Klinik und Poliklinik für Urologie, Uroonkologie und Kinderurologie Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h.c. H. Rübben Ansprechpartner: Dr. med. C. Börgermann Hufelandstraße 55 45122 Essen Tel. 0201 723 3261 Fax 0201 723 5853 [email protected] Verfahrensanleitungen zu den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) und der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) Prostatakarzinom 2007 Urologische Universitätsklinik Essen Westdeutschen Tumorzentrum Essen e.V. (WTZE) in Kooperation mit Sektion Leitlinien des Arbeitskreises - Uroonkologie Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim, Neuss, Oberhausen, Troisdorf, Velbert Dr. med. Bröcheler Dr. med. Buck Prof. Dr. med. Fichtner Prof. Dr. med. Goepel Dr. med. Hautkappe Prof. Dr. med. Höfner Prof. Dr. med. Hutschenreiter Prof. Dr. med. Jacobi PD Dr. med. Krege Dr. med. Krüger PD Dr. med. Lümmen Prof. Dr. med. Meyer-Schwickerath PD Dr. med. Miller Prof. Dr. med. Otto Dr. med. Rabs Prof. Dr. med. Dr. h.c. Rübben Prof. Dr. med. Schmid PD Dr. med. Sperling Dr. med. Stöblen Prof. Dr. med. Stuschke Prof. Dr. med. Wammack Früherkennung Einleitung Populations basiertes Screening zur Detektion eines Prostatakarzinoms ist definiert als eine Untersuchung asymptomatischer aber potenziell gefährdeter Männer. Dabei geht die Initiative zur Untersuchung vom Untersucher selbst aus. Im Gegensatz dazu geht die Initiative zur Früherkennung des Prostatakarzinoms, auch opportunistischen Screening genannt, vom Patienten aus. Da Prostatakarzinome in Frühstadien asymptomatisch sind und erst spät durch eine klinische Symptomatik wie Schmerzen, Hämaturie, Miktionsstörungen oder Rektuminfiltration evident werden, kann der Tumor nur durch eine solche Untersuchung in einem noch heilbaren Stadium, d.h. organbegrenzt, entdeckt werden. Die Effektivität des Screening beim Prostatakarzinom ist z.Zt. unbewiesen. Zur Evaluation der Effektivität des Prostatakarzinom-Screenings werden zwei große randomisierte Studien durchgeführt. In den USA die PLCO (Prostate, Lung, Colorectal and Ovary) und in Europa die ERSPC (European Randomized Screening for Prostate Cancer) Studie. Ergebnisse dieser beiden Studien bezüglich des Unterschiedes der Mortalitätsrate des Prostatakarzinoms zwischen dem Screening- und Kontrollarm werden für 2008 erwartet. Dennoch besteht heutzutage ein weitgehender Konsens, dass man Männern mit Wunsch nach Früherkennung des Prostatakarzinoms mittels PSA-Test (Prostata-Spezifischen-Antigen) und digital-rektaler Untersuchung diese, nach eingehender Aufklärung, nicht verweigern sollte. Stand S3-Leitlinie 2002 Das Eintrittsalter in die jährliche Früherkennung liegt bei 50 Jahren und bei 45 Jahren, wenn eine familiäre Belastung besteht. Eine letzte Früherkennung erfolgt mit 75 Jahren, bei steigender Lebenserwartung auch später. Die digital-rektale Palpation allein ist keine Früherkennungs-untersuchung, sie wird durch die Bestimmung des PSA-Wertes ergänzt. Vor der ersten PSA-Bestimmung ist die Aufklärung über nachfolgend notwendig werdende Maßnahmen wie Biopsie der Prostata, die Behandlung und deren Risiken notwendig. Ein erhöhter PSA-Wert muß vor einer weiteren Diagnostik kontrolliert werden. Fehlerquellen in der Präanalytik und Analytik sind zu beachten und auszuschließen. Der Schwellenwert von 4,0 ng/ml wird z.Zt. als Indikation zu einer Biopsie unter sonographischer Kontrolle und Antibiotikaschutz gesehen. Stanzbiopsien werden in den bekannt häufigsten Tumorregionen, vorwiegend also lateral, entnommen. Die Anzahl der Biopsien ist abhängig von dem durch transrektale Sonographie ermittelten Volumen der Prostata, beträgt aber mindestens 6 2 Biopsien. Eine höhere Biopsiezahl verbessert die Diagnose eines Karzinoms. Bei nicht eindeutigem oder zweifelhaftem bioptischen Befund, fehlendem Karzinomnachweis bei gleichbleibendem oder steigendem PSA-Wert, einer High Grade PIN (prostatische intraepitheliale Neoplasie) oder einer ASAP (atypical small acinar proliferation), wird eine Rebiopsie mit mindestens 6 Gewebeproben innerhalb von sechs Monaten nach Ausschluß aller intra- und extraprostatischen Störfaktoren vorgenommen. Vor der erneuten Biopsie wird 2 Wochen lang ein Antibiotikum gegeben und dann eine erneute PSA-Bestimmung durchgeführt, um eine entzündlich bedingte PSA-Erhöhung auszuschließen. Zukunft der PSA-basierten Früherkennung Die Leitlinie zur Früherkennung des Prostatakarzinoms wird z.Zt. neu entwickelt. Dabei sollen die Hauptkritikpunkte an der PSA-basierten Früherkennung berücksichtigt werden:1. Anzahl unnötiger PSA-Bestimmungen, 2. Anzahl unnötiger Biopsien, 3. Anzahl unnötiger Behandlungen, da das Prostatakarzinom trotzdem progredient wird oder auch ohne Behandlung stabil bleibt. Die Anzahl unnötiger PSA-Bestimmungen könnte durch ein längeres Untersuchungsintervalls gesenkt werden. Die gewonnene Zeit von dem Zeitpunkt eines positiven Tests bis zur ohne Test zur erwartenden klinischen Diagnose heißt „Leadtime“. Prostatakarzinome haben eine Leadtime von 5 bis 10 Jahren. Im Rahmen der ERSPC Studie wurden 8350 Patienten in einer ersten Runde untersucht. Eine Biopsie wurde ab einem Schwellenwert von 3ng/ml durchgeführt. Dabei wurden 412 Prostatakarzinome diagnostiziert. In einem Intervall von 48 Monaten fielen 18 Intervallkarzinome auf, die alle im Tumorstadium T1 bzw. T2 waren und damit kurativ therapierbar. Ein optimales Intervall für die Früherkennung durch PSA-Test kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festgelegt werden. Dennoch erscheint in Anbetracht der Datenlage eine jährliche Untersuchung nicht mehr sinnvoll. Eine Verlängerung des Intervalls würde über weniger durchgeführte PSA-Bestimmungen und Biopsien neben einer Kosteneinsparung auch zur Vermeidung einer unnötigen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Eine Studie zur Aktiven Beobachtung von Patienten mit stanzbioptisch nachgewiesenem Prostatakarzinom zeigt mögliche Ansätze, um die Anzahl unnötiger Behandlungen und ggf. auch unnötige Diagnostik zu reduzieren. Dabei wurden 299 Patienten mit gesicherter Diagnose eines Prostatakarzinoms mit niedrigem Risiko nicht therapiert sondern aktiv Beobachtet, d.h. wenn das Prostatakarzinom progredient wurde., wurden die Patienten zu 3 diesem Zeitpunkt in kurativer Intention therapiert. Die Patienten waren älter als 70 Jahre, das PSA kleiner 15ng/ml, das klinische Tumorstadium maximal cT2b und der Gleason Score war kleiner 7. Der Gleason-Score wurde in den 70er Jahren eingeführt. Er wird ausschließlich verwendet, um die Aggressivität von Prostatakarzinomen zu bewerten. Hohe Gleason-Scores zeigen stärker vom Normalen abweichende Gewebearten. Um ihn zu errechnen, bewertet man die zwei am meisten vorkommenden Gewebemuster unter einem Mikroskop mit einer Zahl zwischen 1 und 5 (und erzielt dann den Score zwischen 2 und 10). Ein Progress wurde u.a. über einer PSA-Verdopplungszeit von weniger als zwei Jahren definiert. Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 55 Monaten betrug das krankheitsspezifische Überleben 99%. 60% der Patienten zeigten keinen Progress und wurden weiter aktiv nachbeobachtet. Auf die Früherkennung angewandt könnte dementsprechend die Dynamik des PSA-Wertes helfen Biopsien zu sparen und Lebensqualität zu verbessern. Die o.g. 60% der Patienten, die in der Beobachtungsgruppe verblieben, hätten, wenn man als Kriterium für die Stanzbiopsie eine PSA-Verdopplungszeit von weniger als zwei Jahren fordern würde, keine Biopsie erhalten, würden deshalb Ihre Diagnose nicht kennen und damit in der Lebensqualität profitieren. Der Einsatz der PSA-Wertveränderung über die Zeit gibt einen Anhalt dafür wie aggressiv ein Prostatakarzinom ist. 7 tPSA [ng/ml] 6 PCa Gruppe gutartige Gruppe 5 4 3 2 1 0 Jahr 0 Jahr 2 Jahr 4 Jahr 6 Jahr 8 Jahr 10 PSA-Verlauf über 10 Jahre: Während bei Patienten ohne Tumornachweis der PSA-Wert fast konstant bleibt, beobachtet man bei Karzinomträgern eine rasante Zunahme des PSA-Wertes über die Zeit. Um die Dynamik rechtzeitig zu erfassen, ist eine Absenkung des Eintrittsalters in einem Bereich mit minimalem Karzinomrisiko erforderlich. Ein intelligenter Einsatz könnte also schon vor der invasiven Diagnostik helfen zwischen den Patienten zu unterscheiden, die frühzeitig therapiert werden sollten bzw. denjenigen, die voraussichtlich ein klinisch 4 insignifikantes Karzinom aufweisen. Obwohl das Konzept der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit schon seit vielen Jahren verfolgt wird, ist es noch nicht möglich eine abschließende Empfehlung zu geben. Schlussfolgerung Die PSA-basierte Früherkennung könnte in Zukunft wie folgt aussehen: Beginn mit 40 Jahren und Ende bei einer Lebenserwartung von weniger als 10 Jahren. Zur Vermeidung unnötiger Untersuchungen könnte das Untersuchungsintervall für Patienten mit einem PSA-Wert kleiner als 2ng/ml auf 2 Jahre verlängert werden. Der starre Schwellenwert als Biopsieindikation könnte einer dynamischen Betrachtung, z.B. einem Anstieg von 0,5ng/ml/Jahr, weichen. Früherkennung des Prostatakarzinoms Beginn Heute Mögliche Zukunft 50 Jahre 40 Jahre Ende Untersuchungsintervall* Biopsieindikation Lebenserwartung < 10 Jahre Jährlich Alle 2 Jahre PSA ≥ 4ng/ml PSA ≥ 0,5ng/ml/Jahr * für PSA-Werte < 2ng/ml, ansonsten jährlich 5 Diagnostik und Staging Digital rektale Untersuchung Die digital-rektale Untersuchung (DRU) der Prostata ist ein grundlegendes und kostengünstiges Untersuchungsverfahren in der Früherkennung des Prostatakarzinoms. Sie wird seit Einführung der gesetzlichen Früherkennung in Deutschland 1971 empfohlen. Allerdings muss die Leistungsfähigkeit der DRU kritisch hinterfragt werden. Es werden max. 10-15% der Prostatakarzinome mit einem PSA-Wert kleiner als 4ng/ml durch die DRU entdeckt. Trotz der geringen Detektionsrate ist gerade für PSA-Werte kleiner als 4ng/ml der positiv-prädiktive Wert ausreichend hoch, da diese Karzinome zum größten Teil die Kriterien eines klinisch signifikanten Tumors erfüllen und ohne die digital-rektale Untersuchung übersehen würden. Ein weiters Manko ist, dass bei suspekten Tastbefunden, unabhängig vom PSA-Wert, bereits rund 40% - 70% der Karzinome die Organgrenze überschreiten und somit potenziell nicht mehr kurativ therapierbar sind. Transrektaler Ultraschall Die Untersuchung der Prostata mit Hilfe des transrektalen Ultraschalls (TRUS) ist aufwendiger und kostenintensiver im Vergleich zur DRU. Des Weiteren ist er nicht flächendeckend verfügbar. Der Enthusiasmus, dass der der transrektale Ultraschall durch Darstellung echoarmer Areale in der Prostata die Früherkennung des Prostatakarzinoms verbessern kann, hat sich nicht bestätigt. Laut interdisziplinärem Konsens konnten in der Vergangenheit mehrere Studien die Unfähigkeit des TRUS, lokalisierte Prostatakarzinome im Rahmen der Früherkennung zu identifizieren, belegen. Mit der Weiterentwicklung des Ultraschalls werden in jüngerer Vergangenheit Versuche unternommen die Sensitivität und Spezifität des TRUS zu verbessern. Dazu gehören die farbkodierte Duplexsonographie, der Power-Doppler, das Ultraschallkontrastmittel, die B-Bild-Harmonic Sonographie, die 3Dimensionale Darstellung und die Verwendung neuronaler Netzwerke (z.B. computed TRUS) 6 Nach den aktuellen Empfehlungen der American Cancer Society und der European Association of Urology hat der TRUS in der Diagnostik des Prostatakarzinoms einen gewissen Stellenwert. Die wichtigste Rolle kommt dem TRUS bei der Stanzbiopsie der Prostata zu. Er ermöglicht zum einen eine systematische Entnahme der Stanzzylinder als auch die Punktion suspekter Areale. Stanzbiopsie der Prostata Eine stanzbioptische Abklärung der Prostata ist nach den bestehenden Leitlinien bei auffälliger DRU und / oder einer unklaren PSA-Erhöhung über 4ng/ml indiziert, insofern die mögliche Diagnosestellung hinsichtlich Lebenserwartung und Lebensqualität zu therapeutischen Konsequenzen führt. Allgemeiner, international etablierter Standard, ist die Durchführung einer transrektalen, ultraschallgesteuerten Stanzbiopsie der Prostata. Dabei werden in Abhängigkeit des Organvolumens mindestens je 3 Biopsien aus verschiedenen Stellen beider Prostataseitenlappen entnommen. Die Entnahme muss unter Antibiotikaschutz erfolgen, bevorzugt mit einem Gyrasehemmer. Beschriebene Komplikationen stellen die Hämaturie über mehr als drei Tage (22%), die Hämospermie (50 %), Fieber (3,5%) und uroseptische Zustände, die eine Hospitalisierung erforderlich machen (0,5%) dar. Prostataspezifisches Antigen Das Prostataspezifische Antigen hat mit seiner routinemäßigen Einführung Ende der 80’er Jahre die Früherkennung des Prostatakarzinoms revolutioniert. Die PSA-Bestimmung in der Früherkennung führt zu einer Stadienverschiebung der entdeckten Karzinome. Vor Einführung des PSA wurden 2/3 aller Karzinome im organüberschreitenden Stadium ohne kurative Therapieoption entdeckt. Aktuell werden 2/3 der Tumore organbeschränkt diagnostiziert. In den USA, dem ersten Land welches PSA-Tests in der Früherkennung 7 einsetzte, wurde eine Abnahme der Prostatakarzinom bedingten Mortalität seit 1991 beobachtet. Ob diese Mortalitätssenkung nur auf eine verbesserte Therapie oder tatsächlich auf eine frühere Diagnose in organbegrenzten Stadien zurückzuführen ist, ist bis zur Auswertung der großen Screeningstudien 2008 nicht zu entscheiden. Der PSA-Wert ist ein organspezifischer und kein tumorspezifischer Marker. Neben dem Malignom kann die PSA-Konzentration im Serum durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden: 1. pharmakologisch (Finasteride, LHRH-Analoga, Antiandrogene), 2. prostatische Erkrankungen (akute/chronische Prostatitis, BPH, Harnverhaltung), 3. urologische Manipulation (Prostatastanzbiopsie, digital-rektale Untersuchung). 80-85% der Patienten weisen in großen untersuchten Kollektiven einen PSA-Wert unter 4 ng/ml auf, 1015 % zwischen 4-10 ng/ml und 2-5% über 10 ng/ml (Abbildung 2). Die Karzinomfindung liegt bei Werten unter 4 ng/ml bei bis zu 15%, zwischen 4 und 10 ng/ml bei 25% und über 10ng/ml steigt dieser Wert parallel zur Organüberschreitung auf über 50% an (Tabelle 1). Tab. 1. Karzinomfindungsrate in Abhängigkeit des PSA-Wertes PSA [ng/ml] Karzinomfindungsrate [%] < 0,5 6,6 0,6 - 1,0 10,1 1,1 - 2,0 17,0 2,1 – 3,0 23,9 3,1 – 4,0 26,9 4,0 – 9,9 27,9 > 10,0 57,6 (Thompson 2003 & ERSPC Rotterdam) Die Tabelle 2 zeigt den Anteil der organbegrenzten und damit kurativ therapierbaren Tumoren in Abhängigkeit des PSA-Wertes. 8 Tab. 2. PSA und Tumorstadium PSA [ng/ml] Anteil ≤ pT2 [%] 2,5 – 4,0 78 – 83 4,1 – 6,0 74 – 81 6,1 – 8,0 71 – 78 8,1 – 10,0 67 – 75 > 10,0 49 - 57 Anteil der organbegrenzten Prostatakarzinome in den jeweiligen PSA-Bereichen (Carter 1999) Zur Verbesserung der diagnostischen Wertigkeit werden PSA-Isoformen wie die f/tPSARatio und das cPSA sowie PSA-Normierungen auf Alter bzw. Prostatavolumen untersucht. Trotz einer deutlichen Reduktion an Biopsien haben sich diese bis heute nicht in den routinemäßigen Einsatz der Prostatakarzinomdiagnostik etabliert. Die PSA-basierte Früherkennung wird z.Zt. kontrovers diskutiert. In den USA sterben jährlich von 100.000 Männern über 65 Jahre etwa 226 an einem Prostatakarzinom. Aus Obduktionsserien ist aber bekannt, dass bis zu 80% der 70 jährigen ein latentes Prostatakarzinom aufweisen, also nie an ihrem Tumor versterben werden. Es wird daher befürchtet, dass mit dem Einsatz des PSA zunehmend klinisch insignifikanter Karzinome diagnostiziert werden . Das Dilemma der Früherkennung ist nun, dass gerade kleine, organbegrenzte Tumoren gefunden werden müssen, um den Patienten einer kurativen Therapie zuführen zu können. Andererseits zeigt eine Skandinavische Studie, dass nach 10 Jahren etwa 15% aller radikal prostatektomierten und etwa 25% aller untherapierten Patienten eine Fernmetastasierung aufweisen. Das bedeutet, dass fast 75% der ausschließlich beobachteten Patienten nach 10 Jahren noch keinen systemischen Progress ihres Prostatakarzinoms erlitten haben und damit nur 10% häufiger als in der Gruppe der Patienten mit radikaler Prostatektomie. Dies untermauert auf der einen Seite die Befürchtung, dass viele insignifikante Karzinome gefunden und auch therapiert werden, auf der anderen Seite 9 profitieren aber eben doch 85% der Patienten von der Therapie, also 10% mehr als in der Beobachtungsgruppe. Kombination von DRU, TRUS und PSA Der positiv prädiktive Wert der unterschiedlichen Kombinationen von DRU, TRUS und PSA liegt zwischen 20 und 80%. Ist eine der Untersuchungen suspekt werden in 6 bis 25% positive Biopsien gefunden, bei zwei suspekten Befunden in 18 bis 60% und wenn alle drei Untersuchungen auffällig sind erhöht sich die Findungsrate auf 56 bis 72%. Bildgebung Bildgebende Diagnostik durch computertomographische, magnetresonanztomographische oder nuklearmedizinische Verfahren kann bis heute nicht mit ausreichender Sicherheit die Diagnose eines Karzinoms vorhersagen. Auch das Cholin-PET-CT hat z.Zt. keinen Stellenwert in der Früherkennung. Daher ist eine Anwendung in der primären Diagnostik des Prostatakarzinoms nicht gerechtfertigt. Staging Nach bioptischer Sicherung eines Prostatakarzinoms erfolgt die Ausbreitungsdiagnostik. Für die Therapiewahl sind Alter, Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen des Patienten sowie die Ausprägung des Tumors (TNM, PSA-Wert, das histologische Ergebnis der Prostatabiopsien, einschließlich Gleason Score und Grading) hilfreich. Nomogramme, die auf der Auswertung von PSA, klinischem Stadium und Gleason-Score der Biopsie basieren, können in die Entscheidung für eine Therapie einfließen (Partin Tables). Molekularbiologische Faktoren sind derzeit für eine Festlegung des Krankheitsstadiums nicht zusätzlich hilfreich. 10 TNM-Klassifikation und Stadiengruppierung beim Adenokarzinom der Prostata (UICC, 6. Auflage 2002) ___________________________________________________________________________ TPrimärtumor TX T0 T1 T1a T1b T1c T2 T2a T2b T2c T3 T3a T3b T4 Primärtumor kann nicht beurteilt werden Kein Anhalt auf Primärtumor Tumor weder tastbar noch in bildgebenden Verfahren sichtbar Zufälliger Befund, ≤5% des resezierten Gewebes Zufälliger Befund, ≥5% des resezierten Gewebes Diagnose durch Nadelbiopsie Tumor begrenzt auf Prostata Tumor begrenzt auf < ½ eines Seitenlappens Tumor begrenzt auf > ½ eines Seitenlappens Tumor befällt beide Seitenlappen Extrakapsuläre Ausbreitung Tumor extrakapsulär, Samenblasen tumorfrei Samenblase(n) befallen Infiltration von Blasenhals, Sphinkter externus, Rektum, Levatormuskel oder Fixation an der Beckenwand ___________________________________________________________________________ NRegionäre Lymphknoten NX N0 N1 Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden Keine regionären Lymphknotenmetastasen regionären Lymphknotenmetastasen ___________________________________________________________________________ M - Fernmetastasen MX M0 M1 M1a M1b M1c Fernmetastasen können nicht beurteilt werden keine Fernmetastasen Fernmetastasen Nicht regionäre Lymphknoten Knochen Andere Lokalisation(en) T-Staging Die Festlegung der T-Kategorie basiert auf der digital-rektalen Untersuchung (DRU). Es wird das Prostatakarzinom der peripheren Zone ermittelt, das der transitionalen Zone wird nicht erfasst. Zur pathologisch ermittelten pT-Kategorie besteht in 61% Übereinstimmung. Die DRU erfasst definitionsgemäß nicht T1-Stadien; sie dient dem Ausschluss einer periprostatischen Infiltration sowie dem Nachweis eines einseitigen oder beidseitigen Lappenbefalls. Der PSA-Serumwert steigt mit zunehmender Tumorlast der Prostata. Die alleinige Bestimmung des PSA zur Festlegung des pathologischen Stadiums ist nicht zuverlässig. Durch kombinierte Anwendung von PSA, klinischem Stadium und Gleason-Score der Biopsie können durch Nomogramme Risikogruppen bezüglich Kapselinfiltration, periprostatischem Wachstum, Lymphknotenbefall und Rezidivrisiko gebildet werden. 11 Die transrektale Ultraschalluntersuchung der Prostata korreliert in 37 – 58% mit der pT4Kategorie. Ihre Wertigkeit ist hinsichtlich der Tumorerkennung mit der DRU zu vergleichen; sie verbessert die Erkennung einer Samenblaseninfiltration, die ggf. bioptisch gesichert werden kann. Als notwendige Untersuchung zur Ausbreitungsdiagnostik wird sie z.Zt. nicht empfohlen. Ungefähr 60% der pT3-Tumoren werden im Vorfeld durch den transrektalen Ultraschall nicht als solche entdeckt. Die TRUS kann zur Bestimmung der Größe der Prostata und damit zur Operationsplanung von Nutzen sein. Bei Nachweis einer Mikro-/Makrohämaturie empfiehlt sich ein Ausscheidungsurogramm sowie eine Zystoskopie. Die lokale Tumorinvasion kann durch Computertomographie oder Magnetresonanztomographie nicht mit einer ausreichenden Güte beurteilt werden. Diese Untersuchungen sind daher entbehrlich. Die Sonographie des Abdomens schließt Harnstauungsnieren als Hinweis auf ein fortgeschrittenes Tumorwachstum aus. N-Staging Die Ausbreitungsdiagnostik der Lymphknotenmetastasen ist sinnvoll, wenn eine Therapieentscheidung hierdurch beeinflusst wird. Die pelvine Lymphadenektomie ist vor Operation und Radiotherapie zur Beurteilung des regionären Lymphknotenstatus nützlich. Offene und laparoskopische Operationstechniken sind hinsichtlich der diagnostischen Sicherheit gleichwertig. Die Lymphadenektomie umfaßt das Gebiet der A. iliaca ext., der Fossa obturatoria und fakultativ der A. iliaca int., sowie der Präsakralregion und entlang der A. iliaca com. In der Ausbreitungsdiagnostik einer Lymphknotenbeteiligung sind Computertomographie und Magnetresonanztomographie im Regelfall entbehrlich. Mit Hilfe von Nomogrammen kann in bestimmten Fällen auf eine operative Lymphknotenfreilegung in diagnostischer Absicht verzichtet werden. Beispielsweise ist für das T1C –Karzinom bei PSA-Werten < 10 ng/ml und einem Gleason Score ≤ 6 (ohne Gleason 4-Anteile) eine Lymphknotenmetastasierung in < 1% der Fälle zu erwarten. M- Staging Die Suche nach hämatogenen Metastasen ist bei PSA-Werten < 10 ng/ml nicht erforderlich. Ausgenommen sind Tumore, die in allen 6 Stanzbiopsien nachweisbar sind und deren Gleason-Score ≥ 9 ist. Bei PSA-Werten über 20 ng/ml sollte eine Skelettszintigraphie durchgeführt werden. Bei positiver Skelettszintigraphie kann die Metastasensuche durch eine Sonographie der Leber und eine Röntgenuntersuchung des Thorax ergänzt werden. 12 Die alkalischen Phosphatase im Serum ist bei 70% der Patienten mit Knochenmetastasen erhöht. Sie ist jedoch nicht sensitiv genug und ersetzt die Szintigraphie nicht. Zusammenfassung 1. Ein suspekter Befund der DRU oder ein erhöhter PSA-Wert kann ein Prostatakarzinom anzeigen. Ein genauer Grenzwert für ein „normales“ PSA existiert nicht. 2. Das Prostatakarzinom bedarf der histopathologischen Sicherung. Eine Biopsie ist nur dann indiziert, wenn sich daraus therapeutische Konsequenzen für den Patienten ergeben. 3. Es werden systematische, ultraschallgesteuerte, transrektale Biopsien der Prostata empfohlen. Dabei müssen mindestens 6 – 8 Zylinder aus den lateralen Bereichen der Prostata gewonnen werden, bei großen Drüsen auch mehr. - Transitional Zonen Biopsien werden bei der ersten Biopsie auf Grund der niedrigen Fallfindungsrate nicht empfohlen - Die Rebiopsie wird für die Fälle mit persistierender Indikation gefordert (suspekte DRU, erhöhter PSA, auffällige Histologie in der Erstbiopsie) - Empfehlung für weitere (dritt oder mehr) Biopsien können nicht gegeben werden 4. Transrektale periprostatische Infiltration mit Lokalanästhetika gewährleistet eine effektive Analgesie bei der Biopsie. 5. Das lokale Staging (T) basiert auf der DRU und möglicherweise auf der MRT. Weitere Informationen liefert die Anzahl und Lokalisation positiver Biopsiezylinder, Tumorgrad und PSA-Wert. 6. Lymphknoten Staging (N) ist nur für Patienten mit kurativen Therapieansatz sinnvoll. Patienten mit einem Tumorstadium von T2 oder weniger, PSA<20ng/ml und einem Gleason Score≤6 haben in weniger als 10% Lymphknotenmetastasen und bedürfen möglicherweise nicht der Lymphadenektomie. Ein akkurates Lymphknoten Staging ist nur operativ möglich. 7. Skelett Metastasen (M) werden am Besten durch ein Skelettszintigramm erfasst. Dieses ist unnötig für asymptomatische Patienten mit PSA-Werten von weniger als 20ng/ml bei gut oder mittelgradig differenzierten Tumoren. 13 Therapie Lokal begrenztes Prostatakarzinom Akzeptiertes Verfahren ist die radikale Prostatovesikulektomie. Die Indikation ist vom Tumorstadium abhängig. Entsprechend dem biologischen Verhalten des Tumors sollte die Lebenserwartung mehr als 10 Jahre betragen, um mit der Operation einen Nutzen für den Patienten zu erzielen. Patienten mit einem T1a- und Grad 1-Tumor (Gleason score < 7) und einem Tumorvolumen unter 0,3 cm3 haben einen insignifikanten Tumor. Bei fehlender Komorbidität haben die Patienten auch mit Tumor eine 15jährige Lebenserwartung. Zur Beurteilung der Tumorbiologie sind ggf. Re-Biopsien zu empfehlen. Zugangswege sind retropubisch, perineal und laparoskopisch. Das retropubische und laparoskopische Vorgehen bietet den Vorteil, dass gleichzeitig eine pelvine Lymphadenektomie durchgeführt werden kann. In jüngerer Vergangenheit gewinnt zunehmend die Roboter assistierte radikale Prostatektomie an Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die konsequente Weiterentwicklung der laparoskopischen Technik. Postoperative Komplikationen der radikalen Prostatektomie sind: Mortalität 0–1,5 % Inkontinenz bis zu 15 % (Notwendigkeit eines artefiziellen Sphinkters 2 %) Behandlungsbedürftige Lymphozele 1-3 % Anastomosenstriktur 0,5-15 % Häufige Nebenwirkung der radikalen Prostatektomie ohne Nerverhalt ist die erektile Dysfunktion, die bei über 90% der Patienten auftritt. Die nerverhaltende Prostatektomie ermöglicht bei gegebener Indikatioin bei bis zu 60 % der Patienten einen Erhalt der erektilen Funktion - in Abhängigkeit vom Alter, der Tumorausdehnung und der präoperativen Funktion. Die potenzschonende nerverhaltende radikale Prostatektomie ist bisher den frühen Tumorstadien mit nur einseitig positiver Biopsie vorbehalten gewesen, weil man mit vermehrten lokalen Rezidiven gerechnet hatte. Diese Empfehlung wird nach neuerer Datenlage kontrovers diskutiert. Bei beidseitiger Nerverhaltung sind die positiven Absetzungsränder nicht erhöht. Die Selektion von Patienten für eine Schonung des neurovaskulären Bündels wurde bisher von der First International Consultation on Prostate Cancer wie folgt festgelegt: präoperative Potenz bei Patienten mit intensivem Wunsch nach deren Erhaltung 14 prä- und intraoperativ nicht zu palpierender Tumor auf der Seite der Nervenschonung kein nennenswerter G3-Anteil in der Biopsie kein palpabler Tumor im Apexbereich bioptischer Nachweis im Apexbereich wird unterschiedlich beurteilt T1a, N0, M0 Findet sich im Operationspräparat nach TUR oder offener Adenomektomie in < 5% ein gut differenziertes Karzinom, ergeben sich folgende Therapieoptionen: „wait-and-see“, radikale Prostatektomie oder Strahlentherapie. Betrachtet man Nachsorgezeiträume unter 5 Jahren, zeigen sich vergleichbar günstige Überlebensraten. Unterschiede zugunsten der Operation finden sich nach 10 Jahren. Bei einer Progressionswahrscheinlichkeit von 50% ohne Therapie nach 15 Jahren ist bei Patienten mit einer Lebenserwartung von mehr als 15 Jahren die Indikation zur radikalen Prostatektomie individuell zu stellen. Altersabhängig kann bei gut differenzierten Tumoren (GI, Gleason < 7) eine Nachresektion oder alleinige PSAkontrollierte Nachbeobachtung diskutiert werden. T1c N0 M0 Obwohl diese Tumoren nicht palpabel sind und nur durch erhöhtes PSA auffallen, haben sie in 90% der Fälle ein klinisch relevantes Tumorvolumen. Wie die T2-Tumoren sind sie eine Indikation zur radikalen Prostatektomie oder Strahlentherapie. T1b- und T2 N0 M0 Das organbegrenzte PCA ist die klassische Indikation zur radikalen Prostatektomie. Alternativ ist die Strahlentherapie unter kurativer Zielsetzung möglich. Die progressionsfreien Überlebensraten nach 10 Jahren liegen zwischen 67 und 90%. Im Vergleich ist ein Vorteil der Operation gegenüber der Bestrahlung nach 7-10 Jahren in einigen Studien zu erkennen. Ein direkter Vergleich zwischen Prostatektomie und definitiver hochdosierter 3D-konformaler Strahlentherapie in einer größeren randomisierten Studie von guter Qualität steht aus. Retrospektive Studien lassen nur geringere Unterschiede erwarten, wobei jedoch Subgruppen durchaus von der radikalen Prostatektomie profitieren können. Eine Strahlentherapie bei PSA-Rezidiv ist dann als zweite lokale Option im Rezidivfall möglich. Die 3D-konformale Strahlentherapie hat deutlich weniger Nebenwirkungen, Strahlentherapie. 15 als eine konventionelle Bei Risikofaktoren PSA > 10 ng/ml oder Gleason ≥ 7 kann die Effektivität der Strahlentherapie durch eine Erhöhung der Gesamtdosis auf >70 Gy weiter gesteigert werden. Eine dosisgesteigerte Strahlentherapie sollte nur angeboten werden, wenn im Einzelfall normales niedriges Nebenwirkungsrisiko in Aussicht gestellt werden kann. Die lokale Rezidivrate ist nach radikaler Prostatektomie im Vergleich zur hochdosierten perkutanen Strahlentherapie oder zur kombinierten Afterloadingtherapie niedriger. Eine randomisierte skandinavische Studie zeigt einen Vorteil für die radikale Prostatektomie des Prostatakarzinoms gegenüber der kontrollierten Beobachtung: Nach 10 Jahren ist die Fernmetastasierungsrate in der Gruppe der nicht operierten um 50% höher. Deshalb sollte bei Patienten mit einer Lebenserwartung von mindestens 10 Jahren eine definitive Therapie angestrebt werden. Für die Strahlentherapien fehlen randomisierte Studien. Lokal fortgeschrittenes Prostatakarzinom T3 N0 M0 Orientiert man sich bei der Therapieplanung nicht an bekannten Risikofaktoren, so hat die Hälfte der klinisch als T2 klassifizierten Tumoren das Organ überschritten (pT3). Die Prognose dieser Patienten verschlechtert sich durch das organüberschreitende Wachstum (lokales Rezidiv) und durch die in vielen Fällen bereits entstehende Mikrometastasierung (systemischer Progress). Unabhängig von der lokalen Therapie wiesen verschiedene Untersucher nach 5 Jahren einen PSA-Anstieg als Zeichen des lokalen und/oder systemischen Progresses bei 35 bis 75% der Patienten nach: 40% der klinisch unauffälligen Patienten haben nach Operation eines pT3-Tumors ein durch Stanzbiopsie aus dem Anastomosenbereich nachweisbares Lokalrezidiv. Der mit unterschiedlicher Verlaufszeit dem klinischen Progress vorausgehenden PSA-Anstieg weist allerdings darauf hin, daß eine lokale Therapie bei der Mehrzahl der Patienten nicht kurativ ist. Verschiedene adjuvante Therapieformen werden bei dieser Patientengruppe diskutiert: Die sofortige Hormontherapie, deren Vorteil gegenüber einer Einleitung erst bei nachgewiesenem Progress nicht bewiesen ist. Die adjuvante Strahlentherapie, die die lokale Tumorkontrollrate verbessern kann. Ein Vergleich zur alleinigen endokrinen Therapie fehlt, ebenso Daten zur verzögerten Behandlung. Ein Einfluss auf das Überleben ist nicht gesichert. Auch nach hochdosierter konformaler Bestrahlung von T3-Tumoren mit kurativem Ziel werden nach 10 Jahren lokale Kontrollraten von 70 bis 75% angegeben. Eine Langzeithormonablation zusätzlich zur Strahlentherapie kann das rezidivfreie und Gesamtüberleben in diesem Stadium im Vergleich zur alleinigen Strahlentherapie verbessern. 16 Patienten mit einem Prostata-Ca. mit einem Gleasonscore ≤ 6 profitieren auch von einer Kurzzeithormonablation zusätzlich zur Strahlentherapie. Letztere wurde in der RTOG 8610 Studie zwei Monate vor und während der Strahlentherapie durchgeführt. In jüngeren Behandlungsserien wird zunehmend auf die Beckenbestrahlung bis zu einer Dosis von 50 Gy in konventioneller Fraktionierung zugunsten einer konformalen Strahlentherapie der Prostataregion beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom verzichtet. Bei Patienten mit einem lokalisierten Prostatakarzinom und einem erwarteten Risiko eines Lymphknotenbefalls von 15% wurde in einer randomisierten Studie der RTOG die Beckenbestrahlung gefolgt von einem konformalen Prostataboost mit einer alleinigen konformalen Strahlentherapie der Prostataregion verglichen. Dabei zeigte sich in der Gruppe mit Beckenbestrahlung bezüglich des progressionsfreien Überlebens ein Vorteil, nicht aber bezüglich des Gesamtüberlebens [37]. In dieser Studie wurde eine Kurzzeithormonablation über 4 Monate entweder als neoadjuvante oder als adjuvante Hormonablation durchgeführt. Bei Langzeitandrogensuppression ist die Nützlichkeit der Beckenbestrahlung beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom nicht nachgewiesen. Besondere Situationen in der Behandlung des lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinoms Die extrakapsuläre Ausbreitung des Tumors verschlechtert bei der radikalen Prostatektomie die Prognose. Positive Schnittränder nehmen mit der Größe des Tumorvolumens zu [7]. Für diese Situation existieren keine geprüften Therapiekonzepte. Ein Vorteil der postoperativen Strahlen-, Chemo- oder Hormontherapie ist im Rahmen prospektiv randomisierter Studien nicht eindeutig gesichert. In einer randomisierten Studie zeigt die sofortige Hormontherapie nach Operation eine Verlängerung des progressionsfreien Intervalls im Vergleich zur verzögert eingesetzten Therapie [31, 32]. Andere Studien bestätigen dies nicht [33, 34]. In Anbetracht der Nebenwirkungen bei langer Anwendung ist bei nicht gesichertem Vorteil die Lebensqualität des Patienten entscheidend. Die alleinige endokrine Therapie des lokal fortgeschrittenen PCa's stellt kein kuratives Behandlungskonzept dar. Neue Entwicklung in der Strahlentherapie Eine weitere Möglichkeit zur Dosiserhöhung stellt die Hochdosis Brachytherapie in Verbindung mit einer perkutanen Stahlentherapie dar. Insbesondere die Kombination aus Brachytherapie und perkutaner Strahlentherapie zeigt bei Re-Biopsien nach 1 1/2 bis 2 Jahren eine niedrige Tumorpersistenz und könnte bei lokal fortgeschrittenem PCA an Bedeutung zunehmen. Eine abschließende Bewertung dieses Therapiekonzepts steht aus. 17 Die alleinige permanente, interstitielle Niedrigdosis Brachytherapie bei lokal begrenztem Prostatakarzinom sollte nur bei Patienten mit einem Tumorstadium T2a, d.h. einseitiger Tumorbefall, oder kleiner, einem Gleason-Score unter 7, einem PSA unter 10 ng/ml und einem Volumen der Prostata von ca. 50 ml diskutiert werden. Karzinom mit regionären Lymphknotenmetastasen Die Inzidenz von Lymphknotenmetastasen korreliert mit der T-Kategorie und dem PSA-Wert. Bei PSA < 10 ng/ml, Gleason < 7 und einem nicht palpablen Tumor kann unter diagnostischer Zielsetzung auf eine Lymphadenektomie verzichtet werden. Der therapeutische Wert der lokalen Therapie bei positiven Lymphknoten ist fraglich. Zwar konnten durch Kombination mit sofortiger Hormontherapie tumorspezifische 10-Jahresüberlebensraten für pT3 pN0-1Tumoren von 80% erzielt werden, jedoch bleibt unklar, ob solche Ergebnisse nicht auch mit alleiniger Hormontherapie zu erreichen sind. Die Rolle der Hormontherapie bei dieser Patientengruppe wird derzeit in einer prospektiven Studie untersucht (EORTC 30846). Mit der Strahlentherapie werden in Verbindung mit einer antiandrogenen Therapie ähnlich hohe lokale Kontrollraten wie mit der radikalen Prostatektomie und zusätzlicher antiandrogener Therapie erzielt. Zur abschließenden Klärung dieser Frage ist eine längere Nachkontrolle erforderlich. Die Wirksamkeit der Bestrahlung der Lymphabflusswege ist unklar. Die RTOG 85-31 Studie schloss Patienten mit nachgewiesenen Lymphknotenmetastasen ein. Eine Strahlentherapie des Becken gefolgt von einem Boost auf die Prostata gefolgt von einer Langzeitandrogensuppression war effektiver als die alleinige Strahlentherapie [36]. Ob die kombinierte Strahlen- und Homonentzugstherapie effektiver als die Hormonablation alleine ist, ist durch randomisierte Studien bisher nicht belegt. Die kombinierte Strahlentherapie des Beckens gefolgt von einem Prostataboost kann bei gleichzeitiger Langzeithormonablation als Einzelfallentscheidung bei großem Behandlungswunsch des Patienten in diesem Stadium angeboten werden. Die akzeptierte Behandlung ist der Behandlung der Patienten mit Fernmetastasen vergleichbar. Metastasiertes Prostatakarzinom Die Androgendeprivation ist die akzeptierte primäre Behandlung bei Fernmetastasen. Bislang steht der Beweis aus, dass die endokrine Therapie das Leben der Patienten verlängern kann oder ob sie lediglich die Lebensqualität verbessert. Wegen des fehlenden Nachweises einer Lebensverlängerung durch eine androgendeprivative Therapie ist der Beginn der Therapie bis 18 heute nicht geklärt. Eine frühe Androgendeprivation beim asymptomatischen Patienten zeigt ein längeres progressionsfreies Intervall, ohne Einfluss auf das Gesamtüberleben zu nehmen. Das Therapiekonzept einer verzögerten Androgendeprivation, d.h. bei exponentiell ansteigendem PSA-Verlauf oder Auftreten von tumorspezifischen Symptomen, führt in bis zu 40% der Fälle dazu, dass die Patienten keine Androgendeprivation benötigen, da sie bereits vor Auftreten der Progression an anderen Erkrankungen verstorben sind. Bisher wurde nur in einer Studie der Vorteil einer früh-einsetzenden gegenüber einer verzögert-einsetzenden Androgendeprivation gezeigt. In dieser Studie sind die Patienten mit verzögert einsetzender Androgendeprivation allerdings nicht PSA-gesteuert nachuntersucht worden, so dass mehrere Patienten gar keine Androgendeprivation erhalten haben. Eine operative oder medikamentöse Androgen-Blockade führt bei Patienten mit Knochenmetastasen zu einer medianen progressionsfreien Überlebenszeit von 12 bis 33 Monaten und zu einer medianen Gesamtüberlebenszeit von 23-37 Monaten. LH-RH/GnRH-Analoga Durch die Gabe von synthetischen Analoga des natürlichen luteotropen Releasinghormons (LH-RH-Analoga, GnRH-Analoga) wird innerhalb von 3-4 Wochen der Testosteronspiegel bis in den Kastrationsbereich gesenkt. Aufgrund eines initialen Testosteronanstiegs im Serum sollte eine initial dreitägige Gabe eines Antiandrogens vor LH-RH-Therapie und 2 Wochen danach zur Vermeidung des sogenannte „flare-up“ Phänomens gegeben werden. Antiandrogene Antiandrogene sind Endorganantagonisten und werden klassifiziert nach ihrer chemischen Struktur in steroidale Antiandrogene (z.B. Cyproteronacetat oder Medroxiprogesteronacetat) oder nicht-steroidale Antiandrogene, sog. reine Antiandrogene wie Flutamid, Nilutamid und Bicalutamid. Der unter ihrer Gabe steigende Testosteronspiegel führt durch gleichzeitige Blockierung der prostatischen Androgenrezeptoren zu keinen negativen Auswirkungen. Bei einem Vergleich von Östrogenen und Antiandrogenen ist der hormonelle Wirkmechanismus unterschiedlich, der antineoplastische Effekt gleich. Antiandrogene sind weniger toxisch. Der Orchiektomie unterlegen ist die Gabe von täglich 50mg Bicalutamid. Im Rahmen einer randomisierten Studie, die den Einsatz von Cyproteronacetat mit Östrogenen verglich, zeigte sich sowohl bei lokal fortgeschrittenen als auch metastasierten Patienten mit Prostatakarzinom kein Unterschied bezüglich der Zeit bis zur Tumorprogression sowie dem Gesamtüberleben der Patienten. 19 Die Monotherapie mit Antiandrogenen wird kontrovers diskutiert. Im Rahmen einer randomisierten Phase-III-Untersuchung zeigte die Gabe von Flutamid im Vergleich zu DES keinen signifikanten Unterschied. Im Gegensatz dazu ermittelte die Arbeitsgruppe um Chang einen Überlebensvorteil für östrogenbehandelte Patienten im Vergleich zur FlutamidMonotherapie . Die Antiandrogen-Monotherapie stellt derzeit keine Standardbehandlung des metastasierten PCA's dar. Ausnahmen sind ggf. junge Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder geringvolumig metastasiertem Prostatakarzinom (PSA-Spiegel <100 ng/ml) unter der Vorstellung einer verbesserten Lebensqualität und Aufrechterhaltung der sexuellen Funktion. Östrogene Östrogene supprimieren die Produktion des luteotropen Hormons. Hohe Dosierung (> 1 mg/Tag) und orale Darreichungsform führten zu erhöhten kardiovaskulären Komplikationen und zu einer Ablehnung dieser Therapieform. Im Rahmen randomisierter Untersuchungen zeigten Östrogene keinen Vorteil im Vergleich zu Orchiektomie (VACURG 1), Antiandrogenen (Cyproteronacetat, EORTC 30761), Estramustinphosphat (EORTC 30762) oder Flutamid. Östrogene führen allerdings im Gegensatz zur Orchiektomie bzw. zu LHRHAgonisten zu einer Osteoporoseprotektion der Patienten. Es sind Studien zur Wertigkeit der Östrogene in der Therapie des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms notwendig. Komplette Androgendeprivation Eine Indikation zur primären kompletten Androgendeprivation, d.h. der Kombination von LH-RH-Analoga oder Orchiektomie mit der Gabe von Antiandrogenen, besteht nicht. Die zusätzliche Gabe von Antiandrogenen zur LH-RH-Therapie gegen hormonbedingte Nebenwirkungen (Hitzewallungen) ist in ausgewählten Fällen sinnvoll. Intermittierende Androgen-Blockade Präliminäre Daten zeigen, dass die intermittierende Androgen-Blockade durchführbar ist und die Lebensqualität der Patienten mit hormonsensitiven Tumoren erhöht. Die Ergebnisse der randomisierten klinischen Studien müssen abgewartet werden, inwieweit die intermittierende Androgen-Blockade einen Einfluss auf das Überleben der Patienten nimmt. Hormoninsensitives Prostatakarzinom Das Prostatakarzinom entwickelt unter einer antihormonellen Therapie eine Hormoninsensitivität bei noch hormonabhängigen Tumorwachstum. In diesem Stadium ist 20 der Tumor noch hormonell manipulierbar. Eine einfache Androgenblockade wird in eine komplette Androgenblockade (Kombination von LH-RH-Analoga oder Orchiektomie mit der Gabe von Antiandrogenen) überführt. Kommt es darunter erneut zu einem Progress der Erkrankung, so kann durch Absetzen des Antiandrogens das Antiandrogen-Entzugssyndrom induziert werden. Antiandrogen-Entzugssyndrom Beim Antiandrongen-Entzugssyndrom kommt es zu einem Abfall des Serum-PSA-Wertes zwischen 37 und 89% nach dem Absetzen einer antiandrogenen Therapie für maximal 3-6 Monate. Als Ursache dieses Effekts werden z.B. Mutationen am Androgenrezeptor diskutiert. Insbesondere bei Studien mit dem Endpunkt "PSA-Abfall" muss das AntiandrogenEntzugssyndrom berücksichtigt werden. Als Empfehlung kann derzeit gelten, dass bei einem hormon-unempfindlich gewordenen PCA der Versuch unternommen werden kann, die antiandrogene Therapie vor der Gabe toxischer Substanzen abzusetzen. Hormonrefraktäres Prostatakarzinom Spricht der Tumor nicht bzw. nicht mehr auf eine Hormondeprivation an, wird er als hormonrefraktär (hormonresistent) bezeichnet. Das Vorliegen eines hormonresistenten Karzinoms impliziert eine suffiziente Kastration: Der Serum-Testosteronwert sollte bestimmt werden und im Kastrationsbereich liegen, bevor die Progression als hormonrefraktär bezeichnet wird. Aufgrund fehlender prospektiver Studien zum Absetzen der antihormonellen Therapie bei hormonresistenten Prostatakarzinomen sollte die Hormonentzugstherapie als Monotherapie, ggf. intermittierend oder serumtestosterongesteuert, fortgesetzt werden. Nach unterschiedlich langer Zeit des Hormonentzugs kommt es zum PSA-Anstieg bzw. zu den klinischen Zeichen einer Progredienz der Erkrankung. Eine Beeinflussung der Überlebenszeit ist in diesem Krankheitsstadium nicht zu erwarten; im Vordergrund stehen die Lebensqualität des Patienten und die Kontrolle von Knochenschmerzen, Lymphödem der unteren Extremitäten, Harnstauungsnieren und subvesikale Obstruktion. Chemotherapie Eine subjektive Besserung durch Chemotherapie lässt sich bei der Mehrzahl der Patienten erzielen. Allerdings müssen altersentsprechend (Niere, Lunge) und bei ausgedehnten Knochenmetastasen (Knochenmark) die eingeschränkten Organreserven beachtet werden. Aufgrund der fehlenden kurativen Wirkung 21 sollten sich Chemotherapie oder chemohormonale Kombinationsbehandlung ausschließlich am symptomatischen Progress orientieren. Ein kurativer Effekt der Chemotherapie ist nicht zu erwarten. Untersuchungen zur Monochemotherapie des hormonrefraktären PCA's bestätigen diese Hypothese. Palliative Strahlentherapie In der palliativen Strahlentherapie steht die symptomatische Therapie der häufig multipel auftretenden und diffus im gesamten Skelettsystem verteilten Knochenmetastasen im Vordergrund. Rein osteolytische Knochenmetastasen sind selten, wesentlich häufiger sind gemischt osteolytisch-osteoblastische Metastasen. Die Indikation zur Strahlentherapie wird bei stark schmerzhaften Knochenmetastasen oder Frakturgefahr gestellt. 70-90% der Patienten sprechen auf die Strahlentherapie mit einer deutlichen Schmerzreduktion bis zur Schmerzfreiheit an, die in ca. 50% der Fälle bis zum Lebensende anhält. Die Fraktionierung der Bestrahlung wird sehr unterschiedlich gewählt. Je nach Sitz des Tumors kommen Schemata mit einmal 8 Gy bis zu 10mal 3 Gy oder 18-20mal 2 Gy bei je fünf Bestrahlungen pro Woche zur Anwendung. Der schmerzlindernde Effekt tritt bei höheren Einzeldosen schneller ein, er bleibt bei Dosen von 30-40 Gy länger erhalten. Die strahlenbedingte Rekalzifizierung verläuft langsam. Erst nach zwei bis drei Monaten ist ein klinisch relevanter Stabilisierungseffekt zu erwarten. Da eine Rekalzifizierung nur über eine Reduktion der Tumorzellen erreicht werden kann, ist das Ergebnis der Rekalzifizierung auch abhängig von der Höhe der Gesamtdosis. Es sollten hier Dosen von 30-40 Gy zur Anwendung kommen. Von besonderer Bedeutung ist die Strahlentherapie bei frisch auftretendem Querschnittsyndrom durch Metastasen: Eine schnelle Einleitung der Strahlentherapie stellt bei gleichzeitiger hochdosierter Kortisongabe in etwa 30% der Fälle die Gehfähigkeit paraparetischer Patienten wieder her [86]. Der Einsatz der Strahlentherapie bei symptomatischen Hirnmetastasen (Klinik: Kopfschmerzen, Hirndruckzeichen) und fehlender Operabilität solitärer Metastasen ist effektiv und dient der Palliation von Symptomen. Appliziert werden in der Regel 30-40 Gy in 10-20 Fraktionen, deren Effektivität durch große randomisierte Studien belegt ist. Die Bestrahlung wird in Verbindung mit einer Kortikosteroidtherapie durchgeführt. Palliative interstitielle Strahlentherapie (Isotope) Ein Schmerzrückgang bei bis zu 80% der Patienten kann durch 89Sr erzielt werden. Patienten mit einem Karnofsky-Index < 60 profitieren nicht. Weiterhin muss bei der Therapie auf die Myelosuppression geachtet werden. 22 Nachsorge Nachsorge nach Therapie mit kurativer Intention Amerikanische Studien belegen eine PSA-Progression innerhalb von 10 Jahren von ca. 30%, während andere Gruppen über eine biochemische Progressionsrate innerhalb von 5 Jahren von 39% im Stadium T1 bis T2 Prostatakarzinom berichten. Aus europäischen Zentren sind vergleichbare Daten bekannt. Da beim Prostatakarzinom auch Spät-Rezidive 5 Jahre nach Primärtherapie auftreten können, sollte eine Nachsorge über diesen Zeitraum hinaus bis zu 15 Jahren durchgeführt werde. Die Nachsorge besteht aus einer krankheitsspezifischen Anamnese, der Befragung von tumorspezifischen Symptomen und möglichen therapiebezogenen Komplikationen. Ein wesentlicher Faktor in der Nachsorge von Patienten mit Prostatakarzinom stellt die regelmäßige Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) dar. Empfohlen wird bei einer PSA-Erhöhung, diese zu kontrollieren, bevor eine Therapieänderung eingeleitet wird. PSA-Bestimmung nach radikaler Prostatektomie Das PSA sollte bei einer Halbwertzeit von ca. 1,7 Tagen 3 Wochen nach radikaler Prostatektomie unterhalb der Nachweisgrenze abfallen. Ein PSA-Rezidiv beinhaltet einen konsekutiven PSA-Anstieg in drei aufeinanderfolgenden Messungen, die mindestens 1 Monat auseinander liegen. Ein rascher PSA-Anstieg postoperativ (hohe PSA-Geschwindigkeit, kurze PSA-Verdopplungszeit) ist ein Hinweis auf das Vorhandensein von Fernmetastasen, während ein langsamer und späterer Anstieg des PSA häufig mit einem Lokalrezidiv vergesellschaftet ist. Die Zeit des PSA-Anstiegs sowie die Tumordifferenzierung sind ebenfalls wichtige Vorhersagewerte und ermöglichen die Unterscheidung zwischen einem Lokal- und systemischen Rezidiv. PSA-Bestimmung nach Strahlentherapie Im Vergleich zur radikalen Prostatektomie fällt der PSA-Wert nach der Strahlentherapie deutlich langsamer ab. Dabei ist das Erreichen eines PSA-Nadirs unter 1 ng/ml innerhalb der ersten 3-5 Jahre nach erfolgter Bestrahlung mit einem günstigen Verlauf vergesellschaftet. Bei Werten unter 0,5 ng/ml zeigen lediglich 4% der Patienten ein Therapieversagen 40 Monate nach Strahlentherapie. Allerdings beträgt das Intervall bis zum Erreichen des PSANadirs zum Teil bis zu 3 oder mehr Jahre. Die amerikanische Gesellschaft für 23 Strahlentherapie definiert ein Therapieversagen nach Strahlentherapie bei 3 aufeinander folgenden PSA-Anstiegen unabhängig von dem erreichten Nadir-Wert. Digital-rektale Untersuchung, transrektale Sonographie, Knochenszintigraphie Die digital-rektale Untersuchung sollte als Nachsorgeuntersuchung durchgeführt werden um einen Anhalt für ein Lokalrezidiv zu erlangen. Die transrektale Sonographie ist sinnvoll in Kombination mit einer geplanten Biopsie bei V.a. ein Lokalrezidiv. Die Suche nach einem Lokalrezidiv nach radikaler Prostatektomie in der Absicht eine kurative Strahlentherapie einzuleiten ist nur sinnvoll bei PSA-Werten unter 1 ng/ml. Eine Knochenszintigraphie ist als Routinenachsorgeuntersuchung bei asymptomatischen Patienten nicht sinnvoll. Darüber hinaus ist bei Patienten mit Skelettbeschwerden unabhängig vom PSA-Anstieg eine Knochenszintigraphie indiziert. Ein Knochenszintigramm ist bei PSAWerten unter 40 ng/ml selten positiv und daher bei diesen Patienten in der Regel entbehrlich. Häufigkeit der Nachsorge Die erste PSA-Bestimmung, krankheitsspezifische Anamnese und digital-rektale Untersuchung wird 3 bis 6 Monate nach definitiver Therapie empfohlen, danach wird sie alle 3 bis 6 Monate durchgeführt. Nachsorge unter Hormontherapie Die Hauptaspekte der Nachsorge unter Hormontherapie beziehen sich auf das Ansprechen der Therapie, das Erfassen von Komplikationen und der Tumorprogression. Die PSA-Wert-Bestimmung stellt die Basis einer Nachsorge unter Hormontherapie dar. Der PSA-Wert nach 3 und 6 Monaten unter Hormontherapie korreliert mit der Prognose des Patienten. Die Patienten-Subgruppe mit „normalen“ oder nicht messbaren PSA-Werten nach 3 und 6 monatiger Hormontherapie zeigte die längste Ansprechdauer. Unter einer antihormonellen Therapie entwickeln die Patienten in Abhängigkeit vom Ausgangsbefund (z.B. lokal begrenztes Karzinom im hohen Alter, PSA-Redzidiv nach Operation, asymptomatisches, ossär metastasiertes Karzinom, symptomatischer Patient mit Metastasen) in durchschnittlich 60, 48, 24, respektive 15 Monaten eine Tumorprogression. Ein PSA-Anstieg geht in der Regel mehrere Monate dem Auftreten von klinischen Symptomen voraus. 24 Der Nachweis einer Nierenbeckenektasie in der Abdominal-Sonographie und die Bestimmung des Kreatininwertes geben Anhalt auf eine beginnende Niereninsuffizienz bei Obstruktion der ableitenden Harnwege durch das Prostatakarzinom. Die Nachsorgetermine nach eingeleiteter Hormontherapie sollten alle 3 Monate erfolgen. Bei Patienten mit hormonrefraktärem Tumor ist ein individualisiertes Nachsorgekonzept unter Berücksichtigung der Lebensqualität des Patienten durchzuführen. Therapiebedingte Komplikationen sind zu beachten und entsprechend zu therapieren. 25 Weiterführende Literatur Leitlinien der AWMF: http://www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/ll_043.htm Leitlinien der EAU: European Association of Urology, Guidlines 2007 Leitlinien der AUA: http://www.auanet.org/guidelines/main_reports/proscan07/content.pdf H. Rübben, Uroonkologie, Springer Verlag 26