Plötzlicher Herztod und Defibrillatortherapie Julia Köbe Abteilung für Rhythmologie Department für Kardiologie und Angiologie 17.12.2014 100.000 Tote pro Jahr in Deutschland PHT 3300 Verkehrstote 15000 Alkohol- und Drogentote nach nur 3 Minuten setzen irreparable Hirnschäden ein nur 10% der Betroffenen überleben 80% der PHT passieren zu Hause In nur 22% der Fälle wird in Deutschland mit einer Laienreanimation begonnen Quelle: Reanimationsregister 2013 nur 10% der Betroffenen überleben nach 10 Minuten ist die Überlebenschance 0% Prozentualer Anteil an Laienreanimationen 3 22.9. – 26.9.2014 WOCHE DER WIEDERBELEBUNG 4 Wiederbelebung für Schülerinnen und Schüler 16.12.2014 Lernziele Was ist der plötzliche Herztod ? Definition und Epidemiologie Wer ist betroffen ? Ursachen und Mechanismen Prädiktoren, Prophylaxe und Therapie des plötzlichen Herztodes5 Lernziele Was ist der plötzliche Herztod ? Definition und Epidemiologie Wer ist betroffen ? Ursachen und Mechanismen Prädiktoren, Prophylaxe und Therapie des plötzlichen Herztodes6 Definition - plötzlicher Herztod • Tod durch unerwarteten Kreislaufstillstand innerhalb einer Stunde nach Symptombeginn • bei einer anscheinend gesunden Person / bei einem Patienten in stabilem Zustand Zipes et al., AHA/ACC/ESC Leitlinien 2006 Häufigkeit – etwa die Hälfte der kardialen Todesfälle – etwa 15-20% aller Todesfälle – hohe Dunkelziffer – 0,1-0,2% aller Menschen pro Jahr (USA/ Europa) – ca. 400.000 Fälle pro Jahr in den USA – ca. 400.000 Fälle pro Jahr in Europa Auslöser 80-90%: Tachykarde Herzrhythmusstörungen Kammerflimmern Kammertachykardie ~ 10%: Bradykarde Herzrhythmusstörungen Asystolie AV-Block Selten: plötzliches Pumpversagen (z.B. großer akuter Infarkt), plötzliche Einengung des Herzens im Herzbeutel (Tamponade) … überlebter plötzlicher Herztod Inzidenz in Abhängigkeit vom Alter 800/100.000 für den 75jährigen 100/100.000 für den 50jährigen Deo R et al., Circulation 2012 Lernziele Was ist der plötzliche Herztod ? Definition und Epidemiologie Wer ist betroffen ? Ursachen und Mechanismen Prädiktoren, Prophylaxe und Therapie des plötzlichen Herztodes 12 Ursachen für den PHT (1) 1. Patienten mit koronarer Herzerkrankung (ca. 75%) • akuter Infarkt • chronisches Infarktstadium Mechanismen bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung 1. Kammerflimmern ausgelöst durch Ischämie 2. im chronischen Infarktstadium – Ischämie nur selten Auslöser – Infarktnarbe als Substrat – Extrasystolen als „Initiator“ – Risiko erhöht bei EF ≤30% 14 Stevenson et al., Circulation 1993 Nogami J et al., Interv Card Electrophysiol 2009 Kammertachykardie nach Infarkt Endokard 15 Epikard Narbe Raymond Curr Probl Cardiol 2009 PHT im akuten Infarkt Endokard 16 Ursachen für den PHT (2) 2. Patienten mit Kardiomyopathien • Dilatative Kardiomyopathie (10-15%) • Hypertrophe Kardiomyopathie • Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie Seltenere Ursachen für den PHT 3. Patienten mit (asymptomatischer) Myokarditis 4. Patienten mit erworbenen oder angeborenen Herzfehlern (+/- Korrektur-Operation) 5. Koronaranomalien 6. ‚elektrische Herzerkrankungen‘ - langes / kurzes QT-Syndrom - Brugada-Syndrom - katecholaminerge polymorphe Kammertachykardie (CPVT) - WPW-Syndrom LQTS und Torsade de Pointes Tachykardie 21 Polymorphe Extrasystolie bei CPVT Altersspezifische Ursachen Risikozuwachs pro Jahr 10-25% 0.1% - Myokarditis - HCM - ARVC - LQTS - Brugada - CPVT - Idiopath. VF Strukturelle Herzerkrankungen - KHK - Kardiomyopathien (DCM) Jugendliche / junge Erwachsene 0,001% 10 20 30 40 50 60 70 Alter (Jahre) nach S. Priori Geschlechtsspezifische Unterschiede 3% idiopathic 2% other 5% valvular 2% RV Dyplasia 2% congenital 5% spasm 2% other 5% normal 10% DCM 10% idiopathic 13% valvular 19% DCM Männer Frauen nach CM. Albert Plötzlicher Herztod bei Sportlern Fußballer Piermario Morosini † 2012 Schwimmweltmeister Alexander Dale Oen †2012 Fußballer Fabrice Muamba März 2012 erfolgreich reanimiert Der plötzliche Tod bei jungen Sportlern (n=134) Andere KHK ARVCM DCM Myokarditis Muskelbrücke LAD Hypertrophe Kardiomyopathie Aortensstenose Aortenaneurysma Koronaranomalien LV-Hypertrophie Maron et al., JAMA 2000 Lernziele Was ist der plötzliche Herztod ? Definition und Epidemiologie Wer ist betroffen ? Ursachen und Mechanismen Prädiktoren, Prophylaxe und Therapie des plötzlichen Herztodes 27 Identifikation von Risikopatienten Bevölkerungsgruppe Inzidenz Fallzahl Allgemeine Bevölkerung Risikofaktoren Früheres Koronareignis EF <35% oder Herzinsuffizienz VT/VF, überlebte Reanimation Hochrisiko post-MI Subgruppe 0 Myerburg RJ, Am J Cardiol 1997 5 10 15 20 25 30 Inzidenz des plötzl. Herztodes (%) 0 100,000 200,000 400,000 Fälle von plötzlichem Herztod (USA/Jahr) Prädiktoren >60% ohne Risikomarker oder Erstereignis <25% mit Risikomarkern < 25% > 60% Myerburg RJ, J Cardiovasc Electrophysiol 2005 Prophylaxe und Therapie des plötzlichen Herztods 4.2.1980 St. John‘s Hopkins Medical Center, Baltimore Michel Mirowski 1924 -1990 Seit 2006 ist ein System zur komplett subkutanen Defibrillation verfügbar (S-ICD®) 32 Was macht der ICD ? Antitachykardes Pacing (ATP) Nicht möglich beim S-ICD® Kardioversion Defibrillation 33 34 Primär- und Sekundärprävention Primärprävention: ICD-Implantation zum Schutz vor einem plötzlichen Herztod bei Patienten mit erhöhtem Risiko Sekundärprävention: ICD-Implantation nach einem überlebten plötzlichen Herztod Sekundärprävention Alle Patienten, die einen plötzlichen Herztod überlebt haben, werden in der Regel mit einem ICD geschützt - außer bei behebbaren Ursachen Primärprävention Deutlich schwieriger, den gefährdeten Patienten zu identifizieren Risiko-Nutzen-Abwägung Niedriges Risiko vs. Komplikationsrisiko des ICD37 (Sondenprobleme, inadäquate Schocks) ICD post Infarkt Valiant Register: 11256 Patienten; 965 mit PHT Follow up Zeitraum Prädiktor für plötzlichen Herztod Entlassung – 30 Tage erhöhte Herzfrequenz (p=0.0002) LVEF < 40% (p=0.003) 30 Tage – 6 Monate NHYA III (p=0.0007) Diabetes mellitus (p=0.0001) LVEF < 40% (p=0.003) 6 Monate bis 3 Jahre LVEF < 40% (p=0.001) Piccini et al., European Heart Journal 2010 39 Lernziele - Zusammenfassung • Der plötzliche Herztod ist ein plötzlicher unerwarteter Tod bei einem Patienten in einem stabilen Krankheitszustand • er umfasst etwa die Hälfte aller kardialen Todesfälle • bei ca. 60% der Betroffenen ist der PHT das Erstereignis (ohne Prädiktoren) • Als häufigste Ursache findet sich eine koronare Herzerkrankung • Kammerflimmern ist der häufigste Mechanismus –Zusammenfassung Lernziele - Zusammenfassung • Patienten, die einen plötzlichen Herztod überlebt haben, werden mit einem ICD geschützt (Sekundärprävention) • Primärprävention bei Patienten nach Herzinfarkt und mit Herzinsuffizienz: Wichtigster Parameter für die Risikostratifizierung ist die LV-EF (<30%) • die Risikostratifizierung im Rahmen der Primärprävention bei Patienten mit HCM, ARVC und elektrischen Erkrankungen ist schwierig und häufig eine Einzelfallentscheidung Vielen Dank und schöne Weihnachtstage ! Kammertachykardien in den ersten 48 h nach ST-Hebungsinfarkt bedeuten kein erhöhtes Langzeit-Risiko für den PHT Vorhofflimmern bei WPW Syndrom FBI-Tachykardie mit Degeneration in Kammerflimmern bei WPW Syndrom