule besteht aus 5 Wirbeln (L1-L5). Die Lendenwirbelkörper sind die größten Wirbel, da die Lendenwirbelsäule einen großen Anteil des Körpergewichts tragen muss. In der seitlichen Ansicht sind sie wie die Brustwirbel leicht keilförmig ausgebildet, wobei aber der vordere Anteil höher ist. Die Querfortsätze sind gegenüber den Brustwirbeln deutlich zurückgebildet, die Dornfortsätze sind kräftig und horizontal angelegt. Das Wirbelloch ist dreieckig und kleiner als bei den Brustwirbeln. Der besondere Aufbau der Lendenwirbelkörper ermöglicht eine große Beweglichkeit für die Streckung und Überstreckung des Rumpfes in diesem Wirbelsäulenabschnitt. • Lendenwirbelsäule, Lokalisation • Lendenwirbel, von oben · Dornfortsatz · Wirbelbogen · Wirbelgelenk · Querfortsatz · Wirbelloch · Wirbelkörper • Lendenwirbelsäule, seitlich · 1. Lendenwirbel (L1) · 5. Lendenwirbel (L5) · 1. Kreuzbeinwirbel (S1) • Lendenwirbelsäule, von hinten · 1. Lendenwirbel (L1) · 5. Lendenwirbel (L5) · 1. Kreuzbeinwirbel (S1) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 08 Kreuzbein/Steißbein Das Kreuzbein (os sacrum) ist aus 5 Wirbeln (S1-S5) zu einer dreieckförmigen Platte verschmolzen, die dem 5. Lendenwirbelkörper ein breite Auflage bietet, sich nach unten keilförmig verjüngt und beidseits 4 Austrittslöcher (foramina sacralia) für den Durchtritt von Nerven und Gefäßen hat. An den Seiten des Kreuzbeins finden sich Gelenkflächen (articulationes sacroiliacae), die das Kreuzbein mit den Darmbeinen des Beckens verbinden. Diese Verbindung wird durch einen starken Bandapparat gesichert und lässt nur eine geringe Beweglichkeit zu. Das Steißbein (os coccygeum) ist aus 4-5 Wirbeln verschmolzen und bietet Ansatzpunkte für Bänder und Muskulatur des Beckens. Becken, untere Lendenwirbel und Kreuzbein sind hohen statischen Anforderungen ausgesetzt, weshalb sich in diesem Bereich ein komplexes System von starken Bändern findet, die die verschiedenen knöchernen Strukturen miteinander verbindet. • Kreuzbein-Steißbein, seitlich · 5. Lendenwirbel (L5) · Sacroiliacale Gelenkfläche · Kreuzbein (os sacrum, S1-S5) · Steißbein (os coccygeum) • Kreuzbein-Steißbein, von hinten · 5. Lendenwirbel (L5) · Kreuzbein (os sacrum, S1-S5) · Steißbein (os coccygeum) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Aufbau der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Becken, untere Lendenwirbelsäule, Kreuz- und Steißbein von vorn · 5. Lendenwirbel · Darmbein (os ilium) · Sacroiliacalgelenk · Kreuzbein · Steißbein · Schambein (os pubis) · Sitzbein (os ischii) · Symphyse Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 09 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie Formtypen der Wirbelsäule Die menschliche Körperhaltung ist individuell sehr verschieden und kann als Gesamteindruck eines aufrecht stehenden Menschen gesehen werden. Die Körperhaltung hängt primär von einer genetisch vorgegebenen Grundstruktur der individuell ausgebildeten Wirbelsäule ab, die dann aber durch viele weitere Faktoren, wie zum Beispiel der Ausbildung von Muskulatur und Knochen, dem Bandapparat, der Muskelspannung und auch durch psychische Einflüsse, eine große Variationsbreite zeigen kann. Die normale Haltungsform (A) der Wirbelsäule zeichnet sich in der seitlichen Ebene (Sagittalebene) durch die regelrechte Ausbildung von zwei verschiedenen „Biegungsformen“ aus. Die Lordose ist eine Biegung der Wirbelsäule in der seitlichen Ebene nach vorne (ventral), wobei die konvexe Biegung nach vorn, die konkave Biegung nach hinten (dorsal) zeigt. Die Hals- und Lendenwirbelsäule zeigen physiologisch eine Lordose. Die Brustwirbelsäule zeigt im sagittalen Profil eine Kyphose, die Biegung zeigt hierbei nach dorsal. • Kyphose - Lordose Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 09 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Haltungsformen und Beckenneigung Der Hohlrundrücken (B) weist eine stärker ausgeprägte Biegung der Brustkyphose und der Lendenlordose auf, wodurch das Becken nach vorne kippt, der Bauch vorgewölbt ist und der Brustkorb abgeflacht erscheint. Der Rundrücken (C) zeigt eine starke Ausbildung der Brustkyphose, wobei sich die Biegung der Brustwirbelsäule bis tief zur Lendenwirbelsäule ausdehnen kann. Der Flachrücken oder Geradrücken (D) zeigt eine starke Abflachung der Kyphose- und Lordosebiegung. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 09 Das Bewegungssegment Die Wirbelsäule muss verschiedene mechanische Funktionen übernehmen, die wichtigsten sind die Aufnahme, Dämpfung und Weiterleitung von Druck- und Stoßbelastungen, sowie das Abfangen und Einschränken von Bewegungen. Die kleinste funktionelle Einheit der Wirbelsäule wird auch Bewegungssegment genannt. Ein Bewegungssegment besteht aus zwei benachbarten Wirbeln, der dazwischen liegenden Bandscheibe, den Wirbelgelenken und dem Bandapparat. Die Bandscheibe ist mit den Grund- und Deckplatten der Wirbel und dem vorderen Längsband verwachsen und gibt der Wirbelsäule dadurch Stabilität. Durch die Verformbarkeit des Gallertkerns im Inneren der Bandscheibe sorgt sie für Elastizität und Beweglichkeitsspiel im Bewegungssegment. Die Bandscheibe und der Bandapparat stehen in einem funktionellen Gleichgewicht, man spricht vom discoligamentären Gleichgewicht. Die Wirbelgelenke sind bei diesem Modell der Drehpunkt zwischen den Wirbelkörpern als vorderer Säule und der hinteren Säule mit Quer- und Dornfortsätzen, Bandapparat und tiefer Rückenmuskulatur. Durch Alterung der Wirbelsäule kann es in diesem empfindlichen Gleichgewichtssystem der Wirbelsäule zu weitreichenden Dysbalancen kommen, die dann eine Vielzahl von degenerativ bedingten Wirbelsäulenerkrankungen nach sich ziehen können. • Die kleinste Einheit der Wirbelsäule, das Bewegungssegment nach Junghanns · Wirbelkörper · Wirbelgelenk · Bandscheibe · Bandapparat Biomechanik der Wirbelsäulensegmente Die Wirbelsäule stellt als Gesamtheit ein System dar, das einwirkende verformende Kräfte elastisch auffängt. In der Biomechanik versteht man unter Verformung die räumliche Veränderung von Körperstrukturen durch einwirkende Kräfte. Elastizität ist definiert als die Fähigkeit, die entstandene Verformung eigenständig wieder rückgängig zu machen. Die wesentlichen geometrischen Begriffe in der Beschreibung von Körperebenen und Bewegungsrichtungen sind in der folgenden Abbildung dargestellt. Man unterscheidet folgende Körperebenen und Richtungsbezeichnungen: · Frontalebene, die den Menschen in einen gedachten vorderen und hinteren Anteil aufteilt · Sagittalebene, die als eine Aufteilung in einen rechten und linken Teil zu sehen ist · Transversalebene, die eine Aufteilung in einen oberen und unteren Teil ermöglicht, sie wird häufig auch als Horizontalebene bezeichnet. · Lateral: seitlich (rechts, links) · Ventral: vorn, bauchwärts · Dorsal: hinten, rückenwärts · Kranial: oben, kopfwärts · Caudal: unten, fußwärts Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie B 09 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie • Begriffe aus der Körpergeometrie In einem Bewegungssegment sind im dreidimensionalen Raum 12 Bewegungsrichtungen in den Körperebenen möglich, die möglichen Bewegungen sind: · Zug und Kompression · Seitlicher Schub nach rechts und links · Sagittaler Schub nach vorne und hinten · Beugung (Flexion) und Streckung (Extension) · Torsion (Drehung) nach rechts und links · Seitneigung nach rechts und links Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 09 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie In diesem Modell erfolgen Beugung und Streckung der Bewegungssegmente über die X-Achse, die Seitwärtsneigung über die Z-Achse und die Seitwärtsdrehung über die Y-Achse. • Kräfte und Bewegungen des Bewegungssegments im dreidimensionalen Raum nach White et.al. 1990 Belastbarkeit, Elastizität, Flexibilität und die freie Beweglichkeit der Wirbelsäulensegmente hängen von der Unversehrtheit der Bewegungssegmente mit Wirbelkörper, Bandscheibe, Wirbelgelenken, Bandapparat und tiefer, autochthoner Rückenmuskulatur ab. Die Rückenmuskulatur erfüllt in diesem komplexen Zusammenspiel einzelner Elemente eine aktive Rolle im so genannten „tension band“ System im Sinne einer Zuggurtung, die den menschlichen aufrechten Gang ermöglicht. Wird diese komplexe Harmonie im Zusammenspiel der einzelnen Bestandteile zum Beispiel durch den Verschleiß im Alterungsprozess der Wirbelsäule gestört, kommt es zu weitreichenden Veränderungen im Bewegungssegment, wodurch eine Vielzahl von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen verursacht werden können. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. B 09 Halswirbelsäule Die Halswirbelsäule ermöglicht durch ihren speziellen Aufbau ein großes Beweglichkeitsspiel für den Kopf. Biomechanisch gesehen kann man die Halswirbelsäule in drei Abschnitte unterteilen. · Die obere Halswirbelsäule (C0-C2) mit dem oberen (C0-C1) und unteren (C1-C2) Kopfgelenk (Atlantooccipitalgelenk und Atlantoaxialgelenk), die mit dem Hinterhauptbein des Schädels verbunden sind. · Die mittlere Halswirbelsäule C2-C5 · Die untere Halswirbelsäule C5-Th1 Das obere Kopfgelenk ist hauptsächlich für Beugung und Streckung, das untere Kopfgelenk vornehmlich für Rotationsbewegungen (Drehung) zuständig. Das Halswirbelsäulensegment C2/C3 übernimmt einen großen Anteil der Seitwärtsbewegung. Brustwirbelsäule Die Brustwirbelsäule ist der Abschnitt mit der geringsten Beweglichkeit in der frontalen und sagittalen Ebene, da die Rippen des Brustkorbs fest über Gelenkverbindungen mit den Brustwirbeln und dem Brustbein verbunden sind. Lendenwirbelsäule Die Lendenwirbelsäule zeigt als Gesamtheit ihr größtes Beweglichkeitsausmaß mit 60°-70° bei Beugung und bis zu 30° bei Streckung, die Seitwärtsneigung nach rechts und links ist bis 30° möglich. Die Rotation im einzelnen Bewegungssegment der Lendenwirbelsäule liegt nur bei 2°. Die untere Lendenwirbelsäule und hier besonders der Übergang zum Kreuzbein (lumbosacraler Übergang) ist ein Schwachpunkt der Wirbelsäulenstatik, da der 5. Lendenwirbel bei einer Veränderung des Lumbosacralwinkels eine Tendenz zeigt, nach vorne zu gleiten. Die gesunde Lendenwirbelsäule kann die einwirkenden Scher-, Torsions- und Kompressionskräfte über das intakte Zusammenspiel der Komponenten des Bewegungssegments auffangen. Da die Lendenwirbelsäule einer hohen statischen Belastung ausgesetzt ist, ist sie für die Entstehung von degenerativ bedingten Erkrankungen besonders anfällig. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Biomechanik der Wirbelsäule · Wichtige Bausteine der Wirbelsäule · Anatomie C 01 Eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte, der Anamnese und die intensive körperliche Untersuchung des Patienten sind für den Arzt wesentliche Bausteine der Diagnosefindung, auf deren Grundlage er eine Verdachtsdiagnose stellen kann, die dann mit eventuell zusätzlich erforderlichen gezielten apparativen Untersuchungen untermauert werden kann. Bei der Erhebung der Krankengeschichte stellt der Arzt gezielte Fragen, um sich ein umfassendes Bild über den aktuellen Zustand des Patienten zu machen. Erfragt werden: Bestehen Schmerzen? Schmerzintensität: Wie stark sind die Schmerzen? Schmerzlokalisation: Wo treten sie auf? Schmerzausstrahlung: in welche Richtung ziehen die Schmerzen (Arme, Beine)? Schmerzdauer: Seit wann, wie häufig, wie lange? Schmerzqualität: Stechend, brennend, bohrend, dumpf, usw.? Provokation einer Schmerzverstärkung: Bei Husten, Pressen oder Niesen? Bestehen Missempfindungen/Sensibilitätsstörungen der Haut? Wo treten sie auf? Wie stark? Seit wann? Liegt eine Abschwächung der Empfindungsfähigkeit vor? Zunahme oder Abnahme der Missempfindung? Kribbeln? „Ameisenlaufen“? Bestehen Auffälligkeiten der Muskulatur und des Bewegungsapparats? Wo treten sie auf? Wie stark und seit wann? Zunahme oder Abnahme der Auffälligkeit? Schwäche in den Armen oder Beinen? Verminderung der Kraftentwicklung? Bewegungseinschränkungen? Blockierungen, Steifigkeit? Gangunsicherheit? Bestehen Störungen der Darm-, Blasen oder Sexualfunktion? Werden Medikamente oder Genussmittel (Alkohol, Nikotin, Drogen) eingenommen? Bestehen Erkrankungen der Organsysteme? Herz-Kreislauf Bluthochdruck? Gefäßverkalkung? Schlaganfall? Herzinfarkt? Rhythmusstörungen? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Anamnese · Diagnostik C 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Anamnese · Diagnostik Krampfadern? Thrombose? Stoffwechselerkrankungen Fettstoffwechselstörung? Diabetes? Schilddrüsenerkrankung? Gicht? Magen Darm Trakt Magengeschwüre? Zwölffingerdarmgeschwüre? Aufstoßen/Sodbrennen? Verdauungsstörungen Niere/ableitende Harnwege Nieren/Blasenentzündungen? Nierensteine? Blutiger Urin? Lunge Asthma? Emphysem? Kurzatmigkeit? Rasche Erschöpfung? Gynäkologischer Status? Operationen? Allergien? Bestehen Auffälligkeiten in der Familien- oder Sozialanamnese? Familienanamnese Bestehen schwerwiegende Erkrankungen bei Angehörigen? Gibt es vererbbare Erkrankungen? Gibt es Erkrankungen mit familiärer Häufung? Sozialanamnese Schul- und Berufsausbildung? Aktuelle Berufstätigkeit? Versorgungssituation? Familiäre Situation? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. C 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klinische Untersuchung · Diagnostik Inspektion/Palpation Nach der Anamneseerhebung erfolgt die Inspektion (Betrachten) und die manuelle Untersuchung (Palpation) des Patienten. Dabei werden folgende Punkte geprüft: Inspektion Von vorne Beckenschiefstand? Beinachse korrekt? Form des Brustkorbs? Haltung von Kopf und Nacken? Von hinten Lotabweichung der Wirbelsäule? Verlauf der Dornfortsätze? Muskelrelief? Form des Brustkorbs? Schulterhöhe seitengleich? Beckengeradstand? Taillendreiecke symmetrisch? Michaelisraute symmetrisch? Rumpfüberhang? Lendenwulst beim Vorwärtsbeugen? Rippenbuckel beim Vorwärtsbeugen? Von der Seite Haltung von Kopf und Nacken? Regelrechte Beckenkippung? Seitliche Form der Wirbelsäule: · Rundrücken? · Hohlkreuz? · Hohlrundrücken? · Kyphose? · Flachrücken? Sichtbare Stufenbildung zwischen zwei Dornfortsätzen? Palpation Schmerz auslösbar? Klopf- oder Stauchungsschmerz der Wirbelsäule auslösbar? Druckschmerzhafte Muskulatur? Dorn- und Querfortsätze schmerzhaft? Iliosacralgelenke schmerzhaft? Ischiasdruckpunkte (Valleixpunkte) schmerzhaft? Stufe in der Dornfortssatzreihe tastbar? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. C 02 Funktions-und Bewegungsprüfungen · Messung der Wirbelsäulenbeweglichkeit nach der Neutral-Null-Methode, bei der die Beweglichkeitsmaße nach einem standardisierten Verfahren für Vorneigen (Flexion), Rückneigung (Extension), Rotation (Drehung) und Seitneigung gemessen werden. · Finger-Boden Abstand: Aussage über die Beweglichkeit der Wirbelsäule beim Vorneigen, gemessen wird der Abstand der Fingerspitzen vom Boden beim Vorbeugen mit gestreckten Knien und Armen. • Finger-Boden Abstand · Schober Zeichen: Messung für die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule Im Stehen wird von L5 die Wirbelsäule 10 cm nach oben markiert. Bei maximaler Rumpfbeugung verlängert sich die Strecke um ca. 5 cm. · Ott-Zeichen: Messung für die Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule Von C7 wird die Wirbelsäule 30 cm nach unten markiert. Bei maximaler Beugung des Rumpfes verlängert sich die Strecke um ca. 3-4 cm. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klinische Untersuchung · Diagnostik C 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klinische Untersuchung · Diagnostik • Zeichen nach Schober und Ott · Psoas-Zeichen: Hinweis auf Erkrankungen der Lendenwirbelsäule oder der Iliosacralgelenke · 3 Stufen Hyperextensionstest, wird in Bauchlage durchgeführt und gibt dem Untersucher Rückschlüsse, ob es sich um eine Erkrankung des Hüftgelenks, der Iliosacralgelenke oder des lumbosacralen Übergangs handelt. • 3 Stufen Hyperextensionstest · Überprüfung des Hüftgelenks · Überprüfung des Iliosakralgelenks (Menell Zeichen) · Überprüfung des lumbosakralen Übergangs Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. C 02 Überprüfung der Iliosacralgelenke durch: · Überprüfung des Dehnungsschmerzes der Bänder (ligamentum iliolumbale, lig. sacrospinale und lig. sacrotuberale · Spine Test Bei nicht blockiertem Iliosacralgelenk sinkt die spina iliaca posterior superior beim Anheben des gleichseitigen Beines mit gebeugtem Knie ca. 1-2 cm nach unten. · Menell Zeichen In Bauchlage wird das Kreuzbein fixiert und das gestreckte Bein angehoben und in eine Hüftüberstreckung gebracht. Liegt eine Blockierung des Iliosacralgelenks vor, werden dadurch Schmerzen ausgelöst. · Vorlaufphänomen Die Darmbeinstacheln (spina iliaca posterior superior) werden im Stehen getastet. Man vergleicht diese Position der Darmbeinstacheln im Stehen mit der Position nach einer Beugung des Oberkörpers. Von einem positiven Vorlaufphänomen spricht man, wenn durch ein blockiertes Iliosakralgelenk der Darmbeinstachel der blockierten Seite mit dem Kreuzbein nach oben gezogen wird. • Ausgangsposition im Stehen · Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule · Beckenkamm (crista iliaca) · Darmbeinstachel (spina iliaca posterior superior) • Position mit gebeugtem Oberkörper (Positives Vorlaufphänomen links) · Links höher stehender Darmbeinstachel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klinische Untersuchung · Diagnostik C 03 Die Untersuchung der Nerven hat in der Wirbelsäulenorthopädie eine wesentliche Bedeutung, da durch die orientierende neurologische Untersuchung geklärt werden kann, ob neurologische Auffälligkeiten, wie motorische oder sensible Ausfälle, Lähmungen oder eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion vorliegen. Bei akut aufgetretenen neurologischen Ausfällen muss die weitere Abklärung rasch durchgeführt werden. Untersucht werden: · Muskeleigenreflexe, mit denen die Funktionsfähigkeit des 2. Motoneurons in den jeweiligen Wirbelsäulenabschnitten überprüft wird. Der Reflex wird durch eine passive Dehnung der Muskulatur ausgelöst, zum Beispiel durch den Schlag mit dem Reflexhammer auf die Kniescheibensehne · Fremdreflexe sind Reflexe, die ihren Effekt an einer anderen Stelle, nicht am Auslösungsort, hervorrufen. Beim Bauchdeckenreflex wird durch Streichen der Bauchhaut eine Kontraktur der Bauchmuskulatur ausgelöst. · Pathologische Reflexe sind Zeichen einer Schädigung der Pyramidenbahn und können beim Gesunden nicht ausgelöst werden. · Überprüfung der Ischiasdehnungszeichen: · Lasègue: Das gestreckte Bein wird passiv angehoben und der Winkel angegeben, bei dem ein plötzlicher heftiger Schmerz in Rücken und Bein auftritt. Ein Lasègue-Zeichen über 60° spricht eher für einen Beckenkippschmerz bei degenerativen Veränderungen am lumbosakralen Übergang als für eine Nervenwurzelaffektion. · Bragard: Das Bein wird unter die Schmerzgrenze des Lasègue-Zeichens gesenkt und der Fuß passiv dorsal flektiert, es sollte derselbe Schmerz auftreten wie bei der Prüfung nach Lasègue. · Turyn: Es wird verfahren wie bei der Prüfung nach Bragard, aber die Großzehe dorsal flektiert. · Gekreuzter Lasègue: Beim Heben des Beines auf der gesunden Seite entsteht auf der kranken Seite ein Schmerz wie bei der Prüfung nach Lasègue, der gekreuzte Lasègue ist beweisend für eine Nervenwurzelbeeinträchtigung. · Bonnet: Ischiasschmerz bei Adduktion und Innenrotation des im Knie gebeugten Beines, auch das Lasègue-Zeichen wird früher positiv, wenn das Bein in leichte Adduktion und Innenrotation überführt wird · Valleixsche Druckpunkte: druckempfindliche Punkte im Verlauf des N. ischiadicus über LWK4 oder 5, dem Kreuzbein-Darmbeingelenk, direkt unterhalb der Gesäßfalte, in der Kniekehle und hinter dem Außenknöchel · Sensibilitätsprüfung Die Hautareale, die durch bestimmte Spinalnerven versorgt werden, nennt man Dermatome. Wenn Gefühlsstörungen in einem dieser Dermatome auftreten, kann man durch die Zuordnung der Dermatome zu bestimmten Spinalnerven Rückschlüsse auf die Höhe des betroffenen Wirbelsegments ziehen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neurologisch klinische Untersuchung · Neurologische Untersuchung · Diagnostik C 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neurologisch klinische Untersuchung · Neurologische Untersuchung · Diagnostik • Dermatome in vereinfachter Darstellung · Prüfung der groben Kraft der Muskelgruppen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. C 04 Elektromyographie Die Elektromyographie (EMG) ist ein Verfahren, mit dem Aktionspotenziale im Muskelgewebe durch elektrische Stimulation gemessen werden können. Man kann die Ruheaktivität und die Aktivität des verschieden stark kontrahierten Muskels messen und erhält so Hinweise auf eventuell bestehende Erkrankungen der Nervenoder Muskelzellen. Elektroneurographie Mit diesem Verfahren wird die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen, die bei einem gesunden Nerven bei ca. 60 m/sec. liegt. Bei einem erkrankten Nerven kommt es zur Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit. Evozierte Potentiale Die Hirnrinde wird mit Magnetfeldern schmerzfrei stimuliert, über Elektroden kann aufgezeichnet werden, ob und wie ein Muskel auf die Stimulation reagiert. Durch dieses Verfahren kann man die Nervenleitgeschwindigkeit des Rückenmarks messen. Intraoperatives Monitoring Während einer Wirbelsäulenoperation ist die Überwachung der Funktionsfähigkeit des Rückenmarks sehr wichtig. Durch das Verfahren der evozierten Potentiale kann die Nervenleitgeschwindigkeit der auf- und absteigenden Rückenmarksbahnen überwacht werden, wodurch das Risiko, während einer Operation das Rückenmark zu schädigen, deutlich verringert wird. Doppler-Ultrasonographie Mit dieser Untersuchung können Blutgefäße (Arterien und Venen) dargestellt werden, was besonders bei Operationen an der Halswirbelsäule von Bedeutung ist. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neurophysiologische Untersuchungen · Neurologische Untersuchung · Diagnostik C 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik Was bedeutet konventionelles Röntgen? Die konventionelle Röntgendiagnostik ist auch heute noch eine Basisuntersuchung in der Diagnostik des Knochens und des Brustkorbs. Hierbei werden Bilder z.B. von der Wirbelsäule durch Röntgenstrahlen erzeugt, die auf einem Röntgenfilm abgebildet werden und nach Belichtung den dargestellten Abschnitt als Projektionsaufnahme zeigen. Das analoge konventionelle Röntgenverfahren mit dem Röntgenfilm als Aufnahmesystem wird zunehmend von den digitalen Verfahren abgelöst, bei denen das Aufnahmesystem aus einem Detektor mit einem Analog-Digital Wandler besteht. • Magnetresonanztomografie (Kernspin, MRT) • Computertomografie (CT) • Konventionelles Röntgen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. C 05 Konventionelles Röntgen Was bedeutet konventionelles Röntgen? Die konventionelle Röntgendiagnostik ist auch heute noch eine Basisuntersuchung in der Diagnostik des Knochens und des Brustkorbs. Hierbei werden Bilder z.B. von der Wirbelsäule durch Röntgenstrahlen erzeugt, die auf einem Röntgenfilm abgebildet werden und nach Belichtung den dargestellten Abschnitt als Projektionsaufnahme zeigen. Das analoge konventionelle Röntgenverfahren mit dem Röntgenfilm als Aufnahmesystem wird zunehmend von den digitalen Verfahren abgelöst, bei denen das Aufnahmesystem aus einem Detektor mit einem Analog-Digital Wandler besteht. Welche Aufnahmetechniken gibt es? Zur Beurteilung der Wirbelsäule können folgende Aufnahmetechniken die Diagnosestellung erleichtern: · Wirbelsäulenaufnahme in 2 Ebenen, a.p. und seitlich · Schrägaufnahmem zur Beurteilung der Neuroforamina, der Facettengelenke und der Interartikularportion bei Spondylolyse · Wirbelsäulenganzaufnahmen im Stehen in 2 Ebenen zur Darstellung und Ausmessung von Wirbelsäulendeformitäten · Wirbelsäulenganzaufnahmen a.p. in Extension (Cotrel oder Haloextensionsgerät) zur Beurteilung der Aufrichtbarkeit der bestehenden Seitabweichung bei Skoliose · Bending Test zur Beurteilung, ob Seitabweichungen der Wirbelsäule spontan zu korrigieren oder bereits fixiert sind. · Röntgen in der Wahlebene nach Stagnara, plan d‘élection, eine Schrägaufnahme der Wirbelsäule zur besseren Beurteilung von Kyphoskoliosen · Röntgen a.p. der Darmbeinaponeurosen nach Risser Die Bestimmung des Skelettalters ist für die Beurteilung des weiteren Fortschreitens einer bestehenden Wirbelsäulendeformität von Bedeutung. Die Beckenkämme werden dargestellt, je nach Ausprägung der Verknöcherung der Beckenkammapophysen kann auf das weitere Skelettwachstum zurückgeschlossen werden. Beurteilung des Skelettalters nach Risser, Stadium 0-5 • Stadium 0 • Stadium 1 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik • Stadium 3 • Stadium 4 • Stadium 5 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com • Stadium 2 C 05 · zunehmende Verknöcherung der Apophysen des Beckenkamms · Röntgen a.p. der Hand zur Beurteilung des Skelettwachstums nach Greulich und Pyle, wobei der zunehmende Verschluss der Epiphysen (Wachstumsbereich der Röhrenknochen) des Handskeletts eine Bestimmung des weiteren Wachstums zulässt. • Röntgen a.p. der linken Hand · Epiphysen der Finger Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. C 05 · Bestimmung des Skoliosewinkels nach Cobb Das Ausmaß der Seitausbiegung bei der Skoliose wird an einer Wirbelsäulenganzaufnahme im Stehen bestimmt. Hierbei werden an den Scheitelwirbel (3) eine Vertikale (Senkrechte) (1a) zur Ebene der Grundplatte (2a) des unteren Neutralwinkels (4) und eine Vertikale (1b) zur Ebene der Deckplatte (2b) des oberen Neutralwinkels (5) gezogen. Der Schnittpunkt der beiden Vertikalen ergibt den Winkel á1 der Seitabweichung (Skoliosewinkel). Der Winkel á2 des Schnittpunkts der Ebenen des unteren und oberen Neutralwinkels entspricht als identischer Wechselwinkel ebenfalls dem Skoliosewinkel. Häufig liegt dieser Schnittpunkt jedoch außerhalb des angefertigten Röntgenbilds, weshalb man sich des korrespondierenden Winkels á1 bedient. • Skoliosewinkelbestimmung nach Cobb · oberer Neutralwirbel · Scheitelwirbel · unterer Neutralwirbel · Bestimmung des Skoliosewinkels nach Ferguson Die Bestimmung der Krümmungswinkel nach Ferguson ist aufwändiger und wird im Gegensatz zur Cobb Messung seltener angewendet. Als Messpunkte werden die Mittelpunkte des oberen (1a) und unteren (1b) Scheitelwirbels herangezogen, die durch eine Gerade (2) verbunden werden. Die Mittelpunkte der Wirbel unterhalb und oberhalb der Scheitelwirbel werden durch je eine Gerade (3a, 3b) verbunden. Die Schnittpunkte dieser Geraden mit der Geraden 2 ergeben die Krümmungswinkel á1 und á2. • Skoliosewinkelbestimmung nach Ferguson · oberer Scheitelwinkel · unterer Scheitelwinkel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik C 05 · Rotationsbestimmung nach Nash/Moe Mit dieser Methode bestimmt man das Maß der Rotation (Verdrehung) der skoliotischen Wirbelsäule. Auf der Röntgenaufnahme werden die Positionen der Bogenwurzeln in Relation zum Wirbelkörper beurteilt, wodurch 4 Rotationsgrade bestimmt werden können. • Rotationsbestimmung nach Nash/Moe · a: Normalbefund, keine Rotation · b: Rotation Grad I · c: Rotation Grad II · d: Rotation Grad III · e: Rotation Grad IV • Projektion der Bogenwurzeln in Abhängigkeit von der Drehung des Wirbels Konkavseite Computertomografie, CT Die Computertomografie (griechisch tomós, der Schnitt, gráphein, schreiben) ist eine spezielle Röntgentechnik, mit der man Schnittbilder von Körperregionen eines Patienten erzeugen kann. Der englische Ingenieur Hounsfield entwickelte 1971 den ersten Computertomografen. 1972 wurde das erste CT-Gerät zur Schichtdarstellung des Kopfes im Atkinson Morley´s Hospital in London installiert. Wie wird das CT-Bild erzeugt? Eine Röntgenröhre kreist um den auf einem Untersuchungstisch liegenden Patienten, während er gleichzeitig nach vorne an der Röntgenröhre vorbeigefahren wird. Die abgegebenen Röntgenstrahlen werden beim Durchdringen der unterschiedlichen Gewebe der untersuchten Körperregion verschieden stark abgeschwächt. Die unterschiedliche Abschwächung der Röntgenstrahlen wird von Detektoren aufgenommen und zu einem Computer geschickt, der aus den Datensätzen Schnittbilder und 3D Ansichten der untersuchten Region erstellen kann. Die aufeinander folgenden Schnittbilder werden in Millimeterdicke sichtbar gemacht und erlauben so die Gesamtbeurteilung der untersuchten Körperregion. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik C 05 Eine Weiterentwicklung der Computertomografie ist, die Elektronenstrahltomografie, EBT, bei der die Aufnahmegeschwindigkeit der Schnittbilder so gesteigert werden konnte, dass von bewegten Organen wie dem Herz scharfe Schnittbilder erzeugt werden können. Indikation Der diagnostische Schwerpunkt der Computertomografie liegt in der Darstellung der Bauch-und Beckenorgane, des Brustkorbs und der sehr guten Diagnosestellung von Erkrankungen des Knochens, der Gelenke und der Wirbelsäule. Bei einigen Erkrankungen der Wirbelsäule, wie bei kongenitalen Deformitäten und Tumoren, hat sich die 3D Rekonstruktion von CT-Untersuchungen als äußerst wirksam erwiesen. • Computertomografie Quelle: Siemens • CT: Arthrose des Sacroiliacalgelenks · Arthrose des Sacroiliacalgelenks Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik Magnetresonanztomografie, MRT oder Kernspintomografie Die Magnetresonanztomografie ist im Gegensatz zur Computertomografie ein bildgebendes Untersuchungsverfahren, bei der für den Patienten keine Röntgenstrahlenbelastung besteht, da für die Untersuchung des Patienten Magnetfelder und Radiowellen eingesetzt werden. Kernspintomografen sind seit 1984 im klinischen Einsatz. Wie wird das MRT-Bild erzeugt? Bei der Erstellung der MRT Bilder nutzt man die Tatsache, dass der menschliche Körper zu 90 % aus Wasser besteht, sowie die magnetische Eigenschaft der Wasserstoffatomkerne in den Körpergeweben. Die Wasserstoffatomkerne werden durch das MRT Gerät einem Magnetfeld, das bis zu 30000 Mal stärker als das Magnetfeld der Erde ist, ausgesetzt und durch gepulst gesendete Radiowellen in Schwingung versetzt. Die sich verändernden Energiesignale der Wasserstoffatomkerne werden durch das MRT Gerät aufgefangen und durch ein kompliziertes mathematisches Verfahren in anatomische Schnittbilder der untersuchten Körperregion umgewandelt. Indikation Mit der Magnetresonanztomografie lassen sich sämtliche Körpergewebe sehr genau darstellen, sie eignet sich besonders zur Untersuchung von Weichteilgewebe wie Gehirn, Rückenmark, Nerven, Bandscheiben, Blutgefäßen oder Tumoren. Da der Patient bei dieser Untersuchung einem starken Magnetfeld ausgesetzt wird, können Patienten mit elektrischen Implantaten wie z.B. einem Herzschrittmacher mit dieser Methode nicht untersucht werden. • Magnetresonanztomografie, Quelle: Siemens • MRT Lendenwirbelsäule seitlich · 12. Brustwirbel · Bandscheibe · Rückenmark · 5. Lendenwirbel · 1. Kreuzbeinwirbel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com C 05 C 05 Myelographie/Myelo-CT Das Rückenmark (Myelon) und die abgehenden Nervenwurzeln sind schützend vom Duralsack umgeben, der im so genannten Subarachnoidalraum mit Flüssigkeit (Liquor) gefüllt ist. Die Myelografie ist ein diagnostisches Verfahren, bei dem durch ein wasserlösliches Kontrastmittel der Subarchnoidalraum dargestellt werden kann. Wie wird die Myelografie durchgeführt? In der Regel wird der Duralsack nach Desinfektion des Rückens im Bereich der Lendenwirbelsäule steril punktiert und Kontrastmittel in den Rückenmarkkanal gespritzt. Wenn das Kontrastmittel das Rückenmark und die abgehenden Nervenäste umspült, werden Röntgenaufnahmen in verschiedenen Ebenen durchgeführt, mit denen die verschiedenen Bereiche des Rückenmarkkanals beurteilt werden können. Im Anschluss an diese Untersuchung wird häufig noch eine Computertomografie durchgeführt. Indikation Die Myelografie kann zur Diagnostik von Rückenmarkprozessen, Bandscheibenvorfällen und Rückmarkkanalverengungen (Spinalkanalstenosen) eingesetzt werden. Die Myelografie gehört in der Neuroradiologischen Diagnostik nach wie vor zu den wichtigsten Untersuchungsverfahren im Bereich der Wirbelsäulendiagnostik, sie erfährt in den letzten Jahren wieder eine zunehmende Bedeutung, nachdem sie vor einigen Jahren bereits tot gesagt wurde. Dies ist dadurch begründet, dass die Myelografie die derzeit einzige zur Verfügung stehende Untersuchung ist, die eine dynamische Untersuchung erlaubt. Damit ist es möglich auch krankhafte Veränderungen zu diagnostizieren, die nur unter dynamischen Bedingungen, d.h. unter Gewichtsbelastung zu sehen sind. Gerade bei fusionierenden Operationen oder bei Bandscheibenersatz kommt der Myelografie zur Beurteilung des betroffenen und der Nachbarsegmente eine besondere Bedeutung zu. • Myelografie der Halswirbelsäule a.p. • Myelografie der Halswirbelsäule seitlich Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik Röntgen und bildgebende Verfahren · Diagnostik Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com C 05 Discografie und post Disco-CT Diese Untersuchung hat im Rahmen der fusionierenden, aber auch bei bewegungserhaltenden Operationen eine besondere Bedeutung, da nur in der Kombination von Kernspintomografie und Discografie eine relativ exakte Beurteilung des Funktionszustands der Wirbelsäule möglich ist. Die degenerativen Prozesse werden hier nach Adams in verschiedene Grade eingeteilt, die eine recht exakte Beurteilung des Ausmaßes der Degeneration zulassen. Szintigraphie Die Szintigrafie ist ein nuklearmedizinisches Diagnoseverfahren, bei der die „Funktion“ von Organen oder Geweben durch Gabe von schwach radioaktiven Substanzen (Radionuklide) mit kurzer Halbwertzeit im Bild dargestellt wird. Wie wird das Szintigramm erzeugt? Nachdem der Patient die Radionuklide erhalten hat, reichern sich diese abhängig von der bestehenden Stoffwechselaktivität im Gewebe und den Organen an. Die Radionuklide senden Gammastrahlung aus, die dann von Scannern oder einer Gammakamera erfasst werden. Aus den gewonnenen Daten errechnet der Computer ein Bild der untersuchten Körperregion. Indikation Mit der Szintigrafie können Erkrankungen der Schilddrüse, des Herzens, des Gehirns, der Lunge und der Knochen erfasst werden. Bei der Untersuchung des Knochens können Entzündungen und Tumoren gut abgegrenzt werden. • Normales Ganzkörperskelettszintigramm mit typischer Verteilung des Radionuklids. Freigabe DGN/Moser/Freiburg • Szintigramm eines Patienten mit Knochenmetastasen mit deutlichen umschriebenen Mehranreicherungen des Radionuklids in den Wirbelkörpern, Rippen und im linken Schenkelhals. · Wirbelmetastase · Knochenmetastase linker Schenkelhals Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. C 06 Laborchemische Untersuchungen gehören zu den Basisuntersuchungen, mit denen man sich einen Überblick über das rote und weiße Blutbild, den Elektrolythaushalt, Gerinnungswerte, Leber- und Bauchspeicheldrüsenparameter, Retentionswerte der Niere und viele andere spezifischen biochemischen Daten unserer Organsysteme verschaffen kann. Bei der Diagnostik von Wirbelsäulenerkrankungen sind Laborwerte immer nur ein kleiner Bestandteil der Gesamtdiagnostik, da veränderte Laborwerte in der Regel keinen schlüssigen Beweis für das Vorliegen einer bestimmten Erkrankung liefern. Sind zum Beispiel die Entzündungsparameter im Blut erhöht, kann dies bei entsprechender klinischer Symptomatik zwar ein Hinweis für das Vorliegen einer entzündlichen Wirbelsäulenerkrankung sein, diese Werte können aber auch bei vielen anderen Infekten erhöht sein. Blut- und Urinuntersuchungen · Blutsenkungsgeschwindigkeit, C-reaktives Protein und Leukozyten können bei entzündlichen Prozessen erhöht sein. · Die Spiegel von Kalzium, alkalischer Phophatase, Phosphat, Vitamin D, Östrogen und Testosteron ermöglichen Aussagen über den Knochenstoffwechsel. · Erhöhte Tumormarker können einen Hinweis auf das Vorliegen einer Tumorerkrankung liefern. Liquoruntersuchung Liquor („Hirnflüssigkeit“) wird durch Punktion des Liquorraums gewonnen und kann Hinweise auf verschiedene Erkrankungen, z.B. entzündliche Prozesse erbringen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Laboruntersuchungen · Diagnostik D 01 Beratung Nahezu alle Wirbelsäulenerkrankungen ziehen für den Patienten weitreichende Folgen in seinem Berufsund Privatleben nach sich. Die exakte Diagnosestellung auf der Basis einer ausführlichen Erhebung der Krankengeschichte, körperlicher, neurologischer und apparativer Untersuchung ist die Grundlage für eine individuelle Beratung des Patienten. Nach erfolgter Diagnosestellung kann dann ein auf die jeweilige Situation abgestimmter Therapieplan erstellt werden, der, je nach Befund, ein rein konservatives Vorgehen mit verschiedenen Anwendungen oder eine Operation zur Behebung oder Verbesserung des Krankheitsbilds beinhalten kann. Die Beratung soll dem Patienten das Verständnis für sein Krankheitsbild vermitteln, damit er mit diesem Wissen die Grundlage erhält, den erarbeiteten Therapieplan konsequent umzusetzen, um dadurch den Verlauf seiner Erkrankung positiv und anhaltend zu beeinflussen. Krankengymnastik, Physikalische Therapie Krankengymnastik wird therapeutisch eingesetzt, um Funktionen der Beweglichkeit, Kraft, Koordination und der muskulären Balance zu erhalten (prophylaktische Anwendung), zu verbessern oder wiederherzustellen (rehabilitative Anwendung). Hauptziele der krankengymnastischen Therapie sind: · Behandlung einer muskulären Dysbalance · Schmerzminderung und Funktionsverbesserung · Aufdehnung verkürzter Muskel- und Sehnenstrukturen · Kräftigung der Muskulatur, eventuell mit Trainingsgeräten · Haltungs- und Bewegungsschulung · Erkennung und Behandlung von pathologischen Bewegungsmustern · Behandlung der Gelenke mit Funktionsstörung · Verhinderung von Inaktivitätsatrophien (Muskelverkürzungen und Muskelrückgang) Krankengymnastisch behandelt werden hauptsächlich: · Angeborene und degenerative (abnutzungsbedingte) Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats · Traumatisch, entzündlich oder funktionell verursachte Störungen der Beweglichkeit · Durch das Gehirn oder das Rückenmark zentral bedingte Bewegungsstörungen · Periphere Lähmungen durch Muskelveränderungen Nach Erhebung des krankengymnastischen Befunds können die vorliegenden funktionellen Störungen mit verschiedenen Techniken individuell behandelt werden. · Spezielle krankengymnastische Therapieformen bei der Skoliosebehandlung: In Abhängigkeit von den vorliegenden Befunden ist der Einsatz gezielt wirkender physiotherapeutischer Maßnahmen unter professioneller Anleitung ein zentrales Element der konservativen Behandlung. · Dreidimensionale Skoliosebehandlung nach Katharina Schroth Die dreidimensionale Skoliosebehandlung nach Katharina Schroth stellt ein sehr komplexes physiotherapeutisches Behandlungsschema dar, das bei intensivem Training unter Anleitung und regelmäßiger Anwendung sehr hilfreich sein kann. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Krankengymnastik, Physikalische Therapie · Konservative Therapie D 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Krankengymnastik, Physikalische Therapie · Konservative Therapie · Behandlung nach dem Vojta Konzept Vojta hat ein Bewegungsentwicklungsmodell entwickelt, das bei jedem Menschen individuell ein Bewegungsmuster beinhaltet, das die Körperlage im Raum sichert, Aufrichtung und zielorientierte Bewegung ermöglicht und die Muskelfunktion innerhalb der Muskelketten differenziert. Bei diesen Vorgängen, die automatisch und unwillkürlich ablaufen, steht die Wirbelsäule im Zentrum. Bewegungsmuster können reflektorisch aktiviert werden, wodurch die Wirbelsäule dreidimensional beeinflusst werden kann. · E-Technik (Hanke-Konzept) Hierbei handelt es sich um eine neurophysiologische Behandlungsmethode, die auf der Grundlage des Vojta Konzepts weiterentwickelt wurde. Sie hilft, gestörte Bewegungs- und Haltungsmuster zu verbessern. Die genannten Therapiemethoden können in Kombination mit dem Erlernen spezieller Atemtechniken dem Patienten helfen, die Wirbelsäule zu stabilisieren und neue Bewegungs- und Haltungsmuster zu erlernen. Wie bei der Anwendung jeder konservativen unterstützenden Behandlungsmethode hängt der Erfolg von der professionellen Anleitung und der Regelmäßigkeit der durchgeführten Übungen im Alltag ab. Manuelle Therapie Die manuelle Therapie ist ein schonendes Behandlungsverfahren bei Erkrankungen des Bewegungsapparats, bei der mit speziellen Handgrifftechniken an den Gelenken, der Wirbelsäule und den Wirbelgelenken der vorliegende Befund der Funktionsstörung erhoben werden und behandelt werden kann. Die speziellen Handgriffe können sowohl zur Schmerzlinderung, als auch zur Mobilisation von gestörten Bewegungsabläufen angewendet werden. Die manuelle Therapie greift mit ihren Techniken in der Wechselwirkung der Funktionseinheit Gelenk-Muskulatur-Nervenversorgung ein, wobei abhängig vom erhobenen Befund verschiedene Mobilisationstechniken zur Anwendung kommen: · Durch die Weichteilbehandlung werden mit verschiedenen Dehnungs- und Entspannungstechniken die verkürzten Strukturen „verlängert“ · Mit der Traktionstechnik wird an betroffenen Gelenkanteilen durch manuellen Zug eine Druckentlastung provoziert, wodurch es zur Schmerzreduktion kommen kann · Mit der Technik des translatorischen Gleitens kann ein reduziertes Beweglichkeitsspiel der Gelenke wiederhergestellt werden. Chirotherapie Die Chirotherapie ist eine Behandlungsmethode für schmerzhafte Funktionsstörungen der Gelenke, Wirbelsäule und der Wirbelgelenke, bei der durch manuelle Handgrifftechniken Gelenkblockierungen wieder „eingerenkt“ werden und chronische Schmerzen im Bewegungssystem vermindert werden können. Die Chirotherapie sollte nur von speziell ausgebildeten Therapeuten angewendet werden, da eine falsche Manipulation an der Wirbelsäule und den Wirbelgelenken zu massiven Schäden bis hin zu Lähmungen führen kann. Bei akuten Entzündungen, Bandscheibenvorfällen, Frakturen, Osteoporose und einer erhöhten Blutungsneigung (Hämophilie) darf die Chirotherapie nicht angewendet werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. D 01 Extensionsbehandlung Bei dieser Behandlungsart wird Zugkraft auf die Wirbelsäule und die Gelenke der Extremitäten ausgeübt, wodurch es durch Entlastung der Wirbelsäulenabschnitte, Bandscheiben und eventuell komprimierter Nervenwurzeln, sowie der Gelenke zur Linderung von Beschwerden kommt. Die Extensions- oder Traktionsbehandlung wird in der Regel auf dem Extensionstisch oder Schlingentisch durchgeführt. Mit der Glissonschlinge kann eine dosierte Traktion (Streckung) der Halswirbelsäule erzielt werden, das Perl´sche Gerät übt Traktion auf die Lendenwirbelsäule aus, wodurch es zur Entlastung der entsprechenden Rückenmarksnerven und Bandscheiben mit Rückgang der Schmerzen kommt. Die Wirkung der Traktion wird vom Physiotherapeuten durch die Zugrichtung, den Kraftansatz und eine entsprechende Stellung der jeweiligen Gelenke bestimmt Osteopathie Die Osteopathie ist eine ganzheitliche Therapiemethode, die die durch manuelle Grifftechniken Funktionsstörungen an der Muskulatur, den Muskelhüllen (Faszien), Bändern, dem gesamten knöchernen Skelett und den inneren Organen erkennen und behandeln kann. Die Osteopathie gliedert ihren Therapiebereich in das Muskel-Skelett-System mit Knochen, Gelenken, Muskeln, Muskelhüllen (Faszien), Sehnen und Bändern, in das System der inneren Organe und das Craniosacrale System, das aus dem Schädel (cranium), dem Kreuzbein (os sacrum) und der verbindenden Wirbelsäule besteht. Die physikalische Therapie benutzt natürlich vorkommende oder apparativ erzeugte Energie wie Strom, elektromagnetische Wellen oder Wärme um Heilungsvorgänge zu unterstützen und zu verbessern. Methoden der physikalischen Therapie sind Wassertherapie, Elektrotherapie, Wärme- und Kälteanwendung, Massagen und Extensionsbehandlung. Hydrotherapie (Wassertherapie) Die Anwendung von Wasser zu Heilzwecken war schon bei den Römern bekannt, Sebastian Kneipp zählte die Hydrotherapie zu den fünf Säulen der Naturheilmethoden. In der Hydrotherapie kommen folgende Verfahren zur Anwendung: · Wassergüsse · Waschungen · Bäder · Sauna · Wickel · Packungen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Krankengymnastik, Physikalische Therapie · Konservative Therapie D 01 Thermotherapie (Wärmebehandlung – Kältebehandlung) Bei der Wärmetherapie wird durch Wärmeabgabe von Moorpackungen, Fango, Rotlicht oder heißer Rolle eine Durchblutungsförderung, eine Stoffwechselanregung und eine Entspannung der Muskulatur der erkrankten Körperregionen erreicht, wodurch bestehende Schmerzen reduziert werden. Bei der Kältebehandlung (Kryotherapie) findet durch Eisauflagerung eine lokale Abkühlung der betroffenen Gewebe statt, wodurch es zur Schmerzlinderung kommt. Elektrotherapie Bei diesem Verfahren erreicht man durch die Anwendung von Stromimpulsen mit konstanten oder unterschiedlichen Frequenzen eine Förderung der lokalen Durchblutung der behandelten Gewebe, eine Regulation der Muskelspannung (Muskeltonus), eine Anregung des lokalen Stoffwechsels und eine Reduzierung der Schmerzen. Massage Massage stammt aus dem griechischen und bedeutet „Kneten oder Reiben“. Die Technik der Massage wurde bereits von Hippokrates (460-377 v.Chr.) beschrieben. Bei dieser Anwendungstechnik sollen durch gezielte Massagegriffe folgende Reize auf die behandelnden Gewebe gesetzt werden: · Reduktion der Schmerzen · Psychische Entspannung · Förderung der Durchblutung · Entstauung von Venen und Lymphgefäßen · Wiederherstellung einer normalen Muskelspannung Je nach vorliegender Funktionsstörung kommen verschiedene Massagetechniken wie klassische Massage, Bindegewebsmassage, Reflexzonenmassage, manuelle Lymphdrainage und andere Massageanwendungen zum Einsatz. PNF (Propriozeptive neuromuskuläre Faszikulation) Die PNF ist eine spezialisierte Übungsbehandlung, bei der durch Widerstände, die der Therapeut dem Patienten bei den Übungen entgegensetzt, ein verbessertes Zusammenspiel zwischen Muskulatur und den versorgenden Nerven wieder antrainiert werden soll. Die PNF findet ihre Anwendung in der Behandlung von Lähmungen nach Schlaganfall, Schädelhirntrauma, nach Operationen des Bewegungsapparats, multipler Sklerose und Parkinsonscher Krankheit. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Krankengymnastik, Physikalische Therapie · Konservative Therapie D 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Orthopädietechnik, Korsett-Therapie · Konservative Therapie Orthopädietechnik, Korsett-Therapie Erste Beschreibungen einer Korsetttherapie der Skoliose finden sich bereits bei Hippokrates, im Mittelalter wurde von Ambroise Paré ein Stützapparat aus Eisenplatten entwickelt. Seit des von Blount 1945 entwickelten Milwaukee-Korsetts haben sich bis heute verschiedene Weiterentwicklungen und Modifizierungen von Korsetts zur konservativen Skoliosetherapie etabliert. Das Ziel der Korsett-Therapie besteht in der Aufhaltung des Fortschreitens der Wirbelsäulenverkrümmung und einer teilweise Wiederaufrichtung der bestehenden Krümmung. Die Skoliosetherapie mit einem Korsett, das über einen langen Zeitraum getragen werden muss, ist gerade für einen heranwachsenden jungen Menschen eine starke psychische und physische Belastung, mit der er sich im Alltag arrangieren muss. Dies setzt eine intensive begleitende und unterstützende Führung durch Eltern und Therapeuten voraus. Eine Korsetttherapie kann nur dann einen Erfolg zeigen, wenn folgende Faktoren gegeben sind: · Richtige Wahl des Korsetts · Korrekter Aufbau des Korsetts · Regelmäßige Kontrollen, um Korrekturen zu veranlassen · Einsicht und absolute Kooperationsbereitschaft durch den Patienten · Intensive Unterstützung durch das familiäre und therapeutische Umfeld Die Korsett-Therapie bei der Behandlung der Skoliose wird seit Jahren kontrovers diskutiert, international gibt es keine einheitlichen Empfehlungen. Der Einsatz einer Korsettversorgung ist oft fraglich, da die Effizienz der Korsettbehandlung in keiner Weise bewiesen ist. Allgemein kann es dagegen als bewiesen angesehen werden, dass eine stark progrediente (zunehmende) Skoliose durch eine Korsettversorgung letztendlich nicht zu beeinflussen ist! Die therapeutischen Ziele, die bei der Skoliosetherapie in unserer Abteilung verfolgt werden finden Sie in dem Kapitel „Deformitäten, Skoliose“. In der folgenden Aufstellung finden Sie eine Kurzbeschreibung verschiedener Korsettarten. Milwaukee Korsett Das Milwaukee Korsett wurde 1945 von Blount in den USA entwickelt, es besteht aus einem Kunststoffbeckenteil, das vorne und hinten über Aluminiumführungen mit dem geschlossenen Halsring verbunden ist. Der Halsring wird hinten mit einer Schraube verschlossen, hier finden sich ebenfalls die Hinterhauptpolster. Vorne befindet sich eine muldenförmige Auflage für das Kinn. Durch den Einbau von Druckpolstern (Pelotten) wird eine Korrektur der Wirbelsäulenfehlstellung erreicht. Durch das Korsett soll eine aktive Extension, Derotation und ein Lordoseausgleich herbeigeführt werden. Die Behandlung im Milwaukee-Korsett wird durch eine spezielle Krankengymnastik im Korsett begleitet. Die Nachteile liegen in einem stark lordosierenden Effekt auf die Brustwirbelsäule und in dem belastenden Tragekomfort durch den Halsring. Das Milwaukee-Korsett wird heute in aller Regel nur noch bei hochthorakalen Skoliosen verwendet. Underarm braces (TLSO = thorako-lumbo-sakrale-Orthese) Als underarm braces werden die Nachfolger des Milwaukee Korsetts bezeichnet, die ohne Halsring auskommen. Bei den TLSO Orthesen wird über eingebaute Pelotten (Druckpolster) an drei Stellen Druck auf die Wirbelsäule ausgeübt, damit die korrigierende Kraft ausgeübt werden kann, um die Fehlstellung der Wirbelsäule zu verbessern. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. D 02 Diese so genannten Dreipunkte-Korsetts haben ihre Druckpolster in der Regel im Bereich der Lendenwirbelsäule, der Außenseite des Beckens und am Brustkorb. Die Derotationsorthesen nach Boston, Chêneau und das Lyoner (Stagnara) Korsett gehören zu dieser Art von Orthesen. Boston Korsett Das Boston Korsett ist eine Weiterentwicklung des Milwaukee Korsetts. Das Korsett wird nach einem Gipsabdruck aus Kunststoff angefertigt und soll über eingebaute Erhöhungen eine teilaktive Korrektur der Wirbelsäulenfehlstellung erreichen. Das Boston Korsett zeichnet sich anfänglich durch eine starke Entlordosierung der Lendenwirbelsäule aus, die sich als nachteilig erwies. In der Folgezeit wurden durch den modularen Aufbau der Korsetts Varianten des Boston Korsetts entwickelt, die eine Lendenlordose bis zu einem Cobb Winkel von 15° aufzeigen. Dies ist von entscheidender Bedeutung bei der Korrektur der Fehlstellung, da nur über eine physiologische Ausbildung der Lendenlordose eine Kyphosierung der thorakalen und thorakolumbalen Wirbelsäule erreicht werden kann. Das Zusammenspiel der Module und der eingebauten Druckpelotten soll dann eine Aufrichtung und Derotation der Wirbelsäule bewirken. Das Boston Korsett wird in der Regel zur Behandlung lumbaler und thorakolumbaler Skoliosen eingesetzt. Chêneau Korsett Das Chêneau Korsett wurde Mitte der 70er Jahre durch den französischen Arzt Jacques Chêneau entwickelt. Die Orthese wird nach Gipsabdruck aus Kunststoff gefertigt, verfügt über einen Beckenkorb, der das Becken aufrichtet und eine Streckung der Lendenwirbelsäule zulässt. Das Chêneau Korsett ist ein teilaktives Inspirations-Derotationskorsett, wodurch die Korrektur der bestehenden Fehlstellung durch den Pelottendruck, die Freiräume in der Orthese, die als Ausgleichsräume dienen und eine speziell zu erlernende Atemtechnik erreicht wird. Das Chêneau Korsett wird in der Regel zur konservativen Therapie der idiopathischen thorakalen Skoliose eingesetzt. Lyoner oder Stagnara Korsett Durch eine hohe Anlage des Korsetts unter den Achseln bewirkt diese Orthese eine Rumpfextension. Der Beckenteil und die Achselstützen sind vorn und hinten mit Aluminiumstäben verbunden, die eingebauten Druckpelotten bewirken eine Derotation. Das Stagnara Korsett kann bei thorakolumbalen und mittelhohen thorakalen Skoliosen eingesetzt werden. Wilmington Brace Dieses Korsett wird aus Thermoplast hergestellt und findet hauptsächlich bei thorakolumbalen Skoliosen ohne fixierte Rotationsstellung der Wirbelsäule seine Anwendung. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Orthopädietechnik, Korsett-Therapie · Konservative Therapie D 02 Charleston Bending Brace Dieses Korsett ist ein so genanntes Umkrümmungskorsett, da im Vergleich zu den oben genannten Orthesen eine umkrümmende Kraft auf die Wirbelsäulenverbiegung einwirkt. Der Patient wird im Korsett in einer maximalen Seitwärtsneigung der zu behandelnden Krümmung gehalten. Durch eine eingebaute Pelotte wird Druck auf die maximale Spitze (Apex) der Krümmung ausgeübt, wodurch eine Umkrümmung der skoliotischen Deformität erreicht wird. Das Korsett soll 8 Stunden während der Nachtruhe getragen werden und wird zur Behandlung kurzer thorakolumbaler oder lumbaler Skoliosen eingesetzt. Umkrümmungskorsett nach Lukeschitsch Durch eine in den Beckenkorb eingebrachte Pelotte wird Druck auf den lumbalen Scheitel der skoliotischen Krümmung ausgeübt. An den ventralen und dorsalen Aluminiumstangen des Korsetts können Pelotten stufenlos eingestellt werden. Diese Druckkomponenten führen zu einer Derotation und Aufrichtung der Wirbelsäule. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Orthopädietechnik, Korsett-Therapie · Konservative Therapie D 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Schmerztherapie · Konservative Therapie Über die Entstehung des Rückenschmerzes können Sie sich in dem Kapitel “Der Rückenschmerz” weiter informieren. Nachfolgend erläutern wir kurz die möglichen medikamentösen und invasiven Möglichkeiten der Schmerztherapie. Medikamentöse Therapie Eine medikamentöse Behandlung von Rückenschmerzen sollte immer mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden, da vor Einleitung einer medikamentösen Behandlung abgeklärt werden muss, ob Medikamentenunverträglichkeiten bestehen oder ob vorbestehende Erkrankungen den Einsatz bestimmter Medikamente unmöglich machen. Bei jeder medikamentösen Schmerztherapie muss bedacht werden, dass auch der Einsatz von starken Schmerzmitteln nicht immer eine Schmerzfreiheit garantiert. Medikamente aus der Klasse der nicht-steroidalen Antirheumatica und verwandte Substanzen mit folgenden Wirkstoffen werden häufig zur Linderung von Rückenschmerzen eingesetzt: · Acetylsalicylsäure · Diclofenac · Ibuprofen · Paracetamol · Novaminsulfon · und andere ähnlich wirksame Wirkstoffe Einige der Medikamente aus diesen Wirkstoffgruppen können bei längerer Einnahme eine Reizung der Magenschleimhaut bis hin zu Magenblutungen nach sich ziehen, weshalb besondere Vorsicht geboten ist und in der Regel ein zusätzliches Medikament als Magenschutz eingenommen werden sollte. Bei schwersten oder massiven chronifizierten Schmerzen, die von Wirbelsäulenerkrankungen ausgehen, kann auch der Einsatz von Opiaten erforderlich werden. In den Opiatklassen unterscheidet man: schwach wirksame Opiate · Tramadol · Tilidin Stark wirksame Opiate · Fentanyl · Hydromorphon · Pentazozin · Oxycodon · Morphin In einer adäquten medikamentösen Schmerztherapie bei starken Schmerzzuständen wird häufig eine Kombination aus Schmerzmitteln, Muskelrelaxantien und Psychopharmaka eingesetzt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. D 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Schmerztherapie · Konservative Therapie Interventionelle Techniken der Schmerzbekämfung · Periradikuläre Infiltrationstherapie Diese Methode der Schmerztherapie wird bei Schmerzen eingesetzt, die durch Druck eines nicht operationsbedürftigen Bandscheibenvorfalls auf die entsprechende Nervenwurzel eine Reizsymptomatik verursachen. Bei degenerativ bedingten Verengungen der Zwischenwirbellöcher wird diese Methode ebenfalls eingesetzt. Unter röntgenologischer Durchleuchtung oder CT- gesteuert wird eine dünne Nadel an die entsprechende Nervenwurzel herangeführt, nach Lagekontrolle wird die entsprechende Nervenwurzel dann mit einer schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamentenmischung umspült, die aus einem örtlichen Betäubungsmittel und einem Kortison-haltigen Präparat besteht. Durch diese Technik wird gewährleistet, dass eine hohe Wirkstoffkonzentration an den Ursprungsort der Schmerzentstehung gelangt. Je nach Intensität der Beschwerden muss diese Behandlung mehrmals über einen Zeitraum von 3 Wochen durchgeführt werden. Durch die Wirkung des örtlichen Betäubungsmittels kann es kurzfristig zu einer Schwäche oder einem Taubheitsgefühl im Arm oder Bein kommen, die aber nach kurzer Zeit wieder verschwindet. · Triggerpunktblockaden Triggerpunkte sind bis zu einem cm² große Punkte im Muskel, den Muskelhüllen und den Sehnen, die Schmerzen verursachen können. Von diesen Triggerpunkten aus können die Schmerzen in andere Regionen weitergeleitet werden, man spricht dann von einem Projektionsschmerz. Diese Art von Schmerzen tritt oft am Hinterkopf, dem Rücken, Nacken und Schultern auf. Schmerzhaft Triggerpunkte können gerade in der Muskulatur eine Kettenreaktion auslösen. Durch eine Überbelastung oder Schonhaltung bei schmerzhafter Muskulatur zieht sich der betroffene Muskel zusammen, es kommt zu einer Verspannung, die zu einer örtlichen Minderdurchblutung des Muskelgewebes führt. Der betroffene Patient nimmt eine Schonhaltung ein, um die Schmerzen zu lindern. Dadurch können sich aber andere Muskelgruppen ebenfalls verspannen, neue Triggerpunkte entstehen und die Schmerzen werden stärker. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, werden die Triggerpunkte bei der Untersuchung lokalisiert und gezielt durch Infiltration eines örtlichen Betäubungsmittels blockiert. Durch diese Behandlung kommt es rasch zu einer lokalen Schmerzlinderung. · Sympathicusblockaden Das vegetative Nervensystem (Sympathikus) besitzt mehrere vegetative Zentren mit empfindlichen Nervenfasern, die unter anderem auch Schmerzzentren und schmerzleitende Fasern beeinflussen. Sympathikusblockaden werden an der Halswirbelsäule (am ganglion stellatum) und an der Lendenwirbelsäule (am lumbalen sympathischen Grenzstrang) durchgeführt. Bei dieser Behandlung wird örtliches Betäubungsmittel an die genannten Nervenstrukturen gespritzt, wodurch es zu einer stärkeren Durchblutung der Gewebe kommt, die von diesen Nervenzentren versorgt werden. Durch die bessere Muskeldurchblutung kommt es zu einer Entspannung der Muskelfasern und damit zu einer Schmerzverminderung. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. D 03 · Facettenblockade Bei der Facettenblockade handelt es sich um die Behandlung der Facettengelenke, der so genannten kleinen Wirbelgelenke. Unter Kontrolle mit der Computertomographie wird ein örtliches Betäubungsmittel genau an die kleinen Wirbelgelenke gespritzt, wodurch es rasch zu einer Linderung der entsprechenden Schmerzen kommt. Invasive Schmerztherapie · Facettendenervation Bei chronischen Schmerzen, die von den keinen Wirbelgelenken ausgehen, kann eine Behandlung, die die nervale und damit die schmerzleitende Versorgung der Facettengelenke unterbricht, zu einer Schmerzlinderung führen. Bei dieser Methode wird unter Kontrolle durch Computertomographie eine Sonde an die Nervenäste gebracht, die das jeweilige Facettengelenk versorgen. Nachdem die korrekte Sondenlage ermittelt wurde, wird über Hochfrequenz erzeugte Hitze von 80-90° Celsius oder Lasertechnik auf die Nervenäste geleitet, die dadurch zerstört werden. Nach der Behandlung zeigt sich bei den meisten Patienten eine deutliche Schmerzminderung. · Epidurale Rückenmarkstimulation Diese Methode wird bei schweren, therapieresistenten neuropathischen Schmerzen oder Rhizopathien (Wurzelreizungen) nach Bandscheibenoperationen eingesetzt. In einer örtlichen Betäubung wird eine Elektrode in den Raum zwischen den Rückenmarkhüllen und den Wirbelbögen eingebracht. Über eine Stimulation der Elektrode kann diese genau platziert werden. Die Stimulation erfolgt über einen Impulsgenerator, der unter die Haut der Brustwand implantiert wird („Nervenschrittmacher“) und elektrische Impulse über ein Verbindungskabel zur Elektrode an das Rückenmark abgibt. Diese elektrischen Impulse bewirken im Rückenmark eine Unterbrechung der Schmerzweiterleitung, weshalb es dadurch zu einer deutlichen Schmerzlinderung kommt. TENS (Transkutane elektrische Nerven-Stimulation) Die TENS sendet über Elektroden, die auf der Haut aufgesetzt werden, elektrische Impulse zu den Nerven einer Schmerzregion, wodurch die Schmerzleitung unterdrückt wird. Die Wirkungsweise von Nervenstimulationen in der Schmerztherapie beruht auf zwei Ansätzen. Wenn die Nerven durch Elektroden von außen oder durch eine Lage in den Rückenmarkhüllen, wie bei der epiduralen Rückenmarkstimulation, mit einer hohen Stromfrequenz gereizt werden, sind die Nerven nicht mehr in der Lage, die Schmerzen zum Gehirn weiterzuleiten. Wird die TENS Therapie mit niederfrequentem Strom durchgeführt, kommt es zur vermehrten Ausschüttung der körpereigenen Schmerzmittel, der Endorphine. Die Endorphine besetzen dann die Rezeptoren, an denen sich normalerweise die Botenstoffe ankoppeln, die für die Weiterleitung der Schmerzimpulse zum Gehirn verantwortlich sind, wodurch das Schmerzempfinden herabgesetzt wird. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Schmerztherapie · Konservative Therapie D 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Schmerztherapie · Konservative Therapie Akupunktur Die Akupunktur wird mittlerweile, neben vielen anderen Einsatzmöglichkeiten, auch in der Therapie von Rückenbeschwerden eingesetzt. Die Akupunktur entstammt aus der Traditionellen Chinesischen Medizin. Die Grundlage dieser Behandlungstechnik besteht in der Vorstellung, dass der menschliche Körper von Energieleitbahnen, so genannten Meridianen, überzogen wird. Auf diesen Meridianen gibt es 361 verschiedene Punkte, die die eine direkte Beziehung zu Organsystemen oder Körperarealen haben. Bei der Akupunktur werden sterile Einmalnadeln an diesen festgelegten Punkten durch die Haut eingestochen. Durch die Verbindung dieser Punkte mit den entsprechenden Körperregionen kann eine Regulierung der vorliegenden Störungen erreicht werden. Die Traditionelle Chinesische Medizin setzt die Akupunktur bereits mehr als 3000 Jahre zur Behandlung einer Vielzahl von Erkrankungen ein, die Akupunktur wird dort sogar als Narkoseverfahren für Operationen angewendet. In der westlichen Medizin wird die Akupunktur hauptsächlich zur Behandlung von Schmerzzuständen eingesetzt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. D 04 Schmerzen, besonders chronische Schmerzen, verursachen Stress, durch den es zu anhaltenden Phasen mit Anspannung und Erregung kommen kann. In diesen Situationen kann die Schmerzschwelle erniedrigt werden, was zu einer erhöhten Schmerzempfindung und dadurch zu einer steigenden Schmerzmitteleinnahme führen kann. Deshalb ist bei chronischen Schmerzen eine psychologische Betreuung ein sinnvolles therapeutisches Instrument, um dem Patienten bei der Schmerzbewältigung seiner Schmerzkrankheit zu helfen. Der Sinn dieser unterstützenden Behandlungsverfahren liegt hauptsächlich darin, dem Patienten Hilfswege zu zeigen, wie er über den Weg einer Schmerzdistanzierung mit seinen chronischen Schmerzen umgehen kann, um individuell wieder Lebensqualität zu erlangen. Die wichtigsten psychologischen Verfahren in der Behandlung chronischer Schmerzzustände sind: · Entspannungstechniken Die wichtigsten Techniken sind das autogene Training und die progressive Muskelentspannung nach Jacobson, beide Verfahren können durch den Patienten nach Anleitung eigenverantwortlich als Übungsprogramm durchgeführt werden. · Autogenes Training Das Konzept des autogenen Trainings wurde 1932 von dem Arzt I.H.Schultz entwickelt. Die Grundlage dieser Technik ist die „konzentrative Selbstentspannung“, bei der durch Autosuggestion („Selbstbeeinflussung“) eine Veränderung der psychovegetativen Funktionen erreicht werden kann. In der Basisstufe des autogenen Trainings wird über spezielle Wahrnehmungsübungen versucht, eine völlige Konzentration auf seinen Körper zu erreichen. Man unterscheidet: · Wärmeübungen, bei denen suggeriert wird, dass sich Körperteile warm anfühlen · Schwereübungen suggerieren die Schwere der Körperteile · Mit Atem- und Herzübungen wird versucht, Atem- und Herzfrequenz zu beeinflussen Nach mehrwöchigem Üben lassen sich Körperreaktionen beeinflussen, wodurch eine gute Entspannung in Stresssituationen erreicht werden kann. In einer fortgeschrittenen Stufe des autogenen Trainings benutzt man Bilder und Situationen, die vom Übenden selbst gewählt werden, in die sich der Patient begibt und bewusst erlebt. Hierbei wird nicht nur eine Entspannungssituation erreicht, sondern durch das Erlernen einer verbesserten Selbsterkenntnis und Eigenwahrnehmung können Problemlösungen erarbeitet werden. · Progressive Muskelentspannung nach Jacobson Der Arzt Jacobson (1885-1976) beobachtete in seinen physiologischen Studien, dass beim Anspannen der Muskulatur oft psychische Anspannung, Unruhe und gelegentlich sogar Angstzustände verursacht wurden. Er entwickelte auf Grundlage dieser Erkenntnisse eine Methode, um Spannungen zu lösen. Die Entspannungstechnik von Jacobson soll dem Übenden nach intensivem Training die Fähigkeit vermitteln, seine Muskelgruppen zunächst durch gezieltes Anspannen und kurzem Halten der Spannung intensiv zu erleben, im weiteren Trainingsverlauf einzelne oder mehrere Muskelgruppen zeitgleich zu entspannen und eine regelmäßige, langsame Atmung zu erlernen. Das progressive Element dieser Methode besteht bei entsprechendem regelmäßigem Training in der erlernbaren Fähigkeit, in sehr kurzer Zeit eine Entspannungsphase zu erlangen. Die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson ist leichter erlernbar als autogenes Training, da genau nach den Anweisungen des Therapeuten (z.B. in der Gruppe oder allein mit Hilfe einer Hörkassette) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Psychologische Betreuung · Konservative Therapie D 04 geübt werden kann. Sie zielt auf das Erlernen eines körperlichen Entspannungszustandes ab, durch den Spannungen, Schmerz und erhöhte psychische Erregung im Alltag abgebaut werden können. · Biofeedback Biofeedback wird, neben anderen Indikationsstellungen, auch im Rahmen einer verhaltenstherapeutischen Behandlung bei Schmerzzuständen eingesetzt. Die meisten Vorgänge im Körper laufen für die menschliche Wahrnehmung unbewusst und nicht willentlich beeinflussbar ab. Klassische Beispiele sind zum Beispiel die Regulation des Blutdrucks oder der Spannungszustand unserer Muskulatur, die von einer Vielzahl von eigenständigen Einflüssen reguliert werden, ohne dass ein willentliches Eingreifen durch uns erfolgt. Beim Biofeedbackverfahren werden uns diese aktuellen Körperzustände (z.B. Höhe des Blutdrucks, Spannung der Muskulatur oder der Haut) durch die Unterstützung von kleinen Messgeräten über optische oder akustische Signale mitgeteilt, wodurch sie für uns wahrnehmbar werden. Durch Erlernen und Erleben dieser Körperzustände nehmen wir in der ersten Phase dieser Methode die unterschiedlichen Spannungs- und Entspannungssituationen wahr und können uns diese einprägen. In der zweiten Phase lernen wir die für uns günstigen Körpersignale, z.B. „entspannte Muskulatur“ , „Entspannung“ oder „normaler Blutdruck“, aus der Vielzahl von Wahrnehmungen herauszufiltern und herzustellen. Nach intensivem Einprägen der Vielfalt von günstigen und ungünstigen körperlichen Wahrnehmungen, anfänglich durch die entsprechenden Biofeedbackgeräte unterstützt, erreicht man mit dieser Methode im Laufe des Trainings die Fähigkeit, durch erlernte Wahrnehmung seines Körperzustands (Einprägung), die für uns positiven und günstigen Körpersituationen willentlich herzustellen. Die Methodik basiert auf dem Prinzip der so genannten operanten Konditionierung, bei der wir unsere Körpervorgänge bewusst wahrnehmen, uns diese als günstig oder ungünstig einprägen und in der Endstufe dieser Technik lernen, diese Körpervorgänge willentlich zu beeinflussen und zu kontrollieren. · Hypnose Hypnose ist von dem griechischen Wort „hypnos“, der Schlaf, abgeleitet und kann als ein dem Schlaf ähnlicher Zustand in tiefer Entspannung angesehen werden, der durch den Therapeuten hervorgerufen werden kann. Im hypnotisierten Zustand ist der Patient völlig entspannt, er behält jedoch letztendlich die Kontrolle, eine Manipulation durch den Hypnosetherapeuten ist nicht möglich. Der Therapeut erzeugt eine Situation der körperlichen und geistigen Entspannung, wodurch die aktuelle Realität in den Hintergrund tritt und die Möglichkeit besteht, die Aufnahmefähigkeit des Unterbewusstseins für Suggestionen zu erhöhen. Im Hypnosezustand wird versucht, individuelle negative Erlebnisse oder Eigenschaften des Patienten durch Suggestion in positive Eigenschaften oder Gewohnheiten „umzuprogrammieren“. Die medizinische Hypnose wird, neben anderen Einsatzgebieten, zur unterstützenden Behandlung in der Schmerztherapie, in der Suchttherapie und bei Angstzuständen eingesetzt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Psychologische Betreuung · Konservative Therapie E 01 Der Rückenschmerz, ein volkswirtschaftlicher Faktor Wer kennt das nicht, der Rücken schmerzt, Sitzen, Bücken oder das Aufrichten machen plötzlich bislang nicht bekannte Beschwerden. Wenn man sich die bekannten Studien bezüglich des Symptoms Rückenschmerz in Deutschland betrachtet, muss man davon ausgehen, dass aktuell die Häufigkeit von Rückenschmerzen bei Erwachsenen bei einer Punktprävalenz von cirka 40 % liegt. Die Punktprävalenz ist eine statistische Kennzahl, die angibt, wie hoch die Anzahl der Betroffenen einer bestimmten Erkrankung (zum Beispiel Rückenschmerz) in einer bestimmten Population (zum Beispiel innerhalb der Gruppe der Erwachsenen in Deutschland) zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. Betrachtet man die Lebenszeitprävalenz, so kann man davon ausgehen, dass mehr als 80 % der Erwachsenen in Deutschland im Laufe ihres Lebens unter Rückenschmerzen gelitten haben. Die Mehrzahl der Patienten mit Rückenschmerzen sind zwischen 30 und 50 Jahren alt. Der Rückenschmerz nimmt bereits bei Heranwachsenden deutlich zu, man kann davon ausgehen, dass in Deutschland etwa 40 % der 14-19 Jährigen unter wiederkehrenden Rückenschmerzen leiden. Der Rückenschmerz hat sich somit zur Volkskrankheit Nr. 1 in Deutschland entwickelt. Volkswirtschaftlich ist der Rückenschmerz ein gewaltiger Kostenfaktor: · In Deutschland werden jährlich cirka 25-30 Milliarden Euro für Diagnostik und Therapie, Ausfallkosten durch Arbeitsunfähigkeitstage und Kosten einer Berentung durch bestehende Rückenbeschwerden ausgegeben. · cirka 40 % aller Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind durch Rückenschmerzen bedingt. · cirka 20 % der Berentungen erfolgen auf Grundlage chronischer Wirbelsäulenbeschwerden · cirka 10 % der akuten Rückenschmerzen gehen in chronische Verläufe über · die chronischen Rückenschmerzpatienten machen bis zu 80 % der Gesamtkosten mit der Diagnose „Rückenschmerz“ aus · mehr als 10 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage werden jährlich durch Rückenbeschwerden verursacht Welche Ursachen und Risikofaktoren für die Entstehung von Rückenschmerzen gibt es? Der Rückenschmerz stellt keine eigenständige Diagnose dar, sondern muss als Komplex von Symptomen und individuellen Faktoren gesehen werden, der sich aus biologischen, sozialen und psychischen Komponenten zusammensetzt: · Biologisch · degenerative Veränderungen · höheres Alter · Trauma · Defizite und Dysbalancen der Muskulatur, die den Rumpf stabilisiert · Sozial · Berufliche Situation mit körperlicher Schwerarbeit oder einseitiger Körperhaltung (z.B. langes Sitzen, langes Stehen, Arbeiten in gebeugter Haltung) · geringe berufliche Qualifikation oder berufliche Unzufriedenheit · Lebensstil mit Rauchen, Übergewicht, mangelnder Bewegung, schlechter Kondition und fehlenden Ausgleichstätigkeiten zu Beruf und Alltag. · Psychisch · Angst, Depression · Überforderung · Stress, Konflikte im Alltag · Somatisierungsstörung · Posttraumatische Belastungsstörungen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Ursachen/Risikofaktoren · Der Rückenschmerz E 01 Biologische Faktoren werden heute nicht mehr als alleiniger Auslöser von Wirbelsäulenbeschwerden angesehen. Die radiologischen Zeichen der Abnutzung an der Wirbelsäule nehmen im Alter zwar zu, die Anzahl der Rückenschmerzpatienten nimmt im Alter aber eher ab. Rückenschmerzen werden häufig auch durch so genannte Triggerpunkte ausgelöst. Triggerpunkte sind Areale im Gewebe, die auf Druck empfindlich und schmerzhaft reagieren. Myofasziale Triggerpunkte sind bis zu einem cm² große Punkte im Muskel, den Muskelhüllen und den Sehnen, die Schmerzen verursachen können. Von diesen Triggerpunkten aus können die Schmerzen in andere Regionen weitergeleitet werden, man spricht dann von einem Projektionsschmerz. Diese Art von Schmerzen tritt oft am Hinterkopf, dem Rücken, Nacken und Schultern auf. Schmerzhaft Triggerpunkte können gerade in der Muskulatur eine Kettenreaktion auslösen. Durch eine Überbelastung oder Schonhaltung bei schmerzhafter Muskulatur zieht sich der betroffene Muskel zusammen, es kommt zu einer Verspannung, die zu einer örtlichen Minderdurchblutung des Muskelgewebes führt. Der betroffene Patient nimmt eine Schonhaltung ein, um die Schmerzen zu lindern. Dadurch können sich aber andere Muskelgruppen ebenfalls verspannen, neue Triggerpunkte entstehen und die Schmerzen werden stärker. Gibt es Hinweise für die Gefahr einer Chronifizierung oder auf das Vorliegen komplizierter Rückenschmerzen? Folgende Zeichen werden symbolisch als yellow flags („gelbe Flaggen“) bezeichnet, bei deren Vorliegen die Gefahr einer Chronifizierung von Rückenschmerzen besteht: · anhaltende und wiederkehrende Rückenbeschwerden · Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als 4-6 Wochen · radikuläre Schmerzen · geringer Bildungsstand · falsche Einstellung und Erwartungen an das Krankheitsbild, Depression · ausgeprägtes Krankheitsgefühl und Erleben der Krankheit · schlechte Schmerzverarbeitung · anhaltende Belastungen im beruflichen und privaten Alltag · Rentenwunsch. Folgende Zeichen werden symbolisch als red flags („rote Flaggen“) bezeichnet, bei deren Vorliegen die Möglichkeit von komplizierten Rückenschmerzen besteht: · Zunahme von Rückenschmerzen trotz Behandlung · Neurologische Ausfälle, Lähmungserscheinungen · Vorerkrankungen wie Rheuma, Osteoporose, Tumorleiden · Fieber in Verbindung mit Rückenschmerzen · Systemische Cortisonbehandlung · Immunsuppression · Stärkeres Trauma in der Vorgeschichte Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Ursachen/Risikofaktoren · Der Rückenschmerz E 02 Welche Komponenten spielen bei der Schmerzwahrnehmung eine Rolle? Die Mehrzahl der Rückenbeschwerden treten im Bereich der Lendenwirbelsäule und des lumbosakralen Übergangs, gefolgt von der Halswirbelsäule auf, da in diesen Wirbelsäulenabschnitten die einwirkenden statischen Belastungen der Wirbelsäule am stärksten ausgeprägt sind. Der Rückenschmerz als solcher ist keine Krankheit, sondern ist als Symptom zu werten, der primär ein Warnsignal darstellen soll. Der Schmerz setzt sich als kompliziertes Gesamtgebilde unserer Wahrnehmung aus folgenden Einzelkomponenten zusammen: Sensorische Komponente: „die Sinneswahrnehmung betreffend“ Affektive Komponente: „das Gefühlsleben betreffend“ Kognitive Komponente: „das Wahrnehmen betreffend“ Motorische Komponente: „die willkürliche Muskelbewegung betreffend“ Vegetative Komponente: „das unwillkürliche Nervensystem betreffend“ Welche Komponenten können im Bewegungssegment Schmerzen verursachen? Physiologisch gesehen können alle Gewebestrukturen des Bewegungssegments, die mit Nerven versorgt sind, als Auslöser für Schmerzen angesehen werden: · Wirbelkörper Im Wirbelkörper und seiner umgebenen Knochenhaut (Periost) finden sich Nerven, die aus der Nervenversorgung der Längsbänder und des Truncus sympathicus (sympathischer Grenzstrang) einstrahlen. · Facettengelenke (Wirbelgelenke) Die Wirbelgelenke werden von mehreren Nervenästen versorgt aus dem medialen Ast des ramus dorsalis des Spinalnervs versorgt. · Bandscheiben Die hinteren (dorsalen) und hinteren-seitlichen (posterolateralen) Abschnitte der Bandscheibe werden hauptsächlich durch die rami communicantes der Spinalnerven, die vorderen (anterioren) und seitlichen (lateralen) Bandscheibenanteile werden durch Äste aus dem sympathischen Grenzstrang nerval versorgt. · Bandapparat (Ligamente) Das hintere Längsband (ligamentum longitudinale posterior) wird durch Äste aus dem sympathischen Grenzstrang und der rami communicantes der Spinalnerven innerviert. · Spinalnervenwurzel Eine Spinalnervenwurzel, die durch eine mechanische oder metabolische Reizung irritiert oder vorgeschädigt ist, kann Schmerzen verursachen. · Rückenmuskulatur Die tieferen Schichten der Rückenmuskulatur werden als echte oder autochthone Rückenmuskeln bezeichnet, die in einem komplizierten Verbund von Muskelgruppen unter anderem auch Dorn- und Querfortsätze der Wirbel miteinander verbinden. Das Zusammenspiel sämtlicher Muskelgruppen ermöglicht dann, den Rücken zu strecken, beugen, drehen oder seitwärts zu neigen. Ein wichtiger Vertreter ist der musculus erector spinae der Rückenstrecker, der sich aus mehreren Einzelmuskeln zusammensetzt und vom Becken bis zum Kopf erstreckt. In der Tiefe des Muskelaufbaus des Rückens lassen sich weitere Muskelsysteme unterscheiden: · Muskeln des spinalen Systems, die an den Dornfortsätzen der Wirbel ihren Ursprung und Ansatzpunkt haben. · Muskeln des transversospinalen Systems, die von den Querfortsätzen zu den Dornfortsätzen der Wirbel verlaufen. · Muskeln des intertransversalen System, die die Querfortsätze der Wirbel untereinander verbinden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Schmerzentstehung · Schmerz · Der Rückenschmerz E 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Schmerzentstehung · Schmerz · Der Rückenschmerz Welche psychischen Faktoren können den Schmerz beeinflussen? · Schmerzverstärkende Faktoren können zum Beispiel sein: · Angst · Depression · Inaktivität · Einsamkeit · Schmerzabschwächende Faktoren können zum Beispiel sein: · Positive Einstellung · Sicherheit · Intensive Ablenkung Die körpereigene Schmerzabwehr setzt die so genannten Endorphine im Rückenmark und Gehirn frei, um die Schmerzwahrnehmung zu dämpfen. Welche Schmerzarten gibt es? · Nozirezeptorenschmerz (lateinisch: nocere, schaden; capere, nehmen) Dieser Schmerztyp wird durch direkte Reizung der Schmerzrezeptoren, der so genannten Nozirezeptoren, verursacht. Nozirezeptoren sind die sensorischen Nervenendigungen langsam leitender afferenter Nervenbahnen. Die meisten Nozirezeptoren reagieren auf folgende schädigenden Reize: · mechanische Reize (Schlag, Druck) · chemische Reize (Säuren) · thermische Reize (Kälte, Hitze) Nozirezeptoren, die auf verschiedene Reize reagieren, werden polymodal, die Rezeptoren, die nur auf eine Reizart reagiert, unimodal genannt. Die Nozirezeptoren der Haut sind für den Oberflächenschmerz, die Schmerzrezeptoren zum Beispiel der inneren Organe, der Knochen, Muskeln und Gelenke sind für den Tiefenschmerz verantwortlich. · Neuropathisch-neurogener Schmerz Diese Schmerzart wird in der Regel als brennend oder einschießend beschrieben. Die Ursachen neuropathischer Schmerzen sind in einer Schädigung des Zentralnervensystems oder der peripheren Nerven zu sehen. Die nervalen Strukturen können entweder mechanisch (zum Beispiel durch einen Bandscheibenvorfall mit Kompression der Spinalnervenwurzel) oder toxisch (zum Beispiel durch Giftstoffe) geschädigt werden. · Deafferenzierungsschmerz Diese Schmerzart ist eine Sonderform des neuropathischen Schmerzes, bei der es zu einer kompletten oder teilweisen Trennung der afferenten Verbindung zum Zentralnervensystem kommt. Ein typisches Beispiel stellt der so genannte Phantomschmerz nach Amputation einer Gliedmaße dar, bei dem, zum Beispiel nach einer Oberschenkelamputation, Schmerzen in den Zehen empfunden wird. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. E 02 · Viszeral-somatischer Schmerz Diese Schmerzempfindung findet man bei Knochen, Gelenken, der Skelettmuskulatur und den inneren Organen des Brustkorbs und Bauchraums. Viszerale Schmerzen der Brust- oder Bauchorgane werden oft an anderen Stellen des Körpers empfunden als am eigentlichen Ursprungsort des Schmerzgeschehens. Schmerzen, die zum Beispiel durch einen Herzinfarkt oder eine Verengung der Herzkranzgefäße (angina pectoris) ausgelöst werden, werden als Schmerzen empfunden, die über die linke Schulter zum linken Arm ziehen. Die Hautareale, in denen der viszerale Schmerz, entfernt vom eigentlichen Ursprungsort, empfunden wird, nennt man „Head´sche Zonen“. Dieser Mechanismus hängt damit zusammen, dass die Schmerz auslösenden Organstrukturen ( zum Beispiel innere Organe) über afferente Bahnen aus dem gleichen Rückenmarksegment nerval versorgt werden wie die Körperregionen, in denen der jeweilige Schmerz empfunden wird. · Zentraler Schmerz Schädigungen der supraspinalen und spinalen nozizeptiven Systeme können starke Schmerzen verursachen, da durch die Schäden die Erregbarkeit dieser Nervenstrukturen gesteigert werden kann Der empfundene Schmerz kann sich häufig aus verschiedenen Kombinationen der genannten Schmerzarten zusammensetzen. Wie wird der Schmerz weitergeleitet? Die Schmerzweiterleitung und die bewusste Schmerzwahrnehmung erfolgt in einem komplexen „Schmerzsystem“ des Organismus. Die Schmerzrezeptoren nehmen den Schmerzreiz auf und leiten diesen über die afferenten (zuführenden) nozizeptiven Leitungsbahnen als elektrischen Impuls zum Hinterhorn des Rückenmarks weiter. Im Rückenmark erfolgt die Weiterleitung des Schmerzreizes durch biochemische Stoffe, den so genannten Neurotransmittern, die die Schmerzinformation von einer Nervenzelle zur nächsten weitergeben. Neurotransmitter sind exzitatorische (erregende) Aminosäuren (zum Beispiel Aspartat oder Glutamat) oder Polypeptide (zum Beispiel Calcitonin). Mit Hilfe dieser Neurotransmitter gelangen die Schmerzimpulse über das Rückenmark in das seitliche Kerngebiet des Thalamus (im Mittelhirn), von wo aus sie zum sensomotorischen Kortex der Großhirnrinde (gyrus postcentralis) weitergeleitet werden. Hier findet die bewusste Schmerzempfindung und Schmerzverarbeitung statt. Die Lokalisation und die Stärke des empfundenen Schmerzes werden hier gespeichert und in einer Form von „Schmerzgedächtnis“ als Lernprozess gespeichert. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Schmerzentstehung · Schmerz · Der Rückenschmerz E 03 Die Beurteilung von erstmals bestehenden Rückenschmerzen gestaltet sich manchmal schwierig, da sich hinter dem Symptom Rückenschmerz eine Vielzahl von Erkrankungen verstecken können, die ihre Ursache entweder im Bereich der Strukturen der Wirbelsäule, aber auch in anderen Organsystemen haben können. Bei der Diagnosestellung von Rückenschmerzen ist es wichtig, rasch zu differenzieren, ob es sich um unkomplizierte, unspezifische Rückenschmerzen, radikuläre Rückenschmerzen durch Kompression der Spinalnervenwurzel, Rückenschmerzen durch bedrohliche Erkrankungen oder Verletzungen oder um einen bereits chronifizierten Schmerzzustand handelt. Wodurch können Rückenschmerzen verursacht werden (Differentialdiagnose)? Ursachen, die im Bereich der Wirbelsäule liegen (vertebral) · degenerativ: Bandscheibenleiden, Spondylarthrose, Osteochondrose · Fehlbildungen, statische Störungen: Spondylolisthesis, Skoliose · Wirbelbrüche · Tumore: Knochentumore, Wirbelmetastasen · entzündlich/immunologisch: Morbus Bechterew, Rheumatoide Arthritis, Osteomyelitis, Tuberkulose, · Entwicklungsstörung: M. Scheuermann · endokrin/metabolisch: Osteoporose, Hyperparathyreoidismus, Ursachen, die außerhalb der Wirbelsäule liegen (extravertebral) · psychogen: chronifizierte Rückenschmerzen, Depression, · gynäkologisch: Prozesse an Eileiter und Gebärmutter · retroperitoneal: Tumore u. Metastasen · Gefäßsystem: spinale Durchblutungsstörungen, Aortenaneurysma · Niere und ableitende Harnwege: Nierentumor, Nieren- und Harnleiterstein, Nierenbeckenentzündung Was bedeutet „akuter Rückenschmerz“? Akut auftretende Rückenschmerzen zeigen sich als Komplex aus folgenden Symptomen: · Auftretende Funktionsstörungen (motorisch, sensibel) in unterschiedlicher Ausprägung · Regional begrenzter Schmerz · Unterschiedlich starke Schmerzintensität · Kurze Schmerzdauer < 4 Wochen · Klingen unter adäquater Therapie, teilweise auch von selbst ab Was bedeutet „chronischer Rückenschmerz“? Es gibt eine Vielzahl von Veröffentlichungen über die Chronifizierung des Schmerzes, die Angaben, ab wann ein Schmerzzustand als chronisch zu definieren ist, schwanken zwischen 7 Wochen und 6 Monaten. Es gibt verschiedene Erklärungsmodelle, welche Faktoren für die Schmerzchronifizierung verantwortlich sind: Basler hat 1994 „5 Dimensionen des chronischen Schmerzes“ beschrieben, die entscheidenden Faktoren sind: · Krankheitsdauer · Anzahl der Behandlungsversuche (Anzahl der Ärzte, verschiedener Therapien Operationen und von Rehabilitationsmaßnahmen) · psychische Beeinträchtigung (Depression, Angst, Katastrophisieren, Hilflosigkeit) · soziale Beeinträchtigung (Veränderung sozialer Rollen, soziale Isolation) · berufliche Folgen (Fehltage, Arbeitsplatzverlust, Umschulung, Berentung) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Akuter/Chronischer Schmerz · Schmerz · Der Rückenschmerz E 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Akuter/Chronischer Schmerz · Schmerz · Der Rückenschmerz Die Entstehung eines chronischen Schmerzzustands ist immer das komplexe Zusammenspiel einer Vielzahl von individuellen Einzelfaktoren, die als Auslöser wirken können. Als mögliche Risikofaktoren können im Einzelfall folgende Faktoren eine Rolle spielen: · Berufliche Faktoren · Bildungsstand · Beruflicher Status · Arbeitszufriedenheit · Einkommen · Rentenbegehren · Soziodemographische Faktoren · Alter · Geschlecht · Familienstand · Soziales Netz · Lebensstil und körperliche Aktivität · Alkohol · Drogen · Rauchen · Körperliche Inaktivität · Psychische Faktoren · Depression, Angst · Stress · Schmerzanamnese · Dauer der Krankschreibung · Dauer und Intensität der Schmerzen · Befall mehrerer Schmerzregionen Der chronifizierte Schmerz kann sich zu einer eigenständigen Schmerzkrankheit entwickeln, die sich zunehmend von ihrer primären Ursache (zum Beispiel einem unkomplizierten Rückenschmerz) abkoppelt. Die Behandlung einer bestehenden Schmerzkrankheit setzt ein multimodales Therapiekonzept voraus, das die bestehenden körperlichen, psychischen und sozialen Ursachen des chronischen Schmerzzustands zusammen behandelt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. E 04 Was bedeutet „Rückenschmerz mit oder ohne Beteiligung der Nervenwurzel“? Der Rückenschmerz allein stellt keine eigenständige Erkrankung dar, sondern muss als Warnsignal des Körpers verstanden werden. Hinter dem Symptom „schmerzender Rücken“ kann sich eine Vielzahl von Ursachen verstecken, die ohne Behandlung von selbst verschwinden können oder aber für den Patienten weitreichende Folgen nach sich ziehen können. Die Aufgabe des behandelnden Arztes besteht darin, die vom Patienten angegebenen Beschwerden zu sammeln, zu interpretieren und eine Diagnose zu stellen. Durch die gezielte Befragung, die körperliche und neurologische Untersuchung des Patienten können bereits wertvolle Hinweise darauf gewonnen werden, ob es sich um „einfache“ oder „komplizierte“ Rückenschmerzen handelt. Diese Differenzierung ist wichtig, da entschieden werden muss, ob bei dem Patienten zur Diagnosestellung zusätzliche apparative Untersuchungen (konventionelles Röntgen, Computertomografie, Kernspintomografie und andere Verfahren) erforderlich sind, ob eine konservative Behandlung eingeleitet oder sogar ein operatives Vorgehen vorgeschlagen werden muss. Der unkomplizierte Rückenschmerz ohne Beteiligung der Spinalnervenwurzel kann durch eine Vielzahl von Einzelfaktoren ausgelöst werden (Fehlbelastung, muskuläre Dysbalancen der Rückenmuskulatur, Triggerpunkte und andere) und ist in der Regel durch physikalische Anwendungen, Krankengymnastik, regelmäßige Bewegung, Muskelaufbau und bei Bedarf durch Einsatz leichter entzündungshemmender und schmerzstillender Medikamente gut und nachhaltig zu behandeln. Rückenschmerzen mit Beteiligung der Nervenwurzel werden auch als radikuläre Schmerzen bezeichnet. Dies bedeutet, dass die Schmerzen durch Druck auf eine Spinalnervenwurzel ausgelöst werden, wodurch Schmerzen, motorische oder sensible Ausfälle im Versorgungsgebiet der entsprechenden Spinalnerven verursacht werden. Das Rückenmark gibt im gesamten Verlauf 31 Paare von Spinalnerven ab, wodurch sich 31 Spinalsegmente ergeben. Jedes spinale Segment hat ein genau zugeordnetes Gebiet, für das die Informationsübertragung übernommen wird. Die hintere Nervenwurzel (radix dorsalis) und die vordere Nervenwurzel (radix ventralis) vereinen sich zu einem Spinalnerven, der dann zwischen den Wirbeln durch das Zwischenwirbelloch austritt. Die hintere Wurzel des Spinalnerven ist eine sensible, sensorische Nervenwurzel, die Empfindungen des Körpers aufnimmt und zum Gehirn leitet, die vordere Nervenwurzel leitet Impulse („Ausführungsbefehle“) an die Organe oder Gewebe (zum Beispiel: Muskeln), an denen ein bestimmter Vorgang ausgeführt werden muss. Die „auf- oder wahrnehmende“ Funktion des Nerven wird afferent, die „ausführende“ Funktion efferent genannt. Die Zuordnung in die Rückenmarksegmente bezieht sich immer auf den Bereich, wo die Spinalnerven durch das Zwischenwirbelloch zweier benachbarter Wirbel das Rückenmark verlassen und zu ihrem Versorgungsgebiet ziehen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Mit oder ohne Beteiligung der Nervenwurzel · Formen · Der Rückenschmerz E 04 In den Tabellen finden Sie Beispiele der Spinalsegmente von Hals- und Lendenwirbelsäule mit ihren Kennmuskeln und den Arealen, in denen bei Druck auf die entsprechende Spinalnervenwurzel Schmerzen oder Gefühlsstörungen zu erwarten sind: • Spinalnervensegmente der Halswirbelsäule Bereiche mit Schmerzen und Gefühlsstörungen Kennmuskel C5 Schulter und seitlicher Oberarm m.deltoideus C6 Radialer Ober- und Unterarm, Daumen m.biceps, m.brachioradialis Radiusperiost C7 Unterarmrücken, Mittel- und Zeigefinger Daumenballen, m.pronator teres Trizeps C8 Unterarmrücken, Klein- und Ringfinger Kleinfingerballen, mm.interossei, Fingerbeuger Segment Reflexabschwächung • Spinalnervensegmente der Lendenwirbelsäule Lendenwirbelsegment Region der empfundenen Kennmuskel der Schmerzen und der motorischen Reflexabschwächung Gefühlsstörungen Störung Nervendehnungsschmerz Leistengegend Iliopsoas Dehnungsschmerz der nervus femoralis L3 Außen- und Vorderseite des Oberschenkels Iliopsoas, Quadrizeps Patellarsehnenreflex Dehnungsschmerz der nervus femoralis L4 Außen- und Vorderseite des Oberschenkels, Innenseite von Unterschenkel und Fuß Quadrizeps Patellarsehnenreflex Dehnungsschmerz der nervus femoralis, positiver Lasègue L5 Außenseite Unterschenkel, innen liegender Fußrücken, Großzehe Extensor hallucis longus S1 Leistengegend Trizeps surae L1/L2 positiver Lasègue Achillessehnenreflex positiver Lasègue Radikuläre Schmerzen mit eindeutigen Auffälligkeiten in den entsprechenden Versorgungsgebieten der jeweilig betroffenen Spinalnerven können durch Druck auf die Spinalnervenwurzel bei folgenden Erkrankungen entstehen: · Bandscheibenvorfall · Spinalkanalstenose (Verengung des Rückenmarkkanals) · Tumorwachstum · Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule Bei eindeutigen radikulären Symptomen wird die Diagnose über zusätzliche apparative Untersuchungen gestellt, die Therapie ergibt sich individuell aus den erhobenen klinischen und apparativen Befunden und der vorliegenden Symptomatik. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Mit oder ohne Beteiligung der Nervenwurzel · Formen · Der Rückenschmerz F 01 Was sind Osteochondrose und Spondylose? Osteochondrose und Spondylose sind sekundäre strukturelle Reaktionen und Veränderungen des Wirbelkörpers, die durch den Verschleiß (Degeneration) der Bandscheibe verursacht werden. Wie entstehen diese Veränderungen? Das Bewegungssegment der Wirbelsäule besteht aus zwei benachbarten Wirbelkörpern, ihren Wirbelbögen und Gelenkverbindungen, der dazwischen liegenden Bandscheibe und dem komplexen System des Bandapparats, der die Wirbelkörper verbindet. Betrachtet man das Bewegungssegment als Säule, so bilden die Wirbelkörper statisch gesehen den vorderen Pfeiler, die Wirbelgelenke und die Wirbelbögen den hinteren Pfeiler. Die unverbrauchte Bandscheibe ist elastisch und dämpft die einwirkenden Kräfte ab. • Bewegungssegment der Wirbelsäule · Wirbelbogen · Wirbelkörper · Wirbelgelenk · Bandscheibe • Bewegungssegment der Wirbelsäule im Querschnitt · Wirbelgelenk · Wirbelbogen · Bandapparat · Bandscheibe · Wirbelkörper Die Bandscheibe ist einem natürlichen Alterungsprozess ausgesetzt, sie schrumpft, verliert ihre Elastizität und verliert an Höhe. Der zunehmende Höhenverlust des Zwischenwirbelraums zieht morphologische Veränderungen im gesamten Bewegungssegment nach sich. Die degenerierte Bandscheibe kann die einwirkenden Kräfte nicht mehr elastisch abfangen, der Druck wird auf die Grund- und Deckplatten der benachbarten Wirbelkörper abgegeben. Durch die vermehrte Druckbelastung kommt es zunächst zu einer Verdichtung der Knochenstruktur (Sklerosierung) der Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper, die als Osteochondrose bezeichnet wird. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Osteochondrose/Spondylose · Degenerative Erkrankungen F 01 • Osteochondrose der Lendenwirbelsäule mit Verschmälerung der Zwischenwirbelräume und Sklerosierung der Grund- und Deckplatten. · Osteochondrose der Grundplatte · Bandscheibe mit Höhenverlust · Osteochondrose der Deckplatte · normale Bandscheibe Durch den Höhenverlust der Bandscheibe wird die Stabilität des Bewegungssegments verändert. Durch die veränderten Zug- und Dehnungsreize und die zunehmende direkte Druckbelastung reagieren die Abschlussplatten der Wirbelkörper bei Fortschreiten der Bandscheibendegeneration mit einer Abstützungsreaktion, indem neue Knochensubstanz gebildet wird. Diese legt sich als knöcherne Ausziehung an den Wirbelkanten an. Diesen knöchernen Umbau des Wirbelkörpers bezeichnet man als Spondylose. Bei einer ausgeprägten Spondylose können diese Abstützreaktionen der Wirbelkörper so stark sein, dass es zu einer knöchernen Überbrückung der Wirbel kommen kann. Man spricht dann von einer Spondylosis hyperostotica. • Osteochondrose und Spondylose der Halswirbelsäule. Die Bandscheibenräume sind verschmälert, Grundund Deckplatten sind sklerosiert, es zeigen sich knöcherne Abstützungsreaktionen an den Wirbelkanten. · knöcherne Abstützreaktion · verschmälerte Bandscheibe Wo finden sich Osteochondrose und Spondylose? Die beschriebenen Veränderungen können in jedem Bewegungssegment der Wirbelsäule auftreten. Sie werden am häufigsten und mit der stärksten Ausprägung im Bereich der unteren Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule gefunden, da in diesen Bereichen die mechanische Belastung der Wirbelsäule am stärksten ist. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Osteochondrose/Spondylose · Degenerative Erkrankungen F 01 Welche Symptome findet man bei Osteochondrose und Spondylose? Obwohl im Röntgenbild häufig Zeichen der Osteochondrose und Spondylose zu finden sind, verursachen sie aber nicht immer behandlungsbedürftige Beschwerden. Abhängig von der Lokalisation treten Nackenschmerzen und Kreuzschmerzen auf, die reflektorisch verspannte Muskulatur schmerzt. Bei fortschreitender Instabilität des Bewegungssegments und Zunahme des knöchernen Umbaus der Wirbel kann es zu Einengungen der Austrittsstellen der Spinalnerven (foramina intervertebralia) und des Rückenmarkkanals (Spinalkanalstenose) mit entsprechender neurologischer Symptomatik kommen. Wie wird behandelt? Die Behandlung richtet sich immer nach dem Schweregrad des Krankheitsbildes. In der Anfangsphase stehen physiotherapeutische Maßnahmen zur Stabilisierung der Bewegungssegmente der Wirbelsäule durch konsequenten Aufbau der Muskulatur, adäquate Schmerzbehandlung, lokale Injektionsbehandlungen und begleitende physikalische Anwendungen wie Massagen, Wärmeanwendung und Elektrotherapie im Vordergrund. Bevor man dem Patienten ein operatives Verfahren empfiehlt, sollte grundsätzlich überprüft werden, ob bei dem vorliegenden Befund und Beschwerdebild des Patienten auch so genannte minimal invasive interventionelle Techniken eingesetzt werden können. Folgende interventionelle Verfahren können eingesetzt werden: · IDET (Intradiscale elektrothermale Therapie) Dieses Verfahren eignet sich für Bandscheibenvorfälle, die Rückenschmerzen verursachen, bei denen keine Reizung oder Kompression der Nerven vorliegt. Unter Röntgenkontrolle wird eine spezielle Sonde in die betroffene Bandscheibe eingeführt. Die Sonde wird kontrolliert erhitzt, was in den Kollagenfasern der Bandscheibe zu einer chemisch-physikalischen Reaktion führt, wodurch es zur Schrumpfung des äußeren Faserrings der Bandscheibe kommt. · Nucleoplastie Bei diesem minimal invasiven Verfahren wird eine spezielle Sonde unter Röntgenkontrolle in die betroffene Bandscheibe eingebracht. Durch die so genannte Coblationstechnik werden im Bereich der Sondenspitze dünne Zellschichten durch ein Plasmaionenfeld aufgelöst, wodurch auf schonende Weise Gewebe entfernt werden kann. Durch dieses Verfahren wird eine Schrumpfung der Bandscheibe ausgelöst, wodurch bestehende Schmerzen reduziert werden. Ein operatives Verfahren ist dann indiziert, wenn bei klinisch relevanten Befunden ein entsprechendes radiologisches Korrelat vorliegt und die konservative Therapie nicht erfolgreich war. Mögliche Operationsverfahren sind die Mono/bisegmentale Dekompression mit Fusion in TLIF-Technik (Transforaminale lumbale interkorporelle Fusion) oder ALIF-Technik (Anteriore lumbale interkorporelle Fusion). Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Osteochondrose/Spondylose · Degenerative Erkrankungen F 02 Was ist eine Spondylarthrose? Der degenerative Verschleiß der kleinen Wirbelkörpergelenke, der so genannten Facettengelenke (articulationes intervertebrales) führt zur Arthrose der Gelenkflächen, die als Spondylarthrose bezeichnet wird. Wie entsteht eine Spondylarthrose? Das Bewegungssegment der Wirbelsäule, die so genannte kleinste Funktionseinheit, besteht aus dem vorderen Pfeiler mit zwei benachbarten Wirbelkörpern und der an den Abschlussplatten der Wirbel fest verwachsenen Bandscheibe, sowie dem hinteren Pfeiler, der sich aus den Quer- und Dornfortsätzen der Wirbel mit ihrem Bandapparat, den Wirbelbögen und der kurzen Rückenmuskulatur zusammensetzt. • Bewegungssegment der Wirbelsäule · Querfortsatz · Dornfortsatz · Wirbelgelenk · Bandscheibe · Wirbelkörper Die Bandscheibe und der Bandapparat sind funktionell im Gleichgewicht, wobei die paarig vorhandenen Wirbelgelenke als Drehpunkt zwischen vorderem und hinterem Pfeiler dienen (discoligamentäres Gleichgewicht). • Discoligamentäres Gleichgewicht · Wirbelgelenk · Bandscheibe · Bandapparat Degenerative Veränderungen an den Bandscheiben, verbunden mit einem Höhenverlust des Bandscheibenfachs, ziehen dann gravierende statische und mechanische Veränderungen im Bewegungssegment nach sich. Das Bewegungssegment wird zunehmend instabil, es wirken veränderte Bewegungskräfte auf die Facettengelenke ein. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylarthrose · Degenerative Erkrankungen F 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylarthrose · Degenerative Erkrankungen Es kommt zur sekundären Fehlstellung und Überbelastung der Facettengelenke, wodurch es zur Abnutzung der Gelenkflächen, zur Arthrose mit Gelenkspaltverschmälerung, Reizung der Gelenkkapsel und Anbau von Knochensubstanz (Osteophyten) an den Kanten der Wirbelgelenke kommt. • Spondylarthrose - Arthrose eines Facettengelenks · Wirbelgelenkarthrose mit Osteophyten · verschmälerte Bandscheibe An welchen Wirbelsäulenabschnitten tritt die Spondylarthose auf? Der Verschleiß der Facettengelenke kann in allen Wirbelsäulensegmenten auftreten, wobei sich eine deutliche Häufung in den Bereichen starker mechanischer Belastung, der unteren Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule zeigt. Welche Symptome gibt es? Durch die Gefügelockerung im Bewegungssegment wird der Bandapparat gedehnt, es kommt zu myofaszialen Schmerzen in den betroffenen Segmenten, die durch Reizung der Band- und Muskelansätze entstehen. Die Fehlstellung und der arthrotische Umbau der Gelenkflächen führen zu schmerzhafter Bewegungseinschränkung und Blockierungen der Facettengelenke. Der Anbau von Osteophyten kann eine Verengung des Spinalnerven- und Rückenmarkkanals (Spinalkanalstenose) verursachen, wobei eine Kompression neurologische Symptome nach sich zieht. Im Bereich der Rückenmuskulatur zeigt sich ein schmerzhafter Hartspann mit lokaler Verhärtung der Muskulatur. • Spondylarthrose, Osteochondrose, Gefügelockerung mit Einengung der foramina intervertebralia · Osteochondrose · Verengung des Spinalnervenkanals · Facettengelenksarthrose Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylarthrose · Degenerative Erkrankungen Wie wird behandelt? Die bestehenden Schmerzen können mit Schmerzmedikamenten, Krankengymnastik und physikalischen Anwendungen behandelt werden. Eine Computertomographie gesteuerte Facettenblockade kann durch gezielte Gabe von Schmerzmitteln, Kortisonhaltigen Medikamenten, die entzündungshemmend wirken und örtlichen Betäubungsmitteln in das Facettengelenk zu einer Schmerzreduktion verhelfen. Kryochirurgische Eingriffe können an den Facettengelenken durch Kälteanwendung für eine Verbesserung sorgen. Bei bestehenden Segmentinstabilitäten mit Kompression neurologischer Strukturen können je nach individuell vorliegendem Befund größere operative Eingriffe erforderlich werden. Als mögliche Operationsverfahren können hierbei die Mono/bisegmentale Dekompression mit Fusion In TLIFTechnik (Transforaminale lumbale interkorporelle Fusion) oder ALIF-Technik (Anteriore lumbale interkorporelle Fusion) zur Anwendung kommen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 03 Krankheitsbilder der Wirbelsäule, die durch Abnutzung entstanden sind, nennt man degenerative Erkrankungen. Die Wirbelsäule durchläuft mit ihren strukturellen Elementen, den Wirbelkörpern, Bandscheiben und ihrem Bandapparat einen physiologischen Alterungsprozess. Durch Bewegungsmangel, Übergewicht, schlechte Körperhaltung und schwere körperliche Belastung kann der Alterungsprozess beschleunigt werden. Der größte Teil der Rückenschmerzen wird durch degenerative Bandscheibenleiden verursacht. Das Erkrankungsalter liegt meistens zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr. Was sind Bandscheiben? Die Wirbelsäule hat 23 Bandscheiben (disci intervertebrales), die zwischen den Wirbelkörper liegen. Zwischen dem 1. und 2. Halswirbel und den verschmolzenen Kreuz- und Steißbeinwirbeln finden sich keine Bandscheiben. Sie bestehen aus faserknorpeligem Material, sind den Auflageflächen der Wirbelkörper annähernd angepasst und mit ihnen verwachsen. Jede Bandscheibe besteht aus zwei Elementen: 1. Der äußere Ring der Bandscheibe (anulus fibrosus) besteht aus einem Geflecht aus kollagenen Fasern, die in mehreren Schichten spiralig um die Längsachse der Wirbelsäule verlaufen. Die einzelnen Schichten sind gegenläufig angelegt, durch diese Gitterstruktur erhält die Bandscheibe die Festigkeit, um Rotationsbewegungen der Wirbelsäule aufzufangen. 2. Der anulus fibrosus umschließt den Gallertkern (nucleus pulposus), der einen hohen Wassergehalt aufweist und durch seine Verformbarkeit eine Pufferfunktion, vergleichbar mit einem Wasserkissen besitzt. Durch die direkte Nachbarschaft der Bandscheibe zum Rückenmark und den austretenden Spinalnerven können bei einem Bandscheibenvorfall Schmerzen und neurologische Symptome wie Sensibilitätsstörungen oder Lähmungen auftreten. • Aufsicht auf einen Lendenwirbel mit Bandscheibe, Rückenmark und Spinalnerven · Rückenmark · Spinalnerv · Anulus fibrosus der Bandscheibe · Nucleus pulposus der Bandscheibe · Wirbelkörper Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen F 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen • Querschnitt eines Lendenwirbelsäulensegments mit Bandscheibe · Obere Wirbelgelenkfläche · Wirbelkörper · Dornfortsatz · Anulus fibrosus · Nucleus pulposus · Untere Wirbelgelenkfläche • Querschnitt eines Lendenwirbelsegments mit Rückenmark und Bandscheibe · Rückenmark Wie funktioniert eine Bandscheibe? Die Bandscheibe kann als Puffer gesehen werden, der einwirkende Kräfte auffängt und verteilt. Die Blutgefäße der Bandscheiben bilden sich sehr früh zurück, dadurch erfolgt die Ernährung der Bandscheiben im Gegensatz zu anderen Geweben des Körpers, die über Blutgefäße versorgt werden, über Diffusion, das heißt, sie nimmt Wasser aus der Umgebung auf oder gibt es ab. Bei Belastung der Wirbelsäule verteilen die Bandscheiben durch ihre Elastizität normalerweise die auftretenden Druck-, Zug- und Scherkräfte, indem sie sich bei Bewegung der Wirbelsäule entsprechend verformen, Wasser aus dem Innenraum über eine durchlässige Membran auspressen und sie sich dadurch verschmälern. Bei Druckentlastung, vorwiegend im Liegen oder während der Nachtruhe, wird den Bandscheiben Wasser mit den erforderlichen Stoffwechselsubstanzen zugeführt, sie wird wieder prall-elastisch. Der ständige Wechsel von Belastung und Entlastung ist für den Stoffwechsel und damit für den Erhalt der Bandscheibenfunktion von zentraler Bedeutung. Was geschieht beim Alterungsprozess der Bandscheibe? Das Gewebe des anulus fibrosus und vor allem der Gallertkern verliert im Laufe der Jahre Wasser, wodurch die Elastizität und die Regenerierungsfähigkeit der Bandscheibe vermindert werden. Die Bandscheibe wird derb und brüchig, sie fibrosiert, verliert an Höhe und kann erste Einrisse in der Faserstruktur aufweisen. Durch diese strukturellen Veränderungen kann sich Bandscheibengewebe verlagern. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 03 Wie entsteht ein Bandscheibenvorfall? Wenn die Bandscheibe degenerative Veränderungen mit Riss- und Spaltbildung zeigt, kann es durch zu starke mechanische Belastung zur Verlagerung von Teilen des Faserrings und des Gallertkerns kommen. Man unterscheidet: · die Protrusion der Bandscheibe, bei der es zu einer Vorwölbung des Gallertkerns mit erhaltenem Faserring kommt. · den Bandscheibenprolaps oder Bandscheibenhernie, bei dem Teile des Gallertkerns durch den zerstörten Faserring der Bandscheibe austreten können. · den sequestrierten Bandscheibenvorfall, bei dem Teile des verdrängten Gallertkerns und Faserrings abgestoßen werden. Die Vorwölbung oder Verlagerung von Bandscheibenteilen kann mittig oder zur Seite hin erfolgen. Man spricht dann von einem medialen oder lateralen Bandscheibenvorfall. Die verlagerten oder abgestoßenen Bandscheibenanteile können dann auf das Rückenmark oder die abgehenden Spinalnerven drücken, wodurch die entsprechenden Symptome hervorgerufen werden. • Normale Beziehung von Wirbelkörper, Bandscheibe, Rückenmark und Spinalnerven · Anulus fibrosus · Nucleus pulposus · Spinalnervenwurzel · Wirbelgelenkfläche · Rückenmark · Wirbelbogen · Dornfortsatz • Protrusion der Bandscheibe mit erhaltenem anulus fibrosus, Verlagerung des nucleus Pulposus nach mediolateral. Kompression des Rückenmarks und Spinalnervs. · Verlagerung des nucleus pulposus mit Druck auf das Rückenmark · Spondylophytenanlagerung Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen F 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen • Lateraler Bandscheibenprolaps mit Druck auf den Spinalnerv · Kompression des Spinalnervs · Prolabierter nucleus pulposus · Gerissener Anulus fibrosus • Medialer Bandscheibenprolaps mit Kompression des Rückenmarks und der Spinalnervenwurzel · Kompression des Rückenmarks · Kompression des Spinalnervs · Prolabierter nucleus pulposus · Gerissener Anulus fibrosus Gibt es Risikofaktoren für die Entstehung von Bandscheibenvorfällen? Fehlstellungen der Wirbelsäule, Bewegungsmangel, schwach ausgebildete Muskulatur und Bindegewebe, Übergewicht und ungünstige berufliche Dauerbelastung können die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein Bandscheibenvorfall auftritt. Wo können Bandscheibenvorfälle auftreten? Ein Bandscheibenvorfall kann in allen Wirbelsäulensegmenten auftreten. Im Bereich der Lendenwirbelsäule und am Übergang zum Kreuzbein treten die meisten Bandscheibenvorfälle auf, gefolgt von den Bandscheibenleiden der Halswirbelsäule, am seltensten im Bereich der Brustwirbelsäule. Welche Symptome werden durch einen Bandscheibenvorfall verursacht? Je nach Lokalisation und Ausmaß des Bandscheibenvorfalls können lokale Schmerzen mit oder ohne Ausstrahlung, bei starkem Druck auf das Rückenmark oder die Spinalnerven Störungen der Sensibilität und der Motorik, bis hin zu Lähmungen, auftreten. Die spezielle Symptomatik erfahren Sie in den Kapiteln über die Bandscheibenleiden der Hals-und Lendenwirbelsäule (zervikale und lumbale Bandscheibenleiden). Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 03 Wie wird die Diagnose gestellt? Nach Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), der klinischen und neurologischen Untersuchung kann Ihr behandelnder Arzt bereits eine Verdachtsdiagnose stellen und eine weitere gezielte Diagnostik durch Röntgenaufnahmen des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts, gegebenenfalls mit Funktionsaufnahmen, veranlassen. Durch Bildgebende Verfahren wie Computertomographie, Kernspintomographie und Myelographie erhält man zusätzliche Informationen, die dann zu einer exakten Diagnose führen. Wie wird der Bandscheibenvorfall behandelt? Der Bandscheibenvorfall wird, solange keine gravierenden Funktionsstörungen oder Schmerzen vorliegen, konservativ durch Schmerzmedikamente, Krankengymnastik und Schonung behandelt. Bei akut aufgetretenen Lähmungen ,Störung der Blasen- und Mastdarmentleerung oder zunehmenden motorischen Ausfällen durch eine Wurzelkompression ist ein sofortiges operatives Eingreifen erforderlich. Bei weiterhin bestehenden Schmerzen mit eventuell begleitenden Gefühlsstörungen, trotz adäquater konservativer Behandlung, kann bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall eine Operation angezeigt sein. Welches Operationsverfahren letztendlich zum Einsatz kommt, ergibt sich über den individuell erhobenen Befund. In den Themen „Zervikales Bandscheibenleiden“ und „Lumbales Bandscheibenleiden“ stellen wir Ihnen verschiedene Operationsverfahren zur operativen Versorgung von Bandscheibenleiden vor. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen F 04 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen Was ist ein zervikales Bandscheibenleiden? Durch Alterung und Abnutzung können strukturelle Veränderungen der Bandscheiben an der Halswirbelsäule entstehen, die sich dann durch eine Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) oder einen Bandscheibenvorfall (Prolaps), eventuell mit Bildung eines Sequesters (von der Bandscheibe abgelöstes Material) und zusätzlich durch morphologische Veränderungen an den knöchernen Strukturen der Wirbeln äußern (Spondylose, Spondylarthrose). Wie entsteht der zervikale Bandscheibenvorfall? Die Halswirbelsäule hat ein hohes Maß an Beweglichkeit und muss die Last des Kopfes tragen. Die Bandscheiben, die aus dem äußeren Ring (anulus fibrosus) und dem inneren Gallertkern (nucleus pulposus) bestehen, liegen zwischen zwei benachbarten Wirbeln eines Bewegungssegments. Der anulus fibrosus verbindet die einzelnen Wirbelkörper über einstrahlende Fasern (Sharpey-Fasern) miteinander, der zentrale Gallertkern besteht zu 90 % aus Wasser und ist sehr elastisch Die Bandscheiben fangen die hohen axialen, statischen, exzentrischen und dynamischen Belastungen, die auf die Halswirbelsäule treffen, auf, dämpfen diese Kräfte ab und leiten sie weiter. Durch den Abnutzungsprozess werden die Bandscheiben brüchig, es finden sich Einrisse im anulus fibrosus und die Elastizität geht verloren. Dadurch kann es im Bandscheibenfach zur Verdrängung von Bandscheibengewebe kommen, das bei erhaltenem anulus fibrosus auf das Rückenmark oder eine Nervenwurzel drückt. Man spricht dann von einer Bandscheibenprotrusion. Ein Bandscheibenprolaps liegt vor, wenn der anulus fibrosus einreißt, Teile des Gallertkerns verlagert werden und auf das Rückenmark oder die Nervenwurzel drücken. Kommt es zu einer Abtrennung des verlagerten Bandscheibenmaterials, das sich frei in den Rückenmarkkanal bewegen kann, wird dies als Bandscheibensequester bezeichnet. Ein Bandscheibenvorfall kann median (mittig), lateral (seitlich) in Richtung des Spinalnervenkanals oder in Kombinationsform vorliegen. • Normale Lage der Bandscheibe mit anulus fibrosus und nucleus pulposus zu Rückenmark und Spinalnerven · Anulus fibrosus · Nucleus pulposus · Spinalnervenwurzel · Wirbelgelenkfläche · Rückenmark · Wirbelbogen · Dornfortsatz Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 04 • Normale Lage der Bandscheibe mit anulus fibrosus und nucleus pulposus zu Rückenmark und Spinalnerven · Verlagerung des nucleus pulposus mit Druck auf das Rückenmark · Spondylophytenanlagerung • Bandscheibenprolaps mit gerissenem anulus fibrosus und verlagerten Anteilen des Gallertkerns mit Druck auf den Spinalnerven · Kompression des Spinalnervs · Prolabierter nucleus pulposus · Gerissener Anulus fibrosus • Bandscheibenvorfall mit Druck auf den Spinalnerven. · Bandscheibe · Foramen intervertebrale · Komprimierter Spinalnerv · Bandscheibe Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com F 04 Wie wird ein zervikaler Bandscheibenvorfall festgestellt? Nach körperlicher und neurologischer Untersuchung kann das Vorhandensein eines Bandscheibenvorfalls durch Computer- oder Kernspintomographie nachgewiesen werden. • Bandscheibenvorfall mit gerissenem anulus fibrosus, vorfallendem Gallertkern, Druck auf das Rückenmark und die Wurzel des Spinalnerven · Rückenmark · Prolabierender Gallertkern · Gerissener anulus fibrosus Kernspintomographie Skizze Konventionelle Röntgenbilder der Halswirbelsäule in 2 Ebenen können durch die nachweisbare Minderung der Höhe der Bandscheibenfächer einen indirekten Hinweis auf einen degenerativen Prozess an der Bandscheibe erbringen. • Halswirbelsäule a.p. mit Zeichen der Osteochondrose und Spondylose · Spondylose, Osteochondrose Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen • Halswirbelsäule seitlich mit deutlicher Verschmälerung der Höhe der Zwischenwirbelräume und spondylotischen Randzacken · Spondylotische Randzacken · Bandscheibenverschmälerung Eine Myelographie kann durch Kontrastmittelgabe weitere Informationen über die Lagebeziehung der vorgefallenen Bandscheibe zu den spinalen Strukturen erbringen. Elektrophysiologische Untersuchungen erbringen den Nachweis, ob nervale Strukturen bereits geschädigt sind. Welche Symptome zeigt ein zervikaler Bandscheibenvorfall? Allgemeine Symptome zeigen sich in einer schmerzhaften Halswirbelsäule, muskulären Schmerzen im Nackenbereich und einer entsprechenden Schonhaltung. Die Symptomatik hängt immer von der Segmenthöhe des Vor-falls ab. Bei Druck auf die Spinalnerven können folgende radikuläre Symptome bestehen: Bereiche mit Schmerzen und Gefühlsstörungen Kennmuskel C5 Schulter und seitlicher Oberarm m.deltoideus C6 Radialer Ober- und Unterarm, Daumen m.biceps, m.brachioradialis Radiusperiost C7 Unterarmrücken, Mittel- und Zeigefinger Daumenballen, m.pronator teres Trizeps C8 Unterarmrücken, Klein- und Ringfinger Kleinfingerballen, mm.interossei, Fingerbeuger Segment Reflexabschwächung Es kann zu Sensibilitätsstörungen und motorischen Ausfällen kommen, bei einem Massenprolaps mit massivem Druck auf das Rückenmark zeigen sich die Zeichen der Myelonkomression: · Gangunsicherheit, Schwäche der Beine · Schwäche und Gefühlsstörungen der Hände · Blasen- und Mastdarmentleerungsstörungen · Potenzstörung · Störung der Feinmotorik · Reflexabschwächungen/Reflexverlust Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com F 04 F 04 Wie wird der zervikale Bandscheibenvorfall behandelt? Bei leichten Beschwerden ohne neurologische Ausfälle kann zunächst konservativ behandelt werden. · Medikamentös über nicht steroidhaltige Antiphlogistica, Schmerzmedikamente, Muskelrelaxantien · durch krankengymnastische Übungsbehandlung, isometrischen Spannungsübungen und Massagen Bei Fortbestehen der Schmerzsymptomatik trotz geeigneter konservativer Behandlung und bei Zunahme von neurologischen Symptomen kann, bei einer akuten Kompression des Myelon mit neurologischen Defiziten muss operativ behandelt werden. Für die operative Versorgung der degenerativen Bandscheibenleiden der Halswirbelsäule gibt es eine Vielzahl chirurgischer Verfahren, die sowohl von hinten (dorsal), als auch von vorne (ventral) durchgeführt werden können. Ziel aller Verfahren ist, den Druck auf die nervalen Strukturen durch die vorgefallenen Bandscheibenanteile zu beseitigen (Dekompression). In Abhängigkeit vom vorliegenden Ausgangsbefund können folgende Operationsverfahren zur Anwendung kommen: · Ventrale mikrochirurgische Nucleotomie mit Fusion nach Cloward-Robinson · Ventrale Uncoforaminotomie mit Fusion nach Cloward-Robinson · Ventrale Dekompression mit Implantation einer zervikalen Bandscheibenprothese Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Zervikales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen F 05 Was ist ein lumbales Bandscheibenleiden? Die Veränderung der Bandscheibenstruktur durch Abnutzung (Degeneration) im Bereich der Lendenwirbelsäule kann zur Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) oder einem Bandscheibenvorfall (Prolaps) führen. Durch die Verlagerung von Bandscheibenanteilen in Richtung Rückenmark oder Spinalnerv wird Druck auf diese Strukturen ausgeübt, wodurch Schmerzen mit Ausstrahlung in das Bein, sensible und motorische Störungen hervorgerufen werden können. Wie entsteht der lumbale Bandscheibenvorfall? Die Bandscheibe verliert in einem natürlichen Alterungsprozess an Elastizität durch Störung Ihres Stoffwechsels, sie wird derb und zeigt Risse im äußeren Faserring (anulus fibrosus), der zentrale Gallertkern (nucleus pulposus) verliert die Fähigkeit, ausreichend Wasser zur Erhaltung seiner Elastizität aufzunehmen. Die Bandscheibe verliert an Höhe, wodurch die Balance im Bewegungssegment gestört wird. Die auf die Lendenwirbelsäule einwirkenden Kräfte können nicht mehr adäquat aufgefangen, gedämpft und weitergeleitet werden, wodurch es in der Folgezeit zu weiteren strukturellen Veränderungen kommt. Durch die veränderten Druckbelastungen kommt es zu knöchernen Anbauten an den Wirbeln (Spondylose), die Wirbelgelenke werden umgeformt (Spondylarthrose). Der stabilisierende Bandapparat wird gedehnt, es kommt zur Instabilität des Bewegungssegments. Die veränderten Druckbelastungen können an der Bandscheibe eine Verlagerung von Bandscheibenanteilen in Richtung Rückenmark und Spinalnerven bewirken. Eine Vorwölbung der Bandscheibe mit erhaltenem anulus fibrosus wird als Bandscheibenprotrusion, die Verlagerung des nucleus pulposus bei eingerissenem äußeren Faserring als Bandscheibenprolaps bezeichnet. Wenn sich Teile des vorgelagerten Bandscheibenmaterials ablösen und frei in den Rückenmark- oder Spinalnervenkanal wandern, nennt man dies einen Bandscheibensequester. Bandscheibenvorfälle können mittig (medial) liegen und auf das Rückenmark drücken oder seitlich (lateral) auf die Wurzel des Spinalnerven drücken und entsprechende Symptome auslösen. Es gibt auch Bandscheibenvorfälle, die kombiniert mediolateral liegen. Aus einem multisegmentalen Bandscheibenleiden mit Instabilität mehrerer Bewegungssegmente kann in der Folgezeit eine degenerative Lumbalskoliose entstehen. • Blick auf einen Lendenwirbel mit normaler Lagebeziehung der Bandscheibe zu Rückenmark und Spinalnerven. Anulus fibrosus und nucleus pulposus sind erhalten. · Rückenmark · Spinalnerv · Anulus fibrosus der Bandscheibe · Nucleus pulposus der Bandscheibe · Wirbelkörper Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Lumbales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen F 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Lumbales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen • Protrusion des Gallertkerns mit noch erhaltenem anulus fibrosus · Bandscheibenprotrusion • Bandscheibenprolaps mit gerissenem anulus fibrosus, Austritt des Gallertkerns mit Kompression des Rückenmarks und Spinalnerven · Kompression · Austretender Gallertkern · Gerissener Faserring Wie wird ein Bandscheibenvorfall festgestellt? Eine ausführliche Befragung, körperliche und neurologische Untersuchung erbringen die Verdachtsdiagnose, ob ein Bandscheiben bedingtes Krankheitsbild vorliegen könnte. Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule zeigen Abnutzungserscheinungen an den Wirbeln und deuten über den Nachweis der Höhenminderung der Zwischenwirbelräume auf einen Bandscheibenschaden hin. Durch die Kernspin- und Computertomographie, sowie die Kontrastmitteldarstellung des Rückenmarkraums (Myelographie) kann ein Bandscheibenvorfall direkt nachgewiesen werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Lumbales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com F 05 • Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule seitlich mit Bandscheibenvorfall (L5/S1) mit Kompression des Rückenmarks · Lendenwirbel (L5) · Bandscheibe (L5/S1) · Rückenmark · 1. Kreuzbeinwirbel (S1) Durch neurophysiologische Untersuchungen (EMG, ENG, SEP) kann nachgewiesen werden, ob bereits ein Schaden an den Spinalnerven oder am Rückenmark durch den bestehenden Druck entstanden ist. Welche Symptome zeigen sich bei einem lumbalen Bandscheibenvorfall? · Allgemeine Symptome wie muskulärer Hartspann der Lendenmuskulatur, Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit der Lendenwirbelsäule, Bewegungseinschränkungen, Schmerzen beim Sitzen liegen meistens vor. · Der Finger-Boden Abstand kann vermindert sein, die Beweglichkeit der Lenden- und Brustwirbelsäule ist eingeschränkt (Schober Zeichen, Ott Zeichen). · Die Druckpunkte im Verlauf des Ischiasnervs sind bei einer entsprechenden Wurzelreizung schmerzhaft (Valleix´sche Druckpunkte). Beim Husten, Pressen oder Niesen können sich die ausstrahlenden Schmerzen deutlich verstärken. Je nach Höhe des Bandscheibenvorfalls zeigen sich Symptome, die dem Versorgungsgebiet der abgehenden Spinalnerven entsprechen: · Bei Bandscheibenvorfällen des Segments L5 ziehen die Schmerzen von der hinteren äußeren Oberschenkelseite zur äußeren Vorderseite des Unterschenkels. Das Lasègue-Zeichen ist positiv. · Bei einer Wurzelkompression des Segments S1 findet man Schmerzen und Sensibilitätsstörungen an der Unterschenkelrückseite, der Ferse, dem Fußaußenrand und der 3.-5-Zehe. Das Lasègue-Zeichen ist positiv, der Achillessehnenreflex ist abgeschwächt. · Ein medianer Massenprolaps, meist in Höhe L3/L4 oder L4/5 gelegen, kann durch massiven Druck auf das Rückenmark die so genannte Caudasymptomatik verursachen. Man sieht bei solchen Vorfällen Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion, das Reithosenphänomen mit Sensibilitätsstörungen an den Oberschenkelinnenseiten. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Lumbales Bandscheibenleiden · Degenerative Erkrankungen • Verteilungsmuster der Schmerzen und Gefühlsstörungen bei Reizung der lumbalen Spinalnervenwurzeln Gibt es Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen (Differentialdiagnose)? Erkrankungen der Wirbelsäule wie Spinalkanalstenose, Tumoren und Metastasen, Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) und Spondylodiszitis können eine ähnliche Symptomatik verursachen. Eine arterielle Verschlusskrankheit der Becken- und Beinschlagadern, Hüftarthrose, gynäkologische Prozesse und Prozesse am Iliosakralgelenk können ebenfalls mit ähnlichen Beschwerden verbunden sein. Wie wird der lumbale Bandscheibenvorfall behandelt? Die konservative Behandlung besteht in Medikation mit Analgetica, Muskelrelaxantien, und Antiphlogistica, es können Wurzelblockaden, epidurale Infiltrationen und CT-gesteuerte Injektionsbehandlungen durchgeführt werden. Eine Stufenlagerung auf einem Würfel lindert die Schmerzen in der Akutphase. Nach Abklingen der starken Beschwerden findet ein Aufbau mit Krankengymnastik, Massagen, Wärme- und Elektrobehandlung statt. Entlordosierende Bandagen oder Orthesen können für eine weitere Entlastung sorgen. Bei bestehendem Caudasyndrom oder rasch zunehmenden neurologischen Defiziten muss zügig eine operative Dekompression des Rückenmarks und der Nervenwurzel durchgeführt werden (absolute Operationsindikation). Ein relative Operationsindikation besteht bei weiterhin bestehenden starken Schmerzen und funktionellen Beeinträchtigungen trotz intensiver konservativer Behandlung. Die Wahl des operativen Verfahrens hängt davon ab, ob ein mono-oder mehrsegmentaler Befund vorliegt und wie ausgeprägt eine eventuell bestehende Instabilität ist. In Abhängigkeit vom vorliegenden Ausgangsbefund können bei der operativen Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls folgende Operationsverfahren durchgeführt werden: . Intradiscale Elektrothermische Therapie (IDET) · Mikrochirurgische Nukleotomie · Mono/bisegmentale Dekompression und Fusion in TLIF-Technik · Mono/bisegementale Dekompression und Fusion in ALIF-Technik · Dekompression mit Implantation einer lumbalen Bandscheibenprothese Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 06 Was ist eine Spinalkanalstenose? Bei der Spinalkanalstenose handelt es sich um eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal), die sich meistens durch den degenerativen (abnutzungsbedingten) Umbau der Elemente des Bewegungssegments der Wirbelsäule entwickelt. Über 90 % der Spinalkanalstenosen sind degenerativ bedingt. Verengungen des Rückenmarkkanals können in seltenen Fällen auch nach Wirbelbrüchen und entzündlichen Prozessen der Wirbel als Folge der strukturellen Veränderung des Bewegungssegments auftreten. Spinalkanalstenosen sind auch im Rahmen seltener angeborener Erkrankungen, die mit Wirbelsäulenanomalien einhergehen, zu finden. (Mucopolysaccharidosen wie das Morquio Syndrom oder Wirbelfehlanlagen wie bei Klippel-Feil Syndrom) Wo treten Spinalkanalstenosen auf? Die Spinalkanalstenose kann in allen Wirbelsäulenabschnitten vorkommen, sie tritt aber hauptsächlich in den Bewegungssegmenten mit der größten mechanischen Belastung, der unteren Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule auf (zervikale Spinalkanalstenose, lumbale Spinalkanalstenose). Wodurch wird eine Spinalkanalstenose verursacht? Die degenerative Spinalkanalstenose entwickelt sich als Folgezustand der abnutzungsbedingten morphologischen und statischen Veränderungen des Bewegungssegments. Durch den Verschleiß der Bandscheibe und der damit verbundenen Höhenminderung des Bandscheibenfachs werden die auf das Bewegungssegment einwirkenden Kräfte nicht mehr physiologisch verteilt. Durch die veränderte Druckbelastung kommt es an den knöchernen Strukturen der Wirbelkörper zur Anlagerung von neuer Knochensubstanz (Spondylophyten), die zum Umbau des Wirbelkörpers (Spondylose) führen. Der stabilisierende Bandapparat des betroffenen Wirbelsäulensegments erschlafft, es kommt zur Destabilisierung der Wirbelgelenkverbindungen mit Anlagerung von Osteophyten, Verdickung der Gelenkkapsel und Umbau der Facettengelenkflächen (Spondylarthrose). Der überdehnte Bandapparat der Wirbelsäule, insbesonders das hintere Längsband und das gelbe Band verdicken und engen den Spinalraum weiter ein. • Angelagerte Spondylophyten engen den Rückenmarkanal und den Kanal der Spinalnerven ein · Verlagerung des nucleus pulposus mit Druck auf das Rückenmark · Spondylophytenanlagerung Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen F 06 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen Eine Bandscheibenprotrusion oder ein Bandscheibenprolaps können durch die Verlagerung von Bandscheibenanteilen in Richtung Spinalkanal zusätzlich den Raum für das Rückenmark und die Spinalnerven einengen. Durch einen Gleitwirbel (Spondylolisthesis) kann der Spinalkanal durch Verlagerung des Wirbels nach vorne eingeengt werden. • Hinteres Längsband und gelbes Band sind hauptsächlich von der Verdickung betroffen · gelbes Band (ligamentum flavum) · hinteres Längsband (ligamentum longitudinale posterius) Eine Bandscheibenprotrusion oder ein Bandscheibenprolaps können durch die Verlagerung von Bandscheibenanteilen in Richtung Spinalkanal zusätzlich den Raum für das Rückenmark und die Spinalnerven einengen. Durch einen Gleitwirbel (Spondylolisthesis) kann der Spinalkanal durch Verlagerung des Wirbels nach vorne eingeengt werden. • Bandscheibenprolaps mit Kompression des Rückenmarks durch den Gallertkern · Einengung des Rückenmarkkanals mit Druck auf das Rückenmark • Spinalkanalstenose bei Wirbelgleiten. · 5. Lendenwirbel gleitet über S1 nach vorne · Verengung des Rückenmarkkanals mit Kompression · 1. Kreuzbeinwirbel (S1) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 06 Durch die Anlagerung von Spondylophyten am Wirbelkörper und Wirbelbogen, Verlagerung von Bandscheibenanteilen, Verdickung der Gelenkkapseln und Bändern werden die Räume für das Rückenmark und die Spinalnerven eingeengt, wodurch Druck auf die spinalen Elemente ausgeübt wird und dadurch Schmerzen und neurologische Symptome ausgelöst werden. • Querschnittbild der unteren Halswirbelsäule mit Verengung des Rückenmarkkanals durch Bandscheibenvorfall, Höhenminderung der Bandscheibenfächer, knöchernem Umbau der Wirbel, Verdickung des hinteren Längsbandes. · Rückenmarkkanal · Verdickung des hinteren Längsbandes · Bandscheibenvorfall · Knöcherner Umbau der Wirbel Wie wird die Spinalkanalstenose festgestellt? Nach Erhebung der Krankengeschichte, klinischer und neurologischer Untersuchung kann die gestellte Verdachtsdiagnose durch bildgebende Verfahren wie Nativaufnahmen mit Funktionsaufnahmen und Schichtaufnahmen wie Computer- oder Kernspintomographie verifiziert werden. • Nativröntgen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen • Kernspintomographie Halswirbelsäule seitlich Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Duralschlauch (Rückenmarkschlauch) zusätzliche Informationen erbringen. Die Untersuchungen, bei denen wasserlösliches, vollständig resorbierbares Kontrastmittel in den Duralschlauch gegeben wird, können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und eine Reaktion auf das Kontrastmittel („Kontrastmittelallergie“) zeigen. • Myelographie bei Spinalkanalstenose und Bandscheibenvorfall · Mit Kontrastmittel gefüllter Rückenmarkkanal · Bandscheibenvorfall Durch die neurophysiologischen Untersuchungen EMG, ENG und evozierte Potentiale wird untersucht, ob Nervengewebe durch eine eventuell bestehende Kompression bereits geschädigt ist. Bei Spinalkanalstenosen der Hals- und Lendenwirbelsäule wird durch eine Doppler-Ultrasonographie der Zustand der Blutgefäße kontrolliert. Welche Symptome gibt es? Schmerzen im betroffenen Segment, muskulärer Hartspann der Rückenmuskulatur, schmerzhafte Triggerpunkte und Bewegungseinschränkung zeigen sich fast immer. Symptome, wie lokale und ausstrahlende (radikuläre) Schmerzen, motorische und sensible Ausfälle bis hin zu Lähmungen, hängen von der jeweiligen Höhe des betroffenen Wirbelsäulensegments ab und werden bei der zervikalen und lumbalen Spinalkanalstenose erläutert. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com F 06 F 06 Wie wird behandelt? Konservativ: Nicht jede radiologisch nachgewiesene Spinalkanalstenose verursacht therapiebedürftige Beschwerden. Bei bestehenden Beschwerden wird zunächst eine konservative Behandlung mit Schmerzmedikamenten, Infiltration von örtlichen Betäubungsmitteln in die Facettengelenke, Gabe von antiphlogistischen (entzündungshemmenden) und Cortisonhaltigen Medikamenten in Kombination mit physikalischer Therapie durchgeführt. Krankengymnastik, manuelle Therapie, Akupunktur und Neurostimulation können eine Linderung bewirken. Operativ: Bei Krankheitsbildern mit Lähmungen und sensomotorischen Ausfällen muss das gequetschte Rückenmark rasch operativ entlastet werden (Dekompression), um bleibende Schäden zu vermeiden. Spinalkanalstenosen, die trotz längerer adäquater konservativer Behandlung keine Besserung der Symptomatik zeigen, werden in der Regel ebenfalls operativ versorgt. Je nach radiologischem Befund kann die Entlastungsoperation des Rückenmarks (Dekompression) in einer oder mehreren Wirbelsäulenetagen, ein-oder beidseitig ausgeführt werden oder es kommen rein dekomprimierende Operationsverfahren wie Laminektomie, Hemilaminektomie oder Laminotomie zur Anwendung, die für Entlastung des eingeengten Rückenmarks und der Spinalnerven sorgen. Bei Befunden, die sich über mehrere Etagen erstrecken und zur Dekompression tragende Knochenstruktur der Wirbel entfernt werden musste, wird zusätzlich eine Versteifungsoperation (Fusionsoperation) durchgeführt, um eine Instabilität der Wirbelsäule zu vermeiden. Unter „Zervikale Spinalkanalstenose“ und „Lumbale Spinalkanalstenose“ stellen wir Ihnen verschiedene Operationsverfahren vor, die bei Spinalkanalstenosen zum Einsatz kommen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen F 07 Was ist eine zervikale Spinalkanalstenose? Es handelt sich hierbei um eine Einengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal) der Halswirbelsäule, die meistens durch Abnutzungserscheinungen (Degeneration) des Bewegungssegments verursacht wird. Durch die Verengung hat das Rückenmark (Myelon) nicht mehr ausreichend Platz, durch den Druck auf das Myelon und die abgehenden Nervenwurzeln kann es zum Auftreten von neurologischen Symptomen kommen. Wie entsteht eine zervikale Spinalkanalstenose? Die zervikale Spinalkanalstenose kann selten angeboren durch Fehlanlagen der Wirbel, Spina bifida oder Meningozelen entstehen. Sie kann auch erworben durch Tumorwachstum, entzündliche Prozesse, Brüche oder Verwachsungen nach Operationen entstehen. Meistens entsteht die zervikale Spinalkanalstenose durch degenerativen Umbau (Verschleiß) verschiedener Strukturen des Bewegungssegments. Der Rückenmarkkanal der Halswirbelsäule ist in Höhe des 1. Halswirbels (C1) am weitesten, verjüngt sich nach unten und ist ab dem 5. Halswirbel (C5) am engsten, weshalb Spinalkanalstenosen der Halswirbelsäule häufig unterhalb von C4 auftreten. Durch die Abnutzung der Bandscheiben und der damit verbundenen Minderung der Höhe des Bandscheibenfachs wird das statische Gefüge des Bewegungssegments verändert, wodurch es zu strukturellen Veränderungen kommt. Am Hinterrand der Wirbelkörper lagert sich neue Knochensubstanz (Osteophyten) an, man spricht von einer Retrospondylose. Die Wirbelgelenke (Facettengelenke) bauen sich knöchern um, die Gelenkkapsel verdickt, die Gelenkfläche wird arthrotisch zerstört (Spondylarthrose). Die processus uncinati werden knöchern umgebaut, es kommt zur Ausbildung einer Unkarthrose. Zusätzlich kommt es durch die zunehmende Instabilität des Bewegungssegments zu einer veränderten Belastung des Bandapparats der Wirbelsegmente. Dadurch entsteht eine Verdickung der Bänder, insbesonders des gelben Bandes, das sich zwischen den Wirbelbögen spannt (ligamentum flavum) und des hinteren Längsbandes (ligamentum longitudinale posterius). Neben diesen Faktoren kann der Raum für das Myelon oder die Spinalnerven durch eine Bandscheibenprotrusion oder einen Bandscheibenprolaps einengt werden. Sämtliche strukturellen Umbaumechanismen können zu einer Einengung des Rückenmarkkanals, der Spinalnervenkanäle und ihrer Austrittsöffnungen führen, wodurch Druck auf das Rückenmark und die Spinalnerven mit entsprechender Symptomatik verursacht werden kann. • Zervikale Spinalkanalstenose · Rückenmarkkanal · Hinteres Längsband · Bandscheibenvorfall · Einengung (Stenose) des Spinalkanals · Retrospondylose Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Zervikale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen Zervikale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen Welche Symptome verursacht die zervikale Spinalkanalstenose? Durch Druck auf die abgehenden Spinalnervenwurzeln (Wurzelkompression) kommt es, dem Versorgungsgebiet des gequetschten Nervens entsprechend, zu ausstrahlenden Schmerzen in den Arm (Brachialgie). Diese durch Wurzelkompression entstandenen Symptome nennt man radikulär. Bei Zunahme der Kompression kommt es zu Gefühlsstörungen bis hin zur Lähmung, die Reflexe können ausfallen. Bei einer durch Abnutzung bedingten Spinalkanalstenose werden diese Symptome langsam zunehmend, bei einem Bandscheibenvorfall akut auftreten. • Die Schmerzausstrahlung in der Abhängigkeit vom betroffen Wirbelsegment können Sie aus der Tabelle ersehen Bereiche mit Schmerzen und Gefühlsstörungen Kennmuskel C5 Schulter und seitlicher Oberarm m.deltoideus C6 Radialer Ober- und Unterarm, Daumen m.biceps, m.brachioradialis Radiusperiost C7 Unterarmrücken, Mittel- und Zeigefinger Daumenballen, m.pronator teres Trizeps C8 Unterarmrücken, Klein- und Ringfinger Kleinfingerballen, mm.interossei, Fingerbeuger Segment Reflexabschwächung • Die radikuläre Ausstrahlung bei zervikaler Wurzelkompression · Beim Provokationstest nach Spurling werden die Schmerzen der betroffenen Seite durch Neigung der Halswirbelsäule zur Seite, Kompression und Extension der Halswirbelsäule verstärkt. Druck- und Klopfschmerzen können ausgelöst werden. · Bei längerem Bestehen einer Kompression des Rückenmarks kann eine Schädigung des Rückenmarks (Myelopathie) auftreten. Die zervikale Myelopathie entsteht aus der Kombination von Druckschädigung des Rückenmarks durch die bestehende Enge des Rückenmarkkanals, die bei Beugung noch verstärkt wird und einer Verschlechterung der Durchblutungsversorgung des Rückenmarks, da durch den bestehenden Druck die arterielle Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com F 07 F 07 Blutversorgung gedrosselt und der venöse Abtransport verlangsamt ist. Durch den bestehenden erhöhten Druck kann es zur Ausbildung eines Ödems (Wasseransammlung) im Rückenmark kommen. Diese Schädigung des Rückenmarks kann folgende Symptome zeigen: · Gangunsicherheit, Schwäche der Beine · Schwäche und Gefühlsstörungen der Hände · Blasen- und Mastdarmentleerungsstörungen · Potenzstörung · Störung der Feinmotorik · Reflexabschwächungen/Reflexverlust · Positives Lhermitte-Zeichen (bei starkem Vorwärtsbeugen des Kopfes tritt ein elektrisierendes Gefühl auf, das vom Genick über die Schultern und Wirbelsäule in Arme und Beine ziehen kann) · Auftreten von pathologische Reflexen · Zusätzlich können die in der Tabelle beschrieben radikulären Symptome auftreten Wie wird die zervikale Spinalkanalstenose festgestellt? Nach Erhebung der Krankengeschichte, klinischer und neurologischer Untersuchung kann die gestellte Verdachtsdiagnose durch bildgebende Verfahren wie Nativaufnahmen mit Funktionsaufnahmen, Schichtaufnahmen durch Computertomographie oder Kernspintomographie mit oder ohne Kontrastmittelgabe verifiziert werden. Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Duralschlauch (Rückenmarkschlauch) zusätzliche Informationen erbringen. Die Untersuchungen, bei denen wasserlösliches, vollständig resorbierbares Kontrastmittel in den Duralschlauch gegeben wird, können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und eine Reaktion auf das Kontrastmittel („Kontrastmittelallergie“) zeigen. Durch die neurophysiologischen Untersuchungen EMG, ENG und evozierte Potentiale wird untersucht, ob Nervengewebe durch eine eventuell bestehende Kompression bereits geschädigt ist. Eine Dopplersonograpie kann zusätzliche Informationen über den Gefäßstatus der hirnversorgenden Schlagadern erbringen und eventuell bestehende Gefäßverengungen nachweisen. Wie wird die zervikale Spinalkanalstenose behandelt? Akute und zunehmende neurologische Ausfälle sollten rasch operiert werden. Bei bleibenden radikulären Symptomen und Schmerzen trotz adäquater konservativer Behandlung kann dem Patienten bei Übereinstimmung von radiologischem und klinischen Befund zur operativen Versorgung geraten werden. Konservativ Behandlung: · Kurzfristige Ruhigstellung mit weicher Halskrause · Wärmeanwendung gegen die verspannte Nackenmuskulatur · Medikamentös über steroidhaltige Antiphlogistica, Schmerzmedikamente, Muskelrelaxantien · Nach Rückgang der Schmerzen vorsichtiger Aufbau durch krankengymnastische Übungsbehandlung, isometrischen Spannungsübungen und Massagen · CT-gesteuerte Infiltrationsbehandlung der Facettengelenke oder Nervenwurzelblockaden Operative Verfahren: Ziel der Operation ist es, das Rückenmark und die Spinalwurzeln vom Druck zu befreien (Dekompression) und das instabile Segment operativ zu versteifen (Spondylodese). Abhängig vom jeweiligen Befund kommen Operationsverfahren mit Zugang von hinten (dorsal) oder vorne (ventral) zum Einsatz. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Zervikale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen F 07 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Zervikale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen Der Einsatz von Operationsverfahren von vorne erlaubt die saubere Darstellung sämtlicher vorderen Anteile der Halswirbelsäule einschließlich der arteria vertebralis, die Präparation kann schonend innerhalb von vorgegebenen Weichteilsepten mit geringer Traumatisierung der Halsweichteile durchgeführt werden. Die Nachteile des vorderen Zugangs an der oberen Halswirbelsäule bestehen in der möglichen Schädigung folgender anatomischer Strukturen: · nervus hypoglossus · nervus laryngeus superior · arteria carotis interna · glomus caroticum Die Nachteile des vorderen Zugangs im Bereich der unteren Halswirbelsäule bestehen in der möglichen Schädigung des: · ganglion stellatum · nervus laryngeus recurrens Die Nachteile des hinteren Zugangs im Bereich der Halswirbelsäule sind: · durch die erforderliche ausgedehnte Muskelablösung entsteht ein ausgedehntes Weichteiltrauma mit möglicher Schädigung folgender Muskeln: - musculus rectus capitis posterior minor - musculus rectus capitis posterior major - musculus obliquus capitis inferior · mögliche Schädigung der arteria vertebralis im Bereich der oberen Halswirbelsäule Die Wahl zwischen einem vorderen, einem hinteren oder einem kombinierten Zugangsweg ist von folgenden Faktoren abhängig: · Lage und Ausdehnung des vorliegenden Prozesses · Ausmaß der operativen Destabilisierung · Wahl des Instrumentariums · sagittalem Profil In Abhängigkeit vom individuell vorliegenden Ausgangsbefund können folgende Operationstechniken bei der operativen Versorgung von zervikalen Spinalkanalstenosen zum Einsatz kommen: · Ventrale Fusion nach Cloward-Robinson · Dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion · Ventrale Corpectomie mit zervikaler Spondylodese Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 08 Was ist eine lumbale Spinalkanalstenose? Es handelt sich um eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal) und der Kanäle (recesssus laterales) und Austrittsöffnungen (foramina intervertebralia) der abgehenden Spinalnervenwurzeln im Bereich der Lendenwirbelsäule. Wodurch wird sie verursacht? Die degenerative Veränderung der Bandscheibe mit Höhenverlust im Bandscheibenfach verursacht weitreichende Veränderungen im entsprechenden Bewegungssegment. Es kommt zum knöchernen Umbau der Wirbelkörper (Spondylose), die Wirbelgelenke werden durch die entstehende Fehlbelastung arthrotisch umgebaut, die Gelenkflächen werden zerstört, die Gelenkkapsel ist verdickt (Spondylarthrose). Das Bewegungssegment wird durch diese Veränderungen instabil, der stabilisierende Bandapparat der Wirbelsäule erschlafft in den betroffenen Segmenten. Inbesonders das gelbe Band (ligamentum flavum) und das hintere Längsband (ligamentum longitudinale posterius) verdicken. Man unterscheidet eine zentrale Einengung des Rückenmarkkanals und die Einengung der seitlich (lateral) liegenden Kanäle der abgehenden Spinalnervenwurzeln. (Stenose des lateralen Rezessus) Die strukturellen Umbaumechanismen des Bewegungssegments führen durch die Verdickung des ligamentum flavum und der Wirbelgelenke zur zentral gelegenen Verengung des Rückenmarkkanals. Die Verengung des lateralen Rezessus wird durch Anlagerung von Osteophyten an Teilen der Wirbelkörperhinterkante und der Wirbelbögen, sowie Anteilen des Facettengelenk und des Pedikels hervorgerufen. Tritt das Bandscheibenleiden in mehreren Bewegungssegmenten auf, kann dies zur Aufhebung der physiologischen Biegung der Lendenwirbelsäule führen. Die Aufhebung dieser Lendenlordose führt zu einer Verlagerung der Schwerpunktlinie der Wirbelsäule nach vorne. Durch die veränderten Schwerpunktverhältnisse werden die an der Wirbelsäule einwirkenden Kräfte (Biegungs-, Dreh- und Scherkräfte) verändert. Die bestehende Instabilität des Bewegungssegments kann in Verbindung mit einer gleichmäßigen Abnutzung der Bandscheiben (symmetrischer Degeneration) durch die verändert einwirkenden Kräfte zu einem Vorwärtsgleiten eines Wirbels führen (Spondylolisthesis), wodurch es auch zur Einengung des Spinalkanals kommen kann. • Normales Bewegungssegment der Lendenwirbelsäule · Wirbelkörper · Querfortsatz · Dornfortsatz · Bandapparat · Bandscheibe · Wirbelgelenk · Spinalnerv · Rückenmark Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen F 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen • Durch Instabilität bewirken die veränderten Kräfteverhältnisse eine Verschiebung der Wirbel (Translation) · Einengung des foramen intervertebrale · Arthose des Wirbelgelenks (Spondylarthrose) • Die Verschiebung eines Wirbels nach vorn (Spondylolisthesis ) führt zur Einengung des Spinalkanals · Einengung des Spinalkanals in Höhe L5/S1 Bei Instabilität und ungleichmäßiger Abnutzung der Bandscheiben (asymmetrische Degeneration) kann es durch auftretende Rotationskräfte zur Ausbildung einer degenerativen Lumbalskoliose kommen. Sämtliche Veränderungen führen zur Verengung der Räume für das Rückenmark und die abgehenden Nerven, wodurch Druck auf die Nervenstrukturen ausgeübt wird. • Spinalkanalverengung der Lendenwirbelsäule in Höhe L3/4 und L4/5 · Bandscheibenvorfall · Spinalkanalstenose · Retrospondylose Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen Welche Symptome gibt es? Schmerzen im betroffenen Segment, muskulärer Hartspann der Rückenmuskulatur im Lendenbereich, Schmerzen im Gesäß, schmerzhafte Triggerpunkte und Bewegungseinschränkung zeigen sich fast immer. Im Sitzen oder in Körperhaltungen, bei denen die Lendenwirbelsäule nach hinten gebogen (kyphosiert) wird, nehmen die Beschwerden oftmals ab, da durch diese Position der Bandapparat der Wirbelsäulensegmente gedehnt wird, wodurch der Platz im Rückenmarkraum erweitert wird und das Rückenmark entlastet wird. Symptome, wie lokale und ausstrahlende (radikuläre) Schmerzen, motorische und sensible Ausfälle bis hin zu Lähmungen, hängen von der jeweiligen Höhe des betroffenen Wirbelsäulensegments ab. • Die lumbalen Wirbelsegmente · 1. Lendenwirbel (L1) · 2. Lendenwirbel (L2) · 3. Lendenwirbel (L3) · 4. Lendenwirbel (L4) · 5. Lendenwirbel (L5) · 1. Kreuzbeinwirbel (S1) • Verteilungsmuster der Schmerzen und Sensibilitätsstörungen bei radikulären Symptomen durch Nervenwurzelkompression der lumbalen spinalen Segmente Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen • Die Areale der Schmerzempfindung und Sensibilitätsstörung, sowie die Muskeln, die in der Motorik gestört sein können, sind in der Tabelle aufgeführt Lendenwirbelsegment Region der empfundenen Kennmuskel der Schmerzen und der motorischen Reflexabschwächung Gefühlsstörungen Störung Nervendehnungsschmerz Leistengegend Iliopsoas Dehnungsschmerz der nervus femoralis L3 Außen- und Vorderseite des Oberschenkels Iliopsoas, Quadrizeps Patellarsehnenreflex Dehnungsschmerz der nervus femoralis L4 Außen- und Vorderseite des Oberschenkels, Innenseite von Unterschenkel und Fuß Quadrizeps Patellarsehnenreflex Dehnungsschmerz der nervus femoralis, positiver Lasègue L5 Außenseite Unterschenkel, innen liegender Fußrücken, Großzehe Extensor hallucis longus S1 Leistengegend Trizeps surae L1/L2 positiver Lasègue Achillessehnenreflex positiver Lasègue Die lateralen Spinalkanalstenosen lösen durch Druck auf die Spinalnerven ein- oder beidseitige Wurzelreizerscheinungen aus, die der Höhe des betroffenen Wirbelsegments entspricht. Die zentralen Spinalkanalstenosen bewirken diffuse Schmerzen und Schwäche in den Beinen beim Laufen und Stehen, beim Liegen oder Sitzen sind die Beschwerden rückläufig. Man spricht bei dieser Symptomatik von einer neurogenen Claudicatio. Bei massivem Druck auf das Rückenmark kann es zum Caudasyndrom, zur Schädigung des verlängerten Rückenmarks, mit Lähmungserscheinungen an den Beinen und Störungen der Blasen-und Mastdarmfunktion kommen. Gibt es Erkrankungen, die eine ähnliche Symptomatik zeigen können (Differentialdiagnose)? Da die lumbale Spinalkanalstenose ein breites Spektrum an Symptomen aufzeigen kann, ist es möglich, dass auch andere Krankheiten diese Symptome verursachen. Krankheiten mit ähnlichem Beschwerdebild sind: Lumbaler Bandscheibenvorfall, Spondylolisthesis, Spinale Tumoren, Entzündungen (Spondylodiszitis, epiduraler Abszess, Borreliose), Arthrose des Iliosakralgelenks, Hüftarthrose, Durchblutungsstörung der Becken- und Beinschlagadern, Bauchaortenaneurysma, Neuropathien. Wie wird die Diagnose gestellt? Nach Erhebung der Krankengeschichte, klinischer und neurologischer Untersuchung kann die gestellte Verdachtsdiagnose durch bildgebende Verfahren wie Nativaufnahmen mit Funktionsaufnahmen, Schichtaufnahmen durch Computertomographie oder Kernspintomographie mit oder ohne Kontrastmittelgabe verifiziert werden. Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Duralschlauch (Rückenmarkschlauch) zusätzliche Informationen erbringen. Die Untersuchungen, bei denen wasserlösliches, vollständig resorbierbares Kontrastmittel in den Duralschlauch gegeben wird, können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und eine Reaktion auf das Kontrastmittel („Kontrastmittelallergie“) zeigen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com F 08 F 08 Durch die neurophysiologischen Untersuchungen EMG, ENG und evozierte Potentiale wird untersucht, ob Nervengewebe durch eine eventuell bestehende Kompression bereits geschädigt ist. Eine Dopplersonograpie kann zusätzliche Informationen über den Gefäßstatus der Haupt- und Beinschlagadern erbringen und eventuell bestehende Gefäßverengungen nachweisen. Wie wird behandelt? Konservativ: Bei bestehenden Beschwerden wird zunächst eine konservative Behandlung mit Schmerzmedikamenten, Infiltration von örtlichen Betäubungsmitteln in die Facettengelenke, Gabe von antiphlogistischen (entzündungshemmenden) und Cortisonhaltigen Medikamenten in Kombination mit physikalischer Therapie durchgeführt. Krankengymnastik, manuelle Therapie, Akupunktur und Neurostimulation können eine Linderung bewirken. Operativ: Bei Krankheitsbildern mit Lähmungen und sensomotorischen Ausfällen muss das gequetschte Rückenmark rasch operativ entlastet werden (Dekompression), um bleibende Schäden zu vermeiden. Spinalkanalstenosen, die trotz längerer adäquater konservativer Behandlung keine Besserung der Symptomatik zeigen werden in der Regel ebenfalls operativ versorgt. Je nach vorliegendem Befund kann die Entlastungsoperation des Rückenmarks (Dekompression) in einer oder mehreren Wirbelsäulenetagen ausgeführt werden. Es kommen rein dekomprimierende Operationsverfahren, wie Eröffnung des recessus lateralis, Laminektomie, Hemilaminektomie oder Laminotomie zur Anwendung, die für Entlastung des eingeengten Rückenmarks und Spinalnerven sorgen. Bei Befunden, die sich über mehrere Etagen erstrecken und zur Dekompression tragende Knochenstruktur der Wirbel entfernt werden musste, wird zusätzlich eine Versteifungsoperation (Fusionsoperation) durchgeführt, um eine Instabilität der Wirbelsäule zu vermeiden. Bei der operativen Versorgung von lumbalen Spinalkanalstenosen werden in Abhängigkeit vom Ausgangsbefund folgende Operationsverfahren häufig eingesetzt: · Mono/bisegmentale Dekompression und Fusion in TLIF- oder ALIF-Technik · Dorsale Dekompression mit dorsolateral instrumentierter Fusion · dorsale Dekompression mit dorsaler Instrumentation und ventraler Abstützung · Corpectomie mit lumbaler Spondylodese Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Lumbale Spinalkanalstenose · Degenerative Erkrankungen F 09 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Degenerative Lumbalskoliose · Degenerative Erkrankungen Was ist eine degenerative Lumbalskoliose? Es handelt sich um ein Krankheitsbild im Bereich der Lendenwirbelsäule, das sich durch degenerative multisegmentale Veränderungen der Bewegungssegmente (Verschleiß in mehreren Lendenwirbeletagen) entwickelt und eine Seitabweichung der Wirbelsäule in der Frontalebene (Skoliose), eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanalstenose), sowie Instabilität der Wirbelsegmente zeigt. Wie wird diese Erkrankung verursacht? Die Bandscheiben unterliegen einem normalen Alterungsprozess, der sich durch einen veränderten Stoffwechsel der Bandscheibe und Fehlbelastung der Wirbelsäule entwickelt. Die Bandscheiben verlieren ihre Elastizität, es zeigen sich Risse im äußeren Faserring (anulus fibrosus), der innere Gallertkern (nucleus pulposus) wird durch den Wasserverlust derb und es kann zu Höhlenbildungen im Bandscheibengewebe mit Gasansammlungen kommen (Vakuumphänomen). Diese ersten Veränderungen der Osteochondrose zeigen sich im Röntgenbild durch einen Höhenverlust des Zwischenwirbelraums. • Röntgen der Lendenwirbelsäule seitlich. Osteochondrose L5/S1 mit Verschmälerung des Bandscheibenfachs L5/S1. · 5. Lendenwirbel · Verschmälerung des Bandscheibenfachs L 5/S1 mit knöchernem Umbau der Wirbel (Osteochondrose) · 1. Kreuzbeinwirbel In der Folgezeit können sich Bandscheibenverlagerungen (Protrusion) oder Bandscheibenvorfälle (Prolaps) mit Kompression auf das Rückenmark und die Spinalnerven einstellen. Dieser Abnutzungsprozess der Bandscheiben setzt gravierende Veränderungen der Stabilität des Bewegungssegments in Gang. Die Bandscheiben können die auftreffenden Kräfte nicht mehr dämpfen, die veränderten Druckverhältnisse bewirken einen Anbau von neuer Knochensubstanz an den Wirbeln, es kommt zur Spondylose. • Spondylose L2-L5 mit exophytären Ausziehungen an den Grund- und Deckplatten, Höhenminderung der Bandscheibenräume zwischen L2-L5 · Höhenminderung des Bandscheibenfachs · Knöcherner Umbau an der Grundplatte · Knöcherner Umbau an der Deckplatte Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Degenerative Lumbalskoliose · Degenerative Erkrankungen • Das Wirbelsegment wird instabil, durch die veränderten Scherkräfte kommt es zur strukturellen Veränderung der kleinen Wirbelgelenke mit asymmetrischer Arthrose der Gelenkflächen (Spondylarthrose) · Arthrose der Wirbelgelenke (Spondylarthrose) Der komplexe Bandapparat, der die Wirbel untereinander stabilisiert, wird gedehnt und verdickt (Hypertrophie), wodurch ein weiteres destabilisierendes Element hinzukommt. Sämtliche bisher gezeigten Entwicklungsschritte führen zu einer Dysbalance des Bewegungssegments, das normalerweise in einem Gleichgewichtszustand zwischen intakter Bandscheibe und stabilisierendem Bandapparat steht, wobei die Wirbelgelenke als Drehpunkt wirken. Die Instabilität und Gefügelockerung verändert in der Folgezeit die normalen Winkelverhältnisse der einzelnen Segmentstrukturen zueinander. Durch einen zunehmend erweiterten Wirbelbogenwinkel (Winkel zwischen der Achse der unteren Wirbelgelenke und der Wirbelbogenwurzel) kann ein Vorwärtsgleiten eines Wirbels (Pseudo-Spondylolisthesis) verursacht werden. Dieses degenerative Wirbelgleiten sieht man fast ausschließlich am 4. Lendenwirbel, selten in den Wirbeletagen L3/L4 oder L5/S1. • Wirbelgleiten nach vorm (Pseudolisthesis L4) · 4. Lendenwirbel · L4 steht vor L5 · 5. Lendenwirbel Durch die genannten Veränderungen des Wirbelsegments, die Instabilität verursacht durch Spondylose, Spondylarthrose, Bandscheibendegeneration mit Prolaps oder Protrusion sowie dem degenerativen Wirbelgleiten kann es zur Ausbildung einer Verengung des Rückenmarkkanals kommen (Spinalkanalstenose). Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com F 09 F 09 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Degenerative Lumbalskoliose · Degenerative Erkrankungen • Lumbale Spinalkanalstenose L3-L5 · Bandscheibenvorfall · Spinalkanalstenose · Retrospondylose Die degenerative Lumbalskoliose entsteht durch das multisegmentale Auftreten der oben geschilderten Mechanismen im einzelnen Bewegungssegment. Eine asymmetrische (ungleiche) Abnutzung der Bandscheiben scheint zusätzlich eine bedeutende Rolle zu spielen. Treten diese Veränderungen in mehreren Lendenwirbeletagen übereinander auf, kommt es durch die ausgeprägte Instabilität zu einer Seitabweichung der Lendenwirbelsäule und zur Ausbildung einer skoliotischen Deformität. Durch die bestehende Instabilität kommt es zum Verlust der Rotationskontrolle der Lendenwirbelsäule, wodurch die physiologische Krümmung der Lendenwirbelsäule (Lordose) aufgehoben wird und das normale sagittale Wirbelsäulenprofil verloren geht. • Degenerative Lumbalskoliose mit ausgeprägten Veränderungen der Wirbelkörper, Seitabweichung und Aufhebung der Lendenlordose Welche Diagnostik wird durchgeführt? Zunächst erfolgen Befragung, körperliche und neurologische Untersuchung. Über Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule, Computer- oder Kernspintomographie kann das Ausmaß der bestehenden knöchernen Veränderungen, eine bestehende Seitabweichung der Wirbelsäule, Bandscheibenvorfälle oder eine Verengung des Rückenmarkkanals festgestellt werden. Elektrophysiologische Untersuchungen weisen eventuell bestehende Schädigungen des Rückenmarks oder der Spinalnerven nach. Welche Symptome gibt es? Die Lendenwirbelsäule ist schmerzhaft, bei bestehender Skoliose ist die Seitabweichung vom Körperlot zu sehen, die Lendenmuskulatur ist verspannt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. F 09 Die Lumbalskoliose kann sämtlich Symptome, die durch lumbale Bandscheibenleiden und die lumbale Spinalkanalstenose hervorgerufen werden, aufzeigen. Abhängig von der Lokalisation eines Bandscheibenvorfalls oder einer bestehenden Spinalkanalstenose mit Druck auf das Rückenmark oder die Spinalnerven können lokale und in die Beine ausstrahlende Schmerzen und Gefühlsstörungen als Zeichen einer neurogenen Claudicatio auftreten. Bei ausgeprägten Befunden kann durch Kompression des Rückenmarks ein Caudasyndrom mit Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion auftreten. Mit Zunahme der Wirbelsäulendeformierung kann es zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität kommen. Wie wird behandelt? Die konservative Behandlung erfolgt durch Krankengymnastik, isometrischen Übungen zur Stabilisierung der Rückenmuskulatur und physikalischen Anwendungen. Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Infiltrationsbehandlung mit Lokalanästhetika und Kortikoiden, gegebenenfalls das Tragen eines Stützkorsetts können eine Linderung bewirken. Das operative Vorgehen verfolgt als Ziel die Reduzierung von Schmerzen, Dekompression des Rückenmarks und der Spinalnerven, die Wiederherstellung des frontalen und sagittalen Wirbelsäulenprofils und Vermeidung von weiterer Instabilität. Bei bestehendem Caudasyndrom oder rasch zunehmenden neurologischen Defiziten muss zügig eine operative Dekompression des Rückenmarks und der Nervenwurzel durchgeführt werden. (absolute Operationsindikation) Abhängig von der jeweilig vorliegenden Befundkonstellation gibt es verschiedene Operationsverfahren zur operativen Versorgung der degenerativen Lumbalskoliose. Das jeweilige Operationsverfahren muss immer individuell abgestimmt werden. Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Mehrzahl der Eingriffe ausschließlich von hinten (dorsal) ausgeführt werden können. Operationen mit einem Zugang von vorne (ventral) sind dann erforderlich, wenn durch dorsale Maßnahmen die Fehlstellung der unteren Lendenwirbelsäule nicht beseitigt werden kann oder wenn die ausgeprägte lumbale Kyphose alleine durch dorsale Verfahren nicht genügend korrigiert werden kann. Folgende Operationsverfahren werden bei der degenerativen Lumbalskoliose häufig eingesetzt: · Mehrsegmentale Dekompression mit Fusion in TLIF- oder ALIF-Technik · Dorsale Aufrichtungsspondylodese mit ausschließlich dorsolateraler Fusion · Pedikel-Substraktionsosteotomie in Kombination mit mehrsegmentaler Spondylodese in TLIF- oder ALIFTechnik Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Degenerative Lumbalskoliose · Degenerative Erkrankungen G 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen Was ist eine Spondylodiszitis? Eine Spondylodiszitis ist eine Entzündung, die Grund- und Deckplatten der Wirbel, sowie die zugehörige Bandscheibe befällt und häufig von einer Spondylitis (Entzündung des Wirbelkörpers) begleitet wird. Die infektiöse Spondylodiszitis wird von Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten hervorgerufen und kann zur Deformität von Wirbelsegmenten und neurologischen Komplikationen führen. • Anatomische Strukturen des Bewegungssegments · Grundplatte · Bandscheibe · Deckplatte · Wirbelkörper · Spinalnerv • Wirbel von oben, topographische Beziehung der Bandscheibe zu Rückenmark und Spinalnerven · Rückenmark · Spinalnerv Bandscheibe mit: · Faserring · Gallertkern Wie werden die Spondyloliszitiden (Entzündung von Wirbeln und Bandscheiben) eingeteilt? Die entzündlichen Erkrankungen der Wirbelsäule können in die Gruppe der nicht infektiösen Krankheitsbilder des rheumatischen Formenkreises, wie zum Beispiel die Rheumatoide Arthritis oder die Spondylitis ankylopoetica und in die Gruppe der infektiös entzündlichen Krankheitsbilder eingeteilt werden. Als Ursachen für einen infektiös entzündlichen Befall der Wirbelsäule kennt man: 1. Spondylodiszitis durch bakterielle Infektion Der bakterielle Befall der Wirbelsäule wird in eine spezifische und eine unspezifische Untergruppe eingeteilt. Zu den wichtigsten Erregern der spezifischen bakteriellen Spondylodiszitis zählt man: Mycobacterium tuberculosae, der Erreger der Tuberkulose, ist ein säurefestes unbewegliches Stäbchenbakterium, das meist durch Tröpfcheninfektion (aerogen), seltener durch Hautverletzungen oder oral Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. G 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen übertragen wird und weltweit vorkommt. Die Tuberkulose befällt in der Regel die Lunge oder das Urogenitalsystem (Niere und ableitende Harnwege) als Primärherd. Von dort können Tuberkelbakterien über die Lymphwege zur Wirbelsäule gelangen. An den Wirbeln führt der Befall zu verkäsenden Nekrosen (Gewebeuntergang) mit Granulombildung, Osteomyelitis (Entzündung von Knochen und Knochenmark) und Abszessen, die durch Eindringen in den Rückenmarkkanal zur Kompression des Rückenmarks und zu Lähmungen führen können. Die Destruktion der Wirbel und das fortschreitende Übergreifen auf benachbarte Wirbel kann zur Ausbildung einer kyphotischen Fehlstellung der Wirbelsäule bis hin zur typischen Gibbusbildung („Buckel“) führen. Die unbehandelte Tuberkulose im Endstadium weist die typische „Pott-Trias“ auf: Gibbusbildung durch Wirbeldestruktion, Lähmung (Paraplegie) durch Eindringen der Wirbelabszesse in den Rückenmarkkanal oder bei fortschreitender Gibbusbildung durch Einengung und Kompression des Rückenmarks, sowie Abszessbildung im Bereich des Psoasmuskels durch Fortleitung der Wirbelabszesse. Mycobacterium leprae, der Erreger der Leprakrankheit („Aussatz“), ist ein grampositives, säurefestes Stäbchenbakterium, das durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen wird. Lepra tritt hauptsächlich in den Tropen und Subtropen auf und führt zu einer granulomatösen Entzündung, die sich über das Nervensystem, die Blutbahnen und die Lymphwege ausbreitet. Es kommt zur Ausbildung von knotigen Veränderungen in der Haut und den peripheren Nerven, wodurch Gefühlsstörungen und Lähmungen an Armen und Beinen, sowie häufig eine Lähmung des Gesichtsnerven auftreten kann. Die veränderten Areale (Leprome) können zur Zersetzung ganzer Körperregionen führen. An der Wirbelsäule können ähnliche Symptome wie bei dem Befall mit Tuberkelbakterien auftreten. Brucellabakterien, die Erreger der Brucellose (Bangsche Krankheit, Maltafieber) sind kleine, unbewegliche, gramnegative Stäbchenbakterien, die von Tieren (Hund, Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen) auf den Menschen übertragen werden. Neben Fieberschüben, Leber- und Milzschwellungen kann es zu einem entzündlichen Befall der Wirbel (Spondylitis), zu Entzündungen der Knochen (Osteomyelitis), Schleimbeutelentzündungen (Bursitis), Gelenkentzündungen, Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis), zu Infektionen des Urogenitaltrakts und zu Entzündungen der Herzklappen und Herzhäute kommen. Salmonella typhosa, die eine schwere bakterielle ansteckende Erkrankung des Verdauungstrakts hervorrufen, gehören zu einer großen, gramnegativen Gruppe von Stäbchenbakterien, die durch direkte orale Aufnahme von verschmutztem Wasser oder infizierter Nahrung, seltener durch Schmierinfektion übertragen werden. Die Bakterien werden über den Mund aufgenommen, gelangen in den Dünndarm und vermehren sich nach Durchwanderung der Darmwand in den regionären Lymphknoten. Über die Blutbahnen erfolgt dann die bakterielle Aussaat in die Leber, Milz, Nieren, Darm, Hirnhäute, Gelenke, Knochen und Knochenmark. Im Vollbild der Erkrankung können, neben der Osteomyelitis und der Spondylitis typhosa (Entzündung der Wirbel) als Komplikation an der Wirbelsäule, auch Herzmuskelentzündungen, Hirnödem (Hirnschwellung), Durchbruch des Dünndarms durch auftretende Darmgeschwüre mit Peritonitis (Bauchfellentzündung) und Herz- Kreislaufversagen auftreten. Zu den wichtigsten Vertretern der unspezifisch bakteriellen Spondylodiszitis zählt man folgende Bakterien: · Staphylokokkus aureus, · Staphylokokkus epidermidis · Streptokokkus viridans · Escherichia coli · Pseudomonas aeruginosa · Pneumokokken · Clostridium perfringens Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. G 01 · Proteus mirabilis Diese Bakterien können teilweise eitrige Entzündungen, Lungen- oder Harnwegsentzündungen hervorrufen, die dann durch Keimverschleppung vom primären Entzündungsherd über die Blut- oder Lymphbahnen auch die Wirbelsäule besiedeln können, dort zu Abszessen und Einschmelzung der Wirbel und Bandscheiben führen, wobei es durch Einbruch der Abszesse in den Rückenmarkkanal zu schweren neurologischen Komplikationen kommen kann. Der bakterielle Befall der Wirbelsäule kann, neben einem primären Entzündungsherd wie eine Lungenentzündung oder eine Entzündung im Bauch- oder Beckenraum (endogene Ursache), auch durch so genannte exogene (von außen kommende) Faktoren wie Schuss- oder Stichverletzungen mit Eindringen dieser Bakterien oder durch Infektionen nach einer Operation erfolgen (iatrogen). 2. Spondylodiszitis durch nicht bakterielle Ursache Insbesonders bei immungeschwächten Patienten, Schwerkranken oder Intensivpatienten können Entzündungen der Wirbel und Bandscheiben auch durch Viren, Pilze (Candida albicans, Aspergillus ) oder durch parasitären Befall mit dem Hunde-, Schafs- oder Fuchsbandwurm (Echinokokkus) hervorgerufen werden, wobei der Echinokokkusbefall an der Wirbelsäule zu ausgeprägten Zystenbildungen an der Wirbelsäule führen kann. Wie gelangen die Erreger zur Wirbelsäule? Es gibt mehrere Wege, über die Keime die Wirbel und Bandscheiben erreichen können: · Über die Blutbahnen (hämatogen) Entzündungsherde, die von der Wirbelsäule entfernt liegen, können die Wirbelkörper entweder arteriell über die versorgenden Endarterien der Wirbel oder durch eine Strömungsumkehr im Batson Venenplexus durch eine Druckerhöhung auf venösem Weg mit Erregern erreichen. · Über die Lymphbahnen (lymphogen) · Durch einen Entzündungsherd in der Nähe der Wirbelsäule, der auf die Wirbel übergreift (per continuitatem) · Durch eine postoperative Wundinfektion (iatrogen). Welche Symptome kann es bei einer Spondylodiszitis geben? · Klopfend, pulsierende Rückenschmerzen · Bewegungs- und belastungsabhängige Rückenschmerzen · Druck- und Stauchschmerz der Wirbelsäule, Schonhaltung · Gewebeuntergang (Nekrose) von Wirbel und Bandscheibe · Eitrige Einschmelzung (Abszess) · Untere Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule sind am häufigsten betroffen. · Zerstörung der knöchernen Wirbelstruktur mit Ausbildung von Deformitäten (Gibbus) · Fieber · Erhöhung der Entzündungsparameter in der Laboruntersuchung (CRP, BSG, Leukozyten) · Schwerwiegende neurologische Komplikationen mit sensomotorischen Ausfällen (Paraplegie, Lähmungen) durch Eindringen von Abszess- oder Nekrosematerial in den Rückenmarkkanal mit Kompression des Rückenmarks. · Komplikationen durch fortgeleitete Abszessbildung: · Psoasabzess · Paravertebrale (neben den Wirbeln liegende) Weichteilabszesse · Spezifische, nicht auf die Wirbelsäule bezogene Symptome anderer Organgruppen, die durch die auslösenden Erkrankungen (z.B. Tuberkulose, Typhus usw.) verursacht werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen G 01 Welche Diagnostik wird bei einer Spondylodiszitis durchgeführt? 1. Anamnese: · Gibt es einen bakteriellen Infekt in der kürzeren Vorgeschichte? · Gibt es operative oder therapeutische Eingriffe an der Wirbelsäule, die nur kurz zurückliegen? · Liegen auslösende Erkrankungen wie Tuberkulose oder eine Salmonellose vor? · Liegen Autoimmunerkrankungen oder ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) vor? 2. Klinisch körperliche und neurologische Untersuchung: · Wo liegen Schmerzen vor? · Liegen radikuläre oder pseudoradikuläre neurologische Symptome vor? 3. Labordiagnostik: Es gibt keinen Blutwert, den man bestimmen könnte, der beweisend für das Vorliegen einer Spondylodiszitis ist. Die Werte, die als Hinweis auf einen entzündlichen Prozess dienen, können erhöht sein. · Sind die Entzündungsparameter Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), das C-reaktive Protein (CRP) oder die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) erhöht? · Ist die PMN-Elastase als Marker für einen akut entzündlichen Prozess erhöht? · Sind die Lymphozyten erhöht? · Ist der Tine-Test positiv (Tuberkulosediagnostik) 4. Nachweis des Erregers: Die Spondylodiszitis kann entweder durch den histologischen (feingeweblichen) oder mikrobiologischen Nachweis des Erregers nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Spondylodiszitis kann man durch Feinnadel- oder Stanzbiopsien Gewebematerial aus einem suspekten Wirbelabschnitt gewinnen. Dieses Material kann dann feingeweblich unter dem Mikroskop untersucht werden. Mit Teilen des Materials beimpft man Nährböden, auf denen eventuell vorhandene Keime angezüchtet werden können, die anschließend identifiziert werden können. Ein Erregernachweis kann auch über die bakteriologische Untersuchung von Blut, Sputum (Speichel), Magensaft und Urin erfolgen. 5. Bildgebende Verfahren: · Konventionelles Röntgen (a.p. und seitlicher Strahlengang) · Liegen Arrosionen der Grund- und Deckplatten der Wirbel vor? · Liegen Destruktionen des Wirbelkörpers oder der Bogenwurzel vor? · Zeigt sich ein paravertebraler Weichteilschatten als Hinweis für eine paravertebrale Abszessbildung? · Findet man Keilwirbel als Hinweis für die entzündlich-destruktive Zusammenszinterung (Zusammenbruch) des betroffenen Wirbels? · Zeigt sich eine Verschmälerung des Zwischenwirbelraums als Hinweis auf eine Höhenminderung der Bandscheibe? · Kann eine Gibbusbildung nachgewiesen werden? · Finden sich Sklerosierungen, Randosteophyten oder Blockwirbelbildungen als Zeichen eines Reparationsversuchs? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen G 01 · Skelettszintigraphie Da die radiologischen Zeichen der entzündlichen Zerstörung im Bereich der Wirbelsäule im Anfangsstadium nicht nachweisbar sind, ist das 3-Phasen-Skelettszintigramm in der Anfangsphase eine wertvolles Instrument, da die Entzündungsherde in dieser Untersuchung sehr gut und früh darstellbar sind. · Computertomographie (CT), Kernspintomographie (MRT) mit oder ohne Kontrastmittel Mit diesen Untersuchungsverfahren lassen sich die betroffenen Regionen in dünnen Schichten sehr gut und aussagekräftig darstellen. Veränderungen des spöngiösen Aufbaus des Wirbels, Bandscheiben, Rückenmark und Nerven können differenziert beurteilt werden. Bestehende Abszesse im Epiduralraum oder paravertebral können lokalisiert, im Verlauf kontrolliert oder, je nach Lage des Abszesses, CT-gesteuert punktiert oder drainiert werden. Bei einer Spondylodiszitis mit unbekanntem Primärherd können diese Verfahren bei der Suche nach dem verursachenden Entzündungsherd hilfreich eingesetzt werden. Wie wird die Spondylodiszitis behandelt? Die Behandlung richtet sich immer nach dem Schweregrad des vorliegenden Wirbelsäulenbefunds und einer eventuell bestehenden Grunderkrankung. Das Ziel der Behandlung besteht in einer völligen Ausheilung des entzündlichen Wirbelsäulenbefalls mit einer funktionell guten Wirbelsäulenstellung. Die unkomplizierte Spondylodiszitis kann bei entsprechender Befundkonstellation mit folgenden Maßnahmen konservativ behandelt werden: · antibiotisch medikamentös nach Erregeraustestung · Immobilisation durch Bettruhe für mehrere Wochen, abhängig vom Befund · Korsettbehandlung über mehrere Monate, abhängig vom Befund Bei einer komplizierten Spondylodiszitis mit neurologischen Komplikationen, ausgeprägten Deformitäten mit Stellungsverlust der Wirbelsäule, Abszessbildungen im Epiduralraum oder dem Versagen der antibiotischen Behandlung besteht die Indikation für ein operatives Vorgehen. Ziele des operativen Vorgehens sind ein radikales Ausräumen des entzündlich zerstörten Gewebes (Debridement) und eine stabile Rekonstruktion des bestehenden Defekts in funktionell befriedigender Stellung. Es gibt keinen internationalen Standard für die operative Behandlung der Spondylodiszitis. Je nach betroffenem Wirbelsäulenabschnitt und vorliegendem Lokalbefund kommen verschiedene Operationsverfahren zum Einsatz, die entweder von ventral (von vorne), von dorsal (von hinten) oder in Kombination beider Verfahren durchgeführt werden. Die Rekonstruktion der vorhandenen Defekte kann durch Einbau von eigenem Knochenmaterial (Beckenkamm-, Rippen- oder Wadenbeinspan) oder durch Einbau von Implantaten als Wirbelkörpersersatz erfolgen. Die Stabilisierung erfolgt über eine Versteifung des betroffenen Wirbelsegments (Spondylodese). Bei der operativen Behandlung der Spondylodiszitis werden in Abhängigkeit vom vorliegenden Befund folgende Operationsverfahren häufig durchgeführt: · Ventrales Debridement mit partieller oder kompletter Wirbelkörperresektion mit Dekompression des Spinalkanals und Rückenmarks, Stabilisierung durch ventrale Abstützung mit dorsale instrumentierter Spondylodese · je nach Befund kann im Bereich der Brustwirbelsäule eine ventrale Dekompression mit Fusion durchgeführt werden · im Bereich der Lendenwirbelsäule werden die Eingriffe, gerade bei einem bestehenden schlechten Allgemeinzustand des Patienten, nur von dorsal ausgeführt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Infektiöse Spondylodiszitis · Entzündliche Erkrankungen G 02 Um welche Erkrankung handelt es sich bei der Rheumatoiden Arthritis? Die Rheumatoide Arthritis, auch chronische Polyarthritis genannt, ist eine komplexe, chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung, die in Schüben verläuft und hauptsächlich die synovialen Gelenke, Sehnen, Sehnenscheiden und Schleimbeutel befällt, diese durch chronische Entzündungsprozesse zerstört, wodurch es im Verlauf zur Ausbildung von Deformitäten an den Extremitäten und an der Wirbelsäule zu Instabilitäten kommen kann. Die Erkrankung kann auch an der Wirbelsäule die synovialen Facettengelenke der Halswirbelsäule zwischen Atlas und Axis (1. und 2. Halswirbel), sowie Augen, Herz, Lunge, Nervensystem und die Haut erfassen. Die Rheumatoide Arthritis ist nicht heilbar, cirka 0,5-2 % der Bevölkerung leiden unter dieser Erkrankung, Frauen sind 3 mal häufiger betroffen als Männer. Das typische Erkrankungsalter liegt zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr, wobei es als besondere Verlaufsform die so genannte „Juvenile Rheumatoide Arthritis“ gibt, die bereits im Kindesalter auftritt. Wie entsteht diese Erkrankung? Die Ursache der Entstehung einer Rheumatoiden Arthritis ist bislang noch nicht vollständig geklärt. Bei der Rheumatoiden Arthritis als Autoimmunerkrankung werden verschiedene auslösende Faktoren wie genetische Disposition, Viren oder Bakterien und spezielle hormonelle Faktoren in Betracht gezogen, die der Auslöser für eine Fehlreaktion der körpereigenen Immunabwehr sein können. Die Immunabwehr kann normalerweise körpereigene (z.B. körpereigene Zellen) von körperfremden Stoffen (Antigene wie z.B. Bakterien und Viren) unterscheiden. Zur Abwehr der körperfremden Antigene werden Abwehrstoffe, die so genannten Antikörper gebildet, die auch Immunglobuline genannt werden. Die verschiedenen Immunglobuline sind Eiweißstoffe, die in unterschiedlichen Gruppen klassifiziert werden. Man unterscheidet die Immunglobulinklassen G, A, M, D und E. Die Immunglobuline können aber auch als Antigene wirken, gegen die neue Antikörper gebildet werden. Zu diesen Anti-Antikörpern gehören die Rheumafaktoren, die zusammen mit den Immunglobulinen Immunkomplexe bilden, die dann in der Synovialmembran (Gelenkinnenhaut) aufgenommen werden und bei der Blutuntersuchung nachgewiesen werden können. 75-90 % der Patienten mit Rheumatoider Arthritis zeigen einen seropositiven Nachweis von Rheumafaktoren. Immunglobulin M Rheumafaktoren können schon weit vor Auftreten der Symptomatik dieser Erkrankung nachgewiesen werden. Was verursacht die fehlgesteuerte Immunabwehr an den Gelenken? Durch die oben genannten möglichen auslösenden Faktoren kommt es dazu, dass das Immunsystem diese Fähigkeit zur Differenzierung verliert und sich in der „Abwehrfunktion“ auch gegen körpereigene Strukturen richtet, diese als fremde Strukturen angreift und zerstört. Fehlgesteuerte Immunzellen verursachen in einem betroffenen Gelenk die Produktion von Botenstoffen, den so genannten Zytokinen. Diese Stoffe sind normalerweise als Boten für die Kommunikation unter einzelnen Zellen verantwortlich. Die bei der Entstehung der Rheumatoiden Arthritis hauptverantwortlichen Zytokine sind das Interleukin 1, das für die Zerstörung von Knorpelgewebe und die Aktivierung von knochenabbauenden Zellen, den Osteoklasten, verantwortlich ist und das TNF-alpha, der Tumornekrose-Faktor, der hauptsächlich den Entzündungsprozess auslöst und beeinflusst. Die meisten dieser Zytokine werden im Synovialgewebe der Gelenke gefunden. Die membrana synovialis ist die Innenschicht jeder Gelenkkapsel, die für die Produktion von Synovia (Gelenkflüssigkeit, „Gelenkschmiere“) zuständig ist, durch die die Ernährung des Gelenkknorpels erfolgt. Das Synovialgewebe ist der primäre Angriffsort, von dem die Gelenkzerstörung durch Pannusbildung bei der Rheumatoiden Arthritis ausgeht. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Normales Knie von vorne · Femurkondylen (Oberschenkel) · Kniescheibe · Gelenkknorpel · Schienbeinkopf · Kniescheibensehne (Patellarsehne) • Normales Knie seitlich · Femurkondylen (Oberschenkel) · Kniescheibe · Gelenkknorpel · Schienbeinkopf · Kniescheibensehne (Patellarsehne) • Normales Knie seitlich mit Schleimbeutel und Gelenkkapsel, die innen die Synovialmembran enthält · Bursa präpatellaris (Schleimbeutel) · Gelenkkapsel · Schienbeinkopf Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen Pannusbildung und fortschreitende Gelenkzerstörung Gesunde Synovialmembran Entzündliche Synovialmembran beginnt zu wuchern und bildet aggressive Zellverbände (Pannus) Der Pannus bedeckt die Knorpelschicht zwischen Ansatzbereich der Synovialmembran und der Knorpel-Kochengrenze. Auslösende Faktoren der Rheumatischen Arthritis Die Entzündung wird verstärkt, greift auf Schleimbeutel und Sehnen-Bandapparat über. Zytokine werden ausgeschüttet, die zu Destruktion und Abbau von Knochen führen. Der Pannus führt am Gelenkknorpel zu Durchblutungsstörungen. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zur Gelenkeinsteifung (Ankylose) und Bildung von Deformitäten. • Schnittbild durch ein Kniegelenk mit angelagertem Pannus · Pannusgewebe · Gelenkknorpel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com G 02 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Schnittbildung durch ein Kniegelenk mit fortgeschrittener Pannusbildung und Knorpeldestruktion · Pannusgewebe · Zerstörter Gelenkknorpel Welche Kriterien werden bei der Diagnosestellung herangezogen? Um eine einheitliche Diagnosestellung zu gewährleisten, werden in der Regel die Kriterien des American College of Rheumatology herangezogen, wobei von diesen 7 Kriterien mindestens 4 für die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis erfüllt sein müssen. 1. Morgensteifigkeit der Gelenke (mindestens 1 Stunde andauernd über mehr als 6 Wochen) 2. Arthritis mit tastbarer Schwellung in 3 oder mehr Gelenkregionen länger als 6 Wochen bestehend 3. Arthritis an Hand- oder Fingergelenken länger als 6 Wochen bestehend 4. Symmetrische Arthritis (gleichzeitig, beidseits dieselbe Gelenkregion) länger als 6 Wochen bestehend 5. Rheumaknoten 6. Rheumafaktornachweis im Blut 7. Typische Röntgenveränderungen (gelenknahe Osteoporose und/oder Erosionen) Welche Untersuchungen werden durchgeführt? Die Diagnosestellung „Rheumatoide Arthritis“ beruht auf dem Gesamtergebnis der typischen Befunde der klinischen, laborchemischen und radiologischen Untersuchungen. Rheumatologische Anamnese und Untersuchung Die Erhebung einer speziellen rheumatologischen Krankengeschichte kann bereits durch die Befragung wertvolle Hinweise liefern, die eine erste Verdachtsdiagnose erbringen können. · Von wo gehen die Schmerzen aus? · von den Gelenken? · von den Weichteilen? · von der Wirbelsäule? · Wie ist der zeitliche Verlauf der Erkrankung? · akuter Beginn oder langsam steigernd ? · in Schüben mit Phasen des Stillstands und der Verschlechterung? · zeigt der Schmerz einen typischen Tagesverlauf? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen · Wie ist das Muster des Gelenkbefalls? · sind eher die großen oder kleinen Gelenke befallen? · ist nur ein Gelenk oder sind mehrere betroffen? · wandern die Beschwerden von Gelenk zu Gelenk? · Da rheumatische Erkrankungen oft auch Organsysteme befallen, ist es sinnvoll, nach Auffälligkeiten in folgenden Bereichen zu suchen: · Nieren und ableitende Harnwege (Blasen-Harnröhrenentzündungen, Balanitis, durchgemachte Geschlechtskrankheiten)? · Magen-Darmtrakt (Durchfälle, Blutbeimengungen)? · Herz-Gefäßsystem · Lunge · Haut (Schuppenflechte, knotige Veränderungen, Schwellungen, Geschwüre)? · Augensymptomatik (Brennen, Sehstörungen, Fremdkörpergefühl, Trockenheit, Rötung)? · Fieber (Fieberschübe, Schüttelfrost)? · Neurologische Symptomatik Bei jeder körperlichen Untersuchung sollten sämtliche Organsysteme erfasst werden. Wir beschränken uns hier in der nachfolgenden Aufstellung auf die wichtigsten klinischen Untersuchungen bei bestehendem Verdacht auf eine rheumatologische Erkrankung. · Inspektion (Betrachtung) · Fehlstellungen, Asymmetrien oder Deformierungen des Skeletts? · Regelrechte Beinachsen? · Gelenke (Beweglichkeit, Gelenkerguss, Rötung, Schwellung?) · Muskulatur (zu wenig/zu stark ausgebildet, (= Atrophie/Hypertrophie), regelrechte Kraftentwicklung? · Körperhaltung und Bewegungsablauf normal? · Haut und Schleimhäute (Hautveränderungen, Schuppenflechte, knotige Veränderungen, Wassereinlagerungen)? · Palpation (Tasten) · Muskulatur: Muskelspannung (Muskeltonus) erhöht oder erniedrigt, Myogelosen (Hartspann), Triggerpunkte (Druckpunkte, von denen ein fortgeleiteter Schmerz ausgelöst werden kann)? · Schmerzauslösung (Druck-, Klopf-, Zug-, Stauchschmerz)? · Schmerzauslösung in den Ansatzgebieten von Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln (Enthesiopathie)? · Sehnen und Schleimbeutel (entzündlich verändert)? · Gelenke (Erguss, Beweglichkeit, Kapselverdickung, Reibegeräusche)? · Brustkorb (Atembewegungen regelrecht, Kompressionsschmerz auslösbar)? · Funktionsprüfungen Spezielle Funktionsprüfungen an der Wirbelsäule sind: · Aktive und passive Bewegungsprüfungen der Wirbelsäule (Beugung, Streckung, Drehung, Seitneigung) · Finger-Boden Abstand (Maß für die Gesamtbeugefähigkeit der Wirbelsäule) · Schober Zeichen (Messung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule) · Ott Zeichen (Messung der Beweglichkeit der Brustwirbelsäule) · Hinterhaupt-Wand Abstand (Maß für die Ausprägung der Brustkyphose) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. G 02 · Kinn-Brustbein Abstand (Hinweis auf die Halswirbelsäulenbeweglichkeit) · Tests für einen Befall des Iliosacralgelenks: · Dreiphasentest · Vorlaufphänomen · Mennell´scher Handgriff Weitere Funktionsprüfungen sind: · Beweglichkeitsmessung der Gelenke mit der Neutral-Null-Methode · Messung der groben Kraft an Armen und Beinen · Überprüfung der Gelenkstabilität Labordiagnostik · Unspezifische Entzündungszeichen wie Erhöhung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und des C-reaktiven Proteins (CRP). Erhöhte Werte für BSG und CRP sind ein Hinweis für einen vorliegenden entzündlichen Prozess. Patienten mit Rheumatoider Arthritis haben in einem akuten Krankheitsschub oft eine Erhöhung dieser Werte. · Als spezifischer Nachweis dient die Bestimmung der Rheumafaktoren, die Autoantikörper gegen eine bestimmte Struktur der körpereigenen Immunglobuline sind und vorwiegend in den Immunglobulinklassen A, M und G zu finden sind. · Der Antikörpernachweis gegen CCP (cyclisches citrullinisiertes Peptid) gelingt bereits in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung und zeigt eine Beziehung zum Schweregrad der Erkrankung. Citrullin entsteht aus der Aminosäure Arginin und ist Bestandteil einiger Proteine, die für das Entstehen der Rheumatoiden Arthritis verantwortlich gemacht werden. · Es können noch weitere Autoantikörper z.B. gegen Kollagen Typ II und Histone nachgewiesen werden. Bildgebende Verfahren · Konventionelles Röntgen Konventionelle Röntgenaufnahmen der Hände und Vorfüße zeigen die typischen Befallmuster der Veränderungen an den kleinen Gelenken der Finger und Zehen. Eine Instabilität der oberen Halswirbelsäule kann mit Aufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen und seitlichen Funktionsaufnahmen in Rück- und Vorwärtsneigung, sowie der transoralen Densaufnahme nachgewiesen werden. · Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT) können zum Nachweis von Instabilitäten der oberen Halswirbelsäule und zur Beurteilung der entzündlichen Veränderungen von knöchernen- und Weichteilstrukturen eingesetzt werden. · Das Ganzkörperskelettszintigramm zeigt die entzündlich veränderten Areale. · Die Gelenksonographie deckt Gelenkergüsse auf oder kann zur Beurteilung von Weichteilschwellungen verwendet werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen Welche Symptome kann es bei der Rheumatoiden Arthritis geben? Im Frühstadium: · Diffuse Gelenkschmerzen, die wieder vergehen · Sehnenscheidenentzündungen · Krankheitsgefühl · Ermüdbarkeit · Symmetrische Polyarthritis der Fingergelenke · Morgensteifigkeit Im voll ausgeprägten Stadium: Das Vollbild sämtlicher krankhaften Veränderungen der Rheumatoiden Arthritis zeigt eine Vielfalt von Zerstörungen an den großen und kleinen Gelenken, die rasch zu starken Einschränkungen des gewohnten Lebens führen und durch die schmerzhaften Bewegungseinschränkungen und Deformierungen von Händen und Füßen zu eindrücklicher Symptomatik führt. Viele Patienten mit Rheumatoider Arthritis zeigen im Verlauf dieser Erkrankung auch einen Befall der Wirbelsäule, besonders häufig der Halswirbelsäule mit teilweise lebensbedrohlichen Komplikationen. Da sich der rheumatische Befall der Halswirbelsäule über einen langen Zeitraum mit seiner Symptomatik hinter Erkrankungen der Halswirbelsäule, die durch Abnutzung (degenerativ) hervorgerufen werden, „verstecken“ kann, ist es wichtig, frühzeitig zu differenzieren, ob eine rheumatische Destruktion der Wirbelsäule vorliegt. Eine früh gestellte Diagnose der rheumatisch befallenen Halswirbelsäule ermöglicht ein operatives Vorgehen bereits zu einem Zeitpunkt, an dem die lokalen Zerstörungen von Knochen- und Bandstrukturen, sowie Komplikationen wie Rückenmark- oder Nervenkompression noch so gering ausgeprägt sind, dass sehr gute Operationsergebnisse erzielt werden können. · Symptome an der Wirbelsäule Die Rheumatoide Arthritis befällt sehr häufig die Halswirbelsäule, wobei die obere Halswirbelsäule (Hinterhauptbein, 1. und 2. Halswirbel, C0-C2) am häufigsten betroffen ist und oft eine Instabilität zwischen dem 1. und 2. Halswirbel zu sehen ist (atlantoaxiale Instabilität). Ein rheumatischer Befall unter dem 2. Halswirbel (C2) verursacht so genannte subaxiale Instabilitäten. Der Befall der Brust- oder Lendenwirbelsäule ist eher selten. Welche Folgen hat der rheumatische Befall an der oberen Halswirbelsäule? Die Instabilität im Bereich der oberen Halswirbelsäule wird durch entzündlich-rheumatischen Befall des oberen und unteren Kopfgelenks mit ihren Knochen- und Bandstrukturen, die eine stabile Verbindung des Kopfes mit der oberen Halswirbelsäule garantieren, verursacht. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen Anatomischer Aufbau der Halswirbelsäule: • Halswirbelsäule von hinten · Dens axis · Atlas (C1) · Axis (C2) · 3. Halswirbel (C3) · 7. Halswirbel (C7) • Atlas (C1) von oben • Axis (C2) von oben Das obere Kopfgelenk (C0/C1), auch Atlantooccipitalgelenk genannt, stellt die Verbindung zwischen Hinterhauptbein des Schädelknochens (os occipitale, C0) und den Gelenkflächen des 1. Halswirbels (Atlas, C1) her. Das untere Kopfgelenk (Atlantoaxialgelenk, C1/C2) verbindet den 1. und 2. Halswirbel untereinander. Dieser Bereich der Halswirbelsäule „trägt“ den Kopf und ist für die große Beweglichkeit der Halswirbelsäule verantwortlich. Diese starke Belastung setzt eine stabile Verbindung zwischen den Elementen Hinterhauptbein, 1. und 2. Halswirbel voraus, die durch einen straffen und kompliziert aufgebauten Bandapparat in diesem Wirbelsäulenabschnitt gewährleistet wird. • Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, membrana tectoria entfernt, das ligamentum cruciforme verbindet Atlas, Axis und Hinterhauptknochen, die ligamenta alaria verbinden dens axis mit dem Hinterhauptbein und dem Atlas. · Hinterhauptbein, os occipitale · Ligamentum cruciforme, crus superius · Ligamenta alaria · Atlas · Ligamentum cruciforme atlantis · Axis · Wirbelgelenkkapsel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, obere Halswirbelsäule von hinten, ligamentum cruciforme ist entfernt, die Fixationsbänder des dens Axis (ligamenta alaria und lig.apicis dentis) sind einsehbar. · Hinterhauptbein · Ligamentum apicis dentis · Ligamenta alaria · Atlas · Dens axis · axis Die entzündliche Wucherung des Synovialgewebes mit Pannusbildung führt an der Halswirbelsäule zur Zerstörung von Wirbelbestandteilen, Wirbelgelenken und Bandscheiben, sowie zur Zersetzung des komplexen Bandapparats, wodurch es zur Instabilität kommt. Im Bereich der Halswirbelsäule unterscheidet man folgende Instabilitätsformen: · Ventrale (anteriore) atlantoaxiale Instabilität, bei der es durch die aggressive Wirkung des entzündlichen Pannusgewebes zur Zerstörung der Ligamente zwischen dem 1. und 2. Halswirbel (ligamenta alaria und ligamentum transversum atlantis), der atlantoaxialen Gelenkkapseln und zu einer Arrosion des Dens axis kommen kann. Diese entzündliche Destruktion bewirkt eine Verschiebung des 1. Halswirbels (atlas) gegenüber dem 2. Halswirbel (Dens axis). · Atlantoaxiale Kyphose, sie ist eine Sonderform der ventralen atlantoaxialen Instabilität. In einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium kann es zur Zerstörung der vorderen Anteile des 2. Halswirbels kommen, wodurch, bei gleichzeitig bestehender Band- und Gelenkkapselinstabilität, der 1. Halswirbel nach vorne-unten über den 2. Halswirbel gleitet und sich durch das Vorwärtsgleiten im hinteren Wirbelbereich „aufrichtet“. · Vertikale atlantoaxiale Instabilität, bei der es durch einseitige Zerstörung der atlantoaxialen Gelenkverbindungen zu einer Instabilität mit Rotation (Verdrehung) der oberen Halswirbelsäule kommt. Sind die atlantoaxialen Gelenke beidseits zerstört, kann der Dens axis bis in das Hinterhauptloch (foramen occipitale magnum) hochtreten, was als basiläre Impression bezeichnet wird. · Subaxiale Instabilität, alle rheumatisch bedingten Instabilitäten der Halswirbelsäule, die unterhalb von C2 liegen, werden subaxiale Instabilitäten genannt. Hierbei kommt es durch die Zerstörung des KapselBandapparats, der Facettengelenke und der Bandscheiben zu Instabilitäten der Wirbelsegmente mit Rotationsoder Translationsfehlstellung. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen Welche Symptome gibt es bei den genannten Instabilitäten der Halswirbelsäule? · Nackenschmerzen/Kopfschmerzen · Instabilitätsgefühl · Schmerzhafte Krepitationen („Knirschen, Knacken“) · Blockierungen · Springphänomen · Missempfindungen bis hin zu kompletten neurologischen Ausfällen in Armen und Beinen als Zeichen der zervikalen Myelopathie (Druck auf das Rückenmark) · Vertebrobasiläre Insuffizienz mit Schwindel, Übelkeit und Nystagmus (unwillkürliche schnelle Augenbewegungen). Dies kann als Zeichen einer Minderdurchblutung der arteria basilaris und der arteriae vertebrales durch eventuell bestehenden Druck auf die Gefäße, ausgelöst durch die Verschiebungen im Bereich der oberen Halswirbelsäule, gesehen werden. · Drop attacks, ein plötzliches Umfallen bei erhaltenem Bewusstsein durch die arteria basilaris Insuffizienz und einer einsetzenden Gangstörung · Lhermitte-Zeichen, bei dem es sich um einen Nervendehnungsschmerz handelt, der bei Bewegung der Halswirbelsäule elektrisierende Missempfindungen entlang der gesamten Wirbelsäule bis in das Gesäß auslösen kann. · Dyspnoe (Kurzatmigkeit), Dysphagie (Schluckstörungen) und Dysphonie (Stimmstörungen) als Zeichen der bulbären Beteiligung (Druck auf das verlängerte Rückenmark) · Blasen- und Mastdarmstörungen · Atemlähmung, plötzlicher Tod durch akute Einklemmung des oberen Halsmarks Welche Diagnostik wird bei Verdacht auf eine Halswirbelsäuleninstabilität durchgeführt? · Konventionelle Röntgenaufnahmen: Halswirbelsäule in 2 Ebenen, Schrägaufnahmen, Aufnahmen in Streck- und Beugestellung der Halswirbelsäule, transorale Densaufnahme zur Beurteilung von Verschiebungen der oberen Halswirbelsäule · Mit der Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT) lassen sich knöcherne Veränderungen an den Wirbeln, zerstörte Bandstrukturen des Bandapparats der Kopfgelenke, das Ausmaß der Pannusbildung und eventuelle Kompressionsschäden von Rückenmark und Nerven sehr gut darstellen. CT und MRT lassen sich auch als so genannte Funktionsaufnahmen in Überstreckungs- und Beugestellung der Halswirbelsäule durchführen, wodurch eine Instabilität noch besser dokumentiert werden kann. · Neurophysiologische Untersuchungen wie evozierte Potenziale, Elektromyographie und transkranielle Magnetstimulation ermöglichen eine Differenzierung der eventuell bestehenden Nerven- oder Rückenmarksschädigung. Wann besteht die Indikation für eine operative Versorgung einer Halswirbelinstabilität? Die entzündlich aggressive Zerstörung im Bereich der knöchernen und ligamentären Strukturen der Kopfgelenke nimmt im Verlauf der Erkrankung zu, wodurch das Auftreten von neurologischen Ausfällen durch Kompression von Nerven und Rückenmark, sowie die Verstärkung der Instabilität deutlich erhöht sind. Zusätzlich führt das Pannusgewebe zur Fixierung der Strukturen, wodurch ein operativer Eingriff erschwert wird. Indikationen sind: · Anhaltende starke Schmerzen trotz adäquater Therapie · Nachgewiesene Zunahme der Instabilität Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 10 G 02 · Nachgewiesene Zunahme der destruktiven Veränderungen am Knochen und Bandapparat mit fortschreitender Deformität. · Zeichen der zervikalen Myelopathie (Veränderungen am Rückenmark durch anhaltenden Druck) · Nachweis einer basilären Impression · Neurologische Ausfälle · Durchmesser des Rückenmarks < 6 mm, nachgewiesen durch eine MRT in Beugestellung der Halswirbelsäule Welche operativen Verfahren werden bei der Instabilität der Halswirbelsäule angewendet? Durch eine rechtzeitige Diagnosestellung und frühzeitige operative Intervention können bei Instabilitäten der Halswirbelsäule sehr gute Operationsergebnisse erzielt werden. Liegen bereits ausgedehnte Schäden an den Wirbeln, dem Bandapparat und dem Rückenmark mit neurologischen Ausfällen vor, kann man mit der Operation oft nur den vorgegebenen Schaden stabilisieren und das Fortschreiten weiterer Komplikationen eindämmen. Es gibt eine Vielzahl von operativen Verfahren der rheumatischen Halswirbelsäule, die sich immer an der individuellen Erfordernis ausrichten. Bei rheumatischem Befall der Halswirbelsäule gibt es eine Vielzahl von operativen Verfahren, um Instabilitäten, Rückenmark- und Nervenkompressionen zu beheben. Folgende Operationsverfahren werden in unserer Abteilung bei der operativen Behandlung der rheumatischen Wirbelsäule häufig durchgeführt: · bei C1/C2 Manifestation: dorsale C1/C2 Fusion in Harms-Technik · transorale Densresektion mit dorsaler Fusion · ventrale Korpektomie mit vorderer und hinterer Instrumentation · dorsale Dekompression mit dorsaler Instrumentation und Fusion · langstreckige Fusionen bei mehrsegmentalem Befall Weitere Symptome der Rheumatoiden Arthritis sind: Symptome an den Händen: · Polyarthritis der Fingergelenke · Normalbefund der rechten Hand · Fingerendgelenk · Mittelgelenk · Grundgelenk · Mittelhandknochen · Handwurzelknochen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 11 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Arthrose eines Fingergelenks · Normaler Gelenkknorpel · Zerstörter Gelenkknorpel • Polyarthritis der Fingergrundgelenke · Gelenkzerstörung · Kapselschwellung mit Gelenkergüssen · Sehnenscheidenentzündung mit Schwellung der Sehnen und Sehnenfächer • Normaler Sehnenbefund beugeseitig · Normale Beugesehnen · Normale Sehnenscheide Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 12 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Normaler Sehnenbefund streckseitig · Normale Strecksehnen · Normale Sehnenscheide • Sehnenscheidenentzündung beugeseitig · Entzündete Beugesehnen · Entzündete Sehnenscheide • Sehnenscheidenentzündung streckseitig · Entzündete Strecksehnen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 13 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Sehnenscheidenentzündung · Normale Sehne mit Sehnenscheide · Entzündete Sehne und Sehnenscheide · Arthritische Zerstörung der Handwurzel • Normaler Aufbau der Handwurzel · Normale Handwurzelknochen · Intakter Gelenkknorpel • Entzündliche Zerstörung der Handwurzelknochen · Zerstörte Handwurzelknochen · Aufgelöste Gelenkflächen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 14 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen · Gaenslen Zeichen: Bei Händedruck wird durch die Entzündung der Fingergrundgelenke Schmerz ausgelöst. · Carpaltunnelsyndrom durch Druck des entzündlichen Gewebes auf Nerven · Inkompletter Faustschluss durch die zunehmende Zerstörung der Gelenke · Muskelminderung (Atrophie) der Daumenballenmuskulatur · Verminderung der groben Kraft · Arthrosen der Fingermittelgelenke (Bouchard) und der Fingerendgelenke (Heberden) mit Auftreibungen im Gelenkbereich. • Fingermittelgelenkarthrose (Bouchard) ·Bouchard-Knoten • Fingerendgelenkarthrose (Heberden) · Heberden-Knoten Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 15 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen · Ulnardeviation des 2.-5. Fingers Durch die Gelenkzerstörung und Schrumpfung der Gelenkkapseln und Sehnen werden der 2.-5. Finger nach außen (auf die Seite der Elle, ulna) gezogen, man nennt dieses Phänomen Ulnardrift. • Ulnardrift · Weitere Handdeformitäten sind: · Schwanenhalsdeformität, bei der es durch Destruktion der Gelenke und Sehnen zu einer fixierten Überstreckung der Fingermittelgelenke bei gleichzeitiger Beugung der Fingerendgelenke kommt. · Knopflochdeformität, bei der die Fingermittelgelenke in Beugestellung bei gleichzeitiger Überstreckung der Fingerendgelenke fixiert sind. · So genannte 90°/90° Deformation der Daumen mit Beugestellung im Grundgelenk und Überstreckung im Endgelenk. · Symptome an den Füßen und Sprunggelenken • Anatomie der Strecksehnen am Fuß · Achillessehne Strecksehnen der Zehen: · Extensor digitorum longus · Extensor digitorum brevis · Extensor hallucis brevis · Extensor hallucis longus Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 16 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Anatomie der Beugesehnen am Fuß · Achillessehne Beugesehnen der Zehen: · Sehne des m. tibialis posterior · Flexor digitorum longus · Flexor hallucis longus · Sehne des m. tibialis anterior • Normale knöcherne Anatomie von Sprunggelenk und Fuß. · Schienbein (tibia) · Wadenbein (fibula) · Sprungbein (talus) · Kahnbein (os naviculare) · Fersenbein (calcaneus) · Würfelbein (os cuboideum) · Mittelfußknochen (metatarsalia) · Zehengrundgelenke · Zehen (phalanges) • Normale knöcherne Anatomie des Sprunggelenks · Schienbein (tibia) · Sprunggelenk mit Gelenkknorpel · Wadenbein (fibula) · Sprungbein (talus) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 17 G 02 · Arthritis des Sprunggelenks • Osteoarthritis des Sprunggelenks · Entzündung des Sprunggelenks mit Zerstörung des Knorpels und Knochens (Osteoarthritis) · Großzehendeformitäten, Hallux valgus und Hallux rigidus • Hallux valgus mit seitlicher Abweichung der Großzehe und arthrotischer Veränderung des Großzehengrundgelenks · Arthrose des Großzehengrundgelenks mit Achsabweichung der Großzehe • Hallux rigidus mit schweren arthrotischen Veränderungen im Großzehengrundgelenk, keine Achsfehlstellung im Grundgelenk. · Zerstörung des Großzehengrundgelenks Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 18 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen · Deformitäten der kleinen Zehen, Hammerzehe und Krallenzehe • Zehendeformitäten (Krallenzehe) • Zehendeformitäten (Hammerzehe) · Windmühlenvorfuß, bei dem alle Zehen nach seitlich ausweichen · Kapselverdickung und Schmerzen der Zehengelenke · Sehnenentzündungen · Symptome an den Hüftgelenken · Gelenkschmerzen, Bewegungseinschränkung · Fortschreitende Gelenkdestruktion • Normales Hüftgelenk • Arthrotisch verändertes Hüftgelenk · Schleimbeutelentzündungen der bursa trochanterica • Bursitis trochantericae · Gesäßmuskulatur · Hüftkopf · Schambein, (os pubis) · Sitzbein, (os ischii) · Schenkelhals · Trochanter major · Entzündeter Schleimbeutel, (bursa trochanterica) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 19 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen · Symptome an den Schultergelenken • Anatomie der Schulter von hinten · Acromion · Processus coracoideus · Oberarmkopf · Schultergelenkpfanne, (cavitas glenoidalis) · Oberarm, (humerus) · Schulterblatt, (scapula) • Anatomie der Schulter von vorne · Schlüsselbein, (clavicula) · Acromion · Processus coracoideus · Schultergelenkpfanne, (cavitas glenoidalis) · Schulterblatt, (scapula) • Lagebeziehung von Bandapparat und Schleimbeutel am Schultergelenk bei angehobenem Arm · Schlüsselbein, (clavicula) · Ligamentum coracoclavicularis · Ligamentum coracoacromialis · Bursa subacromialis · Coracoid Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 20 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen · Muskelatrophie (Muskelminderung) der Rotatorenmanschette • Muskulatur der Rotatorenmanschette der Schulter von vorn gesehen · Schlüsselbein, (clavicula) · Musculus supraspinatus · Musculus subscapularis · Musculus infrascapularis • Muskulatur der Rotatorenmanschette der Schulter von hinten gesehen · Musculus supraspinatus · Musculus infraspinatus · Musculus teres minor · Sehnenscheidenentzündungen und Schleimbeutelentzündung der bursa subacromialis · Schmerzhafte entzündliche Kapselschwellung · Gelenkdestruktion mit Bewegungseinschränkung • Entzündliche Kapselschwellung · Entzündlich geschwollene Gelenkkapsel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 21 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Entzündliche Gelenkdestruktion · Osteoarthritis des Schultergelenks · Symptome an den Kniegelenken · Schmerzhafte Kapselschwellung · Bewegungseinschränkung durch Muskelatrophie mit Beugekontraktur und Streckdefizit · Instabilität durch entzündlichen Funktionsverlust der Seiten- und Kreuzbänder · Zunehmende Achsenfehlstellung · Gelenkdestruktion durch die Folgen der Pannusbildung • Knie seitlich, beginnende Gelenkzerstörung • ausgeprägte Pannusbildung an der Oberschenkelrolle mit fortgeschrittener Knorpelzerstörung Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 22 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen · Symptome an den Ellenbogengelenken • Normale Anatomie des Ellenbogens seitlich mit Oberarmknochen, Elle, Speiche und Schleimbeutel. · Oberarmknochen, (humerus) · Speiche, (radius) · Gelenkfläche · Elle, (ulna) · Schleimbeutel, (bursa olecrani) · Kapselschwellung mit Entzündung der Gelenkschleimhaut · Entzündung des Schleimbeutels, bursa olecrani • Entzündung der bursa olecrani · Schleimbeutelentzündung, (bursitis olecrani) · Rotationshemmung und Streckdefizit des Unterarms · Gelenkzerstörung mit Bewegungseinschränkung • Ellenbogen, gestreckt von oben · Gelenkzerstörung Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 23 G 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen • Ellenbogen seitlich · Gelenkzerstörung · Symptome an der Haut · Rheumaknoten Sie finden sich meist nur bei Patienten mit seropositiver Rheumatoider Arthritis und zeigen sich als prallelastische, teils gut verschiebliche, teils fixierte Knoten in der Unterhaut an den Streckseiten der Unterarme, an Knie-, Ellenbogen-, Sprung-, Zehen- und Handgelenken. Rheumaknoten können selten auch zum Beispiel in der Lunge, im Herzen oder in der Muskulatur liegen. · Symptome an den Organen · Herz: Herzbeutelentzündung mit Erguss, selten zeigt sich eine Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) und des Herzmuskels (Myokarditis). · Lunge: Rippfellentzündung (Pleuritis), Veränderung des Lungengerüsts (interstitielle Lungenfibrose) · Augen: verminderte Produktion von Tränenflüssigkeit, selten Gefäßentzündungen (Episkleritis) · Magen-Darmtrakt: Geschwüre und Blutungen, die von der medikamentösen Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika ausgelöst werden können. · Nervensystem: Nervenkompressionssyndrome peripherer Nerven durch Druck des entzündlichen Gewebes. · Blut: Häufig ist als Folge der chronischen Entzündung eine Blutarmut der roten Blutzellen (Anämie) zu finden, wodurch es zu verminderter Belastbarkeit und Luftnot kommen kann. · Osteoporose (Knochenschwund), hervorgerufen durch lange Cortisontherapie und Inaktivität. Osteoporose kann selbst durch geringe Unfallmechanismen Knochen- und Wirbelbrüche verursachen. Wie wird die rheumatoide Arthritis behandelt? Die wichtigsten Behandlungsgrundsätze sind: · Verbesserung und Erhaltung der Lebensqualität · Schmerzlinderung · Verlangsamung des Verlaufs · Eindämmung von entzündlichen Prozessen und Schüben · Erhaltung der Gelenkbeweglichkeit · Frühzeitige operative Intervention an der Wirbelsäule, um Komplikationen zu vermeiden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 24 G 02 Konservative und medikamentöse Behandlung Die konservative Behandlung hat folgende Zielrichtungen: · Krankengymnastik und Ergotherapie werden zur Behandlung von Bewegungsstörungen und Verhütung von Fehlstellungen, sowie zur Muskelkräftigung durchgeführt · Thermotherapie kann zur Schmerzbehandlung und Entzündungshemmung eingesetzt werden. · Klassische Massage, Wärme- und Kältetherapie kommen zur Muskellockerung zum Einsatz · Elektrotherapie mit Nieder-, Mittel- und Hochfrequenzeinsatz dient der Schmerzlinderung · begleitende psychologische Betreuung mit Entspannungs- und Verarbeitungstechniken · Es gibt eine Vielzahl von weiteren Therapieansätzen wie Manuelle Therapie, Osteopathie, Homöopathie, Phytotherapie, Traditionelle Chinesische Medizin, Neuraltherapie und andere, die individuell angesetzt werden können. · Orthopädietechnik - Die Orthopädietechnik kann durch individuell angepasste Orthesen, spezielle Handlagerungsschienen, orthopädischer Schuhversorgung, Gehhilfen und anderen Hilfsmitteln unterstützend therapeutisch helfen, bestehende oder drohende Deformitäten und Bewegungslimitierungen zu behandeln. Die medikamentöse Behandlung der Rheumatoiden Arthritis ist komplex und bedarf eines individuell auf die jeweilige persönliche Krankheitssituation angepassten Therapieplans, der wegen der möglichen weitreichenden Nebenwirkungen regelmäßig überwacht werden muss. In der Regel kommen folgende Medikamentengruppen zum Einsatz, die, abhängig von der bestehenden Krankheitsphase, in einem individuellen Therapieplan kombiniert werden: · Basistherapeutika Dies sind Medikamente, die durch Eingriff in das Immunsystem das starke Entzündungsgeschehen des Krankheitsverlaufs und damit die destruktiven Prozesse verlangsamen sollen. Diese Medikamente sollen früh nach Diagnosestellung eingesetzt werden. Zu den Basistherapeutika zählen: · Immunsuppressiva (z.B.: Methotrexat, Ciclosporin, Leflunomid, Azathioprin) sind Medikamente, die die Immunabwehr unterdrücken. Mögliche Nebenwirkungen sind: · Veränderungen des Blutbilds · Hemmung der Bildung von weißen Blutkörperchen · Nieren- und Leberfunktionsstörung · Methotrexat und Leflunomid müssen vor einer Schwangerschaft abgesetzt werden, da das Kind geschädigt werden kann. · Goldverbindungen (z.B.: Natriumaurothiomalat oder Auronofin) greifen ebenfalls in das Immungeschehen ein und unterdrücken die Abwehrfunktion Mögliche Nebenwirkungen sind: · Hemmung der Bildung von roten und weißen Blutkörperchen · Hemmung der Bildung von Blutplättchen · oft schlechte Verträglichkeit · Malariamedikamente (z.B.: Hydroxychloroquin, Chloroquin) bremsen die Immunabwehr. Man vermutet, dass sie die Komplexbildung von Antikörper und Antigen verhindern und damit helfen, den autoaggressiven entzündlichen Prozess der Erkrankung zu unterbrechen. Mögliche Nebenwirkungen sind: · Sehstörungen und Magenbeschwerden · Weitere Immunsuppressiva, die zum Einsatz kommen können, sind Penicilinamin und Sulfasalazin Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 25 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen G 02 · Medikamente, die Zytokine blockieren (Botenstoffe Interleukin1 und TNF alpha) · Tumornekrosefaktor (TNF)- alpha Blocker (z.B.: Infliximab, Etanercept, Adalimumab) hemmen die Wirkung dieses Zytokins, wodurch die entzündliche Gewebedestruktion gebremst wird. · Interleukin 1-Blocker (z.B.: Anakinra), die eine Blockierung der Interleukin 1 Wirkung verursachen und dadurch die Zerstörung von Knorpel und Knochen verlangsamen. · Kortisonbehandlung (z.B.: Prednison) Kortison wirkt immunsuppressiv und stark entzündungshemmend. Die wichtigsten Nebenwirkungen sind: · Osteoporose (Knochenschwund) · Grauer und grüner Star (Augenerkrankung) · Blutungen und Geschwüre im Magen-Darm-Trakt · Ausdünnung der Haut, Akne · Stammfettsucht · Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) · Bluthochdruck · Verminderung der weißen Blutkörperchen · Elektrotherapie mit Nieder-, Mittel- und Hochfrequenzeinsatz dient der Schmerzlinderung · begleitende psychologische Betreuung mit Entspannungs- und Verarbeitungstechniken · Es gibt eine Vielzahl von weiteren Therapieansätzen wie Manuelle Therapie, Osteopathie, Homöopathie, Phytotherapie, Traditionelle Chinesische Medizin, Neuraltherapie und andere, die individuell angesetzt werden können. · Orthopädietechnik - Die Orthopädietechnik kann durch individuell angepasste Orthesen, spezielle Handlagerungsschienen, orthopädischer Schuhversorgung, Gehhilfen und anderen Hilfsmitteln unterstützend therapeutisch helfen, bestehende oder drohende Deformitäten und Bewegungslimitierungen zu behandeln. · Nichtsteroidale Antirheumatica (NSAR) ( z.B.: Diclofenac, Ibuprofen) wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd. · Da viele Rheumamittel die Magenschleimhaut angreifen, werden in der Regel Medikamente verabreicht, die die Schleimhaut schützen. · Die moderne Schmerztherapie kennt eine Vielfalt von therapeutischen Wegen, um akute oder chronische Schmerzen zu bekämpfen, angepasst auf die individuelle Schmerzsituation wird ein adäquater Therapieplan erstellt. Behandlung der Rheumatoiden Arthritis durch radioaktive Strahlen (Radiosynovioorthese) Bei dieser Methode wird die entzündete Gelenkschleimhaut (Synovia) durch Einspritzen von radioaktiven Medikamenten (Radionukliden) in die Gelenkschleimhaut direkt durch Strahlenwirkung behandelt. Die Radionuklide setzen sich in den Zellen der Gelenkschleimhaut fest und führen dort zu einer Verödung der Synovia, wodurch die wuchernde Gelenkschleimhaut verkleinert und die Entzündung verringert wird. Die verwendeten Radionuklide sind Erbium169, Rhenium186 und Yttrium90, die, abhängig von ihrer Wirkdauer und Eindringtiefe, in die betroffenen Gelenke eingespritzt werden. Behandlungen mit der Radiosynovioorthese Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 26 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen G 02 werden an den kleinen Hand- und Fußgelenken, den Knie- und Hüftgelenken, den Schulter- , Ellenbogen und Handgelenken durchgeführt. Nach erfolgtem Eingriff kann cirka 3 Monate später beurteilt werden, wie erfolgreich die lokale Bestrahlung war. Bei den meisten Patienten zeigt sich, abhängig vom Schweregrad der Gelenkveränderung, eine Besserung der Schmerzsymptomatik. Operative Therapie der Rheumatoiden Arthritis Bei rheumatischem Befall der Halswirbelsäule gibt es eine Vielzahl von operativen Verfahren, um Instabilitäten, Rückenmark- und Nervenkompressionen zu beheben. Folgende Operationsverfahren werden in unserer Abteilung bei der operativen Behandlung der rheumatischen Wirbelsäule häufig durchgeführt: · bei C1/C2 Manifestation: dorsale C1/C2 Fusion in Harms-Technik · transorale Densresektion mit dorsaler Fusion · ventrale Korpektomie mit vorderer und hinterer Instrumentation · dorsale Dekompression mit dorsaler Instrumentation und Fusion · langstreckige Fusionen bei mehrsegmentalem Befall Bei den betroffenen großen und kleinen Gelenken, die durch den Entzündungsprozess in unterschiedlichem Ausmaß geschädigt sind, kommen, je nach vorliegendem Befund, folgende Operationsverfahren zur Anwendung: · Synovektomie: Die entzündliche Gelenkschleimhaut wird entweder über eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) oder offen entfernt, wodurch die weitere entzündliche Gelenkzerstörung verlangsamt wird. · Bei weitgehender Zerstörung eines Gelenks wird häufig der Ersatz durch ein künstliches Gelenk (Endoprothese) durchgeführt. Gelenke können entweder komplett (Totaleendoprothese) oder teilweise (Teilendoprothese) ersetzt werden. · Resektionsarthroplastiken sind Teilentfernungen eines Gelenks mit anschließender plastischer Ausbildung eines „Pseudogelenks“. Diese Eingriffe werden oft bei der Korrektur von Fußdeformitäten (Hammerzehe, Krallenzehe) durchgeführt. Versteifungsoperationen (Arthrodesen) von Gelenken können in besonderen Fällen durchgeführt werden. Die Versteifung des Gelenks bedeutet zwar Beweglichkeitsverlust, bietet aber Schmerzfreiheit. Arthrodesen können immer nur in Abwägung der Restbeweglichkeit der anderen Gelenke durchgeführt werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 27 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Rheumatoide Arthritis · Entzündliche Erkrankungen · Entzündliche Erkrankungen G 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) Um welche Erkrankung handelt es sich bei der Spondylitis ankylopoetica? Die Spondylitis ankylopoetica ist eine chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung, die zur Gruppe der seronegativen Spondylarthropathien gehört, in Schüben verläuft und meistens an den Illiosakralgelenken (Kreuzbein-Darmbein-Gelenken) beginnt. An der Wirbelsäule führt sie zu aufsteigenden, entzündlich zerstörenden Veränderungen der Wirbelgelenke und ganzer Wirbelsäulenabschnitte. Durch die zusätzlich bestehende Verkalkung der Längsbandstrukturen des Bandapparats der Wirbelsäule kommt es zur aufsteigenden Ankylose (Versteifung) der Wirbelsäule. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, die Krankheit beginnt bei den meisten Patienten zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr. Zusätzlich finden sich häufig entzündliche Veränderungen an den Gelenken der Extremitäten, entzündliche Reizungen an den knöchernen Ansätzen von Sehnen, Bändern und der Gelenkkapseln (so genannte Enthesiopathien) und oft ein Befall der Augen und des Herzens. • Becken und Lendenwirbelsäule von vorn, Iliosakralgelenke (Verbindung zwischen Darmbein (os ilium) und Kreuzbein (os sacrum) regelrecht ausgebildet · 5. Lendenwirbel · Darmbein, (os ilium) · Kreuzbein, (os sacrum) · Iliosakralgelenk • Becken und Lendenwirbelsäule von hinten, Sacroiliitis mit ausgeprägten entzündlichen Veränderungen und Anlagerung von Syndesmophyten · Sacroiliitis mit Befall beider Gelenkfugen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Entzündliche Erkrankungen G 03 Wie entsteht diese Erkrankung? Bis heute ist nicht bekannt, durch welche Ursachen die entzündlichen Prozesse ausgelöst werden. Bekannt ist, dass sich bei 95 % der Patienten mit dieser Erkrankung das genetische Merkmal HLA-B27 findet, so dass eine erbliche Grundlage vermutet wird. HLA Antigene gehören zur Gruppe der Immunglobuline, sie finden sich in der Zellmembran. Sie spielen im menschlichen Immunsystem eine zentrale Rolle, da sie körpereigene und körperfremde Eiweißstoffe unterscheiden können und dadurch dem Immunsystem signalisieren können, welche körperfremden Stoffe (Antigene) bekämpft werden müssen. Bei Patienten mit einer Spondylitis ankylopetica finden sich auch oft Infekte des Magen-Darm- und Urogenitaltrakts, die durch Klebsiellen hervorgerufen werden. Klebsiellen sind unbewegliche Bakterien mit einer Kapsel, die neben anderen Infektionen auch eine Lungenentzündung (Pneumonie), Meningitis (Hirnhautentzündung) und eine Blutvergiftung (Sepsis) hervorrufen können. Die Klebsiellen besitzen mikrobielle O- und K-Antigene, das sind körperfremde Eiweißstoffe, die im menschlichen Organismus die Bildung von Antikörpern (Abwehrstoffen) anregen. Auf dieser Grundlage vermutet man als eine mögliche Krankheitsursache, dass es in der menschlichen Immunabwehr bei HLA-B27 positiven Patienten mit gleichzeitig bestehender Klebsielleninfektion zu einer Kreuzreaktion zwischen den körpereigenen und bakteriellen Antigenen kommt, wodurch ein Autoimmunprozess ausgelöst wird, der dazu führt, dass zunächst gesunde Strukturen wie Wirbelgelenke und Wirbelkörper durch eine Fehlinformation vom eigenen Immunsystem angegriffen und geschädigt werden. Welche Untersuchungen werden durchgeführt? 1. Rheumatologische Anamnese Die Erhebung einer speziellen rheumatologischen Krankengeschichte kann bereits durch die Befragung wertvolle Hinweise liefern, die eine erste Verdachtsdiagnose erbringen können. · Von wo gehen die Schmerzen aus? · von den Gelenken? · von den Weichteilen? · von der Wirbelsäule? · Wie ist der zeitliche Verlauf der Erkrankung? · akuter Beginn oder langsam steigernd ? · in Schüben mit Phasen des Stillstands und der Verschlechterung? · zeigt der Schmerz einen typischen Tagesverlauf? · Wie ist das Muster des Gelenkbefalls? · sind eher die großen oder kleinen Gelenke befallen? · ist nur ein Gelenk oder sind mehrere betroffen? · wandern die Beschwerden von Gelenk zu Gelenk? · Da rheumatische Erkrankungen oft auch Organsysteme befallen, ist es sinnvoll, nach Auffälligkeiten in folgenden Bereichen zu suchen: · Nieren und ableitende Harnwege (Blasen-Harnröhrenentzündungen, Balanitis, durchgemachte Geschlechtskrankheiten)? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) · Entzündliche Erkrankungen G 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) · Magen-Darmtrakt (Durchfälle, Blutbeimengungen)? · Herz-Gefäßsystem · Lunge · Haut (Schuppenflechte, knotige Veränderungen, Schwellungen, Geschwüre)? · Augensymptomatik (Brennen, Sehstörungen, Fremdkörpergefühl, Trockenheit, Rötung)? · Fieber (Fieberschübe, Schüttelfrost)? · Neurologische Symptomatik 2. Körperliche Untersuchung Bei jeder körperlichen Untersuchung sollten sämtliche Organsysteme erfasst werden. Wir beschränken uns hier in der nachfolgenden Aufstellung auf die wichtigsten klinischen Untersuchungen bei bestehendem Verdacht auf eine rheumatologische Erkrankung. · Inspektion (Betrachtung) · Fehlstellungen, Asymmetrien oder Deformierungen des Skeletts? · Regelrechte Beinachsen? · Gelenke (Beweglichkeit, Gelenkerguss, Rötung, Schwellung)? · Muskulatur (zu wenig/zu stark ausgebildet, (= Atrophie/Hypertrophie), regelrechte Kraftentwicklung)? · Körperhaltung und Bewegungsablauf normal? · Haut und Schleimhäute (Hautveränderungen, Schuppenflechte, knotige Veränderungen, Wassereinlagerungen?) · Palpation (Tasten) · Muskulatur: Muskelspannung (Muskeltonus) erhöht oder erniedrigt, Myogelosen (Hartspann), Triggerpunkte (Druckpunkte, von denen ein fortgeleiteter Schmerz ausgelöst werden kann)? · Schmerzauslösung (Druck-, Klopf-, Zug- oder Stauchschmerz)? · Schmerzauslösung in den Ansatzgebieten von Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln (Enthesiopathie)? · Sehnen und Schleimbeutel entzündlich verändert? · Gelenke (Erguss, Beweglichkeit, Kapselverdickung, Reibegeräusche)? · Brustkorb (Atembewegungen regelrecht, Kompressionsschmerz auslösbar)? · Funktionsprüfungen - Spezielle Funktionsprüfungen an der Wirbelsäule sind: · Aktive und passive Bewegungsprüfungen der Wirbelsäule (Beugung, Streckung, Drehung, Seitneigung) · Finger-Boden Abstand (Maß für die Gesamtbeugefähigkeit der Wirbelsäule) · Schober Zeichen (Messung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule) · Ott Zeichen (Messung der Beweglichkeit der Brustwirbelsäule) · Hinterhaupt-Wand Abstand (Maß für die Ausprägung der Brustkyphose) · Kinn-Brustbein Abstand (Hinweis auf die Halswirbelsäulenbeweglichkeit) · Tests für einen Befall des Iliosacralgelenks: · Dreiphasentest · Vorlaufphänomen · Mennell´scher Handgriff · Weitere Funktionsprüfungen sind: · Beweglichkeitsmessung der Gelenke mit der Neutral-Null-Methode · Messung der groben Kraft an Armen und Beinen · Überprüfung der Gelenkstabilität Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Entzündliche Erkrankungen G 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) 3. Apparative Diagnostik · Konventionelles Röntgen Da die Spondylitis ankylopoetica meistens mit dem Befall der Iliosacralgelenke beginnt, sind hier die ersten röntgenologischen Veränderungen mit unscharfen Gelenkkonturen, erosiven Knochendefekten und einer gelenknahen Knochenverdichtung (Sklerosierung) zu sehen. Im fortgeschrittenen Verlauf der Erkrankung ist die knöcherne Überbauung des Gelenks sichtbar (Ankylosierung). Bei weiterer Zunahme der Erkrankung lassen sich in allen Wirbelsäulenabschnitten Knochenspangen (Syndesmophyten) erkennen, die einzelne Wirbel überbrücken und die Wirbelsäule dadurch zunehmend einsteifen. Die fortgeschritten eingesteifte Wirbelsäule wird auch Bambusstabwirbelsäule genannt. • Becken und Lendenwirbelsäule mit geringen degenerativen Veränderungen • Sakroiliitis mit Verknöcherung der Iliosakralgelenke, Lendenwirbelsäule im Sinne einer Bambusstabwirbelsäule versteift Röntgenologisch lassen sich noch weitere entzündlich destruktive Veränderungen feststellen, die durch den Umbau der Wirbel durch eine Spondylodiszitis (Entzündung des Wirbels und der Bandscheibe) und durch Verknöcherung der Bandstrukturen der Wirbelsäule entstanden sind. · Andersson Läsion (Defekte der Abschlussplatten der Wirbel als Zeichen der Spondylodiszitis · Romanus Läsion als Zeichen der Spondylitis anterior · „scheinende Ecken“ an den vorderen Wirbelkörperrandleisten durch Sklerosierung · Verknöcherung der Wirbelgelenke und der Rippen-Wirbelgelenke · Wirbelkörperdeformierungen (Kasten- und Tonnenwirbelform) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Entzündliche Erkrankungen G 03 · Zeichen der Segmentinstabilität Bei zunehmender Einsteifung von Wirbelsäulenabschnitten, die von noch nicht versteiften Abschnitten unterbrochen sind, zeigen sich Zeichen der Degeneration und der Instabilität wie Drehgleiten der Wirbel, Pseudospondylolisthesis (Vorwärtsgleiten der Wirbel) und Osteochondrose · In der seitlichen Aufnahme der Halswirbelsäule lassen sich Instabilitäten der oberen Halswirbelsäule (atlanto-axiale Instabilität) erkennen. · Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) Mit dieser Untersuchung können die knöchernen Veränderungen der Sacoiliacalgelenke und der benachbarten Weichteile gut dargestellt werden. Im Bereich der Wirbelsäule sind Ödeme oder Zysten (Flüssigkeitsansammlungen), Knochennekrosen (Knochenareale mit zerstörtem Knochen), Rückenmark und Weichteile sehr gut zu beurteilen. · Skelettszintigraphie Sie kann im Frühstadium der Erkrankung nur in Kombination mit den klinischen und konventionellen Röntgenbefunden die Diagnose einer Spondylits ankylopoetica erhärten. 4. Labordiagnostik · Bestimmung des HLA-B27 Antigens · Bestimmung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), der Blutsenkungsgeschwindigkeit und des C-reaktiven Proteins als Hinweise für eine vorliegende Entzündung. · Rheumafaktorbestimmung ist immer negativ („seronegative Spondyloarthritis“) Welche Kriterien gibt es, die die Verdachtsdiagnose einer Spondylitis ankylopoetica erhärten? Da diese Erkrankung unterschiedliche Verlaufsformen und Erscheinungsbilder hat und ähnliche Symptome anderer Krankheiten zeigt, ist es schwierig, sich auf ein definitives Beurteilungsschema festzulegen, das die Diagnose der Erkrankung sicher zulässt. Es gibt deshalb verschiedene Kriterien und Gradeinteilungen, die in der Gesamtheit der individuell erhobenen Befunde zu sehen sind, teilweise mit Punkten bewertet werden und die Diagnosestellung erleichtern. 1. Gradeinteilung der Sacroiliitis Grad O: Normalbefund Grad 1: Gelenkspalt verwaschen und gering sklerosiert Grad 2: Erosionen, starke Sklerosierung, Gelenkspalt unregelmäßig und erweitert Grad 4: Erosionen, Gelenkspaltverschmälerung, Gelenkspalt teilweise oder komplett ankylosiert (verknöchert) 2. Kriterien des Kreuzschmerzes vom entzündlichen Typ · Schleichender Krankheitsbeginn vor dem 40. Lebensjahr · Schmerzen seit mindestens 3 Monaten bestehend · Morgensteifigkeit · Besserung der Beschwerden 3. Frühdiagnosekriterien der Spondylitis ankylopoetica · HLA-B27 Antigen positiv, Blutsenkungsgeschwindigkeit erhöht · Positive klinische Untersuchungszeichen der Sacroiliacalgelenke Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) · Entzündliche Erkrankungen G 03 · Beweglichkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule eingeschränkt · Spontan- und Druckschmerz des knöchernen Brustkorbs · Atembewegungen des Brustkorbs eingeschränkt · Hinweise auf Gelenkbeteiligung oder Enthesiopathien · Augensymptomatik (Iritis, Iridozyklitis) (Entzündung der Regenbogenhaut) 4. New York Kriterien, die sinnvoll erst bei länger bestehender Erkrankung angewendet werden können, da die röntgenologischen Veränderungen an den Sacroiliacalgelenken erst im Laufe der Erkrankung auftreten (zwischen dem 2. und 10. Krankheitsjahr). Klinische Kriterien: · starke Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule · akute oder frühere Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und des lumbosacralen Übergangs · eingeschränkte Atembreite in Höhe des 4. Zwischenrippenraum Eine gesicherte Spondylitis ankylopoetica liegt nach diesen Kriterien vor, wenn eine beidseitige Sacroiliitis Grad 3 oder 4 mit einem der klinischen Kriterien, eine beidseitige Sacroiliitis Grad 2 mit klinischem Kriterium 1 oder eine einseitige Sacroiliitis Grad 3 oder 4 mit den klinischen Kriterien 2 und 3 nachweisbar ist. Welche Symptome findet man bei der Spondylitis ankylopoetica? · Wirbelsäule, Brustkorb und Becken · Sacroiliitis mit tief sitzenden Rückenschmerzen · Entzündlicher Rückenschmerz · Wirbelkörperdeformierung · Deformierung und Einsteifung der Wirbelsäule (Bambusstabwirbelsäule) · Verkalkung vornehmlich der Längsbandstrukturen des Bandapparats der Wirbelsäule · Im Verlauf veränderte Körperhaltung durch die zunehmende Versteifung der Wirbelsäule, die Lendenwirbelsäule flacht ab, die Brustwirbelsäule krümmt sich und bildet einen Buckel · Reaktive Osteoporose (Knochenschwund) durch Immobilität · Wirbelbrüche Durch den Verlust der Elastizität und Beweglichkeit der Wirbelsäule können im fortgeschrittenen Stadium schon leichte Unfallmechanismen dazu führen, dass hauptsächlich im Bereich des zervikothorakalen Übergangs (Hals-Brustbereich) und des thorakolumbalen Übergangs (Brustkorb-Lendenbereich) Wirbelbrüche entstehen. Die Wirbelbrüche werden durch die Kombination der bestehenden Krankheitsfaktoren Osteoporose, fehlende Elastizität und teilweiser Einsteifung von Wirbelsäulenabschnitten verursacht, da die Wirbelsäule die einwirkenden Kräfte nicht mehr dämpfen und weiterleiten kann. Es kann zu Kompressionsfrakturen (Stauchungsbrüchen) oder verschobenen Brüchen (Luxationsfrakturen) mit neurologischen Ausfällen, bis hin zur Querschnittlähmung kommen. · Wirbelsäuleninstabilität im Bereich des Kopf-Halswirbelsäulenübergangs (okzipito-zervikale Instabilität), (atlantoaxiale Instabilität) · Einschränkung der Brustkorbatmung, die durch die Verknöcherung und Versteifung der RippenWirbelgelenke und der Verbindung der Rippen zum Brustbein verursacht wird und in Kombination mit einer kyphotischen Deformierung der Brustwirbelsäule („Buckel“) zu ausgeprägten Atemstörungen führen kann. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) · Entzündliche Erkrankungen G 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) · Periphere Gelenke • Normales Hüftgelenk • Hüftgelenksarthrose mit destruktiven Veränderungen des Hüftkopfs und der Hüftgelenkspfanne · Knorpeldestruktion des Hüftkopfs · Knorpeldestruktion der Gelenkpfanne • Knie seitlich, Arthrose der Kniescheibenrückfläche und der Oberschenkelrolle • Knie seitlich, Normalbefund · Femurkondylen (Oberschenkel) · Kniescheibe · Gelenkknorpel · Schienbeinkopf · Kniescheibensehne (Patellarsehne) · Seltener mit Befall der Finger- und Zehengelenke, Ellenbogen- und Sprunggelenke Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Entzündliche Erkrankungen G 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) · Enthesiopathien · mit Schmerzen und Entzündungen in den Ansatzgebieten von Sehnen und Bändern, die häufigsten Verteilungsmuster sehen Sie hier: · Dornfortsätze der Halswirbelsäule · Schulter, acromion tuberculum majus, processus coracoideus · Übergang Brustbein-Rippenknorpel · Ellenbogen, olecranon, epicondylus medialis und lateralis · Becken, crista iliaca · Becken, spina iliaca anterior superior · Oberschenkelknochen, Trochanter major · Oberschenkelknochen, Trochanter minor · Becken, Scham- und Sitzbein · Knie, condylus femoris medialis und lateralis · Achillessehnenansatz · Ansatz der Bänder des Fußgewölbes · Tuberositas des 5. Mittelfußknochens • Enthesiopathie der Achillessehne (Sehnenansatzreizung) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Entzündliche Erkrankungen G 03 • Enthesiopathie im Bereich des Trochanter major am Oberschenkelknochen mit Reizung des Schleimbeutels. · Schleimbeutelentzündung (bursitis subtrochanterica) · weitere Organmanifestationen · Herzbeteiligung mit Klappenfehler der Aortenklappe (Aorteninsuffizienz), Entzündung der Hauptschlagader (Aortitis), Herzrhythmusstörungen und Herzbeutelentzündung. · Beteiligung der Lunge mit einer zystischen Lungenfibrose · Augenbeteiligung mit Entzündung der vorderen Augenkammer und der Regenbogenhaut (Iridozyklitis) · Nierenbeteiligung mit Nephritis und sekundärer Amyloidose · Neurologische Beteiligung im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung mit Rückenmarkkompression und Cauda equina Syndrom. Wie verläuft diese Erkrankung? Der Verlauf dieser Krankheit ist nur schwer abzuschätzen, da sich eine Vielfalt von Verlaufsvarianten zeigt. Die Erkrankung verläuft normalerweise über Jahre in Schüben, kann aber in seltenen Fällen auch mit ausgeprägten Entzündungsreaktionen sehr schnell zur Versteifung der Wirbelsäule führen. Es gibt Verläufe, bei denen sich auf Dauer nur die Sacroiliitis ohne weitere wesentliche Symptome zeigt. Erschwerend kommt bei der Beurteilung hinzu, dass die exakte Diagnose oft erst nach einigen Jahren der Krankheitsdauer gestellt werden kann, da radiologische Zeichen der Sacroiliitis erst nach einigen Jahren auftreten können. Die zu Beginn auftretende Entzündung der Iliosacralgelenke führt zu einer Instabilität, wodurch das Becken aufgerichtet wird. Durch diese statische Veränderung wird im weiteren Verlauf eine „kompensatorische Kettenreaktion“ ausgelöst. Durch die Steilstellung des Beckens kommt es zur Abflachung der Lendenwirbelsäule, die physiologische Lordosekrümmung verschwindet. Der Körperschwerpunkt wird vor die Körperachse verlagert, was zu einer kompensatorischen Verstärkung der Brustkyphose führt, es bildet sich ein Buckel, der mit zunehmender Erschlaffung der langen Rückenstreckmuskulatur und weiterer Schwerpunktverlagerung nach vorne die Brustkyphose weiter verstärkt. Der Kopf und damit auch der Blick ist in dieser Position auf den Boden gerichtet, wodurch es zur kompensatorischen Verstärkung der Halswirbelsäulenlordose kommt. Durch die Beckenaufrichtung werden die Hüftgelenke überstreckt, was durch eine vermehrte Beugung der Kniegelenke ausgeglichen wird. Die Fehlposition der Hüft- und Kniegelenke führt zu Beugekontrakturen, die insgesamt die Deformierung der Wirbelsäule verstärken. Die entzündliche Verknöcherung der Brustbein-Rippengelenke und der Rippen-Wirbelgelenke führen zusammen mit der Deformität des Brustkorbs zu Atemstörungen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) · Entzündliche Erkrankungen G 03 Wie wird die Spondylitis ankylopoetica behandelt? Es gibt keine Therapie, die zur Heilung der Erkrankung führt. Die konservative Therapie stützt sich auf die Kombination folgender Behandlungsmethoden: · Medikamentöse Behandlung · Entzündungshemmung · durch NSAR (nicht-steroidale Antirheumatica) · durch Cortisonpräparate, die wegen der Nebenwirkungen nicht als Dauertherapeutikum eingesetzt werden können · TNF-alpha-Blocker (Tumor-Nekrose-Faktor alpha), eine noch neue Medikamentengruppe, die das TNF-alpha, ein Zytokinin, das bei rheumatischen Erkrankungen, auch bei der Spondylitis ankylopoetica erhöht ist und wohl eine große Rolle bei der entzündlichen Gelenkzerstörung spielt, blockiert · Durch Injektion des radioaktiven Isotops Radium 224 können die Entzündungen günstig beeinflusst werden. · Schmerzmedikamente · Muskelrelaxantien · Eine Behandlung mit so genannten „langfristig krankheitsmodifizierenden“ Medikamenten wie zum Beispiel Sulfalazin oder Methotrexat kann angewendet werden, wenn der Krankheitsverlauf durch einen starken Befall der großen Gelenke bestimmt wird. Bei einem reinen Befall der Wirbelsäule ist die Anwendung umstritten. · Aktive und passive Bewegungstherapie Die Bewegungstherapie muss mit angepasster sportlicher Aktivität, Haltungs- und Bewegungsschulung, Ausgleich der bestehenden muskulären Dysbalancen, Atem- und Ausdauertraining regelmäßig und intensiv zur Erhaltung und Verbesserung der Wirbelsäulen- und Gelenkbeweglichkeit durchgeführt werden. · Physikalische Therapie mit Bestrahlung, Massagen, Elektrotherapie, Kälte- und Wärmeanwendung und anderen, die dazu hilft, die Muskulatur zu lockern und Entzündungen zu verringern. · Weitere mögliche Behandlungsmethoden sind Homöopathie, Phytotherapie, Traditionelle Chinesische Medizin, Neuraltherapie und begleitende psychologische Betreuung mit Entspannungstechniken · Eine operative Therapie bei der Spondylitis ankylopoetica kann erforderlich werden, · Bei massiven Deformitäten der Wirbelsäule: Wenn die Verkrümmungen der Wirbelsäule so stark sind, dass innere Organe, wie zum Beispiel die Lunge, eingeengt werden und die Lebensqualität durch die stark gebeugte Haltung massiv eingeschränkt ist, dann können Korrekturosteotomien zur Aufrichtung der Wirbelsäule durchgeführt werden. · Bei massiver Instabilität von Wirbelsegmenten: Bei teilweise versteifter Wirbelsäule, die von noch nicht versteiften Wirbelsegmenten unterbrochen sind, kann es zur Instabilität dieser Wirbelsegmente kommen. Die instabilen Segmente werden dann operativ versteift (Spondylodese) · Bei Wirbelbrüchen wird in der Regel eine operative Stabilisierung des Wirbelbruchs durch dorso-ventrale (vom Rücken und Bauch ausgeführte) Stabilisierungsverfahren erreicht. · Bei bestehendem Befall großer Gelenke mit entzündlicher Destruktion kann die operative Versorgung mit künstlichen Hüft- oder Kniegelenken erforderlich werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 10 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) · Entzündliche Erkrankungen G 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylitis ankylopoetica (morbus Bechterew, Spondylitis ankylosans) Es gibt verschiedene Operationsverfahren, die zur korrigierenden Aufrichtung der Wirbelsäule oder bei Instabilitäten zum Einsatz kommen. Folgende Operationsmethoden werden in unserer Abteilung abhängig von der bestehenden Indikationsstellung häufig durchgeführt: · bei überwiegend lumbaler Kyphose: - Pedikelsubstraktionsosteotomie mit langstreckiger Instrumentation - multisegmentale Smith-Peterson Osteotomie (Chevron-Osteotomie) mit langstreckiger Pedikelinstrumentation · bei thorakaler Kyphose: - komplette Wirbelkörperresektion mit Aufrichtungsspondylodese · bei thoracocervicaler Manifestation: - thoracocervicale Aufrichtungsspondylodese mit Pedikelsubstraktion bei TH 1 · bei hochcervicaler Manifestation: - C1/C2 Fusion in Harms-Technik Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 11 H 01 Was bedeutet „Verletzung der Wirbelsäule“? Die Wirbelsäule ist das zentrale Achsenorgan des Menschen. Sie muss große statische und dynamische Kräfte auffangen und weiterleiten. Zusätzlich übernimmt sie die Schutzfunktion für das Rückenmark (Myelon) und die abgehenden Spinalnerven. Bei einem Trauma können verschiedene Kräfte auf die Wirbelsäule einwirken, die zu Frakturen (Brüchen) und Dislokationen (Verschiebungen) der knöchernen Strukturen des Wirbels und der Wirbelgelenke, zu Schädigung des Gelenkknorpels und zu Zerreißungen des stabilisierenden Bandapparats, zu Verletzungen der Bandscheibe, des Rückenmarks und der Spinalnerven führen können. • Wirbelsegment im Querschnitt Bandstrukturen • Wirbelsegment mit Rückenmark und Spinalnerven · Rückenmark · Spinalnerv · Wirbelgelenk · Wirbelkörper · Bandscheibe · Grenzstrang (truncus sympathicus) Behandlungsversuche von Wirbelsäulenverletzungen gibt es schon lange, bereits in der Epoche der Ägypter wurde von Imhoptep (2682-2613 v. Chr.), einem Arzt und Wesir, erstmals das klinische Bild einer kompletten Rückenmarksdurchtrennung mit allen wichtigen Symptomen in einem Papyrus beschrieben. Hippokrates entwickelte ca. 1400 v. Chr. eine Extensionsbank, mit der er Wirbelbrüche und Deformitäten der Wirbelsäule durch Streckung behandelte. Paulus von Aegina, der wahrscheinlich im 7. Jahrhundert n. Chr. in Alexandria wirkte, beschrieb in einem chirurgischen Buch erstmals, dass „ein auf das Rückenmark drückende Knochenstück zu entfernen sei“. In der Folgezeit wurden verschiedene manualtherapeutische und Extensionsverfahren zur Behandlung von Wirbelbrüchen beschrieben. Die Entdeckung der Röntgenstrahlen durch den Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, deren Wirkung und Aussagekraft er erstmals im Januar 1896 der Öffentlichkeit vorstellte, war ein Meilenstein in der Diagnostik und ein Wegbereiter in der Weiterentwicklung der Wirbelsäulenchirurgie. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Definition · Verletzung der Wirbelsäule H 01 Die operative Versorgung von Wirbelsäulenverletzungen hat in den letzten Jahrzehnten eine rasche Weiterentwicklung von eingesetzten Materialien und Operationstechniken vollzogen, weshalb es heute mit der zusätzlich vorhandenen sehr differenzierten intensivmedizinischen prä- und postoperativen Behandlung Schwerstverletzter möglich ist, auch komplizierte Befunde mit sehr guten Ergebnissen operativ zu behandeln. Welche Verletzungsmechanismen gibt es an der Wirbelsäule? Bei einem Trauma können verschiedene Kräfte auf die Wirbelsäule einwirken, die spezielle Verletzungsmuster an den verschiedenen Strukturen der Wirbelsäule hervorrufen können. Man unterscheidet: · Extensionskräfte (Zugkräfte) · Kompressionskräfte (Stauchungskräfte) · Flexionskräfte (Beugungskräfte) · Rotationskräfte (Drehungskräfte) · Translation (Scherkräfte) Wirbelsäulenverletzungen werden meistens durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung als Folge von Verkehrs- oder Sportunfällen und von Stürzen aus großer Höhe verursacht. Brüche der Lenden- oder Brustwirbel kommen häufiger vor als Brüche im Bereich der Halswirbelsäule, wogegen bei Halswirbelsäulenverletzungen im Gegensatz zu Brust- oder Lendenwirbelsäulenverletzungen häufiger neurologische Komplikationen auftreten. Welche Ziele werden bei der Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen verfolgt? · Stabilität und Form sollen wiederhergestellt werden · Erhalt oder Wiederherstellung der Wirbelsäulenachsen müssen gewährleistet sein · Vermeidung oder Minderung von neurologischen Komplikationen · Vermeidung funktioneller Verluste · Erlangung größtmöglicher Schmerzfreiheit Welche Vorteile oder Nachteile zieht die operative oder konservative Behandlung der Verletzungen der Wirbelsäule nach sich? Konservative Behandlung: Vorteile: · kein operativer Eingriff mit Operations- und Narkoserisko Nachteile: · lange Immobilisationsphase mit erhöhtem Risiko von Sekundärkomplikationen wie Thrombose, Lungenentzündung, Dekubitus, Abnahme der Muskelmasse und Knochendichte · länger bestehende Bewegungs- und Lagerungsinstabilität des Wirbelbruchs · erschwerte Mobilisationsphase Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Definition · Verletzung der Wirbelsäule H 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Definition · Verletzung der Wirbelsäule Operative Behandlung: Vorteile: · Rekonstruktion der frakturierten Wirbelanteile · Wiederherstellung der korrekten Wirbelsäulenachsen · Rekonstruktion des Bandapparats · Vermeidung oder Verringerung neurologischer Komplikationen durch die operative Entlastung von gequetschtem Rückenmark oder Spinalnerven · Lagerungs- und Bewegungsstabilität postoperativ · Günstige Beeinflussung der Schmerzsituation · Gute funktionelle Ergebnisse nach Ausheilung · Schnellere Mobilisation und Reintegration des Verletzten in sein gewohntes Umfeld Nachteile: · Operationsrisiko mit Wundinfekten, Nachblutungen oder Organverletzungen · Narkoserisiko Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Verletzung der Wirbelsäule Klinische und neurologische Untersuchung Durch die Untersuchung des verletzten Patienten können bereits vor Durchführung apparativer Diagnostik Hinweise auf vorliegende Schäden des Rückenmarks, der Spinalnerven oder weiterer Begleitverletzungen gewonnen werden. Das Behandlungsmanagement bei Verdacht auf eine Verletzung der Wirbelsäule setzt ein subtiles Vorgehen voraus, da durch unvorsichtige Manipulationen, falsche Lagerung oder ungenügend gesicherten Transport des Verletzten zusätzliche Schäden verursacht werden können. Bei der körperlichen und neurologischen Untersuchung sind folgende Punkte wichtig: · Schmerzangaben des Patienten · Äußere Verletzungszeichen (Hämatom (Bluterguss)), (Prellmarken)? · Schonhaltung? · Liegen motorische oder sensible Ausfälle vor? · Wie ist der Reflexstatus? · Liegen medulläre oder radikuläre Ausfälle vor? · Liegt eine komplette oder inkomplette Querschnittsymptomatik vor? · Liegen Begleitverletzungen vor? Radiologische und bildgebende Untersuchungsverfahren · Konventionelle Röntgenbilder in 2 Ebenen, gegebenenfalls weitere konventionelle Spezialaufnahmen können eine bestehende Verdachtsdiagnose auf eine vorliegende Wirbelsäulenverletzung bestätigen. Eine exakte Diagnosestellung setzt die Anfertigung korrekter Röntgenbilder voraus, was häufig durch die ausgeprägte Schmerzsituation des Patienten negativ beeinflusst wird. Zu starke Manipulationen am Verletzten bergen zusätzlich die Gefahr, dass sich ein bestehender Ausgangsbefund verschlechtert. Die konventionellen Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule lassen demnach häufig nur Rückschlüsse auf sichtbare grobe Veränderungen am knöchernen Befund zu. · Die Computertomographie (CT) kann sowohl knöcherne Strukturen als auch die Situation von Weichteilen, Bandscheiben und Bändern darstellen. Durch Rekonstruktionsaufnahmen können Wirbelbrüche gut dargestellt werden. · Die Kernspintomographie (MRT) ermöglicht eine optimale Darstellung von Rückenmark, Nerven und Weichteilen. Knöcherne Strukturen werden im CT besser dargestellt. CT und MRT sind die diagnostische Grundlage für die Festlegung der therapeutischen Strategie und der operativen Vorgehensweise. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 03 Welche Symptome können bei Verletzungen der Wirbelsäule auftreten? · äußere Verletzungszeichen (Schürfungen, Prellmarken und Blutergüsse im Bereich der Wirbelsäule), wobei das Vorliegen von äußeren Verletzungszeichen keinen sicheren Hinweis auf das Vorliegen eines Wirbelbruchs oder dessen Stabilität erbringt. · Fehl- und Schonhaltung · Schmerzen · Motorische Ausfälle · Sensible Ausfälle · Medulläre/radikuläre Symptomatik Bei einer Schädigung des Rückenmarks (medullär) kommt es immer in Abhängigkeit von der Höhe des geschädigten Wirbelsäulenabschnitts zu sensiblen und motorischen Ausfällen und zur Störung der Mastdarm-, Blasen- und Sexualfunktion. Bei einer Schädigung von Spinalnervenwurzeln (radikulär), die in der Regel durch eine Quetschung der Nervenwurzel im Bereich der foramina intervertebralia entsteht, kommt es zu motorischen und sensiblen Ausfällen im entsprechenden Versorgungsgebiet des betroffenen Spinalnervs. Etwa 2/3 aller Querschnittlähmungen sind die Folge von Unfällen mit Wirbelbrüchen oder isolierten Rückenmarkquetschungen ohne Wirbelbruch, die sehr selten, vornehmlich bei Kindern und Jugendlichen vorkommen. Die restlichen Querschnittlähmungen werden durch angeborene Fehlanlagen der Wirbelsäule und Rückenmarks, durch Tumore, entzündliche Prozesse oder Durchblutungsstörungen des Rückenmarks verursacht. Eine komplette Querschnittsymptomatik zeigt folgende Zeichen: · Schlaffe Lähmung unterhalb des geschädigten Wirbelsegments · Kompletter Ausfall der Sensibilität unterhalb der Verletzungshöhe · Eigen- und Fremdreflexe sind nicht auslösbar · Komplette Lähmung der Blasen-, Mastdarm- und Sexualfunktion · Ausfall der Gefäß- und Wärmeregulation, die in Abhängigkeit von der Höhe der Wirbelsäulenverletzung zum spinalen Schock mit Blutdruckabfall, Verlangsamung des Herzschlags (Bradykardie) bis hin zum Herzstillstand und Atemstörungen bis zum Atemstillstand führen kann. Welche Klassifizierungen zur Beurteilung motorischer und sensibler Defizite gibt es? Zwei gebräuchliche Klassifikationssysteme sind das Bewertungsschema der „American Spinal Injury Assiciation“ (ASIA) und das Frankel Schema. ASIA Klassifikation der motorischen Ausfälle: 0 = komplette Lähmung 1 = sichtbare oder tastbare Muskelkontraktion 2 = aktive Bewegung über das volle Bewegungsausmaß, wenn die Schwerkraft aufgehoben ist 3 = aktive Bewegung gegen die Schwerkraft über das volle Bewegungsausmaß 4 = aktive Bewegung über das vollständige Bewegungsausmaß gegen geringen Widerstand 5 = aktive Bewegung gegen vollen Widerstand NT = Überprüfung nicht möglich Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Symptome · Verletzung der Wirbelsäule H 03 ASIA Klassifikation der sensiblen Ausfälle, die auf jedes Dermatom bezogen sind: 0 = keine Sensibilität vorhanden 1 = veränderte Sensibilität 2 = normal NT = Überprüfung nicht möglich Frankel Schema der Beurteilung der Querschnittsymptomatik: A = komplettes Querschnittsyndrom, keine motorischen oder sensiblen Funktionen in den sakralen Segmenten S4-S5 B = inkomplettes Querschnittsyndrom, keine motorische Funktion, die sensible Funktion ist in den Segmenten S4 und S5 nachweisbar C = inkomplettes Querschnittsyndrom, motorische Funktion ist unterhalb des neurologischen Niveaus erhalten, die entsprechenden Kennmuskeln weisen einen Muskelkraftgrad von weniger als drei nach Janda auf. D = Inkomplettes Querschnittsyndrom, motorische Funktion unterhalb des geschädigten Segments ist erhalten, die entsprechenden Kennmuskeln weisen einen Muskelkraftgrad von mehr als 3 nach Janda auf. E = Motorische und sensible Funktionen sind normal Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Symptome · Verletzung der Wirbelsäule H 04 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Beurteilung der Stabilität · Verletzung der Wirbelsäule Nach welchen Kriterien kann die Stabilität einer Wirbelfraktur beurteilt werden? Die Beurteilung der Stabilität eines Wirbelbruchs ist ein wichtiges Kriterium, um das therapeutische Konzept (operative Stabilisierung oder konservatives Vorgehen) festzulegen. Ein stabiler Bruch muss folgende Kriterien gewährleisten: · Rückenmark und Spinalnerven dürfen nicht gefährdet sein · Die physiologisch einwirkenden Lasten müssen getragen werden, ohne dass der Wirbelbruch zu einer Deformität der Wirbelsäule führt. Denis hat zur Stabilitätsbeurteilung das Drei-Säulen-Modell erstellt. Er unterscheidet zwischen der vorderen Säule (A), die aus dem Wirbelkörper besteht, der mittleren Säule (B), die sich aus den Wirbelbögen und Gelenkfortsätzen zusammensetzt und der hinteren Säule (C), die die Dornfortsätze und den dorsalen Bandapparat beinhaltet. Denis definiert die Stabilität durch folgende Kriterien: · Die Beteiligung aller drei Säulen führt zur Instabilität · Die Verletzung von zwei Säulen mit Drehung der geschädigten Säulenanteile um die intakte Säule führt zur Instabilität · Die isolierte Verletzung einer Säule führt nicht zur Instabilität • Drei-Säulen-Modell nach Denis · Lig. longitudinale anterius · Lig. longitudinale posterius · Lig. supraspinale · Lig. flavum · Wirbelkörper · Bandscheibe · Lig. interspinale · Foramen intervertebrale · Wirbelbogen Eine weitere Klassifikation zur Beurteilung der Stabilität ist das Zwei-Säulen-Modell nach Magerl. Er unterscheidet nur zwischen der vorderen Säule, die aus dem Wirbelkörper besteht und der hinteren Säule, die aus den hinter dem Wirbelkörper liegenden knöchernen und Bandstrukturen besteht. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule Welche anatomischen Besonderheiten zeigt die obere Halswirbelsäule (C0-C2)? Der erste und zweite Halswirbel, Atlas (C1) und Axis (C2), heben sich im Gegensatz zu den anderen Wirbeln durch ihre Form deutlich ab, um die Befestigung und Beweglichkeit des Kopfes zu gewährleisten. • Atlas (C1) und Axis (C2), von hinten · Atlas (C1) mit fovea articularis superior · vorderer Bogen (arcus anterior) · massa lateralis · Hinterer Bogen (arcus posterior) · Axis (C2) · Dens axis Der ringförmige Atlas (C1) ist der Träger des Kopfes und besteht aus den beiden Seitenstücken, massae laterales, die durch den vorderen und hinteren Bogen verbunden sind. Über Gelenkflächen (fovea articularis superior), die auf den massae laterales sitzen, ist der Atlas mit dem Hinterhauptbein des Schädels verbunden, wodurch das obere Kopfgelenk gebildet wird, das eine Vorwärts- und Rückwärtsneigung, sowie eine geringe Seitwärtsneigung des Kopfes ermöglicht. • Atlas (C1) ,von oben Der 2. Halswirbel (axis) schafft durch den besonderen Aufbau seines Wirbelkörpers und seinen zapfenförmigen Fortsatz, dens axis, der in eine Lücke des 1. Halswirbels hineinragt, den Übergang zum 1. Halswirbel und der unteren Halswirbelsäule. Der Dens axis wird durch ein straffes Band in seiner Position gehalten, damit er das Rückenmark nicht schädigt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 05 • Axis (C2), von oben Atlas und Axis ermöglichen durch die 4 atlantoaxialen Gelenke die Drehbewegungen des Kopfes, wobei sich der Atlas exzentrisch um den Zapfen des Axis dreht. Atlas, Axis und Hinterhauptbein des Kopfes sind durch einen komplexen Bandapparat verbunden, der im Zusammenspiel mit dem oberen Kopfgelenk, den atlantoaxialen Gelenken und der Muskulatur die große Beweglichkeit des Kopfes ermöglicht. • Bandapparat der oberen und unteren Kopfgelenke, tiefe Schicht obere Halswirbelsäule von hinten, ligamentum cruciforme ist entfernt,die Fixationsbänder des Dens axis (ligamenta alaria und lig. apicis dentis) sind einsehbar. · Hinterhauptbein · Ligamentum apicis dentis · Ligamenta alaria · Atlas · Dens axis · Axis Frakturen der Kondylen des Hinterhauptbeins Wo befindet sich diese Verletzung? Das Hinterhauptbein (os occipitale) bildet den Hinterkopfanteil des knöchernen Schädels und formt das Hinterhauptloch (foramen magnum), durch das das verlängerte Rückenmark (medulla oblongata) vom Gehirn zur Wirbelsäule zieht. Der untere Anteil des os occipitale (pars basilaris) bildet den hinteren Anteil der Schädelbasis. Im Bereich der pars lateralis des Hinterhauptbeins befinden sich außen die Kondylen des Hinterhauptbeins (condylus occipitalis), die mit den Gelenkflächen (fovea articularis superior) des 1. Halswirbel (Atlas) verbunden sind. Diese Gelenkverbindungen bilden zusammen mit dem komplexen Bandapparat das obere Kopfgelenk (C0/C1). Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule H 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule • Schädelbasis, von innen gesehen · Os frontale, Stirnbein · Os sphenoidale, Keilbein · Os temporale, Schläfenbein · Pars basilaris des Hinterhauptbeins ·Pars lateralis des Hinterhauptbeins · Foramen magnum · Os occipitale, Hinterhauptbein Wie werden die Frakturen der Kondylen des Hinterhauptbeins eingeteilt? Die Frakturen der Kondylen des Hinterhauptbeins (os occipitale) werden nach Jeanneret in 4 Subtypen unterteilt. Subtyp I stellt eine Schädelbasisfraktur dar, die zum Hinterhauptloch (foramen magnum) läuft, und häufig das foramen nervi hypoglossi (Austrittskanal des 12. Hirnnerven) in den Bruch mit einbezieht, wodurch es zu neurologischen Ausfällen im Versorgungsgebiet dieses Nervs kommen kann. (Lähmung der Zunge und der Zungenmuskulatur, Sprachstörungen) • Schädelbasis, von innen gesehen Jeanneret Subtyp I Subtyp II ist eine Ringfraktur der Schädelbasis um das foramen magnum, bei der eine oder beide Hinterhauptkondylen betroffen sein können. Dieser Bruchtyp verläuft meistens tödlich. • Schädelbasis, von innen gesehen Jeanneret Subtyp II Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule Subtyp III stellt eine ein- oder beidseitige Kompressionsfraktur der Hinterhauptkondylen dar, die gelegentlich in Kombination mit einem Bruch der massa lateralis des Atlas auftritt. Hinterhauptbein • Obere Halswirbelsäule, C0-C2, von hinten Jeanneret Subtyp III · Hinterhauptkondyle · Atlas (C1) · Axis (C2) Subtyp IV entspricht einem ein- oder beidseitigen Ausriss der ligamenta alaria, wobei häufig eine atlanto-occipitale Dislokation auftritt. • Obere Halswirbelsäule, C0-C2, von hinten Jeanneret Subtyp IV · Hinterhauptbein · Ligamenta alaria Durch welche Unfallmechanismen entstehen Kondylenverletzungen des Hinterhauptbeins? Die Verletzungen der Hinterhauptkondylen entstehen in der Regel durch schwere axiale Stauchungen, die auf die obere Halswirbelsäule einwirken. Welche Symptome zeigen sich bei dieser Verletzung? Je nach Frakturtyp zeigt sich eine Palette von leichten Symptomen, wie leichte Nacken- und Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindelgefühl. Wenn die lebenswichtigen Zentren in der medulla oblongata betroffen sind, kann der sofortige Tod eintreten. Je nach Frakturtyp können die unteren Hirnnerven betroffen sein (nervus abducens, nervus facialis, nervus hypoglossus). Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 05 Wie werden Kondylenfrakturen behandelt? Wenn es sich um isolierte Frakturen der Kondylen ohne Bandausrisse handelt, wird die Verletzung in der Regel konservativ durch Ruhigstellung durch eine Zervikalstütze oder einen Halo-Fixateur behandelt. Kondylenfrakturen mit starker Dislokation (Verschiebung) und Kompression (Einengung) des oberen Halsmarks müssen operativ dekomprimiert und stabilisiert werden. Die chirurgische Rekonstruktion des dislozierten Kondylenfragments erfolgt zum Beispiel durch eine vordere Reposition des verschobenen Fragments mit vorderer und zusätzlich hinterer Fusion, sowie der Dekompression des Halsmarks. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kondylenfraktur des Hinterhauptbeins (C0) · Verletzung der Wirbelsäule H 06 Der erste und zweite Halswirbel, Atlas (C1) und Axis (C2), heben sich im Gegensatz zu den anderen Wirbeln durch ihre Form deutlich ab, um die Befestigung und Beweglichkeit des Kopfes zu gewährleisten. • Atlas und Axis, von hinten gesehen Atlas (C1) mit · fovea articularis superior · vorderer Bogen (arcus anterior) · Dens axis · Hinterer Bogen (arcus posterior) · massa lateralis · Axis (C2) Der ringförmige Atlas (C1) ist der Träger des Kopfes und besteht aus den beiden Seitenstücken, massae laterales, die durch den vorderen und hinteren Bogen verbunden sind. Über die oberen Gelenkflächen (fovea articularis superior), die auf den Seitenmassiven (massae laterales) sitzen, ist der Atlas mit dem Hinterhauptbein des Schädels verbunden, wodurch das obere Kopfgelenk gebildet wird, das eine Vorwärts- und Rückwärtsneigung, sowie eine geringe Seitwärtsneigung des Kopfes ermöglicht. Nach unten ist der Atlas über die untere Gelenkflächen (fovea articularis inferior) mit dem 2. Halswirbel (axis) verbunden. • Atlas, 1. Halswirbel, von oben gesehen Anatomische Strukturen · massa lateralis (seitliche Knochenmassive, die nach oben die Gelenkflächen zum Hinterhauptbein und nach unten zum 2. Halswirbel (Axis) tragen. · arcus posterior, (hinterer Bogen) · processus transversus (Querfortsatz) · fovea articularis superior (Gelenkfläche zum Hinterhauptbein) · arcus anterior (vorderer Bogen) · tuberculum anterius · foramen magnum (Hinterhauptloch) Welche Frakturtypen gibt es? Die Frakturen des 1. Halswirbels (Atlas) werden nach Gehweiler in 5 Subtypen unterteilt: Typ I: Fraktur des vorderen Atlasbogens Bei diesem Frakturtyp handelt es sich um eine Abrissfraktur des tuberculum anterius des vorderen Atlasbogens, an dem ein Muskel der tiefen vorderen Halsmuskulatur (musculus longus colli) ansetzt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule H 06 Durch Hyperextension der Halswirbelsäule (massive Überstreckung nach hinten) wird der musculus longus colli stark angespannt, wodurch es zum knöchernen Ausriss des tuberculum anterius des Atlas kommen kann. Der isolierte Ausriss des tuberculum anterius atlantis stellt eine stabile Fraktur dar. • Fraktur des vorderen Atlasbogens Gehweiler Typ I Typ II: Fraktur des hinteren Atlasbogens Der Bruch des hinteren Atlasbogens kann durch Hyperextension, starke Flexion (Beugung) oder axiale Stauchung der Halswirbelsäule entstehen. Bei der axialen Stauchung kommt es zur Einkeilung des hinteren Atlasbogens zwischen den Gelenkmassiven des Hinterhauptbeins und dem 2. Halswirbel (axis), wodurch der hintere Atlasbogen gebrochen wird. Der isolierte Bruch des hinteren Atlasbogens ist ein stabiler Bruch. • Fraktur des hinteren Atlasbogens Gehweiler Typ II Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule H 06 Typ III: Kombinierte Frakturen des vorderen und hinteren Atlasbogens Der kombinierte Bruchtyp des vorderen und hinteren Atlasbogens wird auch als „Jefferson-Fraktur” bezeichnet. • Kombinierte Fraktur der Atlasbögen Gehweiler Typ III Typ IV: Fraktur der Massa lateralis. Bei der isolierten Fraktur eines der Gelenk tragenden Seitenmassive des Atlas (massa lateralis) handelt es sich um eine stabile Fraktur. • Fraktur der massae laterales Gehweiler Typ IV Typ V: Fraktur des Processus transversus. Die Querfortsätze des Atlas (processus transversus) sind Ansatzpunkte einiger Muskeln der seitlichen Gruppe der tiefen Hals- und Nackenmuskulatur. Nach unten ziehen zum Beispiel Anteile des musculus scalenus medius, nach oben zieht der musculus rectus capitis lateralis. Abrissfrakturen der Querfortsätze des Atlas sind stabile Brüche. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com H 06 • Fraktur des processus transversus Gehweiler Typ V • Ausschnitt der Halsmuskulatur, von vorn gesehen · Pars basilaris des Hinterhauptbeins · Warzenfortsatz (processus mastoideus) · Griffelfortsatz (processus styloideus) ·Musculus rectus capitis lateralis · Musculus rectus capitis anterior · Querfortsatz des Atlas (Processus transversus) · Musculus scalenus medius · Musculus longus capitis · Musculus longus colli · Tuberculum anterius atlantis Jefferson Frakturen des Atlas Kombinierte Frakturen des vorderen und hinteren Atlasbogens, entsprechend Gehweiler, Typ III, werden auch Jefferson Frakturen genannt. G. Jefferson hat diese Kombinationsbrüche des 1. Halswirbels 1920 erstmals beschrieben und in verschiedene Typen eingeteilt. Welche Formen der Jefferson Fraktur gibt es? Die klassische Jefferson Fraktur ist die 4-Part Fraktur, es können aber auch Frakturtypen mit 2 oder 3 Frakturteilen entstehen. • Jefferson Fraktur, 2-Part-Fraktur • Jefferson Fraktur, 3-Part-Fraktur • Jefferson Fraktur, 4-Part-Fraktur Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 06 Wie entstehen Jefferson Frakturen? Wenn Kräfte axial, wie bei einem Kopfsprung, auf die Halswirbelsäule wirken, werden diese Kräfte über die Gelenkmassive des Hinterhauptbeins (condyli occipitales) auf das obere Kopfgelenk weitergeleitet. Da in diesem Bereich keine Bandscheibe ist, muss der Atlas die einwirkenden Kräfte ohne Pufferwirkung verteilen. Die axial einwirkenden Kräfte werden durch die Neigung der Gelenkflächen der Kopfgelenke in Kräfte umgewandelt, die nach außen abgeleitet werden. Durch diese nach den Seiten gerichtete Umleitung der einwirkenden Energie kommt es zum Auseinanderbersten der Atlasbögen. Durch das seitliche Auseinanderweichen der Atlasbögen kann es zur Zerreißung des Ligamentum transversum atlantis kommen. Dieses Band gewährleistet die Stabilität des unteren Kopfgelenks zwischen 1. und 2. Halswirbel. Bei einer Zerreissung kommt es zur Instabilität mit möglicher Kompression des Rückenmarks durch Einengung des Rückenmarkkanals. • Atlas, von oben Ligamentum transversum · Hinterer Atlasbogen (arcus posterior) · Wirbelloch (foramen vertebrale) · Obere Gelenkfläche (fovea articularis superior) · Ligamentum transversum atlantis · Dens axis Welche Symptome gibt es bei Jefferson Frakturen? · Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule · Schiefhals · Schluckstörungen · Verletzungen des nervus glossopharyngeus und nervus occipitalis major · Bei instabilen Frakturtypen Kompression des Rückenmarks mit neurologischen Ausfällen · Verletzung der arteria vertebralis in 30 % der auftretenden Fälle Wie werden Frakturen des Atlas diagnostiziert? · Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen · Computer- oder Kernspintompgraphie Wie werden Frakturen des Atlas behandelt? Stabile, nicht verschobene Frakturen des Atlas können häufig konservativ durch Ruhigstellung mittels spezieller Zervikalstützen für 8 Wochen behandelt werden. Jefferson-Frakturen mit ligamentärer Zerreißung und daraus folgender seitlicher Verschiebung von C1 gegen C2 müssen zwingend operativ versorgt werden. Mögliche Operationsverfahren sind: · transorale Reposition und Osteosynthese von C1 nach Harms · C0/C2-Fusion Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Atlasfrakturen (C1) · Verletzung der Wirbelsäule H 07 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Atlanto-occipitale Dislokation (C0/C1) · Verletzung der Wirbelsäule Was ist eine Atlanto-occipitale Dislokation (C0/C1)? Bei der atlanto-occipitalen Dislokation handelt es sich um eine schwere Verletzung der oberen Kopfgelenke mit einer Dislokation (Verschiebung) der Gelenkanteile zwischen Hinterhauptbein und 1. Halswirbel, die selten auftritt. • Obere Halswirbelsäule, C0-C2, von hinten · Hinterhauptbein, (C0), (os occipitale) · Oberes Kopfgelenk (C0/C1), Gelenkkapsel entfernt · Oberes Kopfgelenk (C0/C1), mit Gelenkkapsel · Atlas (C1) · Axis (C2) Welche Typen dieser Verletzung gibt es? Man unterscheidet nach der Richtung der Verschiebung der Kondylenmassive des Hinterhauptbeins zum 1. Halswirbel folgende Dislokationstypen: · Typ I mit Verschiebung nach vorn (ventral) · Typ II mit Verschiebung nach hinten (dorsal) · Typ III mit axialer Distraktion des oberen Kopfgelenks · Typ IV mit Verschiebung zur Seite (lateral) Welche Symptome gibt es? · Ausgeprägte Weichteilschwellung im Bereich von Hals und Kopf · Ausfall der Hirnnerven VI-XII · Symptome des eingeklemmten Hirnstamms bis hin zur Lähmung der Atmungs- und Kreislaufzentren (Schnappatmung, Herzrhythmusstörungen) · Diese Verletzung führt häufig bereits am Unfallort zum Tod. · Wenn die Verletzung überlebt wird, zeigen sich oft bleibende neurologische Symptome bis hin zur Tetraplegie (Querschnittlähmung, bei der Arme und Beine betroffen sind) Wie wird diese Verletzung behandelt? Falls diese schwere Verletzung primär überlebt wird, kommen folgende Operationsverfahren zur Anwendung: . transorale C0/C1-Fusion . dorsale C0/C1-Fusion . falls erforderlich C0/C1/C2-Fusion Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Axisfraktur (C1) · Verletzung der Wirbelsäule Frakturen des Axis (C2) • Axis von hinten · Dens axis · Gelenkfläche zum 1. Halswirbel · corpus axis · Querfortsatz (processus transversus) · foramen transversarium · Wirbelbogen (arcus axis) · Dornfortsatz (processus spinosus) • Bandapparat des Dens axis, von hinten gesehen · Hinterhauptbein, os occipitale · Ligamentum apicis dentis · Ligamenta alaria · Dens axis Welche Frakturarten des 2. Halswirbels gibt es? Man unterscheidet: · Frakturen des Dens axis · Frakturen des corpus axis · Frakturen der Wirbelbögen Wie werden die Frakturen des dens axis eingeteilt? Frakturen des dens axis gehören zu den häufigsten Brüchen der Halswirbelsäule. Nach der Klassifikation von Anderson-D´Alonso gibt es drei Frakturtypen: Typ I Die Spitze des dens axis ist oberhalb des ligamentum transversum schräg gebrochen. Diese Fraktur kann bei einer atlanto-occipitalen Dislokation durch einen knöchernen Ausriss der ligamenta alaria entstehen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Axisfraktur (C1) · Verletzung der Wirbelsäule • Densfraktur Typ I nach Anderson-D´Alonso Typ II Dieser Frakturtyp verläuft nahe der Densbasis am Übergang zum Körper des Axis. Dieser Typ macht den größten Anteil der Densfrakturen aus. Da die Bruchfläche klein ist, sind diese Brüche oft gefährdet, schlecht zu heilen. Es kommt häufig in der Heilungsphase zu einer so genannten Pseudarthrosebildung, das heißt, einer bindegewebigen Überbrückung des Bruchspalts ohne knöcherne Ausheilung. • Densfraktur Typ II nach Anderson-D´Alonso Typ III Dieser Bruchtyp reicht bis in den Körper des Axis und entsteht durch ein Flexionstrauma. Bei diesem Trauma wird die einwirkende Kraft einer massiven Beugung auf das ligamentum tranversum des Atlas, das den dens axis umgibt, weitergeleitet. Wenn dieses Band bei Einwirkung der Kraft nicht reißt, wird die Energie auf den dens axis weitergeleitet, wodurch es dann zu diesem Bruchtyp kommt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Axisfraktur (C1) · Verletzung der Wirbelsäule • Densfraktur Typ III nach Anderson-D´Alonso Wie entstehen Frakturen des dens axis? Densfrakturen können durch Hyperextensionstraumata (massive Rückwärtsneigung) entstehen, die zu einer Luxationstendenz des Atlas nach hinten führen. Densfrakturen durch Hyperflexionstraumata (massive Vorwärtsneigung) verursachen eine Luxationstendenz des Atlas nach vorn. Welche Symptome gibt es bei Densfrakturen? · Nackenschmerzen · Schluckbeschwerden · Neurologische Ausfälle Wie werden Densfrakturen diagnostiziert? · Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen · Transorale Densaufnahme · Eventuell seitliche Funktionsaufnahme zur Stabilitätsbeurteilung · Konventionelle Schichtaufnahmen · Computertomographie Wie werden Densfrakturen behandelt? Die Behandlung der Densfrakturen ist vom Typ und der Stabilität der jeweiligen Fraktur abhängig. Bei stabilen Frakturen kann konservativ durch Reposition und Ruhigstellung in einem Halo-Fixateur für 16 Wochen behandelt werden. Ein Halo-Fixateur ist ein spezielles Festhalte- und Spannsystem, das zur Ruhigstellung von konservativ zu behandelnden Frakturen der oberen Halswirbelsäule verwendet wird. Hierzu wird nach Reposition der bestehenden Fraktur ein Kopfring aus Carbon oder Aluminium mit mehreren Schrauben oberhalb der Ohrmuschellinie im Schädelknochen fixiert. Dieser Haloring wird über Längsträger fest mit einer Haloweste verbunden. Durch dieses System ist die Halswirbelsäule bedingt mit einer Restbeweglichkeit von ca. 30 % ruhig gestellt und der Bruch kann in stabiler Position ausheilen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 08 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Axisfraktur (C1) · Verletzung der Wirbelsäule · Typ I Frakturen mit Ausriss der ligamenta alaria werden durch eine Fusionsoperation behandelt. · Typ II Frakturen werden nach folgenden Methoden operativ versorgt: · klassische operative Behandlung durch eine ventrale Verschraubung nach Böhler oder · durch eine Osteosynthese C1/C2 mit oder ohne Fusion, wobei sich ein ventraler (vorderer) Zugang bei jungen Menschen mit guter Knochenqualität anbietet. Der ventrale Operationszugang gestaltet sich bei Hyperextensionsfrakturen meist sehr schwierig. Bei dieser Operation ist ein dorsaler (hinterer) Zugang bei alten Menschen mit schlechter Knochenqualität und bei einem vorliegenden Hyperextensionstrauma indiziert. · Typ III Frakturen werden überwiegend konservativ im Halo-Fixateur therapiert. Wir empfehlen immer die operative Reposition mit C1/C2 Instrumentation in Harms-Technik. Ob eine zusätzliche Fusion (Versteifung) erforderlich ist, hängt von der Unversehrtheit des Kopfgelenks ab. Frakturen des Axiskörpers Die Brüche des Axiskörpers gibt es nur selten als eigenständigen Bruchtyp. Meistens zeigen sich Ausläufer von Densfrakturen oder Brüchen der Densbögen, die in den Körper hineinstrahlen, wobei die Differenzierung oft schwierig ist. Brüche des Axiskörpers entstehen durch Hyperextension oder Kompression. Die reinen Axiskörperbrüche sind im konventionellen Röntgenbild meist schwer zu erkennen, weshalb zum sicheren Ausschluss eine Computertomographie erfolgen sollte. Je nach vorliegendem Befund kann die Therapie einer Fraktur des Axiskörpers konservativ über einen HaloFixateur oder durch eine Fusionsoperation erfolgen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 09 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Atlanto-axiale Dislokation (C1/C2) · Verletzung der Wirbelsäule Bei dieser Verletzung handelt es sich um eine Verschiebung (Dislokation) zwischen den beiden ersten Halswirbeln, die durch eine Zerreißung der stabilisierenden Bänder, durch Frakturen einer der beiden Wirbel oder durch eine Kombinationsverletzung entstehen kann. Der 1. und 2. Halswirbel sind über Gelenke und Bänder miteinander verbunden und bilden das untere Kopfgelenk C1/C2. Der komplexe Bandapparat, insbesonders die ligamenta alaria, das ligamentum transversum atlantis und das ligamentum cruciforme gewährleisten die stabile Führung der beiden Wirbel in ihren Gelenkflächen. • 1. und 2. Halswirbel (Atlas und Axis) Atlas (C1) mit: · fovea articularis superior · vorderer Bogen (arcus anterior) · Dens axis · Hinterer Bogen (arcus posterior) · massa lateralis · Axis (C2) • Bandapparat des unteren Kopfgelenks · os occipitale · ligamentum cruciforme atlantis, crus superius · ligamenta alaria · 1. Halswirbel, (Atlas) · ligamentum cruciforme · 2. Halswirbel, (Axis) • Atlas, Ligamentum transversum · Hinterer Atlasbogen (arcus posterior) · Wirbelloch (foramen vertebrale) · Obere Gelenkfläche (fovea articularis superior) · Ligamentum transversum atlantis · Dens axis Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 09 Welche Formen der Dislokation gibt es? · Ventrale translatorische atlanto-axiale Dislokation, häufig bei Ausriss des ligamentum transversum des Atlas · Rotatorische atlanto-occipitale Dislokation, bei der es durch die einwirkende traumatisierende Kraft zu einer Verdrehung von Atlas und Axis gegeneinander kommt. Rotatorische atlanto-occipitale Instabilitäten können bei der Rheumatoiden Arthritis durch entzündliche Zerstörung des Bandapparats ohne Trauma auftreten. Wie wird die Diagnose gestellt? · Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen mit transoraler Aufnahme des dens axis zur Beurteilung des atlanto-dentalen Gelenkspalts. · Computertomographie oder Magnetresonanztomographie zur Beurteilung knöcherner oder ligamentärer Verletzungen. · bei alten Verletzungen ist die Durchführung eines Dvorak-CT oder MRT in maximaler Rechts- und Linksflexion zur genauen Beurteilung erforderlich. Wie wird diese Verletzung behandelt? Rotatorische atlanto-axiale Dislokationen werden in der Regel folgendermaßen behandelt: · frische C1/C2 Luxationen werden reponiert und konservativ im Halo-Fixateur für 16 Wochen therapiert. · veraltete Luxationen werden immer zunächst durch einen konservativen Behandlungsversuch mit Reposition in Narkose und Ruhigstellung im Halo-Fixateur behandelt. · Wenn eine Reposition unmöglich ist, sollte zunächst eine Vorbehandlung durch Haloextension für 14 Tage erfolgen, anschließend erfolgt eine dorsale Reposition und Instrumentation C1/C2, in der Mehrzahl der Fälle mit einer definitiven Fusion. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Atlanto-axiale Dislokation (C1/C2) · Verletzung der Wirbelsäule H 10 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Traumatische Spondylolyse C2, hangman´s fracture (traumatische Spondylolisthesis C2/C3) · Verletzung der Wirbelsäule Um welche Verletzung handelt es sich? Bei der traumatischen Spondylolyse C2 handelt es sich um Frakturen der Bogenwurzeln des 2. Halswirbels (Axis), die durch Hyperextension (Überstreckung) und Distraktion (Auseinanderziehen) entstehen. Dieser Frakturtyp ist die typische Verletzung beim Erhängen, weshalb dieser Bruch auch „hangman´s fracture“ genannt wird. • 2. Halswirbel, Axis · Dens axis · Gelenkfläche zum Atlas (processus articularis superior) · Gelenkfläche zum 3. Halswirbel · Wirbelbogen, arcus axis • Bogenfraktur des Axis Welche Symptome können bei dieser Verletzung auftreten? Ein durch Erhängen verursachter Bruch führt zur Zerreißung der medulla oblongata (verlängertes Rückenmark), der Bandscheibe und dem Bandapparat zwischen dem 2. und 3. Halswirbel. Wirbelbögenbrüche, die aus anderen Unfallursachen entstehen, können mit schwersten neurologischen Ausfällen, teilweise auch ohne neurologische Symptome auftreten, da der Abbruch der Wirbelbögen den Rückenmarkkanal noch weiter macht und es dadurch zu einer Dekompression des Rückenmarks kommt. Dieser Mechanismus wird auch als „rettende Bogenwurzelfraktur“ genannt. Häufig findet sich auch eine Verletzung der arteria vertebralis. Wie wird diese Verletzung festgestellt? Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen, Funktionsaufnahmen und die Computertomographie ermöglichen die Diagnosestellung. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 10 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Traumatische Spondylolyse C2, hangman´s fracture (traumatische Spondylolisthesis C2/C3) · Verletzung der Wirbelsäule Wie werden die Wirbelbogenfrakturen des 2. Halswirbels eingeteilt? Effendi hat 1981 eine Klassifikation dieser Frakturen eingeführt, die folgende Subtypen unterscheidet: Effendi Typ I Bei diesem Typ handelt es sich um eine isolierte Fraktur der Bogenwurzeln des Axis. Die Bandscheibe zum 3. Halswirbel ist intakt, der Axiskörper ist nur gering verschoben. Dieser Frakturtyp ist stabil. • Axisbogenfraktur, Effendi Typ I Effendi Typ II Bei den Effendi Typ II Frakturen des Axis kommt es zu einer Dislokation der Bruchfragmente mit Beteiligung der Bandscheibe C2/C3. In Abhängigkeit von der einwirkenden Kraft kommt es zur Abkippung des vorderen Wirbelanteils nach hinten oder vorn, beziehungsweise zu einer Verschiebung des anterioren Axisanteils nach vorn. • Dorsale Kippung, Axisbogenfraktur, Effendi Typ II Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 10 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Traumatische Spondylolyse C2, hangman´s fracture (traumatische Spondylolisthesis C2/C3) · Verletzung der Wirbelsäule • Anteriore Kippung, Axisbogenfraktur, Effendi Typ II • Verschiebung nach vorn, Axisbogenfraktur, Effendi Typ II Effendi Typ III Die Typ III Frakturen zeigen eine Abkippung des vorderen Bruchstücks des Axis nach ventral, eine Zerreißung der Bandscheibe C2/C3, zusätzlich kommt es zur Luxation der Wirbelgelenke C2/C3. • Axisbogenfraktur, Effendi Typ III Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 10 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Traumatische Spondylolyse C2, hangman´s fracture (traumatische Spondylolisthesis C2/C3) · Verletzung der Wirbelsäule Wie erfolgt die Behandlung dieser Verletzung? Bei der Behandlung dieser Frakturtypen ist das Ausmaß der Bandscheibenverletzung für das therapeutische Vorgehen entscheidend. Bei einer Fraktur ohne oder mit geringer Bandscheibenbeteiligung gibt es zwei Therapiemöglichkeiten: · konservative Behandlung mit Ruhigstellung im Halo-Fixateur für 12 Wochen · operativ durch eine direkte C2 Verschraubung nach Judet Bei einer nachgewiesenen gravierenden Beteiligung der Bandscheibe ist die Versteifung von C2/C3 indiziert, wobei dieser Eingriff von dorsal oder ventral durchgeführt werden kann. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 11 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) · Verletzung der Wirbelsäule Verletzungen der unteren Halswirbelsäule sind schwerwiegend und treten häufig in Kombination mit neurologischen Komplikationen auf. • Halswirbelsäule seitlich (C1-Th1) • Halswirbelsäule von hinten (C1-C7) Wie werden die Frakturen der unteren Halswirbelsäule eingeteilt? Aebi hat in Anlehnung an die AO Klassifikation eine Einteilung der Frakturen der unteren Halswirbelsäule (C3-C7) eingeführt, die sich auf die vordere Säule (Wirbelkörper und Bandscheibe) und die posterioren (hinteren) Elemente des Wirbels (Wirbelgelenke und Bandapparat) bezieht. • Vordere und hintere Elemente des Wirbels Typ A Frakturen - sind Verletzungen, die sich vorwiegend im Bereich der vorderen Säule befinden: A1: A1.1: A1.2: A1.3: rein oder vorwiegend knöcherne Verletzung gleichmäßige Kompression Kantenabbruch ohne sichtbare Bandverletzung Keilfraktur ohne sichtbare Bandverletzung A2: A2.1: A2.2: A2.3: osteoligamentäre Läsion Wirbelkörperfraktur, mehrfragmentär, eine Deckplatte betroffen, 1 Bandscheibe verletzt A2.1 + 2 Bandscheiben betroffen Trümmerfraktur, Hinterwand weniger als 3 mm disloziert, hintere Elemente nicht sichtbar verletzt Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 11 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) · Verletzung der Wirbelsäule A3: rein oder vorwiegend ligamentäre Läsion A3.1: Zerreißung des vorderen Längsbandes und der Bandscheibe A3.2: traumatische Diskushernie Typ B Frakturen - sind Verletzungen, die sich vorwiegend im Bereich der posterioren Elemente befinden: B1: B1.1: B1.2: B1.3: rein oder vorwiegend ossäre Läsion isolierte Fraktur der hinteren Elemente (1) Dornfortsatz (2) Bogen (3) beides Fraktur der kleinen Wirbelgelenke ohne Dislokation (1) unilateral (2) bilateral Kombination von B1.1 und B1.2 (1) Dornfortsatz (2) Bogen (3) beides B2: B2.1: osteoligamentäre Läsion Fraktur der hinteren Elemente mit Subluxation (1) Dornfortsatz (2) Bogen (3) beides B2.2: B2.3: Facettenfraktur (Abscherung)+Subluxation der Nachbarfacetten (1) unilateral (2) bilateral Ausbruch der Massa articularis (Bruch durch Pedikel und Bogen) (1) unilateral (2) bilateral B3: B3.1: B3.2: rein oder vorwiegend ligamentäre Läsion Ruptur hinterer Bandkomplex mit Subluxation in den Wirbelgelenken (bilateral) Ruptur hinterer Bandkomplex mit asymmetrischer Subluxation in den Wirbelgelenken (unilateral) Typ C Frakturen - sind Verletzungen, die sowohl die vordere Säule als auch die hinteren Elemente betreffen: C1: reine oder vorwiegend ossäre Läsion C1.1: Berstungsfraktur des Wirbelkörpers in Kombination mit Berstungsfraktur der hinteren Elemente (Bogen, Dornfortsatz) C1.2: horizontale Fraktur durch Wirbelkörper mit Berstung der hinteren Elemente (Bogen, Dornfortsatz) C2: osteoligamentäre Läsion C2.1: Luxationsfraktur mit Fraktur in den hinteren Elementen (1) Bogen +/oder Processus spinosus Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. H 11 C2.2: (2) Facettenfraktur (3) (1) + (2) kombiniert Keilfraktur des Wirbels mit Zerreißung des hinteren Ligamentkomplexes (1) osteoligamentär (2) rein ligamentär C2.3: Wirbelkörperfraktur (Spaltung im vorderen oberen Anteil + hinteres Fragment mit Dislokation größer als 3 mm im Spinalkanal) (tear drop fracture) (1) osteoligamentär (2) rein ligamentär C3: C3.1: C3.2: C3.3: reine oder vorwiegend ligamentäre Verletzung reine Luxation unilateral verhakt reine Luxation bilateral verhakt Zerreißung des Diskus und Luxation nach dorsal mit Zerreißung des hinteren Ligamentkomplexes Welche Symptome kann es bei Brüchen der unteren Halswirbelsäule geben? In Abhängigkeit vom vorliegenden Frakturtyp können folgende Symptome vorliegen: · Schmerzen (lokal, bewegungsabhängig, ausstrahlend) · Medulläre Symptome mit inkomplettem oder komplettem Querschnitt · Radikuläre Symptomatik · Halsumfangsvermehrung durch prävertebrale Einblutung · Spinaler Schock · Spezifische Symptome der zusätzlichen Begleitverletzungen Wie wird die Diagnose gestellt? Bei Verdacht auf eine Halswirbelfraktur setzt das Management des Unfallverletzten ein sehr behutsames Vorgehen voraus. Die Untersuchung, Lagerung und Transport müssen so sicher und schonend erfolgen, dass durch die Manipulationen keine Verschlechterung des Ausgangszustands provoziert wird. Die klinische und neurologische Untersuchung ergibt Hinweise auf: · Die Höhenlokalisation der Verletzung (Kennmuskeln, Reflexstatus, Sensomotorischer Status) · Medulläre oder radikuläre Symptomatik · Eventuell vorliegende Begleitverletzungen Die radiologische Diagnostik erfolgt über konventionelle Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen, wobei die Halswirbelsäule schonend unter Zug gehalten werden sollte. Die wichtigsten Zeichen der Instabilität im konventionellen Röntgen sind: · Segmentale sagittale Verschiebung · Erweiterung des Bandscheibenraums · Subluxation der Facettengelenke · Verbreiterung des prävertebralen Weichteilschattens als Zeichen einer Einblutung. · Knöcherner Abriss der grundplattennahen Wirbelvorderkante (Tear-drop Zeichen) als Hinweis auf eine vorliegende discoligamentäre Instabilität. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) · Verletzung der Wirbelsäule H 11 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der unteren HWS (C3-C7) · Verletzung der Wirbelsäule Die Computertomographie mit Rekonstruktionsaufnahmen ermöglicht eine exakte Darstellung der zerstörten Wirbelanteile, mit der Magnetresonanztomographie können die bestehenden Verletzungen des Rückenmarks, der Spinalnerven und des Bandapparats gut dargestellt werden. Wie werden die Verletzungen der unteren Halswirbelsäule behandelt? Bei Verdacht auf eine Halswirbelverletzung muss umgehend eine sichere Ruhigstellung durch steife Orthesen (zum Beispiel stiff-neck) bis zur definitiven Diagnosestellung gewährleistet werden. Absolute Indikation zur operativen Versorgung besteht bei: · Kompletter Tetraplegie · Inkomplettem Querschnittsyndrom · Frakturen mit radikulären Ausfällen durch Wurzelkompression · Instabilen Frakturen ohne neurologische Komplikation Je nach Ausgangsbefund kommen Operationsverfahren mit dorsalem oder ventralem Zugang zur Anwendung. · Ventrale Fusion nach Cloward-Robinson . Ventrale Corporektomie und Überbrückungsspondylodese mit Titankorb und Platte . Ventro-dorsale Repositions-Spondylodese mit ventraler und dorsaler Instrumentation . Alleinige dorsale Reposition und Fusion · Dorsale Dekompression mit dorsal instrumentierter Fusion Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs Die meisten Verletzungen der Wirbelsäule treten im Bereich des thorakolumbalen Übergangs, dem Bereich zwischen unterer Brustwirbelsäule und oberer Lendenwirbelsäule auf, wobei mehr als die Hälfte aller Wirbelfrakturen den 12. Brustwirbel und 1. Lendenwirbel betreffen. Die Häufigkeit der Wirbelfrakturen in diesem Bereich ergibt sich aus den besonderen biomechanischen Faktoren, die durch den Übergang der physiologischen Krümmungen der Wirbelsäule (Lendenlordose, Brustkyphose) in diesem Areal entstehen. • Wirbelsäule seitlich und von hinten · 1. Brustwirbel · 12. Brustwirbel · 1. Lendenwirbel · 5. Lendenwirbel • Brustwirbelsäule seitlich · 1. Brustwirbel (Th1) · 12. Brustwirbel (Th12) • Lendenwirbelsäule seitlich · 1. Lendenwirbel (L1) · 5. Lendenwirbel (L5) · Kreuzbeinwirbel (S1) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs Wie werden die Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule eingeteilt? Böhler führte 1929 erstmals eine Klassifizierung der Wirbelfrakturen ein, die 5 Subtypen unterschieden hat. In der Folgezeit wurden unterschiedliche Einteilungen der Wirbelfrakturen vorgenommen, die Bezug auf den Frakturtyp oder den Frakturmechanismus nahmen (zum Beispiel Klassifikationen nach Denis oder Ferguson und Allen). Bei allen Verletzungen der Wirbelsäule können die knöchernen und Bandstrukturen des vorderen und hinteren Bereichs des Wirbelsegments sowie die Bandscheibe beteiligt sein. • Bewegungssegment seitlich, Bandapparat · Ligamentum longitudinale anterius, Vorderes Längsband · Ligamentum longitudinale posterius, Hinteres Längsband · Ligamentum supraspinale, Dornspitzenband · Ligamentum interspinale, Zwischendornfortsatzband · Ligamentum flavum, gelbes Band · Bandscheibe • Bandapparat Brustwirbelsäule · Querfortsatz, processus transversus · Ligamentum longitudinale anterius, Vorderes Längsband · Ligamentum costotransversarium, Zwischenrippenband · Ligamentum intertransversarium, Zwischenquerfortsatzbänder · Rippe, costa 1994 hat F. P. Magerl eine Klassifikation zur Beurteilung von Verletzungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule eingeführt, die bis heute üblicherweise zur Beurteilung herangezogen wird. Diese Klassifikation berücksichtigt die Kräfte, die bei einer Verletzung auf die Wirbelsäule einwirken (Kompressions, Distraktions- und Translations/Rotationskräfte) und die typischen Verletzungsmuster, die an den Wirbeln, Bandscheiben und dem Bandapparat durch den Verletzungsmechanismus verursacht werden. Man unterscheidet: Typ A Verletzungen, die durch Kompressionskräfte verursacht werden, Typ B Verletzungen entstehen bei einwirkenden Distraktionskräften, Typ C Verletzungen treten bei Rotationskräften auf. Die drei Verletzungstypen A, B und C sind jeweils in drei Gruppen mit je drei zusätzlichen Untergruppen aufgeteilt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs Typ-A-Verletzungen: Wirbelkörperkompression (Kompressionsverletzung) Typ A stellt Verletzungen dar, die durch axiale Kräfte verursacht werden und den Wirbelkörper bei intakten dorsalen Bandstrukturen betreffen: • Typ A Verletzung A1: Impressionsbrüche (Impaktionsbrüche), bei denen es zu Deckplatteneinbrüchen ohne Beteiligung der Wirbelhinterkante kommt. Man unterscheidet: A1.1: Deckplattenimpression • Deckplattenimpression Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs A1.2: Keilbruch A1.2.1: kranialer Keilbruch • kranialer Keilbruch A1.2.2: seitlicher Keilbruch A1.3: Wirbelkörperimpaktion • Wirbelkörperimpaktion Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs A2: Spaltbrüche, die sich durch eine Spaltbildung in der Sagittal- oder Frontalebene auszeichnen, der Verschiebungsgrad der einzelnen Fragmente ist unterschiedlich stark ausgeprägt. A2.1: sagittaler Spaltbruch A2.2: frontaler Spaltbruch • frontaler Spaltbruch A2.3: Kneifzangenfraktur • Kneifzangenfraktur Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs A3: Berstungsbrüche zeigen häufig eine Zertrümmerung des Wirbelkörpers mit Beteiligung der Wirbelhinterkante bei intaktem dorsalem Bandapparat. Die A3 Frakturen sind oft instabil und zeigen durch die Verlagerung der hinten liegenden Frakturfragmente mit Anteilen der Bandscheibe in den Rückenmarkkanal neurologische Symptome durch die Kompression des Rückenmarks. A3.1: inkompletter Berstungsbruch A3.1.1: kranialer inkompletter Berstungsbruch • kranialer inkompletter Berstungsbruch A3.1.2: seitlicher inkompletter Berstungsbruch A3.1.3: kaudaler inkompletter Berstungsbruch A3.2: Berstungsspaltbruch A3.2.1: kranialer Berstungsspaltbruch • kranialer Berstungsspaltungsbruch • kranialer Berstungs- spaltungsbruch, von hinten • kranialer Berstungsspaltungsbruch, seitlich Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs A3.2.2: seitlicher Berstungsspaltbruch A3.2.3: kaudaler Berstungsspaltbruch A3.3: kompletter Berstungsbruch A3.3.1: Kneifzangenberstungsbruch A3.3.2: kompletter Flexionsberstungsbruch A3.3.3: kompletter axialer Berstungsbruch • kompletter axialer Berstungsbruch, von hinten • kompletter axialer Berstungsbruch, seitlich Typ-B-Verletzungen: Verletzungen der vorderen und hinteren Wirbelelemente mit Distraktion (Distraktionsverletzungen) Bei der Typ B Verletzung kommt es durch die Distraktion zur Zerreißung der vorderen und/oder hinteren Elemente des Bewegungssegments. • Typ B Verletzung Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs B1: dorsale Zerreißung durch die Intervertebralgelenke (Flexion-Distraktion) B1.1: mit Zerreißung der Bandscheibe B1.1.1: Flexionssubluxation • Flexionssubluxation B1.1.2: vordere Luxation • vordere Luxation Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs B1.1.3: Flexionssubluxation oder vordere Luxation mit Fraktur der Gelenkfortsätze • Flexionssubluxation oder vordere Luxation mit Fraktur der Gelenkfortsätze B1.2: mit Fraktur des Wirbelkörpers vom Typ A Flexionssubluxation Typ B1.2.1 und kranialem Keilbruch Typ A1.2.1 • Kombinationsverletzung aus Flexionssubluxation Typ B1.2.1 und kranialem Keilbruch Typ A1.2.1 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs Flexionssubluxation B1.2.1 mit Kneifzangenfraktur vom Typ A2.3 • Kombinationsverletzung - Flexionssubluxation Typ B1.2.1. mit Kneifzangenfraktur Typ A2.3 Flexionssubluxation B1.2.1 mit kranialem inkompletten Berstungsbruch Typ A3.1.1 B1.2.2: vordere Luxation mit kranialem Keilbruch vom Typ A1.2.1 • Typ B1.2.2. vordere Luxation mit kranialem Keilbruch Typ A1.2.1 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 10 · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs B1.2.3: Flexionssubluxation mit Fraktur der Gelenkfortsätze und Wirbelkörperfraktur • Flexionssubluxation mit Fraktur der Gelenkfortsätze und Wirbelkörperfraktur B2: dorsale Zerreißung durch den Wirbelbogen (Flexion-Distraktion) B2.1: horizontale Zerreißung des Wirbels • horizontale Zerreißung des Wirbels Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 11 · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs B2.2: Flexionsspondylolyse mit Zerreißung der Bandscheibe • Flexionsspondylolyse mit Zerreißung der Bandscheibe B2.3: Flexionsspondylolyse mit Wirbelkörperfraktur • Flexionsspondylolyse mit Wirbelkörperfraktur Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 12 · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs B3: ventrale Zerreißung durch die Bandscheibe (Hyperextensionsscherverletzung) B3.1: Hyperextensionssubluxation B3.1.1: ohne Gelenkfortsatzfraktur • ventrale Zerreißung durch die Bandscheibe ohne Gelenkfortsatzfraktur B3.1.2: mit Gelenkfortsatzfraktur oder Fraktur der Bogenwurzeln B3.2: Hyperextensionsspondylolyse • Hyperextensionsspondylolyse Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 13 · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs B3.3: hintere Luxation (eine der schwersten Verletzungen der Wirbelsäule, die oft mit einer k ompletten Querschnittlähmung verbunden ist) • hintere Luxation Typ-C-Verletzungen: Verletzungen der vorderen und hinteren Wirbelelemente mit Rotation (Rotationsoder Torsionsverletzung) Typ C Verletzungen sind entweder Typ A Verletzungen in Kombination mit zusätzlicher Rotation oder Typ B Verletzungen in Kombination mit Rotation und Scherfrakturen. Sie sind meistens instabil und zeigen eine hohe Rate an neurologischen Komplikationen. • Typ C Verletzung Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 14 · Verletzung der Wirbelsäule C1: H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs Typ A mit Rotation C1.1: Rotationskeilbruch • Rotationskeilbruch, von vorn • Rotationskeilbruch, seitlich • Rotationskeilbruch, von hinten • Wirbelkörperseparation, seitlich • Wirbelkörperseparation, Aufsicht C1.2: Rotationsspaltbruch C1.2.1:sagittaler Rotationsspaltbruch C1.2.2:frontaler Rotationsspaltbruch C1.2.3:Rotationskneifzangenfraktur C1.2.4:Wirbelkörperseparation • Wirbelkörperseparation, von vorn Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 15 · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs C1.3: Rotationsberstungsbruch C1.3.1:inkompletter Rotationsberstungsbruch C1.3.2:Rotationsberstungsspaltbruch C1.3.3:kompletter Rotationsberstungsbruch • kompletter Rotationsberstungsbruch, • kompletter Rotationsberstungsbruch, • kompletter Rotationsberstungsbruch, C2: Typ B1 mit Rotation C2.1: Typ B1 mit Rotation C2.1.1:Rotationsflexionssubluxation • Rotationsflexionssubluxation, von vorn • Rotationsflexionssubluxation, seitlich Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 16 · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs C2.1.2:Rotationsflexionssubluxation mit Gelenkfortsatzfraktur C2.1.3:einseitige Luxation • einseitige Luxation, von hinten • einseitige Luxation, seitlich C2.1.4:vordere Rotationsluxation ohne/mit Gelenkfortsatzfraktur C2.1.5:Rotationsflexionssubluxation ohne/mit Gelenkfortsatzfraktur mit Wirbelkörperbruch C2.1.6:einseitige Luxation mit Wirbelkörperbruch C2.1.7:vordere Rotationsluxation ohne/mit Gelenkfortsatzfraktur mit Wirbelkörperbruch C2.2: Typ B2 mit Rotation C2.2.1:horizontale Zerreißung des Wirbelkörpers mit Rotation • horizontale Zerreißung des Wirbelkörper mit Rotation, seitlich gesehen • horizontale Zerreißung des Wirbelkörper mit Rotation, von hinten Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 17 · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs C2.2.2:Rotationsflexionsspondylolyse mit Zerreißung der Bandscheibe C2.2.3:Rotationsflexionsspondylolyse mit Wirbelkörperfraktur C2.3: Typ B3 mit Rotation C2.3.1:einseitige Hyperextensionssubluxation ohne/mit Gelenkfortsatz- oder Bogenwurzelfraktur C2.3.2:einseitige Hyperextensionsspondylolyse C2.3.3:hintere Rotationsluxation C3: Rotationsscherbrüche C3.1: Slicefraktur (Holdsworth) C3.2: Rotationsschrägbruch • Rotationsschrägbruch Welche Symptome kann es bei Brüchen der Brust- und Lendenwirbelsäule geben? Die Instabilität der Wirbelsäulenverletzungen und damit die Gefahr von neurologischen Komplikationen nehmen vom Typ A nach Typ C zu. In Abhängigkeit vom vorliegenden Frakturtyp können folgende Symptome vorliegen: · Schmerzen (lokal, bewegungsabhängig, ausstrahlend) · Medulläre Symptome mit inkomplettem oder komplettem Querschnitt · Radikuläre Symptomatik · Spinaler Schock · Spezifische Symptome der zusätzlichen Begleitverletzungen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 18 · Verletzung der Wirbelsäule H 12 Wie wird die Diagnose gestellt? Bei Verdacht auf eine Wirbelfraktur setzt das Management des Unfallverletzten ein sehr behutsames Vorgehen voraus. Die Untersuchung, Lagerung und Transport müssen so sicher und schonend erfolgen, dass durch die Manipulationen keine Verschlechterung des Ausgangszustands provoziert wird. Die klinische und neurologische Untersuchung ergibt Hinweise auf: · Die Höhenlokalisation der Verletzung (Kennmuskeln, Reflexstatus, Sensomotorischer Status) · Medulläre oder radikuläre Symptomatik · Eventuell vorliegende Begleitverletzungen Die radiologische Diagnostik erfolgt über konventionelle Röntgenaufnahmen der Brust- oder Lendenwirbelsäule in 2 Ebenen, wobei durch die bestehenden Schmerzen des Unfallverletzten oft nur eine ungenügend exakte Einstellung der Bildebenen erfolgen kann, wodurch die Aussagekraft der Röntgenbilder deutlich vermindert wird. Die Computertomographie mit Rekonstruktionsaufnahmen ermöglicht eine exakte Darstellung der zerstörten Wirbelanteile, mit der Magnetresonanztomographie können die bestehenden Verletzungen des Rückenmarks, der Spinalnerven und des Bandapparats gut dargestellt werden. Wie werden Brust- und Lendenwirbelbrüche behandelt? Ziele der operativen Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen: · Bei einem inkompletten oder kompletten Querschnittsyndrom muss eine rasche Dekompression des gequetschten Rückenmarks und der Spinalnerven erfolgen, um die vorhandene neurologische Symptomatik zu verbessern oder keine weitere Verschlechterung zu provozieren. · Die Stabilität der Wirbelsäule muss wiederhergestellt werden. · Die achsengerechte Stellung der Wirbelsäule, inbesonders das sagittale Profil mit den physiologischen Wirbelsäulenkrümmungen( Lordose/Kyphose), muss rekonstruiert werden. · Eine erforderliche Fusionsstrecke (Segmente der Versteifung) muss so gewählt werden, dass die Stabilität der Versorgung sicher gewährleistet ist, aber so wenige Bewegungssegmente wie möglich versteift werden. · Frühe Mobilisation und Rehabilitation, um eine rasche Reintegration des Verletzten in sein gewohntes privates und berufliches Umfeld zu garantieren. Stabile Frakturen der Brust- oder Lendenwirbelsäule ohne neurologische Komplikationen, wie zum Beispiel Impaktionsbrüche des Typs A1 werden konservativ behandelt. Instabile Brüche, wie zum Beispiel Berstungsfrakturen des Typ A 3, Flexions-Distraktionsverletzungen des Typ B oder Rotationsverletzungen des Typ C werden operativ versorgt. In Abhängigkeit von der Lokalisationshöhe und vom Ausmaß der Schädigung von Rückenmark und Spinalnerven gibt es verschiedene Operationsverfahren zur Stabilisierung der Brust- und Lendenwirbelfrakturen, die über einen dorsalen (von hinten), ventralen (von vorn) oder einen kombinierten dorso-ventralen Operationszugang durchgeführt werden. Folgende Operationsverfahren werden bei der operativen Versorgung von Brust- und Lendenwirbelbrüchen häufig eingesetzt: · Ventrale Dekompression und ventral instrumentierte Spondylodese · Ventrale Dekompression, ventrale Abstützung mit dorsaler Kompressionsspondylodese · Dorsale Dekompression, dorsale Stabilisation, ventrale Abstützung und dorsale Kompressionsspondylodese Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 19 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Verletzungen der BWS, LWS und des thorakolumbalen Übergangs · Verletzung der Wirbelsäule H 13 Was bedeutet „posttraumatische Deformität“? Von einer posttraumatischen Deformität spricht man, wenn ein Wirbelbruch nach erfolgter Behandlung ein unzureichendes Therapieergebnis zeigt. Welche Ursachen für die Entstehung einer posttraumatischen Deformität gibt es? · Nach konservativer Behandlung Eine Fehlstellung kann entstehen, wenn der vorliegende Frakturtyp falsch eingeschätzt wurde (stabile/instabile Fraktur) oder eine Fraktur übersehen wird. · Nach operativer Versorgung können Fehlstellungen entstehen, wenn · der Frakturtyp falsch eingeschätzt wird. · das gewählte Operationsverfahren dem Frakturtyp nicht angepasst ist. · es zu einer postoperativen Lokalinfektion kommt, die eine stabile knöcherne Ausheilung des Bruchs verhindert. · es zu einer posttraumatischen Osteonekrose kommt, bei der es sich um ein Absterben von Knochengewebe in Folge von lokalen Durchblutungsstörungen im Bereich des Bruchs handelt, wodurch eine knöcherne Ausheilung verhindert wird. Wie können Komplikationen im Sinne der posttraumatischen Deformität vermieden werden? · Verständnis der pathomechanischen Grundlagen, die für die Funktion des Bewegungssegments von entscheidender Bedeutung sind (tension band System/load sharing Prinzip). · Beachtung und Umsetzung dieser biomechanischen Grundlagen bei der Frakturversorgung Was muss bei der Korrektur posttraumatischer Deformitäten bedacht werden? Korrektureingriffe bei posttraumatischen Deformitäten, so genannte „Salvage-Verfahren“ („Rettungsoperation“), sind gerade bei bereits voroperierten Wirbelbefunden technisch sehr anspruchsvoll und häufig mit einer hohen neurologischen Komplikationsrate verbunden, weshalb solche Eingriffe ausschließlich in dafür eingerichteten Spezialkliniken durchgeführt werden sollen. Die Wiederherstellung des sagittalen Wirbelsäulenprofils ist bei diesen Eingriffen von entscheidender Bedeutung. Folgende Operationsverfahren können bei der Korrektur von posttraumatischen Deformitäten angewendet werden: · Corpectomie und dorsale Spondylodese · Dorsale Aufrichtungsspondylodese · Pedikel-Substraktionsosteotomie mit dorsaler lumbaler Spondylodese Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Fehlstellung durch alte Verletzungen, (posttraumatische Deformität) I 01 Was ist eine “Skoliose“? Die Skoliose ist eine komplexe dreidimensionale Deformität der Wirbelsäule, die strukturelle Veränderungen in den drei Ebenen der Wirbelsäule (Frontal-, Sagittal- und Transversalebene) nach sich zieht und in allen Wirbelsäulensegmenten auftreten kann. Das Wort „Skoliose“ kommt aus der griechischen Sprache und bedeutet „krumm“ (scolios). Bei der Skoliose zeigt sich in der Frontalebene eine (teil) fixierte seitliche Verbiegung der Wirbelsäule mit Deformierung der Wirbelkörper. In der Transversalebene kommt es im Scheitelbereich der Skoliose zu einer Rotation (Drehung) der Wirbel um die eigene Achse, wobei es zusätzlich zu einer Torsion (spiralförmigen Verwindung) der Wirbelsäule im betroffenen Bereich kommt. In der Sagittalebene kommt es zur Veränderung der physiologischen Krümmungen (Kyphose und Lordose), wobei es je nach vorliegendem Skoliosetyp zur Zunahme oder Abnahme der Kyphose- oder Lordosekrümmung kommen kann. Durch die Verdrehung kann auf der Konvexseite der Wirbelsäulenverkrümmung der Rippenbuckel, auf der Gegenseite (Konkavseite) das Rippental entstehen. Die seitliche Verbiegung der Wirbelsäule ist weder aktiv noch passiv komplett ausgleichbar. Bei fortschreitender seitlicher Verbiegung der Wirbelsäule kommt es zu einer zunehmenden Versteifung der Wirbelsäulensegmente. Man unterscheidet die aktiv und passiv nicht vollständig ausgleichbare strukturelle Skoliose mit Deformation und Rotation der Wirbelkörper von der rein funktionellen Skoliose. Die funktionelle Skoliose findet sich meistens bei Haltungsschäden, wie zum Beispiel Beinlängendifferenzen. In diesen Fällen ist die Skoliose nicht fixiert, sie ist im Liegen ausgleichbar. Morphologisch kommt es durch die zunehmende Fehlstellung der Wirbelkörper zu strukturellen Veränderungen an den gesamten Wirbelkörperelementen (Wirbelkörper, Dorn-, Quer- und Bogenfortsätze, Bogenwurzeln und Bogengelenke). Zum besseren Verständnis der Körpergeometrie sind aus den unten stehenden Bildern die Körperebenen und medizinischen Richtungsangaben ersichtlich. • Skoliose, Frontalebene • Skoliose, Sagittalebene • Körperebenen und Richtungsangaben Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Definition, Epidemiologie, Symptome · Skoliose · Deformitiäten I 01 Wie werden die Skoliosen eingeteilt? Man teilt die Skoliosen in folgende Gruppen ein: · Idiopathische Skoliose 80-90 % aller Skoliosen bezeichnet man als „idiopathisch“. (griechisch: idios = selbst, pathos = Leiden, Erkrankung). Das bedeutet, dass es sich um eine Skolioseform handelt, deren Entstehung und Ursache bislang nicht geklärt ist. Die idiopathischen Skoliosen werden nach dem Alter des jeweiligen ersten Auftretens in folgende Untergruppen geteilt: · Infantile idiopathische Skoliose (Erstmanifestation der Skoliose bis zum 3. Lebensjahr) · Juvenile idiopathische Skoliose (Erstmanifestation zwischen dem 3.-10. Lebensjahr) · Adoleszente idiopathische Skoliose (Erstmanifestation zwischen dem 10. Lebensjahr und dem Abschluss des Wachstums) · Kongenitale Skoliose Unter einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose versteht man eine Wirbelsäulendeformität mit Seitverbiegung und Verdrehung der Wirbelsäule, die durch angeborene Störungen in der embryonalen Wirbelentwicklung die Ausbildung von einem oder mehreren fehlgebildeten Wirbeln verursacht. Die unvollständig ausgebildeten Wirbel führen zu einem asymmetrischen Wachstum der Wirbelsäule. Fehlangelegte Wirbel können in jedem Wirbelsäulenabschnitt auftreten. Durch so genannte Formationsstörungen, Segmentationsstörungen oder kombinierte Formen von Wirbelfehlanlagen wird das normale Wachstum der Wirbelsäule gestört und es kann dadurch in der weiteren Entwicklung der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Skoliose kommen. Kongenitale Skoliosen treten selten auf, können aber wegen der Schwere der Wirbelsäulendeformität eine frühzeitige Operation erforderlich machen. · Neuromuskuläre Skoliose Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der Sinneswahrnehmung). Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats mit lokal oder generalisiert auftretenden Muskeldysfunktionen im Verlauf der Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen. Wie häufig tritt die Skoliose auf (Epidemiologie)? In der Literatur gibt es bei der Angabe der Häufigkeit des Auftretens einer Skoliose weltweit eine große Schwankungsbreite. Dies hängt mit unterschiedlichen Definitionen zusammen, ab welchen Kriterien eine Skoliose vorliegt. Die Angaben schwanken zwischen 0,1 und 15 %, im Durchschnitt kann man eine Häufigkeit von ca. 4 % annehmen. In Deutschland sind etwa 400.000 Menschen von einer Skoliose betroffen. Cirka 90 % aller Skoliosen sind idiopathische Skoliosen, von der Mädchen viermal so häufig betroffen sind als Jungen. Die restlichen 10 % diagnostizierter Skoliosen verteilen sich auf die kongenitalen und neuromuskulären Skoliosen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Definition, Epidemiologie, Symptome · Skoliose · Deformitiäten I 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Definition, Epidemiologie, Symptome · Skoliose · Deformitiäten Welche Symptome kann eine Skoliose verursachen? Im Anfangsstadium kann die Skoliose bei Kindern keinerlei Beschwerden verursachen, weshalb diese Erkrankung häufig nur durch Zufall entdeckt wird. Bei einer fortgeschrittenen Skoliose können sich folgende Symptome zeigen: · Nicht lotgerechter Verlauf der Dornfortsatzreihe · Verschiedene Höhe des Schulterstandes · Rippenbuckel, der durch die Rotation der Wirbel auf der konvexen Seite der Skoliose entsteht · Rippental, das ebenfalls durch die Rotationsasymmetrie der Wirbel entsteht und auf der Konkavseite der skoliotischen Krümmung liegt. · Lendenwulst bei einer lumbalen Skoliose durch die Hervorhebung der paraspinalen Muskulatur auf der Konvexseite · Verstrichene Taillendreiecke · Schräge Kopfhaltung · Seitlicher Rumpfüberhang · Rückenschmerzen · Deformität des Brustkorbs Bei einer fortgeschrittenen Deformierung des Brustkorbs kann es zur Kompression von Herz und Lunge kommen, wodurch die Herz-Kreislauf- und Atemfunktion stark beeinträchtigt werden kann. · Einschränkung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität · Degenerative Veränderungen an den betroffenen Wirbelsäulensegmenten Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten Mit welchen Klassifikationen werden Skoliosen beurteilt? Klassifikationen dienen dazu, für unterschiedliche Untersucher einen einheitlichen Maßstab zur Beurteilung einer Erkrankung zu schaffen, um ein großes Maß an vergleichbaren Ergebnissen zu ermöglichen. Eine Klassifikation ermöglicht, in der Beurteilung „die gleiche Sprache zu sprechen“. Deshalb sind an Klassifikationen zwei wichtige Ansprüche zu stellen: · Reproduzierbarkeit Die Klassifikation soll durch ihren Aufbau gewährleisten, dass derselbe Untersucher bei zeitlich unabhängiger erneuter Befundung zum gleichen Ergebnis wie bei der ersten Befunderhebung kommt. Dieses Kriterium wird auch Intraobserver Zuverlässigkeit genannt. · Reliabilität Dieses Kriterium zeigt die Zuverlässigkeit auf, mit der die gewählte Klassifikation gewährleistet, dass alle Untersucher bei der Beurteilung einer Erkrankung über die betreffende Klassifikation zum gleichen Ergebnis kommen. Man bezeichnet dies auch als Interobserver Zuverlässigkeit. Die Beurteilung von Skoliosen setzt, je nach gewählter Klassifikation, die Beurteilung des Röntgenbilds voraus. Hierbei ist die Qualität des Röntgenbildes von Bedeutung, ein schlecht zentriertes Bild lässt keine sichere Beurteilung zu, da nur über die korrekte Festlegung der Messpunkte (oberem und unteren Neutralwirbel, Scheitelwirbel, Endwirbel) eine sichere Beurteilung des Skoliosewinkels möglich wird. Je komplexer ein Klassifikationssystem ist und verschiedene Parameter für eine exakte Zuordnung zum Klassifikationsgrad erforderlich sind, desto größer wird die Fehlerquote beim ungeübten Untersucher. Bereits 1905 hat Wilhelm Schulthess eine Einteilung der Skoliose nach der Lokalisation und der Form der vorliegenden Krümmung etabliert. Er definierte 5 Erscheinungstypen der Skoliose: · Cervikothorakaler Typ (im Übergangsbereich Hals-zu Brustwirbelsäule) · Thorakaler Typ (im Bereich der Brustwirbelsäule) · Thorakolumbaler Typ (im Übergangsbereich Brust-zu Lendenwirbelsäule) · Lumbaler Typ (im Bereich der Lendenwirbelsäule) · Typ mit primären Doppelkrümmungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule Diese Einteilung wurde in den folgenden Jahrzehnten weiter modifiziert, bis im Jahre 1983 die Kingklassifikation der idiopathischen Skoliose einführt wurde. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com I 02 Klassifikation der idiopatischen Skoliose nach King Die Skolioseeinteilung nach King legt 5 Skoliosetypen der idiopathischen Skoliose fest, die mit folgenden Parametern den Schweregrad der Skoliose beurteilt: · Ermittlung des Skoliosewinkels am Röntgenbild nach Cobb · Ermittlung des Flexibiltätsindexes durch die Bendingaufnahmen King Typ I King Typ II King Typ III King Typ IV King Typ V King Typ I zeigt eine S-förmige Krümmung, bei der die Mittellinie von der thorakalen und der lumbalen Krümmung überquert wird. Die lumbale Krümmung ist größer und rigider als die thorakale Krümmung. Der Flexibilitätsindex in den Bendingaufnahmen ist negativ. King Typ II zeigt eine S-förmige Krümmung, wobei sowohl die thorakale Hauptkrümmung als auch die lumbale Sekundärkrümmung die Mittellinie überschreiten. Die thorakale Krümmung ist größer. King Typ III zeigt eine thorakale Krümmung, bei der die lumbale Krümmung die Mittellinie nicht überquert. King Typ IV zeigt eine langbogige thorakale Krümmung, bei der sich der 5. Lendenwirbel über das os sacrum (Kreuzbein) zentriert, der 4. Lendenwirbel aber bereits in Richtung der Krümmung gekippt ist. King Typ V zeigt eine thorakale Doppelkrümmung, wobei sich der 1. Brustwirbel (Th 1) in die Konvexität der oberen Krümmung neigt. Der Nachteil der King Klassifikation besteht in folgenden Punkten: · das sagittale Profil fließt nicht in die Beurteilung ein · so genannte „Double and Triple-Major Curves“ (Auftreten von Skoliosenformen mit zwei oder drei Primärkrümmungen) werden nicht berücksichtigt. Die Skolioseklassifikation nach King ist in der Beurteilung der Skoliosen nach wie vor weit verbreitet und wurde in einigen Modifikationen mit weiteren Subtypen versehen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 02 Lenke-Klassifikation der idiopathischen Skoliose Lenke führte 2001 eine neue Klassifikation der idiopathischen Skoliosen ein, die wesentlich komplexer ist als die King Klassifikation. Bei der Festlegung des Skoliosetyps werden hierbei auf der Basis von Wirbelsäulenganzaufnahmen in 2 Ebenen, sowie der rechten und linken Bendingaufnahmen folgende Parameter erfasst: · Festlegung der 6 Kurventypen Der Kurventyp wird durch die Lokalisation, der Ausgeprägtheit und der Flexibilität der vorhandenen Krümmungen bestimmt. Für die Festlegung der Lokalisation sind die Krümmungsscheitel folgendermaßen festgelegt: · Hochthorakale Lokalisation: Krümmungsscheitel zwischen Th 2 und Th 6 · Thorakale Lokalisation: Krümmungsscheitel zwischen Th 6 und der Bandscheibe Th 11/12 · Thorakolumbale Lokalisation: Krümmungsscheitel zwischen Th 12 und L1 · Lumbale Lokalisation: Krümmungsscheitel zwischen der Bandscheibe L1/2 und L4 · Festlegung der Flexibilität der Kurve Die Flexibilität wird entweder über die Restkrümmung in der Bendingaufnahme oder die Stärke der Kyphose beurteilt. Eine Krümmung wird als strukturell festgesetzt, wenn der Bending-Cobb Winkel über 25° oder der Kyphosewinkel über 20° liegt. Mit diesen beiden Parametern lassen sich folgende 6 Kurventypen festlegen: · Typ I (main thoracic, Hauptkrümmung ausschließlich thorakal) Die Hauptkrümmung ist strukturell, die anderen Krümmungen nicht · Typ II (double thoracic, 2 thorakale Krümmungen) Die thorakale Hauptkrümmung und die hochthorakale Nebenkrümmung sind strukturell, sämtlich anderen Krümmungen sind nicht strukturell. · Typ III (double major, 2 Hauptkrümmungen) Die thorakale, thorakolumbale oder lumbale Krümmung ist strukturell, die thorakale Krümmung ist größer als die thorakolumbale oder lumbale Krümmung, eine bestehende hochthorakale Krümmung ist nicht strukturell. · Typ IV (triple major, 3 Hauptkrümmungen) Alle drei Krümmungen sind strukturell, die thorakale Krümmung ist die Hauptkrümmung · Typ IV (primary thoracolumbar/lumbar, Hauptkrümmung ausschließlich thorakolumbal oder lumbal) Die Hauptkrümmung liegt im Übergangsbereich Brust- zu Lendenwirbelsäule oder im Lendenwirbelbereich und ist strukturell, die hochthorakale oder thorakale Nebenkrümmung ist nicht strukturell. · Typ VI (primary thoracolumbar/lumbar-main thoracic) Die thorakolumbale oder lumbale Hauptkrümmung ist strukturell, die thorakale Nebenkrümmung ist auch strukturell, aber hat einen mindestens 5° kleineren Cobb-Winkel. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten I 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten • A (no to Minimal Curve) • B (Moderate Curve) • C (Large Curve) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten • Possible Sagittal Contours (to determine specific curve type) · Festlegung des „Lumbar spine modifier“ Dieser Parameter erfasst die Veränderungen im lumbalen Anteil der Skoliose. Man unterscheidet die Modifier Typen A, B und C. Um den Typ zu bestimmen, legt man auf der a.p. Ebene des Röntgenbilds eine senkrechte Linie zur Horizontalen über die Mitte des Kreuzbeins nach oben. Der Wirbel, der durch die Senkrechte in nahezu gleiche Anteile geteilt wird, wird als „stabiler Wirbel“ (SV) bezeichnet, trifft die mittige Aufteilung für eine Bandscheibe zu, so wird der darunter gelegene Wirbel als stabiler Wirbel bezeichnet. Lumbar spine modifier Typ A Die Senkrechte verläuft zwischen den Pedikeln zum stabilen Wirbel (SV). Es handelt sich um eine geringe lumbale Krümmung. • Lumbar spine modifier, Typ A Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com I 02 Lumbar spine modifier Typ B Die Senkrechte verläuft zwischen dem konkavseitigen Rand des Scheitelwirbels und dem medialen Rand des konkavseitigen Pedikels. Es handelt sich um eine moderate lumbale Krümmung. • Lumbar spine modifier, Typ B Lumbar spine modifier Typ C Die Senkrechte verläuft gänzlich medial des Scheitelwirbels. Es handelt sich um eine starke lumbale Krümmung. • Lumbar spine modifier, Typ C · Festlegung des “Sagittal thoracic modifier“ Als letzter Parameter wird im sagittalen Profil (seitliche Röntgenaufnahme) das Ausmaß der bestehenden Kyphose (Rundrückenbildung) bestimmt. Die Messwerte werden mit den Indices - , N oder + hinterlegt. Definiert sind folgende Kyphosewinkel nach Cobb: Kyphose zwischen Th 5 und Th 12 kleiner als 10° nach Cobb: Kyphose zwischen Th 5 und Th 12 zwischen 10° und 40° nach Cobb: Kyphose zwischen Th 5 und Th 12 größer als 40° nach Cobb: N + Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Klassifikation (King, Lenke) · Skoliose · Deformitiäten Mit Hilfe der genannten Parameter erhält man eine Klassifikation, die insgesamt 42 verschiedene Untertypen der idiopathischen Skoliose beinhaltet, wobei jeder Untertyp den Kurventyp (Typ 1-6), das sagittale Profil der Kyphose (-, N, +) und den lumbalen Modifier (A, B, C) berücksichtigt. Über die Vielzahl der zu bestimmenden Skolioseformen in der Lenke Klassifikation wird ein differenziertes Hilfsmittel zur Eingruppierung des Schweregrads einer idiopathischen Skoliose geboten, wodurch die Planung einer Behandlungsstrategie und eines operativen Vorgehens erleichtert wird. Die Lenke Klassifikation erfordert bei der Festlegung des Skoliosetyps einen erfahrenen Untersucher und ist wegen der differenzierteren Einteilung der Formen der idiopathischen Skoliose der King Klassifikation an Genauigkeit und Aussagekraft deutlich überlegen. In der internationalen Anwendung setzt sie sich in klinischen Abteilungen zunehmend durch. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten Welche Diagnostik wird bei der Diagnose „Skoliose“ durchgeführt? Der wichtigste Teil der Diagnostik besteht in der gezielten Befragung (Anamnese, Erhebung der Krankengeschichte) und einer ausführlichen körperlichen Untersuchung. Die Befragung und die Untersuchung ermöglichen dem behandelnden Arzt, sich ein umfassendes Bild über den aktuellen Zustand des Patienten zu machen und eine erste Verdachtsdiagnose zu stellen, die danach mit apparativen Untersuchungen bestätigt und dokumentiert werden kann. Bei der Anamnese können folgende Aspekte hinterfragt werden: Familienanamnese: Bestehen schwerwiegende Erkrankungen bei Angehörigen? Gibt es vererbbare Erkrankungen? Gibt es Erkrankungen mit familiärer Häufung? Sozialanamnese: Schul- und Berufsausbildung? Aktuelle Berufstätigkeit? Versorgungssituation? Familiäre Situation? Bestehen Schmerzen? Schmerzqualität (Stechend, brennend, bohrend, dumpf, ausstrahlend, usw.)? Schmerzdauer (Seit wann, wie häufig, wie lange)? Schmerzintensität (Wie stark)? Schmerzlokalisation (Wo treten sie auf)? Auffälligkeiten der Muskulatur und des Bewegungsapparats: Wie stark und seit wann ? Zunahme oder Abnahme der Auffälligkeit? Bewegungseinschränkungen? Blockierungen, Steifigkeit? Wo treten sie auf? Schwäche in den Armen oder Beinen? Verminderung der Kraftentwicklung? Gangunsicherheit? Hat die Regelblutung bereits eingesetzt (Menarche, Pubarche), wichtig zur Beurteilung des weiteren Verlaufs, da das Längenwachstum nach Beginn der Regelblutung noch etwa 2 Jahre anhält)? Bestehende Erkrankungen: Erfragt werden bestehende Erkrankungen der Organsysteme: · Herz-Kreislauf · Lunge · Magen-Darm · Niere und ableitende Harnwege · Stoffwechselerkrankungen Sind Allergien bekannt? Wurden bereits Operationen durchgeführt? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 03 Klinische Untersuchung Die klinische Untersuchung erfolgt am entkleideten Patienten und besteht aus der Inspektion, dem strukturierten „Anschauen“ des Patienten, aus der Palpation, dem gezielten Abtasten, der neurologischen Untersuchung, sowie Funktions- und Bewegungsprüfungen. Inspektion Von vorne: · Beckenschiefstand? · Beinachse korrekt? · Form des Brustkorbs? · Haltung von Kopf und Nacken? · Schulterhöhe seitengleich? Von hinten: · Lotabweichung der Wirbelsäule? · Verlauf der Dornfortsätze? · Muskelrelief? · Form des Brustkorbs? · Schulterhöhe seitengleich? · Beckengeradstand? · Taillendreiecke symmetrisch? · Michaelisraute symmetrisch? · Rumpfüberhang? · Lendenwulst beim Vorwärtsbeugen? · Rippenbuckel beim Vorwärtsbeugen? · Rippental sichtbar? Von der Seite: · Haltung von Kopf und Nacken? · Regelrechte Beckenkippung? Seitliche Form der Wirbelsäule (sagittales Profil): · Rundrücken? · Hohlkreuz? · Hohlrundrücken? · Kyphose? · Flachrücken? Palpation · Schmerz auslösbar? · Klopf- oder Stauchungsschmerz der Wirbelsäule auslösbar? · Druckschmerzhafte Muskulatur? · Dorn- und Querfortsätze schmerzhaft? · Iliosacralgelenke schmerzhaft? · Ischiasdruckpunkte (Valleixpunkte) schmerzhaft? · Liegen Muskelatrophien vor? · Zeigen sich Gelenkkontrakturen? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten I 03 Neurologische Untersuchung Die Untersuchung der Nerven hat in der Wirbelsäulenorthopädie eine wesentliche Bedeutung, da durch die orientierende neurologische Untersuchung geklärt werden kann, ob neurologische Auffälligkeiten, wie motorische oder sensible Ausfälle, Lähmungen oder eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion vorliegen. Bei akut aufgetretenen neurologischen Ausfällen muss die weitere Abklärung rasch durchgeführt werden. Untersucht werden: · Muskeleigenreflexe, mit denen die Funktionsfähigkeit des 2. Motoneurons in den jeweiligen Wirbelsäulenabschnitten überprüft wird. Der Reflex wird durch eine passive Dehnung der Muskulatur ausgelöst, zum Beispiel durch den Schlag mit dem Reflexhammer auf die Kniescheibensehne. · Fremdreflexe sind Reflexe, die ihren Effekt an einer anderen Stelle, nicht am Auslösungsort, hervorrufen. Beim Bauchdeckenreflex wird durch Streichen der Bauchhaut eine Kontraktur der Bauchmuskulatur ausgelöst. · Pathologische Reflexe sind Zeichen einer Schädigung der Pyramidenbahn und können beim Gesunden nicht ausgelöst werden. · Sensibilitätsprüfung Die Hautareale, die durch bestimmte Spinalnerven versorgt werden, nennt man Dermatome. Durch Feststellung von Gefühlsstörungen in diesen Hautbezirken, können Rückschlüsse auf den Ursprungsort eines Wirbelsäulenleidens gezogen werden. • Dermatome · Prüfung der groben Kraft der Muskelgruppen · Lasègue und Bragard Test: Bei einer Irritation der Nervenwurzel des Ischiasnervs werden durch Anheben des Beinsam liegenden Patienten Schmerzen im Bein und Rücken ausgelöst. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten I 03 Funktions-und Bewegungsprüfungen · Der Vorneigetest ist ein einfaches Untersuchungsverfahren, um die Verdachtsdiagnose „Skoliose“ zu stellen. Bei diesem Test beugt der Patient den nackten Oberkörper nach unten. Der Untersucher betrachtet dann den Rücken von vorn und von hinten. Normalerweise ist der Rücken seitengleich hoch ausgebildet. Beim Vorliegen einer thorakalen Skoliose (Verkrümmung der Wirbelsäule im Brustwirbelbereich) kann eine auffällige Vorwölbung des Rückens auf einer Seite („Rippenbuckel“) und eine deutliche Abflachung auf der anderen Seite zu erkennen sein („Rippental“). Bei einer Skoliose, die ihre Krümmung im Bereich der Lendenwirbelsäule zeigt (lumbale Skoliose), findet sich ein auffälliger Lendenwulst. Erklärung am Beispiel einer „rechtskonvexen thorakalen Skoliose“: Das Bild zeigt den Rücken eines Patienten, der Verlauf der Wirbelsäule ist gestrichelt markiert. Man sieht, dass die Wirbelsäule im Bereich der Brustwirbelsäule („thorakal“) von hinten gesehen bogig nach rechts-außen („rechts konvex“) verformt ist. • Rechtskonvexe Skoliose • Rechtskonvexe Skoliose Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten • Rippenbuckel und Rippental bei rechtskonvexer Skoliose im Vorneigetest, von vorne gesehen Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com • Rippenbuckel und Rippental bei rechtskonvexer Skoliose im Vorneigetest, von hinten gesehen I 03 • Brustkorb mit Brustwirbelsäule, von hinten Im Bereich der Brustwirbelsäule sind die Rippen des Brustkorbs mit den Wirbeln verbunden. Der Rippenbuckel entsteht bei der thorakalen Skoliose dadurch, dass die Seitverkrümmung und die Torsion (Verdrehung) der Wirbel den knöchernen Brustkorb so deformieren, dass auf der nach außen gebogenen Seite der Skoliose („Konvexseite“) der Rippenbuckel und auf der Gegenseite („Konkavseite“) das Rippental entsteht. Liegt eine Skoliose im Bereich der Lendenwirbelsäule vor (lumbale Skoliose), kann im Vorneigetest der so genannte Lendenwulst erkennbar sein. Diese Vorwölbung auf der Konvexseite der lumbalen Skoliose wird ebenfalls durch die Torsion der Wirbel verursacht, die zu einer Vorwölbung der paraspinalen Muskulatur und damit zum sichtbaren Lendenwulst beim Vorwärtsneigen führt. · Messung des Rippenbuckels nach Götze Der Rippenbuckel wird hierbei am weit nach vorne geneigten Patienten gemessen. Man bestimmt die maximale Höhendifferenz zwischen Rippenbuckel und Rippental, wobei der höchste Punkt des Buckels und der tiefste Punkt des Rippentals die Messpunkte sind. Eine bestehende Beinlängendifferenz wird vor der Messung durch Brettchen ausgeglichen. · Skoliometer (Inclinometer) Mit diesem Gerät kann die Krümmung der Wirbelsäule ohne Strahlenbelastung ausmessen werden, es ist zur Verlaufskontrolle gut geeignet. Der mit dem Skoliometer gemessene Krümmungsgrad lässt Rückschlüsse auf den Cobb-Winkel zu, der im Röntgenbild ausgemessen wird. · Bestimmung des Skoliosewinkels nach Cobb Das Ausmaß der Seitausbiegung bei der Skoliose wird an einer Wirbelsäulenganzaufnahme im Stehen bestimmt. Hierbei werden an den Scheitelwirbel (3) eine Vertikale (Senkrechte) (1a) zur Ebene der Grundplatte (2a) des unteren Neutralwinkels (4) und eine Vertikale (1b) zur Ebene der Deckplatte (2b) des oberen Neutralwinkels (5) gezogen. Der Schnittpunkt der beiden Vertikalen ergibt den Winkel a1 der Seitabweichung (Skoliosewinkel). Der Winkel a2 des Schnittpunkts der Ebenen des unteren und oberen Neutralwinkels entspricht ebenfalls dem Skoliosewinkel (identischer Wechselwinkel). Häufig liegt dieser Schnittpunkt jedoch außerhalb des angefertigten Röntgenbilds, weshalb man sich des korrespondierenden Winkels a1 bedient. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten • Skoliosewinkelbestimmung nach Cobb · oberer Neutralwirbel · Scheitelwirbel · unterer Neutralwirbel · Bestimmung des Krümmungswinkels nach Ferguson Die Bestimmung der Krümmungswinkel nach Ferguson ist aufwändiger und wird im Gegensatz zur Cobb-Messung seltener angewendet. Als Messpunkte werden die Mittelpunkte des oberen (1a) und unteren (1b) Scheitelwirbels herangezogen, die durch eine Gerade (2) verbunden werden. Die Mittelpunkte der Wirbel unterhalb und oberhalb der Scheitelwirbel werden durch je eine Gerade (3a, 3b) verbunden. Die Schnittpunkte dieser Geraden mit der Geraden 2 ergeben die Krümmungswinkel a1 und a2. • Krümmungswinkelbestimmung nach Ferguson · oberer Scheitelwirbel · unterer Scheitelwirbel Die genannten Messmethoden sind zwar neuen Computer-gestützten Verfahren in der Genauigkeit unterlegen, sie können aber ohne großen Aufwand und kostengünstig durchgeführt werden. · Rotationsbestimmung nach Nash/Moe Mit dieser Methode bestimmt man das Maß der Rotation (Verdrehung) der skoliotischen Wirbelsäule. Auf der Röntgenaufnahme werden die Positionen der Bogenwurzeln in Relation zum Wirbelkörper beurteilt, wodurch 4 Rotationsgrade bestimmt werden können: a: Normalbefund, keine Rotation b: Rotation Grad I c: Rotation Grad II d: Rotation Grad III e: Rotation Grad IV Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten • konvexseitig konkavseitig · a: Normalbefund, keine Rotation · b: Rotation Grad I · c: Rotation Grad II · d: Rotation Grad III · e: Rotation Grad IV · Rotationsbestimmung nach Raimondi Diese Methode der Rotationsermittlung wird ebenfalls am Röntgenbild durchgeführt. Als Messpunkte werden in der Frontalaufnahme die rechte und linke Seitenbegrenzung des Wirbels und der Mittelpunkt der konvexseitigen Bogenwurzel benötigt. Mit diesen Messpunkten errechnet man die Breite des Wirbels (x) und den Abstand der Mittellinie der konvexseitigen Bogenwurzel zum konvexseitigen Wirbelkörperrand (y). Die gemessenen Werte werden in Millimeter angegeben, über die Zuordnung der gemessenen x- und y-Werte kann man aus einer Tabelle die entsprechende Gradzahl der Wirbelrotation ablesen. · Rotationsbestimmung durch Messschablonen B. Drerup und Perdriolle haben verschiedene Schablonen entwickelt, mit denen man das Maß der Rotation des einzelnen Wirbels bestimmen kann. · Messung der Wirbelsäulenbeweglichkeit nach der Neutral-Null-Methode, bei der die Beweglichkeitsmaße nach einem standardisierten Verfahren für Vorneigen (Flexion), Rückneigung (Extension), Seitneigung und Rotation (Drehung) gemessen werden. · Finger-Boden Abstand (FBA) Hierbei wird der Abstand der Fingerspitzen vom Boden beim Vorbeugen mit gestreckten und Armen gemessen. Der Abstand lässt einen Rückschluss über die Beugungsfähigkeit (Flexion) der Wirbelsäule zu. · Schober Zeichen Messung für die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule. Im Stehen wird von S1 die Wirbelsäule 10 cm nach oben markiert. Bei maximaler Rumpfbeugung verlängert sich die Strecke um ca. 5 cm · Ott-Zeichen Messung für die Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule Von C7 wird die Wirbelsäule 30 cm nach unten markiert. Bei maximaler Beugung des Rumpfes verlängert sich die Strecke um ca. 3 cm. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com • Krümmungswinkelbestimmung nach Nash/Moe I 03 I 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten • Schober- und Ott Zeichen. Finger-Boden Abstand Bestimmung der Skelettreife Die Bestimmung des Skelettalters ist für die Beurteilung des weiteren Fortschreitens einer bestehenden Wirbelsäulendeformität von Bedeutung. · Risser-Zeichen Die Beckenkämme werden in einer Röntgenaufnahme dargestellt, je nach Ausprägung der Verknöcherung der Beckenkammapophysen kann auf das weitere Skelettwachstum geschlossen werden. Es gibt die Stadien 0-5, wobei „Risser, Stadium 5“ bedeutet, dass die Apophysen des Beckenkamms komplett verknöchert sind und damit das Wachstum abgeschlossen ist. Beurteilung des Skelettalters nach Risser, Stadium 0-5 • Stadium 0 • Stadium 1 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten • Stadium 3 • Stadium 4 • Stadium 5 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com • Stadium 2 I 03 · zunehmende Verknöcherung der Apophysen des Beckenkamms · Beurteilung des Skelettwachstums nach Greulich und Pyle In den ap Röntgenaufnahmen der Hand kann der Zustand der Verknöcherung der Epiphysen des Handskeletts beurteilt werden. Greulich und Pyle haben einen Atlas verfasst, mit dessen Hilfe das Knochenalter bestimmt werden kann. Der unterschiedlich fortgeschrittene Verschluss der Epiphysen des Handskeletts ermöglicht die Bestimmung des weiteren Wachstums. • Beurteilung des Skelettwachstums nach Greulich und Pyle · Epiphysen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten · Fotodokumentation zur Verlaufsdokumentation · 3D-Rasterstereografie (z.B.Formetric, Moiré-Topografie oder ISIS) Mit Hilfe dieser Methoden kann ohne Strahlenbelastung eine dreidimensionale statische und dynamische Ausmessung der Wirbelsäule durchgeführt werden. Da diese Verfahren ohne Röntgenstrahlen auskommen, sind sie bei der Verlaufskontrolle kindlicher und jugendlicher Skoliosen besonders geeignet. Röntgendiagnostik · konventionelles Röntgen Bei sämtlichen konventionellen Röntgenaufnahmen ist zu bedenken, dass es sich um zweidimensionale Aufnahmen handelt, weshalb es durch die zusätzlich bestehende Rotation der Wirbel zu einem Summationseffekt in der Röntgenaufnahme kommt. Trotz der Strahlenbelastung, die dem Patienten bei konventionellen Röntgenaufnahmen zugemutet werden müssen, sind diese Aufnahmen erforderlich, um folgende Informationen zu erhalten: · Erhebung des aktuellen Befunds (Status) · Verlaufsbeobachtung · Erstellung der Behandlungsstrategie · Dokumentation des Krümmungskorrektur bei konservativer Behandlung oder nach einem operativen Eingriff · Wirbelsäulenganzaufnahmen im Stehen in frontaler und seitlicher Ebene. Diese Aufnahmen dienen zur Darstellung und Ausmessung von Wirbelsäulendeformitäten in der Frontalebene (Skoliosekrümmung) und zur Beurteilung des sagittalen (seitlichen) Profils der Wirbelsäule (Beurteilung der Lordose und Kyphose). Die Aufnahmen sollten immer auf einer langen Platte und nicht durch zwei zusammengesetzte Aufnahmen erfolgen, da bei den zusammengesetzten Bildern die Röntgenebenen häufig nicht identisch sind und dadurch die Beurteilung fehlerhaft werden kann. Eine eventuell bestehende Beillängendifferenz sollte vor der Aufnahme mit Brettchen ausgeglichen werden, wodurch eine Kippstellung des Beckens vermieden werden soll und das Becken besser horizontal eingestellt werden kann. · Wirbelsäulenganzaufnahmen ap in Extension (Cotrel oder Haloextensionsgerät) Mit dieser Aufnahmetechnik (Traktionsaufnahmen) wird die Aufrichtbarkeit der bestehenden Seitabweichung bei Skoliose bestimmt, wobei durch ein Extensionsgerät Längszug auf die Wirbelsäule ausgeübt wird. · Bending Test Diese Röntgenaufnahmen werden auch Umkrümmungsaufnahmen genannt. Am liegenden Patienten wird die verkrümmte Wirbelsäule durch manuellen Druck „umgekrümmt“. Die Aufnahme in maximal möglicher Umkrümmung ermöglicht eine Aussage über die Rigidität (Starrheit) der bestehenden Seitausbiegung, das heißt, man kann erkennen, ob Seitabweichungen der Wirbelsäule spontan zu korrigieren oder bereits fixiert sind. Die Aufrichtung der Wirbelsäule, die sich durch das passive Bending erreichen lässt, kann nach folgender Formel in Prozent ausgedrückt werden: Krümmungsaufrichtung in % = Beispiel: Krümmungswinkel der Stehendaufnahme – Krümmungswinkel der Bendingaufnahme x 100 /Krümmungswinkel der Stehendaufnahme Krümmungswinkel der Stehendaufnahme = 60° Krümmungswinkel der Bendingaufnahme = 40° Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 10 I 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Diagnostik · Skoliose · Deformitiäten Berechnung: (60° - 40°) x 100 = 2000 = 33,33 % 60 60 Die seitliche Achsabweichung kann in diesem Beispiel um 33,33 % durch das passive Bending aufgerichtet werden. · Röntgen in der Wahlebene nach Stagnara, plan d‘élection Stagnara verbesserte die radiologische Beurteilung der Kyphoskoliosen durch Einführung einer speziellen Schrägaufnahme, bei der die Röntgenkassette parallel zur medianen Fläche des Rippenbuckels ausgerichtet wird („plan d‘élection“). • Stagnara, plan d‘élection · Computertomographie/Kernspintomographie Diese Computergestützten Schichtbildtechniken bieten eine gute Beurteilung der Knochen- und Weichteilsituation und ermöglichen die räumliche Darstellung der Wirbelsäulendeformität über eine dreidimensionale Rekonstruktion. Dieser Untersuchungsmethoden bedient man sich bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose und bei nicht stehfähigen Patienten. · Lungendiagnostik Mit der Spirometrie wird die Vitalkapazität der Lunge gemessen. Über den ermittelten Wert erhält man eine Aussage darüber, ob eine bestehende Deformität des Brustkorbs durch die Skoliose bereits zu einer Beeinträchtigung der Lungenfunktion geführt hat. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 11 I 04 Wie wird die Skoliose behandelt? Die Behandlung der Skoliose kann nicht einheitlich betrachtet werden. Verschiedene Faktoren der Behandlung, wie die Versorgung mit Korsett oder gerade der Zeitpunkt einer operativen Versorgung werden häufig in Abhängigkeit von Krümmungswinkelangaben teilweise sehr kontrovers diskutiert. Wie in anderen Fachdisziplinen auch, gibt es eine Meinungsvielfalt im therapeutischen Vorgehen, was die Entscheidung des Patienten zu einem empfohlenen therapeutischen Vorgehen nicht erleichtert. Eine exakte Diagnosestellung auf der Grundlage einer intensiven Befragung, der körperlichen und neurologischen Untersuchung, sowie der Röntgenuntersuchung ergibt die Basis für ein gutes Beratungsgespräch, in dem der Patient, gegebenenfalls die Eltern, über die Diagnose „Skoliose“, deren Verlauf, eventuell bestehenden Risiken und Behandlungsstrategien mit konservativem oder operativem Vorgehen durch den behandelnden Arzt aufgeklärt werden kann. Die Behandlungsstrategie setzt ein differenziertes Vorgehen voraus, ein bestimmtes Ausmaß des Krümmungswinkels der Skoliose allein sagt noch nichts über den Zeitpunkt eines operativen Vorgehens aus. Eine angeborene (kongenitale) Skoliose durch eine Wirbelkörperfehlanlage oder eine neuromuskuläre Skoliose setzen ein anderes Behandlungsmanagement voraus als die Behandlung einer idiopathischen Skoliose, da die Patienten in den beiden genannten Gruppen andere Entstehungsmechanismen und Progredienzrisiken in der Entstehung und im Verlauf der skoliotischen Fehlstellung zeigen, weshalb die bestehenden Grunderkrankungen bei den kongenitalen und neuromuskulären Skoliosen häufig ein sehr frühes operatives Vorgehen bereits im Kleinkindalter erforderlich machen. Die Behandlung der Skoliose setzt sich aus drei Bausteinen zusammen: · Physiotherapie · Korsettbehandlung · Operative Korrektur der Deformität Physiotherapie In Abhängigkeit von den vorliegenden Befunden ist der Einsatz gezielt wirkender physiotherapeutischer Maßnahmen unter professioneller Anleitung ein zentrales Element der konservativen Behandlung. · Dreidimensionale Skoliosebehandlung nach Katharina Schroth Die dreidimensionale Skoliosebehandlung nach Katharina Schroth stellt ein sehr komplexes physiotherapeutisches Behandlungsschema dar, das bei intensivem Training unter Anleitung und regelmäßiger Anwendung sehr hilfreich sein kann. · Behandlung nach dem Vojta Konzept Vojta hat ein Bewegungsentwicklungsmodell entwickelt, das bei jedem Menschen individuell ein Bewegungsmuster beinhaltet, das die Körperlage im Raum sichert, Aufrichtung und zielorientierte Bewegung ermöglicht und die Muskelfunktion innerhalb der Muskelketten differenziert. Bei diesen Vorgängen, die automatisch und unwillkürlich ablaufen, steht die Wirbelsäule im Zentrum. Bewegungsmuster können reflektorisch aktiviert werden, wodurch die Wirbelsäule dreidimensional beeinflusst werden kann. · E-Technik (Hanke-Konzept) Hierbei handelt es sich um eine neurophysiologische Behandlungsmethode, die auf der Grundlage des Vojta Konzepts weiterentwickelt wurde. Sie hilft, gestörte Bewegungs- und Haltungsmuster zu verbessern. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Therapie · Skoliose · Deformitiäten I 04 Die genannten Therapiemethoden können in Kombination mit dem Erlernen spezieller Atemtechniken dem Patienten helfen, die Wirbelsäule zu stabilisieren und neue Bewegungs- und Haltungsmuster zu erlernen. Wie bei der Anwendung jeder konservativen unterstützenden Behandlungsmethode hängt der Erfolg von der professionellen Anleitung und der Regelmäßigkeit der durchgeführten Übungen im Alltag ab. Korsettbehandlung Erste Beschreibungen einer Korsetttherapie der Skoliose finden sich bereits bei Hippokrates, im Mittelalter wurde von Ambroise Paré ein Stützapparat aus Eisenplatten entwickelt. Seit des von Blount 1945 entwickelten Milwaukee-Korsetts haben sich bis heute verschiedene Weiterentwicklungen und Modifizierungen von Korsetts zur konservativen Skoliosetherapie etabliert. Das Ziel der Korsett-Therapie besteht in der Aufhaltung des Fortschreitens der Wirbelsäulenverkrümmung und einer teilweise Wiederaufrichtung der bestehenden Krümmung. Die Skoliosetherapie mit einem Korsett, das über einen langen Zeitraum täglich getragen werden muss, ist gerade für einen heranwachsenden jungen Menschen eine starke psychische und physische Belastung, mit der er im Alltag zurecht kommen muss. Dies setzt eine intensive begleitende und unterstützende Führung durch Eltern und Therapeuten voraus. Eine Korsetttherapie kann nur dann einen Erfolg zeigen, wenn folgende Faktoren beachtet werden: · Lokalisation und Ausprägung der Skoliose · Skelettalter · Richtige Wahl des Korsetts · Korrekter Aufbau des Korsetts · Regelmäßige Kontrollen, um Korrekturen zu veranlassen · Einsicht und absolute Kooperationsbereitschaft durch den Patienten · Intensive Unterstützung durch das familiäre und therapeutische Umfeld Die Korsett-Therapie bei der Behandlung der Skoliose wird seit Jahren kontrovers diskutiert, international gibt es keine einheitlichen Empfehlungen. Der Einsatz einer Korsettversorgung ist oft fraglich, da die Effizienz der Korsettbehandlung in keiner Weise bewiesen ist. Allgemein kann es dagegen als bewiesen angesehen werden, dass eine stark progrediente (zunehmende) Skoliose durch eine Korsettversorgung letztendlich nicht zu beeinflussen ist! Das Milwaukee-Korsett wird heute in aller Regel nur noch bei hochthorakalen Skoliosen verwendet. In der folgenden Aufstellung finden Sie eine Kurzbeschreibung verschiedener Korsettarten. Milwaukee Korsett Das Milwaukee Korsett wurde 1945 von Blount in den USA entwickelt, es besteht aus einem Kunststoffbeckenteil, das vorne und hinten über Aluminiumführungen mit dem geschlossenen Halsring verbunden ist. Der Halsring wird hinten mit einer Schraube verschlossen, hier finden sich ebenfalls die Hinterhauptpolster. Vorne befindet sich eine muldenförmige Auflage für das Kinn. Durch den Einbau von Druckpolstern (Pelotten) wird eine Korrektur der Wirbelsäulenfehlstellung erreicht. Durch das Korsett soll eine aktive Extension, Derotation und ein Lordoseausgleich herbeigeführt werden. Die Behandlung im Milwaukee-Korsett wird durch eine spezielle Krankengymnastik im Korsett begleitet. Die Nachteile liegen in einem stark lordosierenden Effekt auf die Brustwirbelsäule und in dem belastenden Tragekomfort durch den Halsring. underarm braces (TLSO = thorako-lumbo-sakrale-Orthese) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Therapie · Skoliose · Deformitiäten I 04 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Therapie · Skoliose · Deformitiäten Die underarm braces bezeichnen die Nachfolger des Milwaukee Korsetts, die ohne Halsring auskommen. Bei den TLSO Orthesen wird über eingebaute Pelotten (Druckpolster) an drei Stellen Druck auf die Wirbelsäule ausgeübt, damit die korrigierende Kraft ausgeübt werden kann, um die Fehlstellung der Wirbelsäule zu verbessern. Diese so genannten Dreipunkte-Korsetts haben ihre Druckpolster in der Regel im Bereich der Lendenwirbelsäule, der Außenseite des Beckens und am Brustkorb. Die Derotationsorthesen nach Boston, Cheneau und das Lyoner (Stagnara) Korsett gehören zu dieser Art von Orthesen. Boston Korsett Das Boston Korsett ist eine Weiterentwicklung des Milwaukee Korsetts. Das Korsett wird nach einem Gipsabdruck aus Kunststoff angefertigt und soll über eingebaute Erhöhungen eine teilaktive Korrektur der Wirbelsäulenfehlstellung erreichen. Das Boston Korsett zeichnet sich anfänglich durch eine starke Entlordosierung der Lendenwirbelsäule aus, die sich als nachteilig erwies. In der Folgezeit wurden durch den modularen Aufbau des Korsetts Varianten des Boston Korsetts entwickelt, die eine Lendenlordose bis zu einem Cobb Winkel von 15° aufzeigen. Dies ist von entscheidender Bedeutung bei der Korrektur der Fehlstellung, da nur über eine physiologische Ausbildung der Lendenlordose eine Kyphosierung der thorakalen und thorakolumbalen Wirbelsäule erreicht werden kann. Das Zusammenspiel der Module und der eingebauten Druckpelotten soll dann eine Aufrichtung und Derotation der Wirbelsäule bewirken. Das Boston Korsett wird in der Regel zur Behandlung lumbaler und thorakolumbaler Skoliosen eingesetzt. Chêneau Korsett Das Cheneau Korsett wurde Mitte der 70er Jahre durch den französischen Arzt Jacques Cheneau entwickelt. Die Orthese wird nach Gipsabdruck aus Kunststoff gefertigt, verfügt über einen Beckenkorb, der das Becken aufrichtet und eine Streckung der Lendenwirbelsäule zulässt. Das Cheneau Korsett ist ein teilaktives Inspirations-Derotationskorsett, wodurch die Korrektur der bestehenden Fehlstellung durch den Pelottendruck, die Freiräume in der Orthese, die als Ausgleichsräume dienen und eine speziell zu erlernende Atemtechnik erreicht wird. Das Cheneau Korsett wird in der Regel zur konservativen Therapie der idiopathischen thorakalen Skoliose eingesetzt. Lyoner oder Stagnara Korsett Durch eine hohe Anlage des Korsetts unter den Achseln bewirkt diese Orthese eine Rumpfextension. Der Beckenteil und die Achselstützen sind vorn und hinten mit Aluminiumstäben verbunden, die eingebauten Druckpelotten bewirken eine Derotation. Das Stagnara Korsett kann bei thorakolumbalen und mittelhohen thorakalen Skoliosen eingesetzt werden. Wilmington Brace Dieses Korsett wird aus Thermoplast hergestellt und findet hauptsächlich bei thorakolumbalen Skoliosen ohne fixierte Rotationsstellung der Wirbelsäule seine Anwendung. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 04 Charleston Bending Brace Dieses Korsett ist ein so genanntes Umkrümmungskorsett, da im Vergleich zu den oben genannten Orthesen eine umkrümmende Kraft auf die Wirbelsäulenverbiegung einwirkt. Der Patient wird im Korsett in einer maximalen Seitwärtsneigung der zu behandelnden Krümmung gehalten. Durch eine eingebaute Pelotte wird Druck auf die maximale Spitze (Apex) der Krümmung ausgeübt, wodurch eine Umkrümmung der skoliotischen Deformität erreicht wird. Das Korsett soll 8 Stunden während der Nachtruhe getragen werden und wird zur Behandlung kurzer thorakolumbaler oder lumbaler Skoliosen eingesetzt. Umkrümmungskorsett nach Lukeschitsch Durch in den Beckenkorb eingebrachte Pelotten wird Druck auf den lumbalen Scheitel der skoliotischen Krümmung ausgeübt. An den ventralen und dorsalen Aluminiumstangen des Korsetts können Pelotten stufenlos eingestellt werden. Diese Druckkomponenten führen zu einer Derotation und Aufrichtung der Wirbelsäule. Operative Behandlung Die operativen Korrekturverfahren einer Skoliose gehören zu den großen Eingriffen an der Wirbelsäule, die, wie andere Operationen auch, Komplikationen nach sich können. Deshalb sollten bei der Indikationsstellung zum operativen Vorgehen folgende Kriterien bestehen: · Progression (Zunahme) des Krümmungswinkels · Ungünstiges sagittales Profil · Schmerzen Bei der Auswahl der Operationstechnik sind folgende Kriterien zu berücksichtigen: · Flexibilität der Hauptkrümmung · Flexibilität der Gegenkrümmungen · Sagittales Profil · Bestimmung der Endwirbel für die Instrumentation · Stable zone Für die operative Therapie der Skoliose stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, mit denen die Verkrümmung und Verdrehung der skoliotischen Deformität korrigiert und stabilisiert werden können. Es lassen sich folgende Verfahren unterscheiden: · Dorsale Verfahren, die über einen Zugangsweg von hinten erfolgen · Ventrale Verfahren, die einen vorderen Zugang haben · Kombinierte dorsale und ventrale Operationsverfahren Weitere Information zur operativen Versorgung der verschiedenen Skolioseformen und ausgewählte Operationsverfahren, die in unserer Abteilung bei der Behandlung von Skoliosen eingesetzt werden, stellen wir Ihnen in den Bereichen „Idiopathische Skoliose“, Kongenitale Skoliose“ und Neuromuskuläre Skoliose“ vor. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Therapie · Skoliose · Deformitiäten I 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten Geschichte der Skoliosetherapie Die Geschichte der Erkennung und Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen reicht zurück bis in die Antike. Die Wirbelsäule war und ist seit über 2000 Jahren für viele Mediziner ein weitreichendes Forschungsgebiet, auf dem es im Laufe der Zeit immer wieder neue Erkenntnisse in den Gebieten der Anatomie, Physiologie, Pathologie und Therapie gegeben hat. Hippokrates von Kos (um 460-377 v. Chr.) gilt als Begründer der wissenschaftlichen Schulmedizin in Europa. • Hippokrates von Kos Zitate von Hippokrates wie „Die Wirbelsäule trägt Ursache und Wirkung in Eins“ oder „Erlanget Wissen über das Rückgrat, denn von diesem gehen viele Krankheiten aus“ zeugen davon, dass Hippokrates bereits vor über 2000 Jahren die Bedeutung der Wirbelsäule erkannte. Die Arbeiten von Hippokrates und Autoren in seinem Umfeld sind in einem Werk von cirka 60 Schriften, dem so genannten „corpus hippokratum“ zusammengefasst. Er schrieb Werke über die Gelenke (de articulis), Knochenbrüche (de fracturis) und die Rachiotherapie, (Rhachis, griechisch, Rückgrat, Wirbelsäule) die Behandlung des Rückens. In seinen funktionellen anatomischen Beschreibungen erwähnt er über den Begriff „Parathremata“ Verschiebungen von Gelenken und Wirbeln, in denen er die Ursache viele Erkrankungen sah. Hippokrates beschrieb erstmals Behandlungen, die Grundzüge der Manualtherapie erkennen lassen. Er benutzte Traktion (Zug) und Druck, um Verrenkungen, Knochenbrüche und Verbiegungen an der Wirbelsäule zu korrigieren. Appolonius von Kitium (1. Jahrhundert v. Christus) hat einige Werke von Hippokrates erstmals mit Illustrationen versehen, die als eindeutige Handlungsanweisungen für die Reposition von Knochenbrüchen oder Gelenkluxationen, sowie manipulativ korrigierenden Eingriffen an der Wirbelsäule unter Traktion zu verstehen sind. Er beschreibt zum Beispiel „die Einrichtung der Wirbel, die geschieht durch die Ferse des Arztes und durch die Winden“. Galen aus Pergamon (129-199 nach Christus) Galen, ein römischer Arzt griechischer Herkunft, war neben Hippokrates der Arzt der Antike, der die Entwicklung der Medizin als Wissenschaft durch seine Arbeiten entscheidend beeinflusst hat. Er hat viele Werke in den Fachrichtungen Anatomie (de usu partium corporis humani“ und „de anatomicis administrationibus“), Physiologie und Pathologie geschrieben, die sich auf Erkenntnisse aus Tiersektionen stützten. Von Bedeutung sind seine Werke über die Knochenlehre (Osteologie), die Muskellehre (Myologie), den Aufbau des Skelettsystems und der Beschreibung von Gehirn- und Rückenmarksnerven. Die gewonnenen Erkenntnisse waren für die nächsten Jahrhunderte eine wesentliche Grundlage der Ausbildung von Ärzten. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 05 Oribasius (326-403), ein griechische Arzt aus Pergamon, verfasste eine Medizinische Sammlung, die „synagogia latrike“, eine Enzyklopädie in zweiundsiebzig Bänden, die hauptsächlich auf den Werken von Galen und weiteren griechischen Ärzte beruhte. In den Illustrationen finden sich auch Anwendungsbeispiele von Extensionsbehandlungen. • Extensionsbehandlung in der Antike Guido Guidi (1491-1547) war Professor für Chirurgie am berühmten „College de France“ in Paris. Er schuf ein umfassendes illustriertes Werk über die Erkrankungen der Wirbelsäule und deren Behandlung. • Extensionsbehandlung im Mittelalter Ambroise Paré (1510-1590) ein französischer Feldarzt, gilt als Wegbereiter der modernen Chirurgie und der Versorgung mit Prothesen und Stützorthesen. Er schuf die ersten Stützkorsetts aus Metall zur Korrektur von Wirbelsäulendeformitäten. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten • Ambroise Paré I 05 • Stützkorsett aus Metall Andreas Vesal, genannt Vesalius, (1515-1564), ein berühmter Chirurg und Anatom aus Padua, begründete durch sein anatomisches Werk “De humani corporis fabrica libri septem“ erstmals die wissenschaftliche Anatomie in der Neuzeit. Im Gegensatz zu den Arbeiten Galens beruhten seine anatomischen Zeichnungen auf Sektionen, die er an allen zum Tode Verurteilten in Padua durchführte. • A. Vesal, „De humanis corporis“ Wilhelm Fabry, genannt Fabricius Hildanus (1560-1634), war ein großer deutscher Wundarzt, auf den die erste Darstellung einer skoliotischen Wirbelsäule in seinem Werk „Der Abriß des Rückgrads“ zurückgeht. • Fabricius Hildanus • Hildanus, Der Abriß des Rückgrads Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten I 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten Francis Glisson (1597-1677), ein englischer Anatom, beschrieb in einem umfassenden Werk erstmals ausführlich die Krankheit Rachitis, einer damals sehr verbreiteten Knochenerkrankung, die auf einem Vitamin D Mangel beruht und durch die Knochenstoffwechselstörung zu Skelettdeformitäten, besonders auch zur Skoliose, führte. Er schuf für diese Erkrankung eine Extensionsbehandlung, bei der mittels einer gepolsterten Lederschlinge, die am Kinn und Hinterkopf befestigt wurde, Zug auf die Wirbelsäule ausgeübt wurde, um die Wirbelsäulenverbiegung zu begradigen. Das Prinzip der „Glissonschlinge“ findet noch heute in der modernen Extensionsbehandlung seine Anwendung. • Francis Glisson In der Folgezeit wurden Gerätschaften für die Extensionsbehandlung und Orthesen zur Korrektur von Wirbelsäulenverkrümmungen ständig weiterentwickelt. Um 1762 entwickelte Augustin Roux verschiedene Orthesen zur Korrektur von Wirbelsäulenverkrümmungen • Korrekturorthesen nach Roux Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten 1783 konstruierten Le Vacher und Sheldrake weitere Korrekturmodelle zur Begradigung der deformierten Wirbelsäule • Korrekturorthesen nach Le Vacher und Sheldrake Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten 1835 schuf J. Hossard das erste Korsett mit einer mechanischen Verstellmöglichkeit, um Wirbelsäulenkrümmungen im Korsett zu korrigieren. • Korrekturorthesen nach Hossard Die Diagnostik und Therapie der Wirbelsäulenerkrankungen war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts vorwiegend durch die klinische Untersuchung und die therapeutische Anwendung von unterschiedlichen Korsetts und Extensionsbehandlungen geprägt. 1839 führte Jules Guerin erstmals die „myotomie rachidienne“ , eine Muskeldurchtrennung der paraspinalen Muskulatur zur Therapie der Skoliose durch, da er in der muskulären Dysbalance der paraspinalen Muskulatur die Ursache der Skolioseentstehung sah. Die Korrekturergebnisse waren schlecht, weshalb sich diese Methode nicht etablierte. 11. November 1895, Wilhelm Conrad Röntgen der Würzburger Professor der Physik vollbringt einen wichtigen Fortschritt in der Diagnostik, als er bei Experimenten mit Kathodenstrahlröhren eine bis dahin nicht bekannte Strahlenart entdeckte. Im Januar 1901 stellte er seine Entdeckung vor und fertigte eine Röntgenaufnahme seiner Hand an. Seither werden diese Strahlen als Röntgenstrahlen bezeichnet. Erst ab 1925 konnten dann Wirbelsäulenaufnahmen in 2 Ebenen angefertigt werden, die eine angemessene Aussage über den strukturellen Wirbelsäulenbefund ermöglichten. L. Wullstein leistete 1902 mit seiner Veröffentlichung „Die Skoliose in ihrer Behandlung und Entstehung“ durch seine klinischen und experimentellen Forschungen einen großen Beitrag zum Verständnis der Skoliose. • Wullstein, Skoliosetherapie Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten 1911 führte Fred Albee erste Fusionsoperationen (Wirbelsäulenversteifungen) bei Patienten mit tuberkulös deformierter Wirbelsäule durch. Die Versteifung erfolgte über eine Fusion der Wirbelbögen, bei der nach Spaltung der Dornfortsätze ein Knochenspan aus dem Schienbein eingebracht wurde. 1920 stellte der Chirurg Wreden erstmals eine Operationstechnik der Skoliose vor, bei der Metallimplantate eingesetzt wurden. 1931 veröffentlichte Russel Hibbs die Resultate von über 300 Skolioseoperationen, bei denen er eine Spondylodese (Versteifung) durchgeführt hatte, die auf der Methodik von Albee aufbaute. Er benutzte die Dornfortsätze und feine Knochenspäne aus den Wirbelbögen als autologes (körpereigenes) Knochenmaterial zur Versteifung. Zusätzlich verödete er die Gelenke der Wirbelbögen im Bereich der Versteifungszone. 1933 verwendete Ghormley erstmals Späne aus dem Beckenkamm als autologes Material zur Wirbelsäulenversteifung. 1951 veröffentlichte Lange in einer orthopädisch-chirurgischen Operationslehre ein Skolioseoperationsverfahren, bei der zur Stabilisation des Korrekturergebnisses eine innere Fixation mit Küntscher-Nägeln, die an den Dornfortsätzen der Wirbel befestigt wurden, durchgeführt wurde. • Lange, Skoliose-Op, Versorgung mit Küntschernagel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 05 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten 1962 führte Paul R. Harrington, ein amerikanischer Orthopädischer Chirurg, ein selbst entwickeltes Instrumentarium ein, das Harrington Stab-System, durch das die operative Skoliosetherapie revolutioniert wurde. Das wesentliche Prinzip bestand in der Einbringung eines konvexen Kompressionsstabes und eines konkaven Distraktionsstabes zum Ausgleich und zur Stabilisierung der skoliotischen Verkrümmung der Wirbelsäule. Mit dieser Technik konnten viele Patienten mit idiopathischer, kongenitaler und neuromuskulärer Skoliose erfolgreich behandelt werden. Es folgten bis heute viele Modifikationen und Weiterentwicklungen dieser genialen Innovation von Harrington. • Paul R. Harrington Pierre Stagnara, (1917-1995), ein bedeutender französischer Orthopäde hat die Weiterentwicklung der Skoliosetherapie in der Zeit von 1950-1982 entscheidend mitgeprägt. Er erkannte die Bedeutung der Entfernung des Rippenbuckels („resection du chevalet costal“) und der damit verbundenen erhöhten Flexibilität der Wirbelsäule. Er entwickelte die Technik des „Greffe anterieur“, des vorderen Abstützspans zur Unterstützung der Wirbelsäulenstabilität bei der operativen Versorgung von Skoliosen, die mit einer schweren Kyphose kombiniert waren. Er verbesserte die radiologische Beurteilung der Kyphoskoliosen durch Einführung einer speziellen Schrägaufnahme, bei der die Röntgenkassette parallel zur medianen Fläche des Rippenbuckels ausgerichtet wird („plan d‘élection“). • Pierre Stagnara • Stagnara, plan d‘élection Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 05 1975 stellte Luque eine Weiterentwicklung des Harrington Instrumentariums zur posterioren segmentalen Fixation der Wirbelsäule vor. Bei dieser Methode wird die skoliotische Krümmung durch 2 individuell gebogene Metallstäbe, die mit Drahtschlingen an den Wirbelbögen nach Durchtrennung der Ligamenta flava befestigt werden, ausgeglichen und stabilisiert. Der Vorteil dieser Methode bestand in einer hohen postoperativen biomechanischen Stabilität, die praktisch keine Nachtherapie im Korsett erforderte, der Nachteil bestand in einem sehr hohen Risiko des Auftretens neurologischer Komplikationen. 1973 entwickelte Dwyer den operativen Zugang für die Korrektur von Skoliosen über einen Zugang von vorn (anteriorer oder ventraler Zugang). Der Zugang von vorne wurde durch die operativen Ergebnisse von Hodgson und Stock vorbereitet, die viele Tuberkulosepatienten über einen transpleural-retroperitonealen Zugang operierten und dadurch ein standardisierter Zugang zur Lendenwirbelsäule und unteren Brustwirbelsäule geschaffen wurde. Durch dieses ventrale Verfahren wurden die neurologischen Komplikationen verringert, die Fusionsstrecke wurde verkürzt und die Stabilität wurde durch die interkorporelle Fusion verbessert. Nachteile der Methode bestanden in der mehrmonatigen Nachbehandlung im Korsett und der fehlenden Möglichkeit der Derotation der Wirbel. • Dwyer 1975 stellte Klaus Zielke die Ventrale Derotationsspondylodese (VDS) vor, die er aus dem Dwyer Verfahren weiterentwickelte. Die wesentliche Verbesserung lag in einer neuen Kompressionstechnik und dem Einsatz eines Derotators. Mit diesem Verfahren konnten in der Frontalebene ausgezeichnete Ergebnisse erzielt werden, der Nachteil bestand in einer unzureichenden Beachtung des sagittalen Profils der Wirbelsäule mit Aufhebung der Lendenlordose. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten I 05 1984 entwickelten Yves Cotrel und Jean Dubousset eine Operationsmethode, die von der Luque-Methode abgeleitet war. Ziel des Verfahrens war, durch eine dreidimensionale Korrektur der Wirbelsäule mittels Translation, Distraktion und Kompression eine bessere Derotation und ein verbessertes sagittales Profil der skoliotischen Wirbelsäule in Kombination mit einer Primärstabilität zu erzielen. Die Grundidee dieses Operationskonzept ist auch heute noch die Grundlage für die dorsale Instrumentation von Skoliosen. Die neurologischen Komplikationen, die bei der Methode nach Luque durch die Drahtcerclagen um die Wirbelbögen hervorgerufen wurden, konnten bei dieser neuen Methode dadurch vermieden werden, dass die beiden Metallstäbe mit Haken und Schrauben direkt knöchern in den Pedikeln der Wirbel fixiert wurden. Der Nachteil der Methode bestand in der ungenügenden Wiederherstellung des sagittalen Profils der Wirbelsäule und einer häufigen Dekompensation der nicht instrumentierten Wirbelsäulenanteile. Die dorsalen und ventralen Instrumentationen gibt es in verschiedenen weiterentwickelten Methoden oder in kombinierter Anwendung der Verfahren. Die Methoden nach Harrington, Luque und Cotrel-Dubousset sind Operationsverfahren, die von hinten über einen Zugang am Rücken (posteriorer Zugang) durchgeführt werden. Eine Weiterentwicklung des Instrumentariums von Cotrel-Dubousset für dorsale Operationsverfahren ist zum Beispiel das Spinefix-System Die Operationsverfahren nach Dwyer und Zielke erfolgen über einen ventralen (vorderen) Zugang. Die Instrumentation für den anterioren Zugang wurde ständig weiterentwickelt, basiert aber immer noch auf den Prinzipien des Zielke Instrumentariums. Neuere Entwicklungen sind die primärstabilen Instrumentarien von Halm-Zielke, Kaneda und CDH, sowie die ventrale Lordosierungs- und Derotationsspondylodese (VLDS). Das zunehmende Verständnis der Biomechanik der Wirbelsäule und die bahnbrechenden Arbeiten von Paul Harrington, der erstmals ein Implantatsystem zur Skoliosebehandlung entwickelt und eingesetzt hat, haben dazu geführt, dass sich das Gebiet der Wirbelsäulenchirurgie seit 1960 stetig weiterentwickelt hat. Durch eine kontinuierliche Verbesserung von Operationstechniken und Implantatsystemen, die rasante Weiterentwicklung von Computer gestützter apparativer Diagnostik mit hoher Aussagekraft und einer hoch entwickelten Intensivmedizin können heute anspruchsvolle und komplizierte Eingriffe an der Wirbelsäule durchgeführt werden, die dem betroffenen Patienten völlige Heilung seines Leidens oder eine Verbesserung seiner Lebensqualität durch Linderung des bestehenden Befunds ermöglicht. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 10 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Geschichte der Skoliosetherapie · Skoliose · Deformitiäten I 06 Was ist eine Idiopathische Skoliose? 80-90 % aller Skoliosen sind idiopathische Skoliosen, der Rest verteilt sich auf die neuromuskulären und kongenitalen Skoliosen, die nachvollziehbare Grunderkrankungen für die Entstehung einer Skoliose aufweisen. Mädchen sind etwa viermal häufiger betroffen als Jungen. Idiopathisch bedeutet, dass dieses Leiden „aus sich heraus entsteht“, letztendlich die Ursachen nicht bekannt sind (griechisch: „idios, selbst; pathos, Leiden). Die idiopathische Skoliose ist eine dreidimensionale Wirbelsäulendeformität, bei der bis heute der exakte Entstehungsmechanismus ungeklärt ist. Die Dreidimensionalität der Skoliose bringt zum Ausdruck, dass sich die Veränderungen an der Wirbelsäule in den drei Körperebenen, der Frontal-, Sagittal- und Transversalebene abspielen. In der Frontalebene kommt es zur Seitabweichung, in der Transversalebene findet die Rotation der Wirbel in den betroffenen Segmenten um ihre eigene Achse sowie die Torsion, eine schraubenförmige Verwindung der Wirbelsäule statt. Eine weitere Veränderung zeigt sich in der Sagittalebene, in der sich die typischen seitlichen Konturen der Wirbelsäulenschwingungen (Kyphose und Lordose) verändern können. Skoliosen im Bereich der Brustwirbelsäule weisen häufig eine Abflachung des sagittalen Profils mit Bildung eines thorakalen Flachrückens auf, Skoliosen im Übergangsbereich der Brust- zur Lendenwirbelsäule zeigen oft eine Kyphosierung (Rundrückenbildung) dieses Bereichs. Durch die Deformierung der Wirbelsäule kommt es zu strukturellen Veränderungen der Bewegungssegmente mit rasch einsetzenden und zunehmenden Veränderungen der Wirbel, Wirbelgelenke, Bandscheiben und des Bandapparats, was durch die veränderte statische Belastung der Segmente verursacht wird. Welche Faktoren werden als Auslöser für die idiopathische Skoliose diskutiert? · Genetische Faktoren Studien haben eine familiäre Häufung der Skoliose nachgewiesen. · Wachstumsschub Es besteht die Möglichkeit, dass die Wirbelsäule im Wachstumsschub weniger Stabilität besitzt und dadurch in Kombination mit Haltungsfehlern anfälliger für die Ausbildung von Fehlstellungen ist. · Körperhaltung In Vergleichsstudien von Skoliosepatienten mit Patienten ohne Wirbelsäulenbefund wurde nachgewiesen, dass unter den Patienten mit einer Skoliose ein wesentlich größerer Anteil von Personen mit einer Störung der propriozeptiven Funktionen gefunden wurde. Propriozeptive Funktionen beinhalten die Fähigkeit zur Tiefenwahrnehmung zum Beispiel des Muskeltonus. Ist diese Funktion gestört, kann es zur Veränderung der Körperhaltung und damit zur Ausbildung von Fehlstellungen kommen. · Mechanische Faktoren Biomechanische Studien haben gezeigt, dass eine Bewegung der Wirbelsäule in Richtung einer der bestehenden Körperachsen, eine Gegenbewegung einer der anderen Körperachsen nach sich zieht. Dieses Phänomen wird als „Coupling Effekt“ bezeichnet. Dieser Effekt und das unterschiedliche Rotationsverhalten der Wirbel in einem lordotischen oder kyphotischen Wirbelsäulenabschnitt bei einer einwirkenden axialen Kraft (zum Beispiel in einem Wachstumsschub) können eine Seitverbiegung der Wirbelsäule mit Rotation der Wirbel verursachen. Wie werden die idiopathischen Skoliosen eingeteilt? Es gibt keine international einheitliche Einteilung der idiopathischen Skoliose. Gebräuchlich sind, neben vielen anderen Gruppierungsmöglichkeiten, Einteilungen, die sich auf das Lebensalter des Erstauftretens der Skoliose oder auf Form und Krümmungstyp der Skoliose beziehen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten I 06 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten Auf der Grundlage des Altersabschnitts der Erstdiagnosestellung unterscheidet man: · Infantile Skoliose Dieser Typ tritt bis zum 3. Lebensjahr auf, ist selten und zeigt gehäuft Skoliosen im Bereich der Brustwirbelsäule. · Juvenile Skoliose Der juvenile Typ tritt zwischen dem 4. und 10. Lebensjahr auf und zeigt sowohl Skoliosen im Brustwirbel- als auch im Lendenwirbelbereich. Die Häufigkeitsverteilung zwischen Mädchen und Jungen ist etwa identisch. · Adoleszente Skoliose Sie tritt ab dem 11. Lebensjahr auf, ist die häufigste Form und betrifft Mädchen cirka viermal so häufig als Jungen. Oft zeigen sich Skoliosen im Brutwirbelsäulenbereich. · Adulte Skoliosen, die im Erwachsenenalter auftreten. Mit Bezug auf den Krümmungstyp unterscheidet man Skolioseformen, die im Bereich der Hals-, Brust- oder Lendenwirbelsäule, sowie in den Übergangsbereichen okzipitozervikal, zervikothorakal, thorakolumbal oder lumbosakral liegen. Was muss bei der Stellung der Operationsindikation beachtet werden? Die Entscheidung, eine Skoliose operativ zu behandeln, hängt von verschiedenen Faktoren ab: · Zunahme der Skoliosekrümmung (Progression) · Bestehendes ungünstiges sagittales Profil . Vermeidung struktureller Veränderungen in der kompensatorischen Kurve · Schmerzen · Vermeidung sekundärer Komplikationen (Herz-Kreislaufsystem und Lunge) · Faktoren, wie Patientenalter, Cobb-Winkel, individuelle Beeinträchtigung und Leidensdruck fließen zusätzlich in diesen Entscheidungsprozess ein. Bei der Wahl der Operationstechnik sind folgende Faktoren zu berücksichtigen: · Flexibilität der Haupt- und Gegenkrümmung (Rigidität) · Sagittales Profil · Stable zone · Bestimmung der Endwirbel für die Instrumentation Was sind die Ziele der operativen Korrektur der Skoliose? Ziel ist die dreidimensionale Wiederherstellung der Wirbelsäule: · In der Frontalebene muss durch eine Distraktion die Aufrichtung der Skoliose aus der seitlichen Krümmung in eine lotgerechte Stellung erfolgen. · In der Transversalebene erfolgt über eine Derotation die Behebung der Rotations- und Torsionsfehlstellung. · In der Sagittalebene muss das seitliche Profil der Wirbelsäule wieder hergestellt werden. · Die Instrumentation sollte primär stabil sein, damit eine Nachbehandlung ohne Korsett erfolgen kann, was bei einer dorsalen Instrumentation mit Pedikelschrauben und einer Doppelstab-Instrumentation ermöglicht wird. Bei ventralen Eingriffen muss die Notwendigkeit einer Nachbehandlung mit einem Korsett davon abhängig gemacht werden, wie gut die Qualität des Knochens ist. Bei schlechter Knochenqualität kann eine Korsettbehandlung für zwei bis drei Monate postoperativ erforderlich werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 06 Bei intakter Knochenqualität ist ansonsten bei den ventralen Eingriffen, die ventral mit einem Korb (Cage) abgestützt werden, in der Regel keine postoperative Korsettversorgung erforderlich. · Die Fusionsstrecke (Länge der Versteifung) muss so kurz wie möglich gehalten werden, um eine gute Restbeweglichkeit der Wirbelsäule auf Grundlage des individuellen Befunds zu ermöglichen. Die dreidimensionale Korrektur kann durch eine ventrale oder durch eine dorsale Instrumentation erreicht werden. a. Dorsale Instrumentation Durch die dorsale Instrumentation, die heute im wesentlichen über Pedikelschrauben sowohl im thoracalen als auch im lumbalen Bereich ausgeübt wird, kann zunächst nach entsprechender Mobilisation der Gelenke eine gute Korrektur in der Frontalebene erreicht werden. Das sagittale Profil ist nur bedingt beeinflussbar. Deswegen ist bei vorbestehender ausgeprägter thoracaler Lordose immer eine ventrale Release-Operation notwendig. Auch die axiale Rotationsebene kann durch die dorsale Stabrotation nur bedingt beeinflusst werden, da mit der Stabrotation keine Rotation der Wirbelsäule vorgenommen wird. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Translation des instrumentierten Wirbelsäulenabschnittes in der Transversalebene. b. Ventrale Instrumentation Die ventrale Instrumentation geht auf Dwyer und Zielke zurück. Sie hat den großen Vorteil, dass bei dieser Operation die Bandscheiben ausgeräumt werden, so daß es möglich ist, auch eine direkte, segmentale Rotation zwischen den Wirbelkörpern vorzunehmen, was bei der dorsalen Instrumentation (s. oben) nicht möglich ist. Gleichzeitig muss man bei der ventralen Instrumentation bedenken, dass die Entfernung der Bandscheiben zu einer Verkürzung der vorderen Säule führt, so dass bei der ventralen Instrumentation immer ein kyphosierender Effekt entsteht. Diesen kyphosierenden Effekt kann man sich sehr gut bei thoracalen Skoliosen, die ja häufig mit einer thoracalen Lordose einhergehen, zunutze machen. Deswegen sind unter heutigen Gesichtspunkten die thoracalen Skoliosen mit einer apikalen Lordose die ideale Indikation für eine ventrale Instrumentation. Daneben eignen sich die lumbalen und thoracolumbalen Krümmungen sehr gut für eine ventrale Instrumentation. Hier ist allerdings darauf zu achten, dass die Operation immer mit einer ventralen Abstützung zwischen den Wirbelkörpern kombiniert wird, um den kyphosierenden Effekt der ventralen Instrumentation (s.o.) zu vermeiden. c. Kombinierter Zugang Bei sehr rigiden Skoliosen und vor allen Dingen bei Doppelkurven ist häufig ein ventrales Release, entweder im thoracalen oder im lumbalen Bereich notwendig, das dann von einer dorsalen Instrumentation gefolgt wird. Nach einem ventralen Release lässt sich durch die dorsale Instrumentation auch sehr gut das axiale Profil und die Rotation beeinflussen, da ja die Bandscheibe ausgeräumt ist und somit eine direkte Rotation möglich ist, die ohne Bandscheibenrauräumung eben nicht durchzuführen ist. Als wichtiges Ziel der Operation muß neben der Korrektur in der Frontalstellung vor allen Dingen die Wiederherstellung eines sehr guten sagittalen Profils angesehen werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Horizontalisierung des zuletzt instrumentierten Wirbelkörpers. Dies bedeutet, dass der caudal zuletzt instrumentierte Wirbelkörper horizontal zum Sakrum stehen sollte. Die dorsale Instrumentation hat den großen Vorteil, dass die postop. Behandlung in der Regel korsettfrei durchführbar ist. Bei der ventralen Instrumentation ist, in Abhängigkeit von der Knochenqualität eine 2 bis 3monatige Ruhigstellung in einem Korsett postoperativ notwendig. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten I 06 Welche Erscheinungsformen gibt es und wie können sie operativ korrigiert werden? Zunächst muss man zwischen Skoliosen im Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenbereich (Thorakal- und Lumbalskoliose) unterscheiden. Dann gibt es die Unterscheidung, ob eine einbogige oder eine doppelbogige Skoliose vorliegt. Die doppelbogigen Skoliosen treten in der Regel im Brust- und Lendenwirbelbereich gemeinsam auf. Die große einbogige Skoliose im Sinne eines großen C tritt bei der idiopathischen Skoliose seltener, bei der neuromuskulären Skoliose dagegen gehäuft auf. Thorakale Krümmungen Unter thorakalen Skoliosen versteht man Skoliosen, die ihre Primärkrümmung im Bereich der Brustwirbelsäule haben und die kompensatorische Gegenkrümmung lumbal liegt. Bei einer zusätzlichen hochthorakalen Gegenkrümmung muss diese in die Instrumentation einbezogen werden, da ohne Einbeziehung dieser hochthorakalen Gegenkrümmung eine Dysbalance trotz gut korrigierter Hauptkrümmung auftreten kann. Die thorakalen Skoliosen zeigen als besonderes Merkmal eine Veränderung des sagittalen Profils dahingehend, dass sie eine Tendenz zur Ausbildung einer Hypokyphose (Flachrücken) bis hin zur Lordose (Hohlrückenform) der Brustwirbelsäule aufweisen. Diese sagittale Fehlstellung wird zum Beispiel von Dickson als Primärursache für die Skoliose angesehen. Thorakale Skoliosen können durch Operationsverfahren mit einem ventralen (vorderen), dorsalen (hinteren) oder kombinierten Zugangsweg zur Wirbelsäule korrigiert werden. Operationsverfahren über einen ventralen Zugangsweg Die Mehrzahl der thorakalen Skoliosen vom Typ Lenke 1A, 1B, 1C und 3C kann häufig durch ein rein ventrales Operationsverfahren mit sehr guten Ergebnissen dreidimensional korrigiert werden. Der Vorteil des ventralen Verfahrens besteht darin, dass immer eine Verkürzung der vorderen Säule durch die Entfernung der Bandscheiben erreicht wird, wodurch automatisch eine hypokyphotisch-lordotische Fehlstellung im sagittalen Profil in eine Normalkyphose überführt werden kann. Operationsverfahren über einen dorsalen Zugangsweg Ein dorsaler Zugangsweg sollte dann in Betracht gezogen werden, wenn neben der thorakalen Primärkrümmung eine zusätzliche rigide, hochthorakale Gegenkrümmung besteht. Wenn diese hochthorakale Gegenkrümmung nicht in die Operation einbezogen wird, kann es zu einer Dekompensation kommen, da die Spontankorrektur dieser hochthorakalen Gegenkrümmung unzureichend ist. Ein Operationsverfahren nur über einen dorsalen Zugang wählt man, wenn: · Eine gute Mobilität der Primärkrümmung vorliegt, was leicht im Bending-Test überprüft werden kann · Keine ausgeprägte thorakale Hypokhose-Lordose vorliegt Operationsverfahren über kombinierte ventrale und dorsale Zugangswege Kombinierte Verfahren kommen immer dann zur Anwendung, wenn die Primärkrümmung eine sehr rigide Kurve aufweist und das sagittale Profil der Wirbelsäule ungünstig ist. Beim Vorliegen einer rigiden Haupt- und zusätzlichen hochthorakalen rigiden Nebenkrümmung kommt das kombinierte Operationsverfahren ebenfalls zum Einsatz. In diesen Fällen kann die Rigidität (Steifheit) der Wirbelsäule durch eine ventrale Release-Operation (Lockerung) verbessert werden und in der gleichen oder einer 2. Operation von dorsal instrumentiert werden, wodurch sehr gute dreidimensionale Korrekturen erzielt werden können. Das sagittale Profil der Wirbelsäule Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten I 06 spielt eine große Rolle, ob man eine ventrale Release Operation mit oder ohne ventraler Instrumentation durchführt. Bei einer ausgeprägten thorakalen Lordose ist immer ein ventrales Release notwendig, um eine genügende Rekyphosierung der Brustwirbelsäule zu erreichen. Bei sehr rigiden Skoliosen kann eine präoperative Extensionsbehandlung mittels einer Halo-Extension zur Anwendung kommen. Hierbei wird durch ein spezielles angebrachtes System permanent Zug in Richtung der Längsachse der Wirbelsäule ausgeübt, um bereits vor der Operation die eingesteifte Krümmung zu lockern. Dieses zusätzliche Verfahren sollte bei sehr rigiden Skoliosen mit einem Krümmungswinkel über 70° nach Cobb zum Einsatz kommen. Bei massiv eingesteiften Skoliosen muss manchmal so vorgegangen werden, dass zunächst eine 2-wöchige Halo-Extension durchgeführt wird, anschließend das ventrale Release erfolgt und erst nach einer erneuten 2-wöchigen Halo-Extensionsbehandlung die dorsale Instrumentation erfolgt. Durch dieses aufwändige therapeutische Vorgehen lassen sich auch bei massiv rigiden Skoliosen sehr gute Korrekturergebnisse erzielen. Thorakolumbale und lumbale Krümmungen Diese Krümmungstypen können über einen ventralen Operationszugang ideal versorgt werden. Dwyer und Zielke haben dieses Operationsverfahren in den 70er Jahren vorangetrieben. Nach der Einführung des CD-Instrumentariums von Cotrel-Dubousset kam dieses Verfahren zunächst in Verruf, da zwar sehr gute Korrekturergebnisse in der Frontalebene im Sinne der Wirbelsäulenaufrichtung erzielt wurden, häufig aber eine unzureichende Korrektur, manchmal sogar eine Verschlechterung des sagittalen Wirbelsäulenprofils mit diesen Verfahren verbunden war. Die von Harms vorgeschlagenen Veränderungen in den ventralen Operationsverfahren, inbesonders die Verwendung von strukturellen ventralen Abstützmaterialien (Cages), haben dazu geführt, dass die oben beschriebenen Nachteile, die Ausbildung einer lumbalen Kyphose, völlig zu vermeiden sind. Deshalb kann heute bei den meisten thorakolumbalen oder lumbalen Krümmungen die so genannte ventrale lordosierend-derotierende Spondylodese mit guter ventraler Abstützung zwischen den Wirbelkörpern als Therapie der Wahl angesehen werden. Wenn sehr rigide thorakolumbale und lumbale Skoliosen mit einer ausgeprägten thorakolumbalen Kyphose vorliegen, kann auch bei diesen Krümmungstypen ein kombiniertes operatives Vorgehen erforderlich werden. Durch ein ventrales Release und einer dorsalen Instrumentation mit einem Doppelstabsystem können auch bei diesen Befunden sehr gute Korrekturergebnisse erzielt werden, die häufig eine Nachbehandlung ohne Korsett ermöglichen. Diese Technik kommt häufig bei älteren Patienten zur Anwendung. Double Major Kurve Bei diesem Krümmungstyp handelt es sich um doppelbogige Kurven, die meistens eine rechtskonvexe thorakale und eine linkskonvexe lumbale Krümmung aufweisen. Das Problem dieses Typs ist darin zu sehen, dass die Skoliose oft erst spät erkannt wird, da sich die beiden gegenläufigen Krümmungen gut kompensieren und dadurch erst spät klinische Auffälligkeiten entstehen. Bei der Double Major Kurve ist das sagittale Profil meistens nicht so ungünstig verändert wie bei den thorakalen oder lumbalen Skoliosen. Früher war man bei der operativen Versorgung dieses Kurventyps eher zurückhaltend. Man hat mittlerweile herausgefunden hat, dass ausgeprägte lumbale Krümmungen, die zwar in der Jugend kaum Probleme verursachen, im weiteren Verlauf doch die Grundlage für das frühe Einsetzen von degenerativen Veränderungen der fehlbelasteten Bandscheiben mit Schmerzen nach sich ziehen. Deshalb sollte auch beim Vorliegen dieser Doppelkurven, gerade auch bei Doppelkurven mit einer Progressionstendenz, zu einem operativen Vorgehen geraten werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten I 06 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Idiopathische Skoliose · Skoliose · Deformitiäten Bei der Versorgung der Double Major Kurven können sowohl dorsale als auch ventrale Operationsverfahren zum Einsatz kommen. In der Regel zeigen diese Doppelkurven eine gute Flexibilität, so dass sie sich für die alleinige dorsale Instrumentation eignen. Mit der Verwendung von Pedikelschrauben kann das frontale und sagittale Wirbelsäulenprofil sehr gut korrigiert werden. Sollten die Bendingtests beim Vorliegen einer Double Major Kurve zeigen, dass eine der beiden Krümmungen nur ungenügend aufgerichtet werden kann oder ein unzureichendes seitliches Profil besonders in der Thorakalebene besteht, kann man auch eine ventrale Instrumentation über beide Kurven durchführen. Mit dem ventralen Vorgehen ist es dann oft möglich, die Versteifungsstrecke nach unten zu verkürzen. Die Möglichkeit der Einsparung eines zu versteifenden Segments kann schon ein Grund sein, bei diesen Befunden das ventrale Vorgehen zu empfehlen, da jedes zusätzliche bewegliche Segment in der Lendenwirbelsäule für die Gesamtfunktion der Wirbelsäule von großer Bedeutung sein kann. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 07 1 Was ist eine „Kongenitale Skoliose“? Unter einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose versteht man eine Wirbelsäulendeformität mit Seitverbiegung und Verdrehung der Wirbelsäule, die durch angeborene Störungen in der embryonalen Wirbelentwicklung die Ausbildung von einem oder mehreren fehlgebildeten Wirbeln verursacht. Die unvollständig ausgebildeten Wirbel führen zu einem asymmetrischen Wachstum der Wirbelsäule. Fehlangelegte Wirbel können in jedem Wirbelsäulenabschnitt auftreten. Durch so genannte Formationsstörungen, Segmentationsstörungen oder kombinierte Formen von Wirbelfehlanlagen wird das normale Wachstum der Wirbelsäule gestört und es kann dadurch in der weiteren Entwicklung der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Skoliose kommen. Kongenitale Skoliosen treten selten auf, können aber wegen der Schwere der Wirbelsäulendeformität eine frühzeitige Operation erforderlich machen. Wie entstehen die Wirbel in der Embryonalentwicklung? Die 4.-8. Schwangerschaftswoche wird Embryonalperiode genannt. In dieser Entwicklungsperiode werden die Organe aus den drei Keimblättern angelegt (Organogenese). Man unterscheidet drei Keimblätter: Das äußere Keimblatt (Ektoderm), aus dem sich das Rückenmark, Nervensystem, Gehirn, Haut und Haare bilden. Das innere Keimblatt (Entoderm), aus dem sich der Verdauungstrakt, Leber, Bauchspeicheldrüse, Harnblase und Harnröhre, Schilddrüse und Atemtrakt entwickeln. Das mittlere oder 3. Keimblatt (Mesoderm) bildet die Wirbelsäule, die Rippen und die Muskulatur. Durch Zellwanderung entlang der Mittellinie (paraaxial) des Mesoderms bilden sich die so genannten Somiten (Urwirbel), wobei sich zunächst 42-44 paarig angelegte Somitenpaare neben der Chorda dorsalis und dem Neuralrohr ausbilden. Die einzelnen Somiten bilden Segmentierungsfurchen aus, die bereits am Embryo sichtbar sind. Die Somiten differenzieren sich weiter, wobei aus der Somitenwand drei Entwicklungsanlagen entstehen: Das Dermatom bildet die Haut und das Unterhautgewebe, aus dem Myotom entsteht die quergestreifte Muskulatur von Armen, Beinen und Rumpf und aus dem Sklerotom entwickeln sich die Wirbelsäule und die Rippen. Die primäre Anlage der Urwirbel (Ursegmente) entspricht noch nicht der endgültigen Anlage der Wirbel. In der weiteren Phase des Embryonalwachstums werden 10 Somiten nicht weiterentwickelt, es kommt zur Ausbildung der 32-33 endgültigen Wirbel. Zwischen der 7. und 10. Schwangerschaftswoche entstehen die Wirbel durch Teilung der Sklerotome in der Mitte in einen vorderen und hinteren Abschnitt, wobei die Wirbel durch Vereinigung von zwei benachbarten Halbsomiten (Ursegmenten) entstehen. Die Teilungsstelle entspricht dem späteren Zwischenwirbelspalt. Die Bandscheiben entstehen aus der vorderen Somitenhälfte, die zellärmer ist. Diese Neugliederung der Körperachse wird als Resegmentierung bezeichnet. Treten in der Verschmelzung der Halbsomiten Störungen auf, kann es zur Ausbildung von fehlangelegten Wirbelkörpern kommen, die sich dann als Formationsstörung oder Segmentationsstörung der Wirbelkörperbildung zeigen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 1 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten • Drei angelegte Somitenpaare bei einem menschlicher Embryo cirka in der 3.-4. Schwangerschaftswoche (von hinten bei geöffnetem Dottersack gesehen). · Neuralrinne · Somiten · Eröffneter Dottersack Welche Formen der angeborenen Wirbelfehlbildung gibt es? Man unterscheidet Formationsstörungen, Segmentationsstörungen und kombinierte Formen der Wirbelfehlanlage. Formationsstörungen Eine Formationsstörung liegt vor, wenn ein Wirbelkörper unvollständig angelegt ist. Man unterscheidet: · Vordere Formationsfehler (Keilwirbel) • normal ausgebildete mittlere Brustwirbelsäule, seitlich gesehen • Keilwirbel (seitlich gesehen) · Keilwinkel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 07 1 Ein Keilwirbel liegt vor, wenn ein Wirbelkörper einseitig dysplastisch (fehlangelegt) ist, die Pedikel (Bogenwurzeln) aber noch erhalten sind. · Laterale Formationsfehler (Halbwirbel) • Wirbelsäulenabschnitt mit zwei Halbwirbeln, kompensiert · Halbwirbel Bei lateralen Formationsstörungen entstehen so genannte Halbwirbel, wenn eine Wirbelseite dysplastisch angelegt ist. Man sieht verschiedene Formen von Halbwirbeln. Es können auf einer Wirbelseite die Bogenwurzeln und Wirbelgelenke überhaupt nicht angelegt sein, es kann aber auch nur zu einer leichten seitlichen Abschrägung der Wirbelkontur kommen. Halbwirbel können als Einzelbefund oder gehäuft auftreten und, je nach Erscheinungsbild, zu einer Deformität der Wirbelsäule im frontalen und sagittalen Wirbelsäulenprofil führen. Sind zwei Halbwirbel oberhalb und unterhalb eines intakt angelegten Wirbels in umgekehrter Keilrichtung vorhanden, können die beiden Halbwirbel die Tendenz der Wirbelsäule, sich zu verbiegen, eventuell kompensieren (siehe Bild). · Mittlere Formationsfehler · Schmetterlingswirbel Liegt ein mittlerer Formationsfehler, also ein zentraler Wirbelkörperdefekt vor, kommt es zur Ausbildung eines Schmetterlingswirbels. Die vorhandenen Wirbelanteile können Wachstumsfugen aufweisen, sie können aber auch mit Wirbelkörpern des benachbarten Wirbelsegments verwachsen sein. Schmetterlingswirbel, die in ihrer Höhe normal ausgebildet sind, müssen nicht zu einer Abweichung der Wirbelsäulenachse führen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 1 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten Welchen Verlauf können kongenitale Skoliosen haben? Der Spontanverlauf kongenitaler Skoliosen ist variabel und hängt vom Ausmaß der Fehlbildung ab. Einige Fehlbildungen wie der inkarzerierte oder balancierte Halbwirbel lassen eine günstige Prognose erwarten, im Gegensatz zu rasch progredienten (fortschreitendenden) Formen wie Halbwirbel in Verbindung mit einer kontralateralen Barbildung (Stabbildung auf der Gegenseite). Auch die Ausbildung von 2 unilateral gelegenen Halbwirbeln führt in der Regel zu einer starken Verkrümmung und erfordert eine frühzeitige Intervention. Ein vollständiger unilateraler Formationsdefekt lässt einen Halbwirbel entstehen, eine der häufigsten Ursachen der kongenitalen Skoliose. Ein solcher Halbwirbel besitzt mit Ausnahme weniger inkarzerierter Formen ein nahezu normales Wachstumspotential und bildet so eine keilförmige Deformität, die sich während des Wachstums verstärkt. Mit zunehmendem Alter nehmen sowohl Ausmaß als auch Rigidität (Starrheit) der Primärkrümmung zu. In den ursprünglich nicht betroffenen benachbarten Wirbelsäulenabschnitten bilden sich sekundäre Gegenkrümmungen aus, die mit zunehmendem Alter zunehmend rigide werden und manchmal ein größeres Problem als der eigentliche Keilwirbel darstellen. Einfache Halbwirbel weisen nach McMaster und Ohtsuka eine Progredienz (Zunahme) der Wirbelsäulenverkrümmung von 1-3,5° jährlich auf, am ungünstigsten ist der Verlauf bei Lage der Keilwirbel im Bereich der unteren Brustwirbelsäule und am thorakolumbalen Übergang. Halbwirbel mit gleichzeitig bestehender kontralateraler Barbildung zeigen eine Progredienz von 5-10° und mehr pro Jahr auf, was die Dramatik dieser Fehlbildung doch sehr deutlich beleuchtet. Bei entsprechend ungünstiger Lage können die kongenitalen Skoliosen auch mit einer zunehmenden Kyphosierung verbunden sein, was eine ganz ungünstige Prognose hat. Insbesondere kann es bei dieser Fehlform auch zur Ausbildung einer Myelopathie (Rückenmarkschädigung) mit zunehmenden neurologischen Störungen im Alter kommen. Wie werden kongenitale Skoliosen behandelt? Konservative Therapieversuche sind nicht Erfolg versprechend, das asymmetrische Wachstum kann durch keine Korsettbehandlung beeinflusst werden, allenfalls ist eine Beeinflussung der sekundär sich ausbildenden Gegenkrümmung möglich. In Anbetracht des ungünstigen Spontanverlaufs besteht bei nachgewiesener oder zu erwartender Progredienz die Indikation zur operativen Therapie. Bisher beschriebene operative Verfahren sind: · In situ Fusion · Konvexseitige Hemiepiphysiodesen · Konvexseitige Hemiarthrodesen · Wuchslenkende Operationsverfahren · Instrumentation mit Zielke-Askani Growing-rod · Vepter Instrumentation Neben den genannten Operationsverfahren kommen Halbwirbelresektionen mit Fusionen (Entfernung der Halbwirbel mit anschließender operativer Versteifung) des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts in Frage. Die Resektion eines Halbwirbels wurde erstmals von ROYL im Jahre 1928 beschrieben. Die Methode konnte sich jedoch lange nicht durchsetzen. Erst LEATHERMAN berichtet 1979 über gute Ergebnisse bei einer größeren Anzahl von Halbwirbelresektionen über einen zweizeitigen vorderen und hinteren Eingriff. Die Korrektur nach Resektion des Halbwirbels wurde durch Gips- oder Kunststoffkorsette über etwa 6 Monate erreicht. Alternativ wurde die Lücke nach Resektion des Halbwirbels über eine Kompressionsinstrumentation (Harrington) mit Haken geschlossen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 07 1 Der Nachteil der kombinierten Keilwirbelresektion, wie sie von LEATHERMAN propagiert wurde, sind folgende: · Notwendigkeit eines zweiten ventralen Eingriffes in einer zweiten Narkose · Korrektur durch Korsett mit langfristiger Immobilisation - besonders im thorakalen Bereich schwer durchführbar · Kompression durch Hakeninstrumentation erfordert stabile dorsale knöcherne Strukturen und kann deswegen bei Kleinkindern nur bedingt durchgeführt werden Um die Nachteile dieses Verfahrens zu umgehen, wurde von uns eine Technik der Keilwirbelresektion entwickelt, die alleine vom dorsalen Zugang her durchgeführt wird. Sie wurde erstmals im Jahre 1991 angewandt und ist durch zwei grundsätzliche Merkmale charakterisiert: · Komplette Resektion des Halbwirbels über einen rein dorsalen Zugang · Korrektur und Stabilisation der Fehlbildung erfolgt durch eine kurzstreckige hemirigide transpedikuläre Instrumentation Operationstechnik: Über einen dorsalen Zugang (Zugang von hinten) werden der Halbwirbel und die benachbarten Wirbel einschließlich der Wirbelbogen der kleinen Wirbelgelenke dargestellt. Im Bereich der Brustwirbelsäule müssen auch die Rippen-Wirbelgelenke präpariert werden. Der Eintrittspunkt der Pedikelschrauben (Pedikel=Bogenwurzel) an den benachbarten Wirbeln wird zunächst mit Kanülen markiert, die Lage und Richtung der Kanüle wird dann im Bildwandler kontrolliert (Abb. 1). • Abb. 1 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 1 Nach Vorbohren und Einschneiden eines Gewindes werden die Pedikelschrauben eingebracht. Die dorsalen Anteile des Halbwirbels werden reseziert (entfernt): Lamina, Gelenkfacetten, Querfortsatz, dorsale Pedikelanteile. Der Duralsack und die Nervenwurzeln ober- und unterhalb des Pedikels des Halbwirbels werden dargestellt (Abb. 2). Abb. 2 Nach Resektion der Bogenwurzel erfolgt die Darstellung des seitlichen Anteils des Halbwirbels: im Bereich der Lendenwirbelsäule muss dazu der Querfortsatz reseziert werden, im Bereich der Brustwirbelsäule muss das überzählige Rippenköpfchen reseziert werden, um die Seitenwand des Wirbelkörpers gut darzustellen. Die Präparation der Seitenwand und der Vorderwand des Wirbelkörpers erfolgt stumpf, sie kann subperiostal oder extraperiostal (unterhalb oder außerhalb der Knochenhaut) erfolgen. Es ist wichtig, vorsichtig dann einen stumpfen Spatel vorzuschieben, um die ventral vor dem Halbwirbel liegenden Gefäße zu schützen (Abb. 3). Abb. 3 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 1 Unter Schutz von Duralsack (Rückenmarkhülle) und Nervenwurzeln werden dann die den Halbwirbel begrenzenden Bandscheiben inzidiert und ausgeräumt, der Rest des Pedikels zusammen mit dem Halbwirbel wird dann mobilisiert und entfernt (Abb. 4). Abb. 4 Danach wird die auf der Konkavseite liegende Bandscheibe entfernt, die die beiden Wirbelkörper verbindet, die sich nach cranial und caudal dem Halbwirbel anschließen. Die Deckplatten der benachbarten Wirbel werden angefrischt (Abb. 5). Abb. 5 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 1 Danach erfolgt das Einsetzen der Längsträger auf der Konvexseite und Ausübung von Kompression über die Konvexität, wodurch sich die Lücke, die nach Resektion des Halbwirbels entstanden ist, vollständig schließt, die angefrischten Endplatten der benachbarten Wirbelkörper nähern sich aneinander. Das Knochenmaterial aus dem Halbwirbel wird zur raschen knöchernen Fusion angelagert. Auch auf der Konkavität erfolgt eine entsprechende dynamische Stabilisierung (Abb. 6 und 7). Abb. 6 Abb. 7 Bei gleichzeitig bestehender ausgeprägter Kyphosierung kann ein Titankorb als vordere Abstützung in das Bandscheibenfach eingesetzt werden. Dieser wirkt dann als Hypomochleon (Dreh- oder Unterstützungspunkt) für die dorsale Kompression, um eine segmentale Lordose zu erzielen. Gleichzeitig wird dadurch eine zu starke Verkürzung des Rückenmarkes verhindert. Bei einfachen Halbwirbeln ohne weitere Fehlbildungen genügt es im Allgemeinen, nur die beiden direkt an den Halbwirbel angrenzenden Wirbel zu fusionieren. Bei stärkeren strukturellen Veränderungen der Nachbarwirbel oder höhergradiger Kyphose können weitere Segmente temporär in die Instrumentation einbezogen werden. Bei kontralateraler Barbildung und Rippensynostosen wird der Bar durchtrennt und die konkavseitigen Rippenköpfchen reseziert. Die Instrumentation muss über die gesamte Länge des Bars durchgeführt werden. Nachbehandlung: In der Regel ist das Aufstehen nach dem ersten postoperativen Tag möglich. Je nach Stabilität der Instrumentation und Länge der Fusion wird ein Korsett (2-Schalen-Orthese oder ein Stagnara-Korsett) für ca. 12 Wochen angepasst. Beurteilung der Ergebnisse Korrektur der Hauptkrümmung: Der segmentale Winkel der Hauptkrümmung betrug präoperativ durchschnittlich 37,6° (16-66°). Diese korrigierte sich postoperativ auf 8,7° (-1° bis 29°) und betrug 6,2° (-5° bis 30°) bei der letzten Nachuntersuchung. Dies bedeutet eine durchschnittliche Korrektur von 31,4° oder 84 % (Abb. 8). Der Gesamtwinkel der Hauptkrümmung betrug präoperativ durchschnittlich 45,9° (16° bis 109°), er korrigierte sich postoperativ auf 11,9° (-1° bis 45°) und 9,9° (-5° bis 55°) bei der letzten Nachuntersuchung. Dies bedeutet eine durchschnittliche Korrektur von 36° oder 78 %. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 1 Korrektur der Sekundärkrümmung: Auch die Korrektur der Sekundärkrümmung ist sehr zufriedenstellend. Für die nach kranial sich anschließende Gegenkrümmung konnte in der Regel eine Spontankorrektur von 80° und für die nach kaudal sich anschließende Sekundärkrümmung eine Spontankorrektur von 75° erreicht werden. Korrektur in der Sagittalebene: Auch das sagittale Profil konnte in der Regel erhalten oder normalisiert werden. Komplikationen: In keinem Fall kam es zu neurologischen Komplikationen. Möglich ist ein Implantatbruch, da es sich um eine dynamische Instrumentation in einem gesamten dynamischen System handelt. Bei wenigen Patienten kam es im Laufe des weiteren Wachstums zu einer erneuten Skoliose, die einer erneuten operativen Korrektur bedurfte. Zusammenfassung: Es handelte sich hier insgesamt um doch sehr erfreuliche Ergebnisse, wobei auch die Anzahl der Nachoperationen als voll akzeptabel anzusehen ist. Denn es muss bedacht werden, dass es sich bei diesen Patienten um sehr junge Patienten handelt. Das Durchschnittsalter in unserem Patientengut lag bei 3,5 Jahren (15 Monate bis 6 Jahre). Somit ist klar definiert, dass die Wirbelsäule zum Zeitpunkt der Operation ein großes Wachstumspotential besitzt. Die Auswirkungen auf die Fusion innerhalb des wachsenden Skeletts können nie sicher vorausgesagt werden. Insgesamt waren wir jedoch erstaunt, wie relativ gering der Einfluss des Wachstums auf das fusionierte Segment gewesen ist. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Formationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 2 Was ist eine „Kongenitale Skoliose“? Unter einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose versteht man eine Wirbelsäulendeformität mit Seitverbiegung und Verdrehung der Wirbelsäule, die durch angeborene Störungen in der embryonalen Wirbelentwicklung die Ausbildung von einem oder mehreren fehlgebildeten Wirbeln verursacht. Die unvollständig ausgebildeten Wirbel führen zu einem asymmetrischen Wachstum der Wirbelsäule. Fehlangelegte Wirbel können in jedem Wirbelsäulenabschnitt auftreten. Durch so genannte Segmentationsstörungen, Formationsstörungen oder kombinierte Formen von Wirbelfehlanlagen wird das normale Wachstum der Wirbelsäule gestört und es kann dadurch in der weiteren Entwicklung der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Skoliose kommen. Kongenitale Skoliosen treten selten auf, können aber wegen der Schwere der Wirbelsäulendeformität eine frühzeitige Operation erforderlich machen. Wie entstehen die Wirbel in der Embryonalentwicklung? Die 4.-8. Schwangerschaftswoche wird Embryonalperiode genannt. In dieser Entwicklungsperiode werden die Organe aus den drei Keimblättern angelegt (Organogenese). Man unterscheidet drei Keimblätter: Das äußere Keimblatt (Ektoderm), aus dem sich das Rückenmark, Nervensystem, Gehirn, Haut und Haare bilden. Das innere Keimblatt (Entoderm), aus dem sich der Verdauungstrakt, Leber, Bauchspeicheldrüse, Harnblase und Harnröhre, Schilddrüse und Atemtrakt entwickeln. Das mittlere oder 3. Keimblatt (Mesoderm) bildet die Wirbelsäule, die Rippen und die Muskulatur. Durch Zellwanderung entlang der Mittellinie (paraaxial) des Mesoderms bilden sich die so genannten Somiten (Urwirbel), wobei sich zunächst 42-44 paarig angelegte Somitenpaare neben der Chorda dorsalis und dem Neuralrohr ausbilden. Die einzelnen Somiten bilden Segmentierungsfurchen aus, die bereits am Embryo sichtbar sind. Die Somiten differenzieren sich weiter, wobei aus der Somitenwand drei Entwicklungsanlagen entstehen: Das Dermatom bildet die Haut und das Unterhautgewebe, aus dem Myotom entsteht die quergestreifte Muskulatur von Armen, Beinen und Rumpf und aus dem Sklerotom entwickeln sich die Wirbelsäule und die Rippen. Die primäre Anlage der Urwirbel (Ursegmente) entspricht noch nicht der endgültigen Anlage der Wirbel. In der weiteren Phase des Embryonalwachstums werden 10 Somiten nicht weiterentwickelt, es kommt zur Ausbildung der 32-33 endgültigen Wirbel. Zwischen der 7. und 10. Schwangerschaftswoche entstehen die Wirbel durch Teilung der Sklerotome in der Mitte in einen vorderen und hinteren Abschnitt, wobei die Wirbel durch Vereinigung von zwei benachbarten Halbsomiten (Ursegmenten) entstehen. Die Teilungsstelle entspricht dem späteren Zwischenwirbelspalt. Die Bandscheiben entstehen aus der vorderen Somitenhälfte, die zellärmer ist. Diese Neugliederung der Körperachse wird als Resegmentierung bezeichnet. Treten in der Verschmelzung der Halbsomiten Störungen auf, kann es zur Ausbildung von fehlangelegten Wirbelkörpern kommen, die sich dann als Formationsstörung oder Segmentationsstörung der Wirbelkörperbildung zeigen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 2 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten • Drei angelegte Somitenpaare bei einem menschlicher Embryo cirka in der 3.-4. Schwangerschaftswoche (von hinten bei geöffnetem Dottersack gesehen). · Neuralrinne · Somiten · Eröffneter Dottersack Welche Formen der angeborenen Wirbelfehlbildung gibt es? Man unterscheidet Segmentationsstörungen, Formationsstörungen und kombinierte Formen der Wirbelfehlanlage. Segmentationsstörungen Eine Segmentationsstörung liegt vor, wenn der Bandscheibenzwischenraum nicht vollständig oder überhaupt nicht angelegt ist und die Wachstumsfuge des Wirbels fehlt. Fehlt der gesamte Bandscheibenzwischenraum, handelt es sich bei dieser Fehlanlage um einen Blockwirbel. Ist der Wirbel nur in bestimmten Arealen nicht segmentiert, führt das zu einer Spangen- oder Stabbildung (Barbildung), die dorsal (hinten), lateral (seitlich) oder posterolateral (hinten, seitlich) liegen kann. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 07 2 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten • Normal ausgebildetes Wirbelsegment · Wirbelkörper · Dornfortsatz · Wirbelgelenk · Bandscheibe · Spinalnerv · Rückenmark Man kann folgende Segmentationsstörungen unterscheiden: · Dorsale (hintere) Segmentationsstörung • Hintere Segmentationsstörung, Wirbelsäule seitlich gesehen · Zusammengewachsene hintere Wirbelanteile Bei der hinteren Segmentationsstörung sind Wirbelbögen und Wirbelgelenke nicht getrennt angelegt, wodurch es im hinteren Anteil der Wirbel zu einem Zusammenwachsen mehrerer Wirbel kommen kann. Durch ein stärkeres Wachstum der vorderen Anteile der Wirbel kann es zu einer vermehrten Lordoseausbildung (Hohlkreuz) kommen. · Ventrale (vordere) Segmentationsstörung • Ventrale Segmentationsstörung, Wirbelsäule seitlich gesehen · Zusammengewachsene vordere Wirbelanteile Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 07 2 Bei der ventralen (vorderen Segmentationsstörung) sind die Wirbelkörper mehrerer Wirbel ohne Anlage der Bandscheiben zusammengewachsen. Durch ein vermehrtes Wachstum der hinteren Wirbelanteile kommt es zur Ausbildung einer Kyphose (Buckelbildung). · Laterale (seitliche) Segmentationsstörung • Seitliche Segmentationsstörung Wirbelsäule von vorn gesehen · Seitliche, einseitige Stabblidung (unilaterale Barbildung) Die laterale Segmentationsstörung wird durch eine Fehlanlage der Bogenwurzeln hervorgerufen. Dadurch kommt es zu einer seitlichen Verwachsung mehrerer Wirbel mit Ausbildung eines seitlichen Knochenstabs. Durch verstärktes Wachstum der nicht zusammengewachsenen Gegenseite kommt es zur Ausbildung einer Skoliose. · Blockwirbelbildung · Blockwirbel Die völlige Segmentationsstörung von zwei Wirbeln führt zu einer Blockwirbelbildung, die allenfalls eine Höhenminderung, aber keine Fehlstellung der Wirbelsäule verursacht. Kombinierte Anlagestörungen Segmentationsstörungen und Formationsstörungen können mit verschiedenen fehl angelegten Wirbeln oder zusammengewachsenen Rippenansätzen (Rippensynostosen) kombiniert auftreten. Die kongenitale Skoliose tritt häufig mit angeborenen Fehlanlagen von anderen Organsystemen auf. (Herz, Magen-Darmtrakt, Niere, ableitende Harnwege), weshalb bei Vorliegen einer Fehlanlage von Wirbeln auch das Vorhandensein anderer Organfehlbildungen abgeklärt werden sollte. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten I 07 2 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Kongenitale Skoliose mit Segmentationsstörung · Skoliose · Deformitiäten Welchen Verlauf können kongenitale Skoliosen haben? Der Spontanverlauf kongenitaler Skoliosen ist variabel und hängt vom Ausmaß der Fehlbildung ab. Einige Fehlbildungen wie der inkarzerierte oder balancierte Halbwirbel lassen eine günstige Prognose erwarten, im Gegensatz zu rasch progredienten (fortschreitendenden) Formen wie Halbwirbel in Verbindung mit einer kontralateralen Barbildung (Stabbildung auf der Gegenseite). Auch die Ausbildung von 2 unilateral gelegenen Halbwirbeln führt in der Regel zu einer starken Verkrümmung und erfordert eine frühzeitige Intervention. Ein vollständiger unilateraler Formationsdefekt lässt einen Halbwirbel entstehen, eine der häufigsten Ursachen der kongenitalen Skoliose. Ein solcher Halbwirbel besitzt mit Ausnahme weniger inkarzerierter Formen ein nahezu normales Wachstumspotential und bildet so eine keilförmige Deformität, die sich während des Wachstums verstärkt. Mit zunehmendem Alter nehmen sowohl Ausmaß als auch Rigidität (Starrheit) der Primärkrümmung zu. In den ursprünglich nicht betroffenen benachbarten Wirbelsäulenabschnitten bilden sich sekundäre Gegenkrümmungen aus, die mit zunehmendem Alter zunehmend rigide werden und manchmal ein größeres Problem als der eigentliche Keilwirbel darstellen. Einfache Halbwirbel weisen nach McMaster und Ohtsuka eine Progredienz (Zunahme) der Wirbelsäulenverkrümmung von 1-3, 5° jährlich auf, am ungünstigsten ist der Verlauf bei Lage der Keilwirbel im Bereich der unteren Brustwirbelsäule und am thorakolumbalen Übergang. Halbwirbel mit gleichzeitig bestehender kontralateraler Barbildung zeigen eine Progredienz von 5-10° und mehr pro Jahr auf, was die Dramatik dieser Fehlbildung doch sehr deutlich beleuchtet. Bei entsprechend ungünstiger Lage können die kongenitalen Skoliosen auch mit einer zunehmenden Kyphosierung verbunden sein, was eine ganz ungünstige Prognose hat. Insbesondere kann es bei dieser Fehlform auch zur Ausbildung einer Myelopathie (Rückenmarkschädigung) mit zunehmenden neurologischen Störungen im Alter kommen. Wie werden kongenitale Skoliosen behandelt? Konservative Therapieversuche sind nicht Erfolg versprechend, das asymmetrische Wachstum kann durch keine Korsettbehandlung beeinflusst werden, allenfalls ist eine Beeinflussung der sekundär sich ausbildenden Gegenkrümmung möglich. In Anbetracht des ungünstigen Spontanverlaufs besteht bei nachgewiesener oder zu erwartender Progredienz die Indikation zur operativen Therapie. Bisher beschriebene operative Verfahren sind: · In situ Fusion · Konvexseitige Hemiepiphysiodesen · Konvexseitige Hemiarthrodesen · Wuchslenkende Operationsverfahren · Instrumentation mit Zielke-Askani Growing-rod · Vepter Instrumentation Neben den genannten Operationsverfahren kommen Halbwirbelresektionen mit Fusionen (Entfernung der Halbwirbel mit anschließender operativer Versteifung) des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts in Frage. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 08 1 Was sind „Neuromuskuläre Erkrankungen? Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der Sinneswahrnehmung). Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats im Verlauf der Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen. Was ist eine Meningomyelocele? Es handelt sich um eine angeborene Erkrankung, die durch einen Defekt in der embryonalen Ausbildung des Neuralrohrs zu einer so genannten Hemmungsfehlbildung des Zentralnervensystems führt, wobei Anteile der Rückenmarkshäute (Meningen) und des Rückenmarks (Myelon) durch die nicht geschlossenen Wirbelbögen austreten und ungeschützt offen liegen können. In Deutschland werden cirka 500 Kinder pro Jahr mit einem Neuralrohrdefekt geboren. Wie entsteht eine Meningomyelocele? Während der Embryonalentwicklung formt sich zwischen dem 20. und 28. Schwangerschaftstag aus der Neuralplatte das Neuralrohr, aus dem sich das Gehirn, Rückenmark, Wirbelsäule und der Schädel bilden. Diesen Vorgang der Organbildung kann man sich so vorstellen, als würde man ein Blatt Papier (hier die Neuralplatte) biegen, bis sich die Blattränder berühren und verschmelzen, wodurch eine Röhre (hier das Neuralrohr) entstehen würde. Bei einem Neuralrohrdefekt kommt es nur zu einem unvollständigen Verschließen des Neuralrohrs, wodurch Schäden in der weiteren Entwicklung und Ausbildung von Gehirn, Rückenmark und Wirbelsäule verursacht werden. • Lendenwirbel von oben gesehen · Dornfortsatz · Wirbelbögen · Querfortsatz · Rückenmark · Spinalnerv · Wirbelkörper mit Bandscheibe Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten I 08 1 • Offener Wirbelbogen, durch den Anteile der Rückenmarkshäute oder des Rückenmarks ungeschützt zum Rücken hin austreten können. · Offener Wirbelbogen Durch den unvollständigen Schluss des Neuralrohrs werden auch die Wirbel inkomplett ausgebildet, die so genannten Wirbelbögen bleiben offen. Durch diese offenen Stellen können Anteile der Rückenmarkshäute oder des Rückenmarks nach hinten (rückenwärts) austreten. Die Wirbelsäule mit ungeschlossenen Wirbelbögen wird spina bifida („gespaltene Wirbelsäule“) genannt. Liegen Rückenmark und Rückenmarkshäute ungeschützt offen, spricht man von einer spina bifida aperta, liegt die Wirbelsäulen- und Rückenmarks-fehlbildung nicht sichtbar unter der schützenden Haut („versteckt“), nennt man dies eine spina bifida occulta. Treten durch diesen Spalt nur die Rückenmarkshüllen („Meningen“) aus und bilden einen rückenwärts vorgewölbten, mit Liquor („Hirnwasser“) gefüllten Sack, so spricht man von einer Meningocele. Wenn sich Rückenmarkshäute und Rückenmark (Myelon) zusammen durch die offenen Wirbelbögen nach hinten vorwölben, spricht man von einer Meningomyelocele. Durch die Ausstülpung der Rückenmarkshäute und des Rückenmarks kommt es zu einer gestörten Zirkulation des Liquors mit Rückstau des Hirnwassers in die Hirnwasserkammern (Hirnventrikel), wodurch es zur Ausbildung eines Hydozephalus (Wasserkopf) kommt. Wenn sich das Neuralrohr in dem Bereich, aus dem sich das Gehirn entwickeln soll, nicht schließt, kommt es zur Anenzephalie, das heißt, das Gehirn wird nicht ausgebildet. Je nach Lokalisation und Ausmaß des Defekts kommt es zur Ausbildung von unterschiedlich stark ausgeprägten Lähmungen von Armen, Beinen, Darm und Harnblase. Die Anenzephalie ist nicht mit dem Leben vereinbar. Welche Ursachen gibt es für die Entstehung einer Meningomyelocele? Die Ursachen der Entstehung der Neuralrohrdefekte (spina bifida, Meningocele, Meningomyelocele und Anenzephalie) sind bislang nicht geklärt. Als Ursachen werden folgende Faktoren diskutiert: · Genetische Faktoren · Folsäurestoffwechsel Folsäure ist ein wasserlösliches Vitamin aus dem B-Komplex (Vitamin B9) und ist in der Embryonalentwicklung ein wichtiger Baustein für die Ausbildung von Gehirn, Rückenmark und Wirbelsäule. Es wurde lange angenommen, dass ein Mangel an Folsäure für die Ausbildung von Neuralrohrdefekten verantwortlich sei. Neuere Studien haben gezeigt, dass viele Neuralrohrdefekte auch bei normalen Folsäurespiegeln im Blut aufgetreten sind, so dass es sich eher nicht um einen Folsäure-Vitaminmangel handelt. Man vermutet eine Störung des Folatstoffwechsels oder die Bildung von Autoantikörpern gegen die Folsäurerezeptoren, wodurch der Einbau von Folsäure in die Zellen verhindert wird. Die beiden möglichen Ursachen können bei bestehendem Kinderwunsch durch eine zusätzliche Zufuhr von Folsäure so kompensiert werden, dass die Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten I 08 1 Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Neuralrohrdefekts verringert wird. Da sich Defekte des Neuralrohrs bereits in den ersten Schwangerschaftswochen ausbilden, ist die frühzeitige Folsäuresubstitution, zum Beispiel bereits nach Absetzen der Pille bei geplanter Schwangerschaft sinnvoll. Wie werden Neuralrohrdefekte festgestellt? Neuralrohrdefekte können bereits ab der 10. Schwangerschaftswoche im Ultraschall nachgewiesen werden. Zwischen der 16. und 18. Schwangerschaftswoche wird der Alpha-1-Fetoprotein (AFP) Test im mütterlichen Blut oder im Fruchtwasser durchgeführt. Das AFP ist ein Eiweißstoff, der vom Foetus gebildet wird. Eine Erhöhung des AFP ist ein Hinweis auf einen vorliegenden Neuralrohrdefekt. Welche Symptome findet man bei der Meningomyelocele oder spina bifida? · Gehäuftes Auftreten in Höhe der Lendenwirbelsäule oder des Kreuzbeins · Unterschiedlich stark ausgeprägte, komplette oder inkomplette Lähmungen und Empfindungsstörungen in Abhängigkeit von der Lokalisation des Befunds und dem Ausmaß der Rückenmarkschädigung. Durch die Lähmungen entsteht eine Dysbalance der Skelettmuskulatur, die Muskelverkürzungen (Kontrakturen) und Fehlstellungen im Bereich der Hüft-, Knie- und Fußgelenke nach sich ziehen. Die Meningomyelocele ist sehr häufig mit angeborenen (kongenitalen) Fehlbildungen vergesellschaftet, was stark zur Progredienz (Zunahme) der Wirbelsäulen-Fehlstellung beiträgt. · Störung der Entleerungsfunktion von Harnblase und Mastdarm mit häufigen Harnwegsinfekten · Störung der Sexualfunktion · Bei Kindern mit spina bifida kann als zusätzliche Fehlbildung das Arnold Chiari Syndrom auftreten, bei dem es sich um eine komplexe Fehlbildung in der hinteren Schädelgrube und am Übergang vom Gehirn zum Rückenmark handelt, die meist von Meningomyelozelen im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Ausbildung eines Hydrozephalus begleitet ist. · Hydrozephalus (Wasserkopf) Der Liquor (Hirnwasser) wird in den 4 Hirnkammern (Ventrikel), die im Inneren des Gehirns liegen, gebildet und dient dem Schutz von Gehirn und Rückenmark im Sinne einer Polsterung. Das Gehirn und das Rückenmark sind von den weichen Häuten, der pia mater und der arachnoidea, sowie von der harten Haut, der dura mater umgeben. Zwischen den beiden weichen Hirn- und Rückenmarkshäuten befindet sich ein Raum, der so genannte Subarachnoidalraum. Der in den Hirnventrikeln gebildete Liquor fließt über den Subarachnoidalraum zum Rückenmarkkanal ab, wo er das Rückenmark umspült. Kommt es zu einer Abflussbehinderung des Liquors, zum Beispiel durch eine Meningomyelocele, kann der Rückstau des Liquors die Hirnventrikel aufdehnen, wodurch Druck auf das umliegende Hirngewebe und somit eine Schädigung des Nervengewebes verursacht werden kann. Bei Säuglingen und Kleinkindern, bei denen der Schädel noch nicht knöchern verschlossen ist (offene Fontanellen), fällt der Hydrozephalus durch eine Umfangszunahme des Kopfes und eine Vorwölbung im Bereich der Fontanellen auf. Neben der spina bifida können auch Tumore, Entzündungen oder Blutungen im Gehirn oder Rückenmark zu einem Hydrozephalus führen. Bei einem angeborenen Hydrozephalus muss direkt nach der Geburt operativ dafür gesorgt werden, dass der erhöhte Hirndruck gesenkt und damit weitere Schäden am Gehirn vermieden werden. Zu diesem Zweck wird ein Ventilschlauchsystem in die Hirnventrikel eingelegt, das den überschüssigen Liquor über einen Schlauch unter der Haut zum Bauchraum führt, wo der Liquor dann resorbiert werden kann. Dieses Ventilschlauchsystem wird ventrikuloperitonealer Shunt genannt. · Entwicklung eines zerebralen Krampfleidens (Epilepsie) · Tethered cord, „das gefesselte Rückenmark“ Nahezu alle Patienten mit einer Meningomyelozele zeigen in der Kernspintomographie eine Verwachsung des Rückenmarks mit der Umgebung und cirka 40 % der Kinder zeigen im Laufe der weiteren Entwicklung eine Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten I 08 1 neurologische Verschlechterung, die durch Zug auf das Rückenmark durch das Längenwachstum verursacht wird. · Dekubitalgeschwüre am Rücken durch eine zunehmende Gibbusbildung (Buckel) und im Bereich des Trochanter major der Oberschenkelknochen. · Orthopädische Symptome. · Die Entwicklung einer Skoliose ist vom Ausmaß der Wirbelbogendefekte und der Höhe der Lähmung abhängig. Sie bildet sich meist thorakolumbal (Übergang Brustwirbelsäule-Lendenwirbelsäule), lumbal (Lendenwirbelsäulenbereich) oder lumbosakral (Übergang Lendenwirbelsäule-Kreuzbeinregion) mit einer kompensatorischen Gegenkrümmung oberhalb der Lähmung. Bei Fortschreiten der skoliotischen und kyphotischen Verkrümmung der Wirbelsäule kann eine bereits erlernte Sitz- oder Gehfähigkeit wieder verloren gehen, zusätzlich können Störungen der Atmungsfunktion mit häufigen Lungeninfekten durch zunehmenden Druck des deformierten Brustkorbs auf die Lunge auftreten. · Gibbusbildung (Buckel) durch eine zunehmende kyphotische Deformierung der Wirbelsäule mit Gefahr der Druckgeschwürbildung (Dekubitus) · Durch die Lähmung der Skelettmuskulatur kommt es zu Fehlstellungen und Kontrakturen im Bereich von Hüft-, Knie- und Fußgelenken. · Kalksalzminderung der Knochen durch Inaktivität (Osteoporose) mit erhöhter Knochenbruchgefährdung Wie wird die Spina bifida/Meningomyelozele behandelt? Das wichtigste Ziel der Behandlung von Kindern mit einer spina bifida besteht darin, den betroffenen Kindern im Rahmen ihres individuell bestehenden Ausgangsbefunds durch Einsatz optimaler Therapiekonzepte ein Maximalmaß an Bewegungsfähigkeit und Eigenständigkeit zu ermöglichen. Diese komplexe Erkrankung erfordert deshalb die Zusammenarbeit eines Teams von Spezialisten (Kinderchirurgen, Neurochirurgen, Kinderärzte, Neurologen, Urologen, Physiotherapeuten, Logo- und Ergotherapeuten und Orthopädiemechaniker) · Verschluss des „offenen Rückens“ Kinder, die mit einer spina bifida geboren werden, müssen direkt nach der Geburt operiert werden. Der „offene Rücken“ muss nach Möglichkeit in den ersten 24-48 Stunden nach der Geburt verschlossen werden, da ansonsten eine große Infektionsgefahr des Rückenmarks und der Rückenmarkshäute besteht. Bei dieser Operation werden die in der Meningomyelocele vorgelagerten Anteile des Rückenmarks und der Rückenmarkshäute schonend in den Rückenmarkkanal zurückverlagert, der Defekt wird durch Muskulatur, die Muskelhülle und die Haut abgedeckt. Bei großen Defekten kann eine plastische Deckung des betroffenen Areals erforderlich werden. Bereits seit einigen Jahren besteht die Möglichkeit, den offenen Rücken im Rahmen der Fetalchirurgie, das heißt einer Operation des noch ungeborenen Kindes in der Gebärmutter, zwischen der 18. und 25. Schwangerschaftswoche zu verschließen. Die Operation kann in einem offenen Verfahren mit Öffnung der Bauchdecke und der Gebärmutter wie bei einem Kaiserschnitt oder minimal-invasiv in der geschlossenen Gebärmutter durchgeführt werden. · Behandlung des Hydrozephalus Bei zusätzlich bestehendem Hydrozephalus ist es erforderlich, einen Shunt zu legen, damit die Zirkulationsstörung des Liquors mit erhöhtem Hirndruck ausgeglichen wird. Dieser Shunt ist ein Ventilschlauchsystem, das aus einer „Schlauchverbindung“ zwischen den Hirnkammern und der Bauchhöhle besteht. Über ein Bohrloch wird der Schlauch in einen Hirnventrikel eingebracht und unter der Haut in der Regel zur Bauchhöhle geführt (ventrikulo-peritonealer Shunt). Steigt der Hirndruck, wird der Überschuss an Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten I 08 1 Hirnwasser über dieses Schlauchsystem in die Bauchhöhle abgeleitet, wo es resorbiert („aufgenommen“) wird. Die Shuntanlage reguliert den Hirndruck, wodurch weitere Schädigungen des kindlichen Gehirns vermieden werden. In einigen Fällen ist die Ableitung des Hirnwassers in die Bauchhöhle nicht möglich, man hat dann die Möglichkeit, eine Ableitung über das Ventilschlauchsystem zum Herzvorhof zu legen (ventrikulo-atrialer Shunt). · Therapie der Skoliose und der Gibbusbildung Bei Zunahme der Wirbelsäulenverkrümmung sollte bei Kindern mit neuromuskulären Erkrankungen, wie zum Beispiel der spina bifida, eine frühzeitige Korrekturoperation bereits vor Abschluss des Wachstums angestrebt werden, um die Sitzfähigkeit zu erhalten, weitere Folgeschäden an der Wirbelsäule und eine zunehmende Verschlechterung der Herz-Kreislauf- und Atemfunktion zu vermeiden. · Behandlung des „tethered cord Syndroms“ Bei zunehmender neurologischer Symptomatik durch Zug auf das durch Verwachsungen fixierte Rückenmark kann eine schonende Lösung des Rückenmarks in den Verwachsungsbereichen erforderlich werden (Neurolyse). · Behandlung von Kontrakturen und Fehlstellungen Im Verlauf der Erkrankungen entstehen häufig Verkürzungen der Sehnen und der Muskulatur( Kontrakturen), die zu starken Funktionseinbußen führen können. In diesen Fällen werden operative Sehnenverlängerungen oder Sehnendurchtrennungen (Tenotomien) durchgeführt, um eine Verbesserung der Beweglichkeit zu erzielen. In seltenen Fällen können korrigierende Eingriffe an der Hüfte oder Umstellungsoperationen am Unterschenkel oder bei Fußdeformitäten erforderlich werden. · Behandlung der Harnblasenlähmung Durch die bestehende Lähmung zeigen sich häufige Harnwegsinfekte, weshalb das Erlernen einer speziellen Blasenentleerungstechnik oder der Selbstkatheterung angestrebt werden sollte. · Physiotherapie Die Verbesserung und Erhaltung der motorischen Funktionen und damit die Erlangung einer maximal möglichen Eigenständigkeit der betroffenen Kinder setzt voraus, dass die breite Palette von Übungsbehandlungen genutzt wird. Klassische Physiotherapie, neurophysiologisch orientierte Behandlungsmethoden wie Bobath oder Vojta, Manualtechniken und Craniosacraltherapie oder myofasziale Entspannungstechniken sollten gezielt eingesetzt werden. · Orthopädietechnik Die Unterstützung durch die Orthopädietechnik kann wertvolle Erleichterungen und Verbesserungen im Alltag bringen. Um Muskelverkürzungen oder Fehlstellungen zu vermeiden, kann die Anpassung von Lagerungsschienen, die hauptsächlich nachts getragen werden, erforderlich werden. Wirbelsäulen stützende Korsetts, Funktionsorthesen oder Geh- und Stehhilfen wie Swifel-Walker oder Parawalker können die Eigenständigkeit verbessern. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten I 08 1 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Meningomyelocele · Skoliose · Deformitiäten Welche weiteren neuromuskulären Erkrankungen gibt es? Die bekanntesten neuromuskulären Erkrankungen sind: · Infantile Cerebralparese · spinale Muskelatrophie · Duchenne Muskeldystrophie Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine fortschreitende Muskelerkrankung, beginnend im 1.-2. Lebensjahr mit einer Schwäche der Beckenmuskulatur, die sich über die Schultergürtelmuskulatur zu einer generalisierten Muskelschwäche ausdehnt. Da es sich um einen X-chromosomalen Erbgang handelt, sind nur Knaben betroffen. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 20 Jahren. Durch Befall der Herzmuskulatur oder der Atemmuskulatur sterben die Betroffenen im Rahmen einer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) oder durch eine Ateminsuffizienz mit wiederholten schweren Lungenentzündungen. · Syringomyelie, Syringobulbie Die Syringomyelie ist eine Erkrankung des Rückenmarks, die hauptsächlich die Hals- und Brustwirbelsäule, die Syringobulbie das verlängerte Rückenmark (medulla oblongata) befällt. Im Rückenmark bilden sich Höhlen (Syringen) aus, die keine Nervenzellen enthalten, was zu unterschiedlich schweren Ausfallserscheinungen (Störung der Tiefensensibilität, des Lageempfindens, Gangunsicherheit, Muskelschwund mit gestörter Körperstatik und Ausbildung einer Skoliose) führt. Es gibt angeborene (Arnold-Chiari Malformation, Spina bifida und andere Primärerkrankungen) und erworbene Ursachen (Tumore oder Infektionen des Rückenmarks), die zur Ausbildung dieser Höhlen führen können. · Poliomyelitis Die Kinderlähmung wird durch RNA Viren aus der Gruppe der Picornaviren verursacht. Nach Befall des Zentralnervensystems führt die Poliomyelitis durch eine Schädigung des zweiten motorischen Neurons im Rückenmark zu Lähmungen und Hirnhautentzündung. Eine antivirale Therapie gibt es bislang noch nicht, der beste Schutz wird durch eine vorbeugende Impfung gewährleistet. · Spinocerebelläre Ataxie (Friedreich Ataxie) Die Friedreich´sche Ataxie ist eine erbliche Störung der vom Rückenmark gesteuerten Motorik, die sich durch eine Störung der Bewegungskoordination mit unsicherem Stand und Gang (Stand- und Gangataxie) auszeichnet. Die Erkrankung ist fortschreitend, als mögliche Ursache vermutet man eine Eisenübersättigung der Mitochondrien, was zur Bildung so genannter freier Radikale führt, die dann die Nervenzellen schädigen. Neben weiteren Komplikationen wie Ausbildung einer Herzmuskelvergrößerung (Kardiomyopathie) kann diese Ataxie auch eine Skoliosebildung verursachen. · Arthrogryposis multiplex congenita (AMC) Es handelt sich um eine angeborene Fehlentwicklung des Bindegewebes und des Nervensystems, durch die es zu einer gestörten Entwicklung der Muskulatur (Muskelschwäche oder fehlende Muskelgruppen) und damit verbunden zu Fehlentwicklungen der Gelenke mit Einsteifung kommen kann. Die Erkrankung kann mit Fehlstellungen der Wirbelsäule und schweren Fehlbildungen des Zentralnervensystems vergesellschaftet sein. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 08 2 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten Was sind „Neuromuskuläre Erkrankungen? Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der Sinneswahrnehmung). Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats im Verlauf der Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen. Was ist eine Infantile Cerebralparese? Die Infantile Cerebralparese wird durch eine nicht fortschreitende, frühkindliche Schädigung des Gehirns und Zentralnervensystems verursacht, die sich durch eine Mehrfachbehinderung mit Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung, Schädigung der Sinneswahrnehmung und anderen Symptomen auszeichnet. Die Art und die Schwere der Ausprägung der einzelnen Symptome hängen vom Ausmaß der Gehirnschädigung ab. Wodurch kann es zu einer Infantilen Cerebralparese kommen? Verschiedene Erkrankungen können in der · intrauterinen (in der Gebärmutter) · peripartalen (während des Geburtsvorgangs) und · postnatalen (nach der Geburt) Entwicklung des kindlichen Gehirns durch eine Hirnschädigung zu einer Infantilen Cerebralparese führen: · Mögliche Ursachen, die das kindliche Gehirn während der Schwangerschaft in der Gebärmutter (intrauterin) schädigen können sind: · Virale, bakterielle oder parasitäre Infektionen (Zytomegalie, Röteln, Herpes, Toxoplasmose, Listeriose, Lues, Syphilis) · Zytomegalie (Einschlusskörperchenkrankheit) Diese Virusinfektion wird durch das Zytomegalievirus hervorgerufen, das zur Gruppe der Herpesviren gehört. Der Erreger wird durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion über Kontakt mit Blut, Speichel, Zervixschleim und Spermaflüssigkeit übertragen. Wenn es während der Schwangerschaft zu einer Zytomegalieinfektion der Mutter kommt, kann das Virus das ungeborene Kind in der Gebärmutter infizieren, wodurch folgende Schäden am ungeborenen Kind ausgelöst werden können: · der Befall des fetalen Gehirns mit Zytomegalieviren verursacht eine Enzephalitis (Gehirnentzündung) mit Verkalkungen, die zu Entwicklungsstörungen im Zentralnervensystem mit Hör- und Sehschäden, Störung der motorischen Entwicklung, Spastik, Krampfanfällen und Sprachdefekten führen kann. · Leber- und Milzvergrößerung (Hepatosplenomegalie) · Gelbsucht (Ikterus) · Verminderung der Blutplättchen (Thrombocytopenie) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 08 2 Bei Infektionen des ungeborenen Kindes hängt die Prognose der weiteren Entwicklung vom Zeitpunkt der Infektion während der Schwangerschaft ab. Je früher die Infektion in die kindliche Entwicklungsphase eingreift, desto ausgeprägter sind die Schäden, die verursacht werden, häufig wird durch die Infektion eine Fehlgeburt ausgelöst. Eine spezifische Therapie gegen die Zytomegalieinfektion gibt es nicht. · Röteln (Rubella) Röteln werden durch Rubiviren aus der Familie der Togaviridae verursacht. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, während einer Schwangerschaft können die Viren über die Plazenta (Mutterkuchen) auf das ungeborene Kind übertragen werden und schwere Schäden verursachen. Die möglichen massiven Schädigungen des Fetus werden als Röteln-Embroypathie, Gregg-Syndrom oder Connatales RötelnSyndrom (CRS) bezeichnet. Je früher die Infektion in der Phase der kindlichen Organbildung stattfindet, desto ausgeprägter sind die Missbildungen. Die Rötelninfektion kann in den ersten 4 Schwangerschaftsmonaten zur Fehlgeburt, Frühgeburt oder zu folgenden Schäden führen: · Innenohrtaubheit · Defekte am Herz (offener ductus arteriosus) · Myokarditis (Herzmuskelentzündung) · Katarakt (grauer Star, Trübung der Augenlinse) · Missbildungen im Zentralnervensystem · Enzephalitis (Gehirnentzündung) · Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung) · Thrombocytopenie (Verminderung der Blutplättchenzahl) Eine spezifische antivirale Therapie gibt es nicht, deshalb ist es vor geplanten Schwangerschaften wichtig, zu überprüfen, ob nach einer bereits stattgefundenen Rötelninfektion Antikörper vorhanden sind. Falls keine Antikörper (IgG-Antikörper-Titer gegen Röteln) nachweisbar sind, sollte eine Impfung vor Schwangerschaftsbeginn durchgeführt werden. Kommt es zu einer Erstinfektion mit Rötelnviren während der Schwangerschaft, das heißt ohne vorhandene Antikörper der Mutter, besteht die Möglichkeit innerhalb der ersten 48 Stunden nach Infektion ein Röteln-Hyperimmunglobulin zu verabreichen, wobei dieses Medikament bereits 5 Tage nach Rötelinfektion nicht mehr wirksam ist. · Herpes Die Herpeserkrankung wird durch Herpes simplex Viren Typ 1 und Typ 2 verursacht. Typ1 Viren führen zu den typischen Lippenbläschen, Typ 2 Viren zu Genitalherpes. Eine Herpesinfektion im frühen Stadium einer Schwangerschaft tritt selten auf, kann zur Fehlgeburt führen oder verursacht folgende kindliche Schäden: · Ausbildung eines kleinen Schädels · Hydrozephalus (Wasserkopf) · Herpesinfektion der Augen mit Gefahr der Erblindung · Intelligenzdefekte Die größte Anzahl der kindlichen Herpesinfektionen erfolgt beim Geburtsvorgang, bei dem ein bestehender Genitalherpes auf das Neugeborene übertragen werden kann. Diese Infektion kann schwerste Symptome bei dem Neugeborenen hervorrufen, ist trotz medikamentöser Behandlung mit einer hohen Sterblichkeit verknüpft oder führt zu massiven bleibenden Schäden: · Enzephalitis (Gehirnentzündung) mit Zerstörung von Hirngewebe, was zu schweren geistigen Behinderungen führt. · Epilepsie (Krampfanfälle) · Herpesinfektion der Augen mit Gefahr der Erblindung · Herpesbefall innerer Organe wie Magen, Lunge und Leber Die medikamentöse Behandlung der Herpesinfektionen erfolgt durch das Virostatikum Aciclovir. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten I 08 2 · Toxoplasmose (parasitär) Diese Infektionskrankheit wird durch einen einzelligen Parasiten, das Protozoon Toxoplasma gondii hervorgerufen. Der Hauptwirt dieses Parasiten ist die Katze, die nach Toxoplasmoseerkrankung Eier dieses Erregers ausscheiden. Die Erregereier im Katzenkot sind sehr überlebensfähig und werden entweder durch Schmierinfektion (Katzenstreu) oder Nahrungsaufnahme (schwach erhitztes oder rohes Fleisch) aufgenommen und können dann die Toxoplasmoseinfektion auslösen. Kommt es zu einer Toxoplasmoseinfektion des Ungeborenen während der Frühschwangerschaft durch Erstinfektion der Mutter, kann dies zu einer Fehlgeburt oder zu schweren Entwicklungsstörungen des Gehirns mit Verkalkungen, Krämpfen, Hydrozephalus (Wasserkopf) oder Entzündung der Augen kommen. Auch Kinder, die mit einer Toxoplasmoseinfektion auf die Welt kommen, bei der Geburt aber noch keine Symptome zeigen, können im Laufe ihrer weiteren Entwicklung Schäden des Gehörs und der Augen und eine verlangsamte geistige Entwicklung mit Aufmerksamkeitsdefiziten erleiden. Bei Erstinfektion einer Mutter mit Toxoplasmose erfolgt ab der 16. Schwangerschaftswoche eine antibiotische Behandlung, die das Übergreifen der Erreger auf das Kind verhindert · Listeriose (bakteriell) Die Listeriose wird durch das grampositive Listeria monocytogenes Bakterium hervorgerufen und wird hauptsächlich durch den Verzehr von infizierten rohen tierischen Produkten verursacht. Während einer Schwangerschaft kann der Erreger bereits ab der 5. Schwangerschaftswoche über die Plazenta auf das Ungeborene übertragen werden, die meisten Infektionen treten ab dem 5. Schwangerschaftsmonat auf. Die Listerioseinfektion kann zu Fehlgeburt, Frühgeburt oder schweren Erkrankungen des Neugeborenen führen. Man unterscheidet bei Neugeborenen eine Frühform der Listeriose (early-onset-desease), die sich direkt nach der Geburt mit Sepsis (Blutvergiftung), Pneumonie (Lungenentzündung) und ausgedehnten Abszessen (Eiteransammlungen) in den Organen zeigt. Die Spätform (late-onset-desease) ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Krankheitszeichen wie eitrige Meningitis (Hirnhautentzündung), Krämpfe und Eintrübung erst ab der 2-3. Lebenswoche einstellen. Neurologische Spätfolgen wie Hydozephalus und geistige Retardierung können ebenso auftreten. Die Listeriose wird antibiotisch behandelt. · Lues (Syphilis, harter Schanker) (bakteriell) Lues ist eine Geschlechtskrankheit, die durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht wird. Eine an Lues erkrankte Mutter kann die Bakterien nach dem 4. Schwangerschaftsmonat über die Plazenta auf das Ungeborene übertragen, was unbehandelt zu schweren Schädigungen des Kindes führen kann. Weitere Ursachen für eine mögliche Entwicklung einer frühkindlichen Hirnschädigung während der Schwangerschaft sind: · Drogen-, Alkohol- und Nikotinkonsum der Mutter · Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) · EPH-Gestose (auch unter den Bezeichnungen Eklampsie, schwangerschaftsinduzierte Hypertonie, SIH oder HELLP-Syndrom bekannt). Die Ursache der Gestose ist nicht bekannt. Sie kann bei der Schwangeren Bluthochdruck (Hypertonie), Wassereinlagerungen (Ödeme), Eiweißausscheidung im Urin (Proteinurie), Krämpfe und Koma auslösen, sowie zu einem Leberversagen mit Dekompensation des Gerinnungssystems mit Blutungen (Hämolyse) und Multiorganversagen führen (HELLP-Syndrom). Man unterscheidet Früh- und Spätgestosen, beide Formen stellen für die Mutter und das Ungeborene je nach Verlauf eine schwere Schwangerschaftskomplikation dar. Durch die genannten Symptome der Mutter kann es zur Unterversorgung des Mutterkuchens (Plazentainsuffizienz) kommen, die dadurch verursachte Mangelversorgung des Ungeborenen kann zu Gehirnschäden führen. Eine vorzeitige Lösung der Plazenta kann eine Fehl, Früh- oder Totgeburt verursachen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten I 08 2 · Röntgenbestrahlung im 1. Trimenon der Schwangerschaft. Eine hohe Strahlendosis kann den Embryo bis etwa zur 15. Schwangerschaftswoche schädigen. · Frühe Sauerstoffunterversorgung des Ungeborenen · Durch Anomalien der Placenta oder Nabelschnur · Durch Blutungen, Schock oder Kollaps der Mutter · Folgende Ursachen können einen kindlichen Hirnschaden während des Geburtsvorgangs verursachen (peripartal): · Sauerstoffunterversorgung (Anoxie) des Gehirns durch Nabelschnurstrangulation oder Verlegung der Atemwege · Plazenta praevia (Verlegung des Muttermunds durch den Mutterkuchen) · Geburtstrauma mit Hirnblutung · Nach der Geburt (postpartal) kann ein kindlicher Hirnschaden durch diese Erkrankungen ausgelöst werden: · Hirnblutungen · Hirnhautentzündungen (Enzephalitiden) In welchen Ausprägungsformen kann die Infantile Cerebralparese auftreten? Man unterscheidet nach den verschiedenen Störungen des Bewegungsablaufs die: · Spastische Form (spasmos, griechisch: der Krampf), bei der durch Schädigung der motorischen Bahn, die vom Gehirn zum Rückenmark zieht, die Muskelspannung erhöht ist und eine Verlangsamung oder Einschränkung des Bewegungsablaufs mit steifen Bewegungen verursacht. · Dyskinetisch-athetotische Form, bei der die Kerne unter der Hirnrinde geschädigt sind. Durch unwillkürliche Muskelkontraktion kommt es zu langsamen, krampfartigen Bewegungsabläufen, wobei die Gelenke massiv überstreckt oder gebeugt werden, was besonders an den Handgelenken auftritt. · Ataktische Form, die durch eine Schädigung des Kleinhirns und der Kleinhirnbahn verursacht wird und Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen aufweist, wodurch es zu ruckhaften, abgehackten Bewegungsabläufen kommt. Man kann auch eine Einteilung nach dem vorliegenden Lähmungsbild vornehmen: · Hemiparese (Halbseitenlähmung) · Diparese (Lähmung vorwiegend beider Beine) · Tetraparese (Lähmung von Kopf, Rumpf, Armen und Beinen) Welche orthopädischen Probleme können bei der infantilen Cerebralparese auftreten? In Abhängigkeit der Schwere der Lähmungen und des Bewegungstyps finden sich: · Muskelverkürzungen im Bereich der Hüft- und Kniegelenke · Muskelverkürzungen an Händen und Füßen · Spastik der Rumpf-, Arm- und Beinmuskulatur mit Kontrakturen (Muskelverkürzungen) · Fuß- und Handdeformitäten · Deformitäten der Wirbelsäule (Skoliose, Kyphose) · Einschränkung bis hin zum Verlust von Geh-, Steh- und Sitzfähigkeit Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten I 08 2 Wie werden die orthopädischen Probleme der Infantilen Cerebralparese behandelt? Durch die Vielzahl der möglichen Symptome ist immer eine intensive Zusammenarbeit zwischen Eltern, Kind und Therapeuten erforderlich. Die gesamte therapeutische Zielsetzung richtet sich nach der Schwere der Behinderung, dem Alter des Kindes und der individuellen Tragweite der zu behandelnden Einschränkung. Ziel muss sein, durch präventive (vorbeugende) Maßnahmen (Krankengymnastik, orthopädische Hilfsmittel, Beschäftigungstherapie) bestehende Funktionseinschränkungen zu verbessern, die Leistungsfähigkeit einer koordinierten Bewegung und Haltung zu trainieren und drohende Deformitäten an der Wirbelsäule und den Gelenken zu verhindern. Je nach vorliegendem individuellem Gesamtbefund können bei bereits bestehenden Deformitäten operative Korrektureingriffe erforderlich werden, um den Verlust der Geh-, Steh- oder Sitzfähigkeit zu verhindern, Schmerzen zu vermeiden und um weitere Funktionseinbußen von Gliedmaßen aufzuhalten. Die Progredienz einer Skoliose bei infantiler Cerebralparese führt häufig zu grotesken Verkrümmungen der Wirbelsäule, vor allen Dingen auch zur Ausbildung eines basin oblique (Fehlstellung des Beckens). Dadurch kommt es recht häufig zu erheblichen pflegerischen Problemen, durch die ausgeprägte basin-obliqueStellung kann es gleichzeitig auch zu einem Verlust der Sitzmöglichkeit des Patienten kommen. Bei so ausgeprägten Skoliosen ist dann auch bei infantiler Cerebralparese eine OP-Indikation gegeben. Ziel dieser Operation muss eine Ausgradung der Wirbelsäule und vor allen Dingen auch eine Ausgradung der Beckenstellung sein, so dass die Sitzfunktion der Patienten wieder hergestellt werden kann. Dies bedeutet, dass in den meisten Fällen die Instrumentation bis nach S1 bzw. in das Becken zu erfolgen hat. Bei den ausgeprägten Rigiditäten, die man bei infantiler Cerebralparese findet, sind häufig auch ventrale mobilisierende Maßnahmen möglich, um überhaupt eine ausreichende Korrektur zu erreichen. Wichtig bei diesen Kindern ist eine segmentale Instrumentation mit Pedikelschrauben, da in der Regel eine Korsettbehandlung bei diesen Patienten nicht möglich ist. Es muss deswegen möglichst eine rigide Verstrebung zwischen Knochen und Implantat angestrebt werden, um die postoperativen Komplikationen auf ein Minimum zu reduzieren. Welche weiteren neuromuskulären Erkrankungen gibt es? Die bekanntesten neuromuskulären Erkrankungen sind: Meningomyelocele spinale Muskelatrophie Duchenne Muskeldystrophie Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine fortschreitende Muskelerkrankung, beginnend im 1.-2. Lebensjahr mit einer Schwäche der Beckenmuskulatur, die sich über die Schultergürtelmuskulatur zu einer generalisierten Muskelschwäche ausdehnt. Da es sich um einen X-chromosomalen Erbgang handelt, sind nur Knaben betroffen. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 20 Jahren. Durch Befall der Herzmuskulatur oder der Atemmuskulatur sterben die Betroffenen im Rahmen einer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) oder durch eine Ateminsuffizienz mit wiederholten schweren Lungenentzündungen. Syringomyelie Syringobulbie Die Syringomyelie ist eine Erkrankung des Rückenmarks, die hauptsächlich die Hals- und Brustwirbelsäule, die Syringobulbie das verlängerte Rückenmark (medulla oblongata) befällt. Im Rückenmark bilden sich Höhlen (Syringen) aus, die keine Nervenzellen enthalten, was zu unterschiedlich schweren Ausfallserscheinungen (Störung der Tiefensensibilität, des Lageempfindens, Gangunsicherheit, Muskelschwund mit gestörter Körperstatik und Ausbildung einer Skoliose) führt. Es gibt angeborene (Arnold-Chiari Malformation, Spina bifida und andere Primärerkrankungen) und erworbene Ursachen (Tumore oder Infektionen des Rückenmarks), die zur Ausbildung dieser Höhlen führen können. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten I 08 2 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Infantile Cerebralparese · Skoliose · Deformitiäten Poliomyelitis Die Kinderlähmung wird durch RNA Viren aus der Gruppe der Picornaviren verursacht. Nach Befall des Zentralnervensystems führt die Poliomyelitis durch eine Schädigung des zweiten motorischen Neurons im Rückenmark zu Lähmungen und Hirnhautentzündung. Eine antivirale Therapie gibt es bislang noch nicht, der beste Schutz wird durch eine vorbeugende Impfung gewährleistet. Spinocerebelläre Ataxie (Friedreich Ataxie) Die Friedreich´sche Ataxie ist eine erbliche Störung der vom Rückenmark gesteuerten Motorik, die sich durch eine Störung der Bewegungskoordination mit unsicherem Stand und Gang (Stand- und Gangataxie) auszeichnet. Die Erkrankung ist fortschreitend, als mögliche Ursache vermutet man eine Eisenübersättigung der Mitochondrien, was zur Bildung so genannter freier Radikale führt, die dann die Nervenzellen schädigen. Neben weiteren Komplikationen wie Ausbildung einer Herzmuskelvergrößerung (Kardiomyopathie) kann diese Ataxie auch eine Skoliosebildung verursachen. Arthrogryposis multiplex congenita (AMC) Es handelt sich um eine angeborene Fehlentwicklung des Bindegewebes und des Nervensystems, durch die es zu einer gestörten Entwicklung der Muskulatur (Muskelschwäche oder fehlende Muskelgruppen) und damit verbunden zu Fehlentwicklungen der Gelenke mit Einsteifung kommen kann. Die Erkrankung kann mit Fehlstellungen der Wirbelsäule und schweren Fehlbildungen des Zentralnervensystems vergesellschaftet sein Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 08 3 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten Was sind „Neuromuskuläre Erkrankungen? Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der Sinneswahrnehmung). Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats im Verlauf der Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen. Was sind „Spinale Muskelatrophien“ (SMA)? Unter dem Begriff „Spinale Muskelatrophie“ werden Krankheiten zusammengefasst, die durch eine erbliche und fortschreitende Schädigung des motorischen Systems gekennzeichnet sind. Bei diesen Erkrankungen sind motorische Zellen (á-Motoneurone) hauptsächlich des Rückenmarks (spinal), aber auch motorische Nervenzellen in der Hirnrinde und im Hirnstamm geschädigt und werden zerstört, wodurch die Weiterleitung von Nervenimpulsen vom Gehirn zu den ausführenden Muskeln gestört ist. Die Störung der Weiterleitung von Nervenimpulsen durch Untergang der Motoneurone führt zu folgenden Symptomen im motorischen System: · Muskelatrophie („Muskelschwund“) · Paresen (Lähmungen) · Hypotonie der Muskulatur (Verringerung der Muskelspannung) · Schluck-, Kau- und Sprechstörungen bei Mitbeteiligung der Motoneurone des Hirnstamms Wodurch werden Spinale Muskelatrophien hervorgerufen? Bei der Spinalen Muskelatrophie handelt es sich um eine Erberkrankung mit autosomal rezessivem Erbgang. Dies bedeutet, ein Kind kann nur dann an einer Spinalen Muskelatrophie erkranken, wenn beide Elternteile Träger des genetischen Merkmals sind und beide das Krankheitsmerkmal auf das Kind übertragen. Überträgt nur ein Elternteil das genetische Merkmal, so kommt beim Kind die Erkrankung nicht zum Ausbruch, das Kind kann die Erkrankung aber als Träger des Merkmals weitervererben. Betroffenen mit einer Spinalen Muskelatrophie oder Trägern dieses genetischen Merkmals fehlt das so genannte „survival motoneuron 1“ (SMN 1). Dieses Gen produziert ein spezielles Protein (Eiweißstoff), das für die Funktionsfähigkeit der Motoneurone verantwortlich ist. Durch das Fehlen dieses Proteins kommt es zur Schädigung der Motoneurone und damit zur Störung der Weiterleitung von Impulsen im motorischen System. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 08 3 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten • Vereinfachte Darstellung des motorischen Systems · 1. Motorisches Neuron in der Hinrinde · Motoneurone im Bulbus des Hirnstamms · Rückenmark · 2. Motorisches Neuron im Rückenmark (Vorderhorn) Wie werden sie Spinalen Muskelatrophien eingeteilt? Die spinalen Muskelatrophien werden in 4 Krankheitsgruppen eingeteilt (SMA Typ I-IV), die bezüglich der Symptome, des Verlaufs und der Prognose variieren. Alle Muskeln des Körpers können betroffen sein, wobei die Muskelgruppen, die dem Rumpf nahe sind wie Schulter-, Rücken- und Beckenmuskulatur meist am stärksten betroffen sind. Die Muskelatrophie der Beine ist in der Regel stärker ausgeprägt als die der Arme. SMA Typ I, auch Werdnig-Hoffmann Krankheit oder akut infantile SMA genannt, zeigt folgende Symptome: · Beginn der Erkrankung bereits im Mutterleib · Autosomal rezessiver Erbgang · Diagnosestellung vor dem 6. Lebensmonat · Nur geringe Kindsbewegungen in der Gebärmutter · Stark verminderter Muskeltonus („floppy infant“) · Froschschenkelhaltung der Beine · Abschwächung oder Aufhebung der Muskeleigenreflexe · Auffällige Faszikulationen („Zittern“) der Zunge · Hauptsächlich Körperstamm betonte Muskelatrophie · Meist Beginn im Bereich des Beckengürtels und der Oberschenkel · Sitzen und Gehen sind nicht erlernbar · Saug- und Schluckstörungen mit Gefahr der Aspiration („Verschlucken“) von Nahrung, Flüssigkeit oder Speichel in die Lunge, wodurch eine Lungenentzündung ausgelöst werden kann. · Atemstörung bis hin zur Atemlähmung durch Schwäche der Interkostalmuskulatur, den so genannten Zwischenrippenmuskeln, die bei der Atmung für die Bewegung des Brustkorbs verantwortlich sind. · Ausbildung eines Glockenthorax (Glockenartige Verformung des Brustkorbs) · Deformitäten im Bereich des knöchernen Skeletts mit Ausbildung einer Skoliose, Hyperlordose und Fußfehlstellungen · Decubitus („Wundliegen“) · Häufige Infekte der Lunge · Geringe Lebenserwartung, cirka 90 % der Kinder sterben bis zum 10. Lebensjahr durch die bestehende Ateminsuffizienz. SMA Typ II, die chronisch infantile oder intermediäre SMA zeigt folgende Symptome: · Autosomal rezessiver Erbgang · Krankheitsbeginn meist im 1. Lebensjahr · Freies Sitzen ist erlernbar Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 08 3 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten · Freies Gehen nur mit Hilfe oder Hilfsmitteln möglich · Zungenfaszikulationen und leichtes Zittern der Finger · Ausbildung einer skoliotischen Wirbelsäulendeformität · Deformität des Brustkorbs · Selten Schluckstörungen · Störung der Nahrungsaufnahme · Atrophie der Interkostalmuskulatur mit Ateminsuffizienz · Pulmonale Infekte · Cirka 30 % der Kinder erleben das 10. Lebensjahr, wenige werden älter als 20 Jahre SMA Typ III, auch juvenile SMA oder Kugelberg-Welander Erkrankung genannt, ist gekennzeichnet durch: · Meist autosomal rezessiver Erbgang, gelegentliches Auftreten der Erkrankung als Neumutation · Variabler Krankheitsbeginn (zwischen dem 1. Lebensjahr und fortgeschrittenem Jugendalter) · Meist Beginn im Bereich der Muskulatur des Becken- und Schultergürtels · Keine wesentliche Verkürzung der Lebenserwartung · Gehen ohne Hilfe ist möglich, wobei sich die Fähigkeit zu stehen oder zu laufen im Verlauf der Erkrankung wieder verschlechtern kann. · Fußdeformitäten · Kontrakturen der Gelenke SMA Typ IV, adulte SMA mit folgenden Symptomen: · Meist schleichender Beginn nach dem 30. Lebensjahr · Unterschiedliche Ausprägung der muskulären Schwächen · Atem- und Schluckmuskulatur nur selten betroffen · Lebenserwartung ist nicht eingeschränkt Wie wird die Diagnose einer spinalen Muskelatrophie gestellt? · Nachweis des Fehlens des SMN 1 Gens durch eine molekulargenetische Blutuntersuchung · Klinische und neurologische Untersuchung zur Befunderhebung des vorliegenden Muskel- und Reflexstatus, sowie zur Abgrenzung von anderen organischen Erkrankungen · Durchführung einer Muskelbiopsie, bei der ein Stück Gewebe aus einem Muskel in örtlicher Betäubung entfernt wird. Diese Gewebeprobe wird unter dem Mikroskop untersucht und ermöglicht eine Abgrenzung zu Muskelerkrankungen, die andere Ursachen haben. · Mit der Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit und einer Elektromyographie (EMG) können elektrische Impulse eines Nerven, die Leitgeschwindigkeit des Impulses und die Ansprechbarkeit des Muskels auf den Impuls gemessen werden. · Die Bestimmung der Kreatinkinase (CK), einem Muskelenzym, ist für die Diagnosesicherung wenig spezifisch, da sie bei den verschiedenen Formen der spinalen Muskelatrophie sowohl im Normalbereich als auch leicht erhöht sein kann. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. I 08 3 Wie werden die spinalen Muskelatrophien behandelt? Bislang gibt es keine ursächliche Behandlung, durch die spinale Muskelatrophien geheilt werden können. Deshalb müssen die Behandlungsmaßnahmen intensiv genutzt werden, die eine Verbesserung der Muskelkraft oder eine Verlangsamung der Zunahme der Muskelschwäche bewirken. Abhängig vom individuellen Befund der jeweiligen Erkrankung können folgende Behandlungen im Rahmen eines individuell zu erstellenden Therapieplans in Zusammenarbeit zwischen Eltern, Erkrankten, behandelnden Ärzten und Therapeuten sinnvoll sein: · Krankengymnastik zur Verbesserung und Erhaltung der Muskelfunktion und zur Behandlung und Vorbeugung von Muskelkontrakturen (Verkürzungen) · Physikalische Therapie (Massagen, Kälte/Wärmebehandlung, · Elektrotherapie (TENS, Interferenzstrom) · Ultraschallbehandlung · Ergotherapie · Logopädie besonders bei Schluckstörungen · Psychologische Begleitung · Schmerztherapie · Bei Schluckstörungen mit unzureichender Nahrungsaufnahme kann es erforderlich werden, dass die Nahrung über eine Magensonde zugeführt wird. In der Regel wird dann eine so genannte PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) angelegt. Bei diesem Verfahren wird unter optischer Kontrolle der Magenspiegelung ein dünner Schlauch durch die Bauchdecke in den Magen gelegt, worüber die Nahrungsaufnahme durchgeführt werden kann. · Behandlung von Atemstörungen Durch die Atrophie der Muskulatur der Brustwand, der Atemhilfsmuskulatur, des Zwerchfells und der Muskelschwäche der Bauchdecke ist die Atemfunktion in unterschiedlich starker Ausprägung eingeschränkt. Dies kann zu einer Sauerstoffunterversorgung führen, die eingeschränkte Beweglichkeit des Brustkorbs führt zusätzlich zu einem verminderten Abtransport von Sekret und Schleim aus der Lunge, wodurch es zu wiederholten Lungeninfekten kommen kann. Aus diesen Gründen ist eine Überwachung der Lungenfunktionswerte, eine Verbesserung der Schleimdrainage aus der Lunge durch eine gezielte Atem- und Lagerungstherapie und bei bestehenden Infekten der Lunge eine antibiotische Behandlung erforderlich. Bei schweren Atemstörungen, hauptsächlich bei SMA Typ I Kindern, kann eine maschinelle Unterstützung der Atemfunktion erforderlich werden. · Orthopädische Hilfsmittel wie spezielle Sitz-, Steh- und Gehhilfen und ein der Behinderung angepasstes Umfeld können die individuelle Situation und Eigenständigkeit verbessern oder die Pflege erleichtern. Operative Versorgung einer Skoliose Durch die bestehenden Muskelatrophien der Rumpfmuskulatur kommt es zur massiven Veränderung der Körperstatik, wodurch es gerade bei Patienten mit einer spinalen Muskelatrophie, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, häufig zur Ausbildung einer Skoliose kommt. Da die neuromuskulär bedingten Skoliosen durch die bestehende Grunderkrankung mit konservativen Maßnahmen nur mit geringem Erfolg zu behandeln sind, kann eine frühzeitige Operation, bevor es zu einer Verschlechterung der Atmungs- und Kreislauffunktion kommt, sinnvoll sein. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten I 08 3 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Neuromuskuläre Skoliose - Spinale Muskelatrophie · Skoliose · Deformitiäten Welche weiteren neuromuskulären Erkrankungen gibt es? Die bekanntesten neuromuskulären Erkrankungen sind: Meningomyelocele Infantile Cerebralparese Duchenne Muskeldystrophie Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine fortschreitende Muskelerkrankung, beginnend im 1.- 2. Lebensjahr mit einer Schwäche der Beckenmuskulatur, die sich über die Schultergürtelmuskulatur zu einer generalisierten Muskelschwäche ausdehnt. Da es sich um einen X-chromosomalen Erbgang handelt, sind nur Knaben betroffen. Die Lebenserwartung liegt bei etwa 20 Jahren. Durch Befall der Herzmuskulatur oder der Atemmuskulatur sterben die Betroffenen im Rahmen einer Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) oder durch eine Ateminsuffizienz mit wiederholten schweren Lungenentzündungen. Syringomyelie Syringobulbie Die Syringomyelie ist eine Erkrankung des Rückenmarks, die hauptsächlich die Hals- und Brustwirbelsäule, die Syringobulbie das verlängerte Rückenmark (medulla oblongata) befällt. Im Rückenmark bilden sich Höhlen (Syringen) aus, die keine Nervenzellen enthalten, was zu unterschiedlich schweren Ausfallserscheinungen (Störung der Tiefensensibilität, des Lageempfindens, Gangunsicherheit, Muskelschwund mit gestörter Körperstatik und Ausbildung einer Skoliose) führt. Es gibt angeborene (Arnold-Chiari Malformation, Spina bifida und andere Primärerkrankungen) und erworbene Ursachen (Tumore oder Infektionen des Rückenmarks), die zur Ausbildung dieser Höhlen führen können. Poliomyelitis Die Kinderlähmung wird durch RNA Viren aus der Gruppe der Picornaviren verursacht. Nach Befall des Zentralnervensystems führt die Poliomyelitis durch eine Schädigung des zweiten motorischen Neurons im Rückenmark zu Lähmungen und Hirnhautentzündung. Eine antivirale Therapie gibt es bislang noch nicht, der beste Schutz wird durch eine vorbeugende Impfung gewährleistet. Spinocerebelläre Ataxie (Friedreich Ataxie) Die Friedreich´sche Ataxie ist eine erbliche Störung der vom Rückenmark gesteuerten Motorik, die sich durch eine Störung der Bewegungskoordination mit unsicherem Stand und Gang (Stand- und Gangataxie) auszeichnet. Die Erkrankung ist fortschreitend, als mögliche Ursache vermutet man eine Eisenübersättigung der Mitochondrien, was zur Bildung so genannter freier Radikale führt, die dann die Nervenzellen schädigen. Neben weiteren Komplikationen wie Ausbildung einer Herzmuskelvergrößerung (Kardiomyopathie) kann diese Ataxie auch eine Skoliosebildung verursachen. Arthrogryposis multiplex congenita (AMC) Es handelt sich um eine angeborene Fehlentwicklung des Bindegewebes und des Nervensystems, durch die es zu einer gestörten Entwicklung der Muskulatur (Muskelschwäche oder fehlende Muskelgruppen) und damit verbunden zu Fehlentwicklungen der Gelenke mit Einsteifung kommen kann. Die Erkrankung kann mit Fehlstellungen der Wirbelsäule und schweren Fehlbildungen des Zentralnervensystems vergesellschaftet sein. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Spondylolisthese Was ist eine Spondylolisthesis? Der Begriff Spondylolisthesis setzt sich aus den griechischen Worten „spondylos“, der Wirbel und „olisthesis“, das Gleiten, zusammen. Bei der Spondylolisthesis handelt es sich um das Gleiten eines Wirbelkörpers mit seinen oberen Gelenkfortsätzen, Bogenwurzeln und Querfortsätzen über den darunter liegenden Wirbel nach vorne, wobei der Wirbelbogen mit seinen unteren Gelenkfortsätzen am Ursprungsort verbleibt. Das Wirbelgleiten kann in jedem Wirbelsegment der Lendenwirbelsäule auftreten, wobei die Schweregrade III-IV des Wirbelgleitens fast nur im Segment 5. Lendenwirbel/1. Kreuzbeinwirbel vorkommt. Welche Einteilungen gibt es für das Wirbelgleiten? Die Spondylolisthesis wird in ihrer Entstehung in folgende Untergruppen klassifiziert: Typ I: isthmische-lytische Form, bei der eine Läsion der pars interarticularis (1) des Wirbels vorliegt. Bei einer „echten“ Spondylolisthesis wird das Wirbelgleiten durch einen knöchernen Defekt der Wirbelbögen (2), einer so genannten Spondylolyse, in der pars interarticularis (1) des Wirbels hervorgerufen. • Wirbel seitlich und von oben · Pars interarticularis (1) · Wirbelbogen, arcus vertebrae (2) · Bogenwurzel, pediculus arcus vertebrae · Bandscheibe Die Spondylolyse als knöcherne Unterbrechung im Bereich des Wirbelbogenansatzes kann einseitig oder beidseitig auftreten, man spricht auch von einer Unterbrechung der Interartikularportion. Bei Vorliegen einer Spondylolyse verliert das entsprechende Bewegungssegment an Stabilität, da die Funktion der Wirbelgelenke aufgehoben ist, wodurch der Wirbelkörper nach ventral (bauchwärts) gleitet. Durch die entstandene Instabilität müssen die einwirkenden Kräfte hauptsächlich über die Rückenmuskulatur und die Bandscheibe des betroffenen Segments aufgefangen werden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com J Spondylolisthese Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com J • Einseitige Spondylolyse, Wirbel von oben · Wirbelbogen · Wirbelgelenk · einseitige Spondylolyse • Beidseitige Spondylolyse, Wirbel von oben · beidseitige Spondylolyse Ist die pars interarticularis beidseits unterbrochen, kann der 5. Lendenwirbel, begünstigt durch die nach vorne (ventral) geneigte Bandscheibe L5/S1, über den 1. Kreuzbeinwirbel, nach vorne gleiten. • Untere Lendenwirbelsäule seitlich, Spondylolyse L5 · 4. Lendenwirbel, L4 · Spondylolyse · 5. Lendenwirbel, L5 · Bandscheibe, L5/S1 · 1. Kreuzbeinwirbel, S1 Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Spondylolisthese • Untere Lendenwirbelsäule seitlich, der 5. Lendenwirbel gleitet nach vorne. · Spondylolyse · 5. Lendenwirbel, L5 · Bandscheibe, L5/S1 · 1. Kreuzbeinwirbel, S1 Die isthmisch spondylolytische Form des Wirbelgleitens tritt in etwa 80-85 % in der Höhe des Wirbelsegments L5/S1, cirka 15 % in der Segmenthöhe L4/L5 und sehr selten in der Höhe L3/L4 auf. Typ II: isthmisch - dysplastische Form der Spondylolisthesis Der dysplastische Typ findet sich in der Regel nur am 5. Lendenwirbel, wobei es sich bei dieser Form um eine Elongation der Interartikularportion des Gleitwirbels ohne Defektbildung innerhalb des Wirbelbogens handelt. Bei Zunahme des Gleitvorgangs kann es sekundär zu einer Unterbrechung der Interartikularportion kommen. Das auffälligste Merkmal dieser Form ist aber die Elongation der Interartikularportion, die bei der isthmischlytischen Form in dieser Weise nie zu finden ist. Bemerkenswert ist, dass es nur bei der dysplastischen Form der Spondylolisthesis zum Vollbild der Spondyloptose (völliges Abkippen des Gleitwirbels nach vorne) kommen kann. Bei der isthmisch-lytischen Form dagegen findet sich nie eine Spondyloptose. Der Pathomechanismus der Spondyloptose ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Es ist jedoch so, dass es bei einem zunehmenden Gleitvorgang bei einer isthmisch-dysplastischen Spondylololisthesis zwangsläufig zu einer Aufrichtung des Kreuzbeins gegenüber dem 5. Lendenwirbel kommen muss, damit die Last des Körpers (gravity line) weiterhin über dem Hüftkopf zentriert bleibt. Durch diese Retroversion des Sakrum mit dem Becken kommt es dann häufig zu der grotesken Verformung des lumbosacralen Übergangs, der schon oft im klinischen Bild mühelos diagnostiziert werden kann. Nur bei der isthmisch-dysplastischen Form kommt es zur Ausbildung einer lumbosacralen Kyphose, es entsteht also eine kyphotische Knickbildung zwischen dem 5. Lendenwirbel und dem 1. Kreuzbeinwirbel. Eine solche kyphotische Fehlform ist bei der Isthmisch-lytischen Form nie zu beobachten. Unter diesem Aspekt der lumbosacralen Kyphose ist die isthmisch-dysplastische Form auch als eine kyphotische Fehlhaltung der Wirbelsäule zu interpretieren und als solche entsprechend zu behandeln. Typ I und Typ II der Spondylolisthesis müssen sowohl bei der Diagnostik, als auch in der Therapie unterschiedlich betrachtet werden. Typ III: degenerative Form der Spondylolisthesis Die degenerativ bedingte Form des Wirbelgleitens wird durch eine Abnutzung der Wirbelgelenke und der Bandscheibe verursacht. Hierbei kommt es zu einem Wirbelgleiten ohne Defektbildung in der Interartikularportion, es zeigt sich jedoch immer eine Verengung des Spinalkanals (Spinalkanalstenose). Sie tritt meistens in der Höhe des 4. Lendenwirbels auf, eine Spondylolyse findet sich im Wirbelbogen nicht, weshalb man diese Form auch als „Pseudo-Spondylolisthesis“ bezeichnet. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com J Spondylolisthese Welche Messmethoden gibt es, um Ausmaß und Schweregrad des Wirbelgleitens zu bestimmen? 1. Schweregradbestimmung nach Meyerding Das Ausmaß des Wirbelgleitens wird in den 4 Stadien nach Meyerding dadurch bestimmt, dass die Deckplatte des 1. Sakralwirbels in 4 gleich große Abschnitte eingeteilt wird und sich der jeweilige Schweregrad des Wirbelgleitens dadurch ergibt, auf welche der 4 Einteilungen der Oberfläche des 1. Kreuzbeinwirbels sich die Hinterkante des nach vorne gleitenden Wirbels projiziert. Die Länge der Gleitfläche, die der 5. Lendenwirbelkörper auf dem 1. Kreuzbeinwirbel nach vorne gleitet, bestimmt den Schweregrad I-IV. • Normalzustand des lumbosakralen Übergangs (Übergang 5. Lendenwirbel/1. Kreuzbeinwirbel) · 5. Lendenwirbel · Bandscheibe L5/S1 · Gleitstrecke auf dem 1. Kreuzbeinwirbel · 1. Kreuzbeinwirbel • Meyerding Stadium 1-2 Ab dem Meyerding Stadium 3, bei dem der 5. Lendenwirbelkörper 50 % der Gleitfläche auf dem Kreuzbein nach vorn geglitten ist, spricht man definitionsgemäß von schwerem Wirbelgleiten. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com J J Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylolisthese • Meyerding Stadium 3-4 Die schwerste Form des Wirbelgleitens bezeichnet man als Spondyloptose, bei der der 5. Lendenwirbel 100 % der Gleitfläche nach vorne und zusätzlich am Kreuzbein nach unten abgerutscht ist. • Spondyloptose 2. Gleitstreckenbestimmung des gleitenden Wirbels Es gibt verschiedene Methoden, die Länge der Gleitstrecke des gleitenden Wirbels zu bestimmen. Taillard, Wiltse und Winter entwickelten Messmethoden, bei denen man auf dem Röntgenbild über definierte Hilfslinien, die über bestimmte Wirbelstrukturen (z.B. Hinterkante oder Deckplatte des Wirbels) gelegt werden, ein prozentuales Ausmaß der Gleitstrecke errechnen kann. 3. Bestimmung des Gleitwinkels Es gibt unterschiedliche Methoden, mit denen man den Gleitwinkel, das heißt, das Ausmaß der Abkippung zwischen dem 1. Kreuzbeinwirbel und dem abgleitenden 5. Lendenwirbel, bestimmen kann. Bei diesen Methoden werden im Röntgenbild Hilfslinien auf Strukturen des 5. Lendenwirbels und 1. Kreuzbeinwirbels (Grund- oder Deckplatten, Vorder- oder Hinterkanten der Wirbel) gelegt, mit deren Hilfe man den jeweiligen Gleitwinkel errechnen kann. 4. Bestimmung des Lordosewinkels der Lendenwirbelsäule Je weiter der 5. Lendenwirbel nach vorne abkippt, desto stärker ist die Tendenz der Wirbelsäule zur Kompensation der Wirbelsäulenstatik ein vermehrtes Hohlkreuz im Lendenwirbelsäulenbereich (Hyperlordose) zu bilden. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. J 5. Inklinationswinkel des Kreuzbeins Mit der Bestimmung des Inklinationswinkels des Kreuzbeins errechnet man auf dem Röntgenbild der Lendenwirbelsäule seitlich, in stehender Position, den Winkel des Kreuzbeins zur Vertikalen. Dieser Winkel ist bei einer Spondylolisthesis von Bedeutung, da mit steigendem Schweregrad des Wirbelgleitens die kompensatorische Lendenlordose zunimmt und sich das Kreuzbein dadurch steiler steht, wodurch sich der Inklinationswinkel verkleinert. Welche Diagnostik wird durchgeführt? Klinische Untersuchung: · Anamnese · Familiäre Belastung ? · Sportliche Betätigung? · Inspektion · Stufenbildung: Je ausgeprägter das Wirbelgleiten ist, desto stärker fällt eine sichtbare und tastbare Stufenbildung zwischen dem Dornfortsatz des gleitenden Wirbels und des darüber liegenden Wirbels auf. Diese Stufen -bildung wird auch als Schanzenphänomen bezeichnet. · Hyperlordose (Hohlkreuz): Bei Fortschreiten des Wirbelgleitens kommt es ab dem Gleitgrad Meyerding II-III zu einer zunehmenden Kyphosierung des 5. Lendenwirbelkörpers gegenüber dem 1. Kreuzbeinwirbel, da für den 5. Lendenwirbel bei weiterem Vorwärtsgleiten die vordere (ventrale) Abstützung fehlt. Diese entstandene Kyphosierung von L5 muss nun durch eine Hyperlordose der Lendenwirbelsäule ausgeglichen werden, um aufrecht gehen zu können. · Auftreten einer Skoliose: Beim Wirbelgleiten kann in seltenen Fällen durch eine reflektorische Schonhaltung in Folge einer Nervenwurzelkompression eine skoliotische Fehlhaltung auftreten. Bei ausgeprägtem Wirbelgleiten kann es durch die Kombination von Gleiten und Rotation des Gleitwirbels zu einer strukturellen Skoliose kommen. · Palpation · Findet sich eine tastbare Stufenbildung der Dornfortsätze? · Liegt ein Klopf-, Druck- und Rüttelschmerz der betroffenen Region vor? · Zeigt sich ein paravertebragener muskulärer Hartspann der lumbalen Rückenmuskulatur? · Wie ist der Beckenstand? · Funktions- und Schmerzuntersuchungen · Neurologische Untersuchung mit Überprüfung der Sensibilität, Motorik und der Reflexe, um eine beteiligte Nervenkompression auszuschließen (Lasègue Zeichen, Bragard Zeichen, Far-out Syndrom). · Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (Schobersches Zeichen) · Schmerzauslösung bei Stauchung der Wirbelsäule · Kletterphänomen: Aufrichten des Oberkörpers aus gebückter Haltung ist nur unter starken Schmerzen und mit Abstützung der Arme auf den Oberschenkeln möglich. · Apparative Diagnostik · Röntgen Lendenwirbelsäule in 2 Ebenen mit Schrägaufnahmen: In der konventionellen seitlichen Aufnahme ist das Ausmaß des Wirbelgleitens gut zu erkennen, die zusätzlichen Schrägaufnahmen zeigen häufig die bestehende Spondylolyse noch deutlicher Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylolisthese J (Hundehalsbandphänomen). In der Aufnahme im a.p. Strahlengang lässt sich eine zusätzlich bestehende Skoliose erkennen, bei einer stark ausgeprägten Lordosierung der Lendenwirbelsäule stellt sich der 5. Lendenwirbel wie ein umgekehrter Napoleonhut dar. · Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule in maximaler Reklination (Rückwärtsbeugung) und Inklination (Vorwärtsbeugung) lassen eventuell bestehende Instabilitäten des betroffenen Wirbelsäulensegments erkennen. · Computertomographie (CT) Die Darstellung der bestehenden Spondylolyse ist im CT zwar deutlich, die übrigen Strukturen wie Weichteile, Bandscheiben, Nerven und Muskulatur werden in der Magnetresonanztomographie wesentlich besser dargestellt. · Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin) Mit der MRT lassen sich Veränderungen an den Nervenwurzen, dem Spinalkanal und den Bandscheiben sehr gut beurteilen. · Myelographie Die Röntgendarstellung des Spinalkanals mit Kontrastmittel kann weiteren Aufschluss über eine eventuell bestehende Verengung des Rückenmarkkanals oder eine Kompression eines Nervens im Wurzelbereich geben, die im MRT nicht sicher beurteilt werden kann. · Skelettszintigraphie Kann in den genannten Untersuchungen kein Hinweis auf eine Spondylolyse erbracht werden, kann mit der Skelettszintigraphie bereits in einem frühen Stadium eine drohende oder bereits vorhandene Spondylolyse durch Anreicherung des Kontrastmittelindikators in der pars interarticularis des Wirbelkörpers nachgewiesen werden. Welche Symptome gibt es? Trotz radiologischem Nachweis einer Spondylolyse oder einer Spondylolisthesis sind viele Patienten beschwerdefrei. Die meisten Symptome sind unspezifisch und können auch bei anderen Wirbelsäulenerkrankungen auftreten, wie zum Beispiel bei degenerativen Veränderungen der Bandscheiben und der Wirbelkörper. · Kreuzschmerzen, die in das Gesäß und die Beine ausstrahlen · Stauchungsschmerz der Wirbelsäule · Druckschmerz des Dornfortsatzes des 5. Lendenwirbels · Verstärkte Hohlkreuzbildung (Hyperlordose) Bei schwerem Wirbelgleiten Meyerding Stadium 3-4 können zusätzlich auftreten: · Tastbare und sichtbare Stufenbildung in Höhe des gleitenden Wirbels mit deutlichem Herausragen des Kreuzbeins nach hinten · neurologische Ausfälle · reflektorische oder strukturelle Skoliose · gebeugte Knie, um aufrecht stehen zu können · fast völlige Aufhebung der Beugefähigkeit der Hüfte durch Verkürzung der Streckmuskulatur der Hüfte Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylolisthese J Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylolisthese Wie wird die Spondylolisthesis behandelt? Therapieziele: · Verbesserung der Lebensqualität durch Schmerzreduktion oder Schmerzbeseitigung · Verhinderung des Fortschreitens des Wirbelgleitens · Beseitigung von bestehenden neurologischen Symptomen Die Spondylolisthesis kann in den meisten Fällen konservativ behandelt werden. Die konservative Behandlung umfasst: · Die intensive Beratung und Aufklärung des Patienten über sein Krankheitsbild mit · Erläuterung der Wichtigkeit einer eventuell erforderlichen Gewichtsreduktion · einer Berufsberatung bei eventuell erforderlichem Berufswechsel · einer erforderlichen Anpassung der körperlichen Belastung bei der beruflichen Tätigkeit und beim Sport · medikamentöse Therapie mit Gabe von · Analgetica · Antiphlogistica · Muskelrelaxantien · Lokalen Infiltrationen · Physiotherapie Um die Stabilisierung des betroffenen Wirbelsäulensegments zu fördern, ist der Aufbau einer kräftigen Rücken- und Bauchmuskulatur erforderlich. Dies kann durch isometrisches Training und eine entsprechende Rückenschule erreicht werden. · Massagen, Wärmeanwendungen und Elektrotherapie können die Schmerzzustände zusätzlich günstig beeinflussen. · Orthopädietechnische Hilfen · Korsettbehandlung (entlordosierende/stabilisierende Rumpforthesen) · Orthopädisch angepasste Schuhe Operative Therapie Indikationen: · Leidensdruck, trotz adäquater konservativer Therapie und Anpassung der Lebens- und Arbeitssituation bestehen weiterhin starke Schmerzen · Auftreten von neurologischen Ausfällen · Zunahme des Wirbelgleitens Ziele der operativen Therapie: · Stabilisierung des Bewegungssegmentes (Spondylodese) mit Wiederherstellung der Zwischenwirbelhöhe · Gegebenenfalls Beseitigung neurologischer Symptome (durch Reposition und/oder Dekompression) · Schmerzreduzierung · Verbesserung der Wirbelsäulenstatik Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. J Es gibt verschiedene Operationsverfahren zur Therapie der Spondylolisthesis, wobei zwischen dem Typ I und dem Typ II unterschieden werden muss: Typ I: Isthmisch – lytische Form: A. Verschraubung und Knochenanlagerung (direct repair) der Spondylolyse Diese Operation kann dann durchgeführt werden, wenn die lytische Spondylolisthese zu einem frühen Zeitpunkt erkannt wird. Eine Ausheilungsquote der Defektbildung ist nach der Literatur in etwa 50 bis 60 % zu erwarten. Diese Operation ist nur dann möglich, wenn kein oder nur ein ganz geringfügiger Gleitvorgang vorliegt und vor allen Dingen nur dann, wenn keine Schädigung der Bandscheibe nachzuweisen ist (MRT) . B. Bei Zunahme des Gleitvorgangs infolge einer zunehmenden degenerativen Schädigung der Bandscheibe (Überlastung) ist dann die Indikation zur Repositions-Spondylodese gegeben. Diese Repositions-Spondylodese kann sowohl in TLIF- als auch in ALIF-Technik durchgeführt werden. Eine alleinige dorsale Instrumentation und dorso-laterale Fusion erscheint uns nicht ausreichend, da hier die Pseudarthroserate wesentlich höher ist. Typ II: isthmisch – dysplastische Form Hier ist in die Indikation zur Operation wesentlich großzügiger zu stellen, als bei der isthmisch-lytischen Form. Im Gegensatz zu der isthmisch-lytischen Form kommt es bei der isthmisch-dysplastischen Form in vielen Fällen schon im frühen Kindesalter (ab dem 4. oder 5. Lebensjahr) zu erheblichen Beschwerden, die dann einer operativen Intervention bedürfen. Gleichzeitig ist eine klare OP-Indikation gegeben, wenn bei der isthmisch-dysplastischem Form eine Progredienz zu erkennen ist. Wir wissen, daß bei einer entsprechenden Progredienz in sehr vielen Fällen das Vollbild der Spondyloptose erreicht wird, was dann zu erheblichen Problemen führen kann. Schon bei einer leichten Progression oder bei Beschwerden sollte nach unserer Ansicht auch schon im frühen Kindesalter die operative Reposition und Fusion L5/S1 vorgenommen werden, da die Reposition bei Kindern sehr leicht erreichbar ist. Ab dem 13./14. Lebensjahr bei starken lumbosacralen Kyphosen ist die Reposition wesentlich schwieriger und vor allen Dingen auch mit einer wesentlich höheren neurologischen Komplikationsrate (Lähmung des Nerven L5) vergesellschaftet. Hier kommen grundsätzlich 3 Operationsverfahren in Betracht: 1. Alleinige dorsale Repositions-Spondylodese mit temporärer oder dauerhafter Instrumentation von L4 2. Kombinierte ventro-dorsale Reposition ebenfalls mit Instrumentation von L4 3. Corporektomie von L5 und Fusion von L4 gegenüber S1 (Gaines-Procedure) Wichtigstes Ziel dieser Operation ist nicht nur die Reposition von L5 gegenüber S1, sondern die Beseitigung der lumbosakralen Kyphose und die Beseitigung der Retroversion des Beckens. Diese ist nur im Kindesoder im frühen Adoleszentenalter möglich. Bei Erwachsenen ist dieses Ergebnis nicht oder mit einem viel größeren Aufwand zu erzielen. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Spondylolisthese K 01 Die Diagnose „Tumor“ oder „Tumorverdacht“ stellt für jeden Betroffenen einen gravierenden Einschnitt in sein bisheriges Leben dar. Bereits in der ersten Phase der persönlichen Konfrontation mit seinem Krankheitsbild, die durch Ängste, Unsicherheit und Verzweiflung geprägt sein kann, erfordert diese Erkrankung eine starke Mitarbeit des Patienten, da der Betroffene direkt nach Stellung der Verdachtsdiagnose „Tumor“ unter Umständen eine große Anzahl von klinischen und apparativen Untersuchungen, Befragungen und Gesprächen zu bewältigen hat, damit rasch eine exakte Diagnose gestellt werden kann. Sämtliche Untersuchungen haben die Beantwortung folgender Fragen zum Ziel: · Ist der Tumor gutartig oder bösartig (Dignität)? · Um welche Art von Tumor handelt es sich? · Wie ist die Ausdehnung des Tumors? · Handelt es sich um einen Tumor, der primär im Knochen entsteht oder um eine Metastase (Fernabsiedelung von Tumorgewebe) eines Tumors, der sich außerhalb der Wirbelsäule befindet? · Liegen Metastasen in anderen Organen (Leber, Lunge, Lymphknoten) vor? · Welches Tumorstadium liegt vor (Staging)? · Wie sind die Behandlungsmöglichkeiten des Tumors (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie)? Erst wenn die Untersuchungen Ergebnisse zur Beantwortung dieser wichtigen Fragen ergeben haben, ist es möglich, dem Patienten eine fundierte Beschreibung seines Krankheitsbilds zu geben und mit dem Betroffenen die Konsequenzen seiner Erkrankung, mögliche Behandlungsansätze, Risiken und Komplikationen zu besprechen. Da eine Tumorerkrankung immer ein sehr komplexes Krankheitsbild darstellt, das meistens verschiedene Fachrichtungen der Medizin betrifft, werden diagnostische und therapeutische Behandlungsziele in der Regel durch ein Team von Spezialisten aus verschiedenen medizinischen Bereichen besprochen und festgelegt. Die Zusammenarbeit dieser Spezialisten in der so genannten Tumorkonferenz garantiert dem betroffenen Patienten ein Höchstmaß an Kompetenz, Qualität und Sicherheit in der Festlegung und Durchführung von Diagnostik und Therapie. Was bedeutet „Tumor“? Der Begriff „Tumor“ stammt aus der lateinischen Sprache und bedeutet „Schwellung oder Geschwulst“ und wird in der Medizin wertneutral verwendet. Jede festgestellte Raumforderung wird ohne Kenntnis der Dignität („gutartig/bösartig“) als Tumor bezeichnet. An der Wirbelsäule findet man, wie auch an den übrigen Knochen des Skeletts, gutartige (benigne) oder bösartige (maligne) Tumore und bösartige Tumorabsiedelungen (Metastasen) von malignen Tumoren, die ihren Primärsitz außerhalb der Wirbelsäule haben. Welche gutartigen Knochentumoren der Wirbelsäule gibt es? Die gutartigen Tumoren des Knochens werden nach ihrem Entstehungsort (Knochen, Knorpel oder Gefäße) in folgende Gruppen eingeteilt: 1. Gutartige Tumoren, die von der knöchernen Struktur ausgehen (osteogen) Osteoidosteom Das Osteoidosteom ist ein osteogener, gutartiger Knochentumor, der in seinem Feinaufbau eine trabekuläre Struktur (Bälkchenform) zeigt, die von einer gefäßreichen Stützgewebsschicht durchzogen wird. Häufig findet sich, zentral im Tumor gelegen, eine röntgenologisch nachweisbare Aufhellung, der so genannte Nidus. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren K 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren Häufige Lokalisationen: · Wirbel, gehäuftes Auftreten an den Bogenwurzeln (Pedikeln) und den Dornfortsätzen ( processus spinosus) · Oberschenkelknochen (Femur) · Schenkelhals · Schienbein (Tibia) · Oberarmknochen (Humerus) Häufigkeit und Geschlechtsverteilung: Das Osteoidosteom tritt in der Regel zwischen dem 10. und 25. Lebensjahr auf, Männer sind 3 mal häufiger betroffen als Frauen. Das Osteoidosteom macht cirka 6 % aller Wirbelsäulentumoren aus. • Osteoidosteom des 6. Halswirbels Osteoblastom Das Osteoblastom ist ein gutartiger, osteogener Knochentumor, der einen Aufbau ähnlich der Spongiosa (junge Knochensubstanz) zeigt, von weicher, blutreicher Konsistenz ist und im Tumorgebilde gleichzeitig Aufund Abbauvorgänge im Knochen durch die aktiven Osteoklasten (Riesenzellen, die im Knochenstoffwechsel Knochensubstanz abbauen) und Osteoblasten (Zellen, die im Knochenstoffwechsel für den Knochenaufbau verantwortlich sind) aufweist. Häufige Lokalisationen: · Wirbel, gehäuftes Auftreten an den Bogenwurzeln und Dornfortsätzen · Große Röhrenknochen (Oberschenkel, Schienbein, Oberarm) · Rippen · Hand- und Fußwurzelknochen Häufigkeit und Geschlechtsverteilung: Das Osteoblastom tritt meist zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr auf, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Das Osteoblastom macht etwa 5 % aller Wirbeltumoren aus 2. Gutartige Tumoren, die von der knorpeligen Struktur ausgehen (chondrogen) Chondrom Das Chondrom ist ein chondrogener, gutartiger Knochentumor, der sehr langsam wächst und aus reifem, hyalinen Knorpelgewebe besteht. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. K 01 Osteochondrom (kartilaginäre Exostose) Das Osteochondrom ist ein chondrogener, gutartiger Tumor, der aus Knorpel- und Knochengewebe besteht. In den knöchernen Strukturen des Tumors finden sich oft Knorpelinseln, die verkalken können. Häufige Lokalisationen: · Große Röhrenknochen (Oberschenkel, Oberarm, Schienbein) · Schulterblatt · Selten Finger und Zehen · Wirbelbefall eher selten, vornehmlicher Sitz im Bereich des lumbosakralen Übergangs Häufigkeit und Geschlechtsverteilung: Chondrome und Osteochondrome werden häufig zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt, sie machen cirka 4-5 % aller Wirbeltumoren aus. Liegt ein gehäuftes Auftreten von Osteochondromen an verschiedenen Stellen des knöchernen Skeletts vor, so ist die Wahrscheinlichkeit einer Entartung in einen bösartigen Tumor deutlich erhöht. Chondroblastom Das Chondroblastom ist ein gutartiger, chondrogener Tumor, der einen Aufbau aus jungen Chondroblasten (Zellen, die für den Knorpelaufbau verantwortlich sind) zeigt, sehr zellreich und voll mit Blutgefäßen ist. Der Tumor ist derb und elastisch, unter dem Mikroskop sind so genannte Riesenzellen nachweisbar, die zu einer Verwechslung mit einem echten Riesenzelltumor, der bösartig ist, führen kann. Häufige Lokalisationen: · Große Röhrenknochen (Oberschenkel, Oberarm, Schienbein) · Wirbelbefall eher selten Häufigkeit und Geschlechtsverteilung: Chondroblastome treten gehäuft im 2. Lebensjahrzehnt auf und machen etwa 0,5-15 % aller Wirbeltumore aus. Eine bevorzugte Geschlechtsgewichtung gibt es nicht. Chondromyxoidfibrom Das Chondromyxoidfibrom ist ein gutartiger, chondrogener Tumor, der hauptsächlich aus myxoidem (schleimartigem) Gewebe besteht. Im Bereich des Tumors finden sich oft Auftreibungen und Deformierungen der Knochenstruktur. Häufige Lokalisationen: · Große Röhrenknochen (Oberschenkel, Oberarm, Schienbein) · Wirbelbefall sehr selten Häufigkeit und Geschlechtsverteilung: Der Tumor befällt hauptsächlich Jugendliche im 2. Lebensjahrzehnt ohne besondere Geschlechtsverteilung und ist mit einem Anteil von etwa 0,5 % aller Wirbeltumoren sehr selten. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren K 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren 3. Gutartige Tumoren des Knochens, die durch Gefäßwucherungen entstehen (vasogen) Hämangiom Das Hämangiom ist ein gutartiger vasogener Tumor, der aus neu gebildeten kavernösen und kapillären Blutgefäßen besteht. Etwa 40 % aller Hämangiome des knöchernen Skeletts finden sich an der Wirbelsäule, häufig mit Befall von mehreren Wirbeln. Frauen sind öfter als Männer betroffen. • Hämangioperizytom 4. Gutartige Knochentumoren anderen Ursprungs Benignes fibröses Histiozytom Es handelt sich hierbei um einen seltenen gutartigen, fibrösen Knochentumor, der lediglich etwa 0,1-0,2 % sämtlicher Wirbeltumore ausmacht Riesenzelltumor Der Riesenzelltumor ist ein Knochentumor, der semimaligne ist, das heißt er kann sowohl in einer gutartigen als auch in einer bösartigen Form in Erscheinung treten. Die feingewebliche Differenzierung ist sehr schwierig, diese Tumoren neigen nach Ausräumung häufig zu einem Nachwachsen (Rezidivbildung) 5. Tumorähnliche, gutartige Knochenveränderungen Aneurysmatische Knochenzyste Hierbei handelt es sich um einen gutartigen Knochenprozess, der zu einer Zerstörung des Knochens durch Bildung von zystischen Hohlräumen führt. Diese Hohlräume sind meist mit Blut gefüllt und werden von neu gebildeten Knochenlamellen begrenzt. Die aneurymatische Knochenzyste tritt häufig an der Wirbelsäule auf und macht ungefähr 10 % sämtlicher Wirbeltumoren aus. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Gutartige Tumoren · Tumoren Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com K 01 • Aneurysmatische Knochenzyste der Halswirbelsäule Granulom Eosinophiles Das eosinophile Granulom bildet meist gutartige Granulome, die im Knochen, Magenschleimhaut, Dünndarm, Lunge oder der Haut auftreten können. Bei einem Befall des Knochens wird die knöcherne Struktur vom Markraum ausgehend angegriffen und aufgelöst (Osteolyse). Die Granulome treten meist einzeln auf, es gibt aber auch Verläufe mit zahlreichen gleichzeitigen Granulomherden. Das Haupterkrankungsalter liegt zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr und tritt in den späteren Lebensjahren nur selten auf, Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Die Ursache der Granulomentstehung ist bislang nicht bekannt. Wo treten die gutartigen Knochentumoren an der Wirbelsäule auf? • Lokalisation der Wirbeltumore · Wirbelkörper · Dornfortsatz · Wirbelgelenk · Bandscheibe · Spinalnerv · Rückenmark Gutartige (benigne) Knochentumore, wie das Osteoblastom, das Osteoidosteom oder Knochenzysten sind oft in den hinteren (posterioren) Wirbelanteilen lokalisiert. Gutartige Knochenprozesse, wie das Hämangiom und das eosinophile Granulom sind oft in den vorderen (anterioren) Wirbelanteilen zu finden. Primäre bösartige (maligne) Knochentumoren und Fernabsiedelungen (Metastasen) von Tumoren mit anderem Primärsitz treten häufig in den vorderen (anterioren) Wirbelanteilen auf. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. K 01 Welche Symptome können gutartige Tumoren der Wirbelsäule verursachen? Art und Ausprägung der Symptome hängen von der Ausdehnung und Lokalisation des Tumors ab. Da das Vorliegen eines Tumors keine spezifischen Symptome verursacht, ist eine Differenzierung eines Tumorleidens zu Rückenschmerzen anderer Ursachen, wie zum Beispiel Erkrankungen der Wirbelsäule durch Abnutzung, schwierig, da ähnliche Symptome vorliegen können. · Schmerzen mit unterschiedlicher Ursache und Qualität · Periostschmerzen (Knochenhaut) durch Anhebung und Dehnung der Knochenhaut als Folge der Zerstörung der Kortikalisschicht (Außenwand des Wirbels) durch den Tumor · Lokaler Druck- oder Klopfschmerz · Ruheschmerz · Belastungsunabhängiger Schmerz · Nachtschmerz · Dauerschmerz · Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule · Neurologische Störungen durch Kompression des Rückenmarks oder der Spinalnerven · Radikuläre Symptomatik durch Druck des Tumors auf die Spinalnervenwurzeln. Bei Kompression der hinteren Spinalnervenwurzel kommt es im entsprechenden Versorgungsgebiet zu sensiblen Ausfällen mit schmerzhaften Missempfindungen. Bei Druck auf die vordere Spinalnervenwurzel kommt es zu motorischen Ausfällen mit Lähmungserscheinungen und Minderung der Muskulatur in den entsprechenden Versorgungssegmenten. · Querschnittsymptomatik Bei Druck auf die Hinterstränge des Rückenmarks kommt es zu Störungen der Tiefensensibilität, zu Gangstörungen und zu verändertem Schmerz- und Temperaturempfinden. Bei Schädigung der Pyramidenbahnen durch Tumordruck auf das Rückenmark kann es zur Ausbildung einer muskulären Schwäche der Beine mit Ermüdungsgefühl und zu vorübergehenden Lähmungserscheinungen kommen. · Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion · Störung der Sexualfunktion · Veränderung der Reflexe (gesteigert, vermindert, aufgehoben) · Instabilität des betroffenen Bewegungssegments durch · Zunehmende Destruktion des tumorös veränderten Wirbels · Pathologischen Bruch des destabilisierten Wirbels Wie werden gutartige Tumoren der Wirbelsäule diagnostiziert? Gutartige Tumoren der Wirbelsäule wachsen meist langsam und werden oft als Zufallsbefund im Rahmen einer anderen Untersuchung festgestellt. Da nicht jeder gutartige Tumor über das Röntgenbild sofort sicher als gutartig eingestuft werden kann, ist es für jedes weitere therapeutische Vorgehen absolut wichtig, eine konsequente Diagnostik durchzuführen, bis die Dignität (gutartig/bösartig) des festgestellten Wirbelbefunds eindeutig bewiesen ist. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren K 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren Folgende Untersuchungsverfahren können zur exakten Diagnosestellung herangezogen werden: · Erhebung der Krankengeschichte und klinische Untersuchung · Wann und wie sind die Beschwerden aufgetreten? (akut einsetzend, langsam zunehmend) · Traten die Beschwerden ohne erkennbare Ursache auf? · Liegt ein Unfallgeschehen in der Vorgeschichte? · Liegen bereits bekannte Wirbelsäulen- oder Rückenbeschwerden vor? · Ist die Wirbelsäulenbeweglichkeit eingeschränkt? · Wo sind die Schmerzen? · Wie ist die Schmerzqualität (dumpf, brennend, dauernd, intermittierend, abhängig von Belastung oder Körperhaltung)? · Liegen Weichteilschwellungen vor? · Sind Lymphknotenschwellungen nachweisbar? · Kam es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme? · Gibt es Auffälligkeiten bei der klinischen Untersuchung der Organsysteme? · Neurologische Untersuchung · Liegen sensible oder motorische Störungen vor? · Zeigt sich ein Hinken durch Schonung, Lähmung oder eine Beinverkürzung? · Finden sich Zeichen einer Störung der Blasen-, Mastdarm- oder Sexualfunktion? · Ist die Muskulatur normal ausgebildet oder liegt eine Atrophie (Muskelschwund) vor? · Sind die Reflexe verändert? · Apparative bildgebende Diagnostik · Konventionelles Röntgen Die konventionellen Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen mit Schräg- oder Ziel- Aufnahmen können als Erstdiagnostik bereits wertvolle Hinweise ergeben. Lage und Ausdehnung des Tumors, Beschaffenheit der knöchernen Struktur des Wirbels und die Höhe des Zwischenwirbelraums können beurteilt werden. Über die Lage des Tumors im Wirbel können erste Rückschlüsse auf die Dignität (gutartig/bösartig) des Tumors gezogen werden, da gutartige Prozesse mit Ausnahme der Hämangiome und des Eosinophilen Granuloms meist in den hinteren Abschnitten der Wirbel und bösartige Tumoren meist in den vorderen Wirbelabschnitten zu finden sind. · Computertomographie (CT) Mit diesem Schichtbildverfahren lassen sich Tumorveränderungen an der knöchernen Wirbelstruktur darstellen. Aus verschiedenen Schnittbildschichten können dreidimensionale Rekonstruktionen des Lokalbefunds hergestellt werden. Die Computertomographie wird zur zielgenauen Punktion eines verdächtigen Befunds oder zur Darstellung von Engstellungen des Rückenmarkkanals mit Hilfe von Kontrastmittel herangezogen. (CT-Myelographie) · Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin) Die Kernspintomographie eignet sich sehr gut, um die Lagebeziehung des Tumors zum Rückenmark und den Spinalnerven, eine mögliche Infiltration in die benachbarten Weichteile und die Verdrängung oder das Einwachsen des Tumors in Gefäße in engen Schichten zu beurteilen. Dieses Untersuchungsverfahren hat heute bei der Diagnostik von Tumorleiden und ihrer differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Erkrankungen der Wirbelsäule den höchsten Stellenwert. Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet der MRT ist die Verlaufskontrolle nach Operation, Bestrahlungs- oder Chemotherapie eines Wirbeltumors. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. K 01 · Nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren · 3-Phasenskelettszintigraphie Bei diesem Untersuchungsverfahren wird dem Patienten ein radioaktiver Marker injiziert (Technetium99m-Methylen-Diphosphonat), der sich dann im Knochen dort anreichert, wo ein erhöhter Stoffwechsel stattfindet. Das gesamte knöcherne Skelett wird abgebildet, die Areale mit erhöhtem Knochenstoffwechsel zeichnen sich gegenüber den unauffälligen Knochenstrukturen deutlich ab, so dass sämtliche Bezirke mit erhöhtem Stoffwechsel gleichzeitig sichtbar gemacht werden. Dieses Untersuchungsverfahren ist unspezifisch, das heißt, jeder Bezirk mit erhöhtem Knochenstoffwechsel wird dargestellt. Eine Differenzierung zwischen gutartigem oder bösartigem Tumor, aktivierter Arthrose oder der infektiösen Entzündung eines Wirbels ist nur mit Hilfe der anderen diagnostischen Verfahren durchführbar. · Positronen-Emissionstomographie (PET) Mit diesem Verfahren können nach Gabe eines radioaktiv markierten Untersuchungsmedikamentes erhöhte Stoffwechselprozesse ( z.B. der erhöhte Stoffwechsel eines Tumors) im Körper sichtbar gemacht werden. Moderne PET Geräte sind mit einem CT-Gerät kombiniert. Mit diesem so genannten „two-in-one-Scanner“ werden die entsprechenden Aufnahmen sowohl in CT-, als auch in PET-Technik durchgeführt und anschließend am Computer zu einem aussagekräftigen Bild vereint. · Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) Dieses nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren kann, in Kombination mit der SpiralComputertomographie, nach Gabe unterschiedlicher, gering radioaktiver Substanzen veränderte Stoffwechselvorgänge im Körper bis in den molekularen Bereich sichtbar machen. Durch die Kombination beider Untersuchungsverfahren werden die gewonnenen Daten der SPECT-Untersuchung mit den Daten der Schichtbilder der Spiral-Computertomographie vereint, so dass eine exakte Lokalisation er auffälligen Körperregionen ermöglicht wird. · Myelographie Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Rückenmarkkanal Veränderungen, die den Rückenmarkkanal verengen oder die Spinalnerven komprimieren, (z.B.: Tumorkompression, Bandscheibenvorfall) sichtbar machen. Durch Veränderung der Lage des Patienten auf dem Untersuchungstisch wird das Kontrastmittel über den gesamten Rückenmarkkanal verteilt, eine dynamische Untersuchung in Bewegung ist unter Durchleuchtung möglich. Die Myelographie wird meist mit einer anschließenden Computertomographie kombiniert. · Biopsie und feingewebliche Untersuchung Bei einer Biopsie wird mit verschiedenen Verfahren Gewebe aus einem verdächtigen Bezirk entnommen, das anschließend mikroskopisch untersucht werden kann. Dieses Untersuchungsverfahren ermöglicht die sichere Beurteilung, ob ein festgestellter Tumor gutartig oder bösartig ist und welche weiteren therapeutischen Schritte eingeleitet werden müssen. Es gibt verschiedene Biopsiemethoden: · Geschlossene Verfahren Durch die Feinnadelbiopsie oder die Stanzbiopsie wird eine geringe Menge des verdächtigen Gewebe in Narkose entnommen. Unter mikroskopischer Beurteilung kann dann die exakte histologische (feingewebliche) Diagnose gestellt werden (Tumorart, gutartig/bösartig). Diese Punktionen sind schonend und werden in der Regel unter Kontrolle mit der Computertomographie durchgeführt. · Offene Verfahren Durch die Exzisions-, oder Inzisionsbiopsie werden die tumorös veränderten Bezirke in Narkose entweder komplett oder teilweise entfernt und feingeweblich untersucht. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren K 01 · Labordiagnostik Die Laboruntersuchungen erbringen in der Regel keinen eindeutig sicheren Beweis für das Vorliegen eines Tumors, teilweise sind die Laborparameter unspezifisch, das heißt, sie können auch bei anderen Erkrankungen verändert sein. · Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) · C-reaktives Protein (CRP) · Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) Die Erhöhung dieser so genannten Entzündungsparameter kann bei Tumorleiden vorliegen, kann aber bei jedem Infekt ebenso vorkommen. Tumormarker sind Eiweißstoffe, die in niedriger Konzentration im Blutplasma vorkommen und von Tumorzellen, manchmal auch von normalen Zellen abgegeben und bestimmt werden können. Eine Erhöhung der Konzentration verschiedener Tumormarker kann einen Hinweis auf das Vorliegen eines bestimmten Tumors liefern, sie ist aber nicht beweisend. Bekannte Tumormarker sind zum Beispiel: · alpha-Fetoprotein (AFP) als Hinweis für ein Karzinom der Leber · Neuronen-spezifische Enolase (NSE) als Hinweis auf ein kleinzelliges Bronchialkarzinom oder auf neuorendokrine Tumore · Prostata-spezifische Phosphatase (PSA) als Hinweis auf ein Prostatakarzinom · Monoklonale Antikörper aus der Gruppe der Cancer Antigene (CA) können, je nach vorliegendem CA Typus, Hinweise auf Tumore der Brustdrüse, der Bauchspeicheldrüse oder des Magens erbringen. Carcinoembryonales Antigen (CEA) als Hinweis für Tumoren des Magen-Darmtrakts. Wie erfolgt die Behandlung der gutartigen Tumore der Wirbelsäule? Gutartige Tumore der Wirbelsäule treten selten auf, können klein und völlig unauffällig sein und werden gelegentlich nur als Zufallsbefund im Rahmen einer Röntgenuntersuchung wegen einer anderen Ursache festgestellt. Sie können aber durch ihr Wachstum die Stabilität des Bewegungssegments verändern, die spezifischen Strukturen, wie Knochen und Bänder zerstören, sowie Druck auf das Rückenmark und die Spinalnerven ausüben. Die sichere und exakte Sicherung der Dignität (gutartig/bösartig) des Tumors ist für die weiteren Behandlungsschritte die wesentliche Voraussetzung. Ist das Wachstum des gutartigen Tumors so fortgeschritten, dass die Zerstörung der knöchernen Wirbelstruktur und des Bandapparats die biomechanischen Funktionen des Bewegungssegments nachteilig verändert oder neurologische Ausfälle durch Druck auf das Rückenmark und die Spinalnerven drohen, beziehungsweise bereits eingetreten sind, so wird ein operatives Vorgehen erforderlich. Die Wahl des Operationsverfahrens und der entsprechende Zugangsweg ergeben sich aus der Lokalisation des Tumors und der eventuell bestehenden Tumorausdehnung im Knochen und den umgebenden Weichteilen. Falls ein operatives Vorgehen erforderlich werden sollte, gibt es verschiedene Methoden der Tumorentfernung und anschließenden Stabilisierung des Bewegungssegments. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren K 01 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Gutartige Tumoren · Tumoren Auch bei gutartigen Tumoren ist nach Möglichkeit eine en-bloc-Resektion anzustreben, da ansonsten in einer hohen Zahl mit Tumor-Rezidiven zu rechnen ist, die dann das Operationsrisiko stark erhöhen. Dies gilt insbesonders für die aneurysmatischen Knochenzysten, die an der Wirbelsäule ein wesentlich höheres Rezidivpotential aufweisen, als dies bei einer Lokalisation an den Extremitäten der Fall ist. Primär monosegmental lokalisierte aneurysmatische Knochenzysten können bei Rezidiven sehr ausgedehnt auf die angrenzenden Wirbelsäulenabschnitte übergreifen und dann ein sehr großes operationstechnisches Problem für den Patienten und für den Operateur darstellen. In unserer Abteilung werden bei der operativen Behandlung gutartiger Wirbeltumore folgende Operationsverfahren häufig durchgeführt. Tumoren der Halswirbelsäule: · transorale Densresektion mit dorsaler Spondylodese · dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion · ventrale Corpektomie mit zervikaler Spondylodese Tumoren der Brust- und Lendenwirbelsäule: · Corpektomie mit dorsaler Spondylodese Tumoren des os sacrum (Kreuzbein) · Sacrum-Op mit Spezialinstrumentation Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 10 K 02 Die Diagnose „Tumor“ oder „Tumorverdacht“ stellt für jeden Betroffenen einen gravierenden Einschnitt in sein bisheriges Leben dar. Bereits in der ersten Phase der persönlichen Konfrontation mit seinem Krankheitsbild, die durch Ängste, Unsicherheit und Verzweiflung geprägt sein kann, erfordert diese Erkrankung eine starke Mitarbeit des Patienten, da der Betroffene direkt nach Stellung der Verdachtsdiagnose „Tumor“ unter Umständen eine große Anzahl von klinischen und apparativen Untersuchungen, Befragungen und Gesprächen zu bewältigen hat, damit rasch eine exakte Diagnose gestellt werden kann. Sämtliche Untersuchungen haben die Beantwortung folgender Fragen zum Ziel: · Ist der Tumor gutartig oder bösartig (Dignität)? · Um welche Art von Tumor handelt es sich? · Wie ist die Ausdehnung des Tumors? · Handelt es sich um einen Tumor, der primär im Knochen entsteht oder um eine Metastase (Fernabsiedelung von Tumorgewebe) eines Tumors, der sich außerhalb der Wirbelsäule befindet? · Liegen Metastasen in anderen Organen (Leber, Lunge, Lymphknoten) vor? · Welches Tumorstadium liegt vor (Staging)? · Wie sind die Behandlungsmöglichkeiten des Tumors (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie)? Erst wenn die Untersuchungen Ergebnisse zur Beantwortung dieser wichtigen Fragen ergeben haben, ist es möglich, dem Patienten eine fundierte Beschreibung seines Krankheitsbilds zu geben und mit dem Betroffenen die Konsequenzen seiner Erkrankung, mögliche Behandlungsansätze, Risiken und Komplikationen zu besprechen. Da eine Tumorerkrankung immer ein sehr komplexes Krankheitsbild darstellt, das meistens verschiedene Fachrichtungen der Medizin betrifft, werden diagnostische und therapeutische Behandlungsziele in der Regel durch ein Team von Spezialisten aus verschiedenen medizinischen Bereichen besprochen und festgelegt. Die Zusammenarbeit dieser Spezialisten in der so genannten Tumorkonferenz garantiert dem betroffenen Patienten ein Höchstmaß an Kompetenz, Qualität und Sicherheit in der Festlegung und Durchführung von Diagnostik und Therapie. Was bedeutet „Tumor“? Der Begriff „Tumor“ stammt aus der lateinischen Sprache und bedeutet „Schwellung oder Geschwulst“ und wird in der Medizin wertneutral verwendet. Jede festgestellte Raumforderung wird ohne Kenntnis der Dignität („gutartig/bösartig“) als Tumor bezeichnet.. An der Wirbelsäule findet man, wie auch an den übrigen Knochen des Skeletts, gutartige (benigne) oder bösartige (maligne) Tumore und bösartige Tumorabsiedelungen (Metastasen) von malignen Tumoren, die ihren Primärsitz außerhalb der Wirbelsäule haben. Wie werden Tumore klassifiziert? Die Eingruppierung der Tumore erfolgt auf der Grundlage der Zellverbände, aus denen sie gebildet sind und mit größter Wahrscheinlichkeit auch abstammen. Die Zuordnung, ob ein Tumor gutartig oder bösartig ist und um welche feingewebliche Art des Tumors es sich handelt, erfolgt durch histologische (feingewebliche), histochemische und immunhistochemische Untersuchungen. Bei diesen Untersuchungen können Proteine (Eiweißkörper) von Geweben mit Hilfe von Antikörpern sichtbar gemacht werden, wodurch ein Rückschluss ermöglicht wird, welches spezielle Gewebe (zum Beispiel welche Art von Tumorgewebe) vorliegt. Die gutartigen Tumore können in der Regel leicht bestimmt werden, da sie ein sehr differenziertes Zellbild aufweisen, das heißt der Zellverband ist aus den gleichen Zellen aufgebaut und wirkt homogen. Je undifferenzierter ein Zellverband ist, desto schwieriger kann es sein, exakt festzulegen, welche Dignität (gutartig/bösartig) das zu untersuchende Gewebe besitzt, da in einem undifferenzierten Tumorzellverband verschiedene Entwicklungsstufen der Zelldifferenzierung vorliegen können. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren K 02 Die bösartigen Knochentumore können, wie auch die gutartigen Tumore, dem Ort ihrer Entstehung entsprechend, in osteogene (vom Knochen ausgehende), chondrogene (vom Knorpel ausgehende), vasogene (von den Gefäßen ausgehende), fibrös-histiozytäre (vom Bindegewebe ausgehende) und hämatopoetische (vom Knochenmark ausgehende) Tumore eingeteilt werden. Welche bösartigen Knochentumoren gibt es an der Wirbelsäule? · Bösartige osteogene Tumore · Osteosarkom Das Osteosarkom tritt gehäuft zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr auf. Männliche Kinder und Jugendliche sind häufiger betroffen als weibliche, Erwachsene sind deutlich weniger betroffen. Osteosarkome können bei Erwachsenen an der Wirbelsäule und am Becken nach Bestrahlung eines anderen Tumors oder bei einem vorbestehenden morbus Paget (Erkrankung des Knochens, die durch den Abbau von Knochensubstanz gekennzeichnet ist) entstehen. Die Ursache der Entstehung dieses Tumors ist bislang nicht eindeutig geklärt, wachstumsbedingte und hormonelle Faktoren werden als Auslöser diskutiert. Die Osteosarkome entstehen in den Metaphysen (Wachstumszone) der langen Röhrenknochen oder in der Spongiosa (junge Knochensubstanz) der kleineren Knochen. Hauptsächliche Lokalisationen sind Kniegelenksbereich, Kieferknochen, Oberarmknochen, Becken, Hüfte, seltener Wirbel und kleine Knochen an Händen und Füßen. Das Osteosarkom neigt dazu, sehr schnell hämatogene Metastasen (Tumorfernabsiedelungen, die über die Blutbahn verstreut werden) in die Lunge, in andere Knochenabschnitte des Skeletts oder seltener in die Lymphknoten zu bilden. Die Behandlung des Osteosarkoms besteht aus einer hochdosierten Chemotherapie und der operativen Entfernung des Tumors. · Aggressives Osteoblastom Das aggressive Osteoblastom ist ein seltener, langsam wachsender, bösartiger Tumor, der an der Wirbelsäule die Wirbelbögen und Bogenwurzeln, sowie die langen Röhrenknochen (Oberarm, Oberschenkel) befällt. · Bösartige chondrogene Tumore · Chondrosarkom/Chondromyxoidsarkom Hochdifferenzierte Chondrosarkome wachsen langsam, nicht differenzierte Tumore können in wenigen Monaten große Tumore bilden, die ein gefäßarmes, knorpeliges Tumorgewebe bilden. Diese Tumorart kommt gehäuft zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr vor, Männer sind häufiger betroffen. Chondrosarkome treten gehäuft an den Rippen, dem Becken und den langen Röhrenknochen, seltener an der Wirbelsäule auf. Die Metastasierung erfolgt in die Lunge und die angrenzenden Lymphknoten. Chondrosarkome sind wenig strahlensensibel und reagieren auf Bestrahlungs- und Chemotherapie nur wenig. Deshalb ist die Therapie der 1. Wahl die möglichst radikale operative Entfernung des Tumorgewebes. · Bösartige vasogene Tumore · Hämangiosarkom/Angioasarkom/Hämangioendotheliom Diese seltenen Tumorarten gehen von den Blutgefäßen aus und kommen vornehmlich in der Haut, Leber, weiblichen Brust, aber auch im Knochen vor. Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung des Tumors, Chemotherapie oder Bestrahlung. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren K 02 · Bösartige fibrös-histiozytäre Tumore · Fibrosarkom Das Fibrosarkom geht vom Bindegewebe aus und bildet Tumorverbände aus kollagenen Fasern ohne Knochen- oder Knorpelwachstum, die die Knochensubstanz auflösen (Osteolyse). Die Therapie besteht in der operativen Entfernung des Tumors, da er kaum auf Chemotherapie oder Strahlenbehandlung anspricht. · Malignes fibröses Histiozytom Dieser Tumor hat ein breites feingewebliches Erscheinungsbild und tritt gehäuft nach bereits vorbestehenden Schädigungen der Knochensubstanz (zum Beispiel morbus Paget oder nach hochdosierter Bestrahlung). Der Tumor führt zu einer ausgedehnten Osteolyse des befallenen Knochens. Die Behandlung besteht in der operativen Entfernung und einer Chemotherapie. · Bösartige hämatopoetische Tumore · Plasmozytom (multiples Myelom. Morbus Kahler) Das Plasmozytom ist der häufigste bösartige Tumor der Wirbelsäule. Die Mehrzahl der Erkrankungen tritt nach dem 50. Lebensjahr auf, Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Bei einem Plasmozytom kommt es zu einer unkontrollierten Wucherung von Plasmazellen im Knochenmark, wodurch die Blutbildung gestört wird. Plasmazellen sind Teil des Immunsystems und werden im Knochenmark gebildet. Die entarteten Plasmazellen führen zu einer Auflösung des betroffenen Knochens (Osteolyse). Bei diesem Abbau von Knochensubstanz wird Calcium freigesetzt, wodurch der Calciumwert im Blut deutlich erhöht wird (Hypercalciämie) Die wuchernden Plasmazellen verdrängen die gesunden roten und weißen Blutkörperchen, weshalb es zu Blutarmut (Anämie) und Infektanfälligkeit und Immunschwächung kommt. Die Gammaglobuline sind vermehrt, im Urin finden sich Paraproteine (Bence Jones Proteine). Die Diagnose wird durch eine Knochenmarkbiopsie gesichert. Die häufigsten Lokalisationen sind Wirbelkörper, Rippen, Schlüsselbein, Schädel, Becken und Oberschenkelknochen. Das Plasmozytom wird chemotherapeutisch und durch Bestrahlung behandelt. Bei Vorliegen eines einzelnen Myelombefunds an der Wirbelsäule, bestehenden Wirbeleinbrüchen oder drohender Querschnittsymptomatik kann ein operatives Vorgehen erforderlich werden. · Ewing Sarkom Das Ewing Sarkom tritt bei Kindern und Jugendlichen auf und ist der aggressivste aller Knochentumoren. Das Ewing Sarkom findet sich hauptsächlich in den langen Röhrenknochen, dem Becken und den Wirbelkörpern. Diese Tumorart wächst sehr schnell und beginnt sehr früh Metastasen in das Skelett und die Lunge zu streuen. Das Ewing Sarkom ist gut strahlensensibel und spricht auch auf eine chemotherapeutische Behandlung an. Je nach bestehendem Lokalbefund kann eine operative Tumorentfernung erforderlich werden. · Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) Bei malignen Lymphomen handelt es sich um bösartige Tumorerkrankungen des lymphatischen Systems. Bei dieser Tumorart kommt es zur Entartung und Wucherung von Lymphozyten, die eigentlich für die Immunabwehr zuständig sind. Da die Non Hodgkin Lymphome aus Lymphozyten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien entstehen können, werden sie in verschiedene Gruppen eingeteilt (B- und T-Zell-Lymphome, niedrig und hochmaligne NHL). Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren K 02 Da sich die Tumorzellen im Lymphsystem ausbreiten, können sie praktisch überall im Körper vorkommen. Die Behandlung dieser Lymphome besteht in der Bestrahlung, der Chemotherapie und der Radioimmuntherapie. Je nach Lymphomtyp kann eine Knochenmarktransplantation oder Stammzellentransplantation sinnvoll sein. Abhängig vom Lymphomtyp, der Lokalisation und dem Krankheitsstadium kann eine operative Entfernung eines Lymphoms sinnvoll sein. · Bösartige Tumore anderen Ursprungs · Riesenzelltumor (Osteoklastom, brauner Tumor) Die Riesenzelltumor gehören zur Gruppe der semimalignen Tumoren, da sie bei gutartigem Vorkommen rasch zur bösartigen Form entarten können. Dieser Tumor tritt zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr auf, Frauen sind etwas öfter betroffen als Männer. Riesenzelltumore kommen im Bindegewebe des Knochens vor, die vorhandenen Osteoklasten bauen den gesunden Knochen ab, was zu Osteolysen führt. Das Osteoklastom neigt nach Entfernung zu erneutem Auftreten (Rezidiv) und ist feingeweblich schwierig zu differenzieren, da er das Bild seines Gewebeaufbaus ändern kann. Dieser Tumor zeigt sich meistens an den langen Röhrenknochen, seltener an der Wirbelsäule, eine Metastasierung in die Lunge ist möglich. · Chordom Das Chordom ist ein potentiell bösartiger Tumor, der von den Resten der chorda dorsalis ausgeht (aus der chorda dorsalis entstehen in der Embryonalentwicklung die Wirbel). Dieser Tumor findet sich fast nur im Bereich der Schädelbasis, der Kreuz-Steißbeinregion und der Halswirbelsäule. Er tritt im mittleren Lebensalter auf und führt am Knochen zu ausgedehnten Osteolysen. Das Chordom spricht auf Strahlentherapie und Chemotherapie kaum an, weshalb ein operatives Vorgehen in Abhängigkeit vom Lokalbefund erforderlich sein kann. Welche Symptome können bösartige Tumore der Wirbelsäule verursachen? Art und Ausprägung der Symptome hängen von der Ausdehnung und Lokalisation des Tumors ab. Da das Vorliegen eines Tumors keine spezifischen Symptome verursacht, ist eine Differenzierung eines Tumorleidens zu Rückenschmerzen anderer Ursachen, wie zum Beispiel Erkrankungen der Wirbelsäule durch Abnutzung, schwierig, da ähnliche Symptome vorliegen können. · Allgemeine Symptome wie · Fieber · Gewichtsabnahme · Nachtschweiß · Abgeschlagenheit · Leistungsknick · Schmerzen mit unterschiedlicher Ursache und Qualität · Dumpfe Dauerschmerzen in der Höhe des Tumorbefalls · Periostschmerzen (Knochenhaut) durch Anhebung und Dehnung der Knochenhaut als Folge der Zerstörung der Kortikalisschicht (Außenwand des Wirbels) durch den Tumor · Lokaler Druck- oder Klopfschmerz · Ruheschmerz · Belastungsunabhängiger Schmerz · Nachtschmerz · Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren K 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren · Lymphknotenvergrößerung · Neurologische Störungen durch Kompression des Rückenmarks oder der Spinalnerven. · Radikuläre Symptomatik durch Druck des Tumors auf die Spinalnervenwurzeln. Bei Kompression der hinteren Spinalnervenwurzel kommt es im entsprechenden Versorgungsgebiet zu sensiblen Ausfällen mit schmerzhaften Missempfindungen. Bei Druck auf die vordere Spinalnervenwurzel kommt es zu motorischen Ausfällen mit Lähmungserscheinungen und Minderung der Muskulatur in den entsprechenden Versorgungssegmenten. · Querschnittsymptomatik Bei raschem Tumorwachstum kann es zu einer akuten, kompletten Querschnittsymptomatik kommen. Bei Druck auf die Hinterstränge des Rückenmarks kommt es zu Störungen der Tiefensensibilität, zu Gangstörungen und zu verändertem Schmerz- und Temperaturempfinden. Bei Schädigung der Pyramidenbahnen durch Tumordruck auf das Rückenmark kann es zur Ausbildung einer muskulären Schwäche der Beine mit Ermüdungsgefühl und zu vorübergehenden Lähmungserscheinungen kommen. · Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion · Störung der Sexualfunktion · Veränderung der Reflexe (gesteigert, vermindert, aufgehoben) · Instabilität des betroffenen Bewegungssegments durch · Zunehmende Destruktion des tumorös veränderten Wirbels · Pathologischen Bruch des destabilisierten Wirbels · Symptome, die von den Organsystemen ausgehen, in denen der Primärtumor sitzt und Fernabsiedelungen in die Wirbelsäule streut. (gynäkologische Symptome, Beschwerden im Magen-Darmtrakt, Auffälligkeiten im Urogenitalsystem, der Lunge, Schilddrüse und Prostata) Wie werden bösartige Tumore der Wirbelsäule diagnostiziert? Bösartige Primärtumore der Wirbelsäule werden oft als Zufallsbefund bei einer röntgenologischen Untersuchung der Wirbelsäule wegen „Rückenschmerzen“ festgestellt. Für jedes weitere therapeutische Vorgehen ist es absolut wichtig, eine konsequente Diagnostik durchzuführen, bis die Dignität (gutartig/bösartig), die Art des Primärtumors des festgestellten Wirbelbefunds und eine eventuell bereits bestehende Absiedelung von Fernmetastasen in andere Organsysteme (Lunge, Leber, Lymphknoten) eindeutig bewiesen ist. Folgende Untersuchungsverfahren können zur exakten Diagnosestellung herangezogen werden: · Erhebung der Krankengeschichte und klinische Untersuchung · Wann und wie sind die Beschwerden aufgetreten (akut einsetzend, langsam zunehmend)? · Traten die Beschwerden ohne erkennbare Ursache auf? · Liegt ein Unfallgeschehen in der Vorgeschichte? · Liegen bereits bekannte Wirbelsäulen- oder Rückenbeschwerden vor? · Ist die Wirbelsäulenbeweglichkeit eingeschränkt? · Wo sind die Schmerzen? · Wie ist die Schmerzqualität? (dumpf, brennend, dauernd, intermittierend, abhängig von Belastung oder Körperhaltung) · Liegen Weichteilschwellungen vor? · Sind Lymphknotenschwellungen nachweisbar? · Kam es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme? · Gibt es Auffälligkeiten bei der klinischen Untersuchung der Organsysteme? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. K 02 · Neurologische Untersuchung · Liegen sensible oder motorische Störungen vor? · Zeigt sich ein Hinken durch Schonung, Lähmung oder eine Beinverkürzung? Lage und Ausdehnung des Tumors, Beschaffenheit der knöchernen Struktur des Wirbels und die Höhe des Zwischenwirbelraums können beurteilt werden. Über die Lage des Tumors im Wirbel können erste Rückschlüsse auf die Dignität (gutartig/bösartig) des Tumors gezogen werden, da gutartige Prozesse mit Ausnahme der Hämangiome und des Eosinophilen Granuloms meist in den hinteren Abschnitten der Wirbel und bösartige Tumoren meist in den vorderen Wirbelabschnitten zu finden sind. · Computertomographie (CT) Mit diesem Schichtbildverfahren lassen sich Tumorveränderungen an der knöchernen Wirbelstruktur darstellen. Aus verschiedenen Schnittbildschichten können dreidimensionale Rekonstruktionen des Lokalbefunds hergestellt werden. Die Computertomographie wird zur zielgenauen Punktion eines verdächtigen Befunds oder zur Darstellung von Engstellungen des Rückenmarkkanals mit Hilfe von Kontrastmittel herangezogen (CT-Myelographie). · Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin) Die Kernspintomographie eignet sich sehr gut, um die Lagebeziehung des Tumors zum Rückenmark und den Spinalnerven, eine mögliche Infiltration in die benachbarten Weichteile und die Verdrängung oder das Einwachsen des Tumors in Gefäße in engen Schichten zu beurteilen. Dieses Untersuchungsverfahren hat heute bei der Diagnostik von Tumorleiden und ihrer differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Erkrankungen der Wirbelsäule den höchsten Stellenwert. Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet der MRT ist die Verlaufskontrolle nach Operation, Bestrahlungs- oder Chemotherapie eines Wirbeltumors. · Nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren · 3-Phasenskelettszintigraphie Bei diesem Untersuchungsverfahren wird dem Patienten ein radioaktiver Marker injiziert (Technetium99m-Methylen-Diphosphonat), der sich dann im Knochen dort anreichert, wo ein erhöhter Stoffwechsel stattfindet. Das gesamte knöcherne Skelett wird abgebildet, die Areale mit erhöhtem Knochenstoffwechsel zeichnen sich gegenüber den unauffälligen Knochenstrukturen deutlich ab, so dass sämtliche Bezirke mit erhöhtem Stoffwechsel gleichzeitig sichtbar gemacht werden. Dieses Untersuchungsverfahren ist unspezifisch, das heißt, jeder Bezirk mit erhöhtem Knochenstoffwechsel wird dargestellt. Eine Differenzierung zwischen gutartigem oder bösartigem Tumor, aktivierter Arthrose oder der infektiösen Entzündung eines Wirbels ist nur mit Hilfe der anderen diagnostischen Verfahren durchführbar. · Positronen-Emissionstomographie (PET) Mit diesem Verfahren können nach Gabe eines radioaktiv markierten Untersuchungsmedikamentes erhöhte Stoffwechselprozesse (z.B. der erhöhte Stoffwechsel eines Tumors) im Körper sichtbar gemacht werden. Moderne PET Geräte sind mit einem CT-Gerät kombiniert. Mit diesem so genannten „twoin-one-Scanner“ werden die entsprechenden Aufnahmen sowohl in CT-, als auch in PET-Technik durchgeführt und anschließend am Computer zu einem aussagekräftigen Bild vereint. · Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) Dieses nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren kann, in Kombination mit der SpiralComputertomographie, nach Gabe unterschiedlicher, gering radioaktiver Substanzen veränderte Stoffwechselvorgänge im Körper bis in den molekularen Bereich sichtbar machen. Durch die Kombination beider Untersuchungsverfahren werden die gewonnenen Daten der SPECT-Untersuchung mit den Daten der Schichtbilder der Spiral-Computertomographie vereint, so dass eine exakte Lokalisation der auffälligen Körperregionen ermöglicht wird. · Myelographie Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren K 02 Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Rückenmarkkanal Veränderungen, die den Rückenmarkkanal verengen oder die Spinalnerven komprimieren, (z.B.: Tumorkompression, Bandscheibenvorfall) sichtbar machen. Durch Veränderung der Lage des Patienten auf dem Untersuchungstisch wird das Kontrastmittel über den gesamten Rückenmarkkanal verteilt, eine dynamische Untersuchung in Bewegung ist unter Durchleuchtung möglich. Die Myelographie wird meist mit einer anschließenden Computertomographie kombiniert. · Angiographie In Fällen, in denen eine exakte Darstellung der Tumor versorgenden Blutgefäße zur Operationsplanung erforderlich ist, Kernspin- oder Computertomographie aber keine sicheren Ergebnisse zeigen, kann eine Kontrastmitteldarstellung der arteriellen Gefäße durchgeführt werden, die eine genaue Aussage über die Blutversorgung des Tumors oder die Lagebeziehung des Tumors zu großen Gefäßen ermöglicht. · Sonographie Die Ultraschalluntersuchung, inbesonders des Bauchraums, ermöglicht eine rasche, orientierende Aussage über das eventuelle Vorliegen von Lebertumoren, Nieren- und Nebennierentumoren oder verdächtigen Lymphknotenveränderungen entlang der großen Gefäße des Bauchraums. · Biopsie und feingewebliche Untersuchung Bei einer Biopsie wird mit verschiedenen Verfahren Gewebe aus einem verdächtigen Bezirk entnommen, das anschließend mikroskopisch untersucht werden kann. Dieses Untersuchungsverfahren ermöglicht die sichere Beurteilung, ob ein festgestellter Tumor gutartig oder bösartig ist und welche weiteren therapeutischen Schritte eingeleitet werden müssen. Es gibt verschiedene Biopsiemethoden: · Geschlossene Verfahren Durch die Feinnadelbiopsie oder die Stanzbiopsie wird eine geringe Menge des verdächtigen Gewebes in Narkose entnommen. Unter mikroskopischer Beurteilung kann dann die exakte histologische (feingewebliche) Diagnose gestellt werden (Tumorart, gutartig/bösartig). Diese Punktionen sind schonend und werden in der Regel unter Kontrolle mit der Computertomographie durchgeführt. · Offene Verfahren Durch die Exzisions-, oder Inzisionsbiopsie werden die tumorös veränderten Bezirke in Narkose entweder komplett oder teilweise entfernt und feingeweblich untersucht. · Labordiagnostik Die Laboruntersuchungen erbringen in der Regel keinen eindeutig sicheren Beweis für das Vorliegen eines Tumors, teilweise sind die Laborparameter unspezifisch, das heißt, sie können auch bei anderen Erkrankungen verändert sein. · Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) · C-reaktives Protein (CRP) · Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) Die Erhöhung dieser so genannten Entzündungsparameter kann bei Tumorleiden vorliegen, kann aber bei jedem Infekt ebenso vorkommen. Tumormarker sind Eiweißstoffe, die in niedriger Konzentration im Blutplasma vorkommen und von Tumorzellen, manchmal auch von normalen Zellen abgegeben und bestimmt werden können. Eine Erhöhung der Konzentration verschiedener Tumormarker kann einen Hinweis auf das Vorliegen eines bestimmten Tumors liefern, sie ist aber nicht beweisend. Bekannte Tumormarker sind zum Beispiel: Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren K 02 · alpha-Fetoprotein (AFP) als Hinweis für ein Karzinom der Leber · Neuronen-spezifische Enolase (NSE) als Hinweis auf ein kleinzelliges Bronchialkarzinom oder auf neuorendokrine Tumore. · Prostata-spezifische Phosphatase (PSA) als Hinweis auf ein Prostatakarzinom · Monoklonale Antikörper aus der Gruppe der Cancer Antigene (CA) können, je nach vorliegendem CA Typus, Hinweise auf Tumore der Brustdrüse, der Bauchspeicheldrüse oder des Magens erbringen. · Carcinoembryonales Antigen (CEA) als Hinweis für Tumoren des Magen-Darmtrakts Wie wird bei der Diagnostik von Knochentumoren oder Knochenmetastasen vorgegangen (Staging)? Wird ein Tumor am Knochen oder einem anderen Organ festgestellt, muss sich der behandelnde Arzt rasch ein Gesamtbild über folgende Faktoren bilden, um den neu festgestellten Tumor in ein bestimmtes Stadium zu gruppieren: · Dignität, das heißt: Ist der Tumor gutartig oder bösartig? Eine exakte Aussage darüber kann durch eine Gewebeprobe und die feingeweblich mikroskopische Untersuchung (Histologie) gemacht werden. · In dieser Untersuchung kann auch das Ausmaß der Differenzierung der Tumorzellverbände bestimmt werden, das heißt, wie stark die Tumorzellverbände von gesunden, differenzierten Zellen abweichen. Dieser Vorgang wird als Tumor-Grading bezeichnet und liefert wertvolle Hinweise auf die Aggressivität, das Wachstum und die Metastasierungstendenz des Tumors. Die Gradingsstufen werden von G1 (gut differenziert) bis G4 (undifferenziert) eingeteilt. Je undifferenzierter Tumorgewebe ist, desto ausgeprägter ist die Bösartigkeit. · Tumorsitz und Ausdehnung Durch Computer- und Kernspintomographie kann die Lage und Ausdehnung des Tumors und seine Beziehung zu den benachbarten Gewebestrukturen erkannt werden. · Liegen Absiedelungen des Tumors (Metastasen) in anderen Organsystemen vor (Lunge, Leber, Knochen)? Ganzkörperskelettszintigraphie, Kernspin- und Computertomographie zeigen, ob und wo Fernmetastasen vorliegen. Das exakte Wissen um die genannten Faktoren sind entscheidend, um eine individuelle Behandlungsstrategie und Prognose des Verlaufs zu erstellen Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren K 02 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren Gibt es ein System, mit dem bösartige Knochentumoren oder Knochenmetastasen klassifiziert werden (TNM-Klassifikation)? Für alle bösartigen Tumore, mit Ausnahme der Leukämie und der bösartigen Lymphome, gibt es das so genannte TNM-System, das zur Beurteilung des individuell bestehenden Tumorleidens herangezogen werden kann. Das TNM-System ist international standardisiert und unterstützt die behandelnden Ärzte nach der Diagnosestellung und im Verlauf der Erkrankung durch eine gemeinsame „Sprache“. Die drei Buchstaben stehen für: · T (Tumor) Tumorausdehnung oder Größe des Primärtumors · N (Node, Knoten) Liegen Lymphknotenmetastasen vor? · M (Metastase) Liegen Fernabsiedelungen des Primärtumors vor? · G (Grading) Welcher Differenzierungsgrad des Tumorgewebes liegt vor? Die Buchstaben T, N, M und G werden zusätzlich mit Ziffern versehen, die dann eine Aussage über die Größe des Tumors (T1-T4), über Vorhandensein und Anzahl von Lymhknotenmetastasen (N0-N3), das Fehlen oder Vorkommen von Fernmetastasen in anderen Organsystemen (M0 oder M1) und den Differenzierungsgrad des Tumorgewebes (G1-G4) ermöglichen. Kann bei Diagnosestellung zu einem der drei Faktoren des TNM – Systems und des Grading keine sichere Aussage gemacht werden, bezeichnet man dies mit dem Zusatzbuchstaben X. „MX“ würde zum Beispiel bedeuten, dass über das Vorliegen von Fernmetastasen keine sicheren Aussagen gemacht werden können. Beispiel für die TNM Klassifikation eines primären Knochentumors der Wirbelsäule: T1N1M1G4 würde bedeuten: T1: der Tumor hat die Kortikalis (harte knöcherne Außenwand) des Wirbels durchbrochen und infiltriert bereits das angrenzende Gewebe N1: es liegen bereits regionäre Lymphknotenmetastasen vor M1: es finden sich bereits Fernabsiedelungen des Tumors in Lunge, Leber oder anderen Knochen G4: das Tumorgewebe ist nicht differenziert, also sehr bösartig Gibt es ein Klassifizierungssystem, das dem Operateur durch die Lagebeziehung des Tumors zu seiner Umgebung Hinweise auf ein mögliches operatives Vorgehen gibt? Weinstein hat 1991 eine Klassifikation eingeführt, die es ermöglicht, einen Tumor in verschiedene Lagetypen zu gruppieren. Der Wirbel wird in 4 Zonen eingeteilt: Zone I entspricht den dorsalen (hinteren) Strukturen des Wirbels Zone II umfasst die Pedikel (Bogenwurzeln) und die Querfortsätze rechts und links Zone III betrifft den Wirbelkörper Zone IV die Hinterkante des Wirbelkörpers. Zusätzlich macht man über die Buchstaben A, B und C die Unterscheidung, ob der Tumor im Knochen (intraossär = A) oder außerhalb des Knochens (extraossär = B) liegt oder ob bereits eine Metastasierung vorliegt (= C). Beispiel: Klassifikation I A würde demnach bedeuten, dass es sich um einen innerhalb der dorsalen Wirbelstrukturen befindlichen Tumor handelt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Bösartige Tumoren · Tumoren • Klassifikation nach Weinstein (1991) · Wirbelkörper (III) · Hinterkante (IV) · Pedikel, Querfortsätze rechts und links (II) · Dorsale Strukturen (I) 1997 wurde die Weinstein Klassifikation verfeinert und als Weinstein-Boriani-Biagini System des Tumorstaging eingeführt. Der Wirbel ist graphisch in der Aufsicht dargestellt und im Uhrzeigersinn in 12 radiäre Segmente eingeteilt. Zusätzlich finden sich 5 konzentrische Areale A-E, die vom äußeren Areal A (außerhalb des Wirbels liegende Weichteile) bis zum inneren Areal E (Spinalkanal mit Rückenmark) eine exakte Lagezuordnung des Tumors ermöglichen. • Weinstein-Boriani-Biagini Klassifikation · Dornfortsatz, processus spinosus · Obere Facettengelenkfläche, · Querfortsatz · Bogenwurzel, (Pedikel) · Wirbelkörper · Weichteile Durch die oben genannte Klassifikation kann der Operateur durch die differenzierte Zuordnung des Tumors zu den Abschnitten im Bereich des Wirbels und seiner Umgebung wertvolle Hinweise erhalten, aus denen sich verschiedene strategische Ansätze des operativen Vorgehens ableiten lassen. Wie erfolgt die Behandlung von bösartigen Tumoren der Wirbelsäule? Nach gestellter Verdachtsdiagnose „Tumor der Wirbelsäule“ müssen die Dignität (gutartig/bösartig), die genaue Lokalisation, das Vorhandensein von Metastasen in anderen Organsystemen und der feingewebliche Aufbau des Tumors abgeklärt werden. Bestätigt sich die Diagnose eines bösartigen Tumors, muss auf der Grundlage der bestehenden Befunde die Behandlungsstrategie festgelegt werden. Da ein Tumorleiden eine komplexe Erkrankung darstellt, erfolgt die Festsetzung der individuellen Behandlung in einem Team von Spezialisten. An dieser so genannten interdisziplinären Tumorkonferenz sind die Fachdisziplinen beteiligt, die bei der vorliegenden Tumorerkrankung ihr Spezialwissen einbringen und dadurch für eine maximale Behandlungsqualität sorgen. In der Tumorkonferenz sind Chirurgen, Spezialisten für die Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 10 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com K 02 K 02 chemotherapeutische Tumorbehandlung (Onkologen) und für die Strahlentherapie, Radiologen, Pathologen und Fachärzte aus den medizinischen Disziplinen vertreten, die für die Aufstellung einer individuellen Behandlungsstrategie ihr Fachwissen einbringen. Die wichtigsten Säulen der Behandlung von Wirbeltumoren sind: · Bestrahlungstherapie · Chemotherapie · Schmerztherapie · Tumoroperation Bösartige Tumorleiden der Wirbelsäule sind trotz Operation und unterstützender Strahlen- oder Chemotherapie nicht immer heilbar. Gerade an der Wirbelsäule sind dem Operateur durch die anatomischen Besonderheiten (Rückenmark, Spinalnerven, Gefäßversorgung) in der Radikalität des operativen Vorgehens Grenzen gesetzt, nicht jeder Tumor kann radikal im onkologischen Sinn entfernt werden. Die Tumorchirurgie der Wirbelsäule kann aber, immer angepasst an den individuell vorliegenden Befund, helfen, die Lebensqualität des Patienten deutlich zu verbessern. · Bei günstiger Lokalisation kann ein Tumor komplett entfernt werden (kurative, „heilende“ Behandlung) · Bei drohenden oder bestehenden Wirbelinstabilitäten durch das Tumorwachstum kann die Gefahr von neurologischen Ausfällen oder Querschnittsymptomatik verhindert werden. · Durch Entfernung des Tumors oder eine Reduzierung der Tumormasse können Schmerzen gelindert werden. Falls ein operatives Vorgehen erforderlich werden sollte, gibt es verschiedene Methoden der Tumorentfernung und anschließenden Stabilisierung des Bewegungssegments. Folgende Operationsverfahren werden in unserer Abteilung bei der Behandlung bösartiger Wirbeltumore häufig durchgeführt: Tumoren der Halswirbelsäule: · transorale Densresektion mit dorsaler Spondylodese · dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion · ventrale Corpektomie mit zervikaler Spondylodese Tumoren der Brust- und Lendenwirbelsäule: · Corpektomie mit dorsaler Spondylodese Tumoren des os sacrum (Kreuzbein) · Sacrum-Op mit Spezialinstrumentation Was ist die Tumornachsorge? Bösartige Tumoren erfordern nach der Behandlung eine regelmäßige Kontrolle. In der Regel werden in den ersten 2 Jahren nach Stellung einer Tumordiagnose in 3-monatigem Abstand Kontrolluntersuchungen durchgeführt. Im 3.-5. Jahr erfolgen die Kontrollen halbjährlich, ab dem 6. Jahr im Jahresabstand. Bei diesen Terminen wird durch verschiedene Untersuchungen (CT, Kernspin, Szintigraphie, Ultraschall, klinische und neurologische Untersuchung) überprüft, ob der Gesamtzustand stabil geblieben ist oder ob es zu einem erneuten Tumorwachstum gekommen ist. Die regelmäßige Kontrolle garantiert die Möglichkeit eines raschen Eingreifens, falls es im Verlauf zu erneutem Tumorwachstum kommt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 11 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Bösartige Tumoren · Tumoren K 03 Was sind Metastasen? Metastasen, auch „Tochtergeschwülste oder Fernabsiedelungen“ genannt, sind bösartige Zellen oder Zellverbände, die auf verschiedenen Wegen von einem Primärtumor (zum Beispiel von einem bösartigen Tumor der Lunge, weiblichen Brust, Gebärmutter, Niere, Magen oder Prostata) in andere Gewebe oder Organsysteme, wie die Leber, die großen Röhrenknochen oder die Wirbel transportiert werden und dort mit Tumorwachstum beginnen. Man spricht dann von einem metastasierenden Primärtumor mit zum Beispiel Leber-, Knochen- oder Wirbelmetastasen. Welche bösartigen Primärtumore streuen ihre Metastasen (Tumorfernabsiedelungen) in die Wirbelsäule oder andere Knochen? Die wichtigsten bösartigen Tumore, die Fernabsiedelungen in die Wirbel oder andere Knochen setzen, sind: · Mamakarzinom (Krebs der weiblichen Brustdrüse) · Prostatakarzinom (Krebs der Vorsteherdrüse) · Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) · Schilddrüsenkarzinom · Hypernephroides Nierenkarzinom (Nierenkrebs) · Hautkrebs · Magenkrebs · Krebs des Gebärmutterhalses (Portiokarzinom) • Häufige Lokalisationen von Knochenmetastasen · Schädelkalotte · Halswirbel · Oberarmkopf · Brustwirbel · Oberarmschaft · Lendenwirbel · Beckenschaufel · Oberschenkelhals · Oberschenkel Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren K 03 Wie können Knochenmetastasen entstehen? Die genaue Entstehung von Metastasen ist bislang noch nicht geklärt. Ein möglicher Mechanismus ist die so genannte Tumorzell-Embolisation, die in den biochemischen Verhältnissen der jungen Knochensubstanz der Wirbel (Spongiosa) ein günstiges Milieu für das Einnisten von Tumorzellen und ein weiteres Tumorwachstum findet. Der Primärtumor, der außerhalb der Wirbelsäule sitzt, gibt Tumorzellen ab, die dann im Blutkreislauf zirkulieren. Über die Blutbahnen können diese Tumorzellen in das Knochenmark gelangen, wo sich die Tumorzellen als Zellverbände an die Knochenwand binden. Diese bösartigen Zellverbände nennt man Mikrometastasen. Das normale Gleichgewicht im gesunden Knochen ist, neben anderen Faktoren, auch durch die ausgewogene Aktivität der Osteoblasten, die für den Knochenaufbau zuständig sind und die Osteoklasten, die eine Abbaufunktion des Knochens übernehmen, bestimmt. Die Mikrometastasen stören dieses Gleichgewicht, wodurch die Tumorzellverbände in den Knochen eindringen und diesen zerstören. Die häufigsten Knochenmetastasen sind so genannte osteoklastische (Knochen abbauende) Metastasen, die den Knochen durch Tumorwachstum zerstören und auflösen (Osteolyse). Wie gelangt Tumorgewebe von einem bösartigen Primärtumor außerhalb der Wirbelsäule zu den Wirbeln (Metastasierungswege)? Die Metastasierung eines Primärtumors kann über verschiedene Wege führen: · hämatogen - über das Blutgefäßsystem · lymphogen - über da Lymphgefäßsystem · per continuitatem - durch direktes Weiterwachsen des Primärtumors in das Umgebungsgewebe Wirbelmetastasen werden hauptsächlich auf hämatogenem Weg gestreut. Man kennt verschiedene Typen der hämatogenen Aussaat von Metastasen: · Lungentyp Ein primär bösartiger Lungenkrebs streut seine Metastasen über die Lungenvenen in das linke Herz. Von dort gelangen die Fernabsiedelungen des Primärtumors in die Blutgefäße des großen Kreislaufs zum Beispiel in die Leber, Knochen, Gehirn und andere Organe. · Lebertyp Ein bösartiger Lebertumor gibt Tumorzellen frei, nachdem er in das Lebervenensystem durchgebrochen ist. Von dort gelangen die Krebszellen in die Lunge, die dann die weitere Aussaat der Tumorzellen über den Metastasierungsweg des Lungentyps bewirkt. · Pfortadertyp Die Pfortader (vena portae) sammelt das venöse Blut des Magens, der Bauchspeicheldrüse, der Milz, des Dünndarms und Teilen des Dickdarms und führt dieses Blut zur Leber. Findet sich an den genannten Organen ein bösartiger Tumor, so können sich Tumorzellen über diesen Weg zur Leber und anschließend über den Lebertyp im Körper ausbreiten. · Hohlvenentyp (vena cava) Die obere und untere Hohlvene sammelt das venöse Blut aus dem Körper und transportiert es zum rechten Herzvorhof. Befindet sich ein bösartiger Tumor im Einzugsgebiet der beiden Hohlvenen, gelangen die Tumorzellen auf diesem Weg über die rechte Herzseite zur Lunge, von wo aus es zur weiteren Metastasierung nach dem Lungentyp kommen kann. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren K 03 · vertebraler Metastasierungstyp Der Abfluss des venösen Blutes der Wirbel erfolgt über den so genannten Batson Venenplexus, einem feinen Netz von klappenlosen Venen, der sich aus dem plexus venosus vertebralis externus und internus zusammensetzt. Das venöse Blut der Hals- und Brustwirbelsäule wird nach Passage des Batson Venenplexus zur oberen Hohlvene (vena cava superior), das venöse Blut der Lendenwirbelsäule, Kreuz- und Steißbein über den Batson Plexus zur unteren Hohlvene (vena cava inferior) und von dort zur rechten Herzhälfte transportiert. Primärtumore der Lunge, der weiblichen Brustdrüse, der Prostata, Nieren und des Magen-Darmtrakts stehen über Gefäßverbindungen mit dem Batson Venenplexus der Wirbel in Verbindung. Durch ein Druckerhöhung im Gefäßsystem, zum Beispiel durch Husten, Pressen oder Niesen, kann es zu einer Strömungsumkehr des venösen Blutes im Batson Venenplexus kommen, wodurch das Blut nicht von den Wirbeln wegtransportiert wird, sondern von den oben genannten Organen zu den Wirbeln „gepresst“ wird. Durch diesen Mechanismus kann es zur direkten Aussaat von Tumorzellen eines Primärtumors dieser Organe an die Wirbel kommen. Welche Symptome können Metastasen verursachen? Art und Ausprägung der Symptome hängen von der Ausdehnung und Lokalisation der Metastasen ab. Da das Vorliegen eines Tumors keine spezifischen Symptome verursacht, ist eine Differenzierung eines Tumor- oder Metastasenleidens zu Rückenschmerzen anderer Ursachen, wie zum Beispiel Erkrankungen der Wirbelsäule durch Abnutzung, schwierig, da lange Zeit ähnliche Symptome vorliegen können. · Allgemeine Symptome wie · Fieber · Nachtschweiß · Gewichtsabnahme · Abgeschlagenheit · Leistungsknick · Schmerzen mit unterschiedlicher Ursache und Qualität · Dumpfe Dauerschmerzen in der Höhe des Tumorbefalls · Periostschmerzen (Knochenhaut) durch Anhebung und Dehnung der Knochenhaut als Folge der Zerstörung der Kortikalisschicht (Außenwand des Wirbels) durch die Metastase · Lokaler Druck- oder Klopfschmerz · Ruheschmerz · Belastungsunabhängiger Schmerz · Nachtschmerz · Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule · Lymphknotenschwellung · Neurologische Störungen durch Kompression des Rückenmarks oder der Spinalnerven · Radikuläre Symptomatik durch Druck des Tumorgewebes auf die Spinalnervenwurzeln. Bei Kompression der hinteren Spinalnervenwurzel kommt es im entsprechenden Versorgungsgebiet zu sensiblen Ausfällen mit schmerzhaften Missempfindungen. Bei Druck auf die vordere Spinalnervenwurzel kommt es zu motorischen Ausfällen mit Lähmungserscheinungen und Minderung der Muskulatur in den entsprechenden Versorgungssegmenten. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren K 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren · Querschnittsymptomatik Bei raschem Metastasenwachstum kann es zu einer akuten, kompletten Querschnittsymptomatik kommen, deren neurologischen Ausfallserscheinungen immer von der Höhe des durch die tumoröse Fernabsiedelung befallenen Wirbel-segments abhängt. Über die vorliegenden motorischen oder sensiblen Ausfälle kann bereits bei der klinischen Untersuchung eine Aussage über die Höhenzuordnung des Wirbeltumors gemacht werden. Bei Druck auf die Hinterstränge des Rückenmarks kommt es zu Störungen der Tiefensensibilität, zu Gangstörungen und zu verändertem Schmerz- und Temperaturempfinden. Bei Schädigung der Pyramidenbahnen durch Tumordruck auf das Rückenmark kann es zur Ausbildung einer muskulären Schwäche der Beine mit Ermüdungsgefühl und zu vorübergehenden Lähmungserscheinungen kommen. · Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion · Störung der Sexualfunktion · Veränderung der Reflexe (gesteigert, vermindert, aufgehoben) · Instabilität des betroffenen Bewegungssegments durch · Zunehmende Destruktion des tumorös veränderten Wirbels · Pathologischen Bruch des destabilisierten Wirbels · Symptome, die von den Organsystemen ausgehen, in denen der Primärtumor sitzt und Fernabsiedelungen in die Wirbelsäule streut (gynäkologische Symptome, Beschwerden im Magen-Darmtrakt, Auffälligkeiten im Urogenitalsystem, der Lunge, Schilddrüse und Prostata). Wie werden Metastasen der Wirbelsäule diagnostiziert? Knochen- oder Wirbelmetastasen werden oft im Rahmen der Umgebungsuntersuchungen bei einem bereits festgestellten Primärtumor mit Sitz außerhalb der Wirbelsäule oder als Zufallsbefund bei einer röntgenologischen Untersuchung der Wirbelsäule wegen „Rückenschmerzen“ festgestellt. Für jedes weitere therapeutische Vorgehen ist es absolut wichtig, eine konsequente Diagnostik durchzuführen, bis die Dignität (gutartig/bösartig) und die Art des Primärtumors (Sitz des Primärtumors außerhalb der Wirbelsäule oder primärer Knochentumor?) des festgestellten Wirbelbefunds eindeutig bewiesen ist. Folgende Untersuchungsverfahren können zur exakten Diagnosestellung herangezogen werden: · Erhebung der Krankengeschichte und klinische Untersuchung · Wann und wie sind die Beschwerden aufgetreten (akut einsetzend, langsam zunehmend)? · Traten die Beschwerden ohne erkennbare Ursache auf? · Liegt ein Unfallgeschehen in der Vorgeschichte? · Liegen bereits bekannte Wirbelsäulen- oder Rückenbeschwerden vor? · Ist die Wirbelsäulenbeweglichkeit eingeschränkt? · Wo sind die Schmerzen? · Wie ist die Schmerzqualität (dumpf, brennend, dauernd, intermittierend, abhängig von Belastung oder Körperhaltung)? · Liegen Weichteilschwellungen vor? · Kam es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme? · Gibt es Auffälligkeiten bei der klinischen Untersuchung der Organsysteme? · Liegen auffällige Lymphknotenschwellungen vor? Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. K 03 · Neurologische Untersuchung · Liegen sensible oder motorische Störungen vor? · Zeigt sich ein Hinken durch Schonung, Lähmung oder eine Beinverkürzung? · Finden sich Zeichen einer Störung der Blasen-, Mastdarm- oder Sexualfunktion? · Ist die Muskulatur normal ausgebildet oder liegt eine Atrophie (Muskelschwund) vor? · Sind die Reflexe verändert? · Apparative bildgebende Diagnostik · Konventionelles Röntgen Die konventionellen Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen mit Schräg- oder Ziel- Aufnahmen können als Erstdiagnostik bereits wertvolle Hinweise ergeben. Lage und Ausdehnung des Tumors, Beschaffenheit der knöchernen Struktur des Wirbels und die Höhe des Zwischenwirbelraums können beurteilt werden. Über die Lage des Tumors im Wirbel können erste Rückschlüsse auf die Dignität (gutartig/bösartig) des Tumors gezogen werden, da gutartige Prozesse mit Ausnahme der Hämangiome und des Eosinophilen Granuloms meist in den hinteren Abschnitten der Wirbel und bösartige Tumoren meist in den vorderen Wirbelabschnitten zu finden sind. · Computertomographie (CT) Mit diesem Schichtbildverfahren lassen sich Tumorveränderungen an der knöchernen Wirbelstruktur darstellen. Aus verschiedenen Schnittbildschichten können dreidimensionale Rekonstruktionen des Lokalbefunds hergestellt werden. Die Computertomographie wird zur zielgenauen Punktion eines verdächtigen Befunds oder zur Darstellung von Engstellungen des Rückenmarkkanals mit Hilfe von Kontrastmittel herangezogen CT-Myelographie). · Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin) Die Kernspintomographie eignet sich sehr gut, um die Lagebeziehung des Tumors zum Rückenmark und den Spinalnerven, eine mögliche Infiltration in die benachbarten Weichteile und die Verdrängung oder das Einwachsen des Tumors in Gefäße in engen Schichten zu beurteilen. Dieses Untersuchungsverfahren hat heute bei der Diagnostik von Tumorleiden und ihrer differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Erkrankungen der Wirbelsäule den höchsten Stellenwert. Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet der MRT ist die Verlaufskontrolle nach Operation, Bestrahlungs- oder Chemotherapie eines Wirbeltumors. · Nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren · 3-Phasenskelettszintigraphie Bei diesem Untersuchungsverfahren wird dem Patienten ein radioaktiver Marker injiziert (Technetium99m-Methylen-Diphosphonat), der sich dann im Knochen dort anreichert, wo ein erhöhter Stoffwechsel stattfindet. Das gesamte knöcherne Skelett wird abgebildet, die Areale mit erhöhtem Knochenstoffwechsel zeichnen sich gegenüber den unauffälligen Knochenstrukturen deutlich ab, so dass sämtliche Bezirke mit erhöhtem Stoffwechsel gleichzeitig sichtbar gemacht werden. Dieses Untersuchungsverfahren ist unspezifisch, das heißt, jeder Bezirk mit erhöhtem Knochenstoffwechsel wird dargestellt. Eine Differenzierung zwischen gutartigem oder bösartigem Tumor, aktivierter Arthrose oder der infektiösen Entzündung eines Wirbels ist nur mit Hilfe der anderen diagnostischen Verfahren durchführbar. · Positronen-Emissionstomographie (PET) Mit diesem Verfahren können nach Gabe eines radioaktiv markierten Untersuchungsmedikamentes erhöhte Stoffwechselprozesse (z.B. der erhöhte Stoffwechsel eines Tumors) im Körper sichtbar gemacht werden. Moderne PET Geräte sind mit einem CT-Gerät kombiniert. Mit diesem so genannten „two-in-one-Scanner“ werden die entsprechenden Aufnahmen sowohl in CT-, als auch in PET-Technik durchgeführt und anschließend am Computer zu einem aussagekräftigen Bild vereint. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren K 03 · Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) Dieses nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren kann, in Kombination mit der SpiralComputertomographie, nach Gabe unterschiedlicher, gering radioaktiver Substanzen veränderte Stoffwechselvorgänge im Körper bis in den molekularen Bereich sichtbar machen. Durch die Kombination beider Untersuchungsverfahren werden die gewonnenen Daten der SPECT-Untersuchung mit den Daten der Schichtbilder der Spiral-Computertomographie vereint, so dass eine exakte Lokalisation der auffälligen Körperregionen ermöglicht wird. · Myelographie Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Rückenmarkkanal Veränderungen, die den Rückenmarkkanal verengen oder die Spinalnerven komprimieren, (z.B.: Tumorkompression, Bandscheibenvorfall) sichtbar machen. Durch Veränderung der Lage des Patienten auf dem Untersuchungstisch wird das Kontrastmittel über den gesamten Rückenmarkkanal verteilt, eine dynamische Untersuchung in Bewegung ist unter Durchleuchtung möglich. Die Myelographie wird meist mit einer anschließenden Computertomographie kombiniert. · Angiographie In Fällen, in denen eine exakte Darstellung der Tumor versorgenden Blutgefäße zur Operationsplanung erforderlich ist, Kernspin- oder Computertomographie aber keine sicheren Ergebnisse zeigen, kann eine Kontrastmitteldarstellung der arteriellen Gefäße durchgeführt werden, die eine genaue Aussage über die Blutversorgung des Tumors oder die Lagebeziehung des Tumors zu großen Gefäßen ermöglicht. · Sonographie Die Ultraschalluntersuchung, inbesonders des Bauchraums, ermöglicht eine rasche, orientierende Aussage über das eventuelle Vorliegen von Lebertumoren, Nieren- und Nebennierentumoren oder verdächtigen Lymphknotenveränderungen entlang der großen Gefäße des Bauchraums. · Biopsie und feingewebliche Untersuchung Bei einer Biopsie wird mit verschiedenen Verfahren Gewebe aus einem verdächtigen Bezirk entnommen, das anschließend mikroskopisch untersucht werden kann. Dieses Untersuchungsverfahren ermöglicht die sichere Beurteilung, ob ein festgestellter Tumor gutartig oder bösartig ist und welche weiteren therapeutischen Schritte eingeleitet werden müssen. Es gibt verschiedene Biopsiemethoden: · Geschlossene Verfahren Durch die Feinnadelbiopsie oder die Stanzbiopsie wird eine geringe Menge des verdächtigen Gewebes in Narkose entnommen. Unter mikroskopischer Beurteilung kann dann die exakte histologische (feingewebliche) Diagnose gestellt werden (Tumorart, gutartig/bösartig). Diese Punktionen sind schonend und werden in der Regel unter Kontrolle mit der Computertomographie durchgeführt. · Offene Verfahren Durch die Exzisions-, oder Inzisionsbiopsie werden die tumorös veränderten Bezirke in Narkose entweder komplett oder teilweise entfernt und feingeweblich untersucht. · Labordiagnostik Die Laboruntersuchungen erbringen in der Regel keinen eindeutig sicheren Beweis für das Vorliegen eines Tumors, teilweise sind die Laborparameter unspezifisch, das heißt, sie können auch bei anderen Erkrankungen verändert sein. · Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) · C-reaktives Protein (CRP) · Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren K 03 Die Erhöhung dieser so genannten Entzündungsparameter kann bei Tumorleiden vorliegen, kann aber bei jedem Infekt ebenso vorkommen. Tumormarker sind Eiweißstoffe, die in niedriger Konzentration im Blutplasma vorkommen und von Tumorzellen, manchmal auch von normalen Zellen abgegeben und bestimmt werden können. Eine Erhöhung der Konzentration verschiedener Tumormarker kann einen Hinweis auf das Vorliegen eines bestimmten Tumors liefern, sie ist aber nicht beweisend. Bekannte Tumormarker sind zum Beispiel: · alpha-Fetoprotein (AFP) als Hinweis für ein Karzinom der Leber · Neuronen-spezifische Enolase (NSE) als Hinweis auf ein kleinzelliges Bronchialkarzinom oder auf neuorendokrine Tumore · Prostata-spezifische Phosphatase (PSA) als Hinweis auf ein Prostatakarzinom · Monoklonale Antikörper aus der Gruppe der Cancer Antigene (CA) können, je nach vorliegendem CA Typus, Hinweise auf Tumore der Brustdrüse, der Bauchspeicheldrüse oder des Magens erbringen. · Carcinoembryonales Antigen (CEA) als Hinweis für Tumoren des Magen-Darmtrakts Wie wird bei der Diagnostik von Knochentumoren oder Knochenmetastasen vorgegangen (Staging)? Wird ein Tumor am Knochen oder einem anderen Organ festgestellt, muss sich der behandelnde Arzt rasch ein Gesamtbild über folgende Faktoren bilden, um den neu festgestellten Tumor in ein bestimmtes Stadium zu gruppieren: · Dignität, das heißt: Ist der Tumor gutartig oder bösartig? Eine exakte Aussage darüber kann durch eine Gewebeprobe und die feingeweblich mikroskopische Untersuchung (Histologie) gemacht werden. · In dieser Untersuchung kann auch das Ausmaß der Differenzierung der Tumorzellverbände bestimmt werden, das heißt wie stark die Tumorzellverbände von gesunden, differenzierten Zellen abweichen. Dieser Vorgang wird als Tumor-Grading bezeichnet und liefert wertvolle Hinweise auf die Aggressivität, das Wachstum und die Metastasierungstendenz des Tumors. Die Gradingsstufen werden von G1 (gut differenziert) bis G4 (undifferenziert) eingeteilt. Je undifferenzierter Tumorgewebe ist, desto ausgeprägter ist die Bösartigkeit. · Tumorsitz und Ausdehnung Durch Computer- und Kernspintomographie kann die Lage und Ausdehnung des Tumors und seine Beziehung zu den benachbarten Gewebestrukturen erkannt werden. · Liegen Absiedelungen des Tumors (Metastasen) in anderen Organsystemen vor (Lunge, Leber, Knochen)? Ganzkörperskelettszintigraphie, Kernspin- und Computertomographie zeigen, ob und wo Fernmetastasen vorliegen. Das exakte Wissen um die genannten Faktoren sind entscheidend, um eine individuelle Behandlungsstrategie und Prognose des Verlaufs zu erstellen. Gibt es ein System, mit dem bösartige Knochentumoren oder Knochenmetastasen klassifiziert werden (TNM-Klassifikation)? Für alle bösartigen Tumore, mit Ausnahme der Leukämie und der bösartigen Lymphome, gibt es das so genannte TNM-System, das zur Beurteilung des individuell bestehenden Tumorleidens herangezogen werden kann. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren Knochenmetastasen · Tumoren Das TNM-System ist international standardisiert und unterstützt die behandelnden Ärzte nach der Diagnosestellung und im Verlauf der Erkrankung durch eine gemeinsame „Sprache“. Die drei Buchstaben stehen für: · T (Tumor) Tumorausdehnung oder Größe des Primärtumors · N (Node, Knoten) Liegen Lymphknotenmetastasen vor? · M (Metastase) Liegen Fernabsiedelungen des Primärtumors vor? · G (Grading) Welcher Differenzierungsgrad des Tumorgewebes liegt vor? Die Buchstaben T, N, M und G werden zusätzlich mit Ziffern versehen, die dann eine Aussage über die Größe des Tumors (T1-T4), über Vorhandensein und Anzahl von Lymhknotenmetastasen (N0-N3), das Fehlen oder Vorkommen von Fernmetastasen in anderen Organsystemen (M0 oder M1) und den Differenzierungsgrad des Tumorgewebes (G1-G4) ermöglichen. Kann bei Diagnosestellung zu einem der drei Faktoren des TNM – Systems und des Grading keine sichere Aussage gemacht werden, bezeichnet man dies mit dem Zusatzbuchstaben X. „MX“ würde zum Beispiel bedeuten, dass über das Vorliegen von Fernmetastasen keine sicheren Aussagen gemacht werden können. Beispiel für die TNM Klassifikation eines primären Knochentumors der Wirbelsäule: T1N1M1G4 würde bedeuten: T1: der Tumor hat die Kortikalis (harte knöcherne Außenwand) des Wirbels durchbrochen und infiltriert bereits das angrenzende Gewebe N1: es liegen bereits regionäre Lymphknotenmetastasen vor M1: es finden sich bereits Fernabsiedelungen des Tumors in Lunge, Leber oder anderen Knochen G4: das Tumorgewebe ist nicht differenziert, also sehr bösartig Gibt es ein Klassifizierungssystem, das dem Operateur durch die Lagebeziehung der Wirbelmetastase zu seiner Umgebung Hinweise auf ein mögliches operatives Vorgehen gibt? Die Tomita-Klassifikation teilt die Metastasen der Wirbelsäule auf der Grundlage ihrer Lokalisation in 7 Subtypen ein, aus denen sich in Kombination mit einem speziell entwickelten Score-System die erwarteten Therapieziele und das mögliche chirurgische Vorgehen ableiten lassen. Tumorbefall innerhalb der knöchernen Grenzen des Wirbels • Tomita Klassifikation der Lokalisation von Wirbelmetastasen Typ 1 Tumorbefall des Wirbelkörpers Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com K 03 K 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Tumorbefall innerhalb der knöchernen Grenzen des Wirbels Knochenmetastasen · Tumoren Typ 2 Tumorbefall des Wirbelkörpers mit Ausdehnung über die Pedikel Tumorbefall mit Durchbruch über die knöchernen Grenzen des Wirbels Typ 3 Tumorbefall des Wirbelkörpers mit Ausdehnung über die Pedikel und Wirbelbögen Typ 4 Tumorbefall des Wirbelkörpers, Pedikel der Wirbelbögen und epiduraler Ausdehnung Typ 5 Tumorbefall der vorderen und hinteren Säule mit Durchbruch in den Paravertebralraum Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. Knochenmetastasen · Tumoren Typ 7 Mehrsegmentaler Tumorbefall mit unterschiedlicher Lokalisation Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Tumorbefall mit Durchbruch über die knöchernen Grenzen des Wirbels Typ 6 Tumorbefall von 2-3 Wirbeln Mehrsegmentaler Tumorbefall innerhalb und außerhalb der knöchernen Grenzen des Wirbels K 03 In dem von Tomita 2001 vorgestellten Score-System werden drei Parameter der vorliegenden Tumorerkrankung mit Punkten bewertet, aus dem Gesamtergebnis der Punkte können Therapieziele und ein mögliches chirurgisches Vorgehen abgeleitet werden. Die drei Bewertungsparameter der zu beurteilenden Metastasenerkrankung beinhalten: 1. Malignitätsgrad (Grad der Bösartigkeit) des Primärtumors: · langsam wachsender Tumor (z.B.: Karzinom der weiblichen Brustdrüse, der Prostata oder der Schilddrüse) · moderat wachsender Tumor (z.B.: Karzinom der Niere oder des Gebärmutterhalses) · schnell wachsender Tumor: (z.B.: Karzinom der Lunge, Leber , des Magens, Dickdarms sowie Tumoren, deren Sitz nicht bekannt ist. 2. Viszerale Metastasen (Fernabsiedlungen) in Lunge, Leber, Nieren oder Gehirn: · keine viszeralen Metastasen · viszerale Metastasen, die durch Operation oder transarterielle Embolisation behandelt werden können · viszerale Metastasen, die nicht behandelt werden können 3. Knochenmetastasen: · solitäre oder isolierte Metastasen der Wirbelsäule · multiple Knochenmetastasen (solitäre oder isolierte Metastasen der Wirbelsäule zusammen mit anderen Knochenmetastasen oder multiple Wirbelsäulenmetastasen mit oder ohne Knochenmetastasen ) Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 10 Knochenmetastasen · Tumoren Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com K 03 Diese drei Bewertungsparameter werden in einem Score mit Punkten hinterlegt: Punkte Prognose Faktoren Faktoren Primärtumor Viszerale Metastasen Knochenmetastasen 1 langsam wachsend keine (0) solitär 2 moderat wachsend heilbar multiple 3 schnell wachsend nicht heilbar keine (0) In diesem Bewertungsschema können zwischen 2 und 10 Punkten erreicht werden, Die erreichten Punkte aus dem Scoreschema ergeben für den Operateur strategische Hinweise für das zu erreichende Therapieziel und ein mögliches operatives Vorgehen. Punkte Therapieziel Chirurgisches Vorgehen 2,3 langfristige lokale Kontrolle weite oder marginale Entfernung 4,5 mittelfristige lokale Kontrolle 6,7 kurzfristige Palliation palliative operative Eingriffe 8,9,10 terminale Versorgung unterstützende Behandlung marginale oder intraläsionale Metastasenentfernung Bei Ausgangsbefunden mit einem Punktwert von 2-3, bei denen das Tumorgewebe weit oder an der Grenze zum gesunden Gewebe (marginal) entfernt werden kann, kann langfristig von einer lokalen Besserung ausgegangen werden. Diese Befunde haben die beste Prognose. Bei Befunden mit einem Score von 4-5 Punkten kann durch eine marginale oder intraläsionalen (innerhalb der Tumorgrenzen liegenden) Entfernung des Metastasengewebes von einer mittelfristigen Besserung ausgegangen werden. Bei einem Scorewert von 6 oder 7 Punkten werden in der Regel nur so genannte palliative (lindernde, schützende) Eingriffe durchgeführt, um eingebrochene Wirbel zu stabilisieren oder eine drohende Querschnittslähmung durch eine Dekompressionsoperation zu verhindern. Durch diese Maßnahmen ist nur eine kurzfristige Besserung der Tumorerkrankung zu erreichen. Patienten, bei denen Scores zwischen 8 und 10 Punkten vorliegen, werden in der Regel nicht operiert. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 11 K 03 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren Wie werden Metastasen der Wirbelsäule behandelt? Nach gestellter Verdachtsdiagnose „Metastase der Wirbelsäule“ müssen die Dignität (gutartig/bösartig), die genaue Lokalisation, das Vorhandensein des Primärtumors und weiteren Metastasen in anderen Organsystemen und der feingewebliche Aufbau der Metastase abgeklärt werden. Bestätigt sich die Diagnose eines bösartigen Tumors, muss auf der Grundlage der bestehenden Befunde die Behandlungsstrategie festgelegt werden. Da ein Tumorleiden eine komplexe Erkrankung darstellt, erfolgt die Festsetzung der individuellen Behandlung in einem Team von Spezialisten. An dieser so genannten interdisziplinären Tumorkonferenz sind die Fachdisziplinen beteiligt, die bei der vorliegenden Tumorerkrankung ihr Spezialwissen einbringen und dadurch für eine maximale Behandlungsqualität sorgen. In der Tumorkonferenz sind Chirurgen, Spezialisten für die chemotherapeutische Tumorbehandlung (Onkologen) und für die Strahlentherapie, Radiologen, Pathologen und Fachärzte aus den medizinischen Disziplinen vertreten, die für die Aufstellung einer individuellen Behandlungsstrategie ihr Fachwissen einbringen. Die wichtigsten Säulen der Behandlung von Wirbelsäulenmetastasen sind: · Bestrahlungstherapie · Chemotherapie · Schmerztherapie · Tumoroperation Bösartige Tumorleiden der Wirbelsäule sind trotz Operation und unterstützender Strahlen- oder Chemotherapie nicht immer heilbar. Gerade an der Wirbelsäule sind dem Operateur durch die anatomischen Besonderheiten (Rückenmark, Spinalnerven, Gefäßversorgung) in der Radikalität des operativen Vorgehens Grenzen gesetzt, nicht jeder Tumor kann radikal im onkologischen Sinn entfernt werden. Die Tumorchirurgie der Wirbelsäule kann aber, immer angepasst an den individuell vorliegenden Befund, helfen, die Lebensqualität des Patienten deutlich zu verbessern. · Bei günstiger Lokalisation kann ein Tumor komplett entfernt werden (kurative, „heilende“ Behandlung) · Bei drohenden oder bestehenden Wirbelinstabilitäten durch das Tumorwachstum kann die Gefahr von neurologischen Ausfällen oder Querschnittsymptomatik verhindert werden. · Durch Entfernung des Tumors oder eine Reduzierung der Tumormasse können Schmerzen gelindert werden. Metastasen der Wirbelsäule sind grundsätzlich wie gutartige oder bösartige Tumoren zu betrachten. Wenn es zu einer Metastasenbildung gekommen ist, so ist zunächst zu unterscheiden, ob eine monolokuläre Manifestation oder eine multilokuläre Manifestation vorliegt, da dies für die Wahl des Operationsverfahrens von entscheidender Bedeutung ist. Bei monolokulärer Manifestation sollten die gleichen Kriterien wie bei der Behandlung gutartiger oder bösartiger Tumoren angestrebt werden: möglichst radikale Entfernung, wenn möglich en-bloc-Resektion. Wir wissen, dass durch eine solche radikale Metastasenchirurgie die lokalen Tumorrezidive deutlich reduziert werden können. Wir wissen weiterhin, dass eine solche radikale Metastasenchirurgie, in Kombination mit einer adjuvanten Chemo- und Radio-Therapie einer alleinigen Radiotherapie weit überlegen ist. Bei fortgeschrittener Metastasenausbreitung sind natürlich solche radikalen Maßnahmen nur bedingt einzusetzen. Hier steht die Schmerzbehandlung und vor allen Dingen auch die Erhaltung der Stabilität der Wirbelsäule im Vordergrund. Das Therapiekonzept muss deswegen von den verschiedenen Disziplinen, die an der Tumorbehandlung beteiligt sind, festgelegt werden. Auf der anderen Seite wissen wir, dass durch eine aggressive Chirurgie der Metastasen zwar nicht die Lebenszeit der Patienten verlängert werden kann, jedoch eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen ist. Dies sollte immer als Maßstab der Intervention Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 12 K 03 und vor allen Dingen auch der Größe der Intervention angesehen werden, da es notwendig ist, dass ein Tumorpatient mit begrenzter Lebenserwartung auch von den sich bietenden Vorteilen einer Operation profitiert. Falls ein operatives Vorgehen erforderlich werden sollte, gibt es verschiedene Methoden der Tumorentfernung und anschließenden Stabilisierung des Bewegungssegments. Folgende Operationsverfahren werden in unserer Abteilung bei der Behandlung von Wirbelmetastasen häufig durchgeführt: Tumoren der Halswirbelsäule: · transorale Densresektion mit dorsaler Spondylodese · dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion · ventrale Corpektomie mit zervikaler Spondylodese Tumoren der Brust- und Lendenwirbelsäule: · Corpektomie mit dorsaler Spondylodese Tumoren des os sacrum (Kreuzbein) · Sacrum-Op mit Spezialinstrumentation Was ist die Tumornachsorge? Bösartige Tumoren erfordern nach der Behandlung eine regelmäßige Kontrolle. In der Regel werden in den ersten 2 Jahren nach Stellung einer Tumordiagnose in 3-monatigem Abstand Kontrolluntersuchungen durchgeführt. Im 3.-5. Jahr erfolgen die Kontrollen halbjährlich, ab dem 6. Jahr im Jahresabstand. Bei diesen Terminen wird durch verschiedene Untersuchungen (CT, Kernspin, Szintigraphie, Ultraschall, klinische und neurologische Untersuchung) überprüft, ob der Gesamtzustand stabil geblieben ist oder ob es zu einem erneuten Tumorwachstum gekommen ist. Die regelmäßige Kontrolle garantiert die Möglichkeit eines raschen Eingreifens, falls es im Verlauf zu erneutem Tumorwachstum kommt. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. 13 Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Knochenmetastasen · Tumoren L 193. Correction of post-traumatic and congenital kyphosis: indications, techniques, results.Cages. Stoltze D, Harms J, Boyaci B Orthopade. 2008 Apr;37(4):321-38 192. Does spinal surgery improve the quality of life for those with extradural (spinal) osseous metastases? 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Halbwirbelresektion bei kongenitaler Skoliose Ruf M, Harms J Operative Orthopädie und Traumatologie, Vol. 16 (2), June 2004. 171. Re: Letter to the editor: Transoral Reduction and Osteosynthesis C1 as a Function-preserving Option in the Treatment of Unstable Jefferson Fractures. Ruf M, Harms J. Spine 2004 Oct 1;29(19):2197. 170. Re: Letter to the editor: Posterior Hemivertebra Resection with Transpedicular Instrumentation. Ruf M, Harms J. Spine 2004 Jul 15;29(14):1594-6. 169. Transoral reduction and osteosynthesis C1 as a function-preserving option in the treatment of unstable Jefferson fractures. Ruf M, Melcher R, Harms J Spine. 2004 Apr 1;29(7):823-7. 168. Stability analysis of craniovertebral junction fixation techniques. Puttlitz CM, Melcher RP, Kleinstueck FS, Harms J, Bradford DS, Lotz JC J Bone Joint Surg Am. 2004 Mar;86-A(3):561-8. 167. Anterior single-rod instrumentation of the thoracic and lumbar spine: saving levels. 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Titanium Surgical Mesh for Vertebral Defect Replacement and Intervertebral Spacers Lowery G, Harms J Manual of Internal Fixation of the Spine, Editors Thalgot JS, Aebi M, Lippincott-Raven Publishers, Philadelphia 1996 128. Lumbosacral Fusion with Harms Instrumentation Harms J. Beele B, Boehm H, Jeszenszky D, Stoltze D Lumbosacral and Spinopelvic Fixation, edited by Joseph Y. Margulies, et al., 529-38, Lippincott-Raven Publishers, Philadelphia 1996 127. Die operative Behandlung der degenerativen Lumbalskoliose Harms J, Jeszenszky D, Stoltze D Sonderdruck W. Zuckschwerdt Verlag 1996 126. The Use of Fibrin Adhesive in der Surgical Treatment of Spinal Lesions Stoltze D, Harms J Orthopedic Surgery Maxillofacial Surgery, Editors G. Schlag, P. Bösch, H. Matras, 112-120; Springer Verlag 1994 125. Operative Behandlung der Spondyloptose Stoltze D, Harms J Wirbelsäulenerkrankungen, Wirbelsäulenverletzungen, Hrsg. von U. Weber und G. 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Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich 119. Operative Therapie bei mehrsegmentaler zervikaler Spinalkanalstenose Boehm H, Stoltze D, Jensen R, Harms J Die operative Behandlung der Halswirbelsäule, Hrsg. von K.A. Matzen, 195-200, W. Zuckschwerdt Verlag 1993 118. Operative Möglichkeiten bei kraniozervikaler Instabilität und Stenose durch rheumatoide ArthritisBoehm H, Stoltze D, Harms J Die operative Behandlung der Halswirbelsäule, Hrsg. von K.A. Matzen, 65-72, W. Zuckschwerdt Verlag 1993 117. Indications and technique of osteosynthesis in injuries of the cervical vertebrae von Gumppenberg S, Harms J Chirurg. 1992 Nov;63(11):849-55. 116. Wertigkeit der Stabilität bei der Indikation zur operativen Behandlung von Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule Stoltze D, Harms J, Nanassy A Rehabilitation beginnt am Unfallort, Hrsg. von A.G. Zäch, 115-121; Springer Verlag 1992 115. Transpedikuläre Schraubensysteme bei der Behandlung der Spondylolisthese Stoltze D, Harms J Die Instabliltät des lumbosakralen Scharniers, Hrsg. von A. v. Strempel 170-176;Thieme Verlag 1992 114. Die Reposition der Hinterkantenfragmente durch den ventralen Zugang Indikation, Technik und Ergebnisse Stoltze D, Harms J Neue Aspekte der Marknagelung. Akutversorgung von Wirbelsäulenverletzungen, Hrsg. von K. Wenda und G. Ritter, 97-101; Springer Verlag 1992 113. Operative Behandlung bei bakterieller Spondylitis und Spondylodiszitis Stoltze D, Boehm H, Harms J Fortschritte in der Unfallchirurgie. Prophylaxe und Therapie, Hrsg. von R. Rahmanzadeh und A. Meißner, Springer Verlag 1992 112. The Indications and Principles of Correction of Post-Traumatic Deformities Harms J, Stoltze D European Spine Journal, Vol. 1 pp. 142-151. 111. Screw-Threaded Rod System in Spinal Fusion Surgery Harms J Spine State of the Art Reviews. 1992 Vol. 6, No. 3, pp. 541-575. 110. Spätfolgen nach Verletzungen der Wirbelsäule Boehm H, Harms J, Stoltze D Fortschritte in der Unfallchirurgie. Prophylaxe und Therapie, Hrsg. von R. Rahmanzadeh und A. Meißner, Springer Verlag 1992 109. Posttraumatische Fehlstellung der Wirbelsäule Boehm H, Harms J, Stoltze D Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich Fortschritte in der Unfallchirurgie. Prophylaxe und Therapie, Hrsg. von R. Rahmanzadeh und A. Meißner, Springer Verlag 1992 108. Wann besteht die Indikation zur operativen Behandlung von Wirbelfrakturen? Blauth M, Haas N, Bötel U , Harms J, Meinig G, S. v. Gumppenberg Langenbecks Arch Chir. 377: 125- 30, Springer-Verlag 1992 107. Cervico-occipitale Stabilisierungen unter besonderer Brücksichtigung der transoralen Technik Stoltze D, Harms J Die instabile Wirbelsäule - Biomechanische, differentialdiagnostische und spezielle therapeutische Aspekte, Hrsg. von Gert A. Fuchs, Georg Thieme verlag, 1991 106. Primary management of fresh injuries of the thoracic and lumbar vertebrae von Gumppenberg S, Vieweg J, Claudi B, Harms J Aktuelle Traumatol. 199, Dec;21(6):265-73. 105. Zielke pedical screw system for thoracic and lumbar spine fractures - anatomic and biomechanical fundamentals of the spinal column, classification of spinal column injuries, instrumentation systems. Stoltze D, Harms J The Textbook of Spinal Surgery, 1991 Vol 2, pp. 991-1000. 104. Surgical Treatment of Spondylolisthesis: The Harms Technique. 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Comments on the contribution: initial results of surgical treatment of scoliosis with the Cotrel and Dubousset Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich CD instruments by Ch. Hopf, H. H. Matthiass and J. Heine. Z. Orthop. 125 (1987) 347 Zielke K, Harms J, Metz P Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1988 Dec;126(6):709-18. 97. Klinische Erscheinungen bei kraniozervikalen Übergangsstörungen- Eine Demonstration ohne Röntgenbild Heckl RW, Harms J Neuroorthopädie 4, Hrsg. von D. Hohmann, B. Kügelgen und K. Liebig, 207- 10; Springer Verlag 1988 96. Die Operationsindikation bei Frakturen der Wirbelsäule Harms J Oerationsindikationen bei Frakturen im Kindesalter, Hrsg. von S. Hoffmann v. Kap-herr, 140-5; Gustav Fischer Verlag 1987 95. Operative Behandlung frischer Wirbelsäulenverletzungen mit Querschnittlähmung Stoltze D, Harms J, Winnerlein M, Nanassy A Hefte zur Unfallheilkunde, Heft 189, Redigier von A. Pannike, Springer-Verlag 1987 94. Animal experiment histologic and biomechanical studies of tissue tolerance and adhesiveness of bone cement containing carbon fibers and apatite Schmitt E, Hassinger M, Mittelmeier H, Harms J, Schmalenbach HW, Heisel J Aktuelle Probl Chir Orthop. 1987;31:400-3. 93. Craniocervical junction-diseases, diagnostic application of imaging procedures, surgical technics Schmelzle R, Harms J Fortschr Kiefer Gesichtschir. 1987;32:206-8. 92. Classification of fractures of the thoracic and lumbar vertebrae Harms J Fortschr Med. 1987 Sep 30;105(28):545-8. 91. Resiform TCF - ein neuer werkstoff für Endoprothesen Esper FJ, Walter Gohl, Harms J, Mittelmeier H Bosch Technische Berichte Band 8 (1986/-), Heft 3 90. Gewerbereaktion auf Aluminiumoxyd in Tierversuch und bei klinischer Anwendung Harms J Buchreihe für Orthopädie und orthopädische Grenzgebiete, BAND 12: H. Mittelmeier, J. Heisel, 10 Jahre Erfahrungen mit Keramik-Hüftendoprothesen, 139-42; Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft mbH 1986 89. Erfahrungen mit Keramik-Endoprothesen am Südwestdeutschen Rehabilitationskrankenhaus Karlsbad/ Langensteinbach Harms J Buchreihe für Orthopädie und orthopädische Grenzgebiete, BAND 12: H. Mittelmeier, J. Heisel, 10 Jahre Erfahrungen mit Keramik-Hüftendoprothesen,56- 7; Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft mbH 1986 88. Carbon Fiber Reinforced Triazin Resin for Endoprostheses Esper FJ, Harms J, Mittelmeier H, Gohl W Materials Research Society Symposia Proceedings Volume 55/1986 Biomedical Materials Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich 87. Spinal Instrumentation and Monitoring Hack HP, Zielke K, Harms J The Pediatric Spine, Editors Bradford DS, Hensinger RM, 491-517, Thieme 1985 86. Operative Behandlung der Spondylolisthese durch dorsale Reposition und ventrale Fusion Harms J, Stoltze D, Grass M Orthopädische Praxis Heft 12/85, 21. Jahrgang, 996-1001. Jg. 21 (1985) 12, 996- 1001; 85. Osteoligamentäre und diskoligamentäre Instabilität der Lendenwirbelsäule. (Indikation und verletzungsadäquate Technik der operativen Behandlung) Stoltze D, Harms J, Grass Th Orthopädische Praxis Heft 12/85 21. Jahrgang, 953-7. Jg. 21 (1985) 12, 953- 7; 84. Erwiderung zu den Publikationen von G. P. Kuhlmann über zementfreie Keramikprothesen in Heft 4 und 5/85 der Orthop. Praxis Harms J Orthopädische Praxis Heft 10/85, 21. Jahrgang, 839-40. Jg. 21 (1985) 10, 839-40; 83. Die thorakale Myelopathie Heckl RW, Baum R, Harms J Neuroorthopädie 3, Hrsg. von D. Hohmann, B. Kügelgen und K. Liebig, 160- 8; Springer Verlag 1985 82. Der posttraumatisch enge Spinalkanal Stoltze D, Heckl RW, Harms J Hefte zur Unfallheilkunde, Heft 163, 158; Zusammengestellt von U. Heim, J. Poigenfürst und C. Burri, Springer Verlag 1984 81. Kohlenfaserverstärkte Triazinharzprothesen Harms J, Stockmann M Biomaterialien und Nahtmaterial, Hrsg. von H. M. Rettig, 91- 5; Springer Verlag 1984 80. Die operativen Möglichkeiten primär und sekundär maligner Wirbelsäulentumoren Harms J Die Wirbelsäule in Forschung und Praxis. BD 103, Tumoren der Wirbelsäule, 195- 8; Hippokrates Verlag 1984 79. Die Wertigkeit der Computertomographie und Myelographie für die Operationsindikation und –taktik von Wirbelsäulenverletzungen Stoltze D, Philippi R, Harms J Hefte zur Unfallheilkunde, Heft 165, 133- 4; Hrsg. von C. Burri, U. Heim, J. Poigenfürst, Springer Verlag 1983 78. Der hüft- und knieprojizierte Schmerz bei retroperitonealen Raumforderungen Stoltze D, Harms J, Brinkmann KE, Böttger E Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1983 Juli/August Heft 4, Band 121, 451. Z. Orthop. 121 (1983) 451; F. Enke Verlag 77. Die operative Behandlung von Missbildungen im lumbosakralen Übergang Stoltze D, Kühnel R, Harms J Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1983 Juli/August Heft 4, Band 121, 355. Z. Orthop. 121 (1983) 4, 355- 6; F. Enke Verlag Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L 76. Indikation, Technik und Ergebnise der operativen Frakturbehandlung im Bereich der BWS und LWS Harms J, Stoltze D Der vordere Zugang zur Wirbelsäule; Indikation, Ergebnisse, Komplikationen - Sommertagung der Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Innsbruck, Juni 1983, 73-5. 75. Indikation zur kombinierten vorderen und hinteren Instrumentation bei Halswirbelsäulenverletzungen Stoltze D, Brinkmann KE, Harms J Der vordere Zugang zur Wirbelsäule; Indikation, Ergebnisse, Komplikationen - Sommertagung der Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Innsbruck, Juni 1983,52-4. 74. Tierexperimentelle Ergebnisse über die Verwendung von kohlefaserverstärkten Kunststoffprothesen Harms J, Mittelmeier H, Mäusle E Die zementlose Fixation von Hüftendprothesen, Hrsg. von E. Morscher, 257-9; Springer Verlag 1983 73. Experimentelle Befunde zur Wachstumslenkung an der Epiphysenfuge des Unterschenkels durch Klammerung nach BlountHarms J, Freitag V Regionale plastische und rekonstruktive Chirurgie im Kindesalter, Hrsg. von W. Kley und C. Naumann, 306- 11; Springer Verlag 1983 72. Korrektur-Osteotomien nach Verletzungen des Ellenbogengelenkes im Wachstumsalter Brinkmann KE, Harms J Orthopädische Praxis, Heft 12/1983, 19. Jahrgang, 900-1. 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A one-stager procedure in operative treatment of spondylolistheses: dorsal traction-reposition and anterior fusion Harms J, Rolinger H Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1982 May-Jun;120(3):343-7. Band 120 Heft 3 Mai/Juni 1982 67. Pain in the knee as a first symptom of retroperitoneal space-occupying processes Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich Stoltze D, Harms J, Bottger E, Heckl RW Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1982 Feb;120(1):10-3. 66. Die Möglichkeiten der operativen Therapie bösartiger Tumoren der Wirbelsäule Harms J, Brinkmann KE, Stoltze D Plastische und Wiederherstellungschirurgie bei bösartigen Tumoren, Hrsg. von H. Scheunemann und R. Schmidseder, 152-6; Springer Verlag 1982 65. Wirbelsäulenchirurgie - Indikation und Möglichkeit Stoltze D, Harms J Beschäftigungs- und Arbeitstherapie (Ergotherapie) im Fachbereich Orthopädie, 5- 13; Verlag modernes lernen 1981 64. Technik und Ergebnisse der Plattfußoperation nach Mittelmeier Harms J, Mittelmeier H, Nizard M Der Fuß, Hrsg. Von A. Murri, Uelzen. Medizin. Literar. Verl.-Ges.. 1981. 288 S.. MLV-Buchreihe für Orthopädie und orthopädische Grenzgebiete ; 3. 63. Die Endoprothetik der Hüfte Harms J, Mittelmeier H Deutsches Ärzteblatt- 78. Jahrgang, Heft 3, 67-74, 15.01.1981 - Ärztliche Mitteilungen, Jg. 78 (1981) 3, 67- 74. 62. Absinken des Implantatlagers bei der Druckplattenosteosynthese und seine biomechanische Bedeutung Mittelmeier H, Harms J Transplantatlager und Implantatlager bei verschiedenen Operationsverfahren, Hrsg. von G. Hierholzer, H. Zilch, 224-8; Sonderdruck aus 16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie November 1978 in Düsseldorf; Springer Verlag 61. Zur Lösung des Zementproblems mittels Apatit- Carbonfaser-Knochenzement Mittelmeier H, Hanser U, Harms J Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1980 Aug, Band 118, Heft 4, 658 Z. Orthop.118 (1980) 658 ; F.Enke Verlag 60. Biocompatibility of implants in orthopedics Harms J, Mäusle E Hefte Unfallheilkd. 1980;(144):1-119. 59. An original surgical procedure for the treatment of valgus flat foot in children Mittelmeier H, Nizard M, Harms J Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot. 1980 Jul-Aug;66(5):335-7. 58. Die endoprothetische Versorgung der Daumensattelgelenkarthrose Biehl G, Harms J Orthopädische Praxis Heft 5/80, 16. Jahrgang, 403-8. Jg. 16 (1980) 5; 403-8. 57. Spinal traction syndrome Harms J, Schwaiger C, Biehl G, Schmitt J Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1980 Apr;118(2):246-50. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich 56. Tierexperimentelle und histopathologische Untersuchungen der Grenzschicht von Knochenzement mit Apatitbeimengungen Harms J, Mittelmeier H, Mäusle E Grenzschichtprobleme der Verankerung von Implantaten unter besonderer Berücksichtigung von Endoprothesen; Ergebnisse praxisbezogener Grundlagenforschung - 2. Münchner Symposion für experimentelle Orthopädie am 15. und 16. 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Der prothetische Hüftgelenkersatz bei Brüchen des oberen Oberschenkelendes Mittelmeier H, Harms J Nach einem Vortrag auf der Unfallmedizinischen Arbeitstagung in Heidelberg am 27. und 28. Oktober 1979 50. Haft- und Gleiteigenschaften von Osteosyntheseimplantaten und ihre praktische Bedeutung Enzler MA, Perren SM Z. Orthop. 117 (1979) 710- 2; F. Enke Verlag 49. Derzeitiger Stand der zementfreien Verankerung von Keramik- Metall- Verbundprothesen Mittelmeier H, Harms J Z. Orthop. 117 (1979) 478- 81; F. Enke Verlag 48. Experimental research into the stability of bone plate osteosynthesis as a function of the initial stress in animalsDiehl K, Harms J, Hanser U, Mittelmeier H Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1979 Aug;117(4):710-2. 47. Der vordere Zugang zur Brust- und Lendenwirbelsäule Harms J, Männl HFK Kongressbericht: 20. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie14.- 16. Juni 1979 Demeter Verlag 46. 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Problematik der Übertragbarkeit des Tierversuchs in der Implantatentwicklung Harms J, Mäusle E, Diehl K Orthopäde 7, 2-13. (1978); Springer Verlag 38. Operative Behandlungsergebnisse von Ellenbogenverletzungen unter besonderer Berücksichtigung veralteter Fälle Biehl G, Harms J Saarländisches Ärzteblatt 1978/ 4 37. Die perilunären Luxationen des Handgelenks Biehl G, Harms J Aktuelle Traumatol. 1978, Band 8, Heft 1; 43-51; Georg Thieme Verlag 36. Die Anwendung von Keramik in der Gelenkersatz-Chirurgie Mittelmeier H, Harms J Medizinisch-Orthopädische Technik 2/77, 97. Jahrgang, 55- 7. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich 35. The extension nail. A new method for lengthening of the femur and tibia Baumann F, Harms J Arch Orthop Unfallchir. 1977 Dec 9;90(2):139-46. 34. Querschnittslähmung und Rehabilitation- eine Standortanalyse Finkbeiner GF, Biehl G, Harms J Saarländisches Ärzteblatt 1977/ 9 33. Pathology of paratenonitis achilleae in athletes Harms J, Biehl G, von Hohbach G Arch Orthop Unfallchir. 1977 Apr 22;88(1):65-74. 32. Operative treatment of paratenonitis achilleae in athletes Biehl G, Harms J Arch Orthop Unfallchir. 1977 Mar 31;87(3):309-15. 31. Vergleichende makroskopische und mikroskopische Befunde am Kapselgewebe Harms J, Mäusle E Orthopädische Praxis 1 (1977); 33- 5. 30. Behandlung von Knochentumoren mittels Resektion, autoplastischer Knocheninterposition und Kompressions- Überbrückungs- Osteosynthese (unter besonderer Berücksichtigung von Knochensarkomen) Mittelmeier H, Harms J Medizinisch-Orthopädische Technik 6/76, 96. Jahrgang, 165-7. 29. Xeroradiographie in der orthopädischen Diagnostik Harms J, Biehl G, Hort W Orthopäde 5, 189-94. (1976); Springer Verlag 28. Die arterielle und venöse Revaskularisation des langen Röhrenknochens Harms J, van de Berg PA, Mäusle E Orthopädische Praxis 6/1976, XII.Jahrgang, 632- 3. 27. Zum Problem der gelockerten und infizierten Totalprothese Biehl G, Harms J Orthopädische Praxis 6/1976, XII.Jahrgang, 603-8. 26. Initially treated fractures and dislocations of the elbow joint Harms J, Biehl G Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1976 Aug;114(4):656-8. 25. The vessel behavior of the bone following plate osteosynthesis and subsequent osteomyelitis. An experimental study at the dog tibia Harms J, van de Berg PA Arch Orthop Unfallchir. 1976 Feb 26;84(1):57-65. 24. Stresses and functional adaptation of alloarthroplasty of the proximal femur in dogs using a selfcuring rippled prosthesis. A comparative biomechanical and morphological study Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich Diehl K, Harms J Arch Orthop Unfallchir. 1976 Feb 26;84(1):89-104. 23. About the proposition of strength of animal-experimental results with hip endoprosthesis. A comparative analysis of the stress of the upper thigh of man and of four-leg Diehl K, Harms J Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1976 Feb;114(1):17-25. 22. Die isolierte Kahnbeinluxation am Handgelenk Harms J, Hess H Aktuelle Traumatol. 1975, Band 5, Heft 1; 51-53 ; Georg Thieme Verlag 21. Biomechanical investigations of osteosynthesis at metaphys area of tibia and femur with selftensed angle plates Diehl K, Harms J, Hort W, Mittelmeier H Arch Orthop Unfallchir. 1975;83(1):29-35. 20. The venous drainage of the long bone after reaming and intra medullary nailing. An experimental study of the dog tibia Harms J, van de Berg PA Arch Orthop Unfallchir. 1975;82(2):93-9. 19. Researches by experiments on animals and histopathological researches about the procedings of adaptation of the bone after implantation of selfsuspending prostheses with endented shaft Biehl G, Harms J, Mäusle E Arch Orthop Unfallchir. 1975;81(2):105-18. 18. Animal experiments on the prevention of spongiosa formation during plate osteosynthesis using silicone partition disks Diehl K, Harms J Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1975 Aug;113(4):768-70. 17. Tissue adaptability processes involving self-supporting endoprostheses with rib anchors Harms J, Mäusle E, Biehl G Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1975 Aug;113(4):741-4. 16. Zur Biomechanik des Kompressionsnagels Harms J, Diehl K, Kumposcht P Medizinisch-Orthopädische Technik 5/75, 95. Jahrgang, 120-2. 15. Biologische Verträglichkeitsuntersuchungen von Implantatwerkstoffen im Tierversuch Harms J, Mäusle E Medizinisch-Orthopädische Technik 4/76, 96. Jahrgang, 103-4. 14. Revascularisation of bone following implantation of bone cement. An experimental study at the dog tibia Harms J, van de Berg PA, Mertz C Arch Orthop Unfallchir. 1974;80(1):71-8. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich 13. Orthopädische Aufgaben bei der Betreuung der Kinder mit Myelomeningozelen Harms J, Biehl G Saarländisches Ärzteblatt Jg. 27 (1974) Nr. 11, 557- 61. 12. Korrektureingriffe nach Frakturen im Kindesalter Hess H, Harms J Saarländisches Ärzteblatt Jg. 27 (1974) Nr.1, 554-7. 11. Regenerationsbeschleunigende Technik der Spanentnahme aus dem Schienbeinkopf (unter besonderer Berücksichtigung des Kindes- und Jugendalters) Groh P, Mittelmeier H, Harms J Orthopädische Praxis 9/ 1974; 507- 11. 10. Proceedings: Indications, surgical problems and results of repeat nucleotomies Harms J, Hess H Z Orthop Ihre Grenzgeb. 1974 Aug;112(4):824-5. 9. Ergebnisse der Osteosynthesen bei kindlichen intertrochanteren Femurosteotomien mit selbstspannenden WinkelplattenGroh P, Biehl G, Harms J Medizinisch-Orthopädische Technik 4/74, 94. Jahrgang, 109 -111. 8. Spannungsoptische und holographische Untersuchungen zur Biomechanik der Plattenosteosynthese Hanser U, Harms J, Mittelmeier H Medizinisch-Orthopädische Technik 2/74, 94. Jahrgang, 47-50. 7. Experimental studies on heat development in bone during polymerization of bone cement. Intraoperative measurement of temperature in normal blood circulation and in bloodlessness Biehl G, Harms J, Hanser U Arch Orthop Unfallchir. 1974;78(1):62-9. 6. Zur operativen Behandlung von Oberarmschaftpseudarthrosen Harms J, Arens W Mschr. Unfallheilk.76; 40-6; Springer Verlag 1973 5. Transkorporale Schussverletzung mit Geschoßembolie der li. Arteria Femoralis Stöhr C, Harms J Aktuelle Traumatol. 1973;1, 25-30. Georg Thieme Verlag 4. Surgical management of humeral shaft pseudoarthroses Harms J, Arens W Monatsschr Unfallheilkd Versicher Versorg Verkehrsmed. 1973 Jan;76(1):40-6. 3. Art und Häufigkeit typischer Sportverletzungen Stöhr C, Harms J Langenbecks Arch. Chir. 233, Springer-Verlag 1972 2. Surgical or conservative therapy of severe calcaneal fractures Mlynek HJ, Riedeberger J, Harms J Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l L Informationsportal Wirbelsäulenchirurgie · Prof. Dr. Jürgen Harms · www.harms-spinesurgery.com Publikationen · Professor Harms persönlich Zentralbl Chir. 1972 May 13;97(19):625-30. 1. Probleme der Resistenzbildung bei der zytostatischen Behandlung von Karzinomen Heckmann U, Tranckjer AS, Harms J Zentralblatt für Gynäkologie 1969;37, 1204-10. Prof. Dr. med. Jürgen Harms · Klinikum Karlsbad-Langensteinbach · Guttmannstraße 1 · 76307 Karlsbad © www.harms-spinesurgery.com 2007. Alle Rechte vorbehalten. l