Physik I Übung 10 - Lösungshinweise Stefan Reutter Moritz Kütt Franz Fujara WS 2011/12 Stand: 7. Februar 2012 Aufgabe 1 War die Weihnachtspause vielleicht doch zu lang? Bei der Translation eines Massenpunktes und der Rotation eines ausgedehnten Körpers kann man gewisse Ähnlichkeiten bei den benötigten Größen identifizieren. Erstelle eine Tabelle mit den entsprechenden wichtigen Größen. Translation Rotation Weg s Winkel ϕ ... ... Lösungshinweise: Translation Ort ~r Geschwindigkeit v~ Beschleunigung ~a Masse m Kraft F~ Impuls ~p = m~ v Bewegungsgleichung F~ = ~˙p = m~a Erhaltungsgröße Impuls ~p kinetische Energie Ekin = 21 mv 2 = p2 2m Rotation Winkel ϕ Winkelgeschwindigkeit ω ~ ˙ Winkelbeschleunigung ω ~ Trägheitsmoment J ~ Drehmoment M Drehimpuls ~L = J ω ~ ~ = ~˙L = J ω̇ Bewegungsgleichung M Erhaltungsgröße Drehimpuls ~L kinetische Energie Ekin = 12 Jω2 = L2 2J Aufgabe 2 Rollige Rollen Ein Zylinder, eine Kugel und ein Hohlzylinder rollen einen Hang hinunter. Sagt der Zylinder zu den anderen: “Wetten, ich bin schneller unten als ihr?” Sagt die Kugel: “Gar nicht! Ich bin die schnellste!” Wer hat recht? Berechne die Geschwindigkeit, die die drei Körper jeweils am Ende haben, wenn sie aus einer Höhe 20 m mit einer Geschwindigkeit von 0 starten. Sie haben jeweils die gleiche Masse und den gleichen Radius, Reibung kann vernachlässigt werden. Hinweis: Die notwendigen Trägheitsmomente entnehme man der letzten Übung. Lösungshinweise: 1 Hier nochmal die Trägheitsmomente Kugel Zylinder Hohlzylinder JK = 52 M R2 J Z = 12 M R2 J H = M R2 Damit ist schon klar, dass die Kugel am schnellsten unten ankommt. Zur Vereinfachung setzen wir J = αM R2 für die verschiedenen Körper, wobei α die verschiedenen Vorfaktoren berücksichtigt Die Geschwindigkeit berechnet man mittels Energieerhaltung ! M gh = E t r ans + E r ot = 1 M v 2 + Jω2 2 2 1 Mit v = ωR (weil die Körper rollen) ergibt sich M gh = 1 1 M v 2 + αM v 2 2 2 r 2gh v= 1+α v K = 16.7 m/s v Z = 16.2 m/s v H = 14 m/s Aufgabe 3 Steinerscher Satz Berechne das Trägheitsmoment einer unsymmetrischen Hantel um eine Achse durch den Schwerpunkt. Die Hantel besteht aus einer Kugel mit Radius r1 = 10 cm und Masse m1 = 1 kg sowie einer zweiten Kugel mit Radius r2 = 20 cm und einer Masse m2 = 5 kg. Der Abstand zwischen den beiden Kugelmittelpunkten ist 60 cm. Vernachlässige die Masse der Verbindungsstange. m1 m2 d Lösungshinweise: Das Trägheitsmoment jeder Kugel beträgt Ji = 25 mi R2i . Der Steinersche Satz besagt, dass man die Drehung der Kugel um eine Drehachse, die nicht durch den Mittelpunkt (die Hauptträgheitsachsen gehen durch den Mittelpunkt) geht, schreiben kann als Ji0 = Ji + mi x i2 Wobei x i der Abstand zwischen Drehachse und Mittelpunkt der Kugel ist. 2 Zunächst muss man sich die Abstände zum Schwerpunkt beschaffen. Bekanntermaßen ist per Definition des Schwerpunktes x1 = x2 = m2 m1 + m2 m1 m1 + m2 d d Das Gesamtträgheitsmoment ist dann J = J10 + J20 = = = Wobei µ = m1 m2 m1 +m2 2 5 2 5 2 5 m1 R21 + m2 R22 + m1 m1 R21 + m2 R22 + 2 m2 m1 + m2 m1 m2 (m1 + m2 ) 2 m1 + m2 + m2 m1 m1 + m2 2 d2 d2 m1 R21 + m2 R22 + µd 2 die reduzierte Masse ist. Aufgabe 4 Billard Wo muss man beim Billard eine Kugel mit dem horizontalen Queue anstoßen, damit sie direkt losrollt ohne zu rutschen? Lösungshinweise: Bei einem Kraftstoß gibt es wie bei der Rolle im Weltraum sowohl durch die Kraft F eine Translationsbeschleunigung als auch durch das Drehmoment D = x F eine Winkelbeschleunigung (x ist der Stoßparameter, Höhendifferenz zwischen Schwerpunkt und Stoßpunkt). ω̇ = v̇ = D J F M wobei J = 52 M R2 das Trägheitsmoment der Kugel ist. Damit die Kugel direkt rollt, muss v = ωR erfüllt sein, damit gilt dann natürlich auch für deren Ableitungen v̇ = ω̇R xF 2 MR 5 ! = ω̇R = v̇ = F M 2 x = Ry 5 3 Aufgabe 5 Urodynamik Manchmal gehen Vorlesungen einfach zu lange, vor allem wenn man zuviel Kaffee getrunken hat. Nachdem die sich scheinbar endlos hinziehende Studentenquälerei endlich zu Ende ist, rennt dein Sitznachbar, der schon die ganze Zeit nervös auf seinem Platz rumgerutscht ist, so schnell wie nur möglich aus dem Hörsaal. Kurze Zeit später hörst du ein erleichtertes Seufzen aus der Herrentoilette. Berechne, wie groß die Geschwindigkeit deines Sitznachbarn Strahls (er pinkelt eine ideale Flüssigkeit mit der Dichte von Wasser) am Anfang des Vorgangs bei Austritt aus der Harnröhre ist, wenn sich in seiner Blase ein Überdruck von 10 hPa aufgebaut hat und die Füllhöhe 10 cm über dem Abfluss beträgt. Welche Höhe müsste ein oben geschlossener Behälter haben, um den gleichen Überdruck zu erzeugen? Lösungshinweise: Laut Bernoulli-Gleichung gilt 1 1 p1 + ρu21 = p2 + ρu22 2 2 Der Druck am Ende des Strahlemanns ist der Luftdruck p2 = p0 , im Innern der Blase ist er p1 = p0 + ∆p + ρ gh. Die Geschwindigkeit im Innern der Blase ist u1 = 0. Damit gilt 1 ∆p + ρ gh = ρu22 2 r 2∆p u2 = + 2gh = 2 m/s ρ Um das gleiche mit einem Behälter ohne inneren Überdruck zu erreichen, muss folgendes gelten ρ gh b =∆p + ρ gh ∆p hb = + h = 0.2 m ρg 4 Hausaufgabe 1 Kinder-Kreisel Egon (m E = 40 kg) und Manni (m M = 30 kg) hat es schon wieder erwischt. Dieses mal haben sich jedoch die Halbstarken etwas besonders fieses ausgedacht, um die beiden kleinen zu ärgern. Sie binden Egon und Manni so an eine stabile Stange, dass ein ”Kinder-Kreisel” entsteht. Der gemeinsame Schwerpunkt dieses Kreisels liegt 1 müber dem unteren Ende der Stange. Die Halbstarken setzen diesen Kreisel nun mit einer Drehfrequenz von ω = 30 s−1 und mit der Drehachse um α = 10◦ zur Senkrechten verkippt in Bewegung. Der Kinder-Kreisel beginnt dann unter dem Einfluss der Gewichtskraft mit einer Präzessionsfrequenz von ω p = 4 s−1 zu präzedieren. Wie groß ist das Trägheitsmoment des Kinderkreisels? Lösungshinweise: Für die Präzessionsfrequenz gilt: ωp = D L sin α = (me + mm )g r sin α Jω sin α Damit ist das Trägheitsmoment: J= (m E + m M )g r ωp ω = 5.7 kgm2 Hausaufgabe 2 Noch mehr Trägheitsmomente? Bah! Berechne das Trägheitsmoment a) eines rotationssymmetrischen Körpers mit der Berandungsfunktion r(z) = kz 2 , der von z = 0 bis z = H geht, die konstante Dichte ρ hat und um die z-Achse rotiert. b) eines Zylinders mit Symmetrieachse entlang der z-Achse, Höhe h, Radius R und Dichteverteilung ρ(r) = k0 r um die z-Achse. Lösungshinweise: Hier muss man fröhlich integrieren, jedoch darauf achten, dass eine Integrationsgrenze von einer anderen Integrationskonstanten abhängig ist. a) 2 J= ZH Zkz Z2π ZH 0 0 ρr 3 dφdrdz = 2πρ 0 0 1 4 (kz 2 )4 dz = π 18 k4 H 9 ρ 5 Man kann noch die Masse einsetzen, das bringt einem allerdings bei dieser Aufgabe nicht sehr viel 2 M= ZH Zkz Z2π ρrdφdrdz = 2πρ 0 J= 5 18 0 0 ZH 1 2 (kz 2 )2 dz = π 5 k2 H 5 ρ 0 M k2 H 4 b) J= ZH ZR Z2π 0 0 1 k0 r 4 dφdrdz = 2πk0 H R5 5 0 Die Masse ist hier M= ZH ZR Z2π 0 J= 3 5 0 1 k0 r 2 dφdrdz = 2πk0 H R3 3 0 M R2 Hausaufgabe 3 Wie Hund und Katz und Fuchs, Teil 17 Hund, Katze und Fuchs wollen schon wieder springen. Diesmal planen sie Großes. Alle haben sich in Startposition begeben, Hund auf dem Boden, Katze auf einem Baum, Fuchs etwas weiter weg. Plötzlich bellt der Hund laut, die Katze erschrickt sich und fällt mit dem Rücken zuerst vom Baum. Mit welcher Frequenz müsste die Katze mit ihrem Schwanz rotieren, damit sie bei einer Fallhöhe von h = 2 m wieder auf ihre Beine fällt? Idealisiere die Katze durch einen Zylinder mit der Länge 40 cm und Durchmesser 10 cm. Den Schwanz kannst du als dazu senkrechten Stab mit einer Länge von 30 cmund einem Durchmesser von 1 cm darstellen. Die Katze hat eine homogene Dichte und die Masse M . Lösungshinweise: Benennung einiger Größen: Radius Katzenkörper Höhe (Länge) Katzenkörper Volumen Katzenkörper Radius Schwanz Länge Schwanz Volumen Schwanz Masse der Katze RK HK VK RS LS VS M = 5 cm = 40 cm = 0.5 cm = 30 cm = VK ρ + VS ρ 6 Nötige Rotation des Katzenkörpers: π ωK = t fall Fallzeit 1 2 g t fall 2 q s= 2s g t fall = Das Trägheitsmoment des Katzenkörpers (Zylinder): JK = 1 2 VK ρR2K Trägheitsmoment eines Dünnen Stabes bei Rotation um Achse durch Schwerpunkt: J= 1 12 M L2 Trägheitsmoment des Schwanzes (Dünner Stab + Steinersche Satz) 2 1 L JS = J + M = VS ρ LS2 2 3 Betragsweise Drehimpulserhaltung für Rotation des Schwanzes (die Vektoren ωS und ωK zeigen in natürlich in gegensätzliche Richtungen, müssen aber für das Problem vom Betrag her gleich sein) JS ω S = J K ω K ωs = JK ωK JS = 3VK ρR2K 2VS ρ LS2 qπ 2s g = 3πH K R4K q R2 L 3 2 2s g S S = 27s−1 Hausaufgabe 4 Da dreh ich am Rad Das Trägheitsmoment eines Rades ist J = 100 kg m2 . Seine Winkelgeschwindigkeit ist zu einem bestimmten Zeitpunkt 2 s−1 . Nachdem es sich um einen Winkel von 100 gedreht hat, ist seine Winkelgeschwindigkeit durch ein konstantes Drehmoment auf 10 s−1 angewachsen. Berechne dieses Drehmoment und die Zunahme an kinetischer Energie. Lösungshinweise: Es gelten folgende Relationen ~˙ ~L = J ω ~ = Jφ ~˙L = D ~ ~¨ = D ~ Jφ 7 Damit ergibt sich für ein konstantes Drehmoment durch Integrieren (alle Vektoren zeigen in die gleiche Richtung, deshalb betrachten wir das Problem nun eindimensional) D t + ω0 J D 2 φ= t + ω 0 t + φ0 2J ω= Den Zeitpunkt kann man sich aus der ersten Gleichung beschaffen. Setzt man das in die zweite ein, erhält man das Drehmoment J (ω − ω0 ) = ∆ω D D 1 J (ω1 − ω0 ) + ω0 ∆φ = ∆ω D 2 J 1 D= (ω1 − ω0 ) (ω1 + ω0 ) ∆φ 2 J 2 = ω1 − ω20 = 48 Nm 2∆φ t= J Die Drehenergiedifferenz ist ∆E = 1 2 J ω1 − ω20 = 4.8 kJ 2 8