die radiodoktor-infomappe - RadioKulturhaus

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DIE RADIODOKTOR-INFOMAPPE
Ein Service von:
ORF
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Tel.: (01) 50101/18381
Fax: (01) 50101/18806
Homepage: http://oe1.ORF.at
und
Österreichischer Apothekerkammer
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Tel.: (01) 404 14-600
Fax: (01) 408 84 40
Homepage: www.apotheker.or.at
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
Die Sendung
Die Sendereihe „Der Radiodoktor“ ist seit 1990 das Flaggschiff der
Gesundheitsberichterstattung von Ö1. Jeden Montag von 14.05 bis 14.40 Uhr
werden interessante medizinische Themen in klarer informativer Form
aufgearbeitet und Ö1-Hörerinnen und -Hörer haben die Möglichkeit, telefonisch
Fragen an das hochrangige Expertenteam im Studio zu stellen.
Wir über uns
Seit September 2004 moderieren Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz,
Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez-Lobos, Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger
und Dr. Christoph Leprich die Sendung.
Das Redaktionsteam besteht aus Mag. Nora Kirchschlager, Uschi MürlingDarrer, Dipl. Ing. Eva Obermüller, Dr. Doris Simhofer, Dr. Michaela Steiner, Dr.
Ronny Tekal-Teutscher und Dr. Christoph Leprich.
Das Service
Seit dem 3. Oktober 1994 gibt es das, die Sendereihe flankierende,
Hörerservice, das auf größtes Interesse gestoßen ist.
Unter der Wiener Telefonnummer 50 100 ist „Der Radiodoktor“ mit
Kurzinformationen zur aktuellen Sendung die ganze Woche per Tonband
abrufbar. Die zu jeder Sendung gestaltete Infomappe mit ausführlichen
Hintergrundinformationen, Buchtipps und Anlaufstellen komplettiert das Service
und stellt in der Fülle der behandelten Themen eigentlich bereits ein kleines
Medizin-Lexikon für den Laien dar.
Der Partner
Ermöglicht wird die Radiodoktor-Serviceleiste durch unseren Partner: die
Österreichische Apothekerkammer.
An dieser Stelle wollen wir uns ganz herzlich bei unserem Partner für die
Zusammenarbeit der letzten Jahre bedanken!
Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Infomappe
zumeist auf die weiblichen Endungen, wie z.B. PatientInnen, ÄrztInnen etc. verzichtet haben.
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DREI LEBENSJAHRE UNTERLEIBSSCHMERZEN –
WAS TUN GEGEN ENDOMETRIOSE?
Mit Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez-Lobos
21. Februar 2011, 14.05 Uhr, Ö1
Redaktion und Infomappe: Dipl. Ing. Eva Obermüller und Dr. Christoph Leprich
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INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
CHRONISCHE UNTERLEIBSSCHMERZEN
„Chronic pelvic pain“
Die Definition des chronischen Unterbauchschmerzes
Verschiedene Schmerzbilder
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Ursachen des chronischen Unterbauchschmerzes
Nicht zuwarten!
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Ungeklärtes Phänomen Endometriose
Krankheitsbild Endometriose
Häufigkeit der Endometriose
Vorkommen und Formen der Endometriose
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Die Diagnose
Sind die Ursachen bekannt?
Mögliche Symptome
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Therapien im Überblick
Chirurgische Methoden
Medikamentöse Methoden
Gelbkörperhormonpräparate (Gestagene)
Abkömmlinge der männlichen Geschlechtshormone
Substanzen, die die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone
hemmen
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ANLAUFSTELLEN
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LINKS UND QUELLEN
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BUCHTIPPS
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SENDUNGSGÄSTE
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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
CHRONISCHE UNTERLEIBSSCHMERZEN
„CHRONIC PELVIC PAIN“
Fast jede Frau hat im Laufe ihres Lebens Erfahrungen mit starken Schmerzen
im Unterbauch gemacht - mindestens 15 Prozent aller Frauen leiden unter
chronischen Unterbauchschmerzen, der Fachbegriff lautet chronic pelvic pain.
Dafür gibt es eine Vielzahl von möglichen Auslösern, wie Myome,
Entzündungen, Infektionen, etc. In etwa einem Drittel der Fälle ist trotz
intensiver Suche keine Ursache zu finden!
Treten die Beschwerden rund um den Zeitpunkt der Menstruation auf, sollte
unbedingt an eine Endometriose gedacht werden. Dazu später mehr.
Die Definition des chronischen Unterbauchschmerzes
Es handelt sich um andauernde, quälende Schmerzen im Unterleib, die länger
als ein halbes Jahr anhalten und die durch eine körperliche Störung alleine
nicht restlos erklärt werden können. Die Schmerzen stehen in Verbindung mit
emotionalen Konflikten oder psychosozialen Problemen, denen bei der
Ursachenfindung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Dieses Beschwerdebild ist häufig und stellt eine besondere Herausforderung an
die Medizin dar. Die Entstehungsgeschichte ist unklar, das Geschehen sehr
komplex und es gibt keine Behandlung, die auf den Großteil der Fälle
anwendbar ist. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass viele betroffene
Frauen nur schwer zu behandeln sind.
Quellen:
Leitlinien chronischer Unterbauchschmerz der DGPFG
http://www.dgpfg.de/fileadmin/Archiv/Dokumente/Information_und_Presse/chro
n_unterbauchschmerz.pdf
Chronic pelvic pain
http://emedicine.medscape.com/article/258334-overview
Verschiedene Schmerzbilder
Während sich bei manchen Frauen die Schmerzen auf den Bauch
beschränken, strahlen sie bei anderen auch in den Rücken, die Leisten oder bis
in die Beine aus. Die subjektiven Beschreibungen dieser Schmerzen reichen
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
von stechend, ziehend, drückend, krampfartig bis brennend. Diese Tatsache
zeigt, wie schwer es sein kann, eine eindeutige Ursache zu finden.
Meist geht einer eindeutigen Diagnose, so eine solche gestellt werden kann, ein
jahrelanger Leidensweg der Betroffenen voraus. Vor allem gesellen sich nach
lang andauernder Pein insbesondere auch psychosomatische Beschwerden
wie etwa Kopfschmerz, gestörte Magenfunktion, Menstruationen mit kolikartigen
Unterleibsschmerzen, Darmträgheit oder Schlafstörungen hinzu.
Das tägliche Leben wird nicht nur stark beeinträchtigt, es kommt sehr oft auch
zu gravierenden Problemen in Partnerschaft, Sexualität und Beruf.
URSACHEN DES CHRONISCHEN
UNTERBAUCHSCHMERZES
Chronische Unterbauchschmerzen werden von vielen Frauen bis heute noch
als unangenehmes und zu ertragendes Übel angesehen, an dem schon die
Mutter oder Großmutter gelitten haben.
Die Selbstbehandlung reduziert sich dann oft auf eine Linderung der
Schmerzen und es kommt nicht selten zu einer chronischen
Medikamenteneinnahme.
Nur wenige Frauen wissen, dass diese Schmerzen in vielen Fällen eine Reihe
medizinischer Ursachen haben können.
Der Zeitpunkt, an dem die Beschwerden auftreten, kann erste Anhaltspunkte
liefern:
Sind die Schmerzen zyklusabhängig, muss eine Endometriose in
Erwägung gezogen werden.
Treten die Schmerzen den gesamten Zyklus über auf, kann dies auf eine
Entzündung hindeuten.
Beginnen die Schmerzen in der zweiten Zyklushälfte, könnte es sich um
Erweiterungen der Beckenvenen handeln.
Im Folgenden eine Auflistung für mögliche Ursachen der chronischen
Beschwerden im Unterbauch. Es handelt sich dabei um die häufigeren Auslöser
und Ursachen:
Endometriose
Irritable bowel syndrom – dieser englische Begriff beschreibt eine
chronische Dickdarmreizbarkeit
Myome in der Gebärmutter
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
Eine venöse Abflussbehinderung im Becken durch Erweiterung der
Beckenvenen
Verwachsungen und Narben nach gynäkologischen Eingriffen oder
Entzündungen
Einklemmungssyndrom (Probleme mit Nerven)
Neuropathische Schmerzen nach Antibiotikaeinnahme
Veränderungen und Abnützungserscheinungen an der Wirbelsäule sowie
Einklemmungssyndrome der Inguinalnerven (das sind jene Nerven, die
den Unterbauch versorgen) oder Bandscheibenläsionen
Urologische Probleme (wie z.B. chronische Blasenentzündungen)
Infektionen, z.B. durch Chlamydien
Psychisch belastende Situationen
In einem erschreckend hohen Ausmaß verbergen sich hinter den
Schmerzzuständen einschneidende, psychische Erfahrungen, wie erlittener
sexueller Missbrauch in der Kindheit oder andere Gewalterfahrungen.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch Männer unter andauernden Schmerzen
im Unterbauch leiden können. In diesen Fällen können ebenfalls
Missbrauchserlebnisse hinter den Beschwerden stecken.
Die Vielzahl an möglichen Ursachen zeigt, dass eine interdisziplinäre Arbeit
mehrerer Fachärzte (wie etwa: GynäkologInnen, InternistInnen, OrthopädInnen,
PsychologInnen, UrologInnen, NeurologInnen etc.) oft dringend notwendig ist.
Nicht zuwarten!
Noch immer dauert es viel zu lange – bis zu mehreren Jahren - bevor sich
Frauen mit monatlich wiederkehrenden starken Unterleibsschmerzen an eine
Gynäkologin oder einen Gynäkologen wenden.
Drei Tage Schmerzen während der Periode ergibt hochgerechnet etwa drei
Jahre Pein für betroffene Frauen während der fertilen Phase ihres Lebens. Das
muss verhindert werden!
Starke Regelschmerzen Monat für Monat gehören keineswegs zum „Frausein“
dazu!
Nun widmen wir uns eingehend der häufigsten Ursache für Schmerzen im
Unterleib, der Endometriose.
Die Endometriose ist die zweithäufigste, gutartige gynäkologische Erkrankung
von Frauen im gebärfähigen Alter - dennoch ist der Informationsstand über
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
dieses Beschwerdebild sowohl unter der Bevölkerung als auch innerhalb der
Ärzteschaft noch immer nicht ausreichend.
Es dauert im Schnitt etwa sieben bis zehn Jahre, bis eine von Endometriose
betroffene Frau die richtige Diagnose erhält.
UNGEKLÄRTES PHÄNOMEN ENDOMETRIOSE
Das Endometrium, die Gebärmutterschleimhaut, kleidet normalerweise die
Innenseite der Gebärmutterhöhle aus. Bei der Endometriose finden sich Inseln
von Gebärmutterschleimhaut an anderen Stellen des Körpers. Die Krankheit ist
gutartig, aber oft chronisch. Das Endometrium kann dabei z.B. im Bereich der
Eierstöcke, der Scheide, des Darmes, in oder auf der Harnblase, aber auch
außerhalb des Becken- oder Bauchraumes, etwa in der Lunge, im Herzmuskel
oder im Gehirn, vorkommen. Das schleimhautähnliche Gewebe außerhalb der
Gebärmutter verhält sich dabei wie die Schleimhaut innerhalb dieser: Es wächst
unter dem Einfluss der weiblichen Hormone und um den Zeitpunkt der Menses
beginnt es zu bluten und/oder Gewebsstoffe abzugeben, die Schmerzen und
Schwellungen auslösen.
In der Folge kann es zu Entzündungsreaktionen, zur Bildung von Zysten und zu
Vernarbungen sowie Verwachsungen kommen.
Krankheitsbild Endometriose
Der individuelle Krankheitsverlauf ist sehr unterschiedlich. Die Beschwerden
stehen nicht immer im direkten Verhältnis zur Krankheit. In der Regel äußert
sich Endometriose aber durch starke Schmerzen, die typischerweise ab der
Pubertät vor und während der Regelblutung oder beim Geschlechtsverkehr
auftreten. Je nachdem, wo sich die Endometrioseherde finden, sind auch
Rückenschmerzen, dauernder diffuser Unterbauchschmerz, Schmerzen oder
Funktionsbeeinträchtigung beim Entleeren der Harnblase oder des Darmes und
unregelmäßige Blutungen möglich.
Das Ausmaß der Schmerzen hängt jedoch nicht von der Größe der Herde oder
deren Ausbreitung ab. Ein kleiner Herd kann mitunter sehr starke Schmerzen
verursachen, während eine ausgedehnte Endometriose auch völlig
beschwerdefrei verlaufen kann und möglicherweise erst im Rahmen der
Abklärung eines unerfüllten Kinderwunsches entdeckt wird.
Bei Fruchtbarkeitsstörungen sind häufig Eierstöcke, Eileiter oder
Gebärmutterbänder von dieser Erkrankung befallen. Dies kann zu
Zystenbildung im Bereich der Eierstöcke und Verwachsungen im Bauchraum
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
führen und damit den Eintritt einer Schwangerschaft erschweren, weil der
Eisprung gestört ist oder die Beweglichkeit der Eileiter eingeschränkt ist.
Häufigkeit der Endometriose
Schätzungen zufolge sind ca. sieben bis zehn Prozent aller Frauen im
gebärfähigen Alter betroffen.
Bei der symptomarmen Verlaufsform bleibt die Erkrankung jedoch oft
unerkannt.
Bei unerfülltem Kinderwunsch lassen sich bei vier von zehn Frauen
Endometrioseherde nachweisen, die nicht unbedingt schmerzhaft sein müssen.
Nach den Wechseljahren, wenn der weibliche Körper weniger Hormone
produziert, bessert sich die Schmerzsymptomatik in der Regel. Insgesamt wird
die Krankheit immer noch unterschätzt - im Mittel vergehen etwa sechs Jahre
vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnose. Deshalb sollten auch
alle anderen medizinischen Fachbereiche umfassend über die Krankheit und
mögliche daraus resultierende Beschwerden informiert sein.
Vorkommen und Formen der Endometriose
Absiedelungen von Gebärmutterschleimhaut sind prinzipiell überall im
Bauchraum, aber auch in anderen Teilen des Körpers möglich.
Dabei gilt: Je weiter weg von der Gebärmutter, desto seltener findet man sie.
Am häufigsten sind Herde im Bereich der Eierstöcke, der Eileiter, der Scheide,
des Darmes, in oder auf der Harnblase und im so genannten Douglas-Raum
(der tiefste Punkt des Bauchraums zwischen Gebärmutter und Enddarm).
Herde können selten auch außerhalb des Becken- oder Bauchraumes, etwa im
Bereich der Lunge oder des Gehirns gefunden werden.
Es werden drei verschiedene Formen unterschieden:
Endometriosis genitalis interna: die Endometriose an den „inneren
Geschlechtsorganen“, z.B. in der Muskelschicht der Gebärmutterwand.
Sie ist die häufigste Form und tritt meist nach dem 35. Lebensjahr auf.
Endometriosis genitalis externa: Bei dieser Form siedeln die Herde im
Bereich der Organe des kleinen Beckens, wie z.B. an den Eierstöcken.
Endometriosis extragenitalis: Alle Formen, bei der die
Endometrioseherde weiter von den Geschlechtsorganen entfernt liegen.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
DIE DIAGNOSE
Bei Verdacht auf Endometriose wird der/die Frauenarzt/ärztin zunächst eine
genaue gynäkologische Tastuntersuchung durchführen. Auch eine
Ultraschalluntersuchung kann hilfreich sein.
Die genaueste und zuverlässigste Methode, die Erkrankung festzustellen, ist
aber eine Bauchspiegelung, die so genannte Laparoskopie. Es handelt sich um
einen Eingriff - eine Opderation - in Vollnarkose, der im Rahmen eines
Aufenthaltes im Krankenhaus durchgeführt werden kann. Dabei wird ein dünnes
optisches Instrument mit Videoeinrichtung (das Laparoskop) durch einen
kleinen Schnitt (ca. 5 bis 10 Millimeter) im Bereich des Nabels in die
Bauchhöhle eingeführt, um die Bauch- und Beckenorgane sowie die eventuell
nachweisbaren Endometrioseherde beurteilen zu können. Von verdächtigen
Stellen werden kleine Proben (Biopsien) entnommen und mikroskopisch
untersucht, um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen.
Endometriose-Herde sehen - je nachdem, ob es frische oder ältere
Schleimhautabsiedelungen sind und wo diese lokalisiert sind - sehr
unterschiedlich aus:
Häufig finden sich rötlich-bräunliche Herde, punktförmig oder zystenartig (so
genannte „Schokoladenzysten“ an den Eierstöcken), aber auch weißliche
Auflagerungen oder Verwachsungen, bei denen es sich vor allem um narbiges
Gewebe handelt. Dieses bildet der Körper als Reaktion auf die chronischen,
entzündlichen Vorgänge, die durch die an falscher Stelle vorhandene
Schleimhaut verursacht werden. Oft führen gerade diese narbigen
Verwachsungen zu starken Schmerzen und Funktionseinschränkungen,
beispielsweise im Bereich der Eileiter.
Abhängig von Größe und Lokalisation lässt sich die Endometriose in vier
Schweregrade einteilen: minimale, leichte, mittelschwere und schwere
Endometriose.
Die Bauchspieglung ist zwar die einzige Methode, eine sichere Diagnose zu
stellen. Dennoch sollte man immer den Nutzen und die Risiken abwägen, da es
sich doch um einen operativen Eingriff handelt.
Sind die Ursachen bekannt?
Die genaue Ursache der Endometriose ist nach wie vor nicht vollständig geklärt.
Es existieren verschiedene Theorien zur Entstehung dieser Erkrankung:
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
„Verschleppungstheorie“: Diese besagt, dass während der Regelblutung
Gebärmutterschleimhaut rückwärts durch die Eileiter in den Bauchraum
geschwemmt wird. Dann setze sich diese dort fest. Veränderungen im
Immunsystem sollen diesen Vorgang begünstigen.
Das Endometrium wird schon vor der Geburt fälschlicherweise auch an
Stellen außerhalb der Gebärmutter angelegt.
Das normale Gewebe des Bauch- oder Beckenraumes verändert sich
auf bestimmte Reize hin und wird zu „falschem“ Endometrium.
Das Endometrium breitet sich über Blut- oder Lymphflüssigkeit im Körper
aus und siedelt sich willkürlich an „falschen Stellen“ ab.
Genetische Faktoren begünstigen das Entstehen von Endometriose, so
dass häufig innerhalb einer Familie mehrere Frauen davon betroffen
sind. Hatte bereits die Mutter oder die Großmutter Endometriose, ist die
Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung für weibliche Nachkommen sieben
Mal so hoch.
Bestimmte Umweltgifte, vor allem Dioxin, welches z.B. bei der
unvollständigen Verbrennung von Abfall und bei der Metallerzeugung
und -verarbeitung freigesetzt wird und sich in der Nahrungskette
anreichert, sind bei der Entstehung von Endometriose maßgeblich
beteiligt (Länder wie Holland mit hohem Schadstoffgehalt in der Luft
haben einen höheren Prozentsatz an Frauen, die an Endometriose
leiden).
Derzeit hält man eine multifaktorielle Genese für die wahrscheinlichste.
Also erst wenn genetische, immunologische, hormonelle und andere
Faktoren zusammenspielen, kommt es zur Endometriose.
Mögliche Symptome
Charakteristisch sind krampfartige Unterbauchschmerzen unmittelbar vor,
während und manchmal auch nach der Regelblutung. Sie können
unterschiedlich stark sein und können im Extremfall bis zur Bewusstlosigkeit
führen. Es gibt aber auch unspezifischere Symptome: regelunabhängige
Schmerzen im Unterbauch, Kreuzschmerzen, Blutungsstörungen,
Schmierblutungen und Stuhlprobleme wurden beobachtet. Auch während des
Geschlechtsverkehrs können Schmerzen auftreten. Viele Betroffene klagen
zudem über Kopfschmerzen, Schwindel und Magenbeschwerden.
Paradoxerweise haben manche Frauen mit ausgedehnten Endometrioseherden
keinerlei Beschwerden. Auch der umgekehrte Fall ist möglich: Massive
Symptome, aber nur mikroskopisch kleine Herde.
Die Beschwerden können auch durch Verwachsungen oder Narben entstehen.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
THERAPIEN IM ÜBERBLICK
Bei der Therapie der Endometriose ist es zunächst wichtig zu unterscheiden, ob
die starken Schmerzen, der unerfüllte Kinderwunsch oder die Kombination aus
beidem im Vordergrund stehen. Dann lässt sich die Behandlung an die
individuellen Bedürfnisse jeder Frau anpassen. Bei einem Teil der Patientinnen
(ca. 15 Prozent) kommt es trotz Therapie oft nur zu einer vorübergehenden
Besserung, dauerhafte Linderung bringt in diesem Fall oft erst die Menopause.
Leichte Beschwerden im Unterbauch während der Regelblutung versucht man
laut Prof. René Wenzl üblicherweise mit der Pille oder leichten Schmerzmitteln
in den Griff zu bekommen, vor allem wenn die Schmerzen nur zwei bis drei
Tage dauern und absehbar sind. Wenn das hilft, besteht auch vorerst keine
Notwendigkeit, aufwändige Untersuchungen durchzuführen, um
herauszufinden, ob es sich dabei tatsächlich um Endometriose handelt.
Immerhin ist die Endometriose zwar eine sehr unangenehme, aber gutartige
Erkrankung.
Chirurgische Methoden
Man kann die Endometriose organschonend operativ behandeln, indem
einzelne Herde durch Wärmeeinwirkung verödet (Koagulation), Zysten
ausgeschält oder Verwachsungen gelöst werden. Meist ist dies im Rahmen
einer Bauchspiegelung möglich, sodass nur bei sehr ausgedehnter
Endometriose oder wiederholten Eingriffen ein größerer Bauchschnitt
notwendig ist.
Die allerletzte Alternative ist die Radikaloperation, bei der die Eierstöcke und
eventuell auch die Gebärmutter entfernt werden. Man hofft dabei auf die
Besserung der Schmerzen durch den Entzug weiblicher Hormone, welche
vorwiegend in den Eierstöcken produziert werden. Dieser große chirurgische
Eingriff wird jedoch nur mehr sehr selten - und wenn überhaupt, nur älteren
Frauen, die nicht mehr schwanger werden wollen - angeboten.
Bei Frauen mit Kinderwunsch weiß man, dass diese nach laparoskopischer
Entfernung der Herde (auch wenn diese nur klein waren) doppelt so leicht
schwanger werden wie ohne Operation. Kommt es trotzdem nicht zum Eintritt
einer Schwangerschaft, sollten andere Faktoren (z.B. schlechter Samenbefund,
hormonelle Störungen etc.) abgeklärt werden. Oft kommt es während der
Schwangerschaft und Stillzeit - durch Unterbrechung des zyklischen Einflusses
der Hormone - zu einer Rückbildung der Endometrioseherde. Die damit
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
verbundene Linderung der Beschwerden hält oft auch nach der
Schwangerschaft an.
Medikamentöse Methoden
Neben der operativen Entfernung der Herde gibt auch es die Möglichkeit, die
Endometriose medikamentös zu behandeln.
Stehen Schmerzen im Vordergrund, wird üblicherweise zuerst ein
Schmerzmittel verordnet - vor allem Medikamente, die gleichzeitig die
Entzündungsvorgänge unterdrücken. Bei leichteren Formen der Endometriose
kann es auch sinnvoll sein, eine Anti-Baby-Pille zu versuchen, weil dadurch der
Monatszyklus reguliert und die Hormonproduktion in den Eierstöcken
unterdrückt wird. Kommt es dadurch nicht zu einer Besserung der
Beschwerden, soll eine Bauchspiegelung durchgeführt werden, um
sicherzustellen, dass die starken Schmerzen wirklich durch Endometriose
verursacht werden.
Bei vielen Frauen werden die Beschwerden alleine durch die operative
Entfernung der Herde besser, sodass dann keine weitere hormonelle Therapie
mehr notwendig ist. Sind die Schmerzen nach wie vor stark oder kehren sie
einige Zeit nach der Laparoskopie wieder zurück, gibt es verschiedene
hormonelle Präparate, die eingesetzt werden können.
Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten sollten
immer mit dem/der Facharzt/ärztin besprochen werden, vor allem ein evtl.
Kinderwunsch sollte dabei zur Sprache kommen.
Gelbkörperhormonpräparate (Gestagene)
Das bekannteste Gelbkörperhormonprärarat zur Endometriosetherapie ist die
so genannte Dreimonatsspritze (MPA=Medroxyprogesteronacetat). Werden
Gestagene über einen längeren Zeitraum eingenommen, kommt es zu einer
„Ruhigstellung“ und Rückbildung der Endometrioseherde und damit zu einer
Besserung der Beschwerden.
Häufig treten lästige Zwischen- und Schmierblutungen auf, weil der natürliche
Monatszyklus verändert wird. Manche Frauen nehmen an Gewicht zu und
leiden an Kopfschmerzen oder einem Spannungsgefühl in der Brust. Ein
Nachteil besteht darin, dass es auch nach Absetzen der Therapie oft mehrere
Monate dauert, bis sich der Monatszyklus wieder normalisiert und es zum
Eisprung und einer regulären Blutung kommt. Gelbkörperhormone haben
andererseits den Vorteil, dass sie bei allen Stadien der Endometriose
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
eingesetzt und auch über einen längeren Zeitraum hinweg eingenommen
werden können.
Derzeit gibt es ein neues, speziell für Endometriose getestetes Präparat aus
dieser Klasse, das eine möglichst nebenwirkungsärmere Therapie ermöglicht.
Abkömmlinge der männlichen Geschlechtshormone
Danazol zum Beispiel, welches als Tablette oder Zäpfchen genommen werden
kann, ist ein Medikament zur Unterdrückung der weiblichen Hormone. Es führt
zur Verkleinerung der Endometrioseherde und zur Besserung der
Beschwerden.
Der Nachteil liegt darin, dass das Präparat mit dem männlichen Hormon, dem
Testosteron, verwandt ist und häufig zu dementsprechenden Nebenwirkungen wie unreiner Haut, Zunahme der Körperbehaarung, Gewichtszunahme, leichter
Stimmveränderung und Brustverkleinerung - führen kann. Außerdem besteht
auch bei dieser Therapieform aufgrund einer Veränderung des
Fettstoffwechsels ein leicht erhöhtes Thromboserisiko, weshalb diese
Medikamente nicht länger als drei bis sechs Monate eingenommen werden
sollen.
Substanzen, die die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone
hemmen
Diese Präparate, GnRH-Agonisten genannt, setzen mit ihrer Wirkung an der
Regulationsstelle der Produktion der weiblichen Hormone im Bereich der
Hirnanhangsdrüse an. Sie verhindern, wenn sie als Depotpräparat verabreicht
werden, dass in dieser Drüse zyklisch Hormone gebildet werden, welche den
Eierstöcken das Signal zur Produktion von Östrogenen und Gestagenen geben.
Die Frau befindet sich also während dieser Behandlung in einer Art
„künstlichem Wechsel“: Die Produktion der weiblichen Hormone wird
unterdrückt, dadurch schrumpfen die Endometrioseherde und die Schmerzen
werden sehr wirksam bekämpft. Die Nebenwirkungen erinnern an die
Wechseljahre: Es kann zu Hitzewallungen und Schweißausbrüchen, trockener
Scheide, Abnahme des sexuellen Verlangens, Missstimmung und auch zu
minimalem Verlust der Knochendichte kommen. Meist werden diese
Beschwerden im Laufe der Behandlung immer schwächer, bzw. können sie
durch Zugabe eines schwachen Hormonpräparates („add back“) gemildert
werden. Nach der Behandlung verschwinden die Nebenwirkungen immer, und
es kommt rasch zur Wiederherstellung des regulären Monatszyklus.
Generell gilt, unabhängig davon, ob eine Operation, ein Hormonpräparat oder
die Kombination aus beidem zur Endometriosetherapie gewählt wird: Es soll
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ENDOMETRIOSE
das Befinden der Frau und nicht der reine Befund Endometriose behandelt
werden!
Bei einer Endometriose ohne Beschwerden, ist keine Therapie notwendig, nur
bei endometriosebedingten Schmerzen oder unerfülltem Kinderwunsch.
Selbstverständlich können auch zusätzliche Maßnahmen wie Akupunktur,
Akupressur, Diäten, Shiatsu, Homöopathie, etc. zur Behandlung der
Schmerzsymptome eingesetzt werden. Alles, was die Therapie unterstützt, ist
gut.
Unser Sendungsgast Prof. Wenzl hat beispielsweise ein einfaches
Ernährungsprogramm entwickelt. Die Betroffenen erhalten durch solche
ergänzenden Maßnahmen auch das Gefühl, sie können selbst etwas tun, um
mit der Krankheit besser umzugehen und sind nicht nur von der Hilfe anderer
abhängig.
Aus diesem Grund würde Prof. Wenzl auch ein erweitertes Kurangebot für
Frauen mit Endometriose begrüßen.
Quellen:
Gespräch: Prof. Wenzl
http://www.rene-wenzl.at/home.htm
http://www.endometriose-vereinigung.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Endometriose
http://www.endometriose-liga.eu/
http://www.netdoktor.at/krankheiten/fakta/endometriose.htm
Wir bedanken uns bei Univ.-Prof. Dr. René Wenzl für die Durchsicht dieser
Unterlagen!
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
15
ANLAUFSTELLENBUCHTIPPS
ANLAUFSTELLEN
Österreichische Endometriose Vereinigung (ÖEV)
Martha-Frühwirt-Zentrum
Obere Augartenstraße 26-28
Tel.: +43/676/444 73 44
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.endometriose-wien.at/
Endometriose-Vereinigung Deutschland
Bernhard-Göring-Str. 152
D-04277 Leipzig
Tel.: +49/341/306 53 04
E-Mail: [email protected]
Homepage: http://www.endometriose-vereinigung.de/index.php?mod=2
Europäische Endometriose Liga
Alte Dorfstraße 51
D-22397 Hamburg
Tel.: +49/40/64208602
E-Mail: [email protected]
Homepage: http://www.endometriose-liga.eu/
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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LINKS UND QUELLEN
LINKS UND QUELLEN
Homepage von Univ.-Prof. Dr. René Wenzl
http://www.rene-wenzl.at/home.htm
Endometriose-Vereinigung Deutschland
http://www.endometriose-vereinigung.de
Europäische Endometriose Liga
http://www.endometriose-liga.eu/
Leitlinien chronischer Unterbauchschmerz der Deutschen Gesellschaft für
Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG)
http://www.dgpfg.de/fileadmin/Archiv/Dokumente/Information_und_Presse/chro
n_unterbauchschmerz.pdf
Chronic pelvic pain
http://emedicine.medscape.com/article/258334-overview
Informationen zu Endometriose
http://de.wikipedia.org/wiki/Endometriose
http://www.netdoktor.at/krankheiten/fakta/endometriose.htm
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BUCHTIPPS
BUCHTIPPS
Jörg Keckstein
Endometriose. Die verkannte Frauenkrankheit
Diametric Verlag, 6. Auflage, 2010
Ewald Becherer, Adolf E. Schindler
Endometriose: Ganzheitlich verstehen und behandeln - ein Ratgeber
Kohlhammer-Verlag, 2. Auflage, 2010
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SENDUNGSGÄSTE
SENDUNGSGÄSTE
In der Sendung Radiodoktor – Medizin und Gesundheit vom 21. Februar 2011
diskutierten:
Dr. Monika Matal
Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Fasholdgasse 3/10
A-1130 Wien
Tel.: +43/1/879 39 87
E-Mail: [email protected]
Homepage: http://www.frauenaerztin-wien.at/content/team/matal.php
Univ.-Prof. Dr. René Wenzl
Univ.-Klinik für Frauenheilkunde, AKH Wien
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
E-Mail: [email protected]
Ordination:
Liniengasse 40/6
A-1060 Wien
Tel.: +43/1/596 47 20
E-Mail: [email protected]
Homepage: http://www.rene-wenzl.at/kontakt.htm
Rita Hofmeister
Präsidentin der Österreichischen Endometriose Vereinigung (ÖEV)
Martha-Frühwirt-Zentrum
Obere Augartenstraße 26-28
Tel.: +43/676/444 73 44
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.endometriose-wien.at/
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Zugehörige Unterlagen
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