Mathematik für Geowissenschaftler Thorsten Wörmann 27. Januar 2012 Inhaltsverzeichnis 1 Vorlesung 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 F2 , 5 der Körper mit zwei Elementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.1.1 Drei Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1.2 One Time Pad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1.3 RAID-5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.1.4 Fehler korrigierende Codes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.2.1 Erste Folgerungen aus den Körperaxiomen . . . . . . . . . . 11 1.2.2 Die binomischen Formeln 1.2.3 Die Regeln der Bruchrechnung 1.2.4 Umformungen von Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.2.5 Potenzen in Körpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Die Körperaxiome und ihre Folgen Ordnung muÿ sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.3.1 Angeordnete Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.3.2 Folgerungen aus den Anordnungsaxiomen . . . . . . . . . . 16 1.3.3 Die Betragsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.3.4 Das Supremumsaxiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.3.5 Archimedizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.3.6 Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Aussagenlogik und Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.4.1 Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.4.2 Quantoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Funktionen und Flächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.5.1 Flächen 28 1.5.2 Trigonometrische Funktionen 1.5.3 Eigenschaften von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.5.4 Der natürliche Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1.6 Vektoren, Vektorräume, Abstände: 2D . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1.7 Polynome I 43 1.8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1.7.1 Denition und Eigenschaften von Polynomen . . . . . . . . 43 1.7.2 Tangenten an Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1.8.1 Polynome II: Die Ableitungsregeln Konstante Faktoren Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1.8.2 Summenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1.8.3 Produktregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1.8.4 Allgemeine Produktregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3 1.8.5 1.9 Kettenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Polynome III: Analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1.9.1 Fundamentalsatz der Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1.9.2 Zwischenwertsatz für Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1.9.3 Satz von Rolle für Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1.9.4 Mittelwertsatz für Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1.10 Integration Teil I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 1.10.1 Ein Integralbegri (nicht nur für Polynome) . . . . . . . . . 60 1.10.2 Die Integrationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.10.3 Beispiele für Integrationstechniken . . . . . . . . . . . . . . 1.10.4 Tangenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.11 Jenseits der Polynome 66 68 73 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1.11.1 Grundlegende Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1.11.2 Die Ableitungen und Stammfunktionen der trigonometrischen Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.11.3 Potenzreihenentwicklungen von Funktionen 87 1.11.4 Formale Potenzreihen und Konvergenz . . . . . . . . . . . . 92 1.12 Anhang A: Eigenschaften von streng monotonen Funktionen . . . . 1.13 Anhang B: Eigenschaften von Flächenfunktionen 2 84 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergänzungen 97 100 103 2.0.1 E: Das Nim Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2.0.2 E: Die reellen Zahlen als Dezimalzahlen 108 2.0.3 . . . . . . . . . . . 2.0.2.1 Der Wert von Dezimalzahlen . . . . . . . . . . . . 111 2.0.2.2 Probleme mit Dezimalzahlen . . . . . . . . . . . . 111 E:Kombinatorik, die Kunst des gepegten Zählens . . . . . 113 . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2.0.3.1 Einfache Zählformeln 2.0.3.2 Teilmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2.0.4 E: Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2.0.5 E: Der Haupsatz der Mineralogie . . . . . . . . . . . . . . . 123 2.0.6 GPS und Verwandte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2.0.6.1 2.0.7 2.0.8 2D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 E: Einführung in das Computeralgebrasystem Maxima . . . 133 2.0.7.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 2.0.7.2 Rechnen mit Maxima . . . . . . . . . . . . . . . . 138 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 E: Stetigkeit 1 Vorlesung 5 Mathematik für Geowissenschaftler 1.1 F2 , der Körper mit zwei Elementen Wir betrachten eine Menge bestehend aus zwei Objekten: M := {, O} Wir denieren zwei Operationen auf dieser Menge: ⊕ ⊕= ⊕O=O O⊕=O O⊕O= = O= O= OO=O Bei einer Operation wird also jeder möglichen Kombination von Elementen der Menge ein Ergebnis, also wieder ein Element der Menge zugewiesen. Wir wollen nun die Eigenschaften dieser Operationen untersuchen. Zunächst einmal stellen wir fest, daÿ die Operationen unabhängig von der Reihenfolge sind: Beide Operationen sind kommutativ. Deshalb können wir die Verknüpfungen auch kürzer in den folgenden beiden Tabellen beschreiben: ⊕ O O O O O O O Die Kommutativität können wir auch wie folgt ausdrücken: ab=ba und a⊕b=b⊕a für alle a, b ∈ M. Weiter stellen wir fest, daÿ beide Operationen ein Neutralelement haben, also ein Element, dessen Verknüpfung nichts bewirkt: a⊕=a und Es gilt das Assoziativgesetz für a O O O O b O O O O c O O O O (a ⊕ b) ⊕ c ⊕ = ⊕O=O O⊕=O O⊕O= O⊕=O O⊕O= ⊕= ⊕O=O aO=a ⊕: a ⊕ (b ⊕ c) ⊕= ⊕O=O ⊕O=O ⊕= O⊕=O O⊕O= O⊕O= O⊕=O Seite 6 für alle a ∈ M. Mathematik für Geowissenschaftler Man sieht also : (a ⊕ b) ⊕ c = a ⊕ (b ⊕ c) für alle a, b, c ∈ M Das alles Nachzurechnen ist etwas langatmig. Um die Assoziativität von sehen, versuchen wir mit etwas weniger Arbeit auszukommen. Behauptung: (a b) c = a (b c) Grund: Man sieht a= für alle für alle a ∈ M. einzu- a, b, c ∈ M 1.Fall: a = : Dann ist (a b) c = ( b) c = c = und (b c) = . 2.Fall: a = O: Dann ist (a b) c = b c a (b c) = b c und Behauptung: a (b ⊕ c) = (a b) ⊕ (a c) Grund: 1.Fall: a = . Dann sind beide Seiten . 2. Fall: a = O: Dann sind beide Seiten b ⊕ c. Als besonders nützlich wird sich die folgende Eigenschaft erweisen: a⊕a= für alle a∈M Grund: O ⊕ O = , ⊕ = Folgerung: (a ⊕ b) ⊕ a = b Grund: (a ⊕ b) ⊕ a = a ⊕ (a ⊕ b) = (a ⊕ a) ⊕ b = ⊕ b = b 1.1.1 Drei Anwendungen Wir betrachten jetzt statt der einzelnen Zeichen und O Zeichenketten gleicher Länge aus diesen Symbolen. Zwei Zeichenketten werden stellenweise mit verknüpft. Diese Verknüpfungen bezeichnen wir wieder mit Beispiel: und . ⊕ bzw. OO ⊕OO = OO Wie oben gilt auch für Zeichenketten x⊕x= ⊕ x, y : x ⊕ y = y ⊕ x, (x ⊕ y) ⊕ z = x ⊕ (y ⊕ z), besteht), x ⊕ = x. (Die Zeichenkette die nur aus lauter 1.1.2 One Time Pad Alice möchte Bob eine verschlüsselte Botschaft schicken, die nur Bob entschlüsseln kann. Die Nachricht nennen wir x. Alice generiert einen gleich langen Schlüssel den Sie Bob auf sicherem Wege zukommen läÿt. Nun berechnet Sie m=x⊕s Seite 7 s, Mathematik für Geowissenschaftler m kann Sie nun über einen unsicheren Kanal (z.B. das Internet) an Bob ver- schicken. Bob berechnet nach Erhalt der Nachricht: m⊕s Er erhält m ⊕ s = (x ⊕ s) ⊕ s = x ⊕ (s ⊕ s) = x ⊕ = x also die unverschlüsselte Nachricht. Beispiel: Alice Bob x = OO, s = OO m = OO m = OO, s = OO m ⊕ s = OO = x Bemerkung: Dieses Verfahren ist das einzig mathematisch beweisbar sichere Verschlüsselungsverfahren. 1.1.3 RAID-5 Wir stellen uns zwei Festplatten gleicher Gröÿe vor, die beide mit Daten bestehend aus Zeichenketten von und O bestehen. Wie können wir uns dagegen absichern, daÿ eine Festplatte defekt wird und die Daten verloren gehen? Dazu nehmen wir noch eine dritte Festplatte und bezeichnen den Inhalt der ersten beiden Platten mit x und y. Auf der dritten Festplatte speichern wir Platte mit Inhalt x aus, so berechnen wir: z = x⊕y ab. Fällt jetzt die y ⊕ z = y ⊕ (x + y) = y ⊕ (y ⊕ x) = (y ⊕ y) ⊕ x = ⊕ x = x Damit ist der Platteninhalt der Platte mit Inhalt y x wieder hergestellt. Analog geht man beim Ausfall vor. Fällt z aus, so kann dies einfach wieder als berechnet werden. x⊕y 1.1.4 Fehler korrigierende Codes Wir wollen eine Nachricht über einen störungsanfälligen Kanal schicken. Wie kann der Empfänger erkennen, ob eine Nachricht einen Fehler enthält und diesen gegebenenfalls korrigieren? Eine Möglichkeit wäre, die Nachricht dreimal abzuschicken und der Empfänger macht eine Mehrheitsentscheidung. Zum einen verdreifacht das das Datenaufkommen, zum anderen weiÿ der Empfänger nicht, ob an der gleichen Stelle zweimal ein Fehler aufgetreten ist. Ein clevereres Verfahren ist das folgende. Wir nehmen an, daÿ wir die Symbole m1 , m2 , m3 , m4 ∈ M übertragen wollen. Weiter nehmen wir an, daÿ bei dieser Seite 8 Mathematik für Geowissenschaftler Übertragung maximal ein Fehler auftritt. Wir generieren jedem Kreis gerade viele O p1 , p2 und p3 so, daÿ in stehen: K2 K1 m1 p2 m3 p1 m4 m2 p3 K3 Also: p1 = m1 ⊕ m2 ⊕ m4 p2 = m1 ⊕ m3 ⊕ m4 p3 = m2 ⊕ m3 ⊕ m4 Nun werden m1 , · · · , m4 , p1 , · · · , p3 überragen. Der Empfänger ordnet die empfan- genen Symbole wieder in die obigen Kreise ein. Nun kann der Empfänger überprüfen, ob die Kreise eine gerade Anzahl von O enthalten. Wir sehen uns nun einmal an, was passiert, wenn bei dieser Übertragung maximal ein Fehler auftritt. Fehler in K1 K2 K3 m1 m2 m3 m4 p1 p2 p2 falsch falsch korrekt kein Fehler falsch korrekt falsch korrekt falsch falsch falsch falsch falsch falsch korrekt korrekt korrekt falsch korrekt korrekt korrekt falsch korrekt korrekt korrekt Damit kann der Empfänger erkennen, ob ein Fehler aufgetreten ist und wenn ja, an welcher Stelle. Seite 9 Mathematik für Geowissenschaftler 1.2 Die Körperaxiome und ihre Folgen Die ganzen Zahlen hat Gott gemacht, alles übrige ist Menschenwerk, Leopold Kronecker. Denition: N := {1, 2, 3, . . .} N0 := {0, 1, 2, 3, . . .} Z := {. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .} Zunächst wollen wir uns überlegen was vernünftige Zahlen ausmachen soll. Wir möchten sicherlich, daÿ wir zwei Operationen unbeschränkt ausführen können: Eine Addition und eine Multiplikation. + A+ : (a + b) + c = a + (b + c) N+ : a+0=a · A· : a·(b·c) = (a·b)·c N· : a·1=a Existenz des K+ : a+b=b+a I+ : zu a gibt es −a, K· : a·b=b·a I· : zu a 6= 0 gibt a−1 , mit: a · a−1 = 1 Kommuta- mit: a + (−a) = 0 Assoziativität Neutralelements tivität Existenz des es Inversen Des weiteren haben wir D : a · (b + c) = a · b + a · c N T : 1 6= 0 Distributivität Nichttrivialität Bemerkung: Wir sind es gewohnt, Formeln von links nach rechts zu lesen. Deshalb lesen wir a + b + c als (a + b) + c . Die Kommutativität der Addition liefert dann: a + b + c = b + c + a = (b + c) + a = a + (b + c). Es sieht so aus, als benötige man die Assoziativität gar nicht. Beachten Sie aber bitte, daÿ wir a+b+c noch gar nicht deniert haben. Tun wir das zum Beispiel durch a + b + c := (a + b) + c, so liefert uns die Kommutativität lediglich a + b + c = (b + a) + c = c + (b + a) = c + (a + b), Seite 10 Mathematik für Geowissenschaftler aber nicht a + b + c = a + (b + c). Beispiele: 1) Die Menge F2 = {0, 1} 2) Q= p q r s + n = o p p r q | p ∈ Z und q ∈ N mit der Multiplikation q · s p·s+r·q (Genaueres dazu weiter unten). q·s p·r q·s und der Addition = Nichtbeispiele: 1) N0 (mit der gewöhnlichen Addition und Multiplikation) da es im allgemeinen keine additiven Inversen gibt. 2) Z (mit der gewöhnlichen Addition und Multiplikation) da es im allgemeinen keine multiplikativen Inversen gibt. 1.2.1 Erste Folgerungen aus den Körperaxiomen F1) Neutralelemente sind eindeutig bestimmt denn: Seien 00 und 10 weitere Neutralelemente (NE). Dann ist 0 + 00 = 00 , da 0 + 00 = 0 Also ist 0 0 0 = 0+0 = 0. 0 ,da Neutralelement ist, und 00 Neutralelement ist. Analog sieht man, daÿ multiplikative Neutralelemente eindeutig sind. F2) a + 0 · a = a Grund: N· D N· N+ a + 0 · a = 1 · a + 0 · a = (1 + 0) · a = 1 · a = a F3) a · 0 = 0 Grund: I+ F 2) K+ 0 = a + (−a) = (a + 0 · a) + (−a) = I+ N+ a + (−a) + 0 · a = 0 + 0 · a = 0 · a F4) Ist a · b = 0, so ist a = 0 oder b = 0 (oder beide). denn: Ist a 6= 0 und b 6= 0 , dann gibt es a−1 und b−1 , mit F 3) (b−1 · a−1 ) · (a · b) = (b−1 · a−1 ) · 0 = 0. Aber auch: A· I· (b−1 · a−1 ) · (a · b) = b−1 · (a−1 · a) · b = Seite 11 Mathematik für Geowissenschaftler N· I· b−1 · 1 · b = b−1 · b = 1. Also wäre 1 = 0. F5) Inverse sind eindeutig und es gilt:−(−a) = a und (a−1 )−1 = a für a 6= 0. Grund: a + (−a) = 0 , also ist a daher additives Inverses zu (−a), a = −(−a). Den zweiten Teil sieht man analog. F6) (−1) · a = −a Grund: N· D I+ F 3) a + (−1) · a = 1 · a + (−1) · a = (1 + (−1)) · a = 0 · a = 0 also mit F5 die Behauptung. F7) (−1) · (−1) = 1 Grund: (−1) · (−1) + (−1) = (−1) · (−1) + 1 · (−1) = ((−1) + 1) · (−1) = 0 · (−1) = 0 (−1) · (−1) F 5). Damit ist (nach das additive Inverse von (−1), also (−1) · (−1) = −(−1) = 1 F8) (−a) · (−a) = a · a =: a2 Grund: (−a) · (−a) = (−1) · a · (−1) · a = (−1) · (−1) · a · a = 1 · a · a = a · a = a2 F9) −(a + b) = (−a) + (−b) und (a · b)−1 = a−1 · b−1 Grund: (−a) + (−b) + a + b = (−a) + a + (−b) + b = 0 + 0 = 0 und a−1 · b−1 · a · b = a−1 · a · b−1 · b = 1 · 1 = 1 Einschub: Warum gibt es kein multiplikatives Inverses von 0? Seite 12 Mathematik für Geowissenschaftler Wir hätten: nach F 3. 0·0−1 = 1 nach Denition des multiplikativen Inversen und 0−1 ·0 = 0 Denition: a − b := a + (−b) a = a · b−1 b falls, b 6= 0 1.2.2 Die binomischen Formeln D D K+ B1) (a+b)2 = (a+b)·(a+b) = a·(a+b)+b·(a+b) = a2 +a·b+b·a+b2 = a2 +2·a·b+b2 B1 B2) (a − b)2 = (a + (−b))2 = a2 + 2 · a · (−b) + (−b)2 = a2 + 2 · a · (−1) · b + b2 = a2 − 2 · a · b + b2 B3) (a − b) · (a + b) = (a + (−b)) · (a + b) = a · (a + b) + (−b) · (a + b) = a2 + a · b + (−1) · b · a + (−1) · b2 = a2 − b2 1.2.3 Die Regeln der Bruchrechnung Im folgenden seien alle auftretenden Nenner Br1) = Grund: a b a b d d d , speziell: d · 6= 0. =1 a a d Def. · = (a · b−1 ) · (d · d−1 ) = a · b−1 · 1 = a · b−1 = b d b Br2) ab · dc = a·c b·d Grund: a b · c Def. a·c = (a · b−1 ) · (c · d−1 ) = (a · c) · (b · d)−1 = d b·d Br3) ac + cb = a+b c Grund: a b a+b D + = (a · c−1 ) + (b · c−1 ) = (a + b) · c−1 = c c c Br4) ac + db = a·d+b·c c·d Grund: b Br1 a d b c Br2 a · d b · c Br3 a · d + b · c a + = · + · = + = c d c d d c c·d c·d c·d Br5) a b c d = a·d b·c Seite 13 Mathematik für Geowissenschaftler Grund: a b c d = a c −1 · = (a · b−1 ) · (c · d−1 )−1 = a · b−1 · c−1 · d = b d (a · d) · (b · c)−1 = a·d b·c 1.2.4 Umformungen von Gleichungen Klar ist: Gilt a = b, so auch a+c=b+c a + c = b + c, so können wir auf beiden a + c + (−c) = b + c + (−c), also a = b. Ist umgekehrt: erhalten: Für die Multiplikation gilt klarerweise: Ist a · c = b · c, so also c 6= 0 ist. ist a · c · c−1 = b · c · c−1 Seiten (−c) addieren und a = b, so auch a · c = b · c. Ist umgekehrt a = b, falls c−1 existiert, falls und mithin 1.2.5 Potenzen in Körpern Denition: Potenzen Sei n eine natürliche Zahl. Wir denieren für an := |a · .{z . . · a}, a0 = 1 und für n−mal 00 n∈N: a 6= 0, a−n := (a−1 )n lassen wir undeniert. Aus der Denition sieht man sofort die Potenzrechenregeln für n, m ∈ Z: an · am = an+m und (an ) m = an·m Satz (endliche geometrische Reihe): xn − 1 = (x − 1) · (1 + x + . . . + xn−1 ) = (x − 1) n−1 X k=0 Grund: Die rechte Seite ergibt ausmultipliziert x n−1 X k=0 xk − n−1 X k=0 xk = n−1 X k=0 xk+1 − xk = xn − 1 Seite 14 xk Mathematik für Geowissenschaftler Folgerung: n n x − y = (x − y) n−1 X xk y n−k−1 k=0 Grund: Ist y 6= 0 so folgt mit der endlichen geometrischen Reihe xn − y n = y n n n−1 X x k x x − 1 = y( − 1)y n−1 = y y y k=0 (x − y) · n−1 X xk y n−k−1 k=0 Seite 15 Mathematik für Geowissenschaftler 1.3 Ordnung muÿ sein 1.3.1 Angeordnete Körper Wir nehmen einmal an, daÿ es in einem Körper Elemente gibt, die wir positiv nennen. Welche Eigenschaften sollen diese haben? O1) Wenn x und y positiv sind, dann auch x + y und x · y O2) Für jede Zahl x6= 0 ist entweder x positiv oder −x positiv (aber nicht beides) O3) 0 ist nicht positiv Denition: Besitzt ein Körper positive Elemente mit den Eigenschaften O1-O3, so heiÿt der Körper angeordnet. Denition: x<y bedeutet y−x y>x bedeutet x<y x≤y bedeutet x<y y≥x bedeutet x≤y Kurzschreibweise: ist positiv oder x=y x≤y≤z heiÿt x≤y und y≤z 1.3.2 Folgerungen aus den Anordnungsaxiomen OF1) Für beliebige Zahlen a, b gilt: Genau eine der folgenden drei Dinge gilt: a < b, b < a, a = b Grund: Sei x := b − a. Nach O2 gilt genau eines der drei folgenden: x > 0, x < 0, x = 0. Das entspricht der Behauptung. OF2) Wenn a < b und b < c, dann a < c Grund: a < b bedeutet b − a > 0 und b < c bedeutet c − b > 0. Also ist (b − a) + (c − b) > 0. Und damit c−a>0 also a < c. OF3) Wenn a < b, dann a + c < b + c Grund: Sei x := a + c, y := b + c. Dann ist y − x = b − a > 0, also y > x. OF4) Wenn a < b und c > 0, dann ist a · c < b · c Grund: a < b bedeutet b − a > 0. Dann ist für c > 0 : c · (b − a) = c · b − c · a > 0 OF5) Wenn a 6= 0, dann ist a2 > 0 Seite 16 Mathematik für Geowissenschaftler Grund: Ist a > 0, so ist a2 > 0. Ist a < 0, dann ist (−a) > 0 also (−a) · (−a) = (−1) · (−1) · a · a = a2 > 0. OF6) 1 > 0 Grund: Voriger Satz mit a = 1 OF7) Wenn a < b und c < 0, dann a · c > b · c Grund: a < b bedeutet b − a > 0 und c < 0 bedeutet (−c) > 0. Also ist (−c) · (b − a) > 0. Somit a · c − b · c > 0. OF8) Wenn a < b, dann −a > −b. Speziell: Wenn a < 0, dann (−a) > 0 Grund: Folgt aus vorigem Satz durch c = −1 OF9) Ist a · b > 0, dann sind entweder a und b beide positiv oder a und b beide negativ. Grund: Sei z.B a > 0 und b < 0. Dann wäre a · (−b) = −a · b > 0 OF10) Wenn a < c und b < d, dann a + b < c + d Grund: Mit c − a > 0 und d − b > 0 ist c − a + d − b = (c + d) − (a + b) > 0 OF11) Wichtige Tatsache : Es ist a = b = 0. a2 ≥ 0 für alle a. Ist a2 + b2 = 0, so gilt Grund: Für a 6= 0 ist a2 > 0 und 02 = 0, also a2 ≥ 0. Daher ist a2 + b2 ≥ 0 für alle a, b. Ist nun a 6= 0 oder b 6= 0, so ist a2 + b2 > 0. OF12) Es gibt, in einem angeordneten Körper, keine Zahl i mit i2 = −1 denn i2 + 1 2 = 0 OF13) Ist 0 < a < b, so gilt 0 < an < bn und umgekehrt. Grund: Es ist bn − an = (b − a)(bn−1 + bn−2 a + . . . + ban−2 + an−1 ). Da die Ausdrücke der zweiten Klammer alle positiv sind, ist das Vorzeichen der rechten Seite identisch mit dem Vorzeichen von wegen a>0 b − a > 0, also bn − an > 0. an > 0 ist klar. Die Umkehrung folgt ebenso aus der Tatsache, daÿ die beiden Seiten der obigen Gleichung dasselbe Vorzeichen haben. Bemerkung: auch OF11 sichert, daÿ −1 − 1 6= 0, −1 − 1 − 1 6= 0 1 + 1 6= 0, 1 + 1 + 1 6= 0 usw. Damit ist aber usw. Damit liegen die ganzen Zahlen Z in jedem p q mit in jedem angeordneten Körper liegen. Für F2 ist das oenbar angeordneten Körper. Weiter sieht man daÿ damit die rationalen Zahlen p∈Z und q ∈N 1 + 1 = 0. falsch, denn Beispiel: Der Körper Q = { pq gilt: |p∈Z und q ∈ N} p >0 ⇔ p>0 q Seite 17 ist ein angeordneter Körper. Es Mathematik für Geowissenschaftler und damit p r p r p·s−r·q > ⇔ − >0 ⇔ >0 ⇔ p·s−r·q >0 ⇔ p·s>r·q q s q s q·s Denition (Intervalle):i) Für einen angeordneten Körper mit Elementen a ≤ b denieren wir: (a, b) := {x | a < x < b} (a, b] := {x | a < x ≤ b} [a, b) := {x | a ≤ x < b} [a, b] := {x | a ≤ x ≤ b} dabei heiÿt (a, b) [a, ∞) := {x | a ≤ x} (a, ∞) := {x | a < x} (−∞, b] := {x | x ≤ b} (−∞, b) := {x | a < x} [a, b] oenes Intervall und abgeschlossenes Intervall. Die anderen beiden Intervalltypen heiÿen halboen. Übungen: 1) Die Summe zweier negativer Zahlen ist Negativ 2) Wenn a>0 , dann 1 a > 0; wenn a < 0, −1 −1 3) Wenn 0 < a < b, dann 0<b 4) Wenn a≤b und b ≤ c, dann 5) Wenn a≤b und b≤c und dann 1 a <0 <a a≤c a = c, dann b=c 1.3.3 Die Betragsfunktion In einem angeordneten Körper können wir den Betrag eines Elementes wie folgt denieren: x |x| := 0 −x falls falls falls Kürzer geht das durch (s.u.) |x| := x positiv ist x=0 x negativ ist √ x2 Denition: Der Abstand zweier Zahlen x, y ist |x − y|. Satz: |x · y| = |x| · |y| Grund Wenn x und y gleiches Vorzeichen haben, ist x·y positiv, also |x·y| = x·y. |x| · |y| = (−x) · (−y) = x · y = |x · y|. Sind beide |x| · |y| = x · y = |x · y|. Ist x negativ und y positiv, so gilt: |x| · |y| = x · (−y) = −x · y = |x · y| , da dann das Produkt negativ ist. Analog geht Wenn beide negativ sind ist positiv, so gilt: der letzte verbliebene Fall. Seite 18 Mathematik für Geowissenschaftler Satz (Dreiecksungleichung): |x + y| ≤ |x| + |y| Grund: Für x gilt x ≤ |x| und für y gilt y ≤ |y|. Also folgt x + y ≤ |x| + |y|. −x ≤ |x| und −y ≤ |y| und somit −x + (−y) = −(x + y) ≤ |x| + |y|. Auÿerdem gilt Insgesamt also die Behauptung. 1.3.4 Das Supremumsaxiom Bei Q handelt es sich zwar um einen angeordneten Körper, er hat aber noch Lücken. Die Zahl 1 √ 2, als die Länge der Diagonale eines Quadrates mit Seitenlänge ist keine rationale Zahl. √ Grund: Wir nehmen an: und nach Quadrieren: 2= 2q 2 = p2 . p q mit teilerfremden p und q. Dann folgt √ q 2=p Dann ist aber die rechte Seite ein Quadrat. Dann p durch 2 teilbar sein, also p = 2k , für ein k ∈ N. Dann ist aber 2q 2 = 4k 2 2 2 mithin q = 2k . Mit dem gleichen Argument wie oben ist dann aber auch q eine gerade Zahl und p und q haben den gemeinsamen Teiler 2. muÿ aber Denition: Sei S eine Menge von Zahlen eines angeordneten Körpers. Eine Zahl s heiÿt obere Schranke vom eine obere Schranke für S, Denition Supremum: einer Menge i) s0 S 6= ∅, S, falls für ALLE Zahlen so heiÿt S Eine Zahl a in S nach oben beschränkt. s0 gilt a ≤ s. Gibt es ist kleinste obere Schranke (Supremum) wenn gilt: ist obere Schranke für ii) Keine Zahl kleiner als s0 S ist obere Schranke für S. Bemerkung: i) Wenn Sie sich einen Pegelstandsanzeiger am Rhein ansehen, sehen Sie lauter obere Schranken für den tatsächlichen Pegelstand. Dieser tatsächliche Pegelstand ist das Supremum dieser. ii) Analog zum Supremum ist das Inmum die gröÿte untere Schranke einer nicht leeren, nach unten beschränkten Menge. Die Eigenschaften von Suprema gelten sinngemäÿ auch für Inma. Satz: Suprema und Inma sind eindeutig. Grund: Wir nehmen an, daÿ s0 und s1 beide Suprema der nach oben beschränkten Menge S s0 kleinste obere Schranke ist, gilt s0 ≤ s1 . Da s1 kleinste obere s1 ≤ s0 . Also insgesamt s0 = s1 sind. Weil Schranke ist, gilt: Bemerkung: Wir betrachten in einem angeordneten Körper für ein Element die Mengen S0 := {x | x ≤ a} und S1 := {x | x < a} Seite 19 a Mathematik für Geowissenschaftler Oenbar sind beide Mengen nicht leer, da z.B. Mengen sind verschieden (a a. ∈ S0 und a∈ / S1 ) x−1 in beiden liegt. Die beiden haben aber das gleiche Supremum Im ersten Falle nennt man das Supremum auch Maximum. Lemma: Ist sup A = s, so gibt es zu jedem m ∈ N ein x ∈ A, mit s − m1 < x ≤ s. Grund: Es ist A = A\(s − m1 , s] ∪ (s − m1 , s] ∩ A . Jedes Element x der ersten 1 m . Wäre die zweite Menge leer, so wäre kleinere obere Schranke von A. Menge erfüllt also Denition: . x ≤ s− s− 1 m eine Ein angeordneter Körper erfüllt das Supremumsaxiom, wenn jede nach oben beschränkte, nicht leere Teilmenge ein Supremum hat. Satz: Die reellen Zahlen R sind ein angeordneter Körper der das Supremunsaxiom erfüllt. Bemerkung: Die reellen Zahlen sind sogar, in einem vernünftigen Sinne, der einzige angeordnete Körper mit Supremumsaxiom. 1.3.5 Archimedizität In diesem Abschnitt sei K ein angeordneter Körper, der das Supremumsaxiom erfüllt. Satz: Die Menge der natürlichen Zahlen 1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, . . .ist in K nach oben unbeschränkt. D.h. , daÿ es zu jedem x∈K ein n∈N gibt, mit x < n. Grund: Wäre N beschränkt, so gäbe es nach dem Supremumsaxiom s = sup N. Nun ist Also ist s − 1 < s keine obere Schranke für N. Also gibt es ein n ∈ N, mit n > s − 1. n + 1 > s im Widerspruch dazu, daÿ s obere Schranke vom N ist. Folgerung: Ist x∈K und x > 0, dann existiert ein n ∈ N, Grund: Nach vorangehendem Satz gibt es ein n ∈ Folgerung: Ist 0 ≤ x < n1 für alle n ∈ N, so ist x = 0. mit N, mit x1 1 n < x. < n, also x> 1 n 1.3.6 Wurzeln Sei K ein angeordneter Körper, der das Supremumsaxiom erfüllt. Satz: Sei a > 0. Dann gibt es zu jedem n ∈ N genau ein positives Element b, mit bn = a . Grund: Ist 0 < y < z, so gilt können also potenziert mit n 0 < yn < zn . a > 1. Wir betrachten die Menge S = {x > 0|xn ≤ a}. 1 = 1 < a, also 1 ∈ S und somit ist S nicht leer. (*) Existenz: Sei zunächst Zunächst gilt Zwei verschiedene positive Zahlen nicht gleich werden. Dies zeigt die Eindeutigkeit. n Seite 20 Mathematik für Geowissenschaftler x ∈ S : xn < a < an und somit an − xn > 0. Menge S ist also durch a beschränkt. Weiter gilt für x < a. Die Damit ist nach OF13) s = sup S in K. Wegen 1 ∈ S m ∈ N mit m ≥ 2 gilt: Nach dem Supremumsaxiom gibt es also Wegen s− 1 m <s<s+ 1 m für alle 1 m s− n < sn < s Wegen der Supremumseigenschaft vom mit s− 1 m < b. s+ 1 m und wegen Dann gilt aber s+ 1 m > s, ist s+ 1 m ∈ / s+ also 1 m s− n Daher ist |bn − a| < = Wegen 0<s− 1 m 2 m <s+ 1 n m > a. s− 1 m <s gibt es ein Insgesamt gilt also: n 1 n <b ≤a< s+ m s+ 1 m n n 1 − s− m n−1 k n−k−1 ! X 1 1 s+ s− m m 1 m k=0 <s+1 ist dieser Ausdruck kleiner als 1 2n(s + 1)n−1 m wird also beliebig klein. Daher gilt Ist nun a < 1, Denition: a so gibt es ein 1 n = √ n b, a = b, a n m mit bn = a. bn = = (an ) 1 m 1 1 a . Dann ist bn . Seite 21 s ≥ 1. n n 1 s− < bn ≤ a m Da ist = 1 n b = a. b∈S Mathematik für Geowissenschaftler 1.4 Aussagenlogik und Mengenlehre 1.4.1 Mengenlehre Denition (Georg Cantor): Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohl unterschiedenen Objekten (m) unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen. Notation: Wir beschreiben eine Menge durch Auistung in geschweiften Klammern, wenn das Bildungsgesetz klar ist. Wir schreiben der Menge ist, andernfalls Beispiel: ∅ N = {1, 2, 3, . . .} x∈ / M. x∈M falls x ein Element die leere Menge die Menge aller natürlichen Zahlen (ohne 0) N0 = {0, 1, 2, 3. . . .} die Menge der natürlichen Z = {0, ±1, ±2, ±3, . . .} die Menge der ganzen A die Menge aller Autos Zahlen (mit 0) Zahlen Denition: Zwei Mengen sind gleich, wenn sie dieselben Objekte/Elemente enthalten. Bemerkung: In einer Menge treten Elemente nicht mehrfach auf und die Rei- henfolge ist gleichgültig. Also gilt z.B. {1} = 6 {{1}}. Denition: {1, 2, 3} = {1, 2, 2, 3} = {3, 1, 1, 2}, aber 1) Eine Aussage ist ein sprachliches Konstrukt, welchem eindeutig entweder der Wahrheitswert wahr oder der Wahrheitswert falsch zugeordnet werden kann. 2) Eine Aussageform ist ein sprachliches Konstrukt mit Variable(n), aus dem nach Einsetzen in die Variable(n) (in jedes Vorkommen der Variablen gleichen Namens mit dem gleichen Wert) aus einer Grundmenge U (dem Universum) eine Aussage wird. Somit haben wir eine weitere Möglichkeit Teilmengen von lich diejenigen Elemente von U U zu beschreiben, näm- für die eine Aussageform wahr ist: {x ∈ U|A(x)} gelesen als: Die Menge aller Elemente in Beispiel: U, Seite 22 für die A(x) wahr ist. Mathematik für Geowissenschaftler U = N, 1 = 2 U = Z, 1 < 3 falsche Aussage wahre Aussage wie geht es? U = N, x keine Aussage ist eine Aussageform gerade Zahl x ist grün keine Aussageform (Universum fehlt) Bemerkung: A(x) Nun gibt es Elemente des Universums, für die eine Aussageform wahr und Elemente für die A(x) falsch ist. Zeichnerisch stellen wir die Situation wie folgt dar. Unser Universum wir als weiÿes Rechteck ein. Die Elemente von U, für die A(x) U zeichnen wahr ist, werden M eingefärbt und meist durch das Innere eines Kreises symbolisiert: Für eine Aussage(form) (nicht wenn A(x)). ¬A(x) A(x) wahr ist. A(x) bezeichnen wir die gegenteilige Aussage mit ist also genau dann wahr, wenn A(x) U ¬A(x) falsch ist und falsch, Entsprechungen von Mengenlehre und Aussagenlogik Mengen- Aus- lehre sagen logik M U Die All- W (x) menge Die universell wahre Aussageform M U ∅ Menge x∈M F (x) die leere M= {x ∈ U|A(x)} Die univers. falsche Menge Aussageform M U Das Kom- x∈ /M plement Mc = {x ∈ U|¬A(x)} Mc Haben wir nun zwei Aussageformen A(x) und neuen Aussageform verknüpfen: Seite 23 B(x) , so können wir diese zu einer Mathematik für Geowissenschaftler A(x) ∧ B(x) (A(x) und B(x)) ist genau dann wahr, wenn A(x) ∨ B(x) (A(x) oder B(x)) ist genau falsch, wenn A(x) und B(x) beide wahr sind. A(x) und B(x) beide falsch sind. A(x) ∧ B(x) A(x) ∨ B(x) f f w f f w f w w f f f f w A(x) B(x) w w w w ¬A(x) w f Zeichnerisch sieht das wie folgt aus: Die linke Menge sei die rechte Menge N = {x ∈ U | B(x)}. Mengen- M = {x ∈ U | A(x)} und Aussagenlogik lehre M N U M ∩N = {x ∈ U|A(x) ∧ B(x)} U M ∪N = {x ∈ U|A(x) ∨ B(x)} M N Ist M =N A(x) und B(x) B(x) heiÿen dann , so stimmen die Wahrheitswerte von überein, die beiden Aussageformen A(x) und in jedem x∈U äquivalent und wir schreiben: A(x) ⇔ B(x) Wie können die beiden Mengen M N und in U nun verschieden sein? Es gibt vier verschiedene Fälle: M N N M U N ⊂M M N M U U M ⊂N U M ∩N =∅ N M ∩ N 6= ∅ In den ersten beiden Fällen schreiben wir auch: B(x) ⇒ A(x) in U Seite 24 (oben links) Mathematik für Geowissenschaftler (Der Wahrheitsbereich von B(x) {x ∈ U|B(x)} ⊂ {x ∈ U|A(x)}) liegt komplett im Wahrheitsbereich von A(x) ⇒ B(x) (Der Wahrheitsbereich von U|A(x)} ⊂ {x ∈ U|B(x)}) in U (oben rechts) A(x) liegt komplett im Wahrheitsbereich von B(x),{x ∈ Wenn aus dem Kontext klar ist, welches Universum in U A(x), auch wegfallen. U gemeint ist, läÿt man das Beispiel: N M U N grau eingezeichnet. Liegt nun M komplett in N (M ⊂ N ) , so ist das Komplement von M gröÿer als das Komplement von N . c c Es gilt also N ⊂ M oder anders gesagt: Im Bild ist das Komplement von ¬B(x) ⇒ ¬A(x) Umgekehrt gilt das natürlich auch. Also haben wir: [A(x) ⇒ B(x)] ⇔ [¬B(x) ⇒ ¬A(x)] 1.4.2 Quantoren Sei M ⊂U A(x) wahr ist x∈M gibt, so . Wenn wir ausdrücken wollen, daÿ eine Aussageform für (ausnahmslos) alle Elemente von M wahr ist, so schreiben wir: ∀x ∈ M : A(x) Die Verneinung hiervon ist die Tatsache, daÿ es (mindestens) ein daÿ A(x) falsch ist: ∃x ∈ M : ¬A(x) Beispiel: Statt A(x) ⇒ B(x) in U können wir auch schreiben: ∀x ∈ U : A(x) → B(x) Dabei ist A(x) → B(x) durch die folgende Wahrheitstabelle gegeben: Seite 25 Mathematik für Geowissenschaftler A(x) → B(x) A(x) B(x) w w w f f f f w f f w w A(x) ⇒ B(x) Das kann man nun wie folgt einsehen: gibt, so daÿ A(a) wahr und B(a) falsch ist: in U ist falsch, wenn es ein a ∃a : A(a) ∧ ¬B(a) Die Verneinung hiervon ist: ∀a : ¬(A(a) ∧ ¬B(a)) → so ordnet jedem Element des Denitionsbereiches D Wenn man sich die Wahrheitstabelle ansieht, erkennt man, warum man deniert: A(a) ∧ ¬B(a) ¬(A(a) ∧ ¬B(a)) A(a) B(a) w w w f w f f w f w f f f w f w Funktionen Denition: Eine Funktion f genau ein Element des Wertebereiches W zu, dabei sind Denitions- und Werte- bereiche Mengen (hier meist Teilmengen von R). Schreibweise: f :D→W x 7→ f (x) Denition: Für eine Funktion f mit Denitionsbereich D und Wertebereich W heiÿt: Bild(f ) := {w ∈ W | ∃x ∈ D : f (x) = D} ⊂ W Graph(f ) Für eine Teilmenge U ⊂U := {(x, y) | y = f (x)} heiÿt f −1 (U ) := {x ∈ D | ∃y ∈ W : f (x) = y} Das Urbild von V →W U unter f. Für jede Teilmenge die Einschränkung von f auf V , f|D . Seite 26 V ⊂D heiÿt die Abbildung f : Mathematik für Geowissenschaftler Denition: Zwei Funktionen f1 : D1 → W1 und f2 : D2 → W2 sind gleich, wenn D1 = D2 und W1 = W2 und für alle Denition: Sei f : D → W f ist injektiv :⇔ f gilt: ∀x1 , x2 ∈ D : f (x1 ) = f (x2 ) ⇒ x1 = x2 ist bijektiv :⇔ ∀y ∈ W ∃x ∈ D : y = f (x) :⇔ f ist surjektiv und injektiv Beispiel: Die Funktion f : R6=0 → R6=0 , x 7→ x1 f (x1 ) = f (x2 ), liefert: x1 = x2 1) injektiv: Ist Inversen ist f (a )= 1 a−1 so ist a ∈ R6=0 gibt = (a ) = a. 2) surjektiv: Zu jedem −1 1 x1 = 1 x2 . Eindeutigkeit der multiplikativen es das multiplikative Inverse :D→W injektiv, so ist Abbildungen besitzen eine Umkehrabbildung f (x) Ist ist bijektiv, −1 −1 Bemerkung: Ist f Denition: f1 (x) = f2 (x). eine Funktion. Dann gilt: ist surjektiv f x ∈ D1 K ein angeordneter Körper und bzw. f (x) ≥ (>)f (x2 ). D ⊂ K , so ist f : D → K x1 , x2 ∈ D mit x1 < x2 gilt: (Siehe Anhang A). Seite 27 1 a . Dann f : D → Bild(f ) bijektiv. Bijektive f −1 : W → D, f −1 (y) = x :⇔ y = (streng) monoton steigend/fallend, wenn für alle f (x1 ) ≤ (<)f (x2 ) a−1 = Mathematik für Geowissenschaftler 1.5 Funktionen und Flächen 1.5.1 Flächen Denition: Die Ebene R2 ist deniert als Menge aller geordneten Paare von reellen Zahlen: R2 = {(x1 , x2 )|x1 , x2 ∈ R} x−Koordinate und der zweite y−Koordinate. (x1 , y1 ), (x2 , y2 ) ∈ R2 ist der Abstand deniert als: p d((x1 , y1 ), (x2 , y2 )) := (x2 − x1 )2 + (y2 − y1 )2 Der erste Eintrag heiÿt dann auch Für zwei Punkte Denition: Ein Kreis mit Mittelpunkt a = (x0 , y0 ) ∈ R2 und Radius die Menge: r ∈R ist Ka,r := {(x, y) ∈ R2 |(x − x0 )2 + (y − y0 )2 = r2 } Analog ist die Kreisscheibe Ba,r := {(x, y) ∈ R2 |(x − x0 )2 + (y − y0 )2 ≤ r2 } (B für Ball). Speziell ist der Einheitskreis die Menge {(x, y) ∈ R2 |x2 + y 2 = 12 = 1} dito Einheitskreisscheibe. Die Flächenaxiome: Sei D ⊂ R2 sicher, daÿ D begrenzt ist). D und D ⊂ Ba,r für einen Ball Ba,r (dies stellt wird eine nicht negative reelle Zahl zugeordnet, die Fläche. Es gelten die folgenden Axiome: i) Kongruenzen (Drehungen, Spiegelungen, Verschiebungen) ändern die Fläche von D nicht. ii) Wird von D iii) Ist D in endlich viele, nicht überlappende Bereiche aufgeteilt, so ist die Fläche die Summe der Teilächen. E ⊂ D, so ist die Fläche von E höchstens so groÿ wie die von D. iii) Ein Quadrat der Seitenlänge 1 hat die Fläche 1. Denition (Flächeninhalt) Sei D ⊂ R2 und es existiere Ba,r mit D ⊂ Ba,r (d.h., D beschränkt ist). Es sei M := {∆ ⊂ R2 | ∆ ist nichtüberlappend aus Drei- und Die Elemente von M haben also eine Fläche, die die Summe der Flächen der Dreiecke/Rechtecke sind, aus denen sie sich zusammensetzen. Wir betrachten U = {Fläche von ∆ ∈ M | ∆ ⊂ D} und O := {Fläche von ∆ ∈ M | D ⊂ ∆}. Existieren sup U und inf U und gilt sup U = inf O , dann ist dieser Wert der Flächeninhalt von D. daÿ Seite 28 Rechtecken zusammen Mathematik für Geowissenschaftler Beispiel: (±1, ±1), Der Einheitskreis liegt komplett im Quadrat mit den 4 Eckpunkten welches den Flächeninhalt 4 hat. Wählt man nun beliebig viele Punkte auf dem Einheitsheitskreis und bildet aus zwei benachbarten Punkten und dem Mittelpunkt Dreiecke, so ist die Summe dieser Dreiecksächen sicher kleiner als die Fläche des Einheitskreises. Das Supremum all dieser ist die Fläche des Einheitskreises und heiÿt π (und ist gleich dem Inmum aller Flächen, in denen der Kreis enthalten ist). Denition: Zu einem auf dem Einheitskreis gegebenen Punkt betrachten wir das Kreissegment, das von der Verbindungslinie von Punkt und Mittelpunkt und der positiven x− Achse gebildet wird. Das Zweifache von dessen Fläche ist der Winkel 2π . des Punktes. Insbesondere ist also der Vollwinkel 1.5.2 Trigonometrische Funktionen Denition Für den Punkt (x, y) auf dem Einheitskreis mit Winkel φ ∈ [0, 2π) ist: cos(φ) := x sin(φ) := y Diese seien 2π−periodisch fortgesetzt durch sin(φ+2π) = sin(φ) und cos(φ+2π) = cos(φ). Folgerungen: −1 ≤ cos(x), sin(x) ≤ 1 cos(φ)2 + sin(φ)2 = 1 sin(φ) = p 1 − cos(φ)2 für alle φ mit sin(φ) ≥ 0 sin(−φ) = − sin(φ) cos(−φ) = cos(φ) Durch einfache geometrische Überlegungen erhält man auch die folgende Wertetabelle: 0 π 2 π 4 π [− π2 , π2 ] π π arcsin:[−1, 1] → [− , ] 2 2 Der Sinus ist auf Analog: arccos:[−1, 1] cos 1 0 √ 2 −1 sin 0 1 √ 2 0 streng monoton steigend. Die Umkehrfunktion heiÿt → [0, π] Seite 29 Mathematik für Geowissenschaftler Satz (Additionstheoreme): cos(α + β) = cos(α) · cos(β) − sin(α) · sin(β) sin(α + β) = sin(β) · cos(α) + sin(α) · cos(β) Grund: Wird bei den komplexen Zahlen gegeben. Folgerungen: cos π sin π π sin(x) − sin sin(x) = − sin(x) + x = cos 2 2 2 π π sin(x) + sin cos(x) = cos(x) + x = cos 2 2 2 π 1.5.3 Eigenschaften von Funktionen f : R → R, x → x2 + 5. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten eine Funktion zu beschreiben, z.B. Häug sind Funktionen durch eine Abbildungsvorschrift deniert: durch Flächen. Dazu das folgende Beispiel: Geraden Sei f (x) f : R → R, f (x) = mx. F (a) sei die Fläche unter zwischen der x−Achse und den Geraden x = a und x = 0. Also F (a) = und der 1 2 2 ma . f (x) = m · x 1 ma2 2 a Beachten Sie: Für 2y(y − x). x < y gilt 2x < x+y < 2y und daher 2x(y−x) < (y+x)(y−x) < Wir haben insgesamt: (y − x)x < 1 2 1 2 y − x < (y − x)y 2 2 Seite 30 Mathematik für Geowissenschaftler Ist also f (x) = x und F (x) = x2 , so gilt: (y − x)f (x) < F (y) − F (x) < (y − x)f (y) Klappt das auch bei krummlinig begrenzten Flächen? Beispiel: Es sei f (x) := x2 . Für alle 0 < x < y gilt: x2 + x2 + x2 < x2 + xy + y 2 < y 2 + y 2 + y 2 Mulitiplikation mit y−x liefert: x2 (y − x) < 1 3 1 3 y − x < y 2 (x − y) 3 3 also wieder obige Doppelungleichung, diesmal mit Satz: Sei f : [a, b] → R streng monoton und existiert die Fläche zwischen x = a, x = b f (x) = x2 f (x) ≥ 0 und F (x) = 31 x3 . x ∈ [a, b]. f. für alle und dem Graph von Dann Grund: Wir betrachten den Fall monoton steigend. Wir unterteilen das Intervall b−a = a+i b−a n . Dann ist a = t0 < t1 < . . . < tn = b und ti+1 −ti = n . Dann liegt der Graph von f auf dem Intervall [ti , ti+1 ] überall oberhalb von f (ti ) und unterhalb von f (ti+1 ). Die Dierenz dieser Flächen ist (ti+1 − ti )(f (ti+1 ) − f (ti )) = b−a n (f (ti+1 ) − f (ti )). Aufsummieren liefert: wie folgt: Sei ti n−1 b−a b−a X (f (ti+1 ) − f (ti )) = (f (b) − f (a)) n i=0 n Dieser Ausdruck wird für genügend groÿe n X i=0 wenn und I S n beliebig klein und es gilt: f (ti )(ti+1 − ti ) ≤ S ≤ I ≤ n−1 X f (ti+1 ) i=0 das Supremum aller meÿbaren Flächen unterhalb des Graphen von f ist das Inmum aller meÿbaren Flächen, die die Graphenäche enthalten. Somit ist die Fläche I = S. Beispiel:i) f : R>0 → R>0 , x 7→ x1 ist streng monoton fallend, denn für x2 > x1 1 1 gilt: x2 < x1 . Wie wir schon gesehen hatten ist f (x) sogar bijektiv, da jedes x 6= 0 −1 ein multiplikatives Inverses x = x1 hat. Ist f f (a) − x streng [a, b] ist dann streng monoton fallend, so ist zwischen dem Graph von f und monoton steigend. Die Fläche (b − a)(f (b) − f (a)) − F Seite 31 Mathematik für Geowissenschaftler Dabei ist F die Fläche zwischen dem Graphen von f (a) − x und [a, b]. Denition: Sei f : [a, b] → R eine streng monoton steigende Funktion und f (x) ≥ 0 für alle x ∈ [a, b]. Gibt es eine Funktion F : [a, b] → R, mit F (a) = 0 und (y − x)f (x) < F (y) − F (x) < (y − x)f (y) für alle x, y ∈ [a, b] mit x < y , so ist die Funktion F mit dieser Eigenschaft eindeutig bestimmt (siehe Anhang B). Eine solche (eindeutig bestimmte) Funktion nennen wir die Flächenfunktion von f (auf dem Intervall [a, b]). f (x) (y − x) · f (y) (y − x) · f (x) y x Satz: Eine solche Flächenfunktion existiert und ist eindeutig bestimmt. Weiter ist die Flächenfunktion F : [a, b] → [0, F (b)] einer nicht negativen, streng monotonen Funktion, streng monoton steigend und bijektiv auf ihr Bild. Grund: Anhang B 1.5.4 Der natürliche Logarithmus Denition: Für eine Zahl senkrechten Geraden Für 0<a<1 x=1 a > 1 ist ln(a) deniert als die Fläche zwischen den 1 und x = a und der x−Achse und der Kurve y = x. wird die Fläche negativ gezählt. y 2, 5 2 1 1, 5 1 f (x) = 0, 5 1 x x 1 1, 5 y f (x) = ln(x) 2 2, 5 −0, 5 x 1 1, 5 2 2, 5 −1 Seite 32 Mathematik für Geowissenschaftler Eigenschaften: 1) ln(x) ist streng monoton steigend (als Flächenfunktion). 2) ln(1) = 0 3) 1 1 (y − x) < ln(y) − ln(x) < (y − x) y x für alle y > x ≥ 1. Speziell gilt für 1− Folgerung: x=1: 1 < ln(y) < y − 1 y ln(c · x) = ln(c) + ln(x) Grund: Wir betrachten die für festes c > 1 die Funktionen L1 (x) := ln(c·x)−ln(c). Dann ist L1 (1) = ln(c) − ln(c) = 0 L1 (y) − L1 (x) = ln(c · y) − ln(c · x). Es ist aber auch 1 ≤ c · x < c · y x < y . Wir ersetzen in den obigen Ungleichungen alle x durch c · x und dito y durch c · y und erhalten: Dann gilt: für 1 (cy − xc) < ln(cy) − ln(cx) = cy ln(cy) − ln(c) − ln(cx) + ln(c) < also 1 (cy − cx) cx 1 1 (y − x) < L1 (y) − L1 (x) < (y − x) y x L1 (1) = ln(c · 1) − ln(c) = 0. Wegen der Eindeutigkeit gilt L1 (x) = ln(x) also ln(cx) − ln(c) = ln(x) und damit ln(cx) = ln(c) + ln(x). Folgerung: ln xy = ln(x) − ln(y) für y 6= 0. Speziell: ln x1 = − ln(x). Grund: ln xy + ln(y) = ln xy y = ln(x), also die Behauptung Es ist auch aber: Folgerung: ln(x) nimmt beliebig groÿe (und kleine negative) Werte an. Grund: Es ist ln 2 > 0 und ln(2n ) = ln(2 · . . . · 2) = ln(2) + . . . + ln(2) = n · ln(2) und ln(2−n ) = −n ln(2) Denition: Die Abbildung exp : R → R>0 Rechenregeln:i) eln(x) exp und ln ln : R>0 → R ist bijektiv. Ihre Umkehrabbildung ist die Exponentialabbildung. Schreibweise =x für alle x ∈ R>0 und Umkehrfunktionen voneinander sind. Seite 33 ex := exp(x). ln(ex ) = x für alle x ∈ R, da Mathematik für Geowissenschaftler ii) Ist a = ln(x) (d.h. ea = x) und b = ln(y) (d.h. eb = y ) , so gilt: ea+b = eln(x)+ln(y) = eln(x·y) = x · y = ea · eb Denition: Für a ∈ R>0 und x ∈ R denieren wir: ax := ex ln a Die Potenzregeln: i) ax · ay = ax+y ii) (ax )y = axy Grund: i) ax+y = e(x+y) ln a = ex ln a+y ln a = ex ln a ey ln a = ax ay ii) y (ax ) = ex ln a y ey(x ln a) = e(xy) ln a = axy Seite 34 Mathematik für Geowissenschaftler 1.6 Vektoren, Vektorräume, Abstände: 2D Denition: Die Menge aller (geordneten Paare) reeller Zahlen (oder allgemeiner: Elemente eines beliebigen Körpers), als Spalten geschrieben, bezeichnen wir als Vektoren: 2 R = Die Elemente von R a b |a, b ∈ R bezeichnet man, zur Unterscheidung von Vektoren, auch als Skalare. Vektorvariablen schreiben wir mit einem Pfeil, z.B. ~x. Variable für Ska- lare sind üblicherweise (aber nicht immer) griechische Buchstaben. Als Paare sind Vektoren genau dann gleich, wenn ihre Komponenten gleich sind: a b = c d ⇔ a=c∧b=d Auf ihnen ist natürlicherweise eine Addition und eine Multiplikation mit Skalaren deniert: a b + λ· a b c d := := a+c b+d λ·a λ·b Die Axiome für einen Vektorraum lauten: Die Vektorraumaxiome Sei V 6= ∅ K ein Körper. Weiter sei + : V × V → V eine innere · : K × V → V eine äuÿere Veknüpfung von Elementen ein Vektorraum über K, wenn für alle ~ u, ~v , w ~ ∈ V und alle eine Menge und Veknüpfung von V K und V . V α, β ∈ K gilt: heiÿt aus und V1) ~v + w ~ =w ~ + ~v V2) (~v + w) ~ + ~u = ~v + (w ~ + ~u) V3) ∃~0 ∈ V : ~0 + ~v = ~v V4) zu ~v ex. −~v mit ~v + (−~v ) = ~0 V5) (α + β) · ~v = α · ~v + β · ~v V6) (αβ) · ~v = α(β · ~v ) V7) α · (~v + w) ~ = α · ~v + α · w ~ V8) 1 · ~v = ~v Seite 35 Mathematik für Geowissenschaftler Eigenschaften: a b = kurz: ~0 := 0 0 ist das Neutralelement der Addition: 0 0 a b + a b ~0 + ~x = ~x. Die Addition von Vektoren ist kommutativ: a b Das additive Inverse eines Vektors ~x + ~y = ~y + ~x ist der Vektor −a −b = (−1) · Die Vektoraddition ist assoziativ: z1 x1 + y1 z1 + + = + z2 x2 + y2 z2 (x1 + y1 ) + z1 x1 + (y1 + z1 ) = = = (x2 + y2 ) + z2 x2 + (y2 + z2 ) x1 y1 + z1 x1 y1 z1 + = + + x2 y2 + z2 x2 y2 z2 x1 x2 y1 y2 Weiter gilt: x1 x2 + y1 y2 =λ· x1 + y1 x2 + y2 λ(x1 + y1 ) λx1 + λy1 = = = λ(x2 + y2 ) λx2 + λy2 λx1 λy1 x1 y1 + =λ +λ λx2 λy2 x2 y2 Übung: Beweisen Sie die restlichen Vektorraumaxiome Bemerkung:1.) Sei ~v 6= ~0. Dann ist {~a + t~v | t ∈ R} = {a − tv | t~∈ R} ~a in Richtung ~v . a läÿt sich eindeutig schreiben als b a 1 0 =a· +b· b 0 1 die Gerade durch 2) Jeder Vektor Die Vektoren von e~1 und e~2 heiÿen auch die kanonischen (natürlichen) Basisvektoren R2 . Seite 36 Mathematik für Geowissenschaftler Denition: 1.) Die Länge eines Vektors ~x = |~x| := 2.) Der Abstand zweier Vektoren ~x q x1 x2 ist deniert als: x21 + x22 ∈ R≥0 und ~y ist deniert als |~x − ~y | 3.) Ein Vektor ~x mit |~x| = 1 heiÿt Einheitsvektor Unmittelbare Ergebnisse: √ p λ2 (x21 + x22 ) = Für ~x 6= ~0 ist ~x = ~0 ⇔ |~x| = 0, |λ~x| = 2 λ |~x| = |λ||~x|. ~ x |~ x| ein Einheitsvektor, denn | |~~xx| | = | |~x1| ~x| = p (λx1 )2 + (λx2 )2 = 1 x| |~ x| |~ =1 y Bemerkung : Für Vektoren ~x und ~y ist ~x+~ 2 der Mittelpunkt y x ~ x−~ y ~ x−~ y ~ x+~ y Grund: | ~x+~ x| = | ~y−~ y| 2 −~ 2 |=|− 2 |=| 2 |=| 2 −~ Bemerkung: Wir betrachten für ~x 6= ~0 den Ausdruck |~y − t · ~x|2 : |~y − t~x|2 = (y1 − tx1 )2 + (y2 − ty2 )2 Seite 37 Mathematik für Geowissenschaftler x1 y1 + x2 y2 = |~x| · t − |~x|2 2 2 + |~x|2 |~y |2 − (x1 y1 + x2 y2 )2 |~x|2 Übung: Nachrechnen Diese Gleichung zeigt uns: 1) Der Ausdruck wird minimal für 2) Es ist |~ x|2 |~ y |2 −(x1 y1 +x2 y2 )2 |~ x|2 ≥ 0, t0 = x1 y1 +x2 y2 |~ x| also |~x|2 |~y |2 − (x1 y1 + x2 y2 )2 = |~x|2 |~y |2 − |x1 y1 + x2 y2 |2 = {|~x||~y | − |x1 y1 + x2 y2 |} · {|~x||~y | + |x1 y1 + x2 y2 |} ≥ 0 Daher ist |~x||~y | − |x1 y1 + x2 y2 | ≥ 0 ⇒ |~x||~y | ≥ |x1 y1 + x2 y2 | und schlieÿlich: x1 y1 + x2 y2 ≤ |x1 y1 + x2 y2 | ≤ |~x||~y | Satz: Dreiecksungleichung: Grund: |~x + ~y | ≤ |~x| + |~y | |~x + ~y |2 = (x1 + y1 )2 + (x2 + y2 )2 = x21 + x22 + y12 + y22 + 2(x1 y1 + x2 y2 ) = |~x|2 + |~y |2 + 2(x1 y1 + x2 y2 ) ≤ |~x|2 + |~y |2 + 2|~x||~y | = (|~x| + |~y |)2 Denition: Für zwei Vektoren ~x = x1 x2 , ~y = y1 y2 ist das Skalarprodukt deniert als: ~x · ~y := x1 y1 + x2 y2 1 2 ·1= 1 2 aber 1 · 2 1 1 1 1 · · =3· = 2 1 0 0 Warnung: Für Vektoren ~x, ~y, ~z gilt nicht: ~x·(~y·~z) = (~x·~y)·~z: Bemerkung: Ist |~x|, |~y| = 1, so gilt (siehe Zeichnung): ~x · ~y = cos φ Seite 38 1 1 · = 1 0 3 0 Mathematik für Geowissenschaftler Insgesamt also: cos φ = und also für |~x| = 1 ~x ~y ~x · ~y · = ∈ [0, π] |~x| |~y | |~x| · |~y | cos φ|~y | = ~x · ~y oder anders gesagt: Das Skalarprodukt ist die Länge der Projektion von falls ~x ~y auf ~x, ein Einheitsvektor ist. Folgerung:1) Ist einer der beiden am Skalarprodukt beteiligten Vektoren ein Einheitsvektor, so ist das Skalarprodukt die Länge der Projektion auf den Einheitsvektor. 2) ~x ⊥ ~y ⇔ ~x · ~y = 0 Denition: Für a, b, c, d ∈ R ist eine 2 × 2−Matrix ein quadratisches Schema der Form a c b d R2 → R2 durch b x ax + by · := d y cx + dy Eine solche Matrix deniert eine Abbildung a c a11 a21 a12 a22 2×2−Matrizen bezeichnen wir mit M2 (R). Zwei Matrizen b11 b12 und b = sind dann und nur dann gleich, wenn aij = bij gilt. b21 b22 0 Beispiel:i) Die Matrix 10 −1 beschreibt die Spiegelung an der x−Achse, 1 0 x x denn · = . 0 −1 y −y 1 0 ii) Die Matrix beschreibt eine Streckung in y Richtung um den Faktor 0 2 1 0 x x 2, denn · = . 0 2 y 2y cos ϕ − sin ϕ iii) Die Matrix beschreibt eine Drehung um den Winkel ϕ sin ϕ cos ϕ Die Menge aller gegen den Uhrzeigersinn um den Urpsrung. Grund: tor x y cos ϕ − sin ϕ sin ϕ cos ϕ mit der positiven x y = x−Achse x y x cos ϕ − y sin ϕ x sin ϕ + y cos ϕ den Winkel =r cos ψ sin ψ Seite 39 ψ . Schlieÿt nun der Vek- ein, so gilt: Mathematik für Geowissenschaftler mit r= p x2 + y 2 , ψ ∈ [0, 2π). Also gilt: cos ϕ − sin ϕ x = sin ϕ cos ϕ y cos ϕ − sin ϕ r cos ψ = sin ϕ cos ϕ r sin ψ r (cos ϕ cos ψ − sin ϕ sin ψ) r (sin ϕ cos ψ + cos ϕ sin ψ) Wegen der Additionstheoreme für Sinus und Kosinus ist das gleich r also der Vektor, mit derselben Länge wie den Winkel ϕ+ψ cos(ϕ + ψ) sin(ϕ + ψ) x y , der mit der positiven einschlieÿt. Satz: Seien ~x, ~y ∈ R2 , λ ∈ R, A ∈ M2 (R), so gilt: A(~x + ~y ) = A~x + A~y A(λ~x) = λ (A~x) Grund: Sei ~x = x1 x2 , ~y = y1 y2 A(~x + ~y ) = , A= a c b d b d x1 + y1 x2 + y2 a c , so ist = a(x1 + y1 ) + b(x2 + y2 ) = c(x1 + y1 ) + d(x2 + y2 ) ax1 + bx2 ay1 + by2 + = A~x + A~y cx1 + dx2 cy1 + dy2 und A(λ~x) = a c b d λ (ax1 + bx2 ) λ (cx1 + dx2 ) λx1 λx2 = . Seite 40 = λ (A~x) x−Achse Mathematik für Geowissenschaftler Denition (Addition von Matrizen): a c b d e g + f h = a+e b+f c+g d+h oder anders gesagt: Die Addition von Matrizen erfolgt komponentenweise. Bemerkung: Matrizen sind unmittelbar Einige Eigenschaften der Addition von klar: 0 0 0 0 Inverse zu −a −c ist das Neutralelement der Addition, a c b d . Für −b −d das additive A, B, C ∈ M2 (R) gilt: A+B = B +A und A+(B +C) = (A + B) + C Denition (Multiplikation von Matrizen mit Skalaren): a c λ b d λa λc := λb λd Bemerkung: Auch hier sind einige Eigenschaften wieder unmittelbar klar: λ(A + B) = λA + λB, (λ + µ)A = λA + µA, (λµ)A = λ(µA) Denition: Für eine 2 × 2−Matrix A = ac db denieren Spur(A) wir := a + d det(A) = ad − bc Bemerkung: Für Vektoren die Fläche des von ~x x1 x2 ~x = , ~y = y1 y2 ist x1 x2 | det y1 y2 ~y aufgespannten Parallelogramms. Insbesondere ist die 0, wenn ~x und ~y auf einer Geraden liegen. a b e f 2 × 2−Matrizen A = , B= ist das c d g h und Determinante genau dann Denition: i) Für zwei Matrizenprodukt deniert als f ae + bg e = ,A · A · B = A · h ce + dg g | {z } | {z } 1. Spalte ii) Für die Matrix A | af + bh cf + dh 2. Spalte denieren wir: A −1 := Seite 41 1 det(A) d −b −c a , falls det A 6= 0. Mathematik für Geowissenschaftler Bemerkung: i) Das Matrizenprodukt ist assoziativ. Neutralelement ist die Matrix 1 0 E2 = Für A−1 0 1 gilt: . Für die Matrizenoperationen + · und gilt das Distributivgesetz. A−1 · A = A · A−1 = E2 . ii) Zwei für Körper gültige Dinge gelten für Matrizen nicht: Die Matrizenmultiplikation ist nicht kommutativ: Nicht jede Matrix on: A 6= 1 0 0 2 1 0 1 1 0 0 0 0 1 0 1 1 1 0 0 2 1 0 1 2 1 0 2 2 = = hat ein Inverses bzgl. der Matrizenmultiplikati- 1 0 a b a b · = 0 0 c d 0 0 1 0 6 = , für alle a, b, c, d ∈ R. 0 1 Beispiel: Multiplizieren wir zwei Drehmatrizen miteinander = cos(φ) − sin(φ) sin(φ) cos(φ) cos(ψ) · sin(ψ) cos(φ) cos(ψ) − sin(φ) sin(ψ) − (cos(φ) sin(ψ) + sin(φ) cos(ψ)) sin(φ) cos(ψ) + cos(φ) sin(ψ) − sin(φ) sin(ψ) + cos(φ) cos(ψ) cos(φ + ψ) − sin(φ + ψ) = , sin(φ + ψ) cos(φ + ψ) so erhalten wir die Drehmatrix für den Winkel Satz: Für Matrizen A und B Spur(B sin(−ψ) cos(ψ) gilt: · A) φ + ψ. det(A · B) = det(A) · det(B), Spur(A Grund: Nachrechnen 1 Folgerung: det(A−1 ) = det(A) Grund: 1 = det(E2 ) = det(A−1 · A) = det(A−1 ) · det(A) Beispiel: Für A = det a c b d a−x c ist b d−x = x2 − Spur(A)x + det(A) Diesen Ausdruck nennt man auch das charakteristische Polynom von Seite 42 A. · B) = Mathematik für Geowissenschaftler 1.7 Polynome I 1.7.1 Denition und Eigenschaften von Polynomen Denition: Ein Polynom über einem Körper K ist eine Ausdruck der Form a0 + a1 x + a2 x2 + . . . + an xn = n X ak xk k=0 mit ai ∈ K . Ist an 6= 0 −∞. , so heiÿt n der Grad des Polynoms. Das Nullpolynom hat den Grad Zwei Polynome sind genau dann gleich, wenn alle ihre Koezienten gleich sind (Koezientenvergleich). Denition: Seien f = Pn k=0 ak xk f (x)g(x) := und n+m X g(x) = Pm k=0 bk x ck xk , ck = k X k=0 und ist n = m, k Polynome. Dann ist al bk−l l=0 so gilt: f (x) + g(x) := n X (ak + bk )xk k=0 Ist λ ∈ K, so ist λf (x) := n X λck xk k=0 Bemerkung: Polynome bilden mit der hier denierten Addition und Multiplikation mit Skalaren einen Vektorraum. Neutralelement der Addition ist das Nullpolynom. Die Multiplikation ist assoziativ und kommutativ, für die Addition und die Multiplikation gilt das Distributivgesetz. Oder anders gesagt: Die Polynome erfüllen alle Körperaxiome, bis auf die allgemeine Existenz multiplikativer Inverse. Denition: Es gibt für Polynome noch zwei weitere Operationen: i) Für n∈N ist f (x)n := f (x) · . . . · f (x) {z } | n-mal ii) Für das Polynom g(x) = Pn k=0 bk x k ist f (g(x)) := n X k=0 Seite 43 bk f (x)k Mathematik für Geowissenschaftler Grund: Nachrechnen Folgerung: Grad(f (x) Grad(f (x) · g(x)) = Grad(f (x)) + Grad(g(x)) + g(x)) ≤ max{Grad(f (x)), Grad(g(x))} = Gradf (x) · Gradg(x) Grad(f (g(x)) Bemerkung: Zu jedem Polynom f (x) gehört eine Polynomfunktion (durch Ein- fˆ : K → K, c 7→ f (c) . Hat der Körper K unendlich viele Elemente, so f (x) = g(x) (als Polynome) ist gleichbedeutend mit: f (c) = g(c) für alle c ∈ K setzen): gilt (also Gleichheit als Funktionen). Der Grund ndet sich in den Übungen: Sind zwei Polynome an mehr als Grad-vielen Stellen gleich, so sind sie gleich als Polynome. F2 z.B. ist das falsch: x und x2 sind 1 = 12 also als Funktionen gleich. In als Polynome verschieden, aber 0 = 02 und Denition: Ein Polynom g(x) vom Grad ≥ 1 heiÿt Teiler/Faktor eines Polynoms f (x), wenn es ein Polynom h(x) gibt, mit f (x) = g(x)h(x) Lemma: i) Ist f (x) · g(x) = 0, so ist f (x) = 0 oder g(x) = 0 ii) (Kürzungsregel) Ist Grund:i) Ist h(x) · f (x) = h(x) · g(x) und h(x) 6= 0, so ist f (x) = g(x) f (x), g(x) 6= 0 dann haben f (x) und g(x) die Grade n, m ∈ N0 . · g(x)) = n + m ≥ 0 > −∞. Also ist f (x) · g(x) nicht Dann gilt aber Grad(f (x) das Nullpolynom. Die Kontraposition hiervon ist die Behauptung. ii) Gilt die Voraussetzung, so ist also f (x) − g(x) = 0 gelten. Lemma: Für jedes c ∈ K Grund: h(x) · (f (x) − g(x)) = 0. und jedes k∈N ist x−c Wegen Faktor von h(x) 6= 0 muÿ x k − ck . (x − c) · (xk−1 + c · xk−2 + . . . + ck−2 · x + ck−1 ) = xk + c · xk−1 + . . . + ck−2 · x2 + ck−1 · x −c · xk−1 − c2 · xk−2 − . . . − ck−1 · x − ck Satz:Sei = xk − ck f (x) 6= 0 n k ∈ K, ein Polynom vom Grad eindeutig bestimmtes Polynom q(x) und und mit f (x) = (x − c) · q(x) + k Seite 44 c ∈ K . Dann existiert grad(q(x)) < n, so daÿ ein Mathematik für Geowissenschaftler Grund: 1) Existenz: Sei f (x) = am · xm + . . . + a0 . Dann ist f (x) − f (c) = am · (xm − cm ) + . . . + a1 (x − c) x − c ein Faktor jedes Summanden der rechten Seite, also f (x) − f (c) : Nach obigem Lemma ist auch ein Faktor von f (x) − f (c) = (x − c) · q(x) für ein Polynom q(x). Also f (x) = (x − c) · q(x) + f (c) f (x) = (x − c) · q1 (x) + k1 = (x − c) · q2 (x) + k2 . Dann ist f (c) = k1 = k2 also folgt (x − c) · q1 (x) = (x − c) · q2 (x) und die Division auf beiden Seiten durch x − c liefert die Behauptung. 2) Eindeutigkeit: Sei Denition: Eine Zahl c ∈ K ist eine Nullstelle eines Polynoms f (x) genau dann, wenn gilt f (c) = 0. Korollar: c ∈ R ist genau dann eine Nullstelle von p(x), wenn (x − c) ein Faktor von p(x) ist. Grund: Ist p(c) = 0, so gilt: p(x) = (x − c) · q(x) + p(c) = (x − c)q(x) Ist p(x) = (x − c)q(x), so gilt p(c) = 0. Korollar: 1)Ein Polynom vom Grad n ≥ 1 hat höchstens n Nullstellen 2) Stimmen zwei Polynome vom Grad n n+1 an (oder mehr) Stellen überein, so sind sie gleich. Grund: 1) Jede Nullstelle kann man als Linearfaktor abspalten. Dabei sinkt der Grad um 1. 2) Für zwei Polynome Grad Satz: ≤ n. f (x), g(x) vom Grad Pn k f (x) = k=0 ak x qi (x) vom Grad i, mit Für ein Polynom bestimmte Polynome f (x) = n X k=0 Grund: Ist (Division mit Rest von n ist f (x) − g(x) ein Polynom vom c gibt es eindeutig und eine Zahl qi (c)(x − c)k f (x) = (x − c) · q1 (x) + p(c) f (x) durch (x − c)) und ist q1 (x) = (x − c) · q2 (x) + q1 (c) Seite 45 Mathematik für Geowissenschaftler (Division mit Rest von q1 (x) durch (x − c)) so gilt: f (x) = (x − c) · ((x − c) · q2 (x) + q1 (c)) + p(c) = (x − c)2 · q2 (x) + q1 (c) · (x − c) + p(c) allgemein gilt also mit q0 (x) = p(x): p(x) = n X k=0 mit eindeutig bestimmten Zahlen qi (c) · (x − c)k qi (c). Denition: Die obige Darstellung von f (x) heiÿt Taylorentwicklung von f (x) im Punkt c. Denition: Polynom Eine Zahl g(x) c ist zweifache Nullstelle des Polynoms f (x), falls es ein gibt, mit: f (x) = (x − a)2 g(x) (*) Polynomdivision: stimmte Polynome r(x) Zu Polynomen f (x) und g(x) 6= 0 gibt es eindeutig < Grad(g(x))und q(x), mit: be- mit Grad(r(x)) f (x) = q(x)g(x) + r(x) Grund: Existenz: Die Menge {f (x) − q(x)g(x) | q(x) ist ein Polynom} r(x) bezeichnen. hat ein bzgl. des Grades kleinstes Element, welches wir mit r(x) = f (x) − q(x)g(x) r(x) = 0, q(x)g(x). Ist Sei also so ist r(x) 6= 0. −∞ = Grad(r(x)) < Grad(g(x)), da Wir nehmen an, daÿ Grad(r(x)) schreiben: r(x) = rn xn + · · · + r0 g(x) = bm xm + . . . + b0 und es ist n ≥ m. Wir betrachten r(x) − rn n−m x g(x) bm Für die höchsten Koezientengilt: rn xn − rn n−m x bm xm = 0 bm Seite 46 ≥ g(x) 6= 0 und f (x) = Grad(g(x)) gälte. Wir Mathematik für Geowissenschaftler Da sich die Leitkoezienten wegheben, haben wir ein bzgl. des Grades kleineres Polynom gefunden. Andererseits gilt: r(x) − rn n−m rn n−m x g(x) = f (x) − q(x)g(x) − x g(x) = bm bm rn n−m f (x) − g(x) q(x) + x gm Letzteres ist aber Element der Menge. Das widerspricht der Annahmen, daÿ gradkleinstes Element der Menge ist, also ist Grad(r(x)) r(x) < Grad(g(x)). Eindeutigkeit: Ist f (x) = q1 (x)g(x) + r1 (x) f (x) = q2 (x)g(x) + r2 (x) so gilt: (q1 (x) − q2 (x))g = r1 (x) − r2 (x) Nun hat die rechte Seite aber einen Grad kleiner als Grad(g(x)). Ist , so kann diese Gleichung aus Gradgründen nicht gelten. Also ist und daher auch q1 (x) 6= q2 (x) q1 (x) = q2 (x) r1 (x) = r2 (x). 1.7.2 Tangenten an Polynome Beispiel: Wir betrachten das Polynom p(x) = x2 . Für beliebiges a gilt: x2 = ((x − a) + a)2 = (x − a)2 + 2a(x − a) + a2 Analog lautet die Taylorentwicklung (s.u.) von xn = ((x − a) + a)n = xn n X n k=0 k im Punkt an−k (x − a)k Denition: Ist p(x) ein Polynom und ist p(x) = n X k=0 pk (a)(x − a)k = p(a) + p1 (a)(x − a) + n X k=2 Seite 47 a: pk (a)(x − a)k Mathematik für Geowissenschaftler die Taylorentwicklung im Punkt a, so ist ta (x) := p(a) + p1 (a)(x − a) die Tangente an p(x) im Punkte a. p1 (a) ist die Steigung der Tangenten und heiÿt p(x) in a. Schreibweise: die Ableitung von p0 (a) = p1 (a) Bemerkung: Die Intention dieser Denition ist die folgende: Sind wir in R oder Q und ist |x − a| klein, so sind sind die höheren Potenzen sehr viel kleiner. Also ist die Tangente für x nahe bei a |x − a|n für n≥2 noch eine gute Näherung von p(x). Man spricht auch von der Tangente als Linearisierung des Polynoms p(x) bei a. Seite 48 Mathematik für Geowissenschaftler 1.8 Polynome II: Die Ableitungsregeln 1.8.1 Konstante Faktoren Regel Sei p(x) ein Polynom und c eine Zahl. Dann gilt: (cf )0 (x) = c · f 0 (x) Grund: Für eine Zahl a ist 0 p(x) = p(a) + p (x)(x − a) + Für eindeutig bestimmte b2 , . . . , bn . n X k=2 bk (x − a)k Die Tangente an p(x) im Punkte tp(x) (x) = p(a) + p0 (a)(x − a) a Es ist 0 cp(x) = c p(a) + p (a)(x − a) + = cp(a) + cp0 (a)(x − a) + n X k=2 n X k=2 ! bk (x − a) cbk (x − a)k Die Tangente hier ist: t˜a (x) = cp(a) + cp0 (a)(x − a) Also gilt: (cp)0 (a) = cp0 (a) 1.8.2 Summenregel Seien p(x)und q(x) Polynome. Dann gilt (p(x) + q(x))0 := p0 (x) + q 0 (x) Grund: Es ist p(x) = p(a) + p0 (a)(x − a) + Seite 49 n X k=2 k bk (x − a)k a ist: Mathematik für Geowissenschaftler und 0 q(x) = q(a) + p (a)(x − a) + n X k=2 ck (x − a)k (sind die Grade unterschiedlich ist ensprechend mit Nullen aufzufüllen). ist: p(x) + q(x) = 0 0 (p(a) + q(a)) + (p (a) + q (a))(x − a) + n X (bk + ck )(x − a)k k=2 Daher gilt für die Tangenten: tp(x) (x) + taq(x) (x) = tap(x)+q(x) a 1.8.3 Produktregel Es seien p(x) und q(x) wie beider Summenregel. Dann gilt: (p(x)q(x))0 = p0 (x)q(x) + p(x)q 0 (x) p(x)q(x) = [p(a) + p0 (a)(x − a)] + [q(a) + q 0 (a)(x − a)] + n X k=2 n X k=2 ! bk (x − a)k · ! ck (x − a)k = p(a)q(a) + (p0 (a)q(a) + p(a)q 0 (a)) (x − a)+ 2n X k=2 dk (x − a)k Also ist tp(x)q(x) (x) = p(a)q(a) + (p0 (a)q(a) + p(a)q 0 (a)) (x − a) a Seite 50 Damit Mathematik für Geowissenschaftler 1.8.4 Allgemeine Produktregel Sind p1 (x), . . . , pm (x) Polynome, so gilt: " #0 m Y pk (x) = k=1 p01 (x)p2 · . . . · pm (x) + p1 (x)p02 (x)p3 (x) · . . . · pm (x) + p1 (x)p2 (x) · . . . · p0m (x) Grund: Nach der Produktregel gilt 0 p1 (x) [p2 (x) · . . . · pm (x)] . Es ist aber 0 Qm [ k=1 pk (x)] = p01 (x) [p2 (x) · . . . · pm (x)] + 0 [p2 (x) · p3 (x) · . . . · pm (x)] = 0 p02 (x) [p3 (x) · . . . · pm (x)] + p2 (x) [p3 (x) · . . . · pm (x)] usf. Potenzregel Sei p(x) wie oben, n ∈ N. Dann ist 0 [p(x)n ] = np(x)n−1 p0 (x) Grund: Es ist p(x)n = p(x) · . . . · p(x). Nach der Produktregel gilt: n 0 X 0 [p(x)n ] = p0 (x)p(x)n−1 + p(x) p(x)n−1 = p0 (x)p(x)n−1 = np(x)n−1 p0 (x) k=1 Speziell für p(x) = xn : 0 (xn ) = nxn−1 Daher haben wir für die allgemeine Ableitung eines Polynoms " n X #0 ak x k p(x) = Pn 0 = a0 + a1 x + a2 x2 + . . . + an−1 xn−1 + an xn = k=0 a1 + 2a2 x + . . . + (n − 1)an−1 xn−2 nan xn−1 = n X kak xk−1 k=1 Seite 51 k=0 ak xk : Mathematik für Geowissenschaftler 1.8.5 Kettenregel Seien p(x) und q(x) Polynome. Dann ist 0 [q(p(x)] = q 0 (p(x))p0 (x) Grund: Sei q(x) = Pn k k=0 bk x . Dann gilt: " q(p(x))0 = n X #0 bk p(x)k = k=0 n X n X 0 bk p(x)k = k=0 bk kp(x)k−1 p0 (x) = p0 (x) k=1 n X bk kp(x)k−1 = p0 (x)q 0 (p(x)) k=1 Denition (Höhere Ableitungen): Sei p(x) ein Polynom. Dann denieren wir: p(x)(1) := p0 (x) p(x)(2) := (p(x)0 )0 und allgemein Bemerkung: 0 p(x)(n) := p(x)(n−1) Ist p(x) = n X ak xk k=0 dann ist 0 p (x) = n X kak xk−1 k=1 und 00 p (x) = n X k=2 Allgemein gilt für die j−te p(j) (x) = k(k − 1)ak xk−2 Ableitung: n X k=j k(k − 1) · . . . · (k − j + 1)ak xk−j Wir betrachten nun die Taylorentwicklung p(x) = n X k=0 bk (x − a)k Seite 52 Mathematik für Geowissenschaftler Dann gilt: p(j) (x) = n X k=j k(k − 1) · . . . · (k − j + 1)bk (x − a)k−j Also ist p(j) (a) = j! · bj Daher: bj = p(j) (a) j! Und damit ergibt sich die Taylorentwicklung zu: p(x) = n X p(k) (a) k=0 Beispiel: k! (x − a)k Wir bestimmen die Taylorentwicklung von p(x) = (1 + x)n Es ist p(k) (x) = n(n − 1) · . . . · (n − k + 1)(1 + x)n−k also ist p(k) (0) = n! (n−k)! . Damit gilt für die Taylorentwicklung: n (1 + x) = n X k=0 mit n X n k n! k x = x (n − k)!k! k k=0 n n! = (n − k)!k! k Erinnerung: Folgerung: n! := n(n − 1)(n − 2) · . . . · 2 · 1, 0! := 1 Allgemeiner binomischer Satz (x + y)n = n X n k=0 Grund: Sei y 6= 0. k xk y n−k Dann ist y n (1 + x n ) = (x + y)n y Auÿerdem gilt: y n (1 + n k n X X n x n k n−k x n ) = yn = x y y k y k k=0 k=0 Der allgemeine binomische Satz ist aber auch richtig für Seite 53 y = 0. in a = 0. Mathematik für Geowissenschaftler 1.9 Polynome III: Analysis Denition: Eine Eigenschaft A(x) gilt nahe bei a ∈ R, falls es ein δ > 0 gibt mit A(x) gilt für alle x ∈ (a − δ, a + δ)\{a} =: Uδ (a) Beispiele: x2 ≤ 5 nahe bei 0 (richtig). >0 Allgemeiner: sei bei eine beliebige positive reelle Zahl. Dann gilt x2 < nahe 0. −x2 ≥ 0 2 nahe bei 0 (falsch) x >0 nahe bei 0 (richtig) x2 > 1 nahe bei 0 (falsch) 1.9.1 Fundamentalsatz der Algebra Ein Polynom f (x) hat r ≤ Grad(f (x)) viele verschiedene reelle Nullstellen λ1 , . . . , λr . Dann läÿt sich f (x) darstellen als: f (x) = (x − λ1 ) · . . . · (x − λr )· (a1 · (x + b1 )2 + c1 ) · . . . · (al · (x + bl )2 + cl ) mit aj , bj , cj ∈ R Die Faktoren Nullstellen. mit aj · cj > 0 aj · (x + bj )2 + cj entsprechen den Paaren konjugiert komplexer Beispiel: Das Polynom f (x) = x3 − 1 hat oensichtlich in x = 1 eine Nullstelle. Division mit Rest liefert: ((x + 21 )2 + 34 ) x3 − 1 = (x − 1) · (x2 + x + 1). Dabei ist (x2 + x + 1) = Lemma: Ein Ausdruck der Form a(x + b)2 + c mit a·c>0 hat überall ein konstantes Vorzeichen. Grund: Sind a, b > 0 so ist der Ausdruck gleich ( √ √ 2 a(x+b))2 + c . Eine Folgerung aus den Ordnungsaxiomen war aber, daÿ eine Summe von Quadraten, von denen eines echt positiv ist, selbst positiv sein muÿ. Analog schlieÿt man für Lemma: a, c < 0. Sind λj und λj+1 zwei direkt nebeneinander liegende Nullstellen von λj < λj+1 , dann hat f (x) auf allen x ∈ (λj , λj+1 ) dasselbe Vorzeichen. Auÿerdem hat f (x) auf (−∞, λ1 ) und (λr , ∞) jeweils konstantes Vorzeichen. f (x) mit Seite 54 Mathematik für Geowissenschaftler Grund: Es ist x − λk > 0 für k = 1 . . . j und x − λk < 0 für k = j + 1 . . . r für jedes x ∈ (λj , λj+1 ). Die Faktoren a · (b + x)2 + c haben auf ganz R dasselbe Vorzeichen. Folgerung: Gilt für ein Polynom f (x) an der Stelle a f (a) > 0 (bzw. f (a) < 0) , so gilt auch Grund: f (x) > 0 f (a) > 0 (bzw. f (x) < 0) a bedeutet, daÿ für x nahe bei a. zwischen zwei Nullstellen oder jenseits der gröÿten bzw. kleinsten Nullstelle liegt. Wähle δ wie folgt: δ := min{a − λj , λj+1 − a} Dann ist f (x) > 0 für alle , falls λj < a < λj+1 δ := a − λr , falls a > λr δ := λ1 − a, falls a < λ1 x ∈ (a − δ, a + δ), also f (x) > 0 für x nahe bei a. Zwischenwertsatz 1.Form (für Polynome): Ist f (a) · f (b) < 0 für a < b, so gibt es ein x ∈ (a, b) mit f (x) = 0. Grund: Wir nehmen an, es läge keine Nullstelle vom f (x) im Intervall (a, b). Dann gilt nach dem Fundamentalsatz der Algebra: λ0 := −∞ < λ1 ≤ λ2 ≤ . . . ≤ λk < a < b < λk+1 ≤ . . . ≤ λr < λr+1 := +∞ (wegen f (a) · f (b) < 0 sind a und Nach obiger Folgerung hat aber auch auf b keine Nullstellen von f (x) auf (λk , λk+1 ) f (x)). konstantes Vorzeichen, also [a, b] ⊂ (λk , λk+1 ) Insbesondere kann nicht f (a) · f (b) < 0 gelten. 1.9.2 Zwischenwertsatz für Polynome Zwischenwertsatz 2. Form: f (a) 6= f (b)). Dann gibt es ein Es sei c ein Wert zwischen f (a) x ∈ (a, b) mit f (x) = c. Grund: Es gibt die beiden Fälle f (a) < f (b) und f (b) < f (a). In beiden Fällen gilt: f (a) < c < f (b) ⇒ f (a) − c < 0 < f (b) − c f (b) < c < f (a) ⇒ f (b) − c < 0 < f (a) − c Seite 55 und f (b), (mit Mathematik für Geowissenschaftler Somit haben x ∈ (a, b), f (a) − c und f (b) − c verschiedenes f (x) − c = 0 oder f (x) = c. Vorzeichen. Deswegen gibt es ein mit Beispiel: f (x) = x3 − 1 f (0) = −1, f (1) = 0. q 3 3 für c = 2. Es ist gilt D.h. es muÿ ein c ∈ (0, 1) geben, mit f (c) = − 12 . Dies Bemerkung: Insbesondere haben also Polynome keine Sprungstellen. 1.9.3 Satz von Rolle für Polynome Satz (von Rolle): Ist f (a) = f (b) für a < b, dann gibt es ein f 0 (x) = 0 x ∈ (a, b), mit Grund: Sei O.E. (=ohne Einschränkung) : f (b) = f (a) = 0 (sonst betrachtet man f (x) − c, mit c = f (a) = f (b)). a, b benachbarte Nullstellen sind, mit a < b (bendet sich (a, b), so betrachten wir eines der kleineren Intervalle hat f (x) auf (a, b) konstantes Vorzeichen. Es sei Wir nehmen O.E. an, daÿ eine weitere Nullstelle (a, c) oder (c, b)) c in . Dann f (x) = (x − a)k · (x − b)l · r(x) mit (x − a), (x − b) teilen r(x) nicht. r(a) und r(b) haben nun dasselbe Vorzeichen (hätten sie verschiedene Vorzeichen, gäbe es nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle von r(x) sieht man, daÿ r(x) dazwischen, also auch eine von r(x) und r(a) hat also auf dem gesamten Intervall sondere haben r(a) und r(b) f (x)). Mit dem gleichen Argument das gleiche Vorzeichen haben. [a, b] ein konstantes Vorzeichen (Insbe- dasselbe Vorzeichen). Nach der Produktregel ist f 0 (x) = k · (x − a)k−1 · (x − b)l · r(x)+ (x − a)k · l · (x − b)l−1 · r(x) + (x − a)k · (x − b)l · r0 (x) = (x − a)k−1 · (x − b)l−1 · [k · (x − b) · r(x) + l · (x − a) · r(x) + (x − a) · (X − b) · r0 (x)] Setze h(x) := k · (x − b) · r(x) + l · (x − a) · r(x)+ (x − a) · (X − b) · r0 (x) h(a) = k ·(a−b)·r(a) und h(b) = l ·(b−a)·r(b). Da r(a) und r(b) dasselbe h(a) und h(b) verschiedene Vorzeichen haben. Also gibt z ∈ (a, b) mit h(z) = 0. Daher gilt : f 0 (z) = (z − a)k−1 · (z − b)l−1 · h(z) = 0. Dann ist Vorzeichen haben, müssen es ein Seite 56 Mathematik für Geowissenschaftler 1.9.4 Mittelwertsatz für Polynome (Mittelwert-) Satz: Für a < b gibt es ein x ∈ (a, b) mit f (b) − f (a) b−a f 0 (x) = Grund: Wir betrachten die Hilfsfunktion F (x) := f (x) − f (a) − F (a) = F (b) = 0. F 0 (z) = 0. Dann ist mit f (b) − f (a) · (x − a) b−a Daher existiert nach dem Satz von Rolle ein Es ist aber F 0 (x) = f 0 (x) − also z ∈ (a, b) f (b) − f (a) b−a f (b) − f (a) b−a f 0 (z) = Beispiel: Für das Polynom f (x) = x3 − 1 gilt: f (0) = −1 und f (1) = 0. Die Steigung der Sekante durch die beiden Punkte ist: f (1)−f (0) = 11 = 1. Die 1−0 hat die beiden Lösungen f 0 (x) = 3 · x2 . Die Gleichung 3 · x2 = 1 1 ζ = ± √3 . D.h. die Tangente durch den Punkt ζ = √12 hat die gleiche Steigung wie die Sekante durch die Punkte (0, f (0)) und (1, f (1)). Ableitung ist Lemma: Ist f 0 (a) 6= 0, so ist f auf einem Intervall streng monoton. (a − δ, a + δ) für ein δ >0 Grund: Da auch f 0 (x) ein Polynom ist, gilt nach obiger Folgerung: f 0 (ζ) 6= 0 für δ > 0 und alle ζ ∈ (a − δ, a + δ). x1 , x2 ∈ (a − δ, a + δ) mit x1 < x2 : ein Nach dem Mittelwertsatz gilt aber für alle f (x2 ) = f (x1 ) + f 0 (ζ)(x2 − x1 ) ζ ∈ (x1 , x2 ) ⊂ (a − δ, a + δ). (a − δ, a + δ). für ein auf Denition: Eine Funktion f mum, falls gilt Also hat :D⊂R f (x2 ) − f (x1 ) hat in a∈D konstantes Vorzeichen ein (striktes) globales Mini- f (x)(>) ≥ f (a) (∗) für alle x∈D x ∈ D. f hat a. nahe bei in a∈D ein (striktes) lokales Minimum falls (*) gilt für alle Seite 57 Mathematik für Geowissenschaftler (D.h. es gibt ein δ > 0, mit f (x)(>) ≥ 0 für alle x ∈ (a − δ, a + δ)\{a}) ∩ D. Für ein Maximum gilt die sinngemäÿe Denition. Maxima und Minima heiÿen zusammengefaÿt auch Extrema. Satz: Hat ein Polynom f (x) in einem Punkt a ∈ R ein Extremum, so gilt: f 0 (a) = 0. Grund: Wir nehmen an, daÿ f 0 (a) > 0. Dann ist nach obiger Folgerung f 0 (ζ) > 0 ζ nahe bei a. D.h. f 0 (ζ) > 0 für alle ζ ∈ (a − δ, a + δ) x ∈ (a − δ, a + δ). Nach dem Mittelwertsatz gilt für für ein δ > 0. Sei nun f (x) = f (a) + f 0 (ζ) · (x − a) a und x. Dann ist ζ ∈ (a − δ, a + δ) und somit f 0 (ζ)>0. Ist f (x) > f (a) und ist x < a, dann ist f (x) < f (a). Also kann a kein von f (x) sein. für ein ζ x > a, so ist zwischen Extremum Achtung: Die Umkehrung dieser Folgerung gilt nicht. f (x) = x3 (sogar überall) streng monoton steigend, aber ist nahe bei 0 f 0 (0) = 0. Fazit:i) Polynome sind stückweise streng monoton. ii) Die Monotoniewechselstellen sind genau die (strengen,lokalen) Minima und Maxima. Grund: i) Es sei f (x) ein Polynom und −∞ =: λ0 < λ1 < . . . < λr < λr+1 := +∞ die verschiedenen Nullstellen von f 0 (x). Dann hat f 0 (x) auf dem Intervall (λj , λj+1 ) konstantes Vorzeichen. Seien nun x1 , x2 ∈ (λj , λj+1 ) und x1 < x2 dann 0 ist f (x2 ) = f (x1 ) + f (ζ)(x2 − x1 ) für ein ζ ∈ (x1 , x2 ) ⊂ (λj , λj+1 ). Also ist f (x) auf dem Intervall (λj , λj+1 ) streng monoton steigend oder fallend, abhängig von 0 dem Vorzeichen von f (x) in diesem Intervall. f (x) beispielsweise ein Maximum in a, mit f (a) > 0, so gibt es ein δ > 0, f (x) > 0 und f (a) > f (x) auf (a − δ, a + δ). Auÿerdem ist nach dem obigen 0 Satz in einem Extremum die Ableitung f (a) = 0. Da f (x) zwischen den Nullstellen 0 von f (x) konstantes Monotonieverhalten hat, so kann f (x) nur streng monoton steigend auf (a − δ, a] und streng monoton fallend auf [a, a + δ). Hat umgekehrt f in a einen Monotoniewechsel, also ist f z.B. auf (a − δ, a] streng monoton steigen und auf [a, a + δ) streng monoton fallend, So ist f (a) der gröÿte Wert auf beiden ii) Hat mit Teilintervallen, also ein Maximum. Erinnerung: Eigenschaften der Betragsfunktion |a| ≤ |b| ⇒ |a|n ≤ |b|n für alle n∈N |a + b| ≤ |a| + |b| |a − b| ≥ |a| − |b| Beispiel : auf [−2, 1] Gesucht ist eine obere Schranke von Seite 58 |f (x)| für f (x) = x7 − 6 · x4 + x Mathematik für Geowissenschaftler Lösung: Auf [−2, 1] gilt: |x| ≤ 2 |x7 − 6 · x4 + x| ≤ |x7 | + | − 6 · x4 | + |x| = |x7 | + |6 · x4 | + |x| = |x|7 + 6 · |x|4 + |x| ≤ 27 + 6 · 24 + 2 = 226 Lemma: Auf einem Intervall [a, b] gilt für ein Polynom f (x) = gibt eine Zahl M, mit : |f (x)| ≤ M für alle x ∈ [a, b]. Pn k=0 ak · xk : Es Genauere Überlegung: Ein Polynom f (x) hat in einem Intervall [a, b] seine abf 0 (x) oder in den Endpunkten f (c) = m und d ∈ [a, b] das absolute soluten Maxima und Minima in den Nullstellen von a, b. Sei c ∈ [a, b] das absolute Minimum mit f (d) = M . Dann gilt mit dem Maximum mit Zwischenwertsatz: f ([a, b]) = [m, M ] Seite 59 Mathematik für Geowissenschaftler 1.10 Integration Teil I 1.10.1 Ein Integralbegri (nicht nur für Polynome) Denition: Sei f : [a, b] → R, mit a < b. f (x) = c ∈ R i) Ist für alle x ∈ [a, b], ˆ so denieren wir: [a,b] ii) Ist f (x) ≥ 0 c = c(b − a) x ∈ [a, b] (kurz: f|[a,b] ≥ 0, analog: ≤, <, >) und f auf [a, b] f|[a,b] ↑,analog ↓), und ist F (x) die Flächenfunktion F (a) = 0, so ist ˆ f := F (b) für alle streng monoton steigend (kurz: von f auf [a, b], mit [a,b] Ist F (a) > 0, G(x) := F (x) − F (a) eine Flächenfunktion f = G(b) = F (b) − F (a). [a,b] so ist es ist und es ist Satz:i) Für f, g gilt: ´ : [a, b] → R ˆ f, g ↑, ≥ 0 oder ˆ ˆ f +g = f+ und [a,b] und für c ≥ 0: [a,b] ˆ mit G(a) = 0 und einer von beiden konstant, so g [a,b] ˆ cf = c [a,b] f [a,b] Grund: Sei beispielsweise g = c. Aus (y − x)f (x) < F (y) − F (x) < (y − x)f (y) erhält man durch Addition von c(y − x): (y − x)(f + c)(x) < (F + c)(y) − (F + c)(x) < (y − x)(f + c)(y) Sind f und g ≥ 0, ↑ mit Flächenfunktionen F und G, so liefert eine Addition der beiden Doppelungleichungen: (y − x)(f (x) + g(x)) < (F (y) + G(y)) − (F (x) − G(x)) < (y − x)(f (y) + g(y)) Wegen der Eindeutigkeit ist also F (x) + G(x) die Flächenfunktion von f (x) + g(x). c liefert die letzte Behauptung. Multiplikation der Doppelungleichung mit Seite 60 Mathematik für Geowissenschaftler Bemerkung: Analoge Aussagen gelten für f, g ↓ ., ≤ 0, da dann |f |, |g| ↑, ≥ 0. Denition: In diesem Falle denieren wir: ˆ ˆ [a,b] f := − [a,b] −f Satz: Für c ∈ [a, b] gilt: ˆ ˆ ˆ f= f+ [a,b] Grund: ´ [a,c] f+ ´ [c,b] Denition: Seien f, g [a,c] f [c,b] f = F (c) − F (a) + F (b) − F (c) = F (b) − F (a) = : [a, b] → R ´ [a,b] f streng monoton und von konstantem Vorzei- chen. Dann denieren wir ˆ ˆ [a.b] Es ist f − g := ˆ ˆ [a,b] f− [b,a] f := − g [a,b] ˆ f := 0 ˆ und [a,a] f [a,b] Bemerkung: Wir haben nun einen Integralbegri u.a. für stückweise streng monotone oder konstante Funktionen, die stückweise konstantes Vorzeichen haben, also insbesondere für Polynome. Bemerkung: Sei Integral f : [a, b] ⊂ R → R eine Funktion. Dann ist das bestimmte ˆ f [a,b] die Fläche zwischen der Kurve x−Achse y = f (x) und dem Intervall [a, b]. Oberhalb der gelegene Flächen werden dabei positiv gezählt, unterhalb der gelegene negativ. Seite 61 x−Achse Mathematik für Geowissenschaftler Beispiel: Man erhält sofort für Funktionen I1) ´ [a,b] f +g = ´ [a,b] f+ ´ [a,b] f, g : [a, b] → R g Seite 62 und λ ∈ R: Mathematik für Geowissenschaftler Bemerkung: An dieser Stelle sehen wir, warum wir negativ gezählte Flächen ´ 0 = 0. Dann ist aber wegen 0 = c + (−c) für c ∈ R>0 ´ ´ 0 = [a,b] c + [a,b] −c = 0, also [a,b] −c = − [a,b] c zulassen: Sicher ist ´ I2) ´ [a,b] ´ λ·f =λ· [a,b] ´ I3) Für c ∈ [a, b] ist [a,b] f ´ [a,b] , speziell für f= ´ [a,c] f+ λ = −1: ´ [c,b] f Seite 63 ´ [a,b] −f = − ´ [a,b] f auch Mathematik für Geowissenschaftler I4) | ´ [a,b] f| ≤ ´ [a,b] |f | Denition: Man schreibt auch: ˆ ˆ b f (x)dx = a Bemerkung: Die Zeichen ´b a und f [a,b] dx sind wie Klammern zu lesen. Statt des Seite 64 dx Mathematik für Geowissenschaftler kann auch jede andere Variable verwendet werden, also ´b a ´b a f (τ )dτ = ´b a f (y)dy = f (x)dx I6) Translationsinvarianz: Für alle s ∈ R gilt: ˆ ˆ b−s b f (x)dx f (x + s)dx = a a−s Beispiel 1: f (x) = x2 ist auf R≥0 streng monoton steigend. Wegen: y3 x3 x2 + x · y + y 2 − = (y − x) · ( ) 3 3 3 gilt für (y − x) · x, y ≥ 0 und x<y: x2 + x2 + x2 y2 + y2 + y2 y 3 x3 = (y − x) · x2 < − < (y − x) · = (y − x) · y 2 3 3 3 3 wegen der Eindeutigkeit haben wir: ˆ x t2 dt = F (x) = 0 Man beachte: F 0 (x) = Allgemein gilt für x3 3 0 x3 3 = x2 = f (x). 0 ≤ x < y: (y − x) · (xn + xn−1 · y + xn−2 · y 2 + . . . + x · y n−1 + y n ) = y n+1 − xn+1 Deswegen gilt: (y − x) · also ist F (x) = (n + 1) · xn y n+1 xn+1 (n + 1) · y n < − < (y − x) · n+1 n+1 n+1 n+1 xn+1 n+1 die Flächenfunktion für f (x) = xn Bemerkung:i) Es ist F (x) = xn+1 0 n n+1 und damit : F (x) = x . Also sieht man, daÿ Flächenfunktionen bilden und Ableiten Umkehrungen voneinander sind (jedenfalls für Polynome der Form ii) Ist F (a) 6= 0, so ist f (x) = xn ). F (x) − F (a) = 0 und es gilt: (y − x)f (x) < F (y) − F (x) = Seite 65 Mathematik für Geowissenschaftler (F (y) − F (a)) − ((F (x) − F (a)) < (y − x)f (y) Insbesondere bedeutet dies, daÿ Flächenfunktionen (wenn man nicht F (a) = 0 fordert) nur bis auf additive Konstante eindeutig bestimmt sind. Satz: Für ein allgemeines Polynom f (x) = ˆ n X [a,b] k=0 Pn k=0 ak xk gilt: ak xk = F (b) − F (a) mit F (x) = n X ak k+1 x k+1 k=0 1.10.2 Die Integrationsregeln Satz: Für Polynome f, g gilt: ´ ´ ´ f ± g = [a,b] f ± [a,b] g ´ λf = λ [a,b] f [a,b] ´ ´ 0 f · g = f (b)g(b) − f (a)g(a) − [a,b] f 0 · g [a,b] ´b ´ g(b) f (g(x)) · g 0 (x)dx = g(a) f (y)dy a [a,b] ´ Grund: Wir haben gesehen: Ist F 0 = f , so ist ´b f (x)dx = F (b) − F (a). ´b ´b 0 0 i) Aus (F · g) = f · g + F · g folgt F (b)g(b) − F (a)g(a) = f (x) · g(x)dx + a F (x) · a g 0 (x). Also gilt ˆ oder, wenn wir f ˆ b a f (x)g(x) = F (x)g(x)|ba − durch ˆ a a f0 b F (x)g 0 (x)dx a ersetzen : ˆ b f 0 (x)g(x)dx = f (x)g(x)|ba − f (x)g 0 (x)dx ´ g(b) F (x) eine Flächenfunktion von f (x) auf [g(a), g(b)], also ist g(a) f (y)dy = ´ F (g(b)) − F (g(a)). Weiter gilt F (g(x))0 = f (g(x)) · g 0 (x), also [a,b] f (g(x)) · g 0 (x) = F (g(b)) − F (g(a)). ii) Sei Seite 66 Mathematik für Geowissenschaftler Denition: f Sei f : [a, b] → R und x0 := a < x1 < . . . < xn < xn+1 := b und x ∈ [xi , xi+1 ]. Dann auf allen Teilintervallen streng monoton oder konstant. Sei denieren wir: ˆ x := a i−1 ˆ X k=0 ˆ xk+1 x f (t)dt f (t)dt + xi xk Bemerkung: Alles in diesem Kapitel gesagte gilt, da es in diesem Falle für alle für alle Teilintervalle gilt, auch für diese Integrale. Seite 67 Mathematik für Geowissenschaftler 1.10.3 Beispiele für Integrationstechniken f (φ(x))0 = f 0 (φ(x)) · φ0 (x) f (φ(x)) ist. D.h. Aus der Kettenregel Stammfunktion von folgt, daÿ f 0 (φ(x)) · φ0 (x) eine ˆ f (φ(x)) · φ0 (x)dx = F (φ(x)) + C wenn F (x) eine Stammfunktion von onsregel. Beispiel 1: Wir wählen ´ f (x) ist. Dies ist die sogenannte Substituti- 3 x2 · ex dx φ(x) := x3 . Es ist φ0 (x) = 3x2 . Also ist ˆ ˆ ˆ 1 1 0 φ(x) 2 x3 φ (x) · e dx = eu du = x ·e = 3 3 1 u 1 3 e + C = ex + C 3 e Kurzschreibweise: u = x3 du = 3x2 dx dx = ˆ ˆ 3 x2 · ex dx = Probe: h 1 x3 3e Beispiel 2: Wähle +C ´ i0 x2 · eu 3 du 3x2 1 du = 3x2 3 = 13 ex · 3x2 = x2·e x3 √ 2√ x dx x u = φ(x) = √ x. Dann ist φ0 (x) = u= 1 √ . 2 x √ x 1 du = √ dx 2 x √ dx = 2 xdu Seite 68 ˆ eu du = 1 x3 e +C 3 Mathematik für Geowissenschaftler ˆ Stammfunktion für √ 2 x √ dx = x ˆ 2u √ √ 2 xdu = 2 x ˆ 2u du 2x : 2x = ex ln 2 ˆ ex ln 2 = Daher gilt: ˆ √ h √ 2 x+1 ln 2 2√ x x Beispiel 3: ´ +C i0 = h √ 2u+1 2 x+1 2 du = +C = +C ln 2 ln 2 u 2 Probe: 2x ex ln 2 +C = +C ln 2 ln 2 i0 √ 1 ( x+1)·ln(2) ln 2 e = √ 1 1 ( x+1)·ln(2) ·ln(2)· 2√ ln(2) e x √ = x 2√ ·2 2 x cos(x)e2·sin(x) dx u = 2 · sin(x) du = 2 cos(x)dx dx = ˆ ˆ cos(x)e2·sin(x) dx = cos(x)eu 1 du 2 cos(x) 1 1 du = 2 cos(x) 2 ˆ eu du = 1 2 sin(x) e +C 2 [f (x) · g(x)]0 = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x) folgt: ˆ f (x) · g(x) = f 0 (x)g(x) + f (x)g 0 (x)dx Aus der Produktregel ˆ oder ˆ 0 f (x) · g(x)dx = f (x)g(x) − Beispiel 4: ´ f (x)g 0 (x)dx sin(x)2 dx Wir setzen: f 0 (x) = sin(x) ⇒ f (x) = − cos(x) und g(x) = sin(x) ⇒ g 0 (x) = cos(x) Seite 69 = Mathematik für Geowissenschaftler ˆ Also sin(x)2 dx = − cos(x) sin(x)+ ˆ ˆ cos(x)2 dx = cos(x) sin(x) + 1 − sin(x)2 dx ˆ Daher gilt: sin(x)2 dx = Beispiel 5: Die Funktion Umkehrfunktion tan(x) = 1 [x − cos(x) sin(x)] 2 sin(x) cos(X) hat auf dem Intervall arctan(x). Die Ableitung von tan(x) ist nach der Quotientenregel: cos(x)2 + sin(x)2 = 1 + tan(x)2 cos(x)2 tan(x)0 = Mit der Kettenregel folgt aus tan(arctan(x)) = x die Ableitung von arctan(x): (1 + tan(arctan(x))2 ) · arctan(x)0 = 1 als arctan(x)0 = Damit berechnen wir ˆ 1 1 + x2 ˆ arctan(x)dx = 1 · arctan(x)dx Wir setzen f 0 (x) = 1 ⇒ f (x) = x g(x) = arctan(x) ⇒ g 0 (x) = Daher ist ˆ 1 1 + x2 ˆ 1 · arctan(x)dx = x · arctan(x) − x dx 1 + x2 Das letzte Integral können wir wieder über Substitution lösen: ˆ x dx 1 + x2 Seite 70 (− π2 , π2 ) die Mathematik für Geowissenschaftler u := 1 + x2 du = 2xdx ˆ x dx = 1 + x2 ˆ x 1 1 · du = u 2x 2 ˆ 1 du = u 1 1 ln(u) + C = ln(x2 + 1) + C 2 2 Insgesamt also ˆ arctan(x)dx = x · arctan(x) − x · arctan(x) − arctan(x) Probe: 1 2 ln(x2 + 1) + C 0 1 ln(x2 + 1) + C 2 1 1 1 = 1 · arctan(x) + x · 1+x 2 − 2 1+x2 · 2x = Bemerkung: Durch dieses Beispiel wissen wir auch: ˆ Beispiel 6: ´ 1 = arctan(x) + C 1 + x2 ln(x)dx Der gleiche Trick wie bei arctan(x) liefert: ˆ 1 · ln(x)dx f 0 (x) = 1 ⇒ f (x) = x g(x) = ln(x) ⇒ g 0 (x) = ˆ ˆ 1 · ln(x)dx = x · ln(x) − x· 0 1 x 1 dx = x · ln(x) − x + C x [x · ln(x) − x + C] = 1 · ln(x) + x · x1 − 1 = ln(x) h i 1 1 1 1 = a−b · x−a − x−b Beispiel 7: Es ist (x−a)(x−b) Probe: Daher gilt: Seite 71 Mathematik für Geowissenschaftler ˆ 1 1 dx = ln (x − a)(x − b) a−b x−a x−b +C Hinweis: In Maxima lautet der Befehl für die Integration: integrate(Ausdruck,Variable) Beispiele: integrate(1/((x − a) ∗ (x − b)), x) = log (x − b) log (x − a) − b−a b−a Die Auswertung von bestimmten Integralen geschieht durch den Befehl integrate(Ausdruck,Variable,untere Grenze,obere Grenze) Beispiel: integrate(1/x, x, 1, 2) Seite 72 = log(2) Mathematik für Geowissenschaftler 1.10.4 Tangenten Erinnerung: Gilt eine Eigenschaft A(x) einer Zahl x ∈ R für alle x ∈ (a − δ, a + δ)\{a} mit einem δ > 0, so sagen wir: A(x) gilt (für x) nahe bei a. Beispiel: x2 ≥ 0 nahe bei 0 (wahr), x2 < 1 nahe bei x2 > 0.1 nahe bei Anwendung: A2 (x) 0 nahe bei (wahr), 0 (falsch) A1 (x) nahe bei a A1 (x) ∧ A2 (x) nahe bei a. Gilt eine Eigenschaft a, so gilt und gilt eine Eigenschaft Grund: A1 (x) gilt für alle x ∈ (a − δ1 , a + δ1 )\{a} und A2 (x) gilt für alle x ∈ (a − δ2 , a + δ2 )\{a} min(δ 1 , δ2 )\{a}. Beispiel: x2 nahe bei 0 ≥0 Denition: Sei f dann gilt nahe bei 0 A1 (x) ∧ A2 (x) und x2 ≤ 0.1 für alle nahe bei x ∈ (a − min(δ 1 , δ2 ), a + 0, dann auch 0 ≤ x2 ≤ 0.1 : X → Y , X, Y ⊂ R eine Funktion. f heiÿt im Punkt x0 ∈ X > 0 gilt: Für x ∈ X ist |f (x) − f (x0 )| < für x nahe bei stetig, wenn für jedes x0 . Oder anders formuliert: ∀ > 0∃δ > 0∀x ∈ X : |x − x0 | < δ ⇒ |f (x) − f (x0 )| < f : I ⊂ R → R, I ein oenes Intervall, a ∈ I . (a, f (a)) ist eine Funktion der Form: Sei Eine Gerade durch den Punkt L(x) = f (a) + m · (x − a) Die Gerade beschrieben durch wenn für jede Funktion L (*) T (x) = f (a) + t · (x − a) heiÿt Tangente an f in a, vom Typ (*) gilt: |f (x) − T (x)| ≤ |f (x) − L(x)| für x nahe bei a Bemerkung: Geraden sind ihre eigenen Tangenten (an jeden Punkt) insbesondere sind Tangenten von Geraden eindeutig. Satz: Tangenten sind, falls sie existieren, eindeutig. Grund: Seien T1 und T2 zwei Tangenten an f im Punkte a. mit T1 6= T2 , d.h. es gibt ein x∈R mit in dem einen Punkt T1 (x) 6= T2 (x). Insbesondere schneiden sich T1 und T2 genau (a, f (a)). Da beide Tangenten sind, gibt es δ1 und δ2 mit |f (x) − T1 (x)| ≤ |f (x) − T2 (x)| für x ∈ (a − δ1 , a + δ1 ) |f (x) − T2 (x)| ≤ |f (x) − T1 (x)| für x ∈ (a − δ2 , a + δ2 ) Seite 73 Mathematik für Geowissenschaftler also gilt: |f (x) − T1 (x)| = |f (x) − T2 (x)| mit für x ∈ (a − δ, a + δ) δ := min(δ1 , δ2 ). Kurz: Ist T1 (x)| |f (x) − T1 (x)| ≤ |f (x) − T2 (x)| nahe bei a und |f (x) − T2 (x)| ≤ |f (x) − a, so ist |f (x) − T1 (x)| = |f (x) − T2 (x)| nahe bei a. nahe bei Dann gilt aber für diese f (x) = Dann ist aber f lokal um a eine Gerade und für diese sind Tangenten eindeutig. Denition: Eine Funktion f an f 1 (T1 (x) + T2 (x)) 2 heiÿt in a dierenzierbar, wenn eine Tangente in existiert. Die Steigung dieser Tangente ist die Ableitung vom Beispiel: Ist die Funktion ( x2 sin f (x) := 0 in 0 1 x für für dierenzierbar? Zunächst einmal stellen wir fest, daÿ wegen −1 ≤ sin 1 ≤1 x folgt, daÿ −x2 ≤ f (x) ≤ x2 Seite 74 x 6= 0 x=0 f in a: f 0 (a) a Mathematik für Geowissenschaftler Wir hatten aber früher gesehen, daÿ die x2 nen −x2 und x−Achse die Tangente an beide Funktio- im Ursprung ist. Also gilt für eine beliebige Gerade K(x) durch den Ursprung: |x2 − (0 · x + 0)| ≤ |x2 − K(x)| ∧ | − x2 − (0 · x + 0)| ≤ | − x2 − K(x)| für x 0. nahe bei x zwischen 2 und Es sind also −x 2 x2 und −x2 näher an liegt, ist es auch näher an 0 0 als als an K(x). K(x). Da aber f (x) Also gilt: |f (x) − (0 · x + 0)| ≤ |f (x) − K(x)| Da aber K(x)beliebig war, ist die x−Achse also Tangente an f (x) im Punkt 0. Lemma: Für Zahlen a, b, f ∈ R gilt: |a − f | ≤ Grund: Es gilt: |a − f | ≤ 1 2 |a − f| ≤ 1 2 |b 1 |a − b| ⇒ |a − f | ≤ |b − f | 2 1 2 |a − b| = 12 |a − f + f − b| ≤ 12 |a − f | + 12 |b − f | ⇒ − f | ⇒ |a − f | ≤ |b − f |. Denition: x liegt zwischen a und b :⇔ min(a, b) < x < max(a, b) Folgerung: Liegt x zwischen a und b , dann liegt xy ay und by für y 6= 0. Satz: Für eine Funktion f : (c, d) → R sind äquivalent: i) f ist dierenzierbar in a ∈ (c, d) mit Ableitung ii) (Caratheodory) Es gibt eine Funktion m ω : (c, d) → R, mit f (x) = f (a) + ω(x)(x − a) die stetig ist in a und ω(a) = m. Grund: i) ⇒ ii) Sei T (x) = f (a)+m(x−a) Tangente an f in a. Für ein beliebiges ε>0 betrachten wir die beiden folgenden Graden durch den Punkt (a, f (a)): L1 (x) := f (a) + (m + ε)(x − a) = f (a) + m(x − a) + ε(x − a) L2 (x) := f (a) + (m − ε)(x − a) = f (a) + m(x − a) − ε(x − a) m zwischen m − ε und m + ε. Also liegt m(x − a) zwischen (m − ε)(x − a) (m + ε)(x − a). Durch Addition von f (a) folgt, daÿ T (x) zwischen L1 (x) und L2 (x) liegt. Für x nahe bei a ist aber f (x) näher an T (x) als L1 (x) und L2 (x). Also liegt insbesondere f (x) zwischen L1 (x) und L2 (x). Nun liegt und Seite 75 Mathematik für Geowissenschaftler Wir setzen: ( ω(x) := Also ist f (x) = f (a) + ω(x)(x − a) f (x)−f (a) x−a für m für für alle Dann gilt nach Abzug der Tangenten : und −ε(x − a). x 6= a x=a x 6= a. (ω(x) − m)(x − a) liegt zwischen ε(x − a) x − a 6= 0: |ω(x) − m| < ε. Und schlieÿlich nach Division durch ⇒ i)” Sei f (x) = f (a) + ω(x)(x − a), mit ω stetig in a. Wir müssen T (x) = f (a) + ω(a)(x − a) ist Tangente. Sei K(x) := f (a) + r(x − a). ii) zeigen: Es gilt: |f (x) − T (x)| = |ω(x) − ω(a)| · |x − a| Da ω in a |ω(x) − ω(a)| < 21 |ω(a) − r| |x − a| < 1: stetig ist, gilt Speziell also für |f (x) − T (x)| < für x genügend nahe bei a. 1 1 |ω(a) − r| · |x − a| = |T (x) − K(x)| 2 2 Nach obigem Lemma gilt: |f (x) − T (x)| ≤ |f (x) − K(x)| Beispiel: Es sei f (x) ein Polynom und f (x) = b0 + n X k=1 f (a) + ( n X k=1 bk (x − a)k = bk (x − a)k−1 )(x − a) a. Wir wollen nun einsehen, daÿ die Gerade T (x) = b0 +b1 (x−a), die wir bei Polynomen als Tangente deniert in Pn hatten, auchk−1 unserem neuen Sinne Tangente ist. Es ist oensichtlich ω(x) = k=1 bk (x − a) stetig (siehe Ergänzungen) mit ω(a) = b1 . seine Taylorentwicklung im Punkt Beispiel: Die Ableitung von f (x) = x1 Es ist für a, x > 0 1 1 1 1 1 1 = − (x − a) = − 2 (x − a) + 2 (x − a)2 x a ax a a a x 1 a2 x (x − a) . Dann ist 1 tionen wieder stetig und es gilt ω(a) = − 2 . a Wir setzen ω(x) := − a12 + Seite 76 ω als Kompositum stetiger Funk- Mathematik für Geowissenschaftler Also gilt für x 6= 0: 0 1 1 =− 2 x x Satz: Ist f in a dierenzierbar, so ist f in a stetig. Grund: Es ist f (x) = f (a) + ω(x)(x − a) und ω ist in a stetig. Dann ist f (x) als Summe und Produkt stetiger Funktionen ebenfalls in a stetig. Ableitungen von Flächenfunktionen Wir haben schon gesehen, daÿ eine auf einem abgeschlossenen Intervall streng monotone Funktion f F hat, wenn auf diesem Intervall (y − x)f (x) und (y − x)f (y). chenfunktion zwischen I = [c, d] eine eindeutige (bis auf additive Konstanten) Fläfür alle x, y gilt: F (y) − F (x) liegt a ∈ I fest und x ∈ I , mit x > a. Dann gilt: F (x) − F (a) liegt zwischen (a) zwischen f (a) und f (x). (x − a)f (a) und (x − a)f (x). Für x 6= a liegt F (x)−F x−a Sei Ist f nun stetig in a, so gilt: ( ω(x) = ist stetig in a. Denn: Wegen F (x)−F (a) x−a für f (a) für f (x) < F (x)−f (a) x−a x 6= a x=a < f (a) wird |f (x) − f (a)| für x F (x)−F (a) − nahe bei a beliebig klein. Also wird wegen f (x) − f (a) < x−a ω(x) − f (a) < 0, also 0 < |ω − f (a)| < |f (x) − f (a)| der Ausdruck |ω(x) beliebig klein und ist wegen der Archimedizität von R gleich 0. Der f (a) = − f (a)| Fall x < a verläuft analog. Wir haben also gezeigt: Hauptsatz der Dierential- und Integralrechnung: (a, b) stetig und ist F (x) eine Flächenfunktion von f auf Ist [a, b], f : [a, b] → R auf so gilt : F 0 (x) = f (x) oder ˆ a x 0 0 f (t)dt = [F (x) − F (a)] = f (x) Kurz gesagt: Flächenfunktionen sind Stammfunktionen. Beispiel: Wir hatten früher den Logarithmus als Flächenfunktion von ˆ deniert: x ln(x) = 1 Seite 77 1 dt t 1 x =: f (x) Mathematik für Geowissenschaftler Wir behaupten nun |x| > f (x) ist stetig in a 2 . Dann ist a 6= 0: Sei |1/x − 1/a| = |x − a|/|a||x| < und die rechte Seite wird nahe bei a a ∈ R > 0 und x ∈ R>0 mit 2 |x − a| a2 beliebig klein. Oder kürzer: f (x) ist als Quotient stetiger Funktionen stetig (siehe Ergänzungen). Folgerung: Für x > 0 ist ln(x)0 = Bemerkung: Die Rechenregeln 1 x für die Ableitungen, die wir bei Polynomen ge- sehen haben gelten sinngemäÿ weiter für dierenzierbare Funktionen: Sind I → R Funktionen, deniert a ∈ I , so gilt: f ± g und c · f , auf dem oenen Intervall sind dierenzierbar in I f, g : und dierenzierbar in a und es gilt: (c · f )0 (a) = c · f 0 (a) (f ± g)0 (a) = f 0 (a) ± g 0 (a) (f · g)0 (a) = f 0 (a)g(a) + f (a)g 0 (a) Grund: Exemplarisch für die Produktregel: Es ist f (x) = f (a) + ω(x)(x − a) und g(x) = g(a) + δ(x)(x − a) mit in a stetigen Funktionen ω und δ und mit ω(a) = f 0 (a) und δ(a) = g 0 (a). Dann gilt: f (x) · g(x) = f (a)g(a) + (f (a)δ(x) + ω(x)g(a) + ω(x)δ(x)(x − a))(x − a) Also ist f (x) · g(x) = f (a)g(a) + κ(x)(x − a) mit κ(x) := f (a)δ(x) + ω(x)g(a) + ω(x)δ(x)(x − a), welches als Kompositum a ist und κ(a) = f (a)g 0 (a) + f 0 (a)g(a). stetigen Funktionen stetig in Seite 78 von Mathematik für Geowissenschaftler Satz (Kettenregel): Sei g in a ∈ I1 zierbar (I1,2 oene Intervalle, und dierenzierbar und g(I1 ) ⊂ g(I2 )), so gilt f ◦g f in g(a) ∈ I2 dierena dierenzierbar ist in (f ◦ g)0 (a) = f 0 (g(a)) · g 0 (a) Grund: Da g in a dierenzierbar ist, gibt es ϕ, mit g(x) − g(a) = ϕ(x)(x − a) und Sei ϕ(a) = g 0 (a). b := g(a). Dann ist f (x) − f (b) = ψ(x)(x − b) und ψ(b) = f 0 (b) = f 0 (g(a)). Daher gilt: f (g(x)) − f (g(a)) = ψ(g(x))(g(x) − g(a)) = ψ(g(x))ϕ(x)(x − a) Dabei ist Stelle a ψ(g(x))ϕ(x) stetig f 0 (g(a))g 0 (a). für x=a (siehe Ergänzungen) und der Wert an der ist Anwendung: Ist f eine Funktion mit Umkehrfunktion f −1 , so folgt mit der Ket- tenregel aus f (f −1 (x)) = x die Formel für die Ableitung der Umkehrfunktion: f 0 (f −1 (x)) · (f −1 )0 (x) = 1 Also (f −1 )0 (x) = Also ist die Funktion ex 1 f 0 (f −1 (x)) ihre eigene Stammfunktion. Anwendung: Quotientenregel: Ist f (x) in a dierenzierbar und f (a) 6= 0, so folgt mit der Kettenregel 0 1 1 (a) = − · f 0 (a) f f (a)2 Mit Hilfe der Produktregel erhalten wir 0 0 0 1 1 f 0 (a) = f · (a) = f (a)g(a) + f (a) (a) = g g g Seite 79 Mathematik für Geowissenschaftler f 0 (a) 0 g (a) 1 = + f (a) − g(a) g(a)2 f 0 (a)g(a) − f (a)g 0 (a) g(a)2 Beispiel: Zu f (x) = ln(x) ist f −1 (x) = ex die Umkehrfunktion. Daher gilt: (ex )0 = 1 1 ex = ex Seite 80 Mathematik für Geowissenschaftler 1.11 Jenseits der Polynome 1.11.1 Grundlegende Eigenschaften Bemerkung: Wir hatten gesehen, daÿ Flächenfunktionen von streng monotonen Funktionen ohne Sprungstellen Stammfunktionen sind. In diesem Abschnitt wollen wir uns mit der Umkehrung beschäftigen. Erinnerung: i) Für ε > 0 gilt: |x − a| < ε 2) f : [a, b] → R ⇔ x ∈ (a − ε, a + ε) ist ohne Sprungpunkt, wenn es zu jedem ε>0 ein δ>0 gibt, so daÿ gilt: |x − y| < δ ⇒ |f (x) − f (y)| Bemerkung: Ist f : [a, b] → R ohne Sprungpunkte (oSP), so ist f stetig in jedem c ∈ [a, b] Grund: Sei c ∈ [a, b] dann gibt es zu jedem > 0 ein δ > 0, mit |a − x| < δ ⇒ |f (x) − f (a)| < . Das ist aber die Denition der Stetigkeit im Punkt c. Lemma: Ist f ist auch : [a, b] → R ↑,oSP . Dann gilt: f (c1 ) > 0 für c1 ∈ [a, b] nahe bei c Grund: Wir wählen ε = x ∈ (c − δ, c + δ), f (c) 2 . Dann gibt es Ist f (c) > 0 δ > 0, mit also 0 < f (c) − Zwischenwertsatz: Sei für ein c ∈ [a, b] |f (x) − f (c)| < dann f (c) 2 für f (c) f (c) = < f (x) 2 2 f : [a, b] → [f (a), f (b)] eine streng monoton steigende u ∈ [f (a), f (b)] ein x0 ∈ [a, b], mit f (a) < u < f (b), so gibt es ein x0 , mit a < x0 < b und Funktion ohne Sprungstellen. Dann gibt es zu f (x0 ) = u. f (x0 ) = u. Genauer: Ist Grund: 1.) Ist u = f (a), f (b) so ist x0 = a, b. 2) Sei u ∈ (f (a), f (b)), Wir betrachten S := {x ∈ [a, b] | f (x) ≤ u} Die Menge ist nicht leer, da Wert von f ). a ∈ S (Wegen der Monotonie ist Auÿerdem ist die Menge durch b Also existiert nach dem Supremumsaxiom c := sup S Wir behaupten f (c) = u. Seite 81 f (a) nach oben beschränkt. der kleinste Mathematik für Geowissenschaftler Wäre nämlich f (c) < u, so gälte u − f (c) > 0. ε > 0: f Da keine Sprungstellen hat, gilt aber für ein beliebiges |f (x) − f (c)| < ε für x nahe bei c. Speziell also für ε = u − f (c): |f (x) − f (c)| < u − f (c) Dies bedeutet aber: (f (x) − (u − f (x)) <)f (x) < u − f (c) + f (c) = u für von x nahe S ist. bei und rechts von Wäre andererseits f (c) > u, c. Das bedeutet aber, daÿ c keine obere Schranke so gälte |f (x) − f (c)| < f (c) − u für x nahe bei (und links von) c. Dies bedeutet: f (c) − (f (c) − u) = u < f (x) Speziell gibt es also ein c1 , mit c1 < c und für alle x∈S gilt: f (x) ≤ u < f (c1 ) Wegen der Monotonie ist c1 obere Schranke von S mit c1 < c, womit c nicht die kleinste obere Schranke wäre. Die Ergänzung folgt, da das Minimum f (b) nur an der Stelle Satz: b f (a) nur an der Stelle a und das Maximum angenommen wird. f : [a, b] → R streng monoton und stetig. Ist F : [a, b] → R eine f (d.h. F 0 = f auf (a, b) und ist F stetig in a und b , so ist F Flächenfunktion für f . Sei Stammfunktion von eine Grund: Wir müssen zeigen: Für alle a ≤ x < y ≤ b gilt: (y − x)f (x) < F (y) − F (x) < (y − x)f (y) oder äquivalent dazu: f (x) < F (y) − F (x) < f (y) y−x Seite 82 Mathematik für Geowissenschaftler f aber keine Sprungstellen hat, f (y) angenommen, insbesondere der Da nun wir jeder beliebige Wert zwischen und Wert f (x) F (y) − F (x) = f (c) y−x für ein c mit x < c < y. Wegen der Monotonie von f gilt aber f (x) < f (c) < f (y) und damit also f (x) < F (y) − F (x) < f (y) y−x Damit folgt für diese Funktionen der Haupsatz der Dierential- und Integralrechnung: Satz:Ist F f eine Stammfunktion von ˆ auf [a, b], dann gilt b f (x)dx = F (b) − F (a) a Grund: Für Flächenfunktionen hatten wir das bereits gesehen. Nun sind aber in der hiesigen Situation Stammfunktionen auch Flächenfunktionen. Auÿerdem zeigt die obige Überlegung den Mittelwertsatz der Integralrechnung: Satz: Ist a < b, so gilt ˆ b a für ein c, mit f (x)dx = f (c)(b − a) a < c < b. (a) Grund: Es ist f (c) = F (b)−F b−a ˆ a für ein c ∈ (a, b). Also ist b f (x)dx = F (b) − F (a) = F (b) − F (a) (b − a) = f (c)(b − a) b−a Hieraus wiederum erhalten wir den Mittelwertsatz der Dierentialrechnung: Satz:Ist f dierenzierbar, so ist f f (b) − f (a) = für ein c, mit eine Stammfunktion vom ˆ f0 und wir haben b a f 0 (x)dx = f 0 (c)(b − a) a < c < b. bf Bemerkung: Da das Bilden der Stammfunktion die Umkehrung der Ableitung ist, gelten auch weiterhin die Rechenregeln für Integrale, die sich ja aus den Rechenregeln für Ableitungen herleiten. Seite 83 Mathematik für Geowissenschaftler 1.11.2 Die Ableitungen und Stammfunktionen der trigonometrischen Funktionen Erinnerung: Ist F die Fläche des Kreissektors (D, 0, A) so ist der Winkel α deniert als: α=2·F Daher gilt wegen der Flächenformel für Dreiecke: 1 1 1 sin(α) cos(α) + (1 − cos(α)) sin(α) < F < tan(α) 2 2 2 und daher sin(α) < α < tan(α) Seite 84 Mathematik für Geowissenschaftler Bemerkung: Der Kosinus ist im Intervall [0, π2 ] streng monoton fallend, da ein (D, 0, A) Punkt, der eine gröÿere Fläche als den Kreissektor A Einheitskreis links (und oberhalb) des Punktes Bild des Kosinus das gesamte Intervall √ (x, 1 − x2 ) auf dem Einheitskreis [0, π2 ] keine Sprungstellen. [0, 1], einschlieÿt, auf dem liegen muÿ. Auÿerdem ist das da zu jedem x ∈ [0, 1] der Punkt liegt. Insbesondere hat also der Kosinus auf Erinnerung (Die Additionstheoreme): sin(x + y) = sin(x) cos(y) + cos(x) sin(y) cos(x + y) = cos(x) cos(y) − sin(x) sin(y) Aus dem ersten Additionstheorem erhalten wir mit −y y: statt sin(x − y) = sin(x) cos(y) − cos(x) sin(y) Subtraktion der beiden Gleichungen liefert: sin(x + y) − sin(x − y) = 2 cos(x) sin(y) a := x + y, b := x − y (also x = a+b 2 , y = a−b a+b sin sin(a) − sin(b) = 2 cos 2 2 Daraus ergibt sich mit a−b 2 ): Bemerkung: Auf analoge Weise erhält man cos(a) + cos(b) = 2 cos Wählen wir nun x und y im Intervall [0, π2 ] a+b 2 mit cos x<y a−b 2 und h := y − x > 0, so ist sin(y) − sin(x) = sin(x + h) − sin(x) = 2x + h h h h 2 cos sin = 2 cos x + sin 2 2 2 2 Da der Kosinus im Intervall cos(x), [0, π2 ] cos x + sin h2 < h2 . streng monoton fallend ist , gilt und die Abschätzung am Anfang des Kapitels ergibt Insgesamt haben wir also: sin(x + h) − sin(x) < cos(x)(y − x) Umgekehrt folgt aus x < tan(x) = sin(x) cos(x) wegen cos(x) > 0 x cos(x) < sin(x) Seite 85 auf [0, π2 ): h 2 < Mathematik für Geowissenschaftler und damit: 2 sin h h h h > 2 · cos = h · cos 2 2 2 2 Schlieÿlich haben wir: h 2 cos x + 2 h h h sin > h · cos · cos x + = 2 2 2 h· h· 1 · [cos(x + h) + cos(x)] > 2 1 · [2 · cos(x + h)] = (y − x) cos(y) 2 Dabei folgt die letzte Ungleichung aus der Monotonie des Kosinus: cos(x) > cos(x+ h). Insgesamt haben wir also: (y − x) · cos(y) < sin(y) − sin(x) < (y − x) · cos(x) Also ist sin(x) die Flächenfunktion von cos(x). Da, wie wir gesehen haben für stetige Funktionen Stammfunktionen und Flächenfunktionen identische Begrie sind, gilt: sin(x)0 = cos(x) auf (0, π2 ) Hiermit erhalten wir aus der Beziehung cos(x)2 + sin(x)2 = 1 mit Hilfe der Produktregel: 2 · cos(x) · cos(x)0 + 2 · sin(x) · cos(x) = 0 und die Ableitung des Kosinus (für cos(x) 6= 0, also x 6= π 2 ) als cos(x)0 = − sin(x) Bemerkung: Wir werden im nächsten Abschnitt sehen, daÿ die Gleichung auch für x = 0, π2 gilt. Seite 86 Mathematik für Geowissenschaftler 1.11.3 Potenzreihenentwicklungen von Funktionen Motivation: P n k=1 f 0 (x) = Pn k f (x) = und wegen k=0 ak x gilt f (0) = a0 P n 0 (j) ist f (0) = 1·a1 und allgemein liefert f (x) = k=j k(k− Für ein Polynom kak xk−1 1) · . . . · (k − j + 1)ak xk−j , Pn f (k) (0) k k=0 k! x . daÿ f (j) (0) = j!aj oder ak = f (k) (0) k! . Also ist f (x) = In diesem Abschnitt stellen wir uns der Frage, ob etwas ähnliches auch für beliebige Funktionen durchführbar ist. Denition: Ein Ausdruck der Form ∞ X ak xk k=0 heiÿt McLaurin Reihe oder Potenzreihe. Wir wollen untersuchen inwieweit sich von uns bisher untersuchten Funktionen als Potenzreihe darstellen lassen. 1 Beispiel: Sei f (x) = 1−x für x 6= 1. Dann ist x 1 −1= =x 1−x 1−x Also ist: 1 =1+x 1−x 1 1−x 1 1−x 1 =1+x 1+x 1−x 1 1 + x + x2 1−x Allgemein gilt also für beliebiges = n ∈ N0 : n−1 X 1 1 = xk + xn 1−x 1−x k=0 Man könnte nun versucht sein anzunehmen, daÿ ∞ X 1 = xk 1−x k=0 P∞ k k=0 2 ist sicherlich kein endlicher Wert. Man muÿ sich also noch überzeugen, daÿ der Fehler für alle x∈R gilt. Aber z.B. für x=2 gilt f (x) = −1 n−1 Rn (x) := und X xn 1 − xk = 1−x 1−x k=0 Seite 87 Mathematik für Geowissenschaftler n beliebig klein wird. In unserem Beispiel wird |x|n |Rn (x)| = 1−x beliebig klein. Wir haben also insgesamt: für genügend groÿe Ausdruck für |x| < 1 der ∞ X 1 = xk 1−x für k=0 Beispiel: Es ist |x| < 1 k ∞ X 1 10 1 = = 1.1̄ = 10 1 − 10 9 k=0 Beispiel: ln Aus n−1 X 1 tn = tk + 1−t 1−t k=0 folgt: ˆ ln(1 − x) = x 1 1 dt = 1−t n−1 X = k=0 x 1 tn dt ≤ 1−t ˆ x 1 Wie im obigen Beispiel wird |x| < 1 ist. Analoges gilt für x n−1 X 1 tn für xn dt = xn 1−t |xn · ln(x)| 0 < x < 1. ˆ x 1 t≥1 ˆ x 1 1 x tn dt 1−t tn dt 1−t gilt 1 dt = xn · ln(1 − x) 1−t beliebig klein für genügend groÿe Das ergibt insgesamt: ∞ X xk ln(1 − x) = ˆ tk dt + k=0 xk+1 + 1 + k+1 Wegen der strengen Monotonie von ˆ ˆ k=1 k für |x| < 1 Beispiel: e-Funktion: Sei x ∈ R6=0 fest. Wir betrachten ˆ 1 tn e−xt dt En := 0 Partielle Integration liefert für ˆ 1 n −xt t e 0 n>0 dt = 1 −tn e−xt |10 x Seite 88 n + x ˆ 1 tn−1 e−xt dt 0 n, wenn Mathematik für Geowissenschaftler also En = −e−x 1 n + En−1 x x bzw. xEn = −e−x + nEn−1 oder xn ex En−1 xn xn+1 ex En = + (n − 1)! n! n! Direkte Integration von E0 = ´1 0 e−xt dt liefert − x1 e−xt |10 = − x1 e−x + 1 x . also; xex E0 + 1 = ex Wir erhalten insgesamt ex = 1 + x1 ex E1−1 x1 x2 ex E2 =1+ + (1 − 1)! 1! 2! Setzt man das fort, so erhalten wir ex = n X xk k=0 Wir denieren Rn := k! + xn+1 ex En n! xn+1 ex En . n! tn e−xt auf dem Intervall [0, 1] beschränkt: Für x > 0 ist t´n ↑ und e−xt ↓, also ist tn durch 1 begrenzt, e−xt durch e. Für positive x gilt also 1 n −xt t e dt ≤ e. Ist x < 0, so ist e−xt streng monoton steigend und somit durch 0 −x e begrenzt. Halten wir nun x fest und lassen n gegen unendlich gehen, so sehen wir, daÿ n x X xk e − <ε k! Sicher sind die Funktion k=0 für jedes >0 und genügend groÿes Fazit: ex = ∞ X xk k=0 denn für n. k! für alle x∈R x = 0 ist diese Gleichung mit der Konvention 00 = 1 trivialerweise richtig. Spezialfall: e = e1 = ∞ X 1 = 2.718281828459 . . . k! k=0 Seite 89 Mathematik für Geowissenschaftler Taylorentwiclung von sin und cos: Sei zunächst einmal x 6= 0. Wir betrachten ˆ ˆ 1 n Sn = 0 (1 − t) cos(xt)dt Partielle Integration liefert für Sn = (1 − t)n xSn = nCn−1 . sin(x) = xS0 . also analog erhält man und Cn = 0 n ≥ 1: 1 n sin(xt)|10 + x x ˆ xCn = 1 − nSn−1 und xSn = nCn−1 = (1 − t)n sin(xt)dt 1 0 Direkte Integration liefert beiden Formeln, so erhalten wir: 1 (1 − t)n−1 sin(xt)dt S0 = 1 x sin(xt)|10 = cos(x) = 1 − xC0 . 1 x sin(x), Kombinieren wir diese 1 [n − n(n − 1)Sn−2 ] ⇒ x x2 Sn = n − n(n − 1)Sn−2 und xCn = 1 − nSn−1 = 1 − n · 1 · (n − 1)Cn−2 ⇒ x x2 Cn = x − n(n − 1)Cn−2 Diese beiden Gleichungen können auf die folgende Formen gebracht werden: xn−1 Sn−2 xn−1 xn+1 Sn = − (n − 2)! (n − 1)! n! und xn xn+1 Cn xn−1 Cn−2 = − (n − 2)! n! n! Damit erhalten wir: sin(x) = xS0 = x2−1 S2−2 x3 = x − S3 (2 − 2)! 3! setzt man das fort, so erhält man sin(x) = x x3 x5 x7 − + − + ... 1! 3! 5! 7! Seite 90 also Mathematik für Geowissenschaftler +(−1)n−1 x2n−1 x2n+1 + (−1)n+1 S2n+1 (2n − 1)! (2n + 1)! Wir betrachten den Betrag des Fehlers ´1 2n+1 2n+1 x R2n−1 (x) := (−1)n+1 (2n+1)! S2n+1 : Da 2n+1 S2n+1 = 0 (1−t) cos(xt)dt und (1−t) und cos(xt) beide auf dem Intervall [0, 1] nach oben durch 1 (und nach unten durch 0und -1) beschränkt sind, gilt |x|2n+1 |S2n+1 | beliebig klein für genügend groÿes n. |S2n+1 | < 1. Ist x ∈ R, so wir (2n+1)! Also gilt: sin(x) = ∞ X (−1)k k=0 x2k+1 (2k + 1)! für alle Diese Gleichung gilt aber oensichtlich auch für x ∈ R6=0 x = 0. Analog erhält man für den Kosinus: cos(x) = ∞ X (−1)k k=0 x2k (2k)! für alle x∈R Bemerkung: Oensichtlich ist die Tangente an den Sinus in 0 : 0 + 1(x − 0), der 1. Weiter ist wegen cos π2 + x π de Kosinus im Punkt 2 die Steigung −1. Analog sieht man, daÿ des Kosinus in 0 ist. Sinus hat also in 0 die Ableitung = − sin(x) hat 0 die Steigung Man kann nun leicht überprüfen, daÿ für alle in diesem Kapitel behandelten Funktionen gilt: f (x) = ∞ X f (k) (0) k=0 k! xk 0 1 −1 f (x) = 1−x tun. Es ist (1 − x) = 0 2 −2 −3 (1 − x) = −2(1 − x) (−1) = (1−x)3 und Wir wollen das hier nur exemplarisch für −(1 − x)−2 · (−1) = allgemein f (k) (x) = 1 (1−x)2 und k! . Damit ist also (1−x)k f (k) (0) = k!, hauptung. Seite 91 also ergibt sich die Be- Mathematik für Geowissenschaftler 1.11.4 Formale Potenzreihen und Konvergenz Erinnerung: Ein Ausdruck der Form ∞ X ak xk ∞ X oder k=0 k=0 ak (x − a)k ak ∈ R heiÿt formale Potenzreihe oder unendlich langes Polynom. P∞ P∞ k k Seien a = k=0 ak x und b = k=0 bk x zwei Potenzreihen. Wir denieren mit a = b :⇔ ak = bk ∞ X a + b := für alle k ∈ N0 (ak + bk )xk k=0 und a · b := ∞ X ck x k mit ck := k X aj bk−j j=0 k=0 sowie λa := ∞ X λak xk k=0 Wir rechnen also mit Potenzreihen im wesentlichen wie gewohnt. Bemerkung: Trotz des zuletzt gesagten können wir aber in eine formale Potenzreihe nicht mehr beliebig Einsetzen und erwarten, daÿ ein eindeutiger (endlicher) Wert geliefert wird. Denition:1) Eine Potenzreihe falls P∞ k=0 ∞ X k=0 ak xk heiÿt absolut konvergent in x0 ∈ R , |ak x0 |k < ∞ x0 absolut konvergent, so existiert der Grenzwert S := {|a0 |, |a0 | + |a1 x0 |, |a0 | + |a1 x0 | + |a2 x20 |, . . .} ist dann 2) Ist die obige Potenzreihe in der Reihe: Die Menge nach oben beschränkt und das Supremum ∞ X k=0 |ak x0 |k := sup S existiert. Bemerkung: Leider werden eine Potenzreihe und ihr Grenzwert mit demselben Symbol bezeichnet. Daher muÿ dem Kontext entnommen werden, welche der beiden Bedeutungen jeweils gemeint ist. Seite 92 Mathematik für Geowissenschaftler Beispiele: 1) Die geometrische Reihe ausgewertet an der Stelle x0 = 101 ist absolut konvergent k ∞ X 1 = 1.111 . . . < ∞ 10 k=0 Es ist k ∞ X 1 1 10 = = 1 10 9 1 − 10 k=0 2) Die geometrische Reihe P∞ k=0 xk ist P∞ absolut konvergent für Bemerkung: Ist die Potenzreihe |x| < 1. k konvergent, so läÿt sich k=0 ak x in x absolut P∞ k der Potenzreihe ein eindeutiger Wert zuordnen: Ist L := k=0 |ak x |, so ist, wegen P∞ k k k 0 ≤ ak x + |ak x | ≤ 2|ak x |, 0 ≤ k=0 ak + |ak | ≤ 2L. Daher ist ∞ X ak xk := k=0 ∞ X k=0 ak xk + |ak xk | − ∞ X k=0 |ak xk | Dabei sind die beiden Potenzreihen auf der rechten Seite absolut konvergent. Bemerkung: Wir hatten bei Polynomen festgestellt, daÿ f (X) = f (k) (a) k=0 k! (x− a)k (Taylorentwicklung) gilt. Ist nun nun f eine beliebige Funktion, die unendlich P∞ f (k) (a) k oft dierenzierbar ist, so kann man den Ausdruck k=0 k! (x − a) bilden. Die P∞ f (k) (a) k Honung ist nun, daÿ f (x) = k=0 k! (x − a) gilt. Dies kann allerdings so nicht allgemein richtig sein, wie das obige Beispiel der geometrischen Reihe zeigt: P∞ k 1 Für |x| > 1 ist k=0 x . 1−x 6= Haupsatz über formale Potenzreihen: R, a + R), R ∈ [0, ∞] ∞ X k=0 mit: ak (x − a)k Zu a ∈ R konvergiert absolut für alle Pn gibt es ein Intervall (a − x ∈ (a − R, a + R) Über das Verhalten in den Randpunkten kann keine allgemeine Aussage gemacht werden. Wir begründen das hier nur für zwei wichtige Spezialfälle Quotientenkriterium: Ist für alle k ∈ N0 dann ist die Potenzreihe in dem Intervall Grund: Es sei die Potenzreihe und ein 0 ≤ q < 1, ∞ X k=0 so gilt; (a P∞ |ak | |ak−1 | − 1q , a < q für ein q , mit 0 ≤ q < 1, + 1q ) absolut konvergent. ak xk gegeben. |ak | ≤ q |a0 |. Damit gilt: |ak (x − a)k | ≤ ∞ X k=0 k=0 k Ist |a0 |q k |(x − a)k | = a0 Seite 93 |ak | ≤ q|ak−1 | ∞ X k=0 |q · (x − a)|k für alle k Mathematik für Geowissenschaftler Die rechte Seite ist (a − 1 q,a + 1 a0 1−|q·(x−a)| für 1 q ). |q(x − a)| < 1 Bemerkung: Es genügt, daÿ die Bedingung ist für |ak | |ak−1 | bzw. <q für alle b0 := an0 , . . . , bk := an0 +k ∞ X k=0 |ak (x − a)k | = nX 0 −1 |ak (x − a)k | + |x − a|n0 k=0 Dann gilt also die obige Abschätzung für die Potenzreihe |ak | sogar |ak−1 | < ε für jedes beliebige ε > 0 ab einem radius ∞, also das Konvergenzintervall R. Wurzelkriterium: Ist in dem Intervall Grund: Es gilt: ∞ X k=0 1 q , also k ≥ n0 x ∈ gilt. Dann |bk (x − a)|k P∞ k=0 |bk (x − a)n0 |. Wird nε ∈ N0 , so ist der Konvergenz- p k |ak | < q für ein q , mit 0 ≤ q < 1, dann ist die Potenzreihe (a − 1q , a + 1q ) absolut konvergent. ∞ X k=0 für |x − a| < |q(x − a)| < 1, |ak (x − a)k | ≤ also ∞ X k=0 |q(x − a)|k = 1 1 − |q · (x − a)| 1 q. |x − a| < Bemerkung: Es gilt sinngemäÿ die gleiche Bemerkung, wie die im Anschluÿ an das Quotientenkriterium. Bemerkung: 1) Achtung: Der Konvergenzradius R kann 0 sein. Pech gehabt. 2) Selbst wenn die Potenzreihe im Hauptsatz absolut konvergiert, muÿ kein Zusammenhang zur Funktion bestehen. Satz: Eine Potenzreihe ist in jedem Punkt, in dem sie absolut konvergiert, dierenzierbar. Das Konvergenzintervall der abgeleiteten Potenzreihe ist identisch mit dem Intervall der Potenzreihe. Grund: Sei f (x) := f (x) = P∞ ∞ X k=0 = ∞ X k=0 k ak a + k=0 a k xk . ak ((x − a) + a)k = ∞ X ∞ X ak k=0 ! k−1 kak a k=0 (x − a) + k X k (x − a)l ak−l l l=0 ∞ X k X k (x − a)l ak−l l k=0 l=2 P∞ k−1 f (a) + (x − a), also f 0 (a) = k=0 kak a k−1 . Ist nun |ak | < q|ak−1 |, so gilt mit dem Quotientenkriterium für die k=0 kak a Wie bei Polynomen ist die Tangente P∞ Seite 94 Mathematik für Geowissenschaftler Reihe letzte k−1 P∞ k|ak ||x−a| k|ak ||x−a| k < q|x − a| k−1 . kak (x − a)k−1 : (k−1)|a k−2 = (k−1)|a k−1 | k−1 ||x−a| 1 Ausdruck wird < 1 für alle k , genau dann wenn |x − a| < . q k=0 Der Bemerkung: Formal gibt es also zu jedem Punkt eine Tangente, allerdings macht es wenig Sinn von der Steigung einer Funktion zu sprechen, die an dieser Stelle gar nicht deniert ist. Folgerung: Sei f (x) = P∞ k=0 ak xk für G(x) := |x| < r. Wir denieren ∞ X ak k+1 x k+1 k=0 Dann hat G(x) f (x) und G ist G0 (x) = f (x) für |x| < r. dasselbe Konvergenzintervall wie vall eine Stammfunktion von Grund: G hat irgendein Konvergenzintervall und f, also auf diesem Inter- Konvergenzintervall. Nach obigem Satz hat f dasselbe G0 (x) = f (x). Satz (Taylorentwicklung): Ist f : I ⊂ R → R eine unendlich oft dierenzierbare und a ∈ I, so lautet die Potenzreihenentwicklung von ∞ X f (k) (a) f (x) = k! k=0 f in a: (x − a)k Grund: Sei f (x) = P P∞ k 0 = k=0 ak (x−a) für |x| < r . Dann ist f (a) P=∞a0 . Es ist f (x)k−2 ∞ k−1 0 00 für |x| < r , also f (a) = a1 und f (x) = k=1 kak (x−a) k=2 k(k −1)ak x 00 (k) also f (a) = 2 · 1 · a2 und allgemein f (a) = k!ak oder eben ak = f (k) (a) k! Beispiel: 1) Für die geometrische Reihe gilt: ∞ X 1 xk = 1−x für alle x mit k=0 Wegen 1 ln(1 − x)0 = − 1−x = ln(1 − x) = − P∞ k=0 ∞ X k=0 xk |x| < 1 für |x| < 1 gilt: ∞ X xk 1 xk+1 = − k+1 k k=1 bzw. ln(1 + x) = ∞ X (−1)k+1 k=1 Seite 95 xk = k für |x| < 1 Mathematik für Geowissenschaftler x2 x3 x4 + − ± ... 2 3 4 x− 2) Wegen (ex )0 = ex gilt für ex = 3) Wegen sin(x) gilt mit |x| < 1 a=0: ∞ X e0 k=0 für k! ∞ X xk (x − 0)k = k=0 k! für alle x∈R sin(x)0 = cos(x), sin(x)(2) = − sin(x), sin(x)(3) = − cos(x) und sin(x)(4) = a=0: sin(x) = ∞ X sin(x)(k) (0) k! k=0 Genauso erhält man cos(x) = (x − 0)k = ∞ X (−1)k k=0 beides gilt für alle ∞ X (−1)k k=0 x2k+1 (2k + 1)! x2k (2k)! x ∈ R. 4) Es ist ∞ X 1 1 = = (−x2 )k = 1 + x2 1 − (−x2 ) k=0 ∞ X (−1)k x2k für k=0 |x| < 1 sin(x) 1 1+x2 , denn tan(x) = cos(x) und mit der Quotientenregel cos(x)2 +sin(x)2 = 1 + tan(x)2 . Mit der Formel für die Ableitung der ist tan(x) = cos(x)2 P∞ 1 1 0 2 k Umkehrfunktion ergibt sich: arctan(x) = k=0 (−x ) = 1+x2 = 1−(−x2 ) = P∞ k 2k für |x| < 1. Termweise Integration liefert: k=0 (−1) x Nun ist arctan(x)0 = arctan(x) = ∞ X k=0 5) Es ist arctan(1) = (−1)k x2k+1 2k + 1 für |x| < 1 π 4 also gilt: ∞ π X (−1)k 1 1 1 = = 1 − + − ± ... 4 2k + 1 3 5 7 k=0 Seite 96 Mathematik für Geowissenschaftler 1.12 Anhang A: Eigenschaften von streng monotonen Funktionen Beispiele: i) Sei (0, 0). m ∈ R.Der Graph der Funktion f : R → R, x 7→ m · x m 6= 0. ist eine Gerade durch Die Funktion ist genau dann bijektiv, wenn Grund: Ist x1 < x2 , so gilt f (x1 ) = m · x1 und f (x2 ) = m · x2 . Nun gilt aber für m > 0 : x1 < x2 ⇒ m · x1 < m · x2 bzw. für m < 0 : x1 < x2 ⇒ m · x1 > m · x2 . y x . Damit ist f (y) = m x := m m = x. √ ii) Die Funktion f : R≥0 → R≥0 , x 7→ x ist streng monoton steigend: √ √ √ √ 0 ≤ x1 < x2 , so folgte aus x1 ≥ x2 ≥ 0 sofort x1 2 = x1 ≥ x2 2 = x2 . Surjektivität: Ist y ∈ R, so denieren wir Die Funktion ist surjektiv, da jedes Element von iii) Die Funktion bijektiv. f : [0, 1] → [0, 1], x 7→ √ 1 − x2 R≥0 Ist eine Wurzel besitzt. ist streng monoton fallend und Satz: Ist f : I → I 0 eine streng monotone und bijektive Funktion, so existiert die Umkehrabbildung f −1 : I 0 → I, f −1 (y) = x ⇔ y = f (x) und f −1 ist wieder streng monoton und bijektiv. Grund: Seien y1 , y2 ∈ I 0 , mit y1 < y2 . OE sei f streng monoton steigend. Da f x1 , x2 ∈ I , mit y1 = f (x1 ), y2 = f (x2 ). Wäre x1 ≥ x2 , so −1 folgte mit der Monotonie von f : y1 = f (x1 ) ≥ f (x2 ) = y2 . Damit ist f streng monoton steigend und somit injektiv. Für x ∈ I betrachten wir y = f (x), also x = f −1 (y), also ist f −1 surjektiv. surjektiv ist, gibt es Lemma: Ein streng monotone Funktion f : [a, b] → R ist beschränkt. Grund: Für alle x ∈ [a, b] gilt a ≤ x ≤ b Ist K ein angeordneter Körper und ⇒ f (a) ≤ f (x) ≤ f (b) f : D → W, mit D, W ⊂ K, Bemerkung: Ist K ein angeordneter Körper, und f so heiÿt : D → W , mit D, W ⊂ K, x1 < x2 ⇒ f (x1 ) < f (x2 ) (streng monoton steigend) bzw. x1 < x2 ⇒ f (x1 ) > f (x2 ) (streng monoton fallend). Eine streng monotone Funktion ist injektiv (x1 < x2 ⇒ f (x1 ) 6= f (x2 ) in beiden Fällen). Die so heiÿt f streng monoton, falls gilt: Umkehrung gilt nicht. Beispiel: Seite 97 Mathematik für Geowissenschaftler y 1 y 0, 5 1 x 0, 5 1 x 1 −0, 5 1, 5 −0, 5 −1 −1 bijektiv, nicht streng monoton streng monoton (also injektiv), nicht surjektiv. Bemerkung: Beide Beispiele oben haben einen Sprungpunkt, d.h., daÿ ein komplettes Intervall im Zielbereich fehlt. wir wollen daÿ präzisieren. Denition: Sei f : [a,b] → R eine streng monotone Funktion. Dann hat f keinen Sprungpunkt, falls es zu jedem ε>0 ein δ>0 in [a, b] gibt, so daÿ |x − y| < δ ⇒ |f (x) − f (y)| < gilt. Diese Eigenschaft von f nennt man auch gleichmäÿige Stetigkeit. Lemma: Gilt für zwei nicht leere Mengen S1 , S2 : jedes Element von S1 ist kleiner als jedes Element von S2 , so gilt: sup S1 ≤ inf S2 . Grund: Jedes Element von S2 ist obere Schranke von S1 und jedes Element von S1 S2 . Das obige Supremum und Inmum existieren also. sup S1 > inf S2 . Dann gibt es ein x0 , mit sup S1 > x0 > inf S2 . x0 ist also keine obere Schranke für S1 und keine untere Schranke für S2 . Also gibt es Punkte x1 ∈ S1 und x2 ∈ S2 , mit: x1 > x0 und x2 < x0 , also x2 < x0 < x1 , was ist untere Schranke von Wir nehmen an: aber nicht sein kann. Folgerung: Eine streng monoton steigende Funktionf punkte ist bijektiv. : [a, b] → R ohne Sprung- Grund: Als streng monotone Funktion auf dem Intervall [a, b] ist f nun ein y ∈ [f (a), f (b)], mit y∈ / Bild(f ). injektiv. Sei Wir betrachten nun die Mengen Uy = {f (x)|f (x) < y}, Oy = {f (x)|f (x) > y} und Ux = {x|f (x) < y}, Ox = {x|f (x) > y} . Sicher gilt für x1 ∈ Ux und x2 ∈ Ox : f (x1 ) < y < f (x2 ) woraus wegen der strengen Monotonie x1 < x2 folgt. Weiter gilt Uy < Oy . Damit haben wir sup Ux ≤ inf Ox . Wäre sup Ux < inf Ox , so gäbe es x0 , mit sup Ux < x0 < inf Ox . Da f aber eine Funktion ist, muÿ f (x0 ) existieren. Für x0 gilt nun f (x0 ) < y oder f (x0 ) > y , d.h. x0 ∈ Ux oder x0 ∈ Ux . Zwischen sup Ux und inf Ox liegen aber keine Punkte von Ux oder Ox : Punkte aus Ux sind kleiner oder gleich sup Ux und Punkte aus Ox sind gröÿer oder gleich inf Ox . Fazit: sup Ux = inf Ox =: x0 Seite 98 Mathematik für Geowissenschaftler sup Uy ≤ f (x0 ) ≤ inf Oy (Wäre z.B. f (x0 ) < sup Uy , So wäre f (x0 ) Uy , es gäbe also f (x1 ) ∈ Uy , mit f (x1 ) ≥ f (x0 ), also x1 ≥ x0 . Damit wäre also x1 ≥ inf Ox . Damit ist x1 keine untere Schranke für Ox und es gibt x2 ∈ Ox , mit x2 < x1 . Daher ist f (x2 ) > y und f (x2 ) < f (x1 ) < y , Sicher ist keine obere Schranke von was nicht sein kann). sup Uy = inf Oy = f (x0 ) = y, was wegen y ∈ / Bildf nicht sein kann. Daher sup Uy < inf Oy . Dann hat f aber in [a, b] einen Sprungpunkt. Also lautet die Kontraposition: f ohne Sprungpunkte =⇒ f surjektiv. Ist nun ist Seite 99 Mathematik für Geowissenschaftler 1.13 Anhang B: Eigenschaften von Flächenfunktionen Satz: Sei f : [a, b] → R x, y ∈ [a, b]: f (x) ≥ 0. streng monoton steigend und Gilt für alle (y − x)f (x) < F (y) − F (x) < (y − x)f (y) und ist F (a) = 0, so ist F eindeutig bestimmt. F heiÿt dann Flächenfunktion von f. Grund: Wir betrachten den folgenden Fall: Sei f : [a, b] → R streng monoton steigend und f (x) ≥ 0 für alle Lemma: a < c < b ∧ a < d < b ⇒ |c − d| < b − a Grund: Nehmen wir an es gäbe eine eine weitere Funktion F̄ obige Ungleichungen erfüllt. Dann ist Setze: xk := a + k · Dann ist xk − xk−1 = c−a n , F (c) 6= F̄ (c) c−a n für für ein c x0 = a, xn = c. Die obigen Ungleichungen lauten: (xk − xk−1 ) · f (xk−1 ) < F (xk ) − F (xk−1 ) < (xk − xk−1 ) · f (xk ) Seite 100 F̄ (a) = 0, a < c ≤ b. mit mit k = 0, 1, . . . , n x ∈ [a, b] die Mathematik für Geowissenschaftler bzw.: c−a c−a · f (xk−1 ) < F (xk ) − F (xk−1 ) < · f (xk ) n n Summation über k = 1, . . . , n liefert: n−1 n X c−a X · f (xk ) < F (xk ) − F (xk−1 ) = n k=0 k=1 F (c) − F (a) < n c−a X · f (xk ) n k=1 Genauso erhält man: n−1 n X c−a X · f (xk ) < F̄ (xk ) − F̄ (xk−1 ) = n k=0 k=1 F̄ (c) − F̄ (a) < n c−a X · f (xk ) n k=1 Daher gilt nach obigem Lemma: |F̄ (c) − F (c)| < # n c−a c−a X · f (xk ) − f (xk−1 ) = · [f (c) − f (a)] n n " k=1 Und daher: n< für alle natürlichen Zahlen (c − a) · [f (c) − f (a)] |F̄ (c) − F (c)| n. Das kann aber wegen der Archimedizität von R nicht stimmen. Bemerkung: . Ist f (x) streng monoton fallend und nicht negativ gelten die obigen Ungleichungen mit > statt <. Für nicht positive Funktionen ergibt sich die Gültigkeit der analogen Ungleichungen aus: ⇔ −f (x) f (x) streng monoton steigend/fallend streng monoton fallend/steigend. Satz: Flächenfunktionen wie im obigen Satz sind streng monoton steigend. Grund: Seien x1 , x2 ∈ [a, b] und x1 < x2 und F die zu f gehörende Flächenfunk- tion. Dann gilt wegen der Monotonie: f (x1 ) < f (x2 ) und 0 < (x2 − x1 )f (x1 ) < F (x2 ) − F (x1 ) also F (x2 ) > F (x1 ). Seite 101 Mathematik für Geowissenschaftler y ∈ [F (a), F (b)] taucht als Wert F : [a, b] → [0, F (b)] ist also surjektiv. bf Satz: Jede Zahl funktion einer Fläche auf, die Flächen- bf Grund: Sei y ∈ (0, F (b)). Wir betrachten U := {x ∈ [a, b] | F (x) ≤ y} und O := {x ∈ [a, b] | F (x) ≥ y}. Wegen 0 = F (a) ≤ y ≤ b gilt a ∈ U und b ∈ O, also sind beide Mengen nicht leer. Auÿerdem sind U nach unten durch a und O nach oben durch b beschränkt. Es gibt also sup U und inf O . Es gilt sup U ≤ inf O , denn jedes Element aus O ist obere Schranke von U : Ist x ∈ U , also F (x) ≤ y ≤ F (s) für alle s ∈ O . Wegen der Monotonie von F ist also x ≤ s für alle s ∈ O . Genauso sind alle Elemente von U untere Schranken von O. Da F aber Flächenfunktion einer Funktion f ist, gilt für alle u ∈ U und o ∈ O : F (u) ≤ y ≤ F (o) und f (a)(o − u) < f (u)(o − u) < F (o) − F (u) < f (o)(o − u) < f (b)(o − u) Seite 102 2 Ergänzungen 103 Mathematik für Geowissenschaftler 2.0.1 E: Das Nim Spiel Es gibt n Haufen von Streichhölzern mit den Anzahlen x1 , . . . , x n . Der Spieler, der am Zug ist darf beliebig viele (aber mindestens eins) Streichhölzer aus einem (und nur einem Haufen) wegnehmen. Derjenige, der das letzte Streichholz nimmt hat gewonnen. Denition: Die Nimsumme zweier Zahlen x, y ∈ N0 P P ist wie folgt deniert: Seien n n i i b · 2 , a , b ∈ {0, 1} die Binärentwicklungen der a · 2 und x = i i i i i=0 i=0 beiden Zahlen (die kürzere mit führenden Nullen aufgefüllt, so daÿ beide gleich x= lang sind). Wir denieren die folgende Verknüpfung von Nullen und Einsen: ⊕ 0 1 0 0 1 1 1 0 und x ⊕ y := Pn i=1 (ai ⊕ bi ) · 2i . Dezimal Binär 5 5 101 7 7 111 5⊕7 2 010 Beispiel: Satz (Eigenschaften von ⊕): Seien x, y, z natürliche Zahlen (inklusive Null), und x= n X i=0 i ai · 2 , y = n X i=0 i bi · 2 , z = n X i=0 ci · 2i die Binärentwicklungen. Denition: Für x und y in der Binärentwicklung heiÿt x ⊕ y := n X (ai + bi )2i i=0 0 1 0 1 die Nimsumme von x und y . 1 0 Pn Pn i i 1) x ⊕ y = i=0 (ai + bi ) · 2 = i=0 (bi + ai ) · 2 = y ⊕ x (⊕ ist kommutativ) Pn Pn i i 2)(x ⊕ y) ⊕ z = i=0 [(ai + bi ) + ci ] · 2 = i=0 [ai + (bi + ci )] · 2 = x ⊕ (y ⊕ z) mit + 0 1 (⊕ ist assoziativ) 3) x⊕x= Pn i=0 (ai ⊕ ai ) · 2i = Pn i=0 0 · 2i = 0 Seite 104 Mathematik für Geowissenschaftler 3) 0 ist Neutralelement: x1, , . . . , xn Seien nun Pn 0⊕x= i=0 (0 + ai ) · 2i = x die Anzahlen vor dem Zug und y1 , . . . , y n die Anzahlen nach dem Zug. Weiter seien s = x1 ⊕ . . . ⊕ xn und t = y1 ⊕ . . . ⊕ yn die Nimsummen der Anzahlen. Wenn der Zug im Haufen k erfolgt ist, gilt: t=0⊕t=s⊕s⊕t = s ⊕ (x1 ⊕ . . . ⊕ xn ) ⊕ (y1 ⊕ . . . ⊕ yn ) = s ⊕ (x1 ⊕ y1 ) ⊕ . . . ⊕ (xn ⊕ yn ) = s ⊕ 0 ⊕ . . . ⊕ 0 ⊕ (xk ⊕ yk ) ⊕ 0 ⊕ . . . ⊕ 0 = s ⊕ xk ⊕ yk Also t = s ⊕ xk ⊕ yk (*). Lemma 1: Ist s = 0, so ist t 6= 0 unabhängig von der Art des Zuges Grund: t = 0 ⊕ xk ⊕ yk = xk ⊕ yk und xk 6= yk Lemma 2: Ist s 6= 0, dann gibt es einen Zug mit t = 0 Grund: Sei d die Position des höchsten Bits 6= 0 von s. Wähle k, So ein xk so daÿ das Bit von existiert: Wären alle Nimsumme Setze: d−te xk d−ten ebenfalls Bits der 6= 0 ist . xi = 0 , so auch das d−te Bit der s. yk := s ⊕ xk (**). Da xk die Anzahl der Hölzer vor dem Zug und yk die nach dem Zug ist, muÿ noch sichergestellt werden, daÿ der Spieler yk erreichen kann. Behauptung: yk < xk Grund: Alle oberhalb Nimsumme 0 der Stelle d in xk und yk sind gleich, da diese Bits der sind. d verringert sich von 1 d−te Bit von yk 0 sein). Bit auf 0 (das d−te Bit von und 2d verkleinert. Die restlichen P d−1 i i=0 2 aus. Nun gilt Hierdurch wird die Zahl um mal einen Unterschied von xk s ist 1, also muÿ das Bits machen aber maxi- (2 − 1)(1 + 2 + . . . + 2d−1 ) = (2 + . . . + 2d ) − (1 + 2 + . . . + 2d−1 ) = 2d − 1 Daher gilt Pd−1 i=0 2i = 2d −1 2−1 = 2d − 1 < 2d . Seite 105 Mathematik für Geowissenschaftler Also gilt die Behauptung. Der Spieler am Zuge kann also Dann gilt: t = s ⊕ xk ⊕ yk = s ⊕ xk ⊕ (s ⊕ xk ) xk − yk Streichhölzer wegnehmen. (wegen (*)) (wegen(**)) = (s ⊕ xk ) ⊕ (s ⊕ xk ) = 0 Fazit: Stellungen mit Nimsumme 0 sind für den Spieler, der an der Reihe ist, Verluststellungen. Grund: Verloren hat der Spieler, der, wenn er an der Reihe ist, ein leeres Spielfeld (Nimsumme 0) vorndet. Sein Gegner kann in allen vorherigen Spielzügen ihm immer eine Situation mit Nimsumme 0 Nimsumme 6= 0 Beispiel: präsentieren, da er immer eine vorndet. Das klassische Nimspiel startet mit 3 Haufen mit jeweils 3, 5 und 7 Streichhölzern Analyse des ersten Zuges: Startnimsumme 2 010 5 101 7 111 ⊕ 000 3 011 4 100 7 111 ⊕ 000 3 011 5 101 6 110 ⊕ 000 1 001 5 101 7 111 ⊕ 011 3 011 3 011 7 111 ⊕ 111 3 011 5 101 5 101 ⊕ 011 0 5 7 ⊕ 3 2 7 ⊕ 3 5 4 ⊕ 000 101 111 010 011 010 111 110 011 101 010 100 011 ⊕ 101 ⊕ 111 = 001 6= 0 3 011 1 001 7 111 ⊕ 101 3 011 5 101 3 011 ⊕ 101 3 011 0 000 7 111 ⊕ 100 3 011 5 101 2 010 ⊕ 100 3 5 1 ⊕ 011 101 001 111 3 011 5 101 0 000 ⊕ 110 Für den ersten Spieler ist es also möglich, durch wegnehmen eines einzigen Streichholzes aus einem der drei Haufen, seinem Gegner eine Nimsumme 0 zu präsentieren. Der der anfängt, gewinnt also (wenn er richtig spielt). Zum praktischen Spiel ist es nützlich zu wissen, daÿ folgende Konstellationen Nimsumme 0 haben: zwei gleiche Reihen, 1-2-3, genau einer fehlt (unabhängig von der Reihenfolge). Sind das alle? Wir betrachten die Nimsumme von drei Zahlen: 0 b1 c1 a2 b2 c2 a3 b3 c3 Seite 106 Mathematik für Geowissenschaftler b1 = c1 sein.Ist a = 0, b1 = c1 , b2 6= c2 , b3 6= c3 . Dies liefert b = c so muÿ muÿ die Zahlentripel (3,3,0),(3,1,2) und so a = 2, erhalten wir a = 1, erhalten wir schlieÿlich (1,1,0),(1,2,3),(1,5,4). (3,4,7),(3,5,6), welche unter die beschriebenen Fälle fallen. Ist (2,3,1),(2,0,2),(2,7,5),(2,4,6). Ist sein. Ist a = 3, In jedem Fall muÿ Es fehlten also noch die Fälle (2,4,6) und (1,5,4). Seite 107 Mathematik für Geowissenschaftler 2.0.2 E: Die reellen Zahlen als Dezimalzahlen Denition: Eine abbrechende Dezimalzahl ist ein Bruch der Form n 10k mit n∈Z k ∈ N. und Man beachte, daÿ die Division durch 10k nur eine Verschie- bung des Dezimalpunktes (-kommas) ist. Wir bezeichnen die Gesamtheit dieser Zahlen mit Da . Wir haben eine Addition und eine Multiplikation gegeben durch n2 10k2 n1 + 10k1 n2 n1 + = k k 10 1 10 2 10k1 +k2 und n1 n2 n1 n2 · = k1 +k2 10k1 10k2 10 Bemerkung:i) Es gelten alle Rechengesetze eines Körpers (da sie in Q gelten). Die einzige Ausnahme ist die Existenz von multiplikativen Inversen: n −1 10k = ∈ / Da k 10 n ii) Abbrechende Dezimalzahlen haben die Darstellung ±a0 .a1 a2 . . . an mit a0 ∈ N0 , a1, . . . an ∈ {0, 1, 2, . . . , 9} Bemerkung: i) Auf Da haben wir die lexikographische Ordnung (Telefonbuch- ordnung) für nicht negative Elemente: a0 .a1 a2 . . . an < b0 .b1 b2 . . . bm :⇔ Für Für negative Elemente ii) Ist l= Pn Denition: k=0 ak 10 k a, b gilt ein i gilt:a0 = b0 , . . . , ai−1 = bi−1 und ai < bi a < b ⇔ −a > −b. Pn = k=0 ak 10k−j l , so ist 10j Eine nicht abbrechende Dezimalzahl im Intervall [0, 1] ist ein Aus- druck der Form 0.a1 a2 a3 . . . mit ai ∈ {0, 1, . . . , 9}. Auf den Dezimalzahlen hat man auch die lexikographische Ordnung: 0.a1 a2 . . . ≤ 0.b1 b2 . . . :⇔ Zu jeder Dezimalzahl es existiert ein 0.a1 a2 . . . n ∈ N, mit a1 = b1 , . . . , an = bn , an+1 < bn+1 betrachten wir die Menge S := {0, 0.a1 , 0.a1 a2 , . . .} = {0, Seite 108 a1 a1 a2 , , . . .} ⊂ Q 10 100 Mathematik für Geowissenschaftler Die Elemente dieser Menge sind nach oben durch 1 beschränkt, besitzen also nach dem Supremumsaxiom eine kleinste obere Schranke. a := sup S ist also eine reelle Zahl. Sie heiÿt die durch die Dezimalentwicklung beschriebene reelle Zahl. Bemerkung: Die lexikographische Ordnung stimmt mit der Ordnung von R fast überein: Beispielsweise ist 0.357 < 0.36 in beiden Ordnungen. Aber ist 0.9̄ < 1 als reelle Zahlen? S = {0, 0.9, 0.99, . . .} Nein, denn das Supremum der Menge ist gleich 1. Grund: Sei s < 1. Dann ist 1 − s > 0. Auÿerdem ist 1 − 0. 9| .{z. . 9} = 10−k , wird k also beliebig klein. Also gilt irgendwann 1 − s > 1 − 0. 9| .{z . . 9} = 10−k k oder s < 0. 9| .{z . . 9} k Damit kann s keine obere Schranke von S sein. Ein zweites Argument: Nach obiger Denition ist 0.3̄ eine Zahl. Wenn wir uns erlauben wie gewohnt zu rechnen gilt: 3 · 0.3̄ = 0.3̄ + 0.3̄ + 0.3̄ = 0.9̄ Nun ist aber 0.3̄ = 1 3 , also 1 3 3 · 0.3̄ = 3 · Folglich gilt in den reellen Zahlen =1 0.9̄ = 1. 1 − 0.9̄ > 0, also insbesondere 6= 0. 1 6 0 ein multiplikatives Inverses, d.h. 1−0. = . 9̄ S = {0, 10, 100, 1000, . . .} ist aber unbeschränkt, kann also Ein drittes Argument: Wäre 0.9̄ < 1, so gälte In einem Körper haben aber Elemente Die zugehörige Menge keine reelle Zahl als Supremum haben. Wir werden also von nun an die Zahlen 0.49̄ und 0.5 (und ähnlich gelagerte Fälle) miteinander identizieren. Darüber hinaus lassen wir bei Zahlen, die in lauter Nullen enden diese einfach weg, also 0.50̄ = 0.5. Daÿ wir nun für ein und dieselbe Zahl verschiedene Symbole haben, sollte uns nicht stören (schlieÿlich ist ja auch 1 2 = 2 4 ). Seite 109 Mathematik für Geowissenschaftler Fazit: 1 2 = = 0.50̄ = 0.5 = 0.49̄ 2 4 Eine beliebige reelle Zahl als Dezimalzahl erhalten wir durch: natürliche Zahl+Dezimalzahl zwischen 0 und 1 Negative Dezimalzahlen sind dann einfach die additiven Inversen von positiven Dezimalzahlen. Denition: Eine beliebige nichtnegative Dezimalzahl ist ein Ausdruck der Form a0 + 0.a1 a2 . . . mit a0 ∈ N und a1 , a2 , . . . ∈ {0, 1, . . . , 9}. Wir ersetzen eine Dezimalzahl, die in a0 .a1 ....an 9̄ einer unendlichen Folge von Neunen endet, also der Form durch die Dezimalzahl mit an < 9 a0 .a1 a2 . . . an−1 (an + 1)0̄. Satz: Die nicht negativen Dezimalzahlen erfüllen das Supremumsaxiom. Grund: Sei S eine nicht leere Teilmenge von Dezimalzahlen, welche nach beschränkt ist. Wir sammeln alle Vorkommastellen a0 ∈ N. Diese sind, da oben S be- schränkt ist ebenfalls beschränkt. Eine nach oben beschränkte Menge von natürlichen Zahlen hat aber ein gröÿtes Element. Dieses nennen wir der Dezimalzahlen in in S0 ) S , die mit b0 anfängt. Jede Zahl in ist daher kleiner als jede Zahl in S\S0 b0 . Sei S0 die Menge (also in S und nicht S0 . Als nächstes betrachten wir die Menge aller Dezimalzahlen mit derselben höchsten Dezimalstelle b0 .b1 b1 und nennen diese . Wiederum ist jede Zahl in S1 . S S1 beginnen mit S1 . Setzt man dies fort, D.h. alle Dezimalzahlen in kleiner als jede Zahl in so erhält man eine Sequenz von Mengen S ⊃ S0 ⊃ S1 ⊃ S2 ⊃ . . . ⊃ Sn ⊃ . . . Man beachte, daÿ alle diese Mengen nicht leer sind und daÿ alle Zahlen in kleiner kleiner als alle Zahlen in Sn S\Sn sind. Der ganze Prozess beschreibt also nun die Dezimalentwicklung einer eindeutig bestimmten Zahl b = b0 .b1 b2 . . . bn bn+1 . . . b und b0 , so müÿten Sichel an einer Stelle 0 unterscheiden bn 6= bn . Dann wäre aber eine von beiden kleiner, also im n − ten Schritt aussortiert worden). Wir zeigen nun, daÿ dieses b das Supremum von S (Gäbe es zwei verschiedene Zahlen ist. Zunächst einmal ist a0 < b0 , so ist a < b. b eine obere Schranke für Ansonsten ist a0 = b0 S: Sei a = a0 .a1 a2 . . . ∈ S . Ist und wir vergleichen die ersten beiden Seite 110 Mathematik für Geowissenschaftler Nachkommastellen. Entweder ist a1 < b1 (und damit a < b) oder a1 = b1 und a < b oder wir untersuchen die zweiten Nachkommastellen usw. Insgesamt ist also a = b, also ist b S. eine obere Schranke für Um zu zeigen, daÿ b die kleinste obere Schranke von Dann unterscheidet sich t an irgendeiner Stelle n von S ist, wählen b, also wir ein t < b. t = b0 .b1 . . . bn−1 tn tn+1 . . . und tn < bn . Aber dann liegt t nicht in Sn und Sn enthält Zahlen gröÿer als t. 2.0.2.1 Der Wert von Dezimalzahlen Wir betrachten die Dezimalzahl a = 0.a1 a2 . . . . Natürlich haben wir immer die folgende Interpretation vor Augen: a= ∞ X k=1 ak · 10−k Nun ist dies eine unendliche Summe. Wie kann dadurch ein endlicher Wert deniert werden? Dazu betrachten wir allgemeiner die folgenden Ausdrücke: ∞ X ak xk k=1 So etwas nennt man auch eine Potenzreihe. Oensichtlich kann man nicht erwarten, x ein endliches Ergebnis liefert. Wählen wir z.B. P∞ k=1 1. Unendlich oft die 1 aufaddiert liefert aber sicherlich keine endliche Zahl. Erst recht natürlich nicht für x > 1. Wir müssen also für ak , x ≥ 0 fordern: ∞ X ak xk < ∞ daÿ die für beliebige Werte von ak = 1 und x = 1, so erhalten wir k=1 2.0.2.2 Probleme mit Dezimalzahlen Geben Sie einmal folgendes in Ihren Taschenrechner ein: √ 2 · 10−100 − 10−100 Jeder moderne Taschenrechner wird Ihnen mit ”0” antworten. Schauen wir uns mal die Konsequenzen an: √ √ 2 · 10−100 − 10−100 = ( 2 − 1) · 10−100 = 0 Seite 111 Mathematik für Geowissenschaftler Division von 10−100 auf beiden Seiten liefert: √ 2 − 1 = 0, also √ 2=1 was natürlich völliger Unfug ist. Was ist nun aber ist wohl: √ 2 , also die positive Zahl, die quadriert die positive Nullstelle des Polynoms Die Antwort 2 √ x2 − 2. √ 2 2 ergibt. Oder noch deutlicher: ? Die beste Antwort darauf 2 = 1.41421356 ist falsch, denn 1.414213562 = 1.999999993287874 6= Seite 112 Mathematik für Geowissenschaftler 2.0.3 E:Kombinatorik, die Kunst des gepegten Zählens In diesem Abschnitt werden wir ausschlieÿlich Mengen mit endlich vielen Elementen betrachten. Wir bezeichnen mit #A die Anzahl der Elemente der Menge A. 2.0.3.1 Einfache Zählformeln Satz: Für zwei Mengen A und B gilt: #(A ∪ B) = #A + #B − #(A ∩ B) Grund: Die Menge A∪B setzt sich aus den drei disjunkten (d.h. mit leerem A\(A ∩ B), A ∩ B, B\(A ∩ B) Schnitt) Mengen zusammen: . Es ist ; #(A ∪ B) = #(A\(A ∩ B)) + #(A ∩ B) + #(B\(A ∩ B)) = #A − #(A ∩ B) + #(A ∩ B) + #B − #(A ∩ B) = #A + #B − #(A ∩ B) Denition: i) Für zwei Mengen (auch unendlich groÿe) M und N ist das Kreuzprodukt aus M M ×N deniert als Menge aller Paare, deren erster Eintrag ein Element ist und deren zweiter Eintrag ein Element aus ii) Für Mengen M1 , . . . , M n N ist M1 × . . . × Mn := {(m1 , . . . , mn )|mi ∈ Mi die Menge aller n−Tupel iii) Für eine Menge M ist. mit dem Eintrag an der füri i−ten = 1 . . . n} Stelle in Mi . ist M n := M × . . . × M | {z } n−mal Beispiel: Ist A = {1, 2, 3}und B = {x, y}, so ist A × B = {(1, x), (2, x), (3, x), (1, y), (2, y), (3, y)} Satz: #(A × B) = #A · #B Grund: Wählt man Element aus A an der ersten Stelle, so hat man #B viele Möglichkeiten für die zweite Stelle. Da man das für jedes Element an der ersten #A · #B Qn #(M1 × . . . × Mn ) = k=1 #Mi Stelle machen kann, hat man Satz: viele Möglichkeiten. Seite 113 Mathematik für Geowissenschaftler Beispiel: Die PIN einer EC-Karte besteht aus vier Ziern 10 · 10 · 10 · 10 = 10000 0 . . . 9. Es gibt also PINs. Denition:Sei B:={0,1}. Eine binäres n−Tupel ist eine Element aus B n . Bemerkung: Binäre n−Tupel lassen sich leicht zählen. Es ist #B n = 2n . Satz: n Objekte lassen sich auf n! viele Weisen anordnen Grund: Für die erste Position bestehen n Möglichkeiten, für die zweite n − 1 etc. Für die letzte Position besteht nur eine Möglichkeit. Insgesamt also n · (n − 1) · . . . · 1 = n! 2.0.3.2 Teilmengen Denition: Die Menge aller Teilmengen einer Menge A wird mit P(A) bezeichnet A. und heiÿt Potenzmenge von bf Beispiel: Ist A = {a, b, c}, so ist P(A) = {∅, {a}, {b}, {c}, {a, b}, {a, c}, {c, b}, {a, b, c}} Satz: Jede n−elementige Menge hat genau 2n Teilmengen. Grund: Wir nummerieren die Elemente der Menge M beliebig: M = {m1 , m2 , . . . , mn } Sei M0 eine Teilmenge von n−Tupel M. Wir ordnen der Teilmenge wie folgt ein binäre zu: (b1 , b2 , . . . , bn ) ∈ B n mit ( bi = 1 0 falls falls Umkehrt bestimmt so auch jedes binäre binäre M0 n−Tupel M Die Anzahl der menten wird mit n−Tupel eine Teilmenge von M. Zwei sind genau dann gleich, wenn die so zugeordneten Teilmengen gleich sind. Teilmengen von Denition: mi ∈ M 0 mi ∈ / M0 gibt es aber 2n k−elementigen n k viele. Teilmengen einer Menge mit n Ele- bezeichnet und heiÿt Binomialkoezient. Satz: (1 + x)n = n X n xk k k=0 Grund: Es ist (1 + x)n = (1 + x)(1 + x) · . . . · (1 + x). Zum Ausmultiplizieren wählt man aus jedem Faktor einmal eine 1 oder ein Seite 114 x. Wir betrachten wieder das binäre Mathematik für Geowissenschaftler n−Tupel (b1 , b2 , . . . , bn ) ∈ B n mit ( 1 falls im i − ten bi = 0 falls im i − ten Um also xk Faktor Faktor k−mal x zu erhalten, muÿ man also genau muÿ das binäre n−Tupel k genau xgewählt wurde 1gewählt wurde ausgewählt haben. Also Einsen haben. Dies entspricht aber (s.o.) einer k−elementigen Teilmenge einer n−elementigen Menge. Also gibt es n k viele. Allgemeiner binomischer Satz: (x + y)n = n X n k=0 Grund: Für y 6= 0 gilt yn (1 + xy )n Ist y = 0, = yn k xk y n−k Pn n k=0 k so ist die Gleichung trivialerweise richtig. Satz: n k = x k y = Pn k=0 n k xk y n−k . n! (n − k)!k! Grund: Es sei M 0 ⊂ M eine k−elementige Teilmenge einer n−elementigen Menge. Wir ordnen die Elemente von M0 beliebig an: M 0 = {m1 , . . . , mk } m1 n Möglichm2 (n−1) Möglichkeiten und schlieÿlich für mk (n−k+1) Möglichkeiten. Da Elemente in einer Menge nicht mehrfach vorkommen, gibt es für keiten, für Insgesamt also n · (n − 1) · . . . · (n − k + 1) = n! (n − k)! Da bei Mengen die Reihenfolge irrelevant ist, ergibt sich n k = n! (n−k)! k! = n! (n − k)!k! Beispiel: Beim Samstagslotto werden 6 Kugeln aus 49 gezogen. Die Kugeln werden nicht zurückgelegt, die Reihenfolge ist irrelevant. Es wird also eine Teilmenge aus einer 49−elementigen gezogen. Davon 49 = 13983816 6 Seite 115 gibt es 6−elementige Mathematik für Geowissenschaftler 1 viele. Die Wahrscheinlichkeit für sechs Richtige ist also ca. zu 14 Millionen. Satz: Die Anzahl der ungeordneten Auswahlen mit Wiederholung von k Objekten aus einer Menge von n Objekten ist n+k−1 k Grund: Wir konstruieren eine eineindeutige Zuordnung (d.h. eine bijektive Abbildung) zwischen i) allen ungeordneten Auswahlen mit Wiederholung von ii) der Menge aller binären (n + k − 1)−Tupel mit genau Wir hatten gesehen, daÿ die Anzahl aller binären n k k Objekten k Einsen n−Tupel mit genau k Einsen ist. Die Anzahl aller binären (n+k−1)−Tupel mit genau k Einsen ist also n+k−1 k M = {m1 , m2 , . . . , mn }. Wir betrachten k−Tupel in M k . In diesem k−Tupel sortieren wir die Objekte m1 nach ganz vorne, m2 dahinter usw. Zwischen die einzelnen Typen setzen wir jeweils eine 0 (gewissermaÿen als Nun zur Zuordnung. Es sei Trennzeichen). Beispiel: (m1 , m1 , 0, m2 , m2 , m2 , 0, 0, m4 ) ∈ {m1 , m2 , m3 , m4 }9 Nun ersetzen wir die Objekte durch Einsen, im Beispiel ergibt sich also: (1, 1, 0, 1, 1, 1, 0, 0, 1) d.h. also Blöcke von Einsen entsprechen Objekten desselben Typs Nullen entsprechen Trennzeichen zwischen Objekten verschiedenen Typs n − 1 Trennzeichen braucht um n Objekte zu trennen, hat jedes solche n − 1 Nullen. Da k Objekte ausgewählt werde, hat dieses Tupel genau k Einsen. Speziell handelt es sich also um ein n + k − 1−Tupel. Wir zählen also die Anzahl der n + k − 1−Tupel mit genau k Einsen. Da man Tupel genau Die Ergebnisse werden häug in der folgenden Form tabellarisch zusammengefaÿt: ohne Ber. der Reihenfolge ohne Zurückl. mit Zurückl. n k n+k−1 k mit Ber. der Reihenfolge n! (n−k)! = nk Seite 116 n k · k! Mathematik für Geowissenschaftler 2.0.4 E: Komplexe Zahlen Wir betrachten Zahlenpaare eine Multiplikation wie folgt: (a, b), (c, d) ∈ R2 und denieren eine Addition und (a, b) + (c, d) := (a + c, b + d) (a, b) · (c, d) := (a · c − b · d, a · d + b · c) Satz: R2 mit dieser Addition und Multiplikation erfüllt alle Körperaxiome. Dabei ist (0, 0) das additive Neutralelement und (1, 0) das multiplikative Neutralelement. (a, b) ist (−a, −b) und das multiplikative Inverse zu (a, b) 6= Das additive Inverse zu (0, 0) ist a −b a2 +b2 , a2 +b2 . Denition: Den obigen Körper der komplexen Zahlen nennen wir C. Bemerkung: Wir nden die reellen Zahlen in den komplexen Zahlen wieder: Wir betrachten die komplexen Zahlen (a, 0) und (b, 0) mit ist mit der komplexen Addition und Multiplikation: (a, 0) + (b, 0) = (a + b, 0) Wenn wir und wie folgt a, b ∈ R. Dann (a, 0) · (b, 0) = (a · b − 0 · 0, a · 0 + 0 · b) = (a · b, 0) 1 = (1, 0) und i = (0, 1) denieren, so läÿt sich jedes Paar (a, b) eindeutig schreiben als (a, b) = a · (1, 0) + b · (0, 1) = a · 1 + b · i = a + b · i Es ist i2 = (0, 1) · (0, 1) = (−1, 0) = −1. In dieser Schreibweise erhalten wir für die Addition und Multiplikation: a + b · i + c + d · i = a + c + (b + d) · i (a + b · i) · (c + d · i) = a · c − b · d + (a · d + b · c) · i Fazit: Wir können mit komplexen Zahlen im wesentlichen so rechnen, wie wir es gewohnt sind (unter Berücksichtigung von i2 = −1). Bemerkung: Der Körper der komplexen Zahlen kann nicht angeordnet werden. In einem angeordneten Körper gilt 2 2 i +1 =0 und Denition: i, 1 6= 0. Für eine komplexe Zahl die konjugiert komplexe Zahl Imaginärteil Lemma : a2 + b2 = 0 ⇒ a = b = 0. Im(z) := b ∈ R, Sei z, z1 , z2 ∈ C. z =a+b·i∈C mit In C gilt allerdings a, b ∈ R denieren wir z̄ := a − b · i, den √ Realteil Re(z) := a ∈ R, |z| := a2 + b2 den Betrag Dann gilt: z1 + z2 = z1 + z2 . z1 · z2 = z1 · z2 Seite 117 den Mathematik für Geowissenschaftler z∈R ⇔ z=z z=z Grund: Ist z1 = a + bi, z2 = c + di, so ist z1 + z2 = a + bi + c + di = a + c + (b + d)i = a + c − (b + d)i = a − bi + c − di = z1 + z2 und z1 · z2 = (a − bi) · (c − di) = ac − bd − (ad + bc)i = z1 · z2 . Die beiden restlichen Aussagen sind klar. Folgerung: Ist f (x) = und ist z∈C Pn k k=0 ak · x ein Polynom mit reellen Koezienten eine Nullstelle von f (x), also f (z) = 0, so gilt: 0 = f (z) = f (z) = n X k=0 Also ist mit z auch z ak · z k = eine Nullstelle von n X k=0 f (x). ak · z k = n X k=0 ak ∈ R ak · z k Komplexe Nullstellen von reellen Polynomen treten also immer paarweise auf. Lemma: Sei z = a + b · i, z1 , z2 ∈ C. Dann gilt: |z| = √ z · z, |z1 · z2 | = |z1 | · |z2 |. |z|2 = a2 + b2 Re(z) = z+z z−z , Im(z) = 2 2i Grund: Für z = a + bi ist z · z = (a + bi) · (a − bi) = a2 + b2 und |z1 · z2 | = (∗)Satz: √ z1 · z2 · z1 · z2 = Jedes Element von C √ z1 · z1 · z2 · z2 = |z1 | · |z2 | ist ein Quadrat. Grund: 1.Fall: Ist z = a ∈ R, so ist Ist z = a + b · i ∈ C, b 6= 0, √ 2 a =a für z ≥ 0, (i · |z| = 1 = a2 + b2 , so s √ a + a2 + b2 ζ := 2 mit s η := sgn(b) −a + a)2 = a denieren wir: √ a2 + b2 2 Dann ist (ζ + η · i)2 = ζ 2 − η 2 + 2 · ζ · η · i Seite 118 √ für a<0 . Mathematik für Geowissenschaftler = a+ √ r √ a 2 + b2 −a + a2 + b2 b2 − + 2 · sgn(b) · i = a + sgn(b)|b|i 2 2 4 =a+b·i Weiter unten werden wir sehen, daÿ sich jede komplexe Zahl z =r·z r ∈ R≥0 mit und |z 0 | = 1. z schreiben läÿt als 0 Dann ist aber √ ( r · (ζ + ηi))2 = a + bi Warum diese Multiplikation? R2 Wenn wir fordern, daÿ mit einer Multiplikation zu einem Körper wird und |z1 · z2 | = |z1 | · |z2 | für alle z1 , z2 ∈ R2 gilt. dann erhalten wir: √ √ |1| = |1 + 0 · i| = 12 + 02 = 1 und |i| = |0 + 1 · i| = 02 + 12 = 1 √ √ Weiter ist |1 ± i| = |1 ± 1 · i| = 12 + 12 = 2 Nun ist: Wegen i2 = a + b · i |i2 | = |i| · |i| = 1 · 1 = 1 ist a2 + b2 = 1 Wegen der Körperaxiome gilt aber: (1 − i) · (1 + i) = 12 − i2 = 1 − a − b · i = (1 − a) − b · i Norm bilden auf beiden Seiten liefert: √ 2· also √ √ 2= 2= sich zieht. p √ (1 − a)2 + b2 = 1 − a, mithin √ 1 − 2 · a + a2 + b2 = a = −1, √ 2−2·a was wiederum, wegen Damit haben wir folgende Multiplikationstabelle: · e i e e i a2 + b2 = 1, b = 0 nach i i −e Für die Multiplikation ergibt sich daher: (a·e+b·i)·(c·e+d·i) = a·c·e2 +a·d·e·i+b·c·i·e+b·d·i2 = (a·c−b·d)·e+(a·d+b·c)·i (*) Matrizenrealisierung: Wir können komplexe Zahlen auch als 2×2−Matrizen darstellen: z =a+b·i≈ Dann ist und a −b a −b b a b a + c −d c · −d d c d c = a −b = Seite 119 b a a+c b+d −(b + c) a + c ac − bd ad + bc −(ad + bc) ac − bd Mathematik für Geowissenschaftler Polarkoordinaten z = a+bi kann √ man als Punkt der Ebene betrachten. Dann hat r := a2 + b2 = |z| zum Nullpunkt und schlieÿt einen Winkel ϕ ∈ [0, 2π) mit der positiven x−Achse ein. Es ist aus elemtargeometrischen Gründen: a = r · cos(ϕ) und b = r · sin(ϕ). Wir haben also insgesamt: Jede komplexe Zahl diese Punkt den Abstand z = |z| · (cos(ϕ) + sin(ϕ) · i) Die Gröÿen |z| und ϕ Kurzschreibweise: sind die Polarkoordinaten von z. ei·ϕ := cos(ϕ) + sin(ϕ) · i Additionstheoreme für sin und cos: cos(α + β) = cos(α) · cos(β) − sin(α) · sin(β) sin(α + β) = sin(β) · cos(α) + sin(α) · cos(β) Grund: Wir betrachten die folgende Konstruktion U = (cos(α + β), sin(α + β)) P = (cos(α), sin(α)) β α T = (1, 0) −β R = (cos(−β), sin(−β)) Mit den folgenden Bezeichnungen gilt dann cos(α) =: p, sin(α) =: q cos(α + β) =: u, sin(α + β) =: v cos(−β) =: r, sin(−β) =: s Seite 120 p2 + q 2 = 1 u2 + v 2 = 1 r2 + s2 = 1 Mathematik für Geowissenschaftler Es gilt (Drehung um den Winkel β): 2 UT = PR 2 ⇔ (u − 1)2 + v 2 = (p − r)2 + (q − s)2 ⇔ u2 − 2u + 1 + v 2 = p2 − 2pr + r2 + q 2 − 2qs − s2 ⇔ −2u + 2 = 2 − 2pr − 2qs ⇔ u = pr + qs ⇔ cos(α + β) = cos(α) · cos(β) − sin(α) · sin(β) Die andere Beziehung erhält man aus sin(α + β) = cos π 2 − (α + β) Aus den Additionstheoremen erhält man: eiϕ · eiψ = (cos(ϕ) + i sin(ϕ)) · (cos(ψ) + i sin(ψ) = cos(ϕ) · cos(ψ) − sin(ϕ) · sin(ψ)+ i(cos(ϕ) · sin(ψ) + sin(ϕ) · cos(ψ) = cos(ϕ + ψ) + i sin(ϕ + ψ) = ei(ϕ+ψ) Beispiel n-te Einheitswurzeln: Sei ζn := e (ζnk )n für = ζnkn k·2πi =e 2π n i. Dann gilt: = cos(k2π) + i sin(k2π) = 1 k = 1, . . . , n. Fundamentalsatz der Algebra: Sei f (x) = Koezienten ak ∈ R. Dann läÿt sich f (x) Pn k k=0 ak x ein Polynom mit reellen darstellen als: f (x) = (x − λ1 ) · . . . · (x − λk )· (a1 · (x + b1 )2 + c1 ) · . . . · (al · (x + bl )2 + cl ) mit λj ∈ R Dabei sind und aj , bj , cj ∈ R λ1 , . . . , λ k mit aj · cj > 0 die reellen Nullstellen von f (x). Die Faktoren aj ·(x+bj )2 +cj entsprechen den Paaren konjugiert komplexer Nullstellen. Beispiel: Das Polynom f (x) = x3 − 1 hat oensichtlich in x = 1 eine Nullstelle. Division mit Rest liefert: ((x + 1 2 2) + 3 4) x3 − 1 = (x − 1) · (x2 + x + 1). Seite 121 Dabei ist (x2 + x + 1) = Mathematik für Geowissenschaftler Seite 122 Mathematik für Geowissenschaftler 2.0.5 E: Der Haupsatz der Mineralogie Satz: In einem Kristall gibt es nur 1,2,3,4 und 6-zählige Symmetrien. Denition: Seien ~u, ~v 6= ~0 zwei Vektoren, die nicht auf einer Geraden liegen. Die Menge G := {p · ~u + q · ~v | p, q ∈ Z} heiÿt Gitter. Satz:Die folgende Transformation φ gegen den Uhrzeigersinn Winkel T Grund: Sei x y T x y T : R2 → R2 := cos(φ)x − sin(φ)y sin(φ)x + cos(φ)y p cos(ψ) x2 + y 2 . Dann ist , mit r = sin(ψ) r cos(ψ) cos(φ) cos(ψ) − sin(φ) sin(ψ) =r r sin(ψ) sin(φ) cos(ψ) + cos(φ) sin(ψ) und dem Winkel φ+ψ r cos(φ + ψ) sin(φ + ψ) mit der positiven Der ursprüngliche Vektor ist also um den Winkel φ , also ein Vektor mit x−Achse. gedreht worden. Die Umkehrung hiervon ist oensichtlich die Drehung um den Winkel T −1 x y cos(−φ)x − sin(−φ)y := sin(−φ)x + cos(−φ)y cos(φ)x + sin(φ)y − sin(φ)x + cos(φ)y Denition: Seien A, B 2 × 2−Matrizen, A = a c b d a c b d e · g a c b d f h := ae + bg ce + gd | {z } e =A g Seite 123 −φ : = , B= e g x1 ax1 + bx2 · = x2 cx1 + dx2 um den r ~x =r Das letzte ist nach den Additionstheoremen derselben Länge dreht einen Vektor af + bh cf + dh | {z } f =A h f h Mathematik für Geowissenschaftler Für λ∈R ist λ· a c b d λa λc = λb λd Die Spur eine Matrix ist deniert als: Spur( a c b d )=a+d Bemerkung: i) Mit der oben denierten Addition und Multiplikation mit Skalaren 2 × 2−Matrizen ein Vektorraum. 1 0 2) Die Einheitsmatrix E2 := ist Neutralelement 0 1 kation: A · E2 = E2 · A = A für alle 2 × 2−Matrizen A. ist die Menge der der Matrizenmultipli- Satz: Das Matrizenprodukt ist assoziativ, d.h. für 2 × 2−Matrizen A, B, C A(BC) = (AB)C Grund: Nachrechnen Achtung: Das Matrizenprodukt ist nicht kommutativ: 1 0 0 2 1 0 1 1 1 0 1 1 1 0 0 2 1 0 1 2 1 0 2 2 = = Allerdings sind die Spuren gleich. Es gilt: a c b d e · g f h ) = ae + bg + cf + dh e Spur( g f h a · c b d ) = ea + f c + gb + hd Spur( Weiter gilt: a c b d d −b ad − bc 0 = = −c a 0 ad − bc d −b a b · −c a c d Seite 124 gilt: Mathematik für Geowissenschaftler Denition: a c b d −1 1 := ad − bc d −b −c a Bemerkung: Es egibt sich mit dem oben gesagten: A · A−1 = A−1 A = E Mit der Matrizenschreibweise gilt: T x y = − sin φ cos φ cos φ sin φ x y Denition Eine (Dreh)-Symmetrie eines Gitters ist eine Drehung, die Gitterpunkte wieder auf das Gitter abbildet. Es muÿ also für eine Symmetrie des Gitters gelten: Für alle mit: p, q ∈ R gibt es r, s ∈ Z, T (p · ~u + q · ~v ) = r · ~u + s · ~v Speziell gelte: T (~u) = r1 ~u + s1~v T (~v ) = r2 ~u + s2~v Es ist: = cos φ sin φ cos φ sin φ − sin φ cos φ − sin φ u1 · cos φ v1 u1 v1 u2 v2 cos φ sin φ − sin φ cos φ u2 v2 = (T (~u)|T (~v )) = (r1 ~u + s1~v |r2 ~u + s2~v ) = r1 u1 + s1 v1 r1 u2 + s1 v2 r2 u1 + s2 v1 r2 u2 + s2 v2 = u1 u2 v1 v2 r1 s1 r2 s2 Multiplizieren wir den ersten und den letzten Ausdruck von links mit u1 u2 v1 v2 so erhalten wir: 1 u1 v2 − v1 u2 v2 −u2 −v1 u1 cos φ − sin φ u1 · sin φ cos φ u2 Wir müssen allerdings noch sicherstellen, daÿ Seite 125 v1 v2 u1 v2 − v1 u2 6= 0 = ist. r1 s1 r2 s2 , Mathematik für Geowissenschaftler u1 v2 − v1 u2 = 0 Wäre , ist im Falle v1 , u1 6= 0. v2 u2 = v1 u1 die durch zeigt ~v ~u und Geraden liegen. für ~v v1 = 0, so u1 6= 0, da ~u und ~v nicht auf einer ~v = ~0. Eine analoge Argumentation gilt beschriebenen Geraden haben dieselbe Steigung. Ist y−Achse. Dann Daher folgt v2 = 0, parallel zur ist aber also ~u. Nun gilt mit A := u1 v1 u2 v2 , B := cos φ −1 Spur det A B sin φ = Spur = Spur Aber die Spur der Matrix r1 s1 − sin φ cos φ r2 s2 und det A−1 := 1 u1 v2 −v1 u2 : − sin φ ·A cos φ − sin φ −1 det A BA cos φ cos φ sin φ cos φ sin φ −v1 u1 v2 −u2 1 0 0 1 = 2 cos φ r1 + s2 ∈ Z. ist Da gilt −1 ≤ cos φ ≤ 1 ist −2 ≤ 2 cos φ ≤ 2 Die ganzen Zahlen in diesem Bereich sind: {−2, −1, 0, 1, 2} Wir benötigen also die Winkel für (x, y). der auf dem (1, 0) den Abstand 1 es genau einen Punkt liegt und vom Punkt cos φ ∈ {0, ± 21 , ±1}. Zum Punkt (1, 0) gibt x−Achse Einheitskreis oberhalb der hat. Diese beiden Punkte bilden, zu- 1. Also hal[0, 1]. Somit gilt x = cos(φ) = 21 . Der Punkt (− 21 , y) hat vom Punkt (x, y) ebenfalls den Abstand 1. 1 2 2 2 2 Es gilt (− ) +(y −0) = x +y = 1. Wir haben also in den oberen Halbkreis drei 2 sammen mit dem Ursprung ein gleichseitiges Dreieck der Seitenlänge biert die Projektion des Punktes auf die x−Achse das Intervall solche Dreiecken eingeschrieben, was für den Vollkreis sechs Dreiecke bedeutet. Der π φ ist also 2π 6 = 3 (6-fache Symmetrie) . Eine ähnlich Konstruktion vom (−1, 0) aus liefert für cos φ = − 12 den Winkel φ = 2π 3 (3-fache Symmetrie) Winkel Punkt Seite 126 Mathematik für Geowissenschaftler 3π cos(φ) = 0 liefert die Winkel π2 = 2π 4 (4-fache Symmetrie) und φ = 2 (zu cos(φ) = ±1 gibt noch die Winkel φ = 0 und φ = π (2-fache Symmetrie). . Seite 127 groÿ). Mathematik für Geowissenschaftler 2.0.6 GPS und Verwandte 2.0.6.1 2D x und y . Zwei Signale gehen von (x, y) mit den Geschwindigkeiten v1 und v2 zum Zeitpunkt t1 und t2 aus. An den Orten (x1 , y1 ) und (x2 , y2 ) kommen Sie zu den Zeitpunkten t1 + ∆t1 und t2 + ∆t2 an. Symmetrisch dazu ist die Situation, daÿ die Signale von (x1 , y1 ) und (x2 , y2 ) ausgehen und bei (x, y) ankommen. p (x − x2 )2 + (y − y2 )2 . Die Entfernung von (x, y) zu (xi , yi ) ist Die eigenen (zu ermittelnden) Koordinaten seien dem Ort (x − x1 )2 + (y − y1 )2 = (∆t1 · v1 )2 ∧ (x − x2 )2 + (y − y2 )2 = (∆t2 · v2 )2 Dies sind also zwei Kreise in der Ebene, die sich schneiden müssen. Die Aufgabe ist es also ein Gleichungssystem der Form (x − x1 )2 + (y − y1 )2 = b1 ∧ (x − x2 )2 + (y − y2 )2 = b2 (∗). zu lösen. Nun ist es schwierig, ein nicht lineares Gleichungssystem zu lösen (das ist Gegenstand aktueller Forschung). Glücklicherweise hat das Gleichungssystem (*) eine spezielle Gestalt, die wir ausnutzen können. Ausmultipliziert lautet es: x2 − 2xx1 + x21 + y 2 − 2yy1 + y12 = b1 ∧ x2 − 2xx2 + x22 + y 2 − 2yy2 + y22 = b2 Lemma: Ist chungssystem f (x, y) = b1 , g(x, y) = b2 ein Gleichungssystem, so hat das Gleif (x, y) = b1 , f (x, y) − g(x, y) = b1 − b2 die gleiche Lösungsmenge. Grund: Sei (a, b) eine Lösung des ersten System, dann ist auch sicher eine Lösung (a, b) eine Lösung des zweiten Systems, so gilt f (a, b) = b1 und f (a, b) − (f (a, b) − g(a, b)) = b1 − (b1 − g(a, b)) = g(a, b) und f (a, b) − (f (a, b) − g(a, b)) = f (a, b) − (b1 − b2 ). also ist g(a, b) = b1 − (b1 − b2 ) = b2 , womit (a, b) auch das zweite Gleichungssystem löst. des zweiten Systems. Ist umgekehrt Angewandt auf das Gleichungssystem (*) bekommen wir: (x − x1 )2 + (y − y2 )2 = b1 ∧ 2(x2 − x1 )x + 2(y2 − y1 )y + x21 − x22 + y12 − y22 = b1 − b2 ax+by = c, also ohne höhere x oder y . Wir können nun diese zweite Gleichung nach y auösen (fallsy2 − y1 = 6 0), wobei wir zur Abkürzung ∆y := y2 − y1 , ∆x := x2 − x1 , Die zweite Gleichung ist also eine Gleichung des Typs Potenzen von Seite 128 Mathematik für Geowissenschaftler ∆b = b1 − b2 = (∆t1 v1 )2 − (∆t2 v2 )2 ist y= und ∆ := x21 − x22 + y12 − y22 verwenden). Dann ∆b − ∆ ∆x −x 2∆y ∆y Wir nehmen die neuen Abkürzungen c= ∆b−∆ 2∆y und Einsetzen in die erste Gleichung liefert: d = − ∆x ∆y , also ist y = c + dx. (x − x1 )2 + ((c + dx) − y1 )2 = b1 also x1 2 − 2 x x1 + d2 x2 + x2 + 2 c d x − 2 y1 d x + c2 − 2 y1 c + y12 = b1 . Dies ist eine quadratische Gleichung in p x=− p x= x, läÿt sich also mit der p, q−Formel lösen: −y1 2 + (2 d x1 + 2 c) y1 − d2 x1 2 − 2 c d x1 + b1 d2 − c2 + b1 − d y1 − x1 + c d d2 + 1 −y1 2 + (2 d x1 + 2 c) y1 − d2 x1 2 − 2 c d x1 + b1 d2 − c2 + b1 + d y1 + x1 − c d d2 + 1 Das sieht kompliziert aus, läÿt sich aber von einer Maschine leicht berechnen. Allgemein gilt, daÿ man hier zwei Lösungen bekommt. In der Praxis spielt das jedoch u.U. keine Rolle (s.u.). 1. Anwendung: Blitz und Donner Bei einem Blitz breiten sich zwei Signale nämlich Licht und Schall mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten aus. In unserem obigen Problem ist also (x1 , y1 ) = (x2 , y2 ). Wir wollen normalerweise auch d. Da sich nicht den genauen Ort des Blitzes wissen, sondern nur seine Entfernung in guter Näherung Lichtsignale von Blitzen unendlich schnell ausbreiten, können wir die Anzahl der Sekunden zählen, die nach dem Blitz vergehen bis der Donner zu hören ist. Der Abstand ist also ist. d = ∆t · v , wobei 2. Anwendung: Epizentrumsbestimmung: S−Wellen v die Schallgeschwindigkeit P − und vp und vS aus(x, y) muÿ gelten: Ein Erdbeben schickt aus, die sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten breiten. Für die Koordinaten eines oberächennahen Bebens (x − xi )2 + (y − yi )2 = (∆tp,i · vP )2 , (x − xi )2 + (y − yi )2 = (∆tS,i vS )2 Dabei sind ∆tS,i (xi , yi ) die Koordinaten von seismologischen Stationen und die Laufzeit der P− uns S−Wellen ∆tP,i und zu den Stationen. Das Problem hierbei ist, daÿ wir nur die Dierenz der Laufzeiten ∆tP,i −∆tS,i kennen (die Seismometer zeigen ja nur den Antrezeitpunkt t0 +∆t auf, wobei t0 der Zeitpunkt der Eruption Seite 129 Mathematik für Geowissenschaftler ist), nicht aber die Laufzeiten selbst. Nun müssen aber die Wellen beim Antreen den gleichen Weg zurückgelegt haben, also gilt: ∆tP,i · vp = ∆tS,i · vS (∗) also 1− Daher haben wir ∆tP,i vS =1− ∆tS,i vP vS ∆tS,i − ∆tP,i = ∆tS,i 1 − vP und schlieÿlich ∆tS,i = ∆tS,i − ∆tP,i 1 − vvPS P − uns S−Wellen weltweit vS ist sehr ähnlich und bekannt. Auf der rechten vP Seite der Gleichung stehen also nur bekannte Gröÿen. Allerdings kann man bei Zwar unterscheiden sich die Geschwindigkeiten der erheblich, aber das Verhältnis zwei Stationen auch vS und vP direkt bestimmen: Aus den beiden Gleichungen (*) folgt: vP = ∆tS,1 − ∆tS,2 vS ∆tP,1 − ∆tP,2 Setzt man das in die erste Gleichung ein, so erhält man : ∆tS,1 · vS , woraus man vS berechnen kann. ∆tP,1 · ∆tS,1 −∆tS,2 ∆tP,1 −∆tP,2 vS = Insgesamt erhalten wir: (x − xi )2 + (y − yi )2 = (∆tS,i vS )2 Dieses Gleichungssystem läÿt sich wieder wie oben lösen. Häug wird klar sein, welche dieser beiden Lösungen die gesuchte ist, z.B. weil der zweite Punkt nicht in einem Erdbebengebiet liegt. Will man Sicherheit haben, so nimmt man eine (x3 , y3 ) hinzu. Man berechnet die Entfernung (x3 , y3 ) und berechnet, welche der Lösungen besser mit Laufzeit zu (x3 , y3 ) übereinstimmt. dritte seismologische Station der beiden Lösungen zu der beobachteten 3. Anwendung: Ortsbestimmung mit Mobilfunkstationen: Zur Ortsbe- stimmung mit dem Handy wird das folgende Verfahren benutzt. Jede Funkzelle hat einen gewissen Durchmesser und eine eindeutige Kennung. Das Handy kennt also die ungefähre Entfernung zu einem Mobilfunkmasten, deren Positionen in einer Datenbank abgelegt sind. Zur genaueren Positionsangabe kann das Handy die Feldstärke und damit den Abstand zu Mobilfunkmasten messen. Das entsprechende Gleichungssystem wird (wie oben) gelöst und das Handy kann seinen Standort Seite 130 Mathematik für Geowissenschaftler ermitteln. Diese Methode ist allerdings recht ungenau. In den letzten Jahren sind die Handybetreiber (und auch Apple und Google) für die Ortsbestimmung die Position von WLAN-Netzen zu bestimmen und in einer Datenbank zu speichern, was eine genauere Ortsbestimmung erlaubt (wegen der geringeren Reichweite von WLAN). 4. Anwendung: Ortsbestimmung auf der Erde und GPS: Wir machen uns zunächst einmal klar, wie man prinzipiell seine Position auf der Welt ermitteln kann. Zunächst einmal steht am Nordhimmel der Polarstern ziemlich genau im Norden. Man kann nun den Winkel zwischen Horizont und Polarstern messen. Nimmt die Entfernung des Sterns von der Erde als unendlich an (Was beim Vergleich von Erdumfang und Sternentfernung eine ziemlich gute Näherung darstellt). So würde der Polarstern vom Äquator aus gesehen genau am Horizont sein und vom Nordpol aus gesehen im Zenit. Die geographische Breite ist also gleich diesem Winkel. Die geographische Länge ist schwieriger zu bestimmen. Die Erde dreht sich einmal in 24 Stunden um 360o , also pro Stunde um 15o . Hat man nun eine Uhr, die die genaue Zeit in Greenich bei London anzeigt (Position des Nullten Längengrads), so kann man den genauen Zeitpunkt des Mittags nach dieser Uhr ermitteln. Der lokale Mittag ist der Zeitpunkt des Höchstandes der Sonne. Tritt zum Beispiel der lokale Mittag 6 Stunden vor dem Mittag in Greenich ein, so bendet man sich in auch die 6 6 · 15 = 75 Grad westlicher geographischer Länge, was übrigens Stunden Zeitunterschied zur amerikanischen Ostküste erklärt. Bei GPS wird folgendes gemacht. Jeder Satellit strahlt in regelmäÿigen Abständen ein Signal aus, welches die folgenden Daten enthält: Seine Position (xi , yi , zi ) und den genauen Zeitpunkt der Austrahlung ti . Ein GPS Empfänger kann nun mit der Formel 2 d2i = (x − xi )2 + (y − yi )2 + (z − zi )2 = ((tE i − ti ) · c) E vom Satelliten bestimmen, dabei ist ti der Zeitpunkt des Eintreens des Signals und c die Lichtgeschwindigkeit. Der GPS Empfänger sendet seine Entfernung di also kein eigenes Signal aus. Nun ist die Lichtgeschwindigkeit sehr schnell, so daÿ die Zeitmessung von t und ti sehr genau sein muÿ. In den Satelliten sind dafür Atomuhren untergebracht. Nun kann man aber nicht in jedem GPS-Empfänger eine Atomuhr unterbringen. Dabei hilft der folgende Trick. Die Uhr im GPSEmpfänger geht falsch um die Zeit ∆t, es wird also nicht t gemessen, sondern t + ∆t. Wir betrachten das folgende Gleichungssystem mit den Unbekannten ∆t x, y, z und für i=1,2,3,4: (x − xi )2 + (y − yi )2 + (z − zi )2 = tE i + ∆t − ti 2 c2 Ziehen wir die erste Gleichung von den anderen drei Gleichungen ab, so erhalten wir exemplarisch für die zweite Gleichung: x22 − x21 + y22 − y12 + z22 − z12 + Seite 131 Mathematik für Geowissenschaftler 2 [x(x2 − x1 ) + y(y2 − y1 ) + z(z2 − z1 )] = E 2 2 E E = (t2 − t2 )2 − (tE 1 − t1 ) + 2∆t((t2 + t2 ) − (t1 + t2 )) c 2 E 2 −A2 := x22 − x21 + y22 − y12 + z22 − z12 − (tE 2 − t2 ) − (t1 − t1 ) , + ti : Setzen wir Ti := tE i so gilt mit 2 [x(x2 − x1 ) + y(y2 − y1 ) + z(z2 − z1 )] = 2∆t(T2 − T1 )c2 + A2 Machen wir das für die anderen Gleichungen, so bekommen wir 2 [x(x2 − x1 ) + y(y2 − y1 ) + z(z2 − z1 )] = 2∆t(T2 − T1 )c2 + A2 2 [x(x3 − x1 ) + y(y3 − y1 ) + z(z3 − z1 )] = 2∆t(T3 − T1 )c2 + A3 2 [x(x4 − x1 ) + y(y2 − y1 ) + z(z4 − z1 )] = 2∆t(T4 − T1 )c2 + A4 Anleihe aus der Theorie linearer system 3 × 3− Systeme: Das lineare Gleichungs- ai x + bi y + ci z = di i = 1, 2, 3 hat die eindeutige Lösung d1 b1 c1 a1 1 1 x= det d2 b2 c2 , y = det a2 D D d3 b3 c3 a3 für a1 mit D = det a2 a3 d1 d2 d3 c1 a1 1 c2 , z = det a2 D c3 a3 b1 b2 b3 c1 c2 , falls D 6= 0. Dabei ist der Betrag der Determinante c3 b1 b2 b3 das Volumen des von den drei Spaltenvektoren aufgespannten Parallelepipeds. Sie ist also genau dann 0, wenn sich die drei Spaltenvektoren in einer Ebene be- nden. Damit können wir x, y und z durch Ausdrücke ersetzen, die nur noch ∆t enthalten (neben bekannter Gröÿen). Die können wir wieder in die erste Gleichung einsetzen und erhalten einen quadratische Gleichung für ∆t. D 6= 0 ist bei GPS durch die Wahl der Satellitenorbits sichergestellt: Niemals benden sich vier in Sichweite bendlichen Satelliten in einer Ebene. Denn 2 (x2 − x1 ) 2 (y2 − y1 ) 2 (z2 − z1 ) det 2 (x3 − x1 ) 2 (y3 − y1 ) 2 (z3 − z1 ) 2 (x4 − x1 ) 2 (y4 − y1 ) 2 (z4 − z1 ) ist genau dann Null, die Verbindungvektoren von Satellit 1 und den anderen drei Satelliten alle in einer Ebene liegen, also wenn alle vier Satelliten in einer Ebene liegen. Seite 132 d1 d2 d3 Mathematik für Geowissenschaftler 2.0.7 E: Einführung in das Computeralgebrasystem Maxima Hinweise: Copyright (C) Robert Glöckner (unter GP-Lizenz) 2.0.7.1 Einführung Maxima ist ein in Lisp geschriebenes freies Computer- Starten von Maxima Algebra System ( http://maxima.sourceforge.net/index.shtml ). Es ist auf verschiedenen Betriebssystemen lauähig. Es gibt mehrere Möglichkeiten das Programm zu verwenden: auf der Konsole (hierzu maxima, bzw. maxima.bat starten) eine rudimentäre grasche Oberäche bietet xmaxima (mitgeliefert) eine grasche Formelausgabe bietet wxmaxima für Leute die LaTex benutzen ist texmax und emaxima interessant für Emacs-verrückte gibt es einen mitgelieferten maxima und emaxima Modus (Start im Emacs mit M-x maxima oder Önen einer .max Datei) Startet man Maxima (auf der Konsole) so erhält man folgende Meldung: Maxima Using 5.10.0 Distributed Dedicated This h t t p : / / maxima . s o u r c e f o r g e . n e t L i s p GNU Common L i s p is provides a to under the memory development bug (GCL) GCL t h e GNU P u b l i c reporting of William version of 2.6.8 License . ( a k a GCL) See the file COPYING . Schelter . Maxima . The function bug_report ( ) information . (% i 1 ) Es erscheint eine Meldung über die freie Lizenz, die Widmung an Prof. W. Schelter (ihm haben wir die freie Version von Maxima zu verdanken) und ein sog. Label (%i1). Jede Eingabe wird mit einer Marke (Label) gekennzeichnet. Marken, welche mit einem i beginnen kennzeichnen Benutzereingaben, o-Markierungen kennzeichnen Ausgaben des Programms. Der Benutzer sollte dies bei der Namensgebung eigener Variablen oder Funktionen berücksichtigen, um Verwechslungen zu vermeiden. Kommandoeingabe Kommandos werden entweder mit einem Semikolon ; oder einem Dollarzeichen $ abgeschlossen. Es reicht nicht Return oder Enter zu drücken. Maxima wartet auf eines der beiden o.g. Zeichen, sont beginnt Maxima nicht mit der Auswertung der Eingabe. Ist das letzte Zeichen ein Semikolon, so wird das Ergebnis der Verarbeitung angezeigt, im Falle eines Dollarzeichens wird die Anzeige unterdrückt. Dies kann bei sehr langen Ergebnissen sinnvoll sein, um die Wartezeit zu reduzieren und die Übersicht zu wahren. Maxima unterscheidet Groÿ- und Kleinschreibung. Alle eingebauten Funktionen und Konstanten sind klein geschrieben (simp, solve, ode2, sin, cos, %e, %pi, inf etc). sImP oder SIMP werden von Seite 133 Mathematik für Geowissenschaftler Maxima nicht den eingebauten Funktionen zugeordnet. Benutzerfunktionen und -variablen können klein und/oder groÿ geschrieben werden. Auf vorherige Ergebnisse und Ausdrücke kann mittels % zugegrien werden. % bezeichnet das letzte Ergebnis, %i13 die 13. Eingabe und %o27 das 27. Ergebnis, %i42 wiederholt die Berechnung der 42. Eingabe, %th(2) ist das vorletzte Ergebnis. Zuweisungen Ausdrücke werden mit : einem Symbol zugewiesen. Funktionen werden mit := einem Symbol zugewiesen. Makro(expansions)funktionen werden mit ::= deniert. (% i 1 5 1 ) value : 3; (% o 1 5 1 ) (% i 1 5 2 ) 3 equation : a + 2 = b; (% o 1 5 2 ) (% i 1 5 3 ) a + 2 = b function (x) := x + 3; (% o 1 5 3 ) (% i 1 5 4 ) function (x) (% o 1 5 4 ) (% i 1 5 5 ) '( print (%156) x + 3 6 function (b ) ; (% o 1 5 5 ) (% i 1 5 6 ) := function (3); b + 3 printq1 (x) ("(2) is x printq1 (x) '( print ("(2) x is ::= equal ::= block to " , ( print ("(1) block ( print ("(1) equal to " , x is equal to " , x) , x))); x is equal to " , x) , x))) Zuweisungen werden mit kill einzeln oder auch insgesamt gelöscht. (% i 1 5 0 ) k i l l ( equation ) ; (% o 1 5 0 ) (% i 1 5 1 ) done equation ; (% o 1 5 1 ) (% i 1 5 2 ) equation function (3); (% o 1 5 2 ) (% i 1 5 3 ) 6 kill ( all ); (% o 1 5 4 ) (% i 1 5 5 ) done function (3); (% o 1 5 5 ) Beenden von Maxima function (3) Zum Abbrechen eines Kommandos drückt man die Ta- stenkombination Strg-C oder Strg-G. Meldet sich der Debugger, so beendet man diesen durch Eingabe von Q. Zum Beenden von Maxima gibt man quit(); ein (Bemerkung: unter xmaxima das Menue benutzen). Seite 134 Mathematik für Geowissenschaftler (% i 3 ) apropos ( ' p l o t ) ; (%o3 ) [ plot , plotheight , (% i 4 ) plot2d , plot2dopen , plotmode , p l o t t i n g , plot2d_ps , plot3d , plot_format , plot_options ] d e s c r i b e (" p lo t " ) ; Manchmal fragt describe auch nach, welcher Teilbereich beschrieben werden soll (hier nur ein kleiner Ausschnitt der angezeigten Informationen): 0: ( maxima . i n f o ) P l o t t i n g . 1: Definitions for Plotting . 2 : OPENPLOT_CURVES : D e f i n i t i o n s 3: PLOT2D : Definitions 4: PLOT2D_PS 5: PLOT3D : Definitions : Definitions 6 : PLOT_OPTIONS Info n, all , from for for or Plotting . Plotting . Plotting . for : Definitions none , file for Plotting . : Definitions 7 : SET_PLOT_OPTION Enter for Plotting . for multiple Plotting . choices eg 1 3 : 5 / u s r / s h a r e / i n f o / maxima . i n f o : PLOT3D ( e x p r , x r a n g e , y r a n g e , . . . , o p t i o n s , . . ) −− Function : PLOT3D ( [ expr1 , expr2 , expr3 ] , xrange , yrange , . . . , o p t i o n s , . . ) p l o t 3 d (2^( − u^2+v ^ 2 ) , [ u , would [ −7 ,7] plot respectively , An e x a m p l e −5 ,5] ,[v , −7 ,7]); z = 2^( − u^2+v ^ 2 ) of the and second with with u u and v varying on the x axis , pattern of arguments in and [ v −5 ,5] on and the y axis . is p l o t 3 d ( [ c o s ( x )∗(3+ y∗ c o s ( x / 2 ) ) , s i n ( x )∗(3+ y∗ c o s ( x / 2 ) ) , y∗ s i n ( x / 2 ) ] , [ x,−% p i ,% p i ] , [ y , which will given as argument direction plot the a moebius first y band , argument [ grid , 5 0 , 1 5 ] and −1 ,1] ,[ ' grid gives to ,50 ,15]) parametrized plot3d . the grid An by the 3 additional number of expressions optional rectangles in the direction . Mit der Funktion example können Beispiele zu einigen Funktionen von Maxima angezeigt werden (hier gekürzt): (% i 3 ) example ( i n t e g r a t e ) ; (% i 4 ) t e s t ( f ):= b l o c k ( [ u ] , u : i n t e g r a t e ( f , x ) , ratsimp ( f−d i f f ( u , x ) ) ) (%o4 ) test ( f ) := ratsimp ( f (% i 5 ) − block ( [ u ] , d i f f (u , u : integrate ( f , x))) test ( sin (x)) (%o5 ) (% i 6 ) 0 t e s t ( 1 / ( x +1)) (%o6 ) (% i 7 ) 0 t e s t ( 1 / ( x ^2+1)) (%o7 ) (% i 8 ) 0 i n t e g r a t e ( s i n ( x )^3 , x ) Seite 135 x) , x Mathematik für Geowissenschaftler 3 cos (%o8 ) (x) −−−−−−− − cos (x) 3 ... Darstellung der Ergebnisse Die Darstellung der Ergebnisse von Maxima, ist im Wesentlichen von der verwendeten Oberäche abhängig. Während die Ausgabe auf der Konsole und im einfachen Emacs-Modus auf die Darstellung von ASCII Zeichen begrenzt ist, zeigen der erweiterete Emacs-Modus, Imaxima, TexMacs und WxMaxima die Ergebnisse in grascher Form an. D. h. es werden entsprechende Symbole für Pi, Integral, Summe usw. verwendet. Allgemein zeichnen sich die Ausgaben von Maxima durch exakte (rationale) Arithmetik aus: (% i 3 8 ) 1/11 + 9 / 1 1 ; 10 −− (% o 3 8 ) 11 Irrationale Zahlen werden in ihrer symbolischen Form beibehalten (mit % wurde auf das Ergebnis der letzten Berechnung zugegrien): (% i 3 9 ) ( sqrt (3) − 1)^4; 4 (% o 3 9 ) (% i 4 0 ) ( sqrt (3) expand ( % ) ; (% o 4 0 ) 28 − 16 − 1) sqrt (3) Mit ev(Ausdruck, numer); oder kurz: Ausdruck, numer; oder oat(Ausdruck) kann eine Dezimaldarstellung erzwungen werden (beachten Sie hier die Referenz auf das vorangegangene Ergebnis Nr. 40 via %o40): (% i 4 1 ) %o40 , numer ; (% o 4 1 ) (% i 5 ) (%o5 ) 0.28718707889796 f l o a t (% e ) ; 2.718281828459045 Die Voreinstellung der Genauigkeit bei Flieÿkommazahlen beträgt 16 Stellen, wobei die letzte Stelle unsicher ist. Die Genauigkeit kann beliebig eingestellt werden, wenn der Zahlentyp boat verwendet wird. Die Anzahl der angezeigten Stellen wird mit fpprec gesteuert. Man kann dazu fpprec nur für die Auswertung einer Zeile setzen, wie dies in Zeile %i46 geschieht, oder für alle folgenden Berechnungen setzen, wie dies in Zeile %i48 geschieht: Seite 136 Mathematik für Geowissenschaftler (% i 4 5 ) b f l o a t (% o 4 0 ) ; 2 . 8 7 1 8 7 0 7 8 8 9 7 9 6 3 1 B−1 (% o 4 5 ) (% i 4 6 ) b f l o a t (% o 4 0 ) , f p p r e c =100; (% o 4 6 ) 2.8718707889796330356085853590# 60421289151159390339099511070883287690717# 2 9 4 5 9 1 9 9 4 0 6 7 0 1 6 6 1 0 1 1 8 8 4 0 2 2 7 8 9 1B−1 (% i 4 7 ) fpprec ; (% o 4 7 ) (% i 4 8 ) 16 fpprec : 20; (% o 4 8 ) (% i 4 9 ) 20 b f l o a t (% o 4 0 ) ; 2 . 8 7 1 8 7 0 7 8 8 9 7 9 6 3 3 0 3 5 8 B−1 (% o 4 9 ) (% i 5 0 ) b f l o a t (% o 4 0 ) , f p p r e c =100; (% o 5 0 ) 2.871870788979633035608585# 359060421289151159390339099511070883287690717# 2 9 4 5 9 1 9 9 4 0 6 7 0 1 6 6 1 0 1 1 8 8 4 0 2 2 7 8 9 1B−1 Die Eingabe von bestimmten Konstanten (e, i, pi, ...) erfolgt mit vorangestelltem % (%e, %i, %pi...). Die Darstellung von bestimmten Konstanten (e, i, pi, ...), Operatoren (Summe, Integral, Ableitungen, ...) und anderen Symbolen (Klammern, Brüche, ...) ist abhängig von der gewählten Oberäche. Im Textmodus, der von der Konsole, dem einfachen Emacs-Modus und der mitgelieferten xmaxima Oberäche geboten wird, werden Konstanten mit einem % vorangestellt (%e, %i, %pi, ...), Operatoren werden in ASCII-Grak dargestellt, Klammern werden nicht in der Gröÿe expandiert und Brüche mit Hilfe von - dargestellt: (% i 5 1 ) (% o 5 1 ) (% i 5 2 ) s q r t ( −3); exp ( 5 ∗ s q r t ( 3 ) %i a); 5 (% o 5 2 ) (% i 5 4 ) a %e integrate ( f (x) , x, 0, inf ); inf / [ (% o 5 4 ) I f (x) dx ] / 0 Die Darstellung im erweiterten Emacs-Modus, in Imaxima und in TexMax ist grasch, d. h. für %pi, %e, Integrale, Summen, ... werden entsprechende Symbole verwendet. Maxima kann natürlich auch Funktionen plotten. Die Funktion plot2d([Funktionsliste], [X-Var, Min, Max], [Y-Var, Min, Max]); kann eine Gruppe von Funktionen plotten. Hierzu gibt man die Liste von Funktionen in eckigen Seite 137 Mathematik für Geowissenschaftler Klammern und durch Kommas getrennt als ersten Parameter an. Es folgt eine Liste, welche die abhängige Variable und den Plotbereich (x-Achse) angibt. Es gibt noch viele andere Plotmöglichkeiten (apropos('plot), describe(plot)) (% i 5 5 ) plot2d ( [ sin (x ) , (% i 5 8 ) apropos ( ' p l o t ) ; (% o 5 8 ) [ plot , plotheight , (% i 5 9 ) 0: plot2d , cos (x ) ] , plot2dopen , plotmode , p l o t t i n g , [x, 0, 5]); plot2d_ps , plot_format , plot3d , plot_options ] describe ( plot ) ; ( maxima . i n f o ) P l o t t i n g . 1: Definitions 2: openplot_curves for 3: plot2d 4: plot2d_ps 5: plot3d : Definitions : Definitions for plot_options 7: set_plot_option for for Plotting . Plotting . Plotting . : Definitions for : Definitions s p a c e −s e p a r a t e d for Plotting . : Definitions : Definitions 6: Enter Plotting . numbers , Plotting . for ` all ' Plotting . or ` none ' : none 2.0.7.2 Rechnen mit Maxima Operatoren Die üblichen arithmetischen Operatoren stehen zur Verfügung: + Addition, - Subtraktion, * skalare Multiplikation, . Skalarmultiplikation von Vektoren und Matrix-Multiplikation, / Division, ** oder ^ Potenzfunktion, sqrt() Wurzelfunktion, exp() Exponentialfunktion, log() natürliche Logarithmusfunktion ... Algebra Niemand ist vor Flüchtigkeitsfehlern bei der Umformung, Transforma- tion usw. von algebraischen Ausdrucken gefeit. Hier eignet sich Maxima hervorragend bei der Untersützung analytischer Berechnungen. Hier ein einfaches Beispiel für die Behandlung von Polynomen. Zunächst wird via expand expandiert, anschlieÿend eine Ersetzung vorgenommen, danach mittels ratsimp ein gemeinsamer Nenner gesucht und anschlieÿend via factor faktorisiert: Seite 138 Mathematik für Geowissenschaftler (% i 7 2 ) ( 5 ∗ a + 3∗ a ∗b )^3; 3 (% o 7 2 ) (% i 7 3 ) (3 b + 5 a) + 225 a expand ( % ) ; 3 (% o 7 3 ) (% i 7 4 ) a 27 %, a 3 3 b + 135 a 2 3 b a a=1/x ; 3 27 2 b 135 −−−−− (% o 7 4 ) + 3 b 225 −−−−−− + 3 x (% i 7 5 ) 3 b + 125 b −−−−− 125 + 3 x −−− 3 x x ratsimp (%); 3 27 b 2 + 135 b + 225 b + 125 −−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−− (% o 7 5 ) 3 x (% i 7 6 ) f a c t o r (%); 3 (3 b + 5) −−−−−−−−−− (% o 7 6 ) 3 x Funktionen zur Vereinfachung von Ausdrücken Es gibt keinen globalgalakti- schen simplify Befehl. Für verschiedene Gebiete stehen spezische Vereinfachungsfunktionen zur Verfügung. Hier eine Auswahl. Im Abschnitt "Wichtige Maxima Funktionen" sind Kurzbeschreibungen dieser Befehle verfügbar. fullratsimp, ratsimp, radcan, grind, trigsimp, trigreduce, trigexpand, foursimp, atensimp, vectorsimp. Es gibt zusätzlich Befehle zur benutzerdenierten Vereinfachung. %i 7 7 ) eq1 : a + b + c = 6; (% o 7 7 ) (% i 7 8 ) c + b + a = 6 a eq3 : a + b (% o 7 8 ) (% i 7 9 ) ∗ eq2 : (% o 7 9 ) (% i 9 3 ) (% o 9 3 ) s: b + c = 5; c + a ∗ s o l v e ( [ eq1 , [[a = 1, b = 5 c = 7; b eq2 , b = 3, eq3 ] , c = 2] , [a, c + a = 7 b, [a = 1, Seite 139 c ]); b = 2, c = 3]] Mathematik für Geowissenschaftler Die Lösung wird in Form einer Liste, welche mit eckigen Klammern umschlossen ist, dargestellt. Im Folgenden wird gezeigt, wie auf die Elemente einer Liste zugegrien wird und wie man Lösungen in Gleichungen einsetzt. (% i 9 4 ) s [1]; (% o 9 4 ) (% i 9 5 ) [a = 1, (% o 9 5 ) (% i 9 8 ) [a = 1, eq4 : ∗ a a + 2 ∗ b ∗ b + c (% o 9 8 ) (% i 9 9 ) 2 c eq4 , ∗ c = 2] b = 2, c = 3] c; 2 + 2 2 b + a s [1]; (% o 9 9 ) (% i 1 0 0 ) b = 3, s [2]; 23 eq4 , s [2]; (% o 1 0 0 ) 18 Trigonometrische Funktionen Es stehen u.a. tan, sin, cos, tanh, sinh, cosh und deren Umkehrfunktionen zur Verfügung. %i 1 0 2 ) (% i 1 0 3 ) example ( t r i g ) ; t a n (% p i /6)+ s i n (% p i / 1 2 ) (% o 1 0 3 ) %p i 1 s i n (−−−) + −−−−−−− 12 (% i 1 0 4 ) (% o 1 0 4 ) (% i 1 0 5 ) 0.83616931429214658 sin (1) (% o 1 0 5 ) (% i 1 0 6 ) sin (1) e v ( s i n ( 1 ) , numer ) (% o 1 0 6 ) (% i 1 0 7 ) 0.8414709848078965 beta (1/2 ,2/5) 1 beta (−, (% o 1 0 7 ) 2 (% i 1 0 8 ) 2 −) 5 e v (% , numer ) (% o 1 0 8 ) (% i 1 0 9 ) sqrt (3) e v (% , numer ) 3.6790939804058804 d i f f ( atanh ( s q r t ( x ) ) , x ) 1 (% o 1 0 9 ) (% i 1 1 0 ) fpprec :25 (% i 1 1 1 ) s i n ( 5 . 0 B− 1) −−−−−−−−−−−−−−−−− 2 (1 − x ) s q r t ( x ) Seite 140 Mathematik für Geowissenschaftler (% o 1 1 1 ) (% i 1 1 2 ) c o s ( x)^2 − s i n ( x ) ^ 2 4 . 7 9 4 2 5 5 3 8 6 0 4 2 0 3 0 0 0 2 7 3 2 8 7 9 B−1 2 (% o 1 1 2 ) (% i 1 1 3 ) cos 2 (x) e v (% , x:% p i / 3 ) − sin (x) 1 − − (% o 1 1 3 ) 2 (% i 1 1 4 ) d i f f (% t h ( 2 ) , x ) − (% o 1 1 4 ) (% i 1 1 5 ) i n t e g r a t e (% t h ( 3 ) , x ) s i n (2 4 cos (x) sin (x) x) −−−−−−−− s i n (2 + x x 2 2 −−−−−−−−−−−− − −−−−−−−−−−−− (% o 1 1 5 ) 2 (% i 1 1 6 ) x) − −−−−−−−− 2 expand (%) s i n (2 x) −−−−−−−− (% o 1 1 6 ) 2 Trigonometrische Ausdrücke lassen sich in Maxima leicht manipulieren. Die Funktion trigexpand benutzt die Summe-der-Winkel-Funktion, um Argumente innerhalb jeder trigonometrischen Funktion so stark wie möglich zu vereinfachen. s i n (2 x) −−−−−−−− (% o 1 1 6 ) 2 (% i 1 1 7 ) t r i g e x p a n d (%) (% o 1 1 7 ) cos (x) sin (x) Die Funktion trigreduce konvertiert einen Ausdruck in eine Summe von Einzeltermen, bestehend aus jeweils einer sin- oder cos- Funktion. (% o 1 1 7 ) (% i 1 1 8 ) cos (x) sin (x) t r i g r e d u c e (%) s i n (2 x) −−−−−−−− (% o 1 1 8 ) 2 (% i 1 1 9 ) s e c h ( x ) ^ 2 ∗ t a n h ( x ) / c o t h ( x)^2+ c o s h ( x ) ^ 2 ∗ s e c h ( x ) ^ 2 ∗ t a n h ( x ) / c o t h ( x ) ^ 2 +s e c h ( x ) ^ 2 ∗ s i n h ( x ) ∗ t a n h ( x ) / c o t h ( x ) ^ 2 2 sech (% o 1 1 9 ) 2 (x) sinh (x) tanh ( x ) −−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−− 2 Seite 141 cosh + 2 (x) sech (x) tanh ( x ) −−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−− 2 Mathematik für Geowissenschaftler coth (x) coth (x) 2 sech + (x) tanh ( x ) −−−−−−−−−−−−−−−− 2 coth ( x ) sech() ist eine hyperbolische Sekantenfunktion. trigsimp ist eine Vereinfachungsroutine, welche verschiedene trigonometrische Funktionen in sin und cos Equivalente umwandelt. (% i 1 2 0 ) t r i g s i m p (%) 5 sinh 4 (x) + sinh 3 (x) + 2 sinh (x) −−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−− (% o 1 2 0 ) 5 cosh (x) exponentialize() transformiert trigonometrische Funktionen in ihre komplexen Exponentialfunktioen. (% i 1 2 1 ) ev ( s i n ( x ) , e x p o n e n t i a l i z e ) − %i x − %e ) − −−−−−−−−−−−−−−−−−−−−−− %i %i (% o 1 2 1 ) x (% e 2 taylor(Funktion, Variable, Entwicklungspunkt, Grad); Generiert eine Taylorreihenentwicklung der angegebenen Funktion nach einer Variable um den Entwicklungspunkt bis einschlieÿlich des angegebenen Grades. (% i 1 2 2 ) t a y l o r ( s i n ( x )/x , x , 0 , 4 ) 2 4 x (% o 1 2 2 ) /T/ 1 x − −− + 6 (% i 1 2 3 ) −−− + . . . 120 e v ( c o s ( x)^2 − s i n ( x ) ^ 2 , s i n ( x ) ^ 2 = 1− c o s ( x ) ^ 2 ) 2 (% o 1 2 3 ) 2 cos (% o 1 2 3 ) Komplexe Zahlen (x) done − 1 Die Funktionen realpart und imagpart geben den Real- bzw. Imaginärteil eines komplexen Ausdruckes zurück Seite 142 Mathematik für Geowissenschaftler (% i 1 4 4 ) z: a + b (% o 1 4 4 ) (% i 1 4 5 ) ∗ %i ; %i b + a z ^2; 2 (% o 1 4 5 ) (% i 1 4 6 ) (% i b + a) exp ( z ) ; %i (% o 1 4 6 ) b + a %e trigrat() transformiert (komplexe) Exponentialfunktionen in entsprechende sin() und cos() Funktionen um. (% i 1 4 8 ) t r i g r a t ( exp ( z ) ) ; a (% o 1 4 8 ) %i %e a s i n ( b ) + %e cos (b) Komplexe Zahlen lassen sich mit imagpart() und realpart() in die entsprechenden Real- und Imaginärteile aufspalten: (% i 1 4 9 ) imagpart (%); a (% o 1 4 9 ) (% i 1 5 0 ) %e sin (b) r e a l p a r t (% t h ( 2 ) ) ; Ableitungen, Grenzwerte, Integrale Mit Maxima lassen sich u. a. Ableitungen, Integrale, Taylorentwicklungen, Grenzwerte, exakte Lösungen gewöhnlicher Dierentialgleichungen berechnen. Zunächst denieren wir ein Symbol f als Funktion von x auf 2 Arten. Beachten Sie die Unterschiede bei der Auswertung der Ableitung. (% i 1 2 9 ) f : x ^3; 3 (% o 1 2 9 ) (% i 1 3 0 ) x diff (f ,x); 2 (% o 1 3 0 ) (% i 1 3 1 ) 3 kill ( f ); (% o 1 3 1 ) (% i 1 3 2 ) x done f (x) := x ^3; 3 (% o 1 3 2 ) (% i 1 3 3 ) f (x) := diff (f ,x); (% o 1 3 3 ) 0 Seite 143 x Mathematik für Geowissenschaftler (% i 1 3 4 ) d i f f ( f (x) ,x ); 2 (% o 1 3 4 ) 3 x Ein Beispiel für eine Taylorreihenentwicklung und eine Grenzwertberechnung: (% i 1 4 0 ) f (x) := sin (x) / x; sin (x) (% o 1 4 0 ) f (x) := −−−−−− x (% i 1 4 1 ) taylor ( f (x) ,x ,0 ,5); 2 4 x (% o 1 4 1 ) /T/ 1 x − −− + 6 (% i 1 4 2 ) −−− + . . . 120 limit ( f (x) ,x , 0 ) ; (% o 1 4 2 ) 1 Integrale lassen sich, sofern möglich, bestimmt und unbestimmt berechnen: (% i 1 0 9 ) i n t e g r a t e (% e ^x/(2+% e ^x ) , x ) x (% o 1 0 9 ) (% i 1 1 6 ) l o g (% e + 2) i n t e g r a t e ( x ^(5/4)/(1+ x ) ^ ( 5 / 2 ) , x , 0 , i n f ) 9 4 (% i 9 ) 1 beta (−, (% o 1 1 6 ) ' diff (y , −) 4 x); dy −− (%o9 ) dx (% i 1 0 ) diff (y , x); (% o 1 0 ) 0 Zum Lösen von gewöhnlichen Dierentialgleichungen stehen folgende Funktionen zur Verfügung: ode2, ic1, ic2, bc1, bc2. ic1, ic2 sind auf Anfangswertaufgaben 1. bzw. 2. Ordnung spezialisiert. bc1, bc2 sind auf Randwertaufgaben 1. bzw. 2. Ordnung spezialisiert. (% i 2 3 ) dgl1 : −' d i f f ( y , x ) ∗ sin (x) + y ∗ cos (x) = 1; dy (% o 2 3 ) cos (x) Seite 144 y − sin (x) −− = 1 Mathematik für Geowissenschaftler dx (% i 2 4 ) ode2 ( dgl1 , y, x); 1 y = s i n ( x ) (−−−−−− + %c ) (% o 2 4 ) tan ( x ) (% i 2 5 ) trigsimp (%); (% o 2 5 ) y = %c sin (x) + cos (x) Anfangswertaufgabe: Harmonische Schwingungen z.B. eines Pendels werden durch folgende Dierentialgleichung beschrieben und mittels ode2 und ic2 gelöst: (% i 3 8 ) dgl2 : ' d i f f (y , x ,2) + y = 0; 2 d y −−− (% o 3 8 ) + y = 0 2 dx (% i 3 9 ) ode2 ( dgl2 , y, x); (% o 3 9 ) (% i 4 0 ) y = %k1 i c 2 (% , x =0 , y=y0 , s i n ( x ) + %k2 cos (x) ' d i f f (y , x )=0); (% o 4 0 ) y = cos (x) y0 Randwertaufgabe: Bei gleichmäÿiger Belastung lässt sich die Biegelinie eines auf 2 Sützen ruhenden Balkens unter bestimmten Umständen durch folgende Dierentialgleichung beschreiben und mittels ode2 und bc2 lösen: (% i 4 1 ) dgl3 : ' d i f f (y , x ,2) = x − x ^2; 2 d y 2 −−− (% o 4 1 ) = x 2 − x dx (% i 4 2 ) ode2 ( dgl3 , y, x); 4 3 − 2 x − −−−−−−−−− x (% o 4 2 ) y = + %k2 x + %k1 12 (% i 4 3 ) b c 2 (% , x =0 , y =0 , x =1 , y =0); 4 3 − 2 x x − −−−−−−−−− − −− x (% o 4 3 ) y = 12 (% i 4 5 ) 12 expand ( % ) ; 4 Seite 145 3 Mathematik für Geowissenschaftler x (% o 4 5 ) x − −− y = + 12 Matrizenrechnung x −− − −− 6 12 Mit Maxima lassen sich allgemeine Matrizenoperationen durch- führen. (% i 7 9 ) m: m a t r i x ( [ a , 0 ] , [ b , 1 ] ) [ (% o 7 9 ) a 0 b 1 ] [ ] [ ] (% i 8 0 ) m^2 [ 2 [ (% o 8 0 ) ] a 0 ] [ ] [ 2 [ ] b 1 ] (% i 8 1 ) m . m [ (% o 8 1 ) 2 [ ] a 0 b + b 1 ] [ ] [ a (% i 8 2 ) m[ 1 , 1 ] ∗ m [ (% o 8 2 ) 2 [ ] a 0 ] [ ] [ (% i 8 3 ) 1−%t h (2)+% ] 1 ] ] 1 (% o 8 4 ) − [ 1 [ − [ b a [x,y] ] ] 0 a ] ] [ ] [ b [ − − [ (% i 8 6 ) a 1 [ (% o 8 5 ) b [ (% i 8 4 ) m^^( − 1) (% i 8 5 ) a [ (% o 8 3 ) ] ] 1 a ] ] . m [ b y + a matrix ( [ a , b , c ] , [ d , e , f ] , [ g , h , i ] ) Seite 146 x y ] Mathematik für Geowissenschaftler [ a b c ] d e f ] g h i [ (% o 8 6 ) [ ] [ [ (% i 8 7 ) ] ] %^^2 [ 2 ] [ c g + b d + a c h + b e + a b c i + b f + a c ] f i + e f + c d ] [ ] (% o 8 7 ) [ 2 ] [ f g + d e + a d f h + e + b d [ ] [ 2 ] [ g i + d h + a g h i + e h + b g i + f h + c g ] (% o 8 7 ) done Auÿerdem lassen sich u. a. die Determinante, die Inverse, die Eigenwerte und -vektoren einer Matrix berechnen. Die Matrix darf dabei auch symbolische Ausdrücke enthalten. eigenvalues(m) ergibt als Ergebnis eine Liste, bestehend aus 2 Unterlisten. Die erste Unterliste enthält die Eigenwerte, die zweite Unterliste die entsprechenden Multipliktaroren. %i 6 0 ) m : matrix ( [1 , 0, 0] , [0 , 2, [ 0] , [0 , 0 0 ] 0 2 0 ] 0 0 3 ] [ (% o 6 0 ) [ (% i 6 1 ) 3]); ] [ [ 0, 1 ] e i g e n v a l u e s (m) ; (% o 6 1 ) [[1 , 2, 3] , [1 , 1, 1]] Die Funktion eigenvectors berechnet Eigenwerte, deren Multiplikatoren sowie die Eigenvektoren der gegebenen Matrix. Die Ergebnisse werden in Listen bzw. Unterlisten zusammengefasst. Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Auswertung zu beeinussen nondiagonalizable, hermitianmatrix, knowneigvals. Diese werden mit describe(eigenvectors); beschrieben. (% i 6 2 ) (% o 6 2 ) (% i 7 1 ) e i g e n v e c t o r s (m) ; [[[1 , part ( %, 2, 3] , [1 , 1, 1]] , 2); Seite 147 [1 , 0, 0] , [0 , 1, 0] , [0 , 0, 1]] Mathematik für Geowissenschaftler (% o 7 1 ) [1 , 0, 0] Weiterhin gibt es Funktionen zur Transponierung (transpose), Berechnung der Determinante (determinant), Berechnung des charakteristischen Polynomes charpoly(Matrix, Variable), Berechnung der Inversen (invert), etc. Das Schlüsselwort detout faktorisiert dabei die Determinante aus der Inversen. Wichtige Maxima-Funktionen allroots(a) Findet alle (allgemein komplexen) Wur- zeln einer Polynomialgleichung. append(a,b) Fügt Liste b an a an. apropos(a); Liefert zu einem Stichwort mögliche Befehle/Funktionen. assume(a1, a2, ...); Annahmen über Symbole, welche Vereinfachungen und Auösen von Gleichungen beeinussen. Beispiel: assume( x >= 0); -> solve( x^2 = 4); -> x = 2. Ohne die Annahme [x = 2, x = -2] atensimp(a>) Vereinfacht algebraische Tensorausdrücke. batch(a) Lädt und startet Programm/File a. bc1, bc2 ( DGL, x=x0, y=y0, x=x1, y=y1) Lösung einer Randwertaufgabe einer DGL nach Behandlung mit ode2. charpoly(Matrix, Variable) Berechnet das charakteristische Polynom einer Matrix bzgl. der gegebenen Variable. coe(a,b,c) Koezienten von b der Potenz C in Ausdruck a. concat(a,b) Generiert ein Symbol ab. cons(a,b) Fügt a in Liste b als erstes Element ein. demoivre(a) Transformiert alle komplexen Exponentialterme in trigonometrische. denom(a) Nenner von a. depends(a,b) Erklärt a als Funktion von b (nützlich für Dierentialgleichungen). desolve(a,b) Versucht ein lineares System a von gew. DGLs nach unbekannten b mittels Laplace-Transformation zu lösen. describe(a) Beschreibt einen Befehl oder eine Funktion näher. Evtl. wird nachgefragt, welcher Aspekt eines Befehls oder einer Befehlsgruppe näher beschrieben werden soll. determinant(a) Determinante di(a,b1,c1,b2,c2,...,bn,cn) Gemischte partielle Ableitung von a nach bi der Stufe ci. eigenvalues(a) Berechnet die Eigenwerte und ihre Multiplikatoren. Seite 148 Mathematik für Geowissenschaftler eigenvectors(a) Berechnet Eigenvektoren, Eigenwerte und Multiplikatoren. entermatrix(a,b) Matrixeingabe ev(a,b1,b2,...,bn) Berechnet Ausdruck a unter Annahmen bi (Gleichungen, Zuweisungen, Schlüsselwörter (numer - Zahlenwerte, detout - Matrixinverse ohne Determinante, di - alle Ableitungen werden ausgeführt). NUR bei direkter Eingabe kann ev weggelassen werden. example(a) Zeigt Beispiele für die Verwendung eines Befehls oder einer Funktion an. Nicht für jede Funktion sind Beispiele vorhanden. expand(a) Algebraische Expansion (Distribution). exponentialize(a) Transformiert trigonometrische Funktionen in ihre komplexen Exponentialfunktioen. factor(a) Faktorisiert a. fortran(a) Konvertiert einen Ausdruck in einen Fortran-Ausdruck, soweit möglich. foursimp(a) Vereinfacht trigonometrische Funktionen, welche (ganzzahlige) Vielfache von Pi enthalten in Abhängigkeit verschiedener Flags. freeof(a,b) Ergibt wahr, wenn b nicht a enthält. fullratsimp(a) Wiederholte Ausführung von ratsimp, gefolgt von nicht-rationalen Vereinfachungen bis keine weitere Veränderung auftritt. grind(a) Darstellung einer Variable oder Funktion in einer kompakten eindimensionalen Form. ic1, ic2 ( dgl, x=x0, y=y0, dy0/dx = y1) Lösung einer Anfangswertaufgabe einer DGL (nach Behandlung mit ode2). ident(a) Einheitsmatrix a x a. imagpart(a) Imaginärteil von a. integrate(a,b) Berechnungsversuch des unbestimmten Integrals a nach b. integrate(a,b,c,d) Berechnung des Integrals a nach b in den Grenzen b=c und b=d. invert(a) Inverse der Matrix a. kill(a) Vernichtet Variable/Symbol a oder alle Variablen/Symbole (all). limit(a,b,c) Grenzwertbestimmung des Ausdrucks a für b gegen c. lhs(a) Linke Seite eines Ausdrucks. loadle(a) Lädt eine Datei a und führt sie aus. makelist(a,b,c,d) Generiert eine Liste von a(b) mit b=c bis b=d. map(a,b) Wendet a auf b an. matrix(a1,a2,...,an) Generiert eine Matrix aus Zeilenvektoren. num(a) Zähler von a. ode2(a,b,c) Löst gewöhnliche Dierentialgleichungen 1. und 2. Ordnung a für b als Funktion von c. Seite 149 Mathematik für Geowissenschaftler part(a,b1,..,bn) Extrahiert aus a die Teile bi. playback(a) Zeigt die a letzten Labels an, wird a weggelassen, so werden alle Zeilen zurückgespielt. print( a1, a2, a3, ... ) Zeigt die Auswertung der Ausdrücke an. rat(a) Umwandlung von a in eine kanonische rationale Form. ratsimp(a) Vereinfacht a und gibt einen Quotienten zweier Polynome zurück. radcan(a) Vereinfacht Ausdrücke für log-, exp, Radikale in eine kanonische oder eine reguläre Form. Die Dierenz gleicher Ausdrücke verschieden Aussehens kann so zu NULL vereinfacht werden. realpart(a) Realteil von a rhs(a) Rechte Seite einer Gleichung a. save(a,b1,..., bn) Generiert eine Datei a (im Standardverzeichnis), welche Variablen, Funktionen oder Arrays bi enthält. So generierte Dateien lassen sich mit loadle zurückspielen. Wenn b1 all ist, wird alles bis auf die Labels gespeichert. solve(a,b) Algebraischer Lösungsversuch für ein Gleichungssystem oder eine Gleichung a für eine Variable oder eine Liste von Variablen b. Gleichungen können =0 abkürzen. string(a) Konvertiert einen Ausdruck in Maximas lineare Notation. stringout(a,b1,..bn) Generiert eine Datei a im Standardverzeichnis, bestehend aus Symbolen bi. Die Datei ist im Textformat und nicht dazu geeignet von Maxima geladen zu werden. Die Ausdrücke können aber genutzt werden, um sie in Fortran, Basic oder C-Programmen zu verwenden. subst(a,b,c) Ersetzt a für b in c. taylor(a,b,c,d) Taylorreihenentwicklung von a nach b in Punkt c bis zur Ordnung d. translate_le(lename) Übersetzt ein Maxima-File in ein LISP-File (Abschnitt Inx-Prex Konversion). transpose(a) Transponiert Matrix a. trigexpand(a) Eine Vereinfachungsroutine, welche trigonometrische Winkelsummen nutzt, um einen Ausdruck zu vereinfachen. trigreduce(a) Eine Vereinfachungsroutine für trigonometrische Produkte und Potenzen. trigsimp(a) Eine Vereinfachungsroutine, welche verschiedene trigonometrische Funktionen in sin und cos Equivalente umwandelt. vectorsimp(a) Wendet Vereinfachungen und Expansionen bzgl. Vektoroperationen in Abhängigkeit verschiedener globaler Flags an. with_stdout( Datei, Ausdrücke); Leitet die Ausgabe der Ausdrücke in die angegebene Datei um. Hiebei kann kein variabler Dateinamen angegeben werden. Seite 150 Mathematik für Geowissenschaftler 2.0.8 E: Stetigkeit Erinnerung: f : X → R , X ⊂ R ist in x0 ∈ X stetig, wenn gilt: ∀ > 0∃δ > 0∀x ∈ X : |x − x0 | < δ ⇒ |f (x) − f (x0 )| < δ f ist stetig (schlechthin), wenn f x0 ∈ X in jedem stetig ist. Beispiele: i) Die Funktion f : R → R. x 7→ x ist überall stetig Grund: Sei > 0. Wähle δ = . Ist nun |x − x0 | < δ = , so ist |f (x) − f (x0 )| = |x − x0 | < √ ii) · : R≥0 → R ist überall stetig Grund: Sei > 0. Wähle δ := √ √ 2 √ √ x≥ x . Dann gilt: x − x = x−2 xx0 +x0 ≤ +x√ 0 0 0 = x−x0 . √ √ √ x−2x √ √ 0 Daher ist x− x ≤ x − x . Ist also |x−x0 | ≤ δ , so ist x− x ≤ x − x0 ≤ 0 0 0 √ δ = . 1. Fall: Der 2. Fall verläuft analog. iii) Die Funktion sgn(x) ist nicht stetig in 0, da |f (x) − f (0)| ≥ 1 für x 6= 0. iv) Die Funktion ( f (x) = ist in 0 sin 0 1 x für für x 6= 0 x=0 nicht stetig. v) Die Funktion f : R → R, x 7→ xn ist stetig Grund: Sei 0 ≤ x ≤ x0 . Dann ist |xn − xn0 | = −(xn0 − xn ) = −(x0 − x)(x0n−1 + xn−2 x + . . . + x0 xn−2 + xn−1 ) ≤ |x − x0 | · (n + 1) · xn−1 . Dieser Ausdruck wird 0 0 beliebig klein für x nahe bei x0 . Alle anderen Fälle gehen analog. Grund: Wir betrachten die Punkte xn:= π2 + n · 2π. Es ist sin π2 = 1 und wegen 1 der 2π−Periodizität des Sinus gilt sin = sin π2 = 1. Nun wird x1n beliebig xn 1 klein. Also ndet man beliebig nahe bei 0 ein xn0 . Aber | sin − sin(0)| = 1, xn 0 wird also nicht beliebig klein. Satz: Sind f, g : X →R stetige Funktionen, eine stetige Funktion. X ⊂ R, so ist auch f +g : X → R Grund: Für alle > 0 gibt es δ1 , δ2 > 0 , so daÿ |x−x0 | < δ1 ⇒ |f (x)−f (x0 )| < 2 und |x − x0 | < δ2 ⇒ |g(x) − g(x0 )| < 2 . Setze δ := min(δ1 , δ2 ). Dann gilt: |(f + g)(x) − (f + g)(x0 )| = |f (x) − f (x0 ) + g(x) − g(x0 )| Seite 151 Mathematik für Geowissenschaftler ≤ |f (x) − f (x0 )| + |g(x) − g(x0 )| < 2 = 2 Satz: Sei f wie im vorigen Satz, λ ∈ R. Dann ist λf stetig. Grund: Ist λ = 0, so ist das trivialerweise richtig. Sei also λ 6= 0. |λ| . Es ist also > 0 existiert δ > 0, mit |x − x0 | < δ ⇒ |f (x) − f (x0 )| < |λf (x) − λf (x0 )| < |λ| |λ| = Zu Bemerkung: Die letzten beiden Sätze zeigen, daÿ die stetigen Funktionen (mit gemeinsamer Denitionsmenge) einen Vektorraum bilden. Folgerung: Jedes Polynom deniert eine stetige Funktion. Satz: Sind f, g : X → R stetige Funktionen, X ⊂ R, so auch f · g. Grund: Es ist f (x)g(x) − f (x0 )g(x0 ) = f (x)g(x) − f (x0 )g(x) + f (x0 )g(x) − f (x0 )g(x0 ) = g(x)(f (x) − f (x0 )) + f (x0 )(g(x) − g(x0 )) (*) δ1 > 0, so daÿ |f (x0 )(g(x) − g(x0 ))| < /2 (oder äquivalent dazu: |g(x) − ) für alle x ∈ X , mit |x − x0 | < δ1 . Weiter wählen wir δ2 > 0, g(x0 )| < |2f (x 0 )| so daÿ |g(x) − g(x0 )| < 1 ist für alle x ∈ X , mit |x − x0 | < δ2 . Folglich gilt: |g(x)| < |g(x0 )| + 1 für alle x ∈ X , mit |x − x0 | < δ2 . Zum Schluÿ wählen wir δ3 , so daÿ |f (x) − f (x0 )| < 2|g(x0 )|+2 für alle x ∈ X . mit |x − x0 | < δ3 gilt. Insgesamt Wähle haben wir dann: |(∗)| < (|g(x0 )| + 1) · für alle x ∈ X, Satz: Ist f für x nahe + = 2(|g(x0 )| + 1) 2 |x − x0 | < min{δ1 , δ2 , δ3 }. mit : (a, b) → R c. stetig und ist f (c) > 0 Grund: Sei d := f (c). Dann ist |f (x) − d| < d− d 2 < f (x) < d + d 2. für ein d 2 für x c ∈ (a, b), nahe bei so ist c. Also f (x) > 0 0< d 2 = Satz(Nullstellensatz von Bolzano): Ist f : [a, b] → R stetig und ist f (a) < 0 < f (b), so gibt es ein c ∈ (a, b) mit f (c) = 0. Grund: Wir betrachten A := {x ∈ [a, b] | f (x) ≤ 0}. Dann ist A oben beschränkt a ∈ A ist A 6= ∅. Also existiert α = sup(A) ∈ R. Sicher B ⊂ [a, b], da alle oberen Schranken für [a, b] auch obere Schranken für B sind: sup B ≤ b. Also ist α ≤ b. Wäre f (α) > 0, so wäre auch f (x) > 0 für ein Intervall (α − δ, α + δ). Sei x0 ∈ (α − δ, α). Dann ist aber x0 keine obere Schranke von A mehr und es existierte x1 ∈ A, mit x1 > x0 . Also gälte x0 < x1 < α, also x1 ∈ (α − δ, α), mithin f (x1 ) > 0 im Widerspruch zu x ∈ A. Also ist f (α) ≤ 0. Wäre nun f (α) < 0 , so auch f (x) < 0 für x0 nahe bei α und x0 > α, also x0 ∈ A und x0 > α und damit im Widerspruch dazu, daÿ α obere Schranke von A ist. Also ist f (α) = 0, was wiederum α 6= a, b impliziert. (durch b) und wegen gilt für jede Teilmenge Seite 152 Mathematik für Geowissenschaftler Zwischenwertsatz: Sei f : [a, b] → R stetig. Dann wird jeder Wert zwischen f (a) und f (b) angenommen. Grund: Ist f (a) = f (b), so ist nichts zu zeigen. Sei also f (a) 6= f (b). Für y echt f (x)−y f (b)−f (a) . Dann hat g in a und b verschiedenes Vorzeichen. Also gibt es eine Nullstelle von g zwischen a und b. Diese zwischen sei c. g(a) Dann ist und g(b) denieren wir g(x) := f (c) = y . Satz: Ist f : X → R stetig und f 6= 0 auf X , so ist Grund: Sei f (a) > 0. Dann ist 1 f stetig auf X 1 1 f (a) − f (x) f (x) − f (a) = f (x)f (a) Wählen wir nun x |f (x)| > |f (a)| 2 , so gilt : f (a) − f (x) 2 f (x)f (a) < |f (x) − f (a)| |f (a)|2 nahe bei a, mit was oensichtlich beliebig klein für x nahe bei a wird. Satz: Ist f : X → Y surjektiv uns stetig und g : Y → R stetig, so auch g ◦ f . Grund: g(b) und g(y) liegen beliebig nahe beieinander, wenn y nahe bei b ist. Nun ist y = f (x) und b = f (a) für x, a ∈ X . Diese x genügend nahe bei a ist. beieinander, wenn Seite 153 liegen nun wiederum beliebig nahe