4. Ergebnisse 4.1. Relaxin 4.1.1. Equiden 4.1.1.1. Molekulare Charakterisierung 4.1.1.1.1. Prorelaxin cDNA-Sequenz Mit zwei degenerierten Oligonukleotidprimern, die entsprechend der bekannten Peptid-sequenzen der A- und B-Domäne für equines Prorelaxin hergestellt wurden (siehe 3.2.1.1.1; Stewart et al., 1991), erfolgte der RT-PCR-Nachweis eines 428 bp Amplifikates aus Gesamt-RNA von Pferdeplazenten am Tag 120 und 300 der Trächtigkeit sowie von zwei Präimplan-tationsembryonen am Tag 30 der Gravidität, bei denen die Choriongürtelzellen zuvor abpräpariert worden waren. In den Zellen des Allantochorions, nicht jedoch in den Choriongürtelzellen, wurde Relaxin-mRNA detektiert (Abb. 2). Die partielle cDNA-Sequenz für equines Prorelaxin kodierte für die Cterminalen 22 Aminosäuren (66 bp) der B-Domäne, eine C-Domäne von 109 Aminosäuren (327 bp) und die N-terminalen 12 Aminosäuren (36 bp) der A-Domäne (Abb. 3). Tabelle 12. Aminosäure-Homologien des equinen Präprorelaxins und der einzelnen RelaxinDomänen mit Relaxinen anderer Spezies. Spezies Schwein Dromedar H1b H2b Katze Hund Ratte Maus Signalpeptid BDomäne 66,7 76,0 52,0 50,0 60,0 72,0 57,1 54,5 a Prozentsatz identischer Aminosäuren b C-Domäne A-Domäne 64,3 69,2 57,1 53,6 65,4 44,5 42,9 42,9 67,6 61,9 53,8 50,5 61,2 23,7 40,4 48,5 54,5 50,0 45,5 50,0 59,1 59,1 45,5 27,3 Totala 65,6 65,4 52,2 50,0 59,9 48,0 41,2 40,1 H1 und H2: die zwei humanen Präprorelaxine Die potentielle Rezeptorbindungssequenz in der B-Domäne wich in einer Aminosäure (V→A) vom klassischen Rezeptorbindungsmotif (-G-R-E-L-V-R-) ab (Abb. 3) und war identisch mit der kürzlich publizierten equinen Präprorelaxinsequenz (Min et al., 1996). Equines Prorelaxin zeigte die 36 höchste Homologie zu den Prorelaxinen des Schweines und des Dromedars (Tab. 12; Klonisch et al., 1995). Abb. 1. Northern Analyse Die Northern Analyse ergab ein spezifisches Hybridisierungssignal für Relaxin bei 1 kb (Abb. 1) mit total RNA einer Pferdeplazenta am Tag 300 (2) und 120 (3) der Gravidität. Total RNA aus dem Cerebellum einer Stute diente als Negativkontrolle (1). 4.1.1.2. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.1.1.2.1. Präimplantationsembryonen Es gelang der RT-PCR Nachweis spezifischer Amplifikate für Prorelaxin im Allantochorion, zwei Präimplantationsembryonen des Pferdes am Tag 30 der Gravidität. In Choriongürtelzellen zweier Präimplantationsembryonen am Tag 33 der Trächtigkeit sowie in den aus diesen invasiven Trophoblastzellen hervorgehenden endometrialen Cupzellen konnten keine Relaxin-Transkripte oder immunreaktives Relaxin nachgewiesen werden. Abb. 2. Ergebnisse der RT-PCR für Prorelaxin an Präimplantationsembryonen des Pferdes am Tag 30 der Gravidität. Keine Expression von Relaxin-mRNA in Trophoblasten des Choriongürtels Expression von Relaxin-mRNA im Allantochorion 37 Abb. 3. Die partielle cDNA-Sequenz für equines Prorelaxin. Die verwendeten Primer sind durch Pfeile gekennzeichnet und die potentielle Rezeptorbindungsstelle in der B-Domäne ist hervorgehoben. B-Domäne 32 94 Ile Lys Ala Cys Gly Arg Glu Leu Ala Arg Leu Arg Ile Glu Ile Cys Gly Ser Leu Ser Trp Lys Lys ATT AAA GCA TGC GGC CGC GAA TTA GCA CGC CTG CGG ATC GAG ATC TGC GGC TCC CTC TCC TGG AAG AAA 54 162 C-Domäne 55 163 Thr Val Leu Arg Leu Glu Glu Pro Gly Leu Glu Val Gly Gln Pro Val Glu Ile Val Ser Ser Ser Ile ACG GTT CTG AGG CTG GAG GAG CCT GGG CTG GAA GTC GGA CAA CCC GTA GAA ATT GTG TCA TCC TCC ATC 77 231 78 232 Ser Lys Asp Ale Glu Ala Leu Asn Thr Lys Leu Gly Leu Asn Ser Asn Leu Pro Lys Glu Gln Lys Ala AGC AAA GAT GCA GAA GCT TTA AAT ACG AAG TTG GGA CTC AAT TCT AAT TTG CCA AAA GAG CAG AAA GCA 100 300 101 301 Thr Leu Ser Glu Arg Gln Pro Ser Trp Arg Glu Leu Leu Gln Gln Pro Ala Leu Lys Asp Ser Asn Leu ACA CTG TCT GAG AGG CAG CCA TCA TGG AGG GAG CTG CTA CAA CAA CCT GCA TTA AAG GAT TCA AAT CTT 123 369 124 370 Asn Leu Glu Glu Phe Glu Glu Thr Ile Gln Lys Thr Gln Ser Glu Val Glu Asp Asp Ser Leu Ser Glu AAC TTG GAA GAA TTT GAG GAA ACC ATT CAG AAG ACA CAA AGT GAA GTA GAA GAT GAC AGT CTT TCA GAA 146 438 147 439 Leu Lys Asn Leu Gly Leu Asp Lys His Ser Arg Lys Lys Arg Met Ile Gln Leu Ser His Lys Cys Cys TTA AAG AAC CTA GGC TTA GAT AAA CAT TCT CGT AAA AAG AGA ATG ATT CAA CTG AGT CAT AAA TGC TGC 169 507 170 508 Tyr Trp Gly Cys Thr TAC TGG GGT TGT AC 174 521 A-Domäne 38 4.1.1.2.2. Uteroplazentares Gewebe Relaxin mRNA (Abb. 4a, b, d) und immunreaktives Relaxin (Abb. 4e) waren in den Plazenten der intra-, inter- und extraspezifischen Graviditäten in fetalen Zellen exprimiert, die mit dem monoklonalen Antikörper F102.1 als equine Trophoblasten identifiziert wurden (Abb. 4c). Weder der Genotyp noch die immunologischen Abwehrmechanismen gegen den Eselembryo während der frühen Phase der extraspezifischen Gravidität schienen die Relaxin-Expression zu beeinflussen. In den Plazenten dieser Graviditätstypen (Tab. 3) konnten bezüglich ihrer Morphologie und ihres RelaxinExpressionsmusters zwei Trophoblast-Populationen unter-schieden werden. Kuboidale Trophoblasten der frühen (Abb. 4a) und reifen Mikrokotyledonen (Abb. 4d) exprimierten Relaxin mRNA und Protein (Abb. 4e). Elongierte, Relaxin-negative Trophoblasten waren während der Plazentation zwischen Bereichen Relaxin-positiver kuboidaler Trophoblasten nachweisbar (Abb. 4a, b, d und Abb. 5b) und in der reifen equinen Plazenta ausschließlich an der Basis der Mikrokotyledonen gegenüber der Öffnung uteriner Drüsen lokalisiert (Abb. 4d und Abb. 5b; Klonisch et al., 1997). Elongierte Trophoblasten der Mikrokotyledonen präsentierten spezifisch immunreaktive Major Histocompatibility Complex (MHC) Klasse I Moleküle (Abb. 5a). Abb. 4. Nachweis von Relaxin mRNA in fetalen Trophoblasten (Tb) von Gefrierschnitten uteroplazentaren Gewebes am Tag 45 (a) und Tag 60 (b) einer interspezifischen Gravidität. Elongierte Trophoblasten (pseudostratified; Ps) exprimierten keine Relaxin mRNA (Pfeile). (c) Kuboidale und elongierte (Ps) Trophoblasten wurden mit dem für equine Trophoblasten spezifischen monoklonalen Antikörper F102.1 identifiziert. (d) Lokalisation von Relaxin-mRNA in kuboidalen Trophoblasten der Mikrokotyledonen (Mc) am Tag 153 einer intraspezifischen Gravidität. Elongierte Trophoblasten (Ps) an der Basis der Mikrokotyledonen (Mc) exprimierten keine Relaxin mRNA. (e) Nachweis immunoreaktiven Relaxins mit einem Antiserum gegen equines Relaxin (Nr. 3150) am Tag 153 der intraspezifischen Gravidität. Bereiche elongierter Trophoblasten (Ps) gegenüber der Öffnung endometrialer Drüsen (endometrial glands; Eg) zeigten keine Färbung. (f) In der Negativkontrolle zeigten fetales Allantochorion (Ac) und maternales Endometrium (E) einer Plazenta am Tag 60 der intraspezifischen Gravidität keine immunhistochemische Färbung. Maßstab: 100 µm. 39 40 Abb. 5. Vergleichende Darstellung der zellulären Lokalisation von immunoreaktiven Major Histocompatibility Complex (MHC) Klasse I-Molekülen (a) und Relaxin mRNA-exprimie-renden Trophoblasten (b) an Kryoschnitten einer Pferdeplazenta am Tag 153 der intraspezifischen Gravidität. Der Nachweis der MHC Klasse I-Moleküle erfolgte mit dem monoklonalen Rattenantikörper JK 56 in elongierten fetalen Trophoblasten (Ps; pseudo-stratified) der Areolae des Allantochorion sowie in uterinen Stromazellen in den Mikrokotyledonen (Mc; a). Kuboidale Trophoblasten der Mikrokotyledonen sowie fetale Stromazellen exprimierten keine MHC Klasse IMoleküle (a). Relaxin-Transkripte wurden ausschließlich in kuboidalen Trophoblasten der Mikrolotyledonen (Mc), nicht jedoch in den MHC Klasse I-positiven, elongierten Trophoblasten (Ps) nachgewiesen. Die elongierten Trophoblasten (Ps) waren häufig gegenüber der Öffnung endometrialen Drüsen (eD) lokalisiert (a, b). Vergrößerung: a, b x130. 41 4.1.1.2.3. Ovar In ovariellen Follikeln verschiedener Größen sowie in Corpora albicantia der zyklischen Stute konnte mit RT-PCR keine Relaxin-mRNA nachgewiesen werden. Der PCR-Nachweis für Relaxin mRNA gelang in 3-17 Tage alten Corpora lutea des zyklischen Ovars und wurde durch Southern-Analyse bestätigt (Abb. 6). Gleiche Mengen an Gesamt-RNA waren für die RT-PCR eingesetzt worden. Als Positivkontrolle diente eine cDNA von plazentarem Gewebe am Tag 120 der Trächtigkeit (Abb. 6). Negativkontrollen unter Ausschluß der reversen Transkriptase oder dem Einsatz von Gesamt-RNA als Template ergaben keine Amplifikate oder Hybridisierungssignale (nicht gezeigt). Abb. 6. Southern Analyse mit einer Digoxigenin-markierten antisense cRNA Sonde zur Verifikation der RT-PCR-Amplifikate für equines Prorelaxin in den Corpora lutea. 1-5: 1, 2, 3, 4 und > 5 cm große Follikel 6: frühes Corpus luteum 7-8: 3-7 Tage altes Corpus luteum 9: 9-11 Tage altes Corpus luteum; 10-11: 15-17 Tage altes Corpus luteum; 12: Corpus albicans; 13: Pferdeplazenta am Tag 120 der Gravidität (Positivkontrolle; Ryan et al., 1997). Abb. 7. Mit einer Digoxigeninmarkierten antisense cRNA- Sonde für equines Prorelaxin erfolgte der spezifische Nachweis von Hybridisierungssignalen in großen Lutealzellen (Pfeile) eines reifen equinen Corpus luteum (ca. Tag 9) (a). Inkubation cRNA mit einer sense Relaxin-Sonde ergab keine Hybridisierungssignale (b). Maßstab: 133 µm. 42 In großen Lutealzellen der untersuchten Corpora lutea gelang der spezifische Nachweis von RelaxinTranskripten (Abb. 7a+b). Die Follikel verschiedener Reifegrade (1-5 cm im Durchmesser) zeigten, vermutlich aufgrund zu geringer Expressionsmengen, keine Hybridisierungssignale für RelaxinmRNA. Der Nachweis von immunreaktivem Relaxin mit dem Kaninchen-Antiserum gegen equines Relaxin Nr. 3150 (Stewart, 1986) gelang in den Zellen der Theca interna und den Granulosazellen reifer Follikel (ca. 5,5 cm; Abb. 8a) und war besonders stark in Lutealzellen des reifen Corpus luteum (Tag 9-11; Abb. 8c). Immunreaktives Relaxin war nicht im ovariellen Stroma und seriellen Schnitten von Follikeln und Corpora lutea nach Inkubation mit Nichtimmunserum des Kaninchens (Abb. 8b+d) nachweisbar. Abb. 8. Lokalisation von immunoreaktivem equinem Relaxin in Formalin-fixierten, paraffinierten Schnitten (10 µm) eines reifen Follikels (> 5,5 cm; a, b) sowie eines reifen Corpus luteum (ca. Tag 9; c,d). Die Schnitte wurden mit einem Antiserum gegen Pferderelaxin (Nr. 3150; a, c) oder mit Nichtimmunserum vom Kaninchen (b, d) als Negativkontrolle inkubiert. Im Follikel war immunoreaktives Relaxin in den Zellen der Theca interna (T) und der Granulosazellschicht (G) nachweisbar (a). Im Corpus luteum wurde immunoreaktives Relaxin in den Lutealzellen (Lc) detektiert (c). Das ovarielle Stroma (St), die Blutgefäße (Bv) sowie die Negativkontrollen (b, d) zeigten keine Färbung. Maßstab: a, b: 64µm; c, d: 80 µm. 43 4.1.1.3. Relaxinkonzentrationen in ovarieller Follikelflüssigkeit Der Relaxingehalt der Flüssigkeit in ovariellen Follikeln unterschiedlicher Größe wurde im homologen Radioimmunoassay (RIA) für equines Relaxin (Tab. 11; Stewart 1986) und durch High-Performance Liquid Chromatography (HPLC) bestimmt (Abb. 9a-d). Obwohl die durch RIA pro Milliliter Follikelflüssigkeit bestimmten Konzentrationen für Relaxin in Follikeln unterschiedlicher Größe gleich waren, stieg die Relaxin-Gesamtmenge mit zunehmendem Flüssigkeitsgehalt bis zum reifen präovulatorischen Follikel um das ca. 10-fache an (Tab. 13). Das HPLC-Absorptionsspektrum der 40%-Acetonitril-Fraktion der Follikelflüssigkeiten zeigte ein vergleichbares Spektrum wie gereinigtes equines Relaxin in 30% Acetonitril, welches als Standard bei allen HPLC-Analysen diente (Fig. 9ad). Die durch RIA ermittelten Fraktionen von immunoreaktivem equinem Relaxin in einem präovulatorischen Follikel korrelierten gut mit den zwischen 10-25 min eluierten HPLC-Fraktionen. HPLC-Analyse der Flüssigkeit eines Corpus haemorrhagicum ergab im Vergleich zu einem großen Follikel (≥ 5 cm; 1,8 ng/ml) einen ca. 6-fache erhöhten (10,7 ng/ml) Relaxingehalt (Ryan et al., 1997). Tabelle 13. Gehalt an immunoreaktivem Relaxin in der Flüssigkeit equiner ovarieller Follikel unterschiedlicher Größe. Kategorie Anzahl der Konzentration Gesamtmenge Follikelgröße Follikelflüssig- (cm) Follikel (n) (ng/ml) (ng) (cm) keit (ml) sehr klein (≤ 2) 9 2,1 ± 0,3 7,9 ± 1,3 1,9 ± 0,06 3,8 ± 0,1 klein (> 2 ≤ 3) 15 2,5 ± 0,3 18,6 ± 2,2 2,8 ± 0,06 7,4 ± 0,6 mittel(> 3 ≤ 4) 13 3,1 ± 0,5 60,5 ± 9,7 3,8 ± 0,07 20,1 ± 1,4 groß (> 4) 16 2,4 ± 0,3 91,5 ± 9,2 5,3 ± 0,2 37,6 ± 1,5 44 Abb 9. Reverse-phase Chromatogramme für gereinigtes equines Relaxin als Standard (a) und follikuläre Flüssigkeit von ca. 2 cm, 3 cm und 5,5 cm großen ovariellen Follikeln zyklischer Stuten (b-d). Die Profile in (b + c) resultierten von gepoolter Follikelflüssigkeit aus zwei bis drei Follikeln. Die im RIA ermittelte Werte immunoreaktiven Relaxins (in pg) für die Elutionsspitzen der Follikelflüssigkeit eines 5,5 cm Follikels sind angegeben (d). 45 4.1.1.4. Zusammenfassung • Im equinen Präimplantationsembryo exprimiert nur der nicht-invasive Trophoblast RelaxinmRNA, nicht jedoch die MHC Klasse I-Moleküle immunopositiven invasiven Tropho-blasten des Choriongürtels oder die endometrialen Cupzellen (Kydd et al., 1991). • In der Plazenta von Equiden existieren zwei Populationen nicht-invasiver Trophoblasten, die sich bezüglich ihrer Morphologie und der Expression für Relaxin und MHC-Klasse I-Molekülen unterscheiden. • Relaxin wird während des ovariellen Zyklus in den reifen ovariellen Follikeln sowie dem Corpus luteum exprimiert. 4.1.2. Dromedar 4.1.2.1. Molekulare Charakterisierung 4.1.2.1.1. Präprorelaxin cDNA-Sequenz Die Präprorelaxin cDNA des Dromedars wurde aus uteroplazentarem Gewebe am Tag 300 der Trächtigkeit kloniert. Die 600 bp lange cDNA (200 Aminosäuren) gliederte sich in ein Signalpeptid von 25 Aminosäuren (75 bp), eine B-Domäne von 28 Aminosäuren (84 bp), eine C-Domäne von 122 Aminosäuren (366 bp) und eine A-Domäne von 24 Aminosäuren (72 bp) (Abb. 10). Die BDomäne enthielt das klassische Rezeptorbindungsmotiv (-GRELVR-). Das Prorelaxin des Dromedars hatte mit 122 Aminosäuren die längste C-Domäne aller bekannten Prorelaxine und resultierte aus einem bislang in keinem anderen Prorelaxin nachgewiesenen repetitiven Aminosäuremotiv (-RPAP)3-(K/RPAL-)2 (Abb. 10). Das Präprorelaxin des Dromedars zeigte höchste Aminosäure-Homologie von 74.7% zum Relaxin des Schweines (Tab. 14) Eine Northern Analyse zur Bestimmung der Transkriptgröße war aufgrund der geringen Menge verfügbarer RNA nicht möglich. 46 Tabelle 14. Aminosäure-Homologie des Präprorelaxins und der einzelnen Relaxin-Domänen des Dromedars mit Relaxinen anderer Spezies. Spezies Signalpeptid BDomäne Schwein Pferd H1b H2b Katze Hund Ratte Maus 79,2 76,0 48,0 54,2 60,0 72,0 54,2 50,0 88,9 69,2 52,0 50,0 63,0 57,1 33,3 37,0 a Prozentsatz identischer Aminosäuren b H1 und H2: die zwei humanen Präprorelaxine C-Domäne A-Domäne 78,1 61,9 65,4 62,0 65,3 51,6 55,0 58,3 54,2 50,0 33,3 37,5 41,7 33,3 41,7 29,2 Totala 74,6 65,4 52,7 51,7 54,5 48,3 45,4 39,0 4.1.2.2. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.1.2.2.1. Uteroplazentares Gewebe In Plazentagewebe am Tag 93 der Gravidität wurde eine schwache und in den Plazenten am Tag 170, 196, 213, 240, 340 und 372 wurde eine starke Expression von Relaxin-mRNA und immunreaktivem Relaxin im luminalen uterinen Epithel detektiert (Abb. 11). Endometriale Drüsen und das Myometrium sowie die mit einer Digoxigenin-markierten sense cRNA inkubierten Plazentaschnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (Abb. 11). Trotz des fehlenden Nachweises von Relaxin mRNA konnte selbst bei einer Verdünnung des R6 Relaxin-Antiserums von 1:60.000 in den Trophoblasten der Plazentagewebe vom Tag 170 bis 372 der Gravidität immunreaktives Relaxin detektiert werden (Abb. 11). Aufgrund der Morphologie und der Expression immunreaktiven Relaxins waren in den Plazenten des Dromedars drei verschiedene Cytokeratin-positive Trophoblast-Populationen zu unterscheiden (Abb. 11). Abb. 10. Nukleinsäure- und Aminosäuresequenz des Präprorelaxins des Dromedars. Die verwendeten Primer sind durch Pfeile gekennzeichnet. Numerierung der Primer siehe Tab. 4. Die Rezeptorbindungssequenz in der B-Domäne ist kursiv gekennzeichnet. Das Aminosäuremotiv (RPAP)3-(K/RPAL-)2 im Prorelaxin des Dromedars am Beginn des N-Terminus der C-Domäne ist hervorgehobenen. 47 Signalpeptid 1 1 Met Pro Arg Leu Leu Leu Ser His Leu Leu Gly Val Trp Leu Leu Leu Ser Gln Leu Pro Lys Glu Thr ATG CCG CGC CTG CTC TTG TCC CAC CTG CTA GGT GTC TGG CTG CTA CTG AGC CAA CTT CCT AAG GAG ACC (3) 23 69 24 70 Ser Gly Glu Arg Ser Asn Asp Phe Val Lys Ala Cys Gly Arg Glu Leu Val Arg Leu Trp Ile Glu Ile TCA GGC GAG CGT TCA AAC GAC TTC GTT AAG GCA TGC GGC CGA GAA TTA GTC CGC CTC TGG ATC GAA ATC (1) 47 139 Cys Gly Ser Val Ser Trp Gly Arg Pro Ala Pro Arg Pro Ala Pro Arg Pro Ala Pro Lys Pro Ala Leu TGT GGC TCT GTC TCC TGG GGG AGG CCG GCT CCG AGA CCG GCT CCG AGA CCG GCT CCA AAA CCC GCT CTG (8) (9) Arg Pro Ala Leu Ser Gln Asp Lys Lys Pro Arg Leu Arg Ser Gly Pro Pro Ala Glu Ile Met Pro Ser AGA CCC GCT CTG AGC CAG GAC AAG AAG CCT CGG CTG AGA TCT GGC CCG CCA GCA GAA ATC ATG CCA TCC (9) (10) Ser Ile Thr Lys Asp Ala Glu Thr Leu Thr Thr Met Leu Glu Phe Thr Pro Asn Leu Pro Gln Glu Leu TCC ATC ACC AAA GAT GCA GAA ACC TTA ACT ACG ATG TTG GAA TTC ACC CCT AAT TTG CCA CAG GAG CTG 69 207 Thr Ala Thr Leu Ser ACG GCC ACA CTG TCT (5) Asn Phe Glu Glu Phe AAT TTC GAA GAA TTT Glu Arg Gln Pro Ser Ala Glu Pro Gln Gln Pro Ala Leu Lys Asp Ser Asn Leu GAG AGG CAG CCA TCG GCA GAG CCA CAA CAA CCT GCT TTA AAG GAT TCA AAT CTT 138 414 Lys Lys Ile Ile Phe Asp Arg Gln Asn Glu Glu Glu Asp Glu Ser Leu Ser Glu AAG AAA ATC ATT TTT GAC AGA CAA AAT GAG GAA GAA GAC GAG AGT CTT TCA GAA (6) (7) 161 483 B-Domäne 46 138 C-Domäne 70 208 93 277 116 346 139 415 92 276 115 345 A-Domäne 162 484 Leu Lys Asn Leu Gly Leu Asp Lys His Ser Glu Lys Lys Arg Gln Leu Gln Met Thr Leu Gly Glu Arg TTA AAA AAC TTA GGC TTA GAT AAA CAT TCC GAA AAA AAG AGA CAG TTA CAA ATG ACA CTG GGT GAG AGA 184 552 185 553 Cys Cys Gln Lys Gly Cys Ser Arg Lys Glu Met Ala Thr Ala Cys Stop TGT TGT CAA AAA GGT TGT AGC AGA AAA GAA ATG GCT ACA GCA TGC TGA 600 (2) (4) 200 48 Neben kuboidalen villösen Trophoblasten, die schwach immunreaktives Relaxin exprimierten (Abb. 11), wurden multinukleäre Trophoblast-Riesenzellen sowie häufig gegenüber der Öffnung uteriner Drüsen gruppierte elongierte Trophoblasten identifiziert (Abb. 11), die beide kein Relaxin exprimierten. Mit den zur Verfügung stehenden Antikörpern gelang bislang kein Nachweis von MHC Klasse I-Molekülen in Trophoblasten der Dromedar-Plazenta. Die Kontrolle der Spezifität der immunhistochemischen Färbungen erfolgte durch Ausschluß des Primärantikörper und ergab in allen Fällen keine spezifische Färbung (Abb. 11). 4.1.2.2.2. Ovar In den untersuchten Ovarien vom Tag 93, 170, 213, 240, 340 und 372 der Gravidität erfolgte der spezifische Nachweis von immunreaktivem Relaxin, nicht jedoch von Relaxin mRNA, in den follikulären Granulosazellen und Theca interna-Zellen (Abb. 12). In den Lutealzellen der Corpora lutea aller Graviditätsstadien wurden Relaxin Transkripte sowie immunreaktives Relaxin detektiert (Abb. 12). 4.1.2.3. Zusammenfassung • Das Präprorelaxin des Dromedars ist das erste in einem Wiederkäuer klonierte und bislang größte Relaxin. Das Prorelaxin des Dromedars besitzt im N-Terminus der C-Domäne das neuartige Aminosäuremotiv (-RPAP)3-(K/RPAL-)2. • In ovariellen Follikeln und dem Corpus luteum des trächtigen Dromedars wird Relaxin im Untersuchungszeitraum vom Tag 93-372 der Gravidität exprimiert. • In der epitheliochorialen Plazenta des Dromedars erfolgt die Induktion des Relaxingenes im luminalen uterinen Epithel ab dem Tag 93 der Gravidität. Multinukleäre Riesenzellen und elongierte Trophoblasten exprimieren kein Relaxin. 49 Abb. 11. An plazentarem Gewebe eines Dromedars am Tag 196 (A, B) und am Tag 213 (C-F) der Gravidität erfolgte der Nachweis von Relaxin-mRNA (A) in uterinen luminalen Epithelzellen. Maternales (m) und fetales Stroma, uterinen Drüsen, fetale Trophoblasten sowie mit sense cRNA inkubierte Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (B). Die Relaxin-mRNA-positiven uterinen Epithelzellen exprimierten auch immunreaktives Relaxin (C, E). Eine schwache Färbung für immunreaktives Relaxin wurde in fetalen Trophoblasten der plazentaren Villi (v) detektiert (D, E). Areolae-artige Areale elongierter Trophoblasten (Pfeile) sowie multinukleäre Riesenzellen (nicht gezeigt) waren immun- negativ für Relaxin (E). Das uterine luminale Epithel sowie die fetalen Trophoblasten waren immunpositiv Cytokeratin für (F). Die immunhistochemische Negativkontrolle keine Färbung zeigte (D). Vergrößerungen: A, B, E, F x132; C; D x262. 50 Abb. 12. In einem Bouin-fixierten ovariellen Follikel sowie Corpus luteum eines Dromedars am Tag 213 der Gravidität erfolgte der Nachweis immunreaktiven Relaxins. Im Follikel wurde immunreaktives Relaxin in den Zellen der Granulosa (g) sowie Theca interna (ti; A) und im Corpus luteum in großen Luteinzellen (E) nachgewiesen. Der Nachweis von Relaxin-mRNA gelang im Corpus luteum (C). Mit Digoxigenin-markierter sense-cRNA wurden keine Hybridisierungssignale detektiert (D). Die immunhistochemischen Negativkontrollen für den ovariellen Follikel (B) und das Corpus luteum (F) ergaben keine Färbung. Vergrößerungen: A, B x109; C-F x218. 51 4.1.3. Die Halbaffen G. crassicaudatus und V. variegata 4.1.3.1. Molekulare Charakterisierung 4.1.3.1.1. Präprorelaxin cDNA-Sequenzen Die cDNA-Sequenzen für die Präprorelaxine von Galago crassicaudatus und Varecia variegata wurden aus mRNA von Plazenten ausgetragener Trächtigkeiten kloniert. Aufgrund der geringen isolierten RNA-Mengen kam die Capfinder cDNA-Synthese mit anschließender RT- und RACEPCR zum Einsatz. Die cDNA-Sequenzen für die Präprorelaxine beider Halbaffenspezies waren bis auf eine konservative Transversion (V.variegata-Sequenz: A507→C; Ser169) identisch und kodierten für ein Peptid von 188 Aminosäuren (567 bp) mit einem Signalpeptid mit 21 Aminosäuren (63 bp), einer B-Domäne mit 34 Aminosäuren (102 bp), einer C-Domäne mit 109 Aminosäuren (327 bp) und einer A-Domäne mit 24 Aminosäuren (75 bp; Abb. 13). Die Rezeptorbindungssequenz in der B-Domäne beider Präprorelaxine (-GRRLIR-) wich in zwei Positionen (E→R40 und V→I42) vom klassischen Motiv (-GRELVR-) ab. Potentielle enzymatische Prozessierungsstellen waren Ala22 zwischen dem Signalpeptid und der B-Domäne, Arg55 zwischen B- und C-Domäne und die -K-RR-K-(161-164) Prozessierungssequenz für Furin. Die Relaxinsequenzen beider Halbaffen zeigten höchste Aminosäurehomologie (50,6%) zum Präprorelaxin des Schweines (Tab. 15). Tabelle 15. Homologievergleich der Aminosäuresequenzen der Präprorelaxine sowie deren Domänen von Galago crassicaudatus mit Präprorelaxinen anderer Tierspezies. Spezies Schwein Dromedar Katze Ratte Maus Hund Signalpeptid BDomäne 70,0 66,7 66,7 42,9 52,4 66,7 a Prozentsatz identischer Aminosäuren C-Domäne A-Domäne 50,0 46,2 26,9 40,6 2,9 29,6 47,6 42,5 54,1 44,8 39,8 14,0 37,5 29,2 33,3 41,7 37,5 41,7 Totala 50,6 43,7 41,1 41,4 34,2 33,9 Abb. 13. cDNA-Sequenz und Aminosäuresequenz der Präprorelaxine von Galago crassicaudatus und Varecia variegata. Die Domänen und Primerbindungsstellen sind durch Pfeile gekennzeichnet sind. Die Primernumern entsprechen denen in Tab. 7. Das Rezeptorbindungsmotiv in der B-Domäne und die konservative Transversion in Position 507 in der cDNA-Sequenz für das Präprorelaxin von V. variegata (A→C; Ser169) sind hervorgehoben. 52 Signalpeptid 1 1 Met Pro Arg Leu Phe Phe Phe His Leu Leu Gly Val Trp Leu Leu Leu Thr Gln Ile Ser Arg Ala Lys ATG CCT CGC CTG TTT TTT TTC CAC CTG CTA GGA GTC TGG CTG CTA CTG ACC CAA ATT TCC AGA GCA AAA (1;3) (5) 23 69 24 70 Met Asp Lys Gly Glu Asn Leu Asn Gln Ile Ile Phe Ala Cys Gly Arg Arg Leu Ile Arg Ile Trp Val ATG GAT AAG GGG GAG AAT CTG AAC CAA ATT ATT TTT GCA TGT GGC CGC CGA CTA ATA CGC ATT TGG GTT (6) 47 139 Glu Val Cys Gly Ser Thr Gly Phe Arg Gly Arg Ala Lys Asn Gln Thr Glu His Gln Pro Gly Ser Glu GAG GTT TGC GGC TCT ACA GGT TTC AGA GGA AGA GCT AAG AAC CAG ACA GAG CAC CAA CCT GGA TCT GAA 69 207 70 208 Pro Phe Ser Glu Ile Val Pro Ser Ser CCT TTC TCA GAA ATT GTG CCA TCA TCC (8) Phe Ile Ala Asn Leu Pro Gln Lys Gln TTC ATT GCT AAT TTA CCA CAG AAG CAG Phe Ile Asn Lys Asp Ala Glu Thr Ile Asn Met Met Ser Glu TTC ATC AAC AAA GAT GCA GAA ACT ATA AAT ATG ATG TCA GAA 92 276 Lys Thr ThrGln Ser Glu Met Asn Leu Pro Ser Pro Glu Leu AAG ACA ACACAG TCT GAG ATG AAT CTA CCT TCA CCA GAG CTA 115 345 B-Domäne 46 138 C-Domäne 93 277 116 346 139 415 162 484 184 550 Gln Gln Tyr Pro Pro CAG CAA TAT CCA CCC (9) Glu Gln Gly Glu Ala GAA CAA GGT GAA GCA (7) Thr Leu Lys Gly Ser Asp Ile Ser Phe Glu Glu Val Lys Asn Asn Ile His Asn ACC TTA AAG GGT TCA GAT ATT AGC TTT GAA GAA GTT AAG AAT AAT ATT CAT AAT 138 414 Glu Asp Asn Ser His Ser Glu Leu Gln Asn Leu Gly Leu Asp Thr His Ser Arg GAA GAC AAC AGT CAT TCA GAA TTA CAA AAC TTA GGA TTG GAT ACT CAT TCC CGA 161 483 (10) A-Domäne Lys Lys Arg Glu Arg Tyr Met Ser Pro Leu Gln Lys Cys Cys Arg Ile Gly Cys Thr Lys Arg Ser AAA AAG AGA GAG CGC TAT ATG TCA/C CCA TTG CAG AAA TGT TGC CGA ATT GGT TGT ACA AAA AGA TCT (2) (4) Leu Ala Arg Phe Cys stop CTT GCT AGA TTT TGC TGA (4) 53 183 549 188 565 Ein Homologievergleich mit Relaxinsequenzen anderer Primatenspezies ergab höchste Homologie von 58,4% bzw. 56,8% Homologie für die Präprorelaxine H2 des Menschen und des Rhesusaffen. Eine deutlich geringere Aminosäurehomologie von 44,9% bestand zum Präprorelaxin des Neuweltaffen Callithrix jacchus (Marmoset). Die Aminosäuresequenzen der Signalpeptide und der A-Domänen waren in den untersuchten Präprorelaxinen der Primaten am stärksten und die der BDomäne am geringsten konserviert (Tab. 16). Tabelle 16. Homologievergleich der Aminosäuresequenzen der Präprorelaxine und ihrer Domänen von Galago crassicaudatus mit den Präprorelaxinen anderer Primaten. Spezies Signalpeptid H1b H2b BDomäne 71,4 85,7 Rhesus 81,0 Marmoset 76,2 c C1 c C2 d G1 G2d a Prozentsatz identischer Aminosäuren C-Domäne A-Domäne 40,7 34,5 40,7 34,5 33,3 33,3 41,4 37,9 53,9 57,4 57,4 54,8 52,9 57,4 - b H1 und H2: die zwei humanen Präprorelaxine c C1 und C2: die beiden Relaxine des Chimpansen d G1 und G2: die beiden Relaxine des Gorillas 58,3 62,5 62,5 50,0 58,3 68,2 58,3 62,5 Totala 50,3 58,4 56,8 44,9 - - Sequenz nicht bekannt Die phylogenetischen Analysen der Aminosäuresequenzen des Präprorelaxins von Galago crassicaudatus erfolgte mit den Präprorelaxinen des Menschen (H1 und H2), des Rhesusaffen und des Marmoset sowie den Prorelaxinen (C1 und C2) des Chimpansen. Die Präprorelaxine des Pferdes und des Schweines dienten als Referenzgruppen. Grundlage für die Erstellung des Phylogrammes war das Alignment der Relaxinsequenzen in Abb. 14. Im Vergleich zu den Relaxinsequenzen der anderen Alt- und Neuweltprimaten zeigten die Präprorelaxine des lorisoiden G. crassicaudatus und des Lemuren V. variegata eine hohe Aminosäure-Austauschfrequenz durch erhöhte Mutationsrate (Abb. 15). 54 Abb. 14. Alignment der Aminosäuresequenzen der Präprorelaxine des Halbaffen Galago crassicaudatus mit dem Neuweltaffen Callithrix jacchus (Callith; Marmoset) und den Präprorelaxinen der Altweltprimaten Mensch (H1 und H2) und Rhesusaffe (Rhesus) sowie den Prorelaxinen des Chimpansen (Chimp1 und Chimp2) für die Erstellung des Phylogrammes. Die einzelnen Relaxindomänen sind gekennzeichnet. Die Rezeptorbindungssequenz in der B-Domäne des Relaxins ist rot und die konservierten Cysteine sind grün markiert. Gelb hervorgehobene Aminosäuren sind bei allen Relaxinsequenzen identisch. Signalpeptid B-Domäne C-Domäne Galago Human1 Human2 Callith Rhesus Chimp2 Chimp1 MPRLFFFHLLGVWLLLTQISRAKMDKGENLNQIIFACGRRLIRIWVEVCGSTGFRGRAKNQTEHQPGSEPFSEIVPSSFINKDAETINMMSEF MPRLFLFHLLEFCLLLNQFSRAVAAKW--KDDVIKLCGRELVRAQIAICGMSTWSKRSLSQEDAPQTPRPVAEIVPS-FINKDTETIIIMLEF MPRLFFFHLLGVCLLLNQFSRAVADSW--MEEVIKLCGRELVRAQIAICGMSTWSKRSLSQEDAPQTPRPVAEIVPS-FINKDTETINMMSEF MSRLFLFHLLGVCLLLNQIFRAVATNG--KDDVIKVCGRELVRAQIDACGMSTVDKSTLSREDASPQPELVTEIVPS-FNSKDTETINMMSEL MPRLFLFHLLGVCLLLNQFSRAVAAKW--MDDVIKACGRELVRAQIAICGKSTLGKRSLNQEDAPLKPRPAAEIVPS-LINQDTETINMMSEF --------------------RAVADSW--MDEVIKLCGRELVRAQIAICGKSTWSKRSLSQEDAPQTPRPVAEIVPS-FINKDTETINMMSEF --------------------RAVADSW--MDEVIKLCGRELVRAQIAICGMSTWSKRSLSQEDAPQTPRPVAEIVPS-FINKDTETIIIMLEF Galago Human1 Human2 Callith Rhesus Chimp1 Chimp2 IANLPQKQKTTQSEMNLPSPELQQYPPTLKGSDISFEEVKNNIHNEQGEAEDNSHSELQNLGLDTHSRKKRERYMSPLQKCCRIGCTKRSLARFC IANLPPELKAALSERQPSLPELQQYVPALKDSNLSFEEFKKLIRNRQSEAADSNPSELKYLGLDTHSQKKRRPYVALFEKCCLIGCTKRSLAKYC VANLPQELKLTLSEMQPALPQLQQHVPVLKDSSLLFEEFKKLIRNRQSEAADSSPSELKYLGLDTHSRKKRQLYSALANKCCHVGCTKRSLARFC IANLPQELKAAPSGRQSLLPELQQHVPILKDSDLSSEEFKEIIRNRQSEAADSSPSELKYLGLHAHSRRKRQFSLALYNQCCLIGCTKRALAEFC VANLPQELKLTLSERQPALSELQQHVPVLKDSNLSFEEFKKIIRKRQSEATDSSPSELRSLGLDTHSRRKRQLYMTLSNKCCHIGCTKKSLAKFC IANLPPELKAALSERQPSLPEPQQYVPALKDSNLSFEEFKKLIRNRQSEAADSNPSELKYLGLDTHSQKKRQPYVALFEKCCLIGCTKRSLANYC VANLPQELKLTLSEMQPALPQLQQYVPVLKDSSLLFEEFKKLIRNRQSEAADSSPSELKYLGLDTHSRKKRQLYSALANKCCHVGCTKRSLARFC C-Domäne A-Domäne 55 Abb. 15. Phylogramm der Präprorelaxine von G. crassicaudatus (Galago), Rhesusaffe (Rhesus), Callithrix jacchus (Callith; Marmoset), Mensch (Human 1+2) und den Prorelaxinen des Chimpansen (Chimp 1+2). Die Präprorelaxine des Schweines und Pferdes dienten als Referenzsequenzen. Die Berechnung der Aminosäure-Substitutionen erfolgte mit der Jones-Matrix (Jones et al., 1992). Die Zweiglänge ist proportional zur Anzahl der Aminosäuresubstitutionen in dieser Sequenz. Die Länge 0,1 entspricht 1 Aminosäure-substitution pro 10 Aminosäuren. Die prozentuale Wahrscheinlichkeit für die korrekte Lage der Knotenpunkte im Phylogramm sind an den Aufzweigungen angegeben. Schwein Pferd Galago Rhesus 100 Callith 100 Chimp1 80 99 Human1 77 Chimp2 92 Human2 0.1 56 4.1.3.2. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.1.3.2.1. Plazentares Gewebe An Kryostatschnitten einer Plazenta von Galago crassicaudatus gelang der Nachweis von Präprorelaxin Transkripten (Abb. 16A) und immunreaktivem Relaxin (Abb. 16C) in fetalen Zellen, welche die plumpen Chorioallantoiszotten bedeckten. Die Relaxin-exprimierenden Zellen waren immunpositiv für Cytokeratin und wurden als Trophoblasten identifiziert (Abb. 16D). Die Stromazellen der plazentaren Zotten exprimierten immunreaktives Vimentin aber kein Relaxin (nicht gezeigt). Mit Digoxigenin-markierter sense cRNA behandelte Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (Abb. 16B). Keine spezifische immunhistochemische Färbungen war nach Ausschluß des Primärantikörpers nachweisbar (Abb. 16E). 4.1.3.3. Zusammenfassung • Die Aminosäuresequenzen des Präprorelaxins des in Afrika und Asien beheimateten Galago crassicaudatus und des nur in Madagaskar vorkommenden Lemuren Varecia variegata sind identisch und zeigen eine phylogenetisch entfernte Verwandtschaft mit den Altweltaffen Afrikas. • Relaxin wird in fetalen Trophoblasten der epitheliochorialen Plazenta von Galago crassicaudatus exprimiert. Abb. 16. An Kryoschnitte einer ausgetragenen Plazenta von Galago crassicaudatus erfolgte der Nachweis von Relaxin mRNA (A) in Zellen des fetalen Villus (v). Das villöse Stroma und mit Digoxigenin-markierter sense cRNA inkubierte Schnitte zeigten keine Hybridisierungs-signale (B). In den Relaxin mRNA-positiven villösen Zellen erfolgte der Nachweis immunoreaktiven Relaxins mit dem polyklonalen Relaxin-Antiserum R6 (C). Die gleichen Zellen wurden durch den Nachweis immunoreaktiven Cytokeratins (D) als Trophoblasten der epitheliochorialen Galago-Plazenta identifiziert. Eine typische immunohistochemische Negativkonrolle ist in (E) gezeigt. Vergrößerung: A-E x216 57 58 4.1.4. Katze 4.1.4.1. Molekulare Charakterisierung 4.1.4.1.1. Präprorelaxin cDNA-Sequenz Die cDNA für das Präprorelaxin der Katze wurde aus mRNA von uteroplazentarem Gewebe am Tag 35 der Trächtigkeit durch RT- und RACE-PCR kloniert. Mit einem degenerierten Oligonukleotid-Primerpaar (Tab. 5) wurde zunächst ein 430 bp Fragment des Prorelaxins amplifiziert. Die komplette Kodierungssequenz des Präprorelaxins der Katze betrug 540 bp und gliederte sich in ein Signalpeptid von 25 Aminosäuren (75 bp), eine B-Domäne von 33 Aminosäuren (99 bp), eine C-Domäne von 98 Aminosäuren (294 bp) und eine A-Domäne von 24 Aminosäuren (72 bp; Abb. 17). Das Rezeptorbindungsmotiv in der B-Domäne des Katzenrelaxins wich in einer Position (Leu→Phe37) von der konservierten Peptidsequenz (-GRELVR-) ab. Das Präprorelaxin der Katze zeigte höchste Homologie zu den Präprorelaxinen des Pferdes und des Schweines (Tab. 17; Klonisch et al., 1999a). Tabelle 17. Homologie des Präprorelaxins der Katze und der einzelnen Domänen mit Relaxinen anderer Spezies. Spezies Signalpeptid BDomäne Schwein Dromedar H1b H2b Hund Pferd Ratte Maus 60,0 60,0 52,0 52,0 80,0 60,0 40,0 48,0 54,5 63,0 48,5 54,5 48,9 54,0 27,3 36,4 a Prozentsatz identischer Aminosäuren b H1 und H2: die zwei humanen Präprorelaxine C-Domäne A-Domäne 59,2 65,3 50,0 50,0 52,2 51,2 39,8 43,9 45,8 41,7 37,5 41,7 66,7 53,4 41,7 41,7 Totala 56,6 54,5 48,3 50,0 58,3 56,6 37,8 42,8 Abb. 17. Die Nukleinsäure- und kodierende Peptidsequenz für das Präprorelaxin der Katze. Die Primerbindungsstellen sind durch Pfeile markiert und das Rezeptorbindungsmotiv in der B-Domäne ist hervorgehoben. Numerierung der Primer siehe Tab. 5. 59 Signalpeptid 1 1 Met Leu Arg Leu Phe Leu Ser His Leu Leu Gly Val Trp Leu Leu Leu Ser Leu Arg Ala Arg Lys Ile ATG CTG CGC CTG TTC TTA TCC CAC CTG CTG GGA GTC TGG CTG CTA CTG AGC CTA CGT GCC AGA AAG ATC (3) 23 69 24 70 Pro Ala Gln Glu Glu Val Leu Lys Ala Cys Gly Arg Glu Phe Val Arg Leu Gln Ile Arg Ile Cys Gly CCA GCC CAG GAG GAA GTG TTA AAA GCA TGC GGC CGA GAG TTT GTC CGA CTA CAA ATC CGG ATC TGC GGC (1) (5) 47 139 Ser Leu Ser Trp Gly Lys Ser Ser Gln Gln His Arg Glu Pro Arg Gln Ala Pro Ala Ala Leu Pro Glu TCA TTG TCC TGG GGA AAA AGC AGT CAA CAA CAC CGG GAA CCT CGG CAG GCA CCC GCC GCA CTC CCA GAA (5) (6) 69 207 70 208 Ile Val Ser Ser Ser Ile Thr Ser Gly Ala Glu Ala Leu Asn Gly Met Leu Glu Tyr Ile Pro Asp Leu ATC GTG TCC TCC TCC ATC ACC AGT GGT GCA GAA GCC TTG AAT GGG ATG TTG GAA TAC ATT CCT GAT TTG 92 276 93 277 Pro Gln Glu Leu Lys Ala Thr Leu Ser Glu Arg Glu Pro Ser Phe Arg Glu Leu Gln Pro Ser Leu Lys CCA CAA GAG CTG AAG GCA ACA CTG TCT GAG AGG GAG CCA TCA TTC AGA GAA CTA CAA CCT TCA TTG AAG 115 345 116 346 Asp Ser Asn Leu Asn Leu Glu Glu Val Glu Lys Ser Ile Leu Gly Arg Gln Asn Glu Ala Glu Asp Gln GAT TCT AAT CTT AAC TTG GAA GAA GTG GAG AAA AGT ATT CTT GGT AGA CAA AAT GAA GCT GAA GAC CAA (7) 138 414 139 415 Ser Leu Ser Gln Leu Gly Arg Ser Arg Leu Asp Ala His Ser Arg Ile Lys Arg Ser Asp Tyr Ile Arg AGT CTT TCA CAA TTA GGA AGA TCA AGG TTA GAT GCA CAT TCT CGA ATA AAG AGA TCA GAC TAT ATA AGA (8) 161 483 162 484 Tyr Ser Asp Arg Cys Cys Asn Val Gly Cys Thr Arg Lys Glu Leu Ala Asp Leu Cys stop TAC AGT GAC AGG TGT TGT AAC GTA GGT TGT ACC AGG AAA GAG CTT GCT GAT TTA TGC TGA (2) (4) B-Domäne 46 138 C-Domäne A-Domäne 60 180 543 Abb 18. Northern Analyse zum Nachweis spezifischer Präprorelaxin-Transkripte der Katze in uteroplazentarem Gewebe am Tag 35 der Gravidität. 1 Ein spezifisches Hybridisierungsignal bei 1 kb wurde mit der Northern 2 Analyse in Gesamt-RNA uteroplazentaren Gewebes am Tag 35 der 28 S Gravidität (1) nachgewiesen, während Gesamt-RNA aus Lebergewebe 18 S keine Hybridisierungssignale zeigte (2; Abb. 18). 1 kb 4.1.4.2. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.1.4.2.1. Uteroplazentares Gewebe In-situ Hybridisierungen mit einer Digoxigenin-markierten antisense cRNA-Sonde für Präpro-relaxin wurden auf Kryostatschnitten von Katzenplazenten am Tag 35 der Gravidität durchge-führt. Im lamellären Chorioallantois-Anteil der zonaren Gürtelplazenta wurden spezifische Hybridisierungsignale für Relaxin detektiert (Abb. 19A, E, G). Die paraplazentaren uterinen Areale, die Zellen der plazentaren Transitionszone, die uterinen Drüsen, das Myometrium sowie mit sense cRNA behandelte Gewebeschnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (Abb. 19B). Die villösen, Relaxin mRNA-exprimierenden Zellen wurden aufgrund ihrer immunpositiven Färbung für Cytokeratin als Trophoblasten identifiziert (Abb. 19F, H). Trophoblasten an den fetalen Zottenspitzen, die in der plazentaren Transitionszone lokalisiert waren und das maternale Endometrium invadierten exprimierten kein Relaxin (Abb. 19A, G). Extravillöse Trophoblasten, die sich von der Zottenspitze losgelöst hatten und im endometrialen Stroma lokalisiert waren, exprimierten ebenfalls keine Relaxin mRNA (Abb. 19H). Mit dem Relaxin-Antiserum R6 gelang der Nachweis von immunreaktivem Relaxin in den Relaxin mRNA-exprimierenden villösen Trophoblastzellen des plazentaren Labyrinths (Abb. 19C). Die Trophoblastzellen der invadierenden Zottenspitzen sowie die extravillösen Trophoblasten zeigten keine Immunreaktivität für Relaxin. Experimente zur Kontrolle der Spezifität der durchgeführten immunhistochemischen Färbungen erfolgten unter Ausschluß der entsprechenden Primärantikörper und zeigten keine Färbung (Abb. 19D, I). 61 4.1.4.3. Zusammenfassung • Die cDNA für das Präprorelaxin der Katze besitzt die für alle bekannten Relaxine charakteristischen Struktur (N´ Signalpeptid-B-C-AC´ ). • In der Katzenplazenta wird Relaxin ausschließlich von villösen Trophoblasten im lamellären Labyrint der Gürtelplazenta exprimiert. Invadierende Trophoblasten an der fetalen Zotten-spitze sowie extravillöse Trophoblasten im maternalen Endometrium exprimieren kein Relaxin. Abb. 19. An Gefrierschnitten uteroplazentaren Gewebes einer Katze am Tag 35 der Gravidität erfolgte der spezifische Nachweis von Relaxin Transkripten mit der nichtradioaktiven in-situ Hybridisierung (A, B, E, G). Der Nachweis von immunreaktivem Relaxin mit einem polyklonalen Antiserum aus dem Kaninchen (R6; C) und von immunreaktivem Cytokeratin mit dem Maus monoklonalen Antikörper MNF-116 (F, H) erfolgte mit der Kaninchen- bzw. Maus-APAAP indirekten Immunhistochemie. Die Trophoblasten in den Villi (v) des lamellären plazentaren Labyrints (l) exprimierten spezifisch Relaxin-mRNA (A, E, G). Die Zellen in der Transitionszone (t), die uterinen Drüsen (u), das Myometrium (m), die paraplazentaren uterinen Areale sowie die mit der Digoxigenin-markierten sense cRNA inkubierten Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (A, B). Die Relaxin-mRNA-exprimierenden Zellen waren immunpositiv für Cytokeratin (F, H) und wurden als villöse Trophoblasten identifiziert. Trophoblasten an der Spitze der invadierenden Villi (v) in der Transitionszone (t) exprimierten immunoreaktives Cytokeratin (Pfeile; H) aber keine Relaxin Transkripte (A, G). Immunoreaktives Relaxin wurde im plazentaren Labyrint (l) lokalisiert, in denen auch Relaxin-mRNA-exprimierende Trophoblasten nachweisbar waren (C). Typische immunhistochemische Negativkontrollen für die Kaninchen- und Maus-APAAP Methode wurden unter Ausschluß des entsprechenden Primärantikörpers durchgeführt und ergaben keine Färbung (D, I). Vergrößerungen: A, B x29; E, F x145; C, D, G-I x 72. 62 63 4.1.5. Hund 4.1.5.1. Molekulare Charakterisierung 4.1.5.1.1. Präprorelaxin cDNA-Sequenz Die cDNA für das Präprorelaxin des Hundes wurde aus mRNA uteroplazentaren Gewebes am Tag 35 der Trächtigkeit kloniert. Mit degenerierten Oligonukleotidprimern, die entsprechend der Aminosäuresequenz für die A- und B-Domäne des Hunderelaxins (Stewart et al.,1992b) hergestellt waren (Tab. 6), gelang die Amplifikation eines 424 bp Fragmentes für das Prorelaxin. Die cDNASequenz des Präprorelaxins betrug 531 bp und kodierte für ein Signalpeptid von 25 Aminosäuren (75 bp), eine B-Domäne von 35 Aminosäuren (105 bp), eine C-Domäne von 93 Aminosäuren (279 bp) und eine A-Domäne von 24 Aminosäuren (72 bp; Abb. 20). Die aus der cDNA-Sequenz abgeleiteten Aminosäuresequenzen für die A- und B-Domäne waren identisch mit den publizierten Sequenzen für das Hunderelaxin (Stewart et al., 1992b). Das Rezeptorbindungsmotiv der BDomäne zeigte mit Glu→Asp37 und Leu→Tyr38 zwei Substitutionen im klassischen GRELVR-Motiv. Das Präprorelaxin des Hundes zeigte höchste Homologie zum Präprorelaxin des Schweines (Tab. 18; Klonisch et al., 1999b). Tabelle 18. Homologie des Präprorelaxins des Hundes und der einzelnen Domänen mit Relaxinen anderer Spezies. Spezies Signalpeptid BDomäne C-Domäne A-Domäne Schwein Dromedar H1b H2b Katze Pferd Ratte Maus 72,0 51,4 50,0 41,7 72,0 57,1 51,6 33,3 52,0 34,3 37,0 45,8 52,0 31,4 34,8 50,0 80,0 48,9 52,2 66,7 64,0 39,9 48,9 54,2 44,0 42,9 33,7 41,7 52,0 34,3 31,5 45,8 a b Prozentsatz identischer Aminosäuren H1 und H2: die zwei humanen Präprorelaxine Totala 52,3 48,3 39,8 38,6 58,3 50,0 38,1 36,9 Abb. 20. Nukleinsäure- und kodierende Aminosäuresequenz für das Präprorelaxin des Hundes. Die Domänen des Präprorelaxins sowie die Primerbindungsstellen sind durch Pfeile markiert (siehe auch Tab 6). Das potentielle Rezeptorbindungsmotiv in der B-Domäne ist hervorge-hoben. 64 Signalpeptid 1 1 Met Leu Arg Trp Phe Leu Ser His Leu Leu Gly Val Trp Leu Leu Leu Ser Gln Leu Pro Arg Glu Ile ATG CTG CGC TGG TTC TTG TCC CAC CTG CTA GGT GTC TGG CTG CTA CTA AGC CAA CTT CCC AGA GAG ATC (3) 23 69 24 70 Pro Ala Thr Asp Asp Lys Lys Leu Lys Ala Cys Gly Arg Asp Tyr Val Arg Leu Gln Ile Glu Val Cys CCA GCC ACG GAT GAC AAG AAA CTT AAG GCA TGT GGT CGT GAT TAT GTC CGC CTA CAG ATT GAG GTC TGC (5) (1) (6) (7) 47 139 Gly Ser Ile Trp Trp Gly Arg Lys Ala Gly Gln Leu Arg Glu Arg Arg Gln Ile Ser Glu Pro Leu Ala GGC TCC ATC TGG TGG GGG AGA AAG GCT GGC CAG CTG CGG GAA CGT CGG CAG ATA TCC GAA CCC CTG GCA (7) 69 207 70 208 Glu Val Val Pro Ser Ser Ile Ile Asn Asp Pro Glu Ile Leu Ser Leu Met Leu Gln Ser Ile Pro Gly GAA GTT GTG CCA TCC TCC ATC ATC AAT GAT CCA GAA ATC TTA AGT TTG ATG TTG CAA TCC ATT CCC GGT (9) 92 276 93 277 Met Pro Gln Glu Leu Arg Ile Ala Thr Arg Ser Gly Lys Glu Lys Leu Leu Arg Glu Leu His Phe Val ATG CCA CAG GAA CTG AGG ATA GCA ACA CGG TCT GGG AAG GAG AAG TTA TTA AGA GAG CTA CAC TTT GTA (9) (8) 115 345 116 346 Leu Glu Asp Ser Asn Leu Asn Leu Glu Glu Met Lys Lys Thr Phe Leu Asn Thr Gln Phe Glu Ala Glu CTG GAA GAT TCC AAT CTT AAC TTG GAA GAA ATG AAG AAA ACT TTT CTT AAC ACA CAA TTT GAA GCT GAA 138 414 139 415 Asp Lys Ser Leu Ser Lys Leu Asp Lys His Pro Arg Lys Lys Arg Asp Asn Tyr Ile Lys Met Ser Asp GAC AAA AGC CTT TCA AAA TTA GAT AAA CAT CCC CGA AAA AAG AGA GAT AAC TAC ATA AAA ATG AGT GAT 161 483 162 484 Lys Cys Cys Asn Val Gly Cys Thr Arg Arg Glu Leu Ala Ser Arg Cys stop AAA TGT TGT AAT GTA GGT TGT ACC AGA AGA GAG CTT GCT AGC CGA TGC TGA (2) (4) 177 528 B-Domäne 46 138 C-Domäne A-Domäne 65 Abb. 21. Northern Analyse zum Nachweis spezifischer Präprorelaxin-Transkripte im uteroplazentaren Gewebe des Hundes. 1 2 Ein spezifisches Hybridisierungssignal von 1 kb wurde in der 28 S Northern Analyse mit Gesamt-RNA aus uteroplazentarem Gewebe am Tag 35 der Gravidität (2), nicht jedoch aus der Niere (1), nachgewiesen (Abb. 21). 18 S 1 kb 4.1.5.2. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.1.5.2.1. Uteroplazentares Gewebe Uteroplazentares Gewebe am Tag 30 und 35 der Gravidität von je zwei Hündinnen diente zur Gewebelokalisation der Relaxin-Transkripte. Spezifische Hybridisierungssignale waren auf die labyrintäre zonare Gürtelplazenta beschränkt (Abb. 22A, B). Die paraplazentaren uterinen Anteilen, die plazentare Transitionszone, das Myometrium sowie mit Digoxigenin-markierter sense cRNA inkubierte Gewebeschnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (Abb. 22C). Das maternale Endometrium invadierende fetale Zotten waren von einer basalen Schicht isoprismatischer Zellen umgeben, die keine Relaxin-mRNA exprimierten (Abb 22A, B). Diese Zellen waren immunpositiv für Cytokeratin und wurden als Cytotrophoblasten identifiziert (Abb. 22G). Diese Cytotrophoblasten waren von einer dichte Zellschicht umgeben, die eine starke spezifische Hybridisierung für RelaxinmRNA zeigte (Abb. 22A, B). In den plazentaren Paraffinschnitten waren starke Hybridisierungssignale für Relaxin-mRNA an der Spitze der fetalen Villi und schwächere netzartige Hybridisierungssignale an der Basis der Villi nachweisbar (Abb. 22A). In den entsprechenden Kryoschnitten waren die netzartigen Hybridisierungssignale deutlicher sichtbar. Die Relaxin-mRNAexprimierenden Zellen waren ebenfalls immunpositiv für Cytokeratin aber immunnegativ für Vimentin und wurden als Syncytiotrophoblasten identifiziert (Abb. 22G, H). Mit dem für Hunderelaxin spezifischen Kaninchen-Antiserum No. 79813 (Steinetz et al., 1996) gelang der Nachweis immunreaktiven Relaxins in den Relaxin-mRNA-exprimierenden Syncytiotrophoblasten (Abb. 22E). Mit einem Antikörper gegen von-Willebrand-Faktor, einem Markermolekül für vaskuläre 66 Endothelzellen, konnte eine intensive Vaskularisation im Bereich des Relaxin-sezernierenden Syncytiotropho-blasten immunhistochemisch nachgewiesen werden (Abb. 22I). Kontrollexperimente unter Ausschluß des Primärantikörpers ergaben keine spezifische Färbungen (Abb. 22F). 4.1.5.3. Zusammenfassung • Das Präprorelaxin des Hundes kodiert für 177 Aminosäuren und besitzt zwei Aminosäureaustausche in der Rezeptorbindungssequenz der B-Domäne. • In der zonaren Gürtelplazenta des Hundes exprimiert der Syncytiotrophoblast, nicht jedoch der Cytotrophoblast, Präprorelaxin. • Im Bereich der Relaxin-sezernierenden Syncytiotrophoblasten war ein ausgedehntes kapilläres Gefäßnetz nachweisbar. Abb. 22. Bouin-fixiertes und paraffiniertes uteroplazentares Gewebe einer Hündin am Tag 30 der Trächtigkeit diente dem Nachweis von Relaxin-mRNA mit der nichtradioaktiven in-situ Hybridisierung (A-C). Mit einer Kaninchen- oder Maus-APAAP indirekten Immunhistochemie wurden immunreaktives Relaxin mit einem polyklonalen Antiserum spezifisch für Hunderelaxin (Nr. 78513; D-E), Cytokeratin (G) oder Vimentin (H) mit einem monoklonalen Mausantikörper und von-Willebrand Faktor (I) mit einem polyklonalen Kaninchen Antiserum detektiert. Spezifische Hybridisierungssignale für Relaxin mRNA wurden im Syncytio-trophoblast der fetalen Villi (v) des plazentaren Labyrints nachgewiesen (A, B). Der Cytotrophoblast der fetalen Villi (A, B), das maternale Endometrium, die paraplazentaren uterinen Areale sowie die mit Digoxigenin-markierter sense cRNA inkubierten Gewebeschnitte zeigten keine Hybridisierungssignale für Relaxin mRNA (C). Das Cytokeratin-positive (G) und Vimentin-negative (H) fetale Syncytium exprimierte auch immunreaktives Relaxin (D, E). Endometriale Stromazellen zeigten eine starke Expression für immunreaktives Vimentin (nicht gezeigt), während vaskuläres Endothel eine schwache Färbung aufwies (Pfeil; H). Mit dem Nachweis immunreaktiven von-Willebrand Faktors gelang die Darstellung eines dichten kapillären Netzwerk im Syncytium der Hundeplazenta (I). Eine typische immunhistochemische Negativkontrolle ist in (F) dargestellt. Maßstab: A, C, D, F, H, I: x131; B, E, G: x262. 67 68 4.1.6. Zusammenfassung der Ergebnisse der Relaxin-Studien • Die in dieser Arbeit klonierten cDNA-Moleküle kodieren für Relaxine mit den strukturellen Voraussetzungen für eine intakte Bioaktivität als sekretierte Hormone. • Die phylogenetischen Analysen der Präprorelaxine der beiden Halbaffen Galago crassicaudatus und Varecia variegata zeigen a.) eine erstärkte Aminosäuresubstitutionsrate und folglich erhöhte Mutationsrate im Vergleich zu den Präprorelaxinen anderer Primaten und b.) deuten auf einen gemeinsamen afrikanischen Ursprung aller Primaten, einschließlich der Halbaffen, hin. • Immunreaktives Relaxin wird in den ovariellen Follikeln und Relaxin-mRNA und immunreaktives Relaxin werden in Luteinzellen des Corpus luteum der nichhtträchtigen Stute und des trächtigen Dromedars exprimiert. • Relaxin ist ein frühes Produkt nicht-invasiver Trophoblasten des Allantochorions im Pferdeembryo. • Relaxin wird in den epitheliochorialen Plazenten der Equiden, des Dromedars und des Halbaffen Galago crassicaudatus exprimiert. Jedoch bestehen bezüglich der Relaxin-exprimierenden Zellen und des zeitlichen Expressionsmusters erhebliche Unterschiede in den verschiedenen Spezies: − Equines Relaxin wird früh während der Plazentation im nicht-invasiven kuboidalen Trophoblasten der reifenden Mikrokotyledonen nachgewiesen. MHC Klasse I-immunpositive invasive equine Trophoblasten und elongierte Trophoblasten exprimieren kein Relaxin. − Die Relaxin-Expression in der epitheliochorialen beginnt beim Dromedar erst um den Tag 93 der Gravidität in uterinen luminalen Epithelzellen. Fetale kuboidale Trophoblasten exprimieren schwach immunreaktives Relaxin. Elongierte Trophoblasten der Areolae und multinukleäre Riesenzellen exprimieren kein Relaxin. − In einer postpartalen Plazenta von Galago crassicaudatus gelang der Relaxin-Nachweis in fetalen villösen Trophoblasten. • In den endotheliochorialen Plazenten der Katze und des Hundes wird Relaxin ausschließlich in fetalen Trophoblasten des plazentaren Anteils der Gürtelplazenta, nicht jedoch in den paraplazentaren und uterinen Regionen exprimiert. In der Katzenplazenta exprimieren Cytotrophoblasten Relaxin, während in der Hundeplazenta Relaxin ein frühes Sekretions-produkt des Syncytiotrophoblasten darstellt. 69 4.2. Relaxin-like Faktor (RLF) 4.2.1. Ziege 4.2.1.1. Molekulare Charakterisierung 4.2.1.1.1. RLF cDNA Die 396 bp lange cDNA für den Relaxin-like faktor (RLF) der Ziege wurde aus mRNA eines adulten Ziegenhodens kloniert und kodierte für ein Polypeptid von 131 Aminosäuren (Abb. 23). Entsprechend der potentiellen enzymatischen Prozessierungsstellen in RLF-Molekülen anderer Spezies (Ivell, 1997a), gliederte sich das Ziegen-RLF in ein Signalpeptid von 24 Aminosäuren (72 bp), eine B-Domäne von 31 Aminosäuren (93 bp), eine C-Domäne von 50 Aminosäuren (150 bp) und eine A-Domäne von 26 Aminosäuren (78 bp; Abb. 23). Die Lokalisation und Anzahl der Cysteine sowie die potentielle Rezeptorbindungssequenz RALVR in der B-Domäne waren konserviert (Abb. 23). Von allen RLF-Domänen war die Peptidsequenz der A-Domäne am stärksten konserviert (Abb. 23). Ziegen-RLF zeigte 98% Homologie mit den RLF-Sequenzen anderer Widerkäuer und eine geringere Homologie zum RLF des Schweines (86%) und des Menschen (70%) (Tab. 19; Hombach-Klonisch et al., 1999). Tabelle 19. Homologievergleich der Aminosäuresequenz des Ziegen-RLF mit RLF-Molekülen anderer Spezies. Höchste Homologie bestand zum RLF der Wiederkäuer Rind und Schaf. Signalpeptid B-Domäne C-Domäne A-Domäne Totala Rind 100% 93,6% 100% 100% 98,5% Schafb 93,3% 93,6% 98,0% 96,2% 95,9% Schwein 75,0% 87,1% 87,8% 92,3% 86,3% Mensch 75,0% 71,0% 62,0% 80,8% 70,2% Marmoset 75,0% 67,7% 58,0% 80,0% 67,7% Galago 66,7% 74,2% 68,0% 80,8% 71,8% Maus 53,3% 67,7% 47,8% 61,5% 55,7% Spezies a Prozent identischer Aminosäuren b keine komplette Signalpeptidsequenz kloniert (Roche et al., 1996) 70 Abb. 23. cDNA und kodierende Aminosäuresequenz für den Relaxin-like Faktor (RLF) der Ziege. Die Einzeldomänen des RLF sowie die Primerbindungsstellen sind durch Pfeile gekennzeichnet (siehe auch Tab. 8). Das potentielle Rezeptorbindungsmotiv in der B-Domäne ist hervorgehoben. 1 Met 1 ATG 23 Pro 67 CCT Signalpeptid Asp Arg Arg Pro Leu Thr Trp Ala Leu Val Leu Leu Gly GAC CGT CGT CCG CTC ACC TGG GCT CTG GTG CTG CTG GGC (3) (1) B-domain Ala Ala Ala Gln Glu Ala Pro Glu Lys Leu Cys Gly His GCA GCC GCG CAG GAG GCG CCG GAG AAA CTG TGT GGC CAC (5) 45 Leu Cys 133 CTG TGC (6) 67 Leu Arg 199 CTA CGG Pro Ala Leu Ala Ile Ala Leu Gly CCG GCC CTT GCA ATC GCC CTC GGT 22 66 His Ser Val Arg Ala Leu Val Arg 44 CAC TCC GTG CGC GCG CTC GTG CGG 132 (6) C-domain Gly Gly Pro Arg Trp Ser Ser Glu Ser Gly Arg Pro Val Ala Gly Gly Asp Arg Glu Leu 66 GGC GGC CCG CGC TGG TCT TCC GAG TCC GGG CGA CCT GTG GCT GGC GGC GAC CGT GAG CTC 198 Trp Leu Glu Gly Gln His Leu Leu His Gly Leu Met Ala Ser Gly Asp Pro Val Leu TGG CTG GAA GGA CAA CAT CTC CTC CAT GGG CTG ATG GCC AGT GGG GAC CCC GTG CTG (7) A-domain 89 Leu Ala Pro Gln Pro Leu Pro Gln Ala Ser Arg His His His His Arg Arg Ala Thr Ala Ile 289 CTG GCC CCA CAG CCC CTG CCC CAG GCT TCT CGC CAT CAC CAC CAC CGC CGT GCA ACT GCC ATC (7) (8) Val 88 GTA 264 Asn 110 AAC 330 111 Pro Ala Arg His Cys Cys Leu Ser Gly Cys Thr Arg Gln Asp Leu Leu Thr Leu Cys Pro His stop131 331 CCT GCC CGC CAC TGC TGC CTC AGC GGC TGC ACC CGG CAA GAC CTG CTG ACC CTC TGT CCC CAC TGA 396 (9) (2,4) 71 Abb. 24. Northern Analyse für Ziegen-RLF. 1 2 Northern Analyse mit einer Digoxigenin-markierten antisense cRNA für Ziegen-RLF zeigte ein 3 4 spezifisches Hybridisierungssignal von 0.9 kb mit Gesamt-RNA des Hodens (1). RNA des Nebenhodens (2), der Leber (3), des Muskels (4) sowie mit einer Digoxigenin-markierten sense cRNA für Ziegen-RLF inkubierte Northern Blots ergaben 28S 18S 0.9 kb keine Hybridisierungssignale. Identische Ergeb-nisse wie in Abb. 24 wurden mit Gesamt-RNA von entsprechenden Damwild-Geweben erzielt (nicht ge-zeigt). 4.2.1.1.2. Genomische Struktur Southern Analyse einer mit den Restriktionsenzymen HindIII (1) 1 2 oder EcoRI (2) verdauten genomischen DNA ergab nach Inkubation mit einem 32 P-markierten PCR-Fragment für Ziegen- RLF spezifische Hybridisierungssignale bei 4,5 kb (HindIII) und 3 kb (EcoRI; Abb. 25). Southern Analysen genomischer DNA des Damwildes mit einem 32P-markierten Damwild-RLF PCR-Fragment 4.5 kb ergaben identische Ergebnisse (nicht gezeigt). Die Ziege und das Damwild besitzten somit nur ein RLF-Gen. 3.0 kb Abb. 25. Southern Blot genomischer DNA der Ziege. 4.2.1.2. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.2.1.2.1. Hoden In Hoden von drei 27 Monate alten geschlechtsreifen Ziegenböcken wurden spezifische Hybridisierungssignale für RLF-Transkripte in den interstitiellen Leydigzellen nachgewiesen (Abb. 72 27A-C). Die Zellen der Tubuli seminiferi und des Nebenhodens sowie Hodenschnitte, die mit der Digoxigenin-markierten sense cRNA für Ziegen-RLF behandelt wurden, zeigten keine Hybridisierungssignale (Abb. 27E). Die Leydigzellen waren immunpositiv für die zwei Markermoleküle des Steroidstoffwechsels, 3β-Hydroxysteroid Dehydrogenase (3β-HSD) und 17α-Hydroxylase (Abb. 27D). Kontrollexperimente zur Spezifität der durchgeführten immunhistochemischen Färbungen erfolgten unter Ausschluß der entsprechenden Primär-antikörpers und ergaben keine Färbung (Abb. 27F). 4.2.1.2.2. Uteroplazentares Gewebe Mit spezifischen Primern für Ziegen-RLF (Tab. 8) gelang der RT-PCR Nachweis eines 396 bp langen Amplifikates in Ziegen-Plazenta zum Zeitpunkt der Geburt (Abb. 26). Das Amplifikat wurde durch Sequenzanalyse als RLF der Ziege identifiziert. Abb. 26. RT-PCR Nachweis von RLF-mRNA in der Plazenta der Ziege. 1 2 3 Nachweis eines spezifischen Amplifikates für RLF in cDNA einer Ziegenplazenta (1). Eine RT-PCR mit plazentarer Gesamt-RNA anstelle von cDNA als Template diente als Negativkontrolle. 100 bp396 bp Marker (3). 4.2.1.3. Zusammenfassung • Die RLF-Sequenz der Ziege ist, wie die RLF-Sequenzen anderer Widerkäuer, hoch konserviert. • Die Ziege besitzt nur ein Gen für RLF. • Ziegen-RLF wird in den testikulären Leydigzellen und in der Plazenta exprimiert. Abb. 27. An Paraffinschnitten des adulten Ziegenhodens erfolgte der spezifische Nachweis von RLF-Transkripten mit nichtradioaktiver in-situ Hybridisierung in interstitiellen Leydig-zellen (A-C). Mit einer sense cRNA inkubierte Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (E). Die Leydigzellen wurden durch den Nachweis des immunreaktiven 3β-HSD charakteri-siert (D). Eine typische immunhistochemische Negativkontrolle ist in (F) gezeigt. Vergrößerungen: A, E, F x132; B, C, D x262. 73 74 4.2.2. Damwildes (Dama dama) 4.2.2.1. Molekulare Charakterisierung 4.2.2.1.1. RLF cDNA und genomische Struktur Die RLF-cDNA des Damwildes wurde aus testikulärer mRNA eines adulten Damwildbockes kloniert und kodierte für ein Polypeptid von 131 Aminosäuren (396 bp) mit einem Signalpeptid von 24 Aminosäuren (72 bp), einer B-Domäne von 31 Aminosäuren (93 bp), einer C-Domäne von 50 Aminosäuren (150 bp) und einer A-Domäne von 26 Aminosäuren (78 bp; Abb. 28). Damwild-RLF zeigte ca. 96% Nukleinsäure- und Aminosäurehomologie (Tab. 20) zu den RLF Molekülen der Widerkäuer Rind, Schaf und Ziege. Die RLF-Peptidsequenzen der Wiederkäuer zeigte eine Sequenzheterogenität an der Grenze zwischen der B- und C-Domäne, wobei das RLF des Rindes eine zusätzliche Glutaminsäure (Glu55) enthielt (Abb. 29). Identisch zu den Northern Analysen bei der Ziege war ein spezifisches Hybridisierungssignal bei 0,9 kb in Gesamt-RNA des Hodens nachweisbar, während der Nebenhoden, die Leber und der Muskel keine RLF-Transkripte enthielten (siehe Abb. 24). Southern Analyse einer mit den Restriktionsenzymen HindIII (1) oder EcoRI (2) verdauten genomischen DNA ergab nach Inkubation mit einem 32 P-markierten PCR- Fragment für Damwild-RLF spezifische Hybridisierungssignale bei 4,5 kb (HindIII) und 3 kb (EcoRI). Diese Ergebnisse waren identisch zu den Southern Analysen bei der Ziege (siehe Abb. 25). Tabelle 20. Homologievergleich der Aminosäuresequenz des Damwild-RLF mit RLF-Molekülen anderer Spezies. Höchste Homologie bestand zum RLF der Widerkäuer Rind und Schaf. Spezies Signalpeptid B-Domäne C-Domäne A-Domäne Totala Rind 95,8% 96,8% 100% 100% 96,9% Ziege 95,8% 90,3% 98,0% 100% 96,2% Schafb 86,7% 96,8% 98,0% 96,2% 95,1% Schwein 75,0% 90,3% 87,8% 92,3% 86,3% Mensch 70,8% 74,2% 64,0% 80,8% 71,0% Marmoset 70,8% 71,0% 56,0% 80,0% 77,7% Maus 53,3% 64,5% 47,8% 61,5% 64% a Prozent identischer Aminosäuren b keine komplette Signalpeptidsequenz vorhanden 75 Abb. 28. cDNA und kodierende Aminosäuresequenz für das RLF des Damwildes. Die Einzeldomänen des RLF und die Primerbindungsstellen sind durch Pfeile gekennzeichnet (siehe auch Tab. 8). Das potentielle Rezeptorbindungsmotiv in der B-Domäne ist hervorgehoben. Signalpeptid 1 1 Met Asp Arg Arg Pro Leu Thr Trp Ala Leu Val Leu Leu Gly Pro Ala Leu Ala Ile Ala Leu Ser 22 ATG GAC CGT CGT CCG CTC ACC TGG GCC CTG GTG CTG CTG GGC CCG GCC CTT GCG ATC GCC CTC AGT 66 (3) (1) (5) 23 67 Pro Ala Ala Ala Gln Glu Val Pro Glu Lys Leu Cys Gly His His Phe Val Arg Ala Leu Val Arg 44 CCT GCA GCC GCG CAG GAG GTG CCT GAG AAA CTG TGT GGC CAC CAC TTC GTG CGC GCG CTC GTG CGG132 (5) (6) 45 133 Leu Cys Gly Gly Pro Arg Trp Ser Ser Glu Asp Arg Arg Pro Val Ala Gly Gly Asp Arg Glu Leu 66 CTG TGC GGC GGC CCG CGC TGG TCT TCC GAG GAC CGG CGA CCT GTG GCT GGC GGC GAC CGT GAG CTC198 (6) 67 199 Leu Arg Trp Leu Glu Gly Gln His Leu Leu His Gly Leu Met Ala Ser Gly Asp Pro Val Leu Val 88 CTA CGG TGG CTG GAA GGA CAA CAT CTC CTC CAT GGG CTG ATG GCC AGT GGG GAC CCT GTG CTG GTT264 (7) B-Domäne C-Domäne A-Domäne 89 265 Leu Ala Pro Gln Pro Leu Pro Gln Ala Ser Arg His His His His Arg Arg Ala Thr Ala Ile Asn110 CTG GCC CCA CAA CCC CTG CCC CAG GCT TCT CGC CAT CAC CAC CAC CGC CGG GCA ACT GCC ATC AAC330 (7) (8) 111 331 Pro Ala Arg His Cys Cys Leu Ser Gly Cys Thr Arg Gln Asp Leu Leu Thr Leu Cys Pro His & 131 CCT GCC CGC CAC TGC TGC CTC AGC GGC TGC ACC CGG CAA GAC CTG CTG ACC CTC TGT CCC CAC TGA396 (9) (2;4) 76 Abb. 29. Schematische Darstellung des Homologievergleiches der bislang klonierten RLF-Moleküle von Widerkäuern. Identische Aminosäuren sind durch einen Punkt gekennzeichnet. B-Domäne Ziege Damwild Rind Schaf AAQEAPEKLCGHHSVRALVRLCGGPRWSSES....V........F................-D .............F................ED .............F................-D C-Domäne Ziege Damwild Rind Schaf GRPVAGGDRELLRWLEGQHLLHGLMASGDPVLVLAPQPLPQASRHHHHRR R................................................. .................................................. ...A.............................................. A-Domäne Ziege Damwild Rind Schaf ATAINPARHCCLSGCTRQDLLTLCPH .......................... .......................... ...V...................... 4.2.2.2. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.2.2.2.1. Hoden Spezifische Hybridisierungssignale für RLF-mRNA wurden in den interstitiellen Leydigzellen des adulten Damwildhodens lokalisiert, die auch immunoreaktive 3β-HSD und 17α-Hydroxylase exprimierten. Die Zellen der Tubuli seminiferi, der Nebenhoden und mit Digoxigenin-markierte sense cRNA inkubierte Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale. Die Ergebnisse zur testikulären RLFExpression im Damwild waren identisch mit denen aus dem Ziegenhoden (siehe Abb. 27). 4.2.2.2.2. Ovar In den ovariellen Follikeln dreier adulter Tiere exprimierten die Theca interna-Zellen RLF- mRNA (Abb. 30A). Die Expression war variabel, da nicht in allen Follikeln RLF-Transkripte detektiert wurden. Die Luteinzellen der Corpora lutea exprimierten ebenfalls RLF-mRNA (Abb. 30C). Die mit 77 Digoxigenin-markierter sense RLF-cRNA inkubierten Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (Abb. 30B, F). Abb. 30. Mit einer Digoxigenin-markierten antisense cRNA für das Damwild-RLF erfolgte der Nachweis spezifischer Hybridisierungssignale in den Zellen der Theca interna (ti; A) des Ovars und den Luteinzellen des Corpus luteum (C). Granulosazellen (g), ovariellen Stromazellen sowie mit einer sense cRNA behandelte Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (B). In uteroplazentarem Gewebe am Tag 80 der Gravidität wurden RLF-Transkripte in den endometrialen Drüsen nachgewiesen (D). Im nichtträchtigen Uterus wurden spezifische Hybridisierungssignale für RLF-mRNA im luminalen uterinen Epithel sowie in vornehmlich basal lokalisierten endometrialen Drüsen (Pfeile) detektiert (E). Mit einer sense-cRNA inkubierte Schnitte zeigten keine spezifischen Hybridisierungssignale (B, F). Vergrößerungen: A-D x216; E, F x108. 78 4.2.2.2.3. Uterus und uteroplazentares Gewebe Im nichtträchtigen Uterus und in interplazentaren Uterusarealen wurde RLF-mRNA im uterinen Epithel und in den vornehmlich basal liegenden uterinen Drüsen detektiert (Abb. 30 E). In Plazenten am Tag 80 und 110 der Trächtigkeit war RLF-mRNA sowohl in den uterinen Drüsen (Abb. 30D), im luminalen Epithel und in fetalen Trophoblasten nachweisbar (Abb. 31A, B). Fetale Stromazellen exprimierten ebenfalls RLF-Transkripte, während das maternale Stroma frei von RLF-mRNA war. Die in den fetalen Villi lokalisierten kuboidalen, uninukleären Trophoblasten exprimierten schwach RLF-mRNA sowie immunreaktives Cytokeratin (Abb. 31A, B, D). Binukleäre Trophoblasten (BNC) wurden mit den beiden Antikörpern gegen ovines plazentares Laktogen (oPL; Abb. 31E) und Pregnancy-Specific-Protein-60 (PSP-60; nicht gezeigt) identifiziert. Die basal dem fetalen Zottenstroma aufliegenden BNC zeigten eine starke Expression für RLF-Transkripte, während die apikal dem uterinen Epithel anliegenden BNC häufig keine RLF-mRNA exprimierten (Abb. 31A, B). Elongierte, Cytokeratin-positive Trophoblasten (Abb. 31G) an der Basis der fetalen Zotten exprimierten schwach RLF Transkripte. Mit dem monoklonalen Antikörper 87G (Blaschitz et al., 1997) gelang der Nachweis immunreaktiver MHC Klasse Ib-Antigene auf der Oberfläche der elongierten Trophoblasten (Abb. 31H). Kontrollexperimente mit einer Digoxigenin-markierten sense cRNA zeigten keine Hybridisierungssignale (Abb. 31C). Der Ausschluß der entsprechenden Primärantikörper diente als Negativkontrolle und ergab keine Färbung (Abb. 31H, I). Abb. 31. In Damwild-Plazenten am Tag 80 (B, D, E, F) und am Tag 120 (A, C, G-I) der Gravidität erfolgte der Nachweis von RLF-mRNA im uterinen luminalen Epithel der maternalen plazentaren Septen (m) sowie in uni- und binukleären Trophoblasten (BNC; Pfeile) entlang der plazentaren Villi (v; A) und in den Zottenspitzen (B). RLF-mRNA-exprimierende BNC waren vornehmlich basal (A, B) und BNC mit Expression für immunreaktives plazentares Laktogen vor allem apikal (E) im villösen Zottenepithel lokalisiert. Elongierte Trophoblasten an der Basis der plazentaren Villi (I) exprimierten schwach RLF-mRNA (nicht gezeigt). Elongierte Trophoblasten (G) und villöse uninukleäre Trophoblasten, nicht jedoch BNC (D), exprimierten immunreaktives Cytokeratin. Ausschließlich elongierte Trophoblasten exprimierten immunreaktiven MHC Klasse Ib Moleküle (H). Die mit sense cRNA inkubierten Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (C). Immunhistochemische Negativkontrollen zeigten ebenfalls keine Färbung (F, I). Vergrößerungen: A-I x 216. 79 4.2.2.3. Zusammenfassung • Im Hoden ist RLF-mRNA ein spezifisches Transkript adulter testikulärer Leydigzellen. • RLF-mRNA wird im nichtträchtigen Uterus und im uteroplazentaren Gewebe exprimiert. • Binukleäre Trophoblasten exprimieren stark RLF-mRNA. • Elongierte Trophoblasten exprimieren RLF-mRNA und präsentieren MHC Klasse Ib- Antigene auf ihrer Zelloberfläche. • Die Theca interna Zellen und die Granulosazellen der ovariellen Follikel sowie die Luteinzellen des Corpus luteum exprimieren RLF-Transkripte. 80 4.2.3. Galago crassicaudatus 4.2.3.1. Molekulare Chrakterisierung 4.2.3.1.1. RLF cDNA Die RLF-cDNA wurde aus Hodengewebe eines geschlechtsreifen Galago crassicaudatus kloniert und kodierte für ein RLF-Peptid von 131 Aminsäuren (396 bp), das sich in ein Signalpeptid von 24 Aminosäuren (72 bp), eine B-Domäne von 31 Aminosäuren (93 bp), eine C-Domäne von 50 Aminosäuren (150 bp) und eine A-Domäne von 26 Aminosäuren (78 bp) (Abb. 32) gliederte. Das RLF von G. crassicaudatus enthielt die konservierte potentielle Rezeptorbindungssequenz RALVR in der B-Domäne (Abb. 32). RT-PCR ergab Amplifikate für RLF im Hoden, aber nicht in der Plazenta von G. crassicaudatus (nicht gezeigt). Höchste Aminosäurehomologie bestand zu den beiden Primaten-RLF Sequenzen des Menschen (79,4%) und des Neuweltaffen Callithrix jacchus (74,6%; Tab. 21). Northern-Analysen waren wegen der geringen zur Verfügung stehenden RNAMengen nicht möglich. Tabelle 21. Homologievergleich der Aminosäuresequenz des RLF von Galago crassicaudatus mit RLF Molekülen anderer Spezies. Höchste Homologie bestand zum RLF der Menschen. Spezies Signalpeptid B-Domäne C-Domäne A-Domäne Totala Mensch 83,3% 80,6% 76,0% 80,8% 79,4% Marmoset 83,3% 77,4% 68,0% 76,0% 74,6% Schwein 58,3% 80,6% 64,6% 88,5% 72,5% Rind 66,7% 77,4% 67,3% 80,8% 70,2% Ziege 66,7% 74,2% 68,0% 80,8% 71,8% Schafb 66,7% 77,4% 67,3% 80,8% 73,0% Maus 26,7% 77,4% 56,5% 73,1% 61,5% a Prozent identischer Aminosäuren b keine komplette Signalpeptidsequenz vorhanden 81 Abb. 32. cDNA und kodierende Aminosäuresequenz für das RLF von Galago crassicaudatus. Die Einzeldomänen des RLF und die Primerbindungsstellen sind durch Pfeile gekennzeichnet. Primer (1) bindet teilweise und Primer (8) vollständig ausserhalb des RLF-kodierenden cDNA-Bereiches (Numerierung siehe Tab. 9). Nur die innerhalb des kodierenden cDNA-Bereiches liegenden Primerbindungsstellen sind dargestellt. Das potentielle Rezeptorbindungsmotiv in der B-Domäne ist hervorgehoben. Signalpeptid 1 1 23 67 Met Asp Pro Arg ATG GAC CCC CGT (3;5) (1) Pro Ser Leu Ser CCT AGT CTT TCC Leu Ser Val Trp Ala Leu Val Leu Leu Gly Pro Ala Leu Val Phe Ala Leu His 22 CTG TCC GTC TGG GCG CTG GTG CTG CTG GGT CCT GCC CTA GTT TTC GCG CTG CAC 66 (6) B-Domäne Leu Glu Thr Arg Glu Lys Leu Cys Gly His His Phe Val Arg Ala Leu Val Arg 44 CTG GAG ACG CGG GAG AAG TTG TGT GGC CAC CAC TTC GTG CGC GCT CTG GTG CGC132 (7) C-Domäne 45 133 Leu Cys Gly Gly Pro Arg Trp Ser Pro Glu Ala Gly Thr Ser Ser Ala Gly Gly Asp Arg Glu Leu 66 CTG TGC GGT GGC CCG CGC TGG TCC CCC GAG GCG GGG ACA TCC TCA GCT GGC GGT GAC CGT GAA CTG198 67 199 Leu Gln Trp Leu Glu Arg Pro His Leu Leu His Gly Leu Val Ala Glu His Asp Pro Ala Leu Val 88 CTA CAG TGG CTG GAG AGA CCA CAT CTG CTC CAT GGG TTG GTG GCT GAG CAT GAC CCT GCA TTG GTA264 89 265 Pro Gly Leu Gln Pro Leu Pro Gln Ala Ser His His His Arg His His Arg Ala Ala Thr Thr Asn110 CCT GGC CTG CAA CCC CTC CCC CAG GCT TCT CAC CAT CAT CGC CAT CAC CGG GCA GCT ACC ACC AAC330 111 331 Pro Ala His Arg Cys Cys Leu Ser Gly Cys Thr Arg Gln Asp Leu Leu Thr Leu Cys Pro His & 131 CCT GCA CAC CGC TGC TGT CTC AGT GGC TGC ACC CGA CAA GAC CTG CTG ACC CTC TGT CCC CAC TGA396 (2;4) A-Domäne 82 4.2.3.1.2. Genomische Organisation Southern Analyse einer mit den Restriktionsenzymen EcoRI (1) oder 1 2 HindIII (2) verdauten genomischen DNA ergab nach Inkubation mit dem 32 P-markierten RLF-Fragment spezifische Hybridisierungssignale bei 1,9 kb 13 kb (EcoRI) und 13 kb (HindIII; Abb. 33). 1.9 kb Abb. 33. Southern Analyse genomischer DNA von G. crassicaudatus. Eine phylogenetische Analysen der RLF-Moleküle von G. crassicaudatus, dem Menschen und dem Neuweltaffen Callithrix jacchus (Abb. 34) deuteten auf einen gemeinsamen evolutionsbiologischen Ursprung dieser Primaten. Von den drei Primatensequenzen zeigte das RLF von G. crassicaudatus die höchste Anzahl an Aminosäuresubstitutionen. Abb. 34. Phylogramm der Peptidsequenzen aller bislang klonierten RLF-Moleküle. Das RLF des Schweines diente als Referenzsequenz. Die Berechnung der Aminosäure-Substitutions-matrix erfolgte nach Jones et al. (1992). Die Zweiglänge ist proportional zur Anzahl der Aminosäuresubstitutionen in dieser Sequenz, wobei eine Aminosäuresubstitution pro zehn Aminosäuren der angegebenen Zweiglänge von 0,1 entspricht. Die Zahl an der Verzweigungs-stelle entspricht der prozentualen Wahrscheinlichkeit für die korrekte Positionierung der Verzweigung im Phylogramm. 83 4.2.3.2. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.2.3.2.1. Hoden In der cDNA aus testikulärer RNA, nicht jedoch aus plazentarer RNA, eines G. crassicaudatus wurde ein spezifisches Amplifikat für RLF isoliert und sequenziert (Abb. 32). Mit der nichtradioaktiven in-situ Hybridisierung erfolgte der Nachweis von RLF-Transkripten in interstitiellen testikulären Leydigzellen (Abb. 35a) in Hodengewebe dreier geschlechtsreifer Lemuren der in Madagaskar endemischen Spezies Varecia variegata. Das kryokonservierte testikuläre Gewebe von G. crassicaudatus eignete sich für diese Untersuchungen nicht. Die Zellen der Tubuli seminiferi, des Nebenhodens und die mit Digoxigenin-markierter sense RLF-cRNA inkubierten Gewebe- 84 schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (Abb. 35b). Die testikulären Leydigzellen waren immunpositiv für 17α-Hydroxylase (Abb. 35c). Abb. 35. In Bouin-fixiertem Hodengewebe dreier geschlechtsreifer Lemuren der Spezies Varecia variegata erfolgte der spezifische Nachweis von RLF-Transkripten in interstitiellen Leydigzellen (A). Das Keimepithel, die Zellen des Nebenhodens sowie mit Digoxigenin-markierter sense-cRNA inkubierte Paraffinschnitte (B) zeigten keine Hybridisierungssignale. Die RLF-mRNA- exprimierenden interstitiellen testikulären Leydigzellen wurden durch den Nachweis von 17αHydroxylase (C) weiter charakterisiert. Die immunhistochemischen Negativkontrollen unter Ausschluß des Primärantikörpers ergaben keine Färbung (D). Vergrößerungen: A-D x216. AA BB C C D D 4.2.3.3. Zusammenfassung • G. crassicaudatus besitzt nur ein Gen für RLF. • Das Phylogramm zeigt eine relativ hohe Aminosäure-Substitutionsrate mit erhöhter Mutationsrate für das RLF von G. crassicaudatus. • In der Lemurenspezies V. variegata und sehr wahrscheinlich bei allen Halbaffen ist RLF-mRNA spezifisch in adulten testikulären Leydigzellen exprimiert. • Die Plazenta von G. crassicaudatus exprimiert keine RLF-Transkripte. 85 4.2.4. Mensch (Homo sapiens) 4.2.4.1. Expression und Lokalisation im Gewebe 4.2.4.1.1. Testikuläre Leydigzell-Neoplasien Der Nachweis von RLF-mRNA im humanen Hodengewebe erfolgte mit einer Digoxigeninmarkierten antisense cRNA eines für humanes RLF spezifischen 550 bp PCR-Fragment. Im normalen adulten menschlichen Hoden zeigten ausschließlich interstitielle Leydigzellen ein spezifisches Hybridisierungssignal (Abb. 36; 1). Humane testikuläre Leydigzell-Hyperplasien zeigten einen graduellen Verlust der RLF-Expression von der Peripherie zum Zentrum der Hyperplasie (Abb. 36; 3, 5), während benachbart gelegene nicht hyperplastische Leydigzellen eine normale Expression für RLF-mRNA zeigten. In den beiden untersuchten humanen Leydigzell-Adenomen waren RLFTranskripte nur in Leydigzellen der Randzone, nicht jedoch im Zentrum der Adenome, nachweisbar (Abb. 36; 3; Klonisch et al., 1999c). Das Keimepithel der Tubuli seminiferi sowie die mit der Digoxigenin-markierten sense cRNA behandelten Hodenschnitte zeigten keine Hybridisierung (nicht gezeigt). Der Nachweis von immunreaktivem humanem RLF mit dem polyklonalen Rattenantiserum RA 15 (Ivell et al., 1997b) stimmte mit dem in der in-situ Hybridisierung ermittelten Expressionsmuster für RLF-mRNA überein (Abb. 36; 2, 4, 6). Das Expressionsprofil für immunreaktives 3β-HSD, einem Markermolekül für Leydigzellen, entsprach der RLF-Expression im Tumorgewebe (nicht gezeigt). Die RLF-Expression in den Leydigzell-Neoplasien beruhte nicht auf einem veränderten Proliferationsverhalten dieser Leydigzellen, da von diesen weniger als 1% den nukleären Proliferationsmarker Ki-67 exprimierten. Kontrollexperimente unter Ausschluß des primären Antikörpers ergaben keine Immunfärbung (nicht gezeigt). Abb. 36. Nichtradioaktive in-situ Hybridisierung mit einer Digoxigenin-markierten antisense-cRNA Sonde für humanes RLF im normalen humanen Hoden (1), einem Leydigzell-Adenom (3) und einer Leydigzell-Hyperplasie (5). Während Leydigzellen des normalen Hodens RLF-mRNA exprimierten (1), war in den Leydigzell-Neoplasien eine starke Abnahme der RLF-Transkriptmenge von der Peripherie zum Zentrum nachweisbar (3, 5). Die Ergebnisse des immunhistochemischen Nachweises von RLF mit dem Antikörper RA 15 im normalen Hoden (2), einem Leydigzell-Adenom (4) und einer Leydigzell-Hyperplasie (6) waren vergleichbar den Daten aus der in-situ Hybridisierung. Maßstab: 1, 2, 5, 6: 15 µm; 3, 4: 25 µm. 86 4.2.4.1.2. Ovarieller Sertoli-Leydigzell-Tumor (SLCT) Der spezifische Nachweis von RLF erfolgte in Leydigzellen zweier Patientinnen mit virilisierendem ovariellem Sertoli-Leydigzell-Tumor (Abb. 37 A, C). In den ovariellen Leydig-zellnestern wurden sowohl mit der nichtradioaktiven in-situ Hybridisierung sowie beim immunhistochemischen RLFNachweis mit dem polyklonalen Rattenantiserum RA 15 (Ivell et al., 1997b) RLF-positive und RLFnegative Leydigzellen nachgewiesen. Die ovariellen Leydig-zellen wurden durch ihre typische Histologie und den spezifischen Nachweis immunreaktiver 3β-HSD und 17α-Hydroxylase identifiziert (Abb. 37 E, G). RLF-negative ovarielle Leydigzellen exprimierten weder immunreaktive 3β-HSD noch 17α-Hydroxylase. Eine kombinierte in-situ Hybridisierung für RLF mit anschließender Immunhistochemie für Cytokertain 18 zeigte, daß die RLF-mRNA-exprimierenden ovariellen Leydigzellen, im Unterschied zu RLF-positiven testikulären Leydigzellen, immunreaktives 87 Cytokeratin 18 exprimierten (Abb. 37 F; Klonisch et al., 1999d). Vergleichbar den Verhältnissen im humanen Hoden konnte der Proliferationsmarker Ki-67 nur in sehr wenigen ovariellen Leydigzellen nachgewiesen werden (nicht gezeigt; Klonisch et al., 1999d). Abb. 37. In einem ovariellen Sertoli-Leydigzell-Tumor (SLCT) erfolgte der spezifische Nachweis von RLF-mRNA (A, F) und immunreaktivem RLF (C) in der Leydigzell-Komponente. Die Sertoli Zellen, das ovarielle Stroma sowie die mit einer sense-cRNA Sonde für RLF inkubierten Schnitte (B) zeigten keine Hybridisierungssignale. Die Leydigzellen des SLCT wurden durch den Nachweis von immunreaktiver 3β-HSD (E) und 17α-Hydroxylase (G) charakterisiert. Der Nachweis der Koexpression von RLF-mRNA und immunreaktivem Cytokeratin 18 in den ovariellen Leydigzellen (F) gelang mit einer Kombination aus in-situ Hybridisierung und Immunhistochemie. Vergrößerungen: A, C, E, F: x550; B, D: x275. 88 4.2.4.1.3. Uteroplazentares Gewebe In Plazenten zweier nichtpathologischer Schwangerschaften der 9. und 13. SSW erfolgte der Nachweis von RLF-mRNA im villösen und extravillösen Cytotrophoblasten (Abb. 38 A, D). Bezüglich der maternalen Deciduazellen und des Syncytiotrophoblasten kann derzeit keine eindeutige Aussage zur RLF-mRNA-Expression gemacht werden. Es erscheint jedoch möglich, daß die maternale Deciduazellen schwach und der Syncytiotrophoblast keine RLF-mRNA exprimieren (Abb. 38 J). Extravillöse Cytotrophoblasten in der gesamten Invasionszone der Haftzotten und in der Decidua basalis exprimierten RLF-mRNA (Abb. 38 A, H). Auch intravaskulär gelegene Cytotrophoblasten exprimierten RLF-mRNA (Abb. 38 H). Syncytio- und Cytotrophoblasten wurden durch den Nachweis immunreaktiven Cytokeratins (Abb. 38 B, I) und die maternalen Deciduazellen durch den immunhistochemischen Nachweis von Vimentin (Abb. 38 C) charakterisiert. Mit dem monoklonalen Mausantikörper HLA-A2, der spezifisch HLA-A und HLAG erkennt, erfolgte der Nachweis von HLA-G auf der Zelloberfläche einer Subpopulation extravillöser RLF-mRNA-exprimierender Cytotrophoblasten (Abb. 38 E). In der humanen Plazenta wird kein HLA-A präsentiert. Negativkontrollen zur in-situ Hybridisierung (Abb. 38 D, G) und Immunhistochemie (Abb. 38 F) zeigten keine Färbung. Abb. 38. In einer humanen Plazenta der 13. SSW (A-I) und 9. SSW (J) erfolgte der Nachweis von RLF-mRNA mit einer Digoxigenin-markierten antisense cRNA für humanes RLF in den Zotten und in der Decidua basalis (d; H). In den Haftzotten (A) waren RLF-exprimierende Zellen entlang des Villus (v) nachweisbar (A). Diese Zellen waren immunpositiv für Cytokeratin (B) und immunnegativ für Vimentin (C) und wurden als Cytotrophoblasten identifiziert. Die Expression von immunoreaktivem HLA-G war auf den extravillösen Cytotrophoblasten beschränkt (E). In der Decidua basalis (d) und im Lumen decidualer Gefäße wurden RLF-mRNA-exprimierende interstitielle sowie vaskuläre Cytotrophoblasten (vt; H) lokalisiert und durch den Nachweis immunreaktiven Cytokeratins identifiziert (I). In einer Plazenta der 9. SSW exprimierten villöse (v) Cytotrophoblasten RLF-mRNA, während der Syncytiotrophoblast (Pfeil) keine Hybridisierungssignale zeigte (J). Mit sense cRNA inkubierte Schnitte zeigten keine Hybridisierungssignale (D, G) und die immunhistochemischen Negativkontrollen ergaben keine Färbung (F). Vergrößerungen: A-F x109; G-J x218. 89 4.2.4.2. Zusammenfassung • In testikulären Leydigzell-Hyperplasien und -Adenomen erfolgt eine graduelle Abnahme der Genexpression für RLF von der Peripherie zum Zentrum der Neoplasie. • Leydigzellen ovarieller SLCT zeigen ein heterogenes RLF-Expressionsmuster und unterscheiden sich von testikulären Leydigzellen durch die Expression von Cytokertain 18. • In der normalen humanen Plazenta der 9. und 13. SSW exprimieren villöse und extravillöse Cytotrophoblasten RLF mRNA. Die RLF-Expression ist konstitutiv und unabhängig vom jeweiligen Proliferations- und Differenzierungszustand des extravillösen Cytotrophoblasten. 90 4.2.5. Zusammenfassung der Ergebnisse der RLF-Studien • Die in dieser Arbeit klonierten RLF-Moleküle erfüllten die strukturellen Voraussetzungen für eine intakte Bioaktivität. • Phylogenetische Analysen zeigen eine erhöhte Aminosäure-Substitutionsrate für das RLF von Galago crassicaudatus und deuten auf eine frühe eigenständige molekulare Evolution des RLF im Vergleich zu den RLF des Menschen und des Marmoset hin. • In den Genomen der Wiederkäuer-Spezies Ziege und Damwild sowie in Galago crassicaudatus existiert nur ein RLF-Gen. • Alle bislang klonierten RLF-Moleküle von Mitgliedern der Familie der Bovidae sind hoch konserviert. • Im weiblichen Reproduktionstrakt des Damwildes wird RLF-mRNA im Ovar, dem nichtträchtigen Uterus und in der synepitheliochorialen Plazenta exprimiert. Binukleäre Trophoblasten der Damwild-Plazenta exprimieren stark RLF-mRNA. Elongierte Tropho-blasten an der Zottenbasis exprimieren schwach RLF-mRNA und präsentieren auf ihrer Zelloberfläche MHC Klasse Ib-Moleküle. • RLF-Transkripte werden auch in der Plazenta der Ziege nachgewiesen. • Im Hoden aller hier untersuchten Spezies exprimieren interstitielle Leydigzellen spezifisch RLFmRNA. • Humane Leydigzell-Hyperplasien und -Adenomen zeigen eine graduelle Abnahme der RLFExpression von der Peripherie zum Zentrum der Neoplasie. • Ektopisch lokalisierte Leydigzellen eines virilisierenden ovariellen Sertoli-Leydigzell-Tumors (SLCT) zeigen ein heterogenes RLF-Expressionsmuster. • RLF-mRNA wird in der hämochorialen Plazenta des Menschen von villösen und extravillösen Cytotrophoblasten exprimiert. 91