Entwicklungen in der Kochkunst und Speisenproduktion

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Entwicklungen in der Kochkunst und
Speisenproduktion
Allgemeines:
Entwicklungen in der Kochkunst wurden stets von gesellschaftlichen Verhältnissen und dem wissenschaftlichtechnischen Fortschritt geprägt. Bei dieser Art der Beurteilung gilt es, die bäuerlich-bürgerliche Küche von der
höfischen Küche zu unterscheiden, wobei es zwischen beiden Wechselbeziehungen gibt.
Die bäuerlich-bürgerliche Küche stellt die bodenständige Familienküche dar.
Speisenzusammenstellungen und Essgewohnheiten entwickelten sich im Rahmen der Lebensweise aus den
regionalen Besonderheiten des Landbaus und der Viehzucht sowie des Fischfangs.
Die Essgewohnheiten waren aber auch vom Handel (z. B. Gewürzhandel) abhängig. Die entstandenen
nationalen und regionalen Spezialitäten sind heute Bestandteil moderner Speisenpläne.
Heute zeigt es sich, dass die regionale Familienküche beständiger und in ihrer Ursprünglichkeit bei moderner
Zubereitungsart und zeitgenössischen Garmethoden oftmals gesünder sein kann als manche Modetendenzen
der Speisenzubereitung.
Mittelalterliche Kochkunst:
Die feudalistische Küchen- und Tafelkultur hatte bereits im 15. Jahrhundert in der italienischen Hofküche einen
Glanzpunkt erreicht. Durch die Heirat von Katharina de Medici (1519–1589) mit dem angehenden König
Heinrich II. gelangte diese Tisch- und Tafelkultur von Italien nach Frankreich.
Die höfische französische Küche war von der Kultur des Barock und von der Regierungsform des Absolutismus
geprägt.
Durch die Lebenshaltung der Herrschenden erhielt die Ernährung zunehmend Unterhaltungscharakter, was
sich in unnatürlichen, lebensfremden Kreationen der höfischen Küche äußerte.
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Klassische Küche :
Die klassische französische Küche wurde eingeleitet und symbolisiert durch die Persönlichkeit von MarieAntoine Carême (1784–1833), der als der beste Koch des 19. Jahrhunderts galt. Er schrieb seine Auffassungen
in mehreren berühmten Fachbüchern nieder.
Bereits in dieser Zeit löste sich – getragen von der ökonomischen Entwicklung des Bürgertums – die Kochkunst
aus der höfischen Kultur, und es entstand die eigenständige bürgerliche Hotel- und Restaurationsgastronomie.
Für diese Entwicklung steht der Name von Auguste Escoffier (1847–1935): Er reformierte die Kochkunst
entsprechend den neuen Bedürfnissen. Als Verfasser des Buches „Der Kochkunstführer“ (Le Guide culinaire)
stellte er die kulinarische und dabei vernünftige Ernährung wieder in den Mittelpunkt und führte neue
technologische Verfahren in der Speisenherstellung ein und verbannte nicht essbares Beiwerk aus dem
Speisenangebot.
Schon im 18. und 19. Jahrhundert gab es in Preußen bei der Armee, in Militärwaisenhäusern, später in den
Krankenhäusern Anfänge der Gemeinschaftsverpflegung.
Besonders in den Zwanzigerjahren unseres Jahrhunderts entwickelte sich diese weiter, die ursprünglich mit der
Schaffung industrieller Großbetriebe einherging.
Die Schülerspeisung wurde eingeführt. In der Zeit von Inflation und Weltwirtschaftskrise wurden Volksküchen
für die Armen eingerichtet. Schließlich entwickelte sich die Gemeinschaftsverpflegung zu einem wichtigen
Bestandteil der Volksernährung und begann damit die Familienküche zurückzudrängen.
Diese Entwicklung erreichte in der DDR einen Höhepunkt. Zuletzt nahmen täglich 7,6 Millionen Menschen, das
war fast jeder Zweite, in irgend einer Form daran teil. Für alle Verpflegungsgruppen standen damals
ernährungs-physiologisch und ökonomisch begründete Musterspeisepläne zur Verfügung.
Neuzeitliche Küche:
Im 20. Jahrhundert ergaben sich weitere Strömungen in der Küchen- und Esskultur.
Die neuzeitliche Küche wurde ergänzt durch die Nouvelle cuisine und durch die Vollwertküche (VollwertErnährung).
Geprägt wurden diese Strömungen in der Kochkunst insbesondere durch moderne technische Entwicklungen
sowie durch weltweiten Handel und den internationalen Tourismus.
Es entstanden die Cuisine du marché, die Cuisine naturelle und die neue deutsche Küche. Gemeinsam
ist in diesen Richtungen das Bestreben, die neuen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse in der
Küchenpraxis stärker umzusetzen. Genuss und Gesundheit werden zum Maßstab in der Ernährung.
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Küche des Marktes (cuisine du marché):
frische Erzeugnisse, zum Beispiel Obst und Gemüse unmittelbar vom Erzeuger in die Küche,
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Natürliche Küche (cuisine naturelle): alles frisch, wenig Butter oder Sahne,
keinen Alkohol, keine Zusatzstoffe, keine Konservierungsoffe.
In der modernen Küche achtet man in den letzten Jahren auf kürzeres, möglichst schonendes Garen und
gleichzeitig auf angemessene Energieverwendung.
Dabei werden neue technische und technologische Entwicklungen, insbesondere das entkoppelte Zubereiten
genutzt.
Zunehmend halten Convenience-Erzeugnisse Einzug in die Gastronomie.
Superfrische Erzeugnisse betreffen nicht nur Obst- und Gemüsespeisen, sondern beispielsweise auch das
Backwaren- („ofenfrisch“ durch Selbstbacken) sowie das Imbissangebot.
Bei Hauptmahlzeiten muss die Küche den Erwartungen der Gäste nach frischer Herstellung in kurzer Zeit
gerecht werden. Beim Angebot ist zu berücksichtigen, dass Gäste für ihre Ernährungsbedürfnisse
„maßgeschneiderte“, vorzugsweise, zum Beispiel am Mittag, kleinere Mahlzeiten ausgedehnten
Hauptmahlzeiten vorziehen.
Auch auf den wachsenden Bevölkerungsanteil älterer Menschen und auf religiöse/etnische Bedürfnisse und
vegetarische Ansprüche müssen sich die gastronomischen Angebote einstellen.
Vermehrt Zuspruch finden regionale und internationale Spezialitäten, die aus heimischen Zutaten nach
ernährungswissenschaftlichen Grundsätzen hergestellt sind.
Trends in der Kochkunst:
Cuisine d’assemblage:
Bequemlichkeit und weniger Arbeitsaufwand sind die Vorteile bei der Verarbeitung von ConvenienceErzeugnissen. Die Gefahr besteht in der Uniformierung des Speisenangebots. Eine Alternative dazu wird durch
die „cuisine d’assemblage“ geboten. Die individuelle Vielfalt wird durch die Kombination von frischen Zutaten
und Convenience-Erzeugnissen erreicht.
Deftiges und Exquisites:
Regionale Spezialitäten und deftige Hausmannskost erhalten wieder einen neuen Stellenwert.
Dazu gehören Eintöpfe, Suppeneinlagen, Schmorspeisen, Schinkenspezialitäten usw. Deftige Hausmannskost
aus den Regionen Deutschlands und aus verschiedenen Teilen Europas gewinnt zunehmend Liebhaber.
Erlesene Spezialitäten aus aller Welt haben dabei ebenso ihren Platz. Üblich ist auch die Umsetzung alter
Hausrezepte nach modernen Ernährungsrichtlinien.
Ethnic Food:
Dieser Trend entspringt dem Wunsch nach ständiger Abwechslung und Naturverbundenheit, die wachsendes
Gesundheitsbewusstsein einschließt. Speisen sollen aus reinen und gesunden Lebensmitteln hergestellt
werden. Frisch- und Tiefgefriererzeugnisse erfüllen diese Anforderungen. Durch die Internationalisierung
des Geschmacks werden internationale Spezialitäten immer beliebter.
Novel Food:
Darunter sind biotechnologisch hergestellte Lebensmittel zu verstehen oder die Neu- oder Wiederentdeckung
von natürlichen, bisher unbekannten Stoffen für die Ernährung. Die Gefahrlosigkeit für Mensch und Tier soll von
den Herstellern und der EG garantiert sein.
Fingerfood:
Darunter sind frische und Convenience-Erzeugnisse zu verstehen, die ohne Besteck bequem verzehrt werden
können.
Slow Food:
Die Slow Food- Anhänger lehnen gentechnische Veränderungen von Lebensmitteln, Tieren und Pflanzen und
den Einsatz von sogenannten Aromen ab.
Slow Food steht für Genuss, der sich mit einem Engagement für Produktionsbedingungen der Lebensmittel
verbindet. Siehe auch unter „Eurotoques“.
(Entnommen und leicht geändert aus: „Lehrbuch für Köche“, Fachstufe; Verlag Handwerk und Technik, 2002,
22339 Hamburg, Lademannbogen 135.)
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