Aus der Abteilung für Neuroanatomie des Institutes für Anatomie der Ruhr-Universität Bochum Direktor: Prof. Dr. med. Rolf Dermietzel Einfluss aktivierter Mikroglia auf die funktionelle Kopplung und das Membranpotential einer Astrozyten-Zelllinie Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Vorgelegt von Caroline Möller aus Köln 2005 Dekan: Referent: Korreferent: Prof. Dr. med. G. Muhr PD Dr. med. P.M. Faustmann PD Dr. med. Claus G. Haase Tag der Mündlichen Prüfung: 22.11.2005 2 Seite Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 4 Einleitung Bedeutung und Funktion von Astrozyten im Zentralen Nervensystem Funktionelle Kopplung von Astrozyten über Gap-Junctions Bedeutung und Funktion von Mikroglia Proinflammatorische Wirkung von Lipopolysaccharid (LPS) Veränderung der Eigenschaften von Astrozyten unter inflammatorischen Bedingungen Fragestellungen der Arbeit 5 5 7 11 15 16 17 Material und Methoden Überblick Technische Vorraussetzungen Zellkulturen Passage der RGCs Anzucht der Mikroglia Immuninkubation Patch Clamp-Technik Beschreibende und analytische Statistik 20 20 20 21 23 24 26 27 32 Ergebnisse Funktionelle Kopplung Cx43-Expression Membranpotentialmessung Mikroglianachweis in der Immunfluoreszenz Morphologische Veränderungen Kontrollexperiment: Primäre Astrozytenkulturen 34 34 40 44 47 52 55 Diskussion Funktionelle Kopplung der RGCs Beeinflussung des Membranruhepotentials Wirkung von LPS Pathophysiologische Bedeutung der Ergebnisse Ausblick Zusammenfassung 57 57 59 66 69 76 78 Literaturverzeichnis 79 Danksagung 87 Lebenslauf 88 3 Abkürzungsverzeichnis ATP: Cx43: EEG: ELISA: FGF: GABA: GFAP: HIV: IL: ICAM: INF: Kir: LFA: LPS: 2h LPS pur: 24h LPS pur: LT: MAPK: MEM: MHC: M pur: M+2h LPS: M+24h LPS: MRP: MS: NO: PBS: PCW: PKC: RGCs: rHuTNF-α: RRT : RPT: TNF: Adenosintriphosphat Connexin 43 Elektroenzephalografie enzyme-linked immunosorbent assay fibroblast growth factor Gamma-Aminobuttersäure glial fibrillary acidic protein human immunedeficiency virus Interleukin intercellular adhesion molecule Interferon inwardly rectifying K+ channel leucocyte function antigen Lipopolysaccharid für 2 Std. mit LPS inkubierte Zellen ohne Mikroglia für 24 Std. mit LPS inkubierte Zellen ohne Mikroglia Leukotrien mitogen activated protein kinase minimum essential medium major histocompatibility complex über 30 Std. mit Mikroglia ko-kultivierte Zellen über 30 Std. mit Mikroglia ko-kultivierte und für 2 Std. mit LPS inkubierte Zellen über 30 Std. mit Mikroglia ko-kultivierte und für 24 Std. mit LPS inkubierte Zellen Membranruhepotential Multiple-Sklerose Stickstoffmonoxid phosphate buffered salt solution pneumococcal cell wall components Protein-Kinase-C rat glial cells rekombinantes TNF-α resting ramified type roundet phagozytic type Tumor-Nekrose-Faktor 4 Einleitung Bedeutung und Funktion von Astrozyten im Zentralen Nervensystem Gliazellen bilden die zahlenmäßig größte Zellpopulation des Zentralen Nervensystems (ZNS) und nehmen mehr als die Hälfte seines Volumens ein. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sie nicht nur wie früher angenommen als Stützgerüst und „Kittsubstanz“ für die Neuronen dienen, sondern wichtige Funktionen im reibungslosen Ablauf der neuronalen Informationsübertragung wahrnehmen. Gliazellen lassen sich in Makroglia ektodermalen Ursprungs, hierzu zählen Oligodendrozyten und Astrozyten, und Mikroglia, die sich aus mesodermalen Makrophagen entwickeln, unterteilen. Astrozyten sind untereinander über Gap Junctions gekoppelt. Diese interzellulären Verbindungen ermöglichen eine direkte Kommunikation des Zytoplasmas von benachbarten Zellen. Die Astroglia formt so ein funktionelles Synzytium, das die Neuronen dicht umgibt. Mit ihren Zellausläufern reicht sie bis in unmittelbare Nähe an die Synapsen und somit an die zentralen Schaltstellen neuronaler Aktivität heran. Diese anatomischen Eigenschaften prädestinieren sie für ein enges funktionelles Zusammenspiel mit den Neuronen. Astrozyten können selbst keine Aktionspotentiale auslösen, tragen aber in starkem Maße zur neuronalen Funktion bei, indem sie ein für die Neuronen optimales extrazelluläres Milieu aufrechterhalten. So tauschen sie z.B. mit den Neuronen wichtige Stoffwechselsubstrate wie Glucose, Lactat und Aminosäuren aus. Dies hat einerseits große Bedeutung für den Energiestoffwechsel des ZNS, zum anderen werden den Neuronen so auch die Substrate für die Synthese der Aminosäurentransmitter Glutamat und Gamma-Aminobuttersäure (GABA) bereitgestellt. Nach Freisetzung der 5 genannten Neurotransmitter aus den Synapsen bei neuronaler Aktivität sorgen die Astrozyten für deren Entfernung aus dem Extrazellulärraum. Von besonderer Wichtigkeit ist hier der schnelle Abtransport des Glutamats, da dieses potentiell neurotoxisch wirkt. Astrozyten können Glutamat über einen aktiven Transportmechanismus in sich aufnehmen und so eine gefährliche Anstauung zu toxischen Konzentrationen verhindern. Besondere Bedeutung haben Astrozyten auch in der Regulation der extrazellulären Kalium-Konzentration (Übersicht: Aschner et al., 2002). Bei jeder neuronalen Aktivität wird verstärkt Kalium in den Extrazellulärraum freigesetzt. Die Aktivität der in allen Zellen vorhandenen Na+/Ka+-Pumpe reicht hier nicht aus, um das Kalium schnell wieder in die Zellen hineinzubefördern. Bereits 1966 stellten Orkand et al. erstmals die Theorie des „spatial buffering“ auf, die besagt, dass Astrozyten in der Lage sind, das im Extrazellulärraum anfallende Kalium abzupuffern, indem sie es in ihr Zytoplasma aufnehmen und in Regionen mit niedriger Kaliumkonzentration abtransportieren. Seitdem ist diese Theorie Gegenstand vielfacher Arbeiten gewesen. Man fand heraus, dass die Kalium-Aufnahme über drei verschiedene Wege erfolgen kann. Neben der Na+/Ka+-Pumpe und dem Na+/Ka+/2Cl-Kotransporter scheint vor allem eine Klasse von aktiv, das heißt unter ATP-Verbrauch betriebenen Kalium-Kanälen, für die schnelle Aufnahme von Kalium in die Astrozyten von Bedeutung zu sein. So konnte z.B. an Müller-Zellen der Retina, die Kalium-Regulation durch solche, „inwardly rectifying K+ channels“ (Kir) genannten Kanäle, bewiesen werden (Newman et al., 1993). Diese Hinweise auf die astrozytäre Fähigkeit, Kalium abzupuffern, erscheinen besonders bedeutend, wenn man bedenkt, dass eine pathologisch erhöhte extrazelluläre Kaliumkonzentration als wichtiger Auslöser epileptischer Anfälle gilt (Übersicht: Bordey und Sontheimer, 2001). Weitere Aufgaben von Astrozyten sind die Produktion von Wachstumsfaktoren, Entfernung von Toxinen und metabolischen 6 Abbauprodukten aus dem Extrazellulärraum sowie die Regulation des pHWertes und des extrazellulären Volumens. Funktionelle Kopplung von Astrozyten über Gap Junctions Bereits 1859 wurden Astrozyten von Rudolph Virchow erstmals in der Literatur beschrieben. Er nahm an, dass sie als Stütz- und Haltegewebe dienten und bezeichnete sie daher als „Nervenkitt“. In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde dann erstmals die elektrische Kopplung zwischen Gliazellen demonstriert (Kuffler et al., 1966). Wenig später konnten Brightman und Reese (1969) Strukturen identifizieren, über die ein direkter Austausch von Ionen und Metaboliten zwischen den Zellen stattfand, und die von den Autoren als „Junctions“ bezeichnet wurden. Eine große Anzahl ultrastruktureller, „dye-transfer-“ und elektrophysiologischer Studien haben seitdem die allgemein akzeptierte Ansicht gestützt, dass Astrozyten über Gap Junctions miteinander gekoppelt sind und somit im engen metabolischen Austausch miteinander stehen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Begriff des funktionellen Synzytiums geprägt, der das heutige Wissen um die vielfältigen Funktionen dieser engen Zellkommunikation widerspiegelt. So dient das Netzwerk als direkter Transportweg von Ionen, Metaboliten und Neurotransmittern zwischen unterschiedlichen Regionen. Hier ist wieder die bereits oben genannte Theorie der Kalium-Pufferung hervorzuheben: Das Netzwerk erlaubt einen schnellen Abtransport des Kaliums vom Ort der Ansammlung, also der Synapse, in die perivaskulären Kompartimente, wo es in den Blutstrom abgegeben werden kann. Diese Annahme wird durch die Beobachtung unterstützt, dass Gap Junctions sowohl an Synapsen, als auch an der Blut-Hirn-Schranke besonders zahlreich vorhanden sind. Eine weitere wichtige Beobachtung war, dass erhöhte Konzentrationen von 7 Calcium-Ionen, in der Literatur als „Calcium Waves“ bezeichnet, über relativ weite Distanzen durch die Gap Junctions von einem Astrozyten zum nächsten weitergeleitet werden (Cornell-Bell et al., 1990). Diese können durch Applikation eines Agonisten, wie beispielsweise Gutamat oder durch mechanische Stimulation ausgelöst werden. Die Mechanismen und Funktionen der Calcium Waves sind noch nicht vollständig verstanden, man nimmt aber an, dass sie der Signalübertragung innerhalb des astrozytären Synzytiums dienen und auf diese Weise sogar aktiv an der Neuromodulation teilhaben: Eine durch das Netzwerk fortgeleitete Calcium-Welle könnte z.B. in weiter entfernten Zellen die durch Ca2+-induzierte Ca2+-Freisetzung aus intrazellulären Speichern auslösen, welche regenerative Wirkung hat. Auch die Ausschüttung des ebenfalls regenerativ wirkenden Inositol 1,4,5Triphosphat (IP3) wird möglicherweise auf diese Weise vermittelt. Weiterhin wird angenommen, dass die Ca2+-Signale möglicherweise zu Änderungen der lokalen Pufferkapazität von Ka+-Ionen oder sogar zur Ka+-Freisetzung aus der Gliazelle führen und somit die neuronale Erregbarkeit verändern können. Dies alles weist darauf hin, dass die aktive Signalübertragung im ZNS nicht ausschließlich die Eigenschaft von Neuronen ist. Auch Astrozyten besitzen diese Fähigkeit, wenn auch über einen anderen Mechanismus als die Auslösung von Aktionspotentialen (Übersicht: Dermietzel und Spray, 1993). In Ko-Kultur-Experimenten konnte inzwischen sogar der Signaltransfer zwischen Neuronen und Gliazellen direkt nachgewiesen werden (Nedergaard, 1994; Froes-Ferrao und Campos de Carvalho, 1998). Durch diese Arbeiten wurde die Ansicht bekräftigt, dass Astrozyten durch ihr funktionelles Netzwerk aktiv an der Neuromodulation beteiligt sind. 1977 entwickelten Makowski et al. ein Modell für die molekulare Struktur des Gap-Junction-Kanals, das heute immer noch Gültigkeit besitzt: Jeder Kanal besteht aus zwei Hälften, die Connexon genannt werden und in die Zellmembran eingefügt sind. Die benachbarten Zellen schließen sich mit 8 ihren gegenüberliegenden Connexons zu einem Gap Junction-Kanal zusammen. Der so gebildete durchgängige Tunnel erlaubt die direkte Kommunikation zwischen ihren Zytoplasmen. Die strukturelle Untereinheit der Connexons sind Proteine, die Connexine genannt werden. Jedes Connexon ist aus sechs dieser Connexine aufgebaut. In weiteren Arbeiten fand man heraus, dass das Molekulargewicht und die Struktur der Connexine in unterschiedlichen Geweben variierten. Es existieren also verschiedene Subtypen der Connexine, die von verschiedenen Zellarten exprimiert werden und nach ihrem Molekulargewicht unterschieden und benannt werden. Oftmals finden sich hierbei Überschneidungen, so dass ein Connexin meist in verschiedenen Geweben präsent ist, oder auch eine Zellart mehrere Connexine gleichzeitig exprimiert. Zu Beginn der neunziger Jahre gelang es, das Connexin 43 (Cx43) als zellspezifisches Gap Junction-Protein der Astrozyten zu identifizieren (Dermietzel et al., 1989, 1991; Yamamoto et al., 1990). Seitdem ist es möglich, die funktionelle Kopplung des astrozytären Netzwerkes auch mit Methoden der Immunhistochemie oder Western Blot-Analyse nachzuweisen und zu quantifizieren. Diverse Studien haben gezeigt, dass die Stärke der astrozytären Kopplung kein feststehender Zustand ist, sondern durch Einflüsse verschiedenster Art gestört werden kann. Zu diesen Einflussfaktoren gehören von Neuronen freigesetzte Stoffe wie das Arachidonsäurederivat Anandamide (Venance et al., 1995) oder das schlafinduzierende Lipid Oleamide (Guan et al., 1997). Durch beide Stoffe konnte die interzelluläre Kommunikation über Gap Junctions potent und selektiv gehemmt werden. Desgleichen konnte auch für die Wachstumsfaktoren „Fibroblast-Growth-Factor“(FGF) 2, 9 und 5 eine Beeinflussung der Kopplungsfähigkeit von Astrozyten gezeigt werden, wobei hier interessanterweise die Wirkungen in Abhängigkeit von der Hirnregion variierten. So bewirkte FGF-2 eine Reduktion von Cx43 und der 9 funktionellen Kopplung in Zellen des Kortex und Striatums, nicht aber des Mesenzephalons (Reuss et al., 1998, 2000). Eine weitere in diesem Zusammenhang wichtige Substanzklasse sind die Zytokine (Brosnan et al.,2001). Auch für diese vor allem unter entzündlichen Bedingungen freigesetzten Stoffe wurde in den letzten Jahren eine Wirkung auf die astrozytäre Kopplungsfähigkeit festgestellt: So resultierte die Inkubation mit dem Zytokin IL-1β in einer verminderten Expression von Connexin 43 und in einer Downregulation von Cx43 mRNA in kultivierten Astrozyten aus humanen Feten (John et al., 1999). In primären Astrozytenkulturen der Ratte bewirkte die Inkubation von Astrozyten mit IL-1β oder Lipopolysaccharid (LPS), einem Membranbestandteil gramnegativer Bakterien, eine Verminderung der Cx43-Expression sowie eine verminderte Anzahl von funktionell gekoppelten Zellen.(Hinkerohe et al., 2002; Smikalla et al., 2002). Da aktivierte Mikroglia die Hauptproduzenten proinflammatorischer Zytokine darstellen, wurde auch deren direkter Einfluss auf das astrogliale Netzwerk mittels einer Astrozyten-Mikroglia-Ko-Kultur untersucht. Ein pathologisch erhöhter Mikrogliaanteil resultierte in einem erhöhten Prozentsatz des aktivierten Phänotyps. In diesen Kulturen wurde ebenfalls eine signifikante Verminderung der Cx43-Expression sowie der funktionellen Kopplung festgestellt, was den starken Einfluss aktivierter Mikroglia auf Astrozyten unter inflammatorischen Bedingungen deutlich macht (Faustmann et al., 2003). Umgekehrt konnte der entkoppelnde Effekt eines hohen Mikrogliaanteils in primären Astrozytenkulturen durch die Inkubation mit dem Antikonvulsivum Levetiracetam wieder abgeschwächt werden (Heupel et al., 2003). Hiermit ergibt sich ein wichtiger Hinweis für den Zusammenhang zwischen Störungen des astroglialen Synzytiums und der Entstehung von Epilepsie. 10 Als zugrunde liegender Wirkmechanismus für die Inhibition der astroglialen Kopplung werden dynamische Phosphorilierungsvorgänge von Cx43 angenommen. Diese Vermutung wird durch die Beobachtung gestützt, dass Cx43 sensitiv gegenüber phosphorilierenden Kinasen und Phosphatasen ist. Unter pathologischen Bedingungen können diese Enzyme aktiviert werden und ihre phosphorilierende bzw. dephosphorilierende Wirkung entfalten. So konnte zum Beispiel in Gehirnslices, die zuvor ischämischen Bedingungen ausgesetzt worden waren, die Dephosphorilierung von Cx43 und gleichzeitig die Verminderung der funktionellen Kopplung nachgewiesen werden (Li und Nagy, 2000). Durch Inhibition der Protein-Phosphatase PP-2B ließ sich dieser Effekt abschwächen, was darauf hinweist, dass die Wirkung durch Aktivierung dieses Enzyms vermittelt wurde. Da unter ischämischen Bedingungen verstärkt Zytokine freigesetzt werden, kann man vermuten, dass hier auch Zytokine über die Aktivierung von Phosphatasen an der Wirkung auf Cx43 beteiligt waren. Bedeutung und Funktion der Mikroglia Mikroglia gehören der Mononukleären-Makrophagen-Linie an und bilden die residente, unspezifische Immunabwehr des ZNS. Sie sind überall im Gehirn anzutreffen, jedoch ist eine starke Variation ihrer Dichte in den unterschiedlichen Regionen zu beobachten. Im gesunden Hirngewebe beträgt sie zwischen 5 und 20%. Der Ursprung der Mikrogliazellen war lange Zeit ungeklärt. Sowohl die mesodermale als auch neuroektodermale Herkunft wurde von verschiedenen Wissenschaftlern postuliert. 1980 konnte dann die mesodermale Hypothese durch Ling et al. bewiesen werden: Monozyten, die mit Carbon-Partikeln markiert worden waren, wurden in die Blutbahn neugeborener Ratten 11 injiziert. Später konnten die Carbon-Partikel dann in reifen Mikrogliazellen des Corpus Callosum wiedergefunden werden. Dieses ist ein starkes Indiz für eine Entwicklung von Mikroglia aus Monozyten, also mesodermalen Zellen, während der perinatalen Periode. Diese Hypothese wurde bestätigt durch die Darstellung verschiedener makrophagen-spezifischer Antigene auf Mikrogliazellen mittels Immunhistochemie. So exprimieren ramifizierte Mikroglia Fcund Complementrezeptoren sowie ein makrophagen-spezifisches Glykoprotein unbekannter Funktion (Perry et al., 1985). Des weiteren lassen sich Mikroglia durch Lectin, einem histochemischen Marker, der spezifisch an Monozyten bindet, markieren (Streit und Kreutzberg, 1987). Allerdings lassen sich nicht alle bekannten Monozyten-Marker auch auf Mikroglia wiederfinden. Dieses lässt sich dadurch erklären, dass einige der Antigene während der Entwicklung der Monozyten in Mikroglia verloren gehen. Die Differenzierung von Monozyten zu Mikrogliazellen scheint aber auf die embryonale bzw. peripartale Periode beschränkt zu sein, da dieser Vorgang bei erwachsenen Versuchstieren nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Wie es ihrer Herkunft aus der mononukleären Makrophagen-Linie entspricht, gehören Mikroglia zu den immunkompetenten Zellen. Sie dienen als Mediatoren immunologischer Prozesse und haben als solche verschiedene Funktionen, so z.B. als phagozytierende Makrophagen, Antigenpräsentierende Zellen oder Immuneffektorzellen. Letzteres meint die Fähigkeit der Mikroglia durch Sekretion proinflammatorischer Substanzen eine Immunantwort zu vermitteln: Auf pathologische Veränderungen des Gehirns reagieren Mikroglia mit der raschen Umwandlung in einen aktivierten Phänotyp, der durch die Produktion verschiedener proinflammatorischer Zytokine einen Entzündungsprozess in Gang setzt und potentiell zytotoxisch wirkt (Banati et al., 1993). Der Aktivierungsprozess geht mit Proliferation der Mikroglia am Ort der Entzündung und vor allem 12 auch ihrer morphologischen Umwandlung einher, die mit einer Veränderung ihres immunologischen Status assoziiert ist: Unter physiologischen Bedingungen befinden sich Mikroglia meistens in der ruhenden, ramifizierten Form (resting ramified type=RRT). Diese exprimiert zwar in niedriger Konzentration Komplement- und Immunglobulinrezeptoren, nicht aber weitere entzündungsassoziierte Antigene wie „leukocyte function antigen“ (LFA)-1, intercellular adhesion molecule (ICAM)-1 und MajorHistokompatibilitätskomplexe (MHC)-class 2. Es wird vermutet, dass von Astrozyten produzierte Faktoren im gesunden Hirngewebe die Expression dieser Moleküle verhindern (Hailer et al., 1998). Bei Aktivierung wandelt sich die Mikrogliazelle nun in einen abgerundeten, phagozytierenden Typ (roundet phagozytic type=RPT) um. Gleichzeitig werden die oben genannten entzündungsassoziierten Antigene LFA-1, ICAM-1 und MHC-2 verstärkt auf der Zelloberfläche exprimiert. Der aktivierte Phänotyp wird durch den Entzündungsreiz zur Produktion verschiedenster proinflammatorischer Substanzen angeregt. Hierzu gehören vor allem Zytokine, wie TNF-α oder IL-1β aber auch Arachidonsäuremetaboliten und Prostanoide, sowie reaktive Sauerstoff- und Stickstoffmetabolite (Banati et al., 1993; Lee et al., 1993; Stoll et al., 1998). Die Aktivierungsreaktion kann durch verschiedenste Erkrankungen, wie Infektionen, Trauma, Ischämie, Hirntumore oder Neurodegeneration ausgelöst werden. Als Bestandteil der immunologischen Reaktionen des Organismus dient sie der Abwehr schädigender Einflüsse auf das Hirngewebe. So haben aktivierte Mikroglia die Fähigkeit zu phagozytieren, Mikroorganismen zu zerstören und Zellschutt zu beseitigen. Weiterhin tragen sie durch die Sekretion von Wachstumsfaktoren zur Gewebereparation bei (Kreutzberg, 1996). Auf der anderen Seite kann die Aktivierungsreaktion der Mikroglia und die damit einhergehende Freisetzung von Zytokinen und anderen proinflamma13 torischen Substanzen aber auch schädigende Wirkung haben. Schon lange bekannt ist die große Bedeutung von Zytokinen im Krankheitsverlauf der bakteriellen Meningitis. Waage et al. (1987) stellten in einer klinischen Studie fest, dass bei Patienten mit Meningokokkenmeningitis, in deren Serum TNF-α gefunden wurde, die Krankheit wesentlich häufiger einen fulminanten tödlichen Verlauf hatte als bei den Patienten, bei denen kein TNF-α im Serum gefunden wurde. Diese Erkenntnisse wurden in weiteren Studien, in denen die Konzentration von TNF-α im Liquor von Meningitispatienten gemessen wurde, bestätigt und ergänzt. Die Autoren zeigten, dass nur die bakterielle, nicht aber die virale Meningitis mit einer Erhöhung von TNF-α im Liquor einhergeht und dass weiterhin die Stärke der TNF-α -Erhöhung mit dem klinisch erkennbaren Schweregrad der Erkrankung korreliert. TNF-αKonzentrationen von über 1000pg/ml waren mit epileptischen Anfällen assoziiert, und bei den Patienten, bei denen das Zytokin auch im Plasma gefunden wurde verlief die Erkrankung in ¾ der Fälle tödlich (Arditi et al., 1990; Glimaker et al., 1993). Auch die Schädigung der Blut-Hirn-Schranke bei bakteriellen Meningitiden ist mit der Stärke der TNF-α-Erhöhung im Liquor assoziiert (Sharif et al.,1992). Weiterhin scheinen Mikroglia aber auch bei Virusinfektionen von Bedeutung zu sein. So tragen aktivierte Mikroglia z.B. bei der HIV-Enzephalopathie durch schnelle Proliferation und Zytokinfreisetzung maßgeblich zur Entstehung der frühen neurologischen Symptomatik bei (Genis et al.,1992; Meeker et al.,1999). Die Beteiligung von Mikroglia an pathologischen Prozessen erstreckt sich jedoch nicht ausschließlich auf infektiöse und entzündliche Erkrankungen des ZNS. Auch in Bezug auf Krankheitsentstehung und Verlauf neurodegenerativer Erkrankungen scheinen sie eine wichtige Rolle zu spielen. So wird beispielsweise das kontinuierliche Absterben von Neuronen bei M. Parkinson u.a. durch die zytotoxische Wirkung der von Mikroglia 14 freigesetzten Faktoren vermittelt (Boje und Arora, 1992; Liu und Hong, 2003). Bei M.Alzheimer scheinen Mikroglia auf diese Weise an der Bildung von senilen Plaques beteiligt zu sein. Des weiteren tragen sie bei Autoimmunerkrankungen, wie der experimentellen AutoimmunEnzephalomyelitis, einem Modell für Multiple-Sklerose, durch die Interaktion mit T-Lymphozyten über Zytokinfreisetzung zum Krankheitsprozess bei (Übersicht: Stoll und Jander, 1999). Proinflammatorische Wirkung von Lipopolysaccharid (LPS) Die hauptsächliche proinflammatorische Komponente gramnegativer Bakterien ist das Lipopolysaccharid, abgekürzt LPS (Rietschel et al.,1996). Es hat aktivierende Wirkung auf diverse Zellen des Immunsystems und löst so eine Entzündungsreaktion aus (Bourdiol et al., 1991). Auch bei Mikrogliazellen konnte die Aktivierung durch LPS nachgewiesen werden: LPS bindet an den Rezeptor CD14 (Kitchens, 2000) worauf die Mikroglia mit der Synthese und Freisetzung proinflammatorischer Zytokine und anderer Entzündungsmediatoren reagiert. (Lee et al., 1993; Szczepanik et al., 1996). Noch nicht sicher geklärt ist die Frage, ob auch Astrozyten durch LPS zur Produktion inflammatorischer Zytokine angeregt werden können. So postulierten Chung und Benveniste (1990) die Produktion von TNF-α durch Astrozyten nach LPS-Inkubation. Dagegen konnten Lee et al. (1993) durch Northern-Blot-Analyse und ELISA weder mRNA noch Proteine von TNF-α, IL-1β oder IL-6 im Zytoplasma von Astrozyten, die zuvor mit LPS inkubiert worden waren, nachweisen, was gegen diese Hypothese spricht. Ein wichtiger gramnegativer und somit LPS enthaltender Meningitis-Erreger ist E. coli, der vor allem als häufigster Verursacher von Meningitiden im Säuglingsalter von großer Bedeutung ist. Im Kindesalter überwiegt die 15 Meningitis durch Hämophilus Influenzae, ein ebenfalls gramnegatives Bakterium. Grampositive Erreger, vor allem Pneumokokken und Meningokokken, sind bei der Meningitis im Erwachsenenalter die häufigsten Verursacher. Ihre Zellwand enthält kein LPS, dafür aber andere Komponente, wie z.B. „Pneumococcal Cell Wall Components“ (PCW). Es konnte gezeigt werden, dass diese PCW zumindest in Astrozyten die gleichen Mitogen aktivierten Proteinkinasen (MAPK) aktivieren wie LPS und somit also als Pendant von LPS im grampositiven Bereich angesehen werden können (Schumann et al., 1998). Obwohl heute eine potente Antibiotikatherapie zur Verfügung steht, gehen bakterielle Meningitiden immer noch mit hohen Komplikations- und Sterblichkeitsraten einher. Bis zu 70% der Patienten mit septischer Meningitis zeigen neurologische Symptome wie die septische Enzephalopathie (Bone, 1991; Young et al., 1992). Epileptische Anfälle treten bei 40% aller Patienten mit bakterieller Meningitis auf (Anderson, 1993), während pathologische Befunde im EEG sogar bei 2/3 der Patienten festgestellt wurden (Pomeroy et al., 1990). Da aseptische Meningitiden wesentlich komplikationsärmer verlaufen, lässt sich vermuten, dass die starke Symptomatik der bakteriellen Meningitiden im Wesentlichen auf die Wirkungen der proinflammatorisch wirkenden bakteriellen Zellwandbestandteile, wie LPS, zurückzuführen ist. Veränderung der Eigenschaften von Astrozyten unter inflammatorischen Bedingungen In zahlreichen Arbeiten wurde gezeigt, dass von Mikroglia produzierte proinflammatorische Mediatoren, wie Zytokine, auch die Astrozyten in ihrer Funktion beeinflussen. Die Effekte auf das astrozytäre Kopplungsverhalten wurden bereits oben dargestellt. Ein weiterer Angriffspunkt von Zytokinen an 16 Astrozyten scheinen die elektrophysiologischen Eigenschaften der astrozytären Zellmembran zu sein. So reagierten Astrozyten nach Inkubation mit dem Zytokin TNF-α oder dem Arachidonsäurederrivat Leukotriene B4 mit einer Depolarisation des Membranpotentials. Der gleiche Effekt wurde durch Inkubation mit LPS erzielt. (Köller et al., 1993, 1994 (a), 1994 (b), 1997; Köller, 1997; Hinkerohe et al., 2002; Smikalla et al.,2002). Angesichts der wichtigen Aufgaben der Astrozyten in der Regulation des extrazellulären Milieus könnten sich Störungen ihrer elektrophysiologischen Eigenschaften oder die Unterbrechung ihres funktionellen Synzytiums auch auf die neuronale Informationsübertragung auswirken und so zu neurologischen Symptomen führen. Bisher ist noch nicht vollständig geklärt, ob die Wirkung einzelner proinflammatorischer Faktoren wie z.B. LPS direkt oder aber indirekt über eine Aktivierung der in der Kultur enthaltenen Mikroglia zustande kommt. In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss von aktivierter Mikroglia und LPS auf eine Astrozyten-Zelllinie („rat glial cells"=RGCs), die normalerweise keine Mikroglia enthält, untersucht. Die Zelllinie soll hierbei als Modell für Astrozyten eingesetzt werden. Fragestellungen der Arbeit In dieser Arbeit wurden die folgenden Fragestellungen untersucht: Kann die funktionelle Kopplung der RGCs über Gap Junctions und die Expression von Cx43 durch aktivierte Mikroglia oder LPS-Inkubation gestört werden? Wie schon erwähnt hat die Zugabe einzelner Zytokine wie TNF-α auf primäre Astrozytenkulturen einen entkoppelnden Effekt. Dieser ließ sich bei den RGCs in bisherigen Experimenten der Arbeitsgruppe nicht feststellen. 17 Hieraus ergibt sich die Fragestellung, ob möglicherweise die Anwesenheit von aktivierten Mikroglia eine notwendige Bedingung für den Entkopplungseffekt ist. Die Zugabe von LPS dient zum einen der Aktivierung der Mikroglia; weiterhin soll auch die alleinige Wirkung von LPS ohne Anwesenheit von Mikroglia beobachtet werden. Die Experimente könnten somit die bisherigen Erkenntnisse zum Einfluss der Mikroglia auf die funktionelle Kopplung des Astrozytensynzytiums und somit ihrer Beteiligung an entzündlichen Prozessen im ZNS bestätigen und ergänzen. Haben aktivierte Mikroglia bzw. LPS einen Einfluss auf das Ruhemembranpotential der RGCs? Auch auf das Membranpotential der RGCs zeigte die Zugabe einzelner Zytokine bisher nur sehr geringe Wirkung. Analog zu den Experimenten zur funktionellen Kopplung soll daher auch hier die Bedeutung der Mikroglia untersucht und der Vergleich zu den Wirkungen einzelner Zytokine und LPS auf primäre Astrozytenkulturen gezogen werden. Hierdurch könnten sich weitere Hinweise zur Bedeutung der Mikroglia in der Pathogenese von ZNSErkrankungen, insbesondere der Entstehung von epileptischen Anfällen, ergeben. Die Untersuchung der LPS-Wirkung ist vor allem im Hinblick auf den Pathomechanismus der bakteriellen Meningitis mit dem Symptom Krampfanfall interessant. Werden die Effekte von LPS auf Astrozyten direkt oder indirekt über die Aktivierung von Mikroglia vermittelt? In mehreren Arbeiten wurde bereits gezeigt, dass LPS auf primäre Astrozytenkulturen sowohl einen entkoppelnden als auch membranpotentialsenkenden Effekt hat. Es soll nun untersucht werden, ob diese Effekte auch bei den RGCs durch die alleinige Zugabe von LPS ausgelöst werden können oder aber dazu die gleichzeitige Anwesenheit von 18 Mikroglia benötigt wird. Ersteres würde für ein direktes Angreifen von LPS an den Astrozyten sprechen; letzteres könnte bedeuten, dass die LPS-Wirkung vor allem über der Aktivierung der Mikroglia vermittelt wird, die dann über die Ausschüttung einer Vielzahl von Zytokinen den Effekt auf die Kopplung bzw. das Membranpotential der Astrozyten hervorruft. Ist die verwendete Zelllinie als Modell für Astrozyten im Hinblick auf die untersuchten Fragestellungen gut geeignet? Wie erwähnt unterschieden sich die Reaktionen der RGCs auf die Inkubation mit einzelnen Zytokinen von denen primärer Astrozytenkulturen. Sollte sich bei den Untersuchungen herausstellen, dass dieses nicht im Fehlen der Mikroglia in der Zellkultur begründet ist, kann man daraus schlussfolgern, dass sich die Zelllinie in ihren Eigenschaften stark von primären Astrozytenkulturen unterscheidet und somit zur Untersuchung entzündlicher Einflüsse auf die Kopplungsfähigkeit bzw. das Membranpotential als Modell für Astrozyten weniger geeignet ist. 19 Material und Methoden Überblick Zur Untersuchung der zuvor aufgeführten Fragestellungen wurden Zellen einer Glia-Zelllinie als Astrozyten-Modell über 30 Std. mit Mikrogliazellen ko-kultiviert. Um die Mikroglia zu aktivieren, wurden die Zellkulturen z.T. zusätzlich für 2 oder 24 Std. mit LPS inkubiert, das, wie in der Literatur beschrieben, einen starken Aktivierungsstimulus für Mikroglia darstellt (Szczepanik, 1996). Zur Kontrolle wurden Zellkulturen ohne Zugabe von Mikroglia mit LPS inkubiert, um festzustellen, ob ein eventueller Effekt von LPS direkt oder über die Aktivierung von Mikroglia zustande kommt. Mit der Patch Clamp-Technik konnte gleichzeitig der Effekt auf die funktionelle Kopplung der Zellen und auf das Membranruhepotential gemessen werden. Zusätzlich wurde mit Hilfe der Immunfluoreszenz die Expression des Gap Junction-Proteins Cx43 dargestellt sowie durch den Mikroglia-Marker ED1 der Anteil aktivierter Mikroglia ermittelt. Die Morphologie und das Wachstum der Kulturen wurden durch Lichtmikroskopie der Nativproben kontrolliert. Im Folgenden werden die einzelnen Komponenten der eingesetzten Materialien und Methoden genauer beschrieben. Technische Voraussetzungen Für die Arbeit mit den Rat Glial Cells und Astrozytenkulturen waren sterile Arbeitsplätze und Gebrauchsgegenstände erforderlich. Die meisten Plastikgegenstände wie z.B. die Petrischalen, Pipetten und die Well Plates wurden steril vom Hersteller bezogen (Falcon und Nunc). 20 Wiederverwertbare Gebrauchsgegenstände wie Mediumflaschen und andere Glasbehältnisse, die Präparationsbestecke sowie die Pipettenspitzen wurden bei 120°C und 1 bar Überdruck autoklaviert und ggf. für 8 Stunden bei 180°C hitzesterilisiert. Die Gebrauchslösungen und Medien sowie das LPS und die Antikörper wurden steril angeliefert, ggf. alliquotiert und bei -26°C eingefroren. Die Phosphate Buffered Salt Solution (PBS) wurde selbst hergestellt und anschließend autoklaviert. Sämtliche Arbeitsschritte der Zellanzucht und Aussaat wurden unter einer Lamina Air Flow (Holten safe 2000) durchgeführt. Hierbei war zu beachten, dass das Luftgebläse mindestens 10 Minuten vor Arbeitsbeginn angeschaltet wurde. Um eine größtmögliche Sterilität des Arbeitsplatzes zu gewährleisten, musste auf sorgfältiges und sauberes Arbeiten geachtet werden. Nach Beendigung der Arbeit wurden die Arbeitsflächen gründlich mit Ethanol 70% gereinigt. Zellkulturen Die Versuche wurden mit einer Glia-Zelllinie aus Sprague-Dawley Ratten („rat glial cells“=RGCs) durchgeführt. Diese Zelllinie wurde bereits in mehreren Arbeiten als Modell für Astrozyten eingesetzt (Suter et al.,1987; Hofer et al.,1996). Der Begriff Zelllinie bedeutet, dass die Zellen die Fähigkeit haben, sich in Vitro unbegrenzt zu vermehren. Diese Unsterblichkeit haben sie durch Transformationen im Genom erlangt, das heißt, sie wurden entweder aus Tumoren gewonnen oder sind künstlich mit Onkogenen transfiziert worden. Die hier verwendete Zelllinie stammt von einem Gliom einer Sprague-Dawley-Ratte (wild-type) ab. Die Zellen wurden auf Zellkultur-Petrischalen Größe 100x20mm (Falcon) in einem Nährmedium gezüchtet. 21 Zusammensetzung des Mediums: 10% Fetal Calf Serum 1% Penicillin/Streptomycin (5000U/ml) 1% Nicht-essentielle Aminosäuren (Invitrogen) 1% Natrium-Pyruvat (100mM) 87% Minimum essential medium (MEM) with Earles Salts without LGlutamine (Gibco, gebrauchsfertig vom Hersteller bezogen) Im Folgenden soll die Bedeutung der einzelnen Mediumbestandteile kurz erklärt werden: Das Fetal Calf Serum enthält eine Mischung der verschiedensten wachstumsfördernden Substanzen wie z.B. Polypeptide, Hormone, Lipide und Spurenelemente, die für die Proliferation der Zellen notwendig sind. Penicillin und Streptomycin töten als Antibiotika in die Zellkultur gelangte Bakterien ab. Ihr Wirkspektrum umfasst jedoch nicht sämtliche Erreger so dass Resistenzen möglich sind. Die nicht-essentiellen Aminosäuren sowie das Na-Pyruvat dienen den Zellen als Nährstoffe für die Proteinsynthese bzw. den Energiestoffwechsel. Das MEM ist ein fertig vom Hersteller geliefertes Standartmedium, das einfacher konzipiert ist als das für Primärkulturen verwendete DMEM. Es ist ärmer an Nährstoffen und eignet sich besonders für weniger anspruchsvolle Zellen wie z.B. verschiedene Zelllinien. Dagegen hat es einen hohen Anteil an Ca2+ und Mg2+. Diese Kationen treten mit den Adhäsionsmolekülen der Zellen in Wechselwirkung und ermöglichen ihnen das Anheften und Festwachsen am Boden der Kulturschale. Die Kulturen wurden im Inkubator bei 7% CO2 und 37°C aufbewahrt. Ein Wasserreservoir mit großer Oberfläche sorgte für eine hohe relative Luftfeuchtigkeit von fast 100%. Diese Inkubationsbedingungen waren wichtig, um den für die Zellkulturen optimalen pH-Wert von 7,0-7,2 aufrechtzuerhalten. 22 Da durch den Stoffwechsel der Zellen saure Metabolite frei werden, würden diese das Medium normalerweise nach und nach ansäuern. Um dieses zu verhindern, setzt man ein Puffersystem ein. Dieses besteht aus dem Medium zugesetzten Bikarbonat und dem Kohlendioxid, mit dem der Brutschrank begast wird. Die Säure-Ionen aus dem Zellstoffwechsel werden nun von dem Bikarbonat im Medium abgefangen und in Kohlensäure umgewandelt. Diese befindet sich wiederum im Gleichgewicht mit dem im Wasserdampf gelösten CO2. Daher lässt sich durch Regulation der CO2-Konzentration im Inkubator der pH-Wert im Medium optimal einstellen. Damit die CO2-Atmosphäre auch direkt an die Zellen gelangen kann, darf der Deckel der Petrischalen oder Well Plates nur locker aufgesetzt sein. Die hohe Luftfeuchtigkeit im Brutschrank ist notwendig, um zu verhindern, dass hierdurch zu viel Wasser aus den Zellkulturgefäßen verdunstet. Passage der RGCs Da die Zelllinie wie bereits oben erwähnt unbegrenzt weiterwächst, mussten die dicht konfluent gewachsenen Zellen regelmäßig wieder verdünnt und neu ausgesät werden. Gleichzeitig wurde das Medium erneuert, da die Zellen laufend Nährstoffe und Pufferkapazität verbraucht hatten. Die Passage der Zellen musste etwa alle 3 Tage, sobald die Zellen in der Petrischale zu einem konfluenten Zellrasen zusammengewachsen waren, durchgeführt werden. Hierzu wurde zunächst das Medium abgesaugt und die Zellen mit 5ml PBS (37°C) gewaschen. Danach wurden 2ml Trypsin/EDTA(0,1%) zugegeben, 2/3 davon wieder abgesaugt und die Zellen 5 Minuten damit inkubiert. Die so abtrypsinierten Zellen konnten nun in 5ml Nährmedium suspendiert werden. Um eine neue Kultur in einer Petrischale anzulegen, legte man in dieser Schale 9,5ml Medium vor und gab dann 0,5ml der Zellsuspension dazu. Nun konnten sich die Zellen in frischem Medium erneut vermehren. 23 Für die Versuche wurden die Rat Glial Cells auf Poly-L-Lysine-beschichteten Deckgläschen (12mm) ausgesät. Hierzu wurden aus der abtrypsinierten Zellsuspension 10µl entnommen und in einer Zählkammer unter dem Mikroskop die enthaltenen Zellen ausgezählt. Auf diese Weise hatte man die Zellkonzentration in der Suspension ermittelt und konnte hieraus berechnen, welche Menge an Suspension benötigt wurde, um daraus die gewünschte Anzahl an Zellen zu gewinnen. Das entsprechende Volumen wurde entnommen und bei 1000rpm 10 Minuten zentrifugiert. Nach Absaugen des Mediumüberstandes konnten die Zellen nun auf die gewünschte Konzentration erneut verdünnt und dann in einer Dichte von 60000 pro Deckgläschen ausgesät werden. Nach 45 Minuten Wartezeit zum Absetzen der Zellen wurde zu jedem Deckglas 1ml Medium zugegeben. Das Aussehen und Wachstumsverhalten der ausgesäten Zellen wie auch der Kultur-Petrischalen mussten regelmäßig unter dem Mikroskop (Olympus CK2, Japan) kontrolliert werden, um z.B. schlecht gewachsene Proben von vornherein auszusortieren oder den richtigen Zeitpunkt für die nächste Passage der RGCs einzuschätzen. Anzucht der Mikroglia Die Mikroglia konnten aus primären Astrozytenkulturen gewonnen werden, da in diesen neben den Astrozyten immer auch Mikroglia mit enthalten sind. Die Kulturen wurden aus Gehirnen von neugeborenen (P0-P2) Wistar-Ratten nach der Methode nach Dermietzel et al., (1991) wie folgt präpariert: Die Meningen wurden abgezogen und das Hirngewebe für 30 Min. in einer 0,1%igen Trypsinlösung (Invitrogen) bei 37°C inkubiert. Dann wurde es mit Waschmedium (Dulbecos minimal essential medium with 1% Glucose, 10% fetal calf serum) gewaschen, und danach 5 Min. mit 1%DNAse 1 (bovine 24 pancreas, Serva, Heidelberg) in PBS bei Raumtemperatur inkubiert. Nach dem Blocken der Enzym-Aktivität wurden die Zellen in Astrozyten-KulturMedium (DMEM, 10% fetal calf serum, 1% Nicht-essentielle Aminosäuren (Invitrogen), Penicillin (50µg/ml), Streptomycin (50µg/ml) und Glutamin) suspendiert. Hierfür wurden sie durch eine Pipette titriert, und nachfolgend durch ein Gaze-Netz (60µm) filtriert. Danach konnten sie in Kulturflaschen (Becton Dickinson, Heidelberg) überführt (2 Gehirne pro Flasche) und im Brutschrank aufbewahrt werden. Nach 4 Tagen waren die Kulturen konfluent und das Medium musste gewechselt werden. Mikroglia haben die Eigenschaft, in Medium, das durch Astrozyten konditioniert wurde, zu proliferieren (Frei et al., 1986). Daher wurde jetzt weitere 5-10 Tage abgewartet und das Medium nur alle 3-4 Tage zur Hälfte gewechselt, so dass sich die Miroglia auf der Astrozytenkultur vermehren konnten. Nach insgesamt 9-14 Tagen war die Dichte der Mikroglia groß genug, so dass sie für die Versuche verwendet werden konnten. Hierzu wurden die Kulturflaschen 15 Minuten von Hand geschüttelt, so dass sich die Mikroglia von der Kultur ablösten und im Mediumüberstand schwammen. Dieser Überstand konnte nun entnommen werden und je nach geschätzter Konzentration der Mikroglia 0,5-1ml davon auf die am Vortag ausgesäten RGCs gegeben werden. Danach wurde weitere 24-30 Std. bis zum Messen der funktionellen Kopplung und des Membranpotentials mit der Patch Clamp-Technik gewartet, damit sich die Mikroglia erst auf den RGCs absetzen konnten. Die Versuchszellen waren also zum Zeitpunkt der Patch Clamp-Messung 45+/-3 Std. alt und seit 24-30 Std. mit Mikroglia inkubiert. Für die Versuche „Mikroglia+2 Std. LPS“ und „Mikroglia+24 Std. LPS“ wurden die Zellen 2 bzw. 24 Std. vor dem Messen des Membranpotentials zusätzlich mit 1µg/ml LPS (E.coli 026:B6, L 2654, Sigma, Taufkirchen) inkubiert. 25 Immuninkubation Nach Messung des Membranpotentials mit der Patch Clamp-Technik wurden die Zellen mit PBS bedeckt und bei 4°C aufbewahrt, so dass sie am folgenden Tag mit der Immunfluoreszenz-Methode behandelt werden konnten. Das Prinzip der Immunhistochemie ist das Sichtbarmachen von Proteinen durch die Verwendung von Antikörpern. Es wird zunächst ein Erstantikörper auf das Gewebe aufgebracht, der sich gegen das Protein richtet, das dargestellt werden soll. Der Erstantikörper dockt mit seiner variablen Domäne am Protein an und hat es somit markiert. In einem zweiten Schritt wird nun ein Zweitantikörper eingesetzt, der sich mit seiner variablen Region gegen den Erstantikörper richtet und an seinem heavy-chain-Terminus mit einem fluoreszierenden Farbstoff gekoppelt ist. Somit wird das darzustellende Protein mit dem Fluoreszenzfarbstoff markiert und kann hierdurch unter dem Fluoreszenzmikroskop spezifisch identifiziert werden. Für die Immuninkubation wurden die Zellen zunächst in PBS gewaschen, dann für 10 Min in 100% Ethanol fixiert und noch einmal gewaschen. Anschließend wurden unspezifische Bindungsstellen mit einer Blocklösung (PBS; 1%Albumin Fraktion 5 aus Rinderserum, Merck; 10% Horse Serum, GIBCO BRL) für 20 Min blockiert. Die Erstantikörper wurden mit Blocklösung verdünnt und für jeweils 60 Min. bei Raumtemperatur aufgetragen. Folgende Erstantikörper wurden verwendet: -Cx43 polyklonal, from rabbit (Verdünnung 1:100, Hofer, Zymed), der sich gegen den Carboxy-Terminus (internal loop) von Cx43 richtet (Hofer et al., 1996) -ED1 monoklonal (1:100, Serotec MCA 341R, Eching), als Mikroglia-Marker 26 -GFAP polyklonal, gegen das Glial Fibrillary Acidic Protein (1:100, Sigma G 9269) zur Astrozytenidentifizierung Nach drei Waschgängen mit PBS à 5 Minuten folgte die Inkubation mit den fluoreszierenden Zweitantikörpern (Alexa 488 goat anti-rabbit, grün, polyklonal; Alexa 568 goat anti-mouse, rot, monoklonal; Molecular Probes, Leiden, Holland), 1:1000 mit PBS verdünnt. Anschließend musste wieder mehrmals gründlich mit PBS gespült werden. Um die Zellanzahl besser quantifizieren zu können, wurden die Zellkerne zusätzlich für 10 Minuten mit dem Kernfarbstoff HOECHST 33342 (1:2500, Sigma B2261) angefärbt. Es folgten noch 3 Waschgänge mit PBS, danach wurden die Glasplättchen mit dem ProLong antifade kit (Molecular Probes) auf Objektträgern fixiert. Sie konnten nun bei 4°C über mehrere Monate gelagert werden. Die Auswertung der Proben erfolgte durch die Mikroskopie unter dem Immunfluoreszenz-Mikroskop Axiovert 35 (Zeiss). Patch Clamp-Technik Für die Messung des Membranpotentials sowie der Anzahl der gekoppelten Zellen wurde die Patch Clamp-Technik (Axon 200-B patch clamp amplifier) eingesetzt. Unter den unterschiedlichen Konfigurationen, die prinzipiell mit dieser Technik möglich sind, wurde die Ganz-Zell-Ableitung (Whole Cell Configuration) gewählt. Das Prinzip dieser Technik besteht darin, eine einzelne Zelle unter dem Mikroskop mit einer Mikropipette anzusaugen, d. h. die Zellmembran zu durchbrechen und so das im Inneren der Zelle vorliegende Spannungspotential zu messen. 27 Gleichzeitig wird über die Pipette ein fluoreszierender Farbstoff in die Zelle injiziert. Dieser Farbstoff, „Luzifer-Yellow“, ist chemisch ein fluoreszierendes 4-Aminonaphtalimide und hat aufgrund seines geringen Molekulargewichtes die Eigenschaft, frei durch Gap Junctions hindurch zu diffundieren. Die Verteilung des Farbstoffs in andere Zellen wird „dyecoupling“ genannt und ist gleichzusetzen mit der elektrischen Kopplung des Zellsynzytiums (Stewart, 1981). Nach der Injektion des Farbstoffes in einen Astrozyten, wird sich dieser innerhalb weniger Minuten durch die Gap Junctions auch in die benachbarten Zellen verteilen und sie anfärben. Hierdurch kann man genau die Anzahl der mit der Ursprungszelle gekoppelten Zellen feststellen. Die verwendete Technik erlaubt auf diese Weise ein gleichzeitiges Messen des Membranpotentials der Zelle und ihrer elektrischen Kopplung an benachbarte Zellen (Gayol et al., 1999; Chvatal et al., 2001). Im Folgenden sollen die technischen Grundlagen und das Vorgehen bei der Patch Clamp-Technik erklärt werden: Für das Durchführen von Patch Clamp-Experimenten ist ein komplettes Patch Clamping-Setup erforderlich. Hierzu gehören die folgenden Komponenten: - Ein Mikroskop, durch das die Zellen während des Patch-Vorgangs beobachtet werden. Nur unter ständiger optischer Kontrolle ist es möglich, eine einzelne Zelle mit der Mikropipette vorsichtig anzusaugen. Nach erfolgreichem Patchen der Zelle kann man bei abgedunkelter Mikroskopbeleuchtung die Verteilung des Luzifer-Yellow in die benachbarten Zellen beobachten. Bei der vorliegenden Untersuchung wurde ein Zeiss Axioskop mit FITC filter set verwendet. Zusätzlich wird eine UV-Lampe eingesetzt, um den fluoreszierenden Farbstoff sichtbar zu machen. Mit einer auf das Mikroskop aufgesetzten 28 Kamera können die Zellen und ihre Anfärbung durch Luzifer-Yellow nach erfolgtem Patchen photographiert werden. - Ein Mikromanipulator, mit dem die Mikropipette vorsichtig an die Zelle herangesteuert wird, bis die optimale Position zum Ansaugen der Zelle erreicht ist. - Die Mikropipette, die durch Ansaugen in das Zellinnere eingebracht wird. Es werden dünne Glaspipetten verwendet, die mit Hilfe eines Pipetten-Pullers aus feinen Glasröhrchen selbst hergestellt werden. Der Pipetten-Puller muss so eingestellt werden, dass die gezogenen Pipetten den passenden Öffnungsdurchmesser erhalten. Der elektrische Widerstand der Pipette darf nicht zu groß sein. In diesem Fall betrug er idealerweise 5-6 mOhm (Köller et al, 1994). Es ist wichtig, dass die Pipette gute Seals bildet. Dies bedeutet, dass die Pipette nach Durchbrechen der Zellmembran dieses Membranstück gut isoliert und möglichst wenige Leckströme entstehen, die den Messvorgang stören würden. Die Pipette wird mit intrazellulärer Lösung, die in der Zusammensetzung dem intrazellulären Milieu der Zelle entspricht (in mMol: Ka-Gluconat (135), KCl (20), MgCl2 (2), Hepes (10), EGTA (10), pH 7,4), gefüllt. In der intrazellulären Lösung ist der Luzifer-Yellow-Farbstoff gelöst (5%wt/vol). Für gute Messergebnisse ist zu beachten, dass die Pipette erst kurze Zeit vor der Verwendung hergestellt wird, da es bei längeren Aufbewahrungszeiten bereits zur Abstumpfung der feinen Pipettenspitze kommen kann. - Ein Vorverstärker (Headstage). An diesem ist eine Elektrode angebracht, über die der Strom in die mit Pipettenlösung gefüllte Pipette fließen kann. Das Headstage ist über eine mechanische Steuerung mit dem Mikromanipulator verbunden. Über das Headstage kann so die Position der Pipette verändert werden. 29 - Der Verstärker. Über ihn wird ein Spannungsimpuls abgegeben und so der Stromfluss über die Pipette aufrecht erhalten. Gleichzeitig kann nach dem Patchen der Zelle das Membranpotential gemessen werden. - Ein Computer. Mit dem Programm Clampex 7.0 kann das Spannungssignal des Verstärkers mittels einer Oszilloskopanzeige auf den Computerbildschirm dargestellt und so der ganze Messvorgang direkt am Computer ausgewertet und gespeichert werden. - Ein Pumpensystem. Die Zellen liegen während des Versuchs in einer Ringer-Lösung (Zusammensetzung in mM: Na (147), Ka (4,0), Ca (2,2) Cl (156); Braun, Melsungen). Damit die Lösung nicht z.B. durch ausgelaufenen Farbstoff verunreinigt wird, zirkuliert sie durch ein Pumpensystem. Mit langsamer Geschwindigkeit fließt sie über einen Schlauch auf den Objektträger und wird durch einen zweiten Schlauch wieder abgepumpt, so dass die Zellen immer von frischer Lösung umspült werden. - Ein vibrationsausgleichender Tisch, auf dem das Mikroskop steht. Dieser ist wichtig, da beim Heranfahren der Pipette an die Zelle und vor allem während des Patchvorganges schon kleine Erschütterungen zum Abbrechen der Pipettenspitze führen können. Für ein Patch-Experiment wird zunächst das Deckgläschen mit den Zellen in das Ringer-Bad auf dem Objekttisch gelegt und die Zellen mit dem Mikroskop scharfgestellt. Man wählt eine gesund aussehende Zelle zum Patchen aus und stellt den Objektträger so ein, dass sie sich etwa in der Mitte des Sichtfensters befindet. Die Mikropipette wird mit Hilfe einer Kanüle vorsichtig etwa zur Hälfte mit der Luzifer-Yellow-Lösung gefüllt, wobei darauf geachtet werden muss, dass keine Luftbläschen entstehen. Danach wird die Pipette auf die Mikroelektrode aufgesteckt, so dass sich das Elektroden-Ende in der Lösung befindet, und an der Elektrodenhalterung am Headstage festgeschraubt. Über den mit der 30 Pipette verbundenen dünnen Kunststoffschlauch wird ein leichter Überdruck an der Pipettenspitze angelegt. Nun wird die Mikropipette auf den Objektträger heruntergefahren, bis die Spitze in die Badlösung eintaucht. Der Verstärker wird nun eingeschaltet und mit Hilfe der Offsetkorrektur so eingestellt, dass bei I=0A das abzulesende Potential auch gleich Null ist. Als nächstes wird ein automatischer Testpuls von 5mV alle 5ms angelegt, der auf der Oszilloskopanzeige des Computers erscheint. Der Strom fließt nun über die Mikropipette in die Ringer-Lösung und über eine zweite sich in der Lösung befindende Elektrode wieder heraus zurück zum Verstärker. Im SealTest-Modus kann so anhand der Stromantwort der Pipette ihr Widerstand bestimmt werden. Der Stromfluss sollte etwa 1nΑ betragen. Danach wird der Seal-Test ausgeschaltet und der Spannungspuls im Clampex-Programm des Computers auf 10mV umgestellt. Der Stromfluss sollte nun etwa 2nA betragen. Jetzt manövriert man mit Hilfe des Mikromanipulators die Pipettenspitze unter Sicht vorsichtig an die Membran der zu patchenden Zelle heran. Wenn man schon sehr nah an der Zellmembran ist, zeigt sich dies auf dem Oszilloskop in einer geringen Abnahme des Stromflusses durch die Widerstandserhöhung. Nun saugt man die Zelle über den Kunststoffschlauch mit dem Mund an. Beim Durchdringen der Zellmembran entsteht ein GigaSeal, die Anzeige auf dem Bildschirm springt nach oben, und es sind kapazitive Ströme am Anfang und Ende des Pulses zu sehen. Durch das im Inneren der Zelle vorliegende Spannungspotential wird der Stromfluss über die Pipette verändert. Man gleicht nun im Holding Command-Modus den Strom wieder auf Null ab. Beim Umschalten am Verstärker auf Vhold/Ihold wird die hierfür benötigte Spannung angezeigt. Sie entspricht dem Ruhemembranpotential der Zelle, welches auf diese Weise direkt abgelesen werden kann. 31 Sofort nach dem Einbringen der Pipettenspitze in den Intrazellulärraum diffundiert das in der Pipette enthaltene Luzifer-Yellow in die Zelle hinein und verteilt sich darin. Wenn die Zelle über durchgängige Gap Junctions mit anderen gekoppelt ist, kann man beobachten, wie der Farbstoff nach und nach auch diese anfärbt. Dies wird am besten sichtbar, wenn die normale Mikroskopbeleuchtung abgedeckt wird, da dann unter UV-Licht nur noch der fluoreszierende Farbstoff zu sehen ist. Nach 2 und 10 Minuten werden Photos gemacht, auf denen dann später in Ruhe die gekoppelten Zellen ausgezählt werden können. Zusätzlich wird noch ein Photo in Phasenkontrasttechnik gemacht, d. h. ohne Abdunklung, aber mit maximal verringerter Beleuchtungsstärke. Auf diese Weise erhält man einen guten Überblick über die tatsächliche Lage der Zellen zueinander. Beschreibende und analytische Statistik Die auf den RGCs ko-kultivierten Mikroglia konnten nach Messung des Membranpotentials in der Immuninkubation mit Hilfe des ED1 Antikörper markiert und so identifiziert und ausgezählt werden. Die Dichte betrug bei allen Proben zwischen 5 und 12%, was ungefähr der natürlichen MikrogliaDichte des Gehirns unter physiologischen Bedingungen entspricht. Da Mikroglia nur im aktivierten Zustand proinflammatorische Zytokine produzieren (Kloss et al., 1997, Ledeboer et al., 2000), war der Anteil der aktivierten Mikroglia ein wichtiger zu ermittelnder Parameter. Wie bereits erwähnt lässt sich der Aktivierungsgrad der Mikroglia anhand der Morphologie ermitteln (Kreutzberg, 1996; Stoll et al., 1998; Stoll und Jander,1999): Unter inflammatorischen Bedingungen verändert sich die Morphologie der Mikroglia vom ruhenden, ramifizierten Phänotyp (kleine Zellkörper mit nur kleinem perinukleären und submembranösen zytoplasmatischen Rand; dünne 32 Zellausläufer, die länger als der Durchmesser des Zellkörpers sind) über einen intermediären Typ zum aktivierten runden phagozytierenden Phänotyp (kurze Zellausläufer, großer Zellkörper-Durchmesser; mehrere zytoplasmatische Vakuolen im perinukleären Randbereich) (Booth und Thomas, 1991; Slepko und Levi, 1996). Durch Auszählen konnte der Prozentsatz des aktivierten Phänotyps bezogen auf alle sich innerhalb eines Sichtfensters befindenden Mikroglia festgestellt und als Marker für die Stärke der entzündlichen Reaktion der Mikroglia verwendet werden. Die Cx43-Expression wurde visuell unter dem Immunfluoreszenz-Mikroskop ausgewertet. Es wurde eine Rangskala von 25%, 50%, 75% und 100% Cx43Positivität aufgestellt und die Proben den entsprechenden Prozentsätzen zugeordnet. Die Cx43-Positivität wurde als Immunreaktivität pro Sichtfeld (10 x 0,2mm²) definiert. Der Median für jeweils eine Versuchsbedingung ergab sich hier aus mindestens 4 Einzelergebnissen. Bei der Messung des Membranpotentials wurden pro Versuchsvariable mindestens 11 Einzelmessungen durchgeführt, bei der Ermittlung der Kopplung der Zellen waren es mindestens 8. Die Unterschiede zwischen den Medianen der Einzelergebnisse wurden mit dem Mann-Whitney-Test (one-tailed) auf Signifikanz geprüft. Für die Deskriptiv- und Prüfstatistik sowie die graphischen Darstellungen (Diagramme) wurde das Programm GraphPad Prism Version 3.00 für Windows (GraphPad software, San Diego California USA) eingesetzt. 33 Ergebnisse Für die verschiedenen Versuchsvariablen werden die folgenden Abkürzungen verwendet: M pur= über 30 Std. mit Mikroglia ko-kultivierte Zellen M+2h LPS= über 30 Std. mit Mikroglia ko-kultivierte und für 2 Std. mit LPS inkubierte Zellen M+24h LPS= über 30 Std. mit Mikroglia ko-kultivierte und für 24 Std. mit LPS inkubierte Zellen 2h LPS pur= für 2 Std. mit LPS inkubierte Zellen ohne Mikroglia 24h LPS pur= für 24 Std. mit LPS inkubierte Zellen ohne Mikroglia RGCs= rat glial cells Bei den angegebenen Spannungswerten des Membranpotentials wurde jeweils nur der Betrag der Spannung angegeben; es handelt sich bei den Messwerten jedoch ausnahmslos um im Verhältnis zum Extrazellulärraum negative Spannungen (-mV). Funktionelle Kopplung (siehe Grafik Abb. 1 und Photos Abb. 2-5) Die funktionelle Kopplung der RGCs wurde mittels der Injektion von LuziferYellow ermittelt. 10 Minuten nach dem Patchen der Zelle wurde ein Photo erstellt und auf diesem die durch den Farbstoff angefärbten Zellen ausgezählt, wobei die gepatchte Zelle nicht mitgezählt wurde. Im Hinblick auf die Ergebnisse mit primären Astrozytenkulturen erwartete man eine Verminderung der funktionellen Kopplung unter entzündlichen Bedingungen. Interessanterweise trat dieser Effekt bei den RGCs nicht ein: 34 Als Kontrollwert ergab sich für die mittlere Anzahl miteinander gekoppelter Zellen der Wert 4,5 (Median, range 0-16). Anhand der Kontrollmessungen kann man erkennen, dass die gemessenen Werte eine breite Streuung aufwiesen. Dies kann zum Teil dadurch bedingt sein, dass die Zelldichte variierte, obwohl die Zellen zum Zeitpunkt des Patchens alle gleich alt waren und möglichst immer Stellen mit ungefähr gleicher Dichte zum Patchen ausgewählt wurden. Es muss beachtet werden, dass auch bei den Kontrollzellen dreimal keine Kopplung festgestellt wurde. Dies tritt immer wieder auf und kann zum Beispiel dadurch bedingt sein, dass sich die Zelle gerade in der Mitose befindet oder als frisch entstandene Zelle noch nicht in den Zellverband eingegliedert ist. Schaut man sich nun die mit LPS pur inkubierten Zellen an, so stellt man fest, dass sich weder bei 2 Std. Inkubationszeit mit 4,5 (range 0-16) gekoppelten Zellen noch nach 24 Std. mit 7,0 (range 0-14) eine signifikante Veränderung der funktionellen Kopplung ergeben hat (p=0,4868 für 2h LPS pur; p=0,3153 für 24h LPS pur). Bemerkenswerterweise erhielt man ähnliche Ergebnisse auch für die zusätzlich mit Mikroglia ko-kultivierten RGCs: Bei den Proben M+2h LPS und M+24h LPS zeigte sich mit 3,5 (range 0-17) und 4,5 (range 0-12) gekoppelten Zellen kein statistisch signifikanter Unterschied zum Kontrollwert 4,5 (p= 0,5 für M+2h LPS und p= 0,3421 für M+24h LPS). Bei der Probe M pur schien die Anzahl der gekoppelten Zellen mit 8,5 (range 012) ganz entgegen der Erwartung sogar zuzunehmen. Hierbei muss aber die große Streubreite der Einzelwerte beachtet werden. Die statistische Testung mit dem Mann-Whitney-Test ergab mit p=0,4484 ebenfalls keinerlei signifikante Abweichung vom Kontrollwert. 35 Abb. 1: Funktionelle Kopplung der RGCs 10 Min nach Farbstoffapplikation Man kommt also zu dem Ergebnis dass unter keiner der Versuchbedingungen eine signifikante Veränderung im Kopplungsverhalten der RGCs beobachtet werden konnte. Die Tatsache, dass auch durch stärkste inflammatorische Bedingungen (M+24h LPS) keine Verminderung der funktionellen Kopplung erzielt wird, weist darauf hin, dass die Zelllinie diesbezüglich gegenüber äußeren Einflüssen proinflammatorischer Art weitgehend resistent ist. 36 Abbildungen 2-7: Funktionelle Kopplung (Patch Clamp-Technik) Abb. 2: Kontrolle RGCs Abb. 3: Kontrolle RGCs, Kontrastaufnahme Abb. 4: RGCs +Mikroglia (M pur) Abb. 5: RGCs +Mikroglia +2 Std. LPS-Inkubation (M+2h LPS) Abb. 6: Kontrollexperiment primäre Astrozytenkulturen: Kontrolle Abb. 7: Kontrollexperiment Astrozytenkulturen: 2 Std. Inkubation mit LPS, Kontrastaufnahme 37 Erläuterungen zu Abb. 2-7: Funktionelle Kopplung (Patch Clamp-Technik) Abb. 2: Kontrolle RGCs Man sieht die gepatchte Zelle durch das injizierte Luzifer-Yellow neongelb angefärbt. Es lassen sich gut der runde Zellkörper und die länglichen Ausläufer der Zelle erkennen. Um die Zelle herum sind etwa 20 weitere RGCs erkennbar, die von dem Farbstoff schwächer angefärbt sind. Der Farbstoff ist über Gap Junctions von der gepatchten Zelle in die Nachbarzellen hinein diffundiert, was zeigt, dass diese Zellen funktionell miteinander gekoppelt sind. Abb. 3: Kontrolle RGCs, Kontrastaufnahme Im Kontrastbild lässt sich die tatsächliche Dichte der gewachsenen Zellen besser erkennen. Wieder sieht man die gepatchte Zelle, in der in diesem Fall noch die Spitze der Mikropipette steckt, und kann erkennen, wie sich das Luzifer-Yellow in die umliegenden Zellen verteilt. Abb. 4: RGCs +Mikroglia (M pur) Auch hier ist deutlich zu sehen, dass sich der Farbstoff in mehrere benachbarte Zellen ausbreitet. Die Ko-Kultivierung mit Mikroglia hat also keine Inhibition der funktionellen Kopplung bewirkt. Abb. 5: RGCs +Mikroglia +2 Std. LPS-Inkubation (M+2h LPS) Das Bild zeigt die Anfangsphase der Farbstoffausbreitung 2 Minuten nach der Luzifer-Yellow-Injektion. Man kann sehen, dass der Farbstoff bereits innerhalb dieser kurzen Zeitspanne in zwei der benachbarten Zellen hineindiffundiert ist und diese angefärbt hat. 38 Abb. 6: Kontrollexperiment primäre Astrozytenkulturen: Kontrolle Hier wurde an einer primären Astrozytenkultur die funktionelle Kopplung unter nicht-entzündlichen Bedingungen gemessen. Man sieht wie bei den RGCs die deutliche Ausbreitung des Farbstoffs in die durch Gap Junctions mit der gepatchten Zelle verbundenen Astrozyten. Abb. 7: Kontrollexperiment primäre Astrozytenkulturen: 2 Std. Inkubation mit LPS Man sieht die gepatchte Zelle mit ihren Ausläufern stark angefärbt. Im Gegensatz zu dem vorherigen Bild ist hier nach der zweistündigen Inkubation mit LPS aber keine Ausbreitung von Luzifer-Yellow in andere Zellen zu sehen. Das LPS hat also die funktionelle Kopplung der Astrozyten unterbunden. 39 Cx43-Expression (siehe Grafik Abb. 8 u. Photos Abb. 9-12) Mit Hilfe der Immunfluoreszenz konnte die Expression des Proteins Cx43 in der Zellmembran der RGCs sichtbar gemacht werden. Wie zuvor beschrieben ist Cx43 das zellspezifische Connexin der astrozytären Gap Junctions. Es kann daher als Marker für die Stärke der Kopplung zwischen den Zellen dienen. In diesen Untersuchungen wurden die Ergebnisse aus den Patch ClampExperimenten bestätigt: Als Kontrollwert ergab sich ein Median von 75% (range 50-100%). Bei den Proben, die über 24 Std. mit LPS inkubiert waren, betrug die mittlere Cx43-Expression nur 50% (range 25-75%). Dieser Wert unterscheidet sich aber mit p=0,1032 statistisch nicht signifikant von der Kontrolle. Für die 2h LPS pur-Proben wurde mit 75% (range 50-75%) sogar exakt der gleiche Median wie bei der Kontrolle ermittelt (p=0,2567). Auch für die mit Mikroglia ko-kultivierten Proben ergab sich keine wesentliche Veränderung der Cx43-Expression. So zeigten lediglich die Mikroglia pur-Proben mit 87,5% (range 50-100%) eine leichte Steigerung gegenüber der Kontrolle (mit p=0,2697 statistisch nicht signifikant). Die Proben M+24h LPS und M+2h LPS unterschieden sich mit jeweils 75% Cx43-Expression (range 50-75% und 75-75%) wiederum nicht von der Kontrolle. Die mittels Immunfluoreszenz gewonnenen Ergebnisse bestärken die These, dass die RGCs sich in ihrem Kopplungsverhalten von entzündlichen Umgebungsbedingungen nicht beeinflussen lassen. 40 Abb. 8: Expression von Cx43 in der Immunfluoreszenz 41 Abbildungen 9-12: Darstellung von Cx43 in der Immunfluoreszenz Abb. 9: Kontrolle RGCs, Vergr.: 63fach Abb. 10: RGCs +Mikroglia (M pur), Vergr.: 63fach Abb. 11: RGCs +Mikroglia +2 Std. LPSInkubation (M+2h LPS), Vergr.: 63fach Abb. 12: RGCs +Mikroglia +24 Std. LPSInkubation (M+24h LPS), Vergr.:63fach 42 Erläuterungen zu Abb. 9-12: Darstellung von Cx43 in der Immunfluoreszenz Abb. 9: Kontrolle RGCs, Vergrößerung (Objektiv): 63fach Durch Einsatz eines Antikörpers gegen das Protein Cx43 und nachfolgende Grün-Markierung durch den Zweit-Antikörper wird hier die Expression von Cx43 und somit der Gap Junctions dargestellt. Man sieht bei der Kontrolle die hohe Dichte des als grüne Pünktchen erscheinenden Cx43. Die hohe Cx43Expression lässt sich als starke funktionelle Kopplung der Zellen untereinander deuten. Abb. 10: RGCs +Mikroglia (M pur), Vergr.: 63fach Abb. 11: RGCs +Mikroglia +2 Std. LPS-Inkubation (M+2h LPS), Vergr.: 63fach Abb. 12: RGCs +Mikroglia +24 Std. LPS-Inkubation (M+24h LPS), Vergr.: 63fach Man erkennt auf den Bildern die deutliche Expression von Cx43. Diese mag im Vergleich zur Kontrolle evtl. leicht schwächer erscheinen. Hierbei muss aber beachtet werden, dass die Zelldichte bei den mit Mikroglia kokultivierten Proben geringer ist. Dies fällt vor allem bei der M+24h LPSProbe (Abb. 11) auf. Man kann also feststellen, dass weder durch die Ko-Kultivierung mit Mikroglia allein, noch durch die zusätzliche LPS-Inkubation eine deutliche Verminderung der Expression von Cx43 und damit der funktionellen Kopplung über Gap Junctions bewirkt worden ist. 43 Membranpotentialmessung (siehe Grafik Abb. 13) Zunächst war es notwendig einen für die verwendete Zelllinie unter den angewandten Versuchsbedingungen gültigen Vergleichswert für das normale Ruhemembranpotential zu ermitteln. Es ergab sich aus einer Anzahl von 20 Einzelmessungen ein mittleres Membranpotential von 26,28mV (Median; range 6,50-43,10mV). Dieser Wert variiert stark von dem unter unseren Versuchsbedingungen gemessenen mittleren Membranpotential von primären Astrozytenkulturen, das bei 41,0mV liegt. Die RGCs scheinen also auch unter nicht entzündlichen Bedingungen ein generell niedrigeres Ruhemembranpotential zu haben. Dieses wurde auch in anderen Experimenten der Arbeitsgruppe bestätigt, so dass man einen durch den Untersucher bedingten systematischen Fehler ausschließen kann. Die recht große Streuungsbreite der Einzelergebnisse lässt sich dagegen auch bei primären Astrozytenkulturen feststellen. Es wird sogar vermutet, dass die unterschiedlich niedrigen Ruhepotentiale innerhalb eines Astrozytären Synzytiums wichtig für den transzellulären Kalium-Transport sind (McKhann et al, 1997). Bemerkenswerterweise bewirkte die Inkubation mit LPS bei den reinen RGCKulturen keine signifikante Veränderung des Membranruhepotentials. Nach 2 Std. Inkubationszeit wurde ein mittleres Membranpotential von 22,90mV (range 8,20-38,60mV) gemessen; auch nach 24 Std. zeigte sich mit einem mittleren Membranpotential von 22,0mV (range 10,90-29,50mV) kein wesentlicher Effekt von LPS. Zwar ist eine geringe Veränderung in Richtung Depolarisation zu beobachten, da diese aber statistisch nicht signifikant ist (p=0,0597 für 24h LPS pur; p= 0,3475 für 2h LPS pur), muss man davon 44 ausgehen, dass höchstens ein marginaler, von der LPS-Inkubationszeit abhängiger Effekt vorliegt. Im Gegensatz dazu ließ sich bei allen mit Mikroglia ko-kultivierten Zellen eine signifikante Verschiebung des mittleren Membranpotentials in Richtung Depolarisation beobachten, wobei die nicht zusätzlich aktivierten Zellkulturen (M pur) mit 18,30mV (range 6,20-32,60mV) den schwächsten Effekt aufwiesen (p=0,0158). Ein ähnliches Ergebnis erhält man für die M+2h LPSProben (16,95mV, range 9,90-29,80mV; p=0,0195), während die M+24h LPS-Proben mit einem mittleren Membranpotential von 8,90mV (range 2,6021,20mV) die stärkste Depolarisation um 17,30 mV gegenüber der Kontrolle (p<0,0001, hochgradig signifikant) zeigten. Aus diesen Daten kann man schließen, dass: a) LPS alleine keinen direkten Effekt auf das Membranpotential der RGCs hat, b) die kokultivierten Mikroglia Entzündungsmediatoren (z.B. LTB4, TNF-α, IL-1β, NO) ausschütten, die eine Depolarisation der RGCs bewirken oder aber durch direkte Zellkontakte diese Depolarisation herbeiführen, c) die durch die Mikroglia bewirkte Depolarisation umso stärker ist, je stärker die Mikroglia durch zusätzliche LPS-Stimulation aktiviert waren, wobei offensichtlich eine ausreichend lange Dauer der LPS-Inkubation (24 Std. vs. 2 Std.) für einen maximalen Effekt ausschlaggebend war. 45 Abb. 13: Membranruhepotential der Astrozytenzelllinie unter den verschiedenen inflammatorischen Bedingungen. 46 Mikroglianachweis in der Immunfluoreszenz (siehe Photos Abb. 14-19) Mit Hilfe der Immunfluoreszenz wurde im nachhinein kontrolliert, ob die zuvor gepatchten Zellen auch tatsächlich in ausreichender Dichte mit den Mikroglia ko-kultiviert waren. Die durchschnittliche Dichte der Mikroglia wurde durch Auszählen der ED1-positiven Zellen ermittelt und betrug 9,7% (Median, range 5,0-11,4%, Anzahl der ausgewerteten Proben (n)=4). Proben, die dieser Dichte nicht entsprachen, wurden aus der Wertung genommen. Weiterhin wurden die ED1-markierten Mikroglia anhand ihrer Morphologie in den RRT (resting-ramified-type) und RPT (rounded-phagocytic-type) eingeteilt und so der Anteil der aktivierten Mikroglia ermittelt. Bei den M+24h LPS-Proben betrug der Anteil der aktivierten Mikroglia durchschnittlich 87,61% (Median, range 70,0-92,3%), während bei den M+2h LPS-Proben durchschnittlich 56,35% (range 35,3-70%) der Mikroglia aktiviert waren. Die M pur-Proben waren in den ausgezählten Sichtfenstern im Durchschnitt zu 70,0% (range 60,0-80,0%) aktiviert. Dieser Anteil erscheint im Vergleich zu dem bisher gemessenen Prozentsatz des RPT in Astrozytenkulturen unter Ruhebedingungen von 41,5% (Faustmann et al., 2003) recht hoch. Man muss hierbei aber bedenken, dass die Aktivierung der Mikroglia auch durch viele andere Faktoren unabhängig von LPS beeinflusst werden kann. Es ist beispielsweise gut möglich, dass die starke mechanische Manipulation der Mikroglia beim Abklopfen von den Astrozytenkulturen zu einer Aktivierungsreaktion geführt hat. Als weitere Störfaktoren kommen Verunreinigungen der Proben in Frage, die auch bei sorgfältigem Arbeiten unter sterilen Bedingungen nicht ganz ausgeschlossen werden können. Da die Primärkulturen aus verschiedenen Tieren gewonnen werden, kann der Aktivierungsgrad der Mikroglia auch schon bei der Präparation der Versuchstiere durch eine vorbestehende Entzündung beeinflusst sein. Man 47 kann daher annehmen, dass bei den zur Auszählung verwendeten Immuninkubationsproben M pur durch nicht kontrollierbare zusätzliche Einflüsse ein recht hoher Aktivierungsgrad vorlag. Da hier aber nur der Einfluss von LPS getestet werden soll, muss man die Ergebnisse im Hinblick auf diesen Einflussfaktor interpretieren: Wenn man die Proben M+2h LPS und M+24h LPS vergleicht, kommt man zu dem Schluss, dass die lange Inkubationszeit von LPS über 24 Std. eine starke zusätzliche Aktivierung der Mikroglia bewirkt. Die 2stündige LPS-Inkubation hatte offenbar eine weniger starke Wirkung; der ermittelte Anteil des RPT liegt aber immer noch deutlich über dem oben genannten Referenzwert der Arbeitsgruppe für nicht entzündlich beeinflusste Mikroglia. Offensichtlich war also die über 24 Std. andauernde LPS-Inkubation der stärkste Aktivierungsstimulus. Dieser Sachverhalt stimmt mit den Ergebnissen der Membranpotentialmessung überein, die ebenfalls auf eine starke Wirkung der LPS-Inkubation über 24 Std. hinweisen. 48 Abbildungen 14-19: Mikroglianachweis in der Immunfluoreszenz Abb. 14: Mikroglia (M pur), Vergr.: 63fach Abb. 15: Mikroglia, 2 Std. LPS-Inkubation (M+2h LPS), Vergr.: 63fach Abb. 16: Mikroglia, 24 Std. LPS-Inkubation (M+24h LPS), Vergr.: 40fach Abb. 17: Mikroglia, 24 Std. LPS-Inkubation (M+24h LPS), Vergr.: 63fach Abb.18: Kontrolle RGCs, HoechstKernfärbung, Vergr.: 40fach Abb. 19: Mikroglia, 24 Std. LPS-Inkubation (M+24h LPS), Hoechst-Kernfärbung, Dreifach- Filter, Vergr.: 40fach 49 Erläuterungen zu Abb. 14-19: Mikroglianachweis in der Immunfluoreszenz Abb. 14: Mikroglia (M pur), Vergr.: 63fach Man sieht unter dem Fluoreszenzmikroskop die mit dem ED1-Antikörper markierten Mikroglia, die durch den Zweit-Antikörper rot angefärbt sind. Die Mikroglia befinden sich teilweise im aktivierten, abgerundeten Zustand, zum Teil sieht man aber auch längliche Zellausläufer, die den ramifizierten bzw. intermediären Phänotyp kennzeichnen. Im Hintergrund lassen sich sehr schwach dunkelviolettfarbig die RGCs erkennen, auf denen die Mikroglia aufsitzen. Abb. 15: Mikroglia, 2 Std. LPS-Inkubation (M+2h LPS), Vergr.: 63fach Im Bild erkennt man mehrere Mikroglia, die sich größtenteils im intermediären Phänotyp befinden. Dies kann man als Ausdruck der beginnenden Aktivierungsreaktion unter dem Entzündungsreiz von LPS ansehen. Rechts im Bild findet man eine schon fast abgerundete Zelle, links dagegen einen noch ramifizierten Phänotyp mit eher kleinem Zellkörper, schmalem Zytoplasmasaum und dünnen Ausläufern, die länger als der Durchmesser des Zellkörpers sind. Abb. 16: Mikroglia, 24 Std. LPS-Inkubation (M+24h LPS), Vergr.: 40fach In der geringeren Vergrößerung lässt sich gut erkennen wie die Mikroglia auf den schwach rot erkennbaren RGCs verteilt sind. Man sieht, dass sich nach der 24stündigen LPS-Inkubation die meisten der Mikroglia in der abgerundeten aktivierten Form befinden. Abb. 17: Mikroglia, 24 Std. LPS-Inkubation (M+24h LPS), Vergr.: 63fach Hier sind besonders gut drei Mikroglia im aktivierten Phänotyp erkennbar: Die Zellkörper sind abgerundet und voluminös; Zellausläufer sind gar nicht 50 vorhanden. Auf dem Bild lediglich schwach zu erkennen sind die Vakuolen im Zytoplasma der Zellen. In diesen befinden sich Zytokine und weitere Entzündungssubstanzen, die dann in den Extrazellulärraum entleert werden können. Abb. 18: Kontrolle RGCs, Hoechst-Kernfärbung, Vergr.: 40fach Mit der Hoechst-Färbung lassen sich spezifisch nur die Zellkerne anfärben. Man kann so gut die Dichte der Zellkultur feststellen. Das Bild zeigt eine RGC-Kultur ohne Mikroglia. Man sieht das konfluente, dichte Wachstum und die gleichmäßige Verteilung der Zellkerne. Abb. 19: Mikroglia, 24 Std. LPS-Inkubation (M+24h LPS), HoechstKernfärbung, Dreifach-Filter, Vergr.: 40fach Mit einem Dreifach-Filter lassen sich sowohl die Kernfärbung als auch die roten und grünen Fluoreszenzfarbstoffe gleichzeitig ansehen. Man sieht hier die blauen Zellkerne der RGCs und darauf vier rot angefärbte, aktivierte Mikroglia. Die grünen Punkte in den Zellmembranen der RGCs markieren das Gap Junction-Protein Cx43, wobei die Anfärbung durch den grünen Fluoreszenzfarbstoff hier recht schwach ausgefallen ist. Es fällt auf, dass die Zelldichte der RGCs nach 24 Std. LPS-Inkubation deutlich geringer ist als bei der Kontrolle. Z.T. haben sich regelrechte Löcher gebildet, so dass die Zellen nicht mehr konfluent sind. 51 Morphologische Veränderungen (siehe Photos Abb. 20-23) Es fiel auf, dass sich die RGCs in den M+24h LPS- Proben auch in morphologischer Hinsicht von den Kontrollen unterschieden. Obwohl alle Zellproben zum gleichen Zeitpunkt und in gleicher Zelldichte ausgesät wurden, waren die M+24h LPS-Proben nach 2 Tagen wesentlich dünner gewachsen als die Kontrollen. Die Zellen nahmen eine langgestreckte, spindelige Form mit schmalem, z.T. blasigem Zytoplasmasaum und langen Zellausläufern an. Stellenweise lagerten sich die Makro- und Mikrogliazellen auch zu granulomartigen Knoten zusammen. Unter den anderen durchgeführten Versuchsbedingungen zeigten sich solche Effekte nicht. In der Kernfärbung und Beurteilung unter dem Fluoreszenzmikroskop kann man ebenfalls die geringere Dichte der M+24h LPS ausmachen; es zeigt sich aber keine erhöhte Apoptoserate, so dass Apoptose wohl nicht als Ursache dafür in Frage kommt. Von den aktivierten Mikroglia scheinen also Stoffe freigesetzt zu werden, die nach genügend langer Einwirkungszeit (24 Std.) diese Veränderungen bewirken und über eine Hemmung der Proliferation oder eine erhöhte Absterbungsrate der Zellen zu einer geringeren Dichte der Zellkultur führen. 52 Abbildungen 20-23: Morphologie Abb. 20: Kontrolle RGCs, Vergr.: 20fach Abb. 21: RGCs +Mikroglia +24 Std. LPSInkubation (M+24h LPS), Vergr.: 20fach Abb. 22: RGCs +Mikroglia +24 Std. LPSInkubation (M+24h LPS), Vergr.: 40fach Abb. 23: RGCs +Mikroglia +24 Std. LPSInkubation (M+24h LPS), Vergr.: 40fach 53 Erläuterungen zu Abb. 20-23: Morphologie Erläuterungen zu Abb. 20: Kontrolle RGCs, Vergr.: 20fach Das Bild zeigt die RGCs 45 Std. nach dem Aussähen auf dem Deckgläschen. Man sieht, dass die Zellen in dieser Zeit zu einem dichten, konfluenten Zellrasen herangewachsen sind und die Deckglasoberfläche vollständig bedecken. Abb. 21-23: RGCs +Mikroglia +24 Std. LPS-Inkubation (M+24h LPS), Vergr.: Abb. 21: 20fach, Abb. 22, 23: 40fach Man erkennt die RGCs mit ihren hellen Zellkörpern und langen Ausläufern. Darauf befinden sich die kleineren runden, im Bild etwas dunkler erscheinenden Mikroglia. Ihr Zytoplasma erscheint durch die enthaltenen Vakuolen blasig und unregelmäßig. Es fällt auf, dass die Zelldichte der RGCs hier wesentlich geringer ist als bei der Kontrolle, obwohl beide Proben zum gleichen Zeitpunkt ausgesät wurden. Die Zellen bilden keinen konfluenten Zellrasen mehr, sondern hängen nur noch zum Teil mit ihren Ausläufern zusammen, während große Teile des Deckgläschens gar nicht von Zellen bedeckt sind. An einigen Stellen haben sich die RGCs zu granulomartigen Knoten zusammengelagert (Abb. 23 unten links), während in der Umgebung nur einzelne Zellen zu sehen sind. Die RGCs fallen außerdem durch ihre sehr kleinen Zellkörper auf, mit viel schmalerem perinukleären Rand als bei den Kontrollen. Außerdem haben sie lange, dünne, stark verzweigte Ausläufer entwickelt, durch die die einzelnen Zellen miteinander verbunden sind. Man kann also deutlich feststellen, dass die über 24 Std. mit LPS aktivierte Mikroglia zu einer Verringerung der Zelldichte sowie einer veränderten Morphologie der RGCs geführt hat. 54 Kontrollexperiment: Primäre Astrozytenkulturen (siehe Photos Abb. 6 u. 7) Die Experimente dieser Arbeit stehen im Vergleich zu bereits veröffentlichten Ergebnissen der Arbeitsgruppe (Faustmann et al., 2003; Hinkerohe et al., 2002; Smikalla et al., 2002). In diesen Arbeiten wurden primäre Astrozytenkulturen, die natürlicherweise auch Mikroglia enthalten, unter dem Einfluss verschiedener entzündlicher Bedingungen untersucht: Die Inkubation der primären Astrozytenkulturen mit LPS bewirkte eine signifikante Verschiebung des Membranpotentials in Richtung Depolarisation sowie eine prozentuale Zunahme des aktivierten Mikroglia-Phänotyps. Diese Ergebnisse stimmen mit den in der vorliegenden Arbeit ermittelten Wirkungen von LPS auf die RGCs überein, wenn man annimmt, das LPS nicht direkt, sondern über die Aktivierung von Mikroglia wirkt. Im Unterschied zu den RGCs zeigte sich bei den primären Astrozytenkulturen nach LPS-Inkubation auch eine signifikante Reduktion der funktionellen Kopplung sowie eine signifikante Verminderung der Cx43-Expression. Zur Selbstkontrolle wurde dieses Experiment von mir in Stichproben noch einmal nachgestellt, um eine Untersucherabhängigkeit der Ergebnisse auszuschließen: Bei der Membranpotentialmessung ergab sich für die Kontrollen ein mittleres Membranpotential von 42,6 (Median, range 26,9-76,0mV, n=5), während nach 2 Std. LPS-Inkubation das Membranpotential auf 29,4mV (range 24,535,5mV, n=3) abgesunken war (24 Std. LPS-Inkubation nicht untersucht). Bei der funktionellen Kopplung zeigte sich sowohl nach 2 Std. LPSInkubation als auch nach 24 Std. mit jeweils 0 gekoppelten Zellen (Median, range 0-1, n=3 für 2h LPS und range 0-3, n=3 für 24h LPS) eine deutliche Verminderung gegenüber den Kontrollen mit 8,5 (range 6-11, n=2) gekoppelten Zellen. 55 Die ermittelten Werte stehen in guter Übereinstimmung mit den oben genannten Ergebnissen der Arbeitsgruppe, womit ein personenbezogener Untersuchungsfehler weitgehend ausgeschlossen werden kann. 56 Diskussion Aus den gewonnenen Ergebnissen lassen sich die folgenden Schlüsse ziehen: Funktionelle Kopplung der RGCs Die RGCs lassen sich weder durch Inkubation mit LPS alleine noch durch Ko-Kultivierung mit Mikroglia und zusätzlicher LPS-Aktivierung in ihrem Kopplungsverhalten bzw. der Expression von Cx43 beeinflussen. Dieses Verhalten unterscheidet sich stark von dem primärer Astrozytenkulturen. In zahlreichen Experimenten konnte an diesen gezeigt werden, dass die Inkubation mit LPS oder Zytokinen wie IL-1β eine deutliche Verminderung der funktionellen Kopplung bewirkt (Hinkerohe et al., 2002; Smikalla et al., 2002). Das gleiche Verhalten der primären Astrozytenkulturen zeigte sich bei einem pathologisch erhöhten Mikroglia-Anteil (Faustmann et al., 2003). Die physiologische Reaktion von Astrozyten auf entzündliche Einflüsse scheint also in einer Verminderung ihrer Kopplung, sprich, der Downregulation von Cx43 zu liegen. Warum zeigen also die RGCs diese Reaktion nicht? Schon in bereits veröffentlichten Arbeiten, bei denen diese Zelllinie eingesetzt wurde, wird sie als sehr stark gekoppelt beschrieben (Suter et al., 1987). Besonders interessant ist in dieser Hinsicht die Arbeit von Hofer et al., 1996. Die Zelllinie wurde hier zur Untersuchung des Wirkmechanismus des C-erbB2/neu-Onkogens eingesetzt. Mittels eines retroviralen Vektors wurde das Onkogen in das Genom der Zelllinie eingebracht. Wie auch in der vorliegenden Arbeit wurde die interzelluläre Kopplung mittels LuziferYellow-Injektion gemessen. Es zeigte sich eine signifikante Verminderung der Kopplungsfähigkeit bei den mit dem neu-Onkogen-infizierten Zellen. In der Immunfluoreszenz fand man bei den neu+-Zellen eine schwache, diffuse 57 Cx43-Aktivität im Zytoplasma, während die neu--Kontrollzellen die für die Zelllinie typische starke Cx43-Expression an der Zellmembran aufwiesen. Die Arbeit zeigt also, dass durch Veränderungen im Genom der Zelllinie ihre starke Kopplungsfähigkeit durchaus unterdrückt werden kann. Dagegen scheint die Zelllinie gegenüber entzündlichen Einflüssen von außen resistent zu sein. Diese Beobachtungen weisen auf einen genetischen Defekt in der Signalkaskade der Entzündungsmediatoren hin. Die Zytokine wirken an normalen Astrozyten über die Aktivierung eines Rezeptors, der dann intrazellulär eine Phosphorilierungskaskade in Gang setzt, durch die dann schließlich Cx43 phosphoriliert und dadurch herunterreguliert wird. Bei den RGCs könnten nun beispielsweise zytokinspezifische Rezeptoren wie der TNF-α-Rezeptor fehlerhaft oder gar nicht angelegt sein. In Untersuchungen an malignen Gliomzellen wurde bereits festgestellt, dass diese oftmals Veränderungen des TNF-α-Rezeptors aufweisen. So löste beispielsweise die Exposition von RG-2-Gliomzellen mit rekombinantem TNF-α (rHuTNF-α) nicht die inflammatorischen und zytotoxischen Effekte aus, wie sie bei gesunden Gehirnzellen auftreten. In Rezeptor-BindungsUntersuchungen fand man heraus, dass die Gliomzellen keine spezifischen Rezeptoren für rHuTNF-α exprimierten (Kiwit et al., 1991). In einer weiteren Arbeit an verschiedenen Zelllinien von humanen malignen Gliomen konnte gezeigt werden, dass bei einigen der Fas/APO-1-Rezeptor ein Apoptoserezeptor der TNF-α−Familie, nicht exprimiert wurde. Sämtliche der untersuchten Zelllinien waren gegenüber TNF-α-induzierter Zytotoxizität unempfindlich; bei den Fas/APO-1-positiven Zellen konnte jedoch durch gleichzeitige Behandlung mit RNA- und Proteinsynthesehemmern ein Ansprechen auf TNF-α erreicht werden (Weller et al., 1994). Als mögliche Gründe für das Nichtansprechen der RGCs auf Zytokine kommen auch Störungen der durch den Rezeptor aktivierten intrazellulären 58 Signalkaskade in Betracht. So könnte beispielsweise durch einen Enzymdefekt die Phosphorilierung von Cx43 unterbrochen werden. Aufgrund der gewonnenen Ergebnisse ist also anzunehmen, dass die extreme Kopplungsstärke der RGCs in einer Mutation ihres Genoms begründet ist. Diese Annahme wird bekräftigt durch die Tatsache, dass es sich bei den RGCs um eine aus Tumorzellen gewonnene Zelllinie handelt. Die gemeinsame Eigenschaft von Tumorzellen liegt in einer durch Mutation bedingten Veränderung ihres Wachstumsverhaltens. Es ist anzunehmen, dass bei der hier verwendeten Zelllinie zudem noch weitere Genomveränderungen im Bereich der Signalkaskade von Zytokinen stattgefunden haben, wie sie bereits in den oben erwähnten Arbeiten an Gliomzelllinien beobachtet wurden. Die gewonnenen Ergebnisse zum Kopplungsverhalten der RGCs weisen insgesamt darauf hin, dass sich die RGCs in ihrer Reaktion auf entzündliche Einflüsse stark von primären Astrozytenkulturen unterscheiden und daher in diesem Bezug als Modell für eine Astrozytenkultur nicht gut geeignet sind. Daher empfiehlt es sich in weiteren Studien zur Untersuchung entzündlicher Einflüsse auf die funktionelle Kopplung von Astrozyten besser primäre Astrozytenkulturen als Versuchszellen einzusetzen. Mit ihren veränderten Wachstumseigenschaften eignen sich die RGCs jedoch weiterhin als interessantes Modell für tumorpathologische Untersuchungen und könnten in diesem Forschungsbereich vielfältige Verwendung finden. Beeinflussung des Membranruhepotentials Das wichtigste Ergebnis dieser Arbeit ist die Entdeckung, dass aktivierte Mikroglia in der Lage sind, eine hochsignifikante Depolarisation der RGCs herbeizuführen. Dies ist vor allem im Hinblick darauf bemerkenswert, dass 59 die Zugabe von LPS alleine oder einzelnen Zytokinen wie TNF-α (vorliegendes Ergebnis der Arbeitsgruppe) kaum einen Effekt auf das Ruhemembranpotentialzeigen. Daher stellt sich nun die Frage nach möglichen Wirkmechanismen, über die diese Depolarisation ausgelöst werden könnte. Aktivierte Mikroglia produziert ein breites Spektrum an entzündungsfördernden und potentiell zytotoxischen Substanzen. Dazu gehören Zytokine (u.a. IL-1β, TNF-α, IL6, IL12), Arachidonsäuremetaboliten (z.B. Leukotrien B4), Prostanoide, proteolytische Enzyme, reaktive Sauerstoffmetabolite und reaktive Stickstoffmetabolite wie z.B. Stickstoffmonoxid (NO) (Banati et al., 1993; Lee et al., 1993; Slepko und Levi, 1996). Man kann annehmen, dass im vorliegenden Experiment eine Vielzahl dieser Substanzen durch die aktivierte Mikroglia freigesetzt wurde, so dass sich mehrere Möglichkeiten für das tatsächliche Effektormolekül ergeben, wobei natürlich auch die Kombination mehrerer Moleküle in Frage kommt. Es lassen sich also mehrere Thesen für einen möglichen Wirkmechanismus der Depolarisation aufstellen, die im Folgenden erörtert werden sollen: 1. Direkte Depolarisation durch Leukotriene B4 Die Inkubation von primären Astrozytenkulturen mit dem Arachidonsäurederivat Leukotrien B4 (LTB4) bewirkt bei diesen eine Depolarisation (Köller et al., 1993). Leukotriene werden während eines Entzündungsprozesses von Makrophagen bzw. Mikroglia und auch Astrozyten selbst freigesetzt. Erhöhte Liquorwerte von Leukotrienen wurden bei verschiedenen Erkrankungen des ZNS, wie bei Ischämie (Moskowitz et al., 1984; Chen et al., 1986) oder dem tumorumgebenden vasogenen Ödem (Black et al., 1986), gefunden. Von den unterschiedlichen Leukotrienen bewirkte nur LTB4 eine Depolarisation, nicht aber andere, wie LTC4 oder LTD4. Durch Hinzufügen von Ca2+, welches die Durchlässigkeit der Ca2+-Kanäle verringert, wurde die Depolarisation nicht 60 beeinflusst, so dass man annehmen kann, dass die Wirkung von LTB4 nicht an Ca2+-Kanälen angreift. Dagegen ließ sich durch den Ka-Kanal-Blocker Ba2+ (ohne LTB4-Zugabe) eine Depolarisation vom selben Ausmaß wie durch LTB4 bewirken. Man kann deshalb annehmen, dass LTB4 ebenfalls durch Blockade der Ka-Durchlässigkeit wirkt. Die depolarisierende Wirkung von LTB4 ließ sich durch Zugabe des Protein-Synthese-Inhibitors Cycloheximide aufheben, was darauf hinweist, dass für die Wirkung von LTB4 eine Neusynthese von Protein erforderlich ist. Die Autoren schlossen aus den Ergebnissen, dass LTB4 wahrscheinlich die Synthese eines Proteins induziert, welches die Durchlässigkeit von KaKanälen reduziert und dadurch eine Depolarisation herbeiführt. Die angenommene Wirkung von LTB4 auf die Durchgängigkeit von K+-Kanälen scheint besonders interessant im Hinblick auf die These, dass Epilepsie im Zusammenhang mit einer Verminderung von Kalium aufnehmenden Kanälen (inwardly rectifying K+ channels=Kir) und dadurch gestörter K+-Pufferung durch die Astrozyten steht (Bordey und Sontheimer 1998). Da interessanterweise so unterschiedliche Moleküle wie LPS und LTB4 eine Depolarisation von Astrozyten bewirkten, kam die Idee auf, dass beide Substanzen als Aktivatoren eines höhergeordneten immunologischen Prozesses dienen, der dann zur Depolarisation führt. Als Marker für die immunologische Aktivierung wurde daher die Konzentration des Entzündungsmediators IL-6 gemessen. Im Gegensatz zu LPS induzierte LTB4 keine zusätzliche Ausschüttung von IL-6, weshalb man hier von einem direkten Wirkmechanismus unabhängig von zusätzlichen Entzündungsmediatoren ausgehen kann (Köller et al., 1994 (a)). Durch Zugabe des Medikaments Dexamethason, das zur Cortison-Gruppe gehört, ließ sich die Depolarisation durch LTB4 aufheben. Dies erscheint verständlich, da Cortisone direkt in den Arachidonsäuremetabolismus eingreifen und so die Leukotrien-Synthese hemmen. 61 2. Indirekte Depolarisation durch Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α) Das Zytokin TNF-α bewirkt bei Inkubation mit primären Astrozytenkulturen eine Depolarisation. Als Wirkmechanismus wird die Aktivierung der ProteinKinase-C (PKC) angesehen. Dies wurde dadurch gezeigt, dass die Zugabe der PKC-Antagonisten Staurosporine und H7 den Effekt aufhob, während er sich durch die direkte PKC-Aktivierung mittels des Phorbol-Esters Phorbol 12Myristat 13 Acetat (PMA) nachstellen ließ. Bei Messungen der einzelnen Ströme durch verschiedene Ionenkanäle zeigte sich eine deutliche Verminderung des Stromflusses durch „inwardly rectifying“ K+-Kanäle. Offensichtlich bewirkt die Aktivierung der PKC eine Reduktion der Durchlässigkeit dieser Kanäle (Köller et al., 1998). Zuvor war bereits gezeigt worden, dass die Depolarisation von Astrozyten bei Inkubation mit Liquor von Meningitis-Patienten durch das darin enthaltene TNF-α bewirkt wird: Astrozytenkulturen, die über 90 Min in den Liquores von Patienten mit septischer Meningitis gebadet wurden, zeigten in allen Fällen eine Depolarisation des Membranpotentials. Durch das Hinzufügen eines Antikörpers gegen TNF-α konnten die Membraneigenschaften wieder normalisiert werden, was beweist, dass in diesem Fall TNF-α der hauptsächliche Auslöser der Depolarisation war (Köller, 1997). Im Kontrast dazu steht, dass in eigenen Versuchen der Arbeitsgruppe die Inkubation der RGCs mit rekombinantem TNF-α nur einen marginalen Effekt auf das Membranpotential hatte. Bemerkenswerterweise zeigte sich dagegen bei der intrazellulären Injektion von TNF-α eine signifikante Depolarisation (bisher nicht veröffentlichte Ergebnisse der Arbeitsgruppe). Somit ist das von den Mikroglia ausgeschüttete TNF-α als alleiniger, direkter Auslöser der Depolarisation in den Messungen dieser Arbeit eher unwahrscheinlich, da es wie rekombinantes TNF-α über den TNF-α-Rezeptor von außen wirken müsste. Aber nicht nur Mikroglia, sondern auch die Astrozyten selbst können nach Stimulation durch den Entzündungsmediator 62 IL-1β TNF-α produzieren (Lee et al, 1993). Es wäre also möglich, dass die aktivierte Mikroglia über Ausschüttung von IL-1β die Astrozyten zur Synthese von TNF-α anregt, welches in diesen dann direkt intrazellulär wirken kann und die Depolarisation hervorruft. Dies würde allerdings voraussetzen, dass es neben der Rezeptoraktivierung von außen einen weiteren Wirkmechanismus von TNF-α geben muss, der direkt intrazellulär angreift. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass TNF-α zur Auslösung der Depolarisation zusätzliche Ko-Faktoren benötigt, die ebenfalls von den Mikroglia freigesetzt werden, wie beispielweise weitere Zytokine, so dass es nur in Anwesenheit von Mikroglia seine Wirkung entfalten kann. TNF-α ist als Entzündungsmediator bei der Entstehung und Entwicklung verschiedenster Erkrankungen beteiligt, so finden sich vor allem bei Meningitis und Enzephalitis, aber auch bei Ischämischen Gehirnläsionen, HIV-Enzephalopathie oder neurodegenerativen Erkrankungen wie MS erhöhte TNF-α-Werte im Liquor der Patienten. Ebenso wie LTB4 greift TNFα in die Kalium-Durchlässigkeit der Astozyten ein und könnte so zur Entstehung von Epilepsie beitragen. 3. Depolarisation durch synergistische Wirkung mehrerer Entzündungsmediatoren Bei der experimentellen Inkubation der RGCs mit einzelnen rekombinanten Entzündungsmediatoren wie z.B. TNF-α zeigten sich wie schon erwähnt nur sehr geringe Effekte auf das Membranpotential (Ergebnisse der Arbeitsgruppe). Wenn man die große Anzahl der unterschiedlichen von der Mikroglia freigesetzten Zytokine bedenkt, kann vermutet werden, dass sich diese Effekte durch das Zusammenspiel mehrerer Zytokine addieren und so durch synergistische Wirkung die beobachtete starke Depolarisation herbeiführen. 63 Wie bereits oben erwähnt wäre ebenso denkbar, dass für die volle depolarisierende Wirkung eines Zytokins, wie z.B. TNF-α, andere von Mikroglia ausgeschütteten Stoffe als Ko-Faktoren vorhanden sein müssen, so dass ein einzelnes Zytokin nur in Anwesenheit von Mikroglia seine Wirkung entfalten kann. Schon an der Vielfalt der freigesetzten Stoffe kann man erkennen, dass die Entzündungsreaktion der Gliazellen ein sehr komplexer Prozess ist, der nicht nur auf Einzelwirkungen von Entzündungsmediatoren reduziert werden kann. 4. Zytotoxische Wirkung von NO und Zytokinen In mehreren Arbeiten wurde gezeigt, dass von Mikroglia freigesetztes Stickstoffmonoxid (NO) und reaktive Nitrogen-Metaboliten direkt neurotoxisch wirken (Boje und Arora, 1992; Brosnan et al., 1994; Chao et al., 1992). Ebenso weisen Zytokine wie TNF-α und IL-1β potentiell neurotoxische Wirkung auf (Jeohn et al., 1998). Auch durch LPS induzierte Neurotoxizität wird über die Freisetzung von NO und Zytokinen aus Mikroglia vermittelt. So zeigten Gehirnregionen mit hoher Mikrogliadichte wie die Substanzia Nigra nach LPS-Injektion eine wesentlich höhere Sterberate von Neuronen als Regionen mit geringer Mikrogliadichte (Kim et al., 2000). Die zytotoxische Wirkung von NO und Zytokinen in hohen Dosen ist aber nicht neuronenselektiv. Neben weiteren Zellarten reagieren auch Astrozyten sensibel auf die schädigenden Stoffe. Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass von Makrophagen freigesetztes NO und INF-γ zytotoxisch auf Zellen eines Glioms wirkten (Kito et al., 2003). Es wäre also möglich, dass die aktivierte Mikroglia NO und Zytokine in so hoher Konzentration freisetzt, dass dies nach der langen Zeitspanne von 24 Std. bereits zytotoxisch auf die RGCs wirkt. Die drohende Nekrose von Zellen geht mit einem Verlust der Membranstabilität einher und könnte somit 64 die Absenkung des Membranruhepotentials in Richtung Depolarisation bewirken. Im Einklang mit dieser Theorie steht die Beobachtung, dass die M+24h LPSProben eine geringere Zelldichte und veränderte Morphologie aufwiesen als die zum gleichen Zeitpunkt und mit gleicher Zellanzahl ausgesäten Kontrollproben. Eine Begründung könnte darin liegen, dass die freigesetzten zytotoxischen Substanzen die Proliferation der Kultur hemmen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass sie bei den Zellen Nekrose auslösen und die abgestorbenen Zellen dann von den Mikroglia phagozytiert werden, so dass sich Lücken im astrozytären Netzwerk bilden und die Zelldichte somit vermindert wird. Hierfür sprechen die deutlichen morphologischen Veränderungen mit Schrumpfung und Blasenbildung, die man nach 24 Std. LPS-Inkubation bei den mit Mikroglia ko-kultivierten RGCs beobachten konnte. Dieser morphologische Phänotyp könnte Ausdruck eines Selbstschutzmechanismus und der Abwehr gegenüber den zytotoxischen Stoffen sein. Möglicherweise bieten die Zellen durch ihre sehr kleinen schmalen Zellkörper diesen Substanzen weniger Angriffspunkte. Auch die granulomartige Zusammenlagerung der Astro- und Mikroglia könnte einem Abwehrmechanismus in diesem Sinne entsprechen. Interessanterweise findet man ähnliche Anhäufungen von Gliazellen auch bei der HIVEnzephalopathie, als typische perivaskuläre Gliaknötchen, sowie bei weiteren viralen Infektionen des ZNS. Es scheint sich also um eine Reaktion auf starke zellschädigende Einflüsse zu handeln. Verständlich ist auch, dass Zellen unter zytotoxischen Bedingungen nicht proliferieren, sondern ihre Stoffwechselenergie auf die Aufrechterhaltung der überlebensnotwendigen Zellfunktionen verwenden. Wenn der Zellstoffwechsel aber durch zu starke zytotoxische Schädigung schließlich zusammenbricht, steht nicht mehr genug Energie für die ATP-verbrauchende Na+/Ka+-Pumpe zur Verfügung, so dass diese insuffizient wird. Da das 65 negative Ruhemembranpotential von Zellen durch die Triebkraft dieser Pumpe aufrechterhalten wird, würde ein allmähliches Versagen bald zu einer Depolarisation des Membranpotentials und schließlich zu seinem Zusammenbruch führen. 5. Depolarisation durch direkte Zellkontakte von Mikroglia und RGCs Es wurde bereits gezeigt, dass die Inhibition der Gap Junctions in primären Astrozytenkulturen durch Zugabe von Mikroglia den direkten Kontakt zu den Mikrogliazellen erfordert ( Rouach et al., 2002). Die Autoren beobachteten eine Verminderung der Kopplung über Gap Junctions nach zusätzlicher Zugabe von Mikroglia über 24 Std.. Bei Unterbrechung des direkten Kontaktes der Zellen durch Einsätze zeigte sich dieser Effekt nicht, obwohl sich die Zellen immer noch in einem gemeinsamen Medium befanden. Dieses weist darauf hin, dass die Inhibition der Gap Junctions nicht durch lösliche, sich im Medium befindliche Stoffe, sondern durch membranassoziierte Faktoren der Mikroglia ausgelöst wurde. Im Hinblick darauf wäre es möglich, dass auch die depolarisierende Wirkung aktivierter Mikroglia auf Astrozyten über den direkten Zellkontakt zu den Mikrogliazellen vermittelt wird. Wirkung von LPS Ein weiteres interessantes Ergebnis dieser Arbeit ist die Beobachtung, dass LPS alleine keine Depolarisation der RGCs auslöst, wohl aber in Verbindung mit der Mikroglia. Hierbei ist noch einmal zu betonen, dass RGC-Kulturen als Zelllinie normalerweise keine Mikroglia enthalten. Die Wirkung von LPS auf das Membranpotential von Astrozyten ist bereits mehrfach untersucht worden. Köller et al. zeigten 1994 (b) erstmals, dass die 66 Inkubation mit LPS in Konzentrationen von 1.0-10 µg/ml bei Astrozyten in Primärkulturen eine Depolarisation hervorruft. Dieser Effekt war von der extrazellulären Na+-Konzentration abhängig und ließ sich durch Zugabe des Na+-Kanal-Blockers Amilorid aufheben. Die Autoren kamen deshalb zu dem Schluss, dass die Depolarisation über einen Natrium-abhängigen Transportmechanismus zustande kommt und vermuteten eine Aktivierung des Na+/Ca2+-Transporters als zugrundeliegenden Mechanismus. Dieselben Autoren hatten bereits den ebenfalls depolarisierenden Effekt von LTB4 entdeckt. Da sie bei zwei so unterschiedlichen Stoffen die gleiche Wirkung gefunden hatten, kamen sie wie schon erwähnt zu der Hypothese, dass die Depolarisation Teil einer immunologischen Aktivierung und somit Ausdruck der Immunantwort von Astrozyten sein könnte. Um dieses festzustellen, wurde die IL-6-Produktion durch die Astrozyten als Marker für ihre immunologische Aktivierung bestimmt. LPS bewirkte eine deutliche IL-6Freisetzung. Nach Blockade der Depolarisation durch Amiloride zeigte sich keine Reduktion der IL-6-Freisetzung, woraus die Autoren schlossen, dass die IL-6-Freisetzung nicht durch die Depolarisation, sondern durch einen davon unabhängigen Wirkmechanismus ausgelöst wurde (Köller et al., 1994 (a)). Auch in Experimenten unserer Arbeitsgruppe wurde die Wirkung von LPS auf Astrozyten untersucht. Es wurde ebenfalls eine deutliche Depolarisation des Membranpotentials festgestellt. Gleichzeitig wurde mit Hilfe der Immunfluoreszenz der Anteil an aktivierter Mikroglia bestimmt. Man fand heraus, dass LPS eine deutliche Zunahme des aktivierten Phänotyps bewirkte (Hinkerohe et al., 2002; Smikalla et al., 2002). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit scheinen den genannten Arbeiten zu widersprechen, da durch alleinige LPS-Inkubation der RGCs kein Effekt auf das Membranpotential erzielt wurde. Beim Vergleich muss man aber beachten, dass bei den genannten Arbeiten mit primären Astrozytenkulturen gearbeitet wurde, die im Gegensatz zu den RGCs immer auch Mikroglia 67 enthalten, welche durch LPS aktiviert werden können. Man könnte also annehmen, dass auch hier die depolarisierende Wirkung nicht direkt durch LPS-Wirkung auf die Astrozyten zustande kam, sondern über die Aktivierung der in der Kultur enthaltenen Mikroglia vermittelt wurde. Die aktivierte Mikroglia könnte dann durch die oben erörterten Mechanismen wie beispielsweise die Freisetzung von Zytokinen, die Absenkung des Ruhemembranpotentials herbeiführen. Man kann vermuten, dass der Angriffspunkt des Effektorstoffes an der astrozytären Zellmembran, wodurch letztendlich die Depolarisation ausgelöst wird, ein Natrium-abhängiger Transporter oder Kanal ist, was die Blockade der Depolarisation durch Amilorid erklären würde. Die Hypothese, dass LPS als Aktivator eines immunologischen Prozesses wirkt, wurde wie oben erwähnt bereits in der Literatur aufgestellt. Diesem Prozess muss aber nicht notwendigerweise wie angenommen die Aktivierung der Astrozyten selbst zugrunde liegen. Mikroglia sind als Monozytenabkömmlinge die wesentlich potenteren Immuneffektorzellen und damit für die Vermittlung von immunologischen Prozessen besonders wichtig. In einer Arbeit, in der speziell die Freisetzung von Zytokinen durch Mikroglia und Astrozyten nach LPS-Inkubation gemessen wurde, zeigte sich, dass LPS bei den Mikroglia eine starke Zytokinfreisetzung hervorrief, während es bei Astrozyten keine Zytokinproduktion induzierte (Lee et al., 1993). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit weisen stark darauf hin, dass LPS keinen direkten Effekt auf das Membranpotential von Astrozyten hat, sondern seine Wirkung indirekt über die Aktivierung von Mikroglia entfaltet. Wie eben erläutert, ist dies eine schlüssige Theorie, die auch den Ergebnissen der bisherigen Arbeiten zu diesem Thema nicht widerspricht. 68 Pathophysiologische Bedeutung der Ergebnisse Welche Auswirkungen kann nun die beobachtete Veränderung des Membranruhepotentials von Astrozyten auf den Organismus haben? Wie bereits erwähnt, sind Astrozyten normalerweise für die Aufrechterhaltung eines für die Neuronen optimalen extrazellulären Milieus zuständig und garantieren so die Funktionsfähigkeit der neuronalen Informationsübertragung. Zu den wichtigsten Funktionen gehören die Pufferung des bei neuronaler Aktivität ansteigenden extrazellulären Kaliums u.a. durch „inwardly rectifying“-K+-Kanäle (Kir) und die Regulation des pHWertes. Weitere direkt für die neuronale Funktion besonders wichtige Aufgaben sind die Aufnahme von Neurotransmittern, insbesondere von Glutamat, und die Bereitstellung von Stoffwechselsubstraten für die Neuronen. Die Depolarisation von Astrozyten und die damit einhergehenden Veränderungen des transmembranösen elektrochemischen Gradienten stört viele dieser Funktionen, was schwerwiegende Folgen haben kann. So führte z.B. die selektive Vergiftung von Gliazellen zu einer Entgleisung des extrazellulären Milieus mit starkem Anstieg der K+- Gutamat- und GABAKonzentrationen sowie des pH-Wertes. Hierdurch wurden schließlich sogenannte „Spreading depression (SD) waves“ ausgelöst. Diese lassen sich als Wellen neuronaler Unterdrückung beschreiben, die sich von ihrem Entstehungsort, hier dem Neokortex, in andere Regionen des Gehirns ausbreiten. Zusätzlich war die Empfindlichkeit der Neuronen gegenüber den SD waves stark erhöht so dass 8 Std. nach Vergiftung der Gliazellen ein massives Absterben von Neuronen sichtbar wurde. (Largo et al., 1996). Insbesondere die Entstehung und Triggerung von Epilepsie scheint im direkten Zusammenhang mit gestörter Astrozytenfunktion zu stehen (Übersicht: Bordey und Sontheimer): 69 Durch ein depolarisiertes Membranpotential wird die Aufnahme von extrazellulär ansteigendem Kalium durch Kir-Kanale gestört, da der elektrochemische Gradient verringert ist. Für TNF-α und LTB4 wird, wie oben erwähnt, sogar ein direktes Angreifen an Kalium-Kanälen und somit die Verminderung ihrer Ionendurchlässigkeit vermutet. In mehreren Arbeiten wurde bereits gezeigt, welche Folgen eine gestörte Ka+-Pufferung auf die neuronale Erregbarkeit haben kann: Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Experiment von Janigro et al. (1997). Die Autoren blockierten an Hippocampalen Slices selektiv die KirKanäle der Astrozyten durch extrazelluläre Applikation von Caesium. Experimentelle orthodrome Aktivierung löste bei den zuvor in Caesium gebadeten Slices spontane epileptische Aktivität aus. Weiterhin verhinderte Caesium das Aufrechterhalten der Langzeit-Unterdrückung von Neuronen („Long-Term Depression“). Bei Messung der extrazellulären Ka+Konzentration stellte man fest, dass diese stark erhöht war. Die Autoren kamen daher zu dem Schluss, dass eine defekte Funktion des Kir-Kanals an Astrozyten über eine erhöhte extrazelluläre Ka+-Konzentration Epilepsie auslösen kann. Diese These wurde durch eine weitere Arbeit gestützt, in der histologische Proben von Epilepsiepatienten untersucht wurden. In Gewebeproben aus epileptischen Foci fand man an den Astrozyten gehäuft ein Fehlen des „inwardly rectifying"-Kalium-Kanals sowie ein depolarisiertes Membranpotential (Bordey und Sontheimer, 1998). Es wird angenommen, dass die durch gestörte Kaliumaufnahme der Gliazellen erhöhte extrazelluläre Kaliumkonzentration die Neuronen depolarisiert und damit näher an die Schwelle zur Aktionspotentialauslösung bringt (Balestrino et al., 1986). Bei jeder neuronalen Aktivität wird Ka+ von den Neuronen in den extrazellulären Raum freigesetzt. Die Astrozyten verhindern normalerweise durch Abpufferung des Ka+, dass dieses sich zu hohen Konzentrationen anstaut. Wenn dieser Mechanismus nun aber gestört 70 ist, steigt die Ka+-Konzentration bei starker neuronaler Aktivität auf ein zu hohes Level an. Hierdurch wird die neuronale Erregbarkeit erhöht, was wiederum zu verstärkter Neuronenaktivität und somit weiterer Ka+Freisetzung führt. Es entsteht also ein sich selbst verstärkender Prozess, der schließlich in unkontrollierten neuronalen Entladungen in Form von Epilepsie mündet. Ein weiterer wesentlicher Mechanismus, der durch ein depolarisiertes Membranpotential gestört wird, ist die Aufnahme von Glutamat. Glutamat ist der wichtigste exzitatorische Neurotransmitter des ZNS und wird bei neuronaler Aktivität aus den Synapsen freigesetzt. Da die postsynaptischen Glutamatrezeptoren hochsensibel auf kleinste Änderungen der Glutamatkonzentration im synaptischen Spalt reagieren, können schon leicht erhöhte extrazelluläre Glutamatlevel schnell zur Neurotoxizität führen. Daher ist die Wiederaufnahme von Glutamat in Neuronen und Astrozyten über einen Na+-abhängigen Glutamat-Transporter bei verstärkter neuronaler Aktivität von großer Wichtigkeit. Ein Fehlen dieses Transporters in Knockout-Studien führte zu Exzitotoxizität und löste epileptische Anfälle aus (Rothstein et al., 1996; Tanaka et al., 1997). Zusätzlich bewirkt erhöhtes Glutamat das Anschwellen der Astrozyten, was die weitere Freisetzung von Glutamat induziert und selbst als möglicherweise epilepsieauslösende Bedingung angesehen wird. Da die Aktivität des Glutamat-Transporters von dem transmembranösen Spannungsgradienten abhängt, wird diese durch ein depolarisiertes Membranpotential stark beeinträchtigt. Des weiteren ist bekannt, dass eine Reihe der von Mikroglia freigesetzten Stoffe, u.a. Arachidonsäure, NO und Zytokine, auch direkt als Inhibitoren des Glutamat-Transporters wirken. Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die Depolarisation von Astrozyten auf mehrere Weisen epileptogen wirkt und daher als möglicher Auslöser oder zusätzlicher Trigger bei der Entstehung von epileptischen 71 Anfällen, insbesondere bei Krankheitsbildern, die mit der Aktivierung von Mikroglia einhergehen, angesehen werden muss. Ein Beispiel wäre die Meningitis bei der es neben starken Kopfschmerzen und Bewusstseinseintrübung auch zu epileptischen Anfällen kommen kann. Vor allem bei bakteriellen Meningitiden sind die LPS- und Zytokinkonzentrationen erhöht und korrelieren mit dem Schweregrad der neurologischen Symptome (Mustafa et al., 1989, 1, 2; Mertsola et al., 1991; Stearman und Southgate, 1994). Insbesondere die Wahrscheinlichkeit, epileptische Anfälle zu entwickeln, stieg mit der Höhe des LPS- und Zytokintiters. So führte eine LPS-Konzentration von über 1 µl im Liquor, also derselben Menge, wie sie im vorliegenden Experiment eingesetzt wurde, zu einer signifikanten Erhöhung des Anfallsrisikos (Arditi et al., 1990). Der zugrundeliegende pathophysiologische Mechanismus könnte dem in dieser Arbeit eingesetzten In Vitro-Modell sehr ähnlich sein, mit Aktivierung der Mikroglia durch das in der Zellmembran gramnegativer Bakterien enthaltene LPS, Depolarisation der Astrozyten und dadurch schließlich gestörter Neuronenfunktion und Auslösung eines epileptischen Anfalls. Die Beeinträchtigung der neuronalen Aktivität durch gestörte Astrozytenfunktion muss jedoch noch nicht zwangsläufig zu epileptischen Anfällen führen. Ein Ungleichgewicht des extrazellulären Milieus könnte sich auf vielfältige Art und Weise störend auf die neuronale Informationsübertragung auswirken und so z.B. zu Symptomen wie psychomotorischer Verlangsamung und Bewusstseinseintrübung führen. Diese Symptome treten unspezifisch bei vielen entzündlichen Erkrankungen des ZNS auf und haben die Eigenschaft, sich unter antiinflammatorischer oder antimikrobieller Therapie schnell und ohne bleibende Schäden wieder zurückzubilden. Sie gehen normalerweise nicht mit im MRT erkennbaren Gewebe-Läsionen einher, wohl aber korrelieren sie mit den Konzentrationen 72 an inflammatorischen Zytokinen im Liquor. Aus diesen Beobachtungen resultierte die Theorie, dass bei Entzündung freigesetzte Mediatorenstoffe für die neurologischen Störungen verantwortlich sind (Übersichtsarbeit: Köller et al., 1997). In diesem Zusammenhang ist eine ganze Reihe von Erkrankungen zu nennen, die alle mit einer Aktivierung von Mikroglia und damit der Freisetzung proinflammatorischer Substanzen einhergehen. So zeigten beispielsweise Multiple-Sklerose-Patienten mit isolierter Rinden-Läsion oder N.opticusNeuritis reduzierte Leistungen in psychometrischen Tests, was darauf hinweist, dass diese Störung höherer Hirnleistungen nicht direkt durch die Krankheitsherde, sondern eher durch lösliche Stoffe, wie Zytokine bewirkt wird (Callanan et al., 1989). Weiterhin wurde gezeigt, dass der Schweregrad der klinischen Symptome von Patienten mit Multiple-Sklerose mit der Konzentration von TNF-α, IFN-γ und IL-6 im Liquor korreliert (Moreau et al., 1996). Die intraokkuläre Injektion von TNF-α bewirkte ein reversibles Ansteigen an visuell evozierten Potentialen über 24h (Brosnan et al., 1989), was auf einen funktionellen, nicht aber demyelinisierenden Effekt auf den N. opticus hinweist, der möglicherweise durch eine Depolarisation von Astrozyten durch TNF-α bedingt sein könnte. Auch in der Pathogenese der HIV-assoziierten Enzephalopathie scheinen Mikroglia eine wichtige Rolle zu spielen. So zeigte sich in NeuronenKulturen, die mit dem feline immundeficiency virus, einem Modell für HIV, infiziert worden waren eine dramatische Proliferation der Mikroglia (Meeker et al.,1999). Die HIV-Enzephalopathie zeichnet sich durch frühe neurologische Symptomatik mit Demenzentwicklung aus, die auch schon bei relativ geringer Anzahl von infizierten Gehirnzellen auftritt (Glass et al., 1993). Dies weist darauf hin, dass nicht nur der Funktionsausfall der wenigen infizierten Zellen, sondern vielmehr die von infizierten Zellen freigesetzten Zytokine für die Symptomatik verantwortlich sind. Mikroglia werden als 73 direkte Zielzellen von dem HI-Virus infiziert, was diese zur Produktion von Zytokinen anregt und so eine Entzündungskaskade in Gang setzt, die in ihrer Wirkung sämtliche, auch die nicht infizierten Zellen mit einbezieht und so zur Beeinträchtigung der neuronalen Funktion führt. Obwohl die HIVirusproteine auch direkt mit Neuronen interferieren können, scheint die Entzündungsreaktion mit den stark erhöhten Zytokinkonzentrationen und der damit einhergehenden Störung der Astrozytenfunktion im Wesentlichen für die frühe Symptomatik der HIV-Enzephalopathie verantwortlich zu sein (Genis et al., 1992). Angesichts der hier gezeigten großen Bedeutung der gestörten Astrozytenfunktion in verschiedenen Erkrankungen des ZNS kommt natürlich auch die Frage nach möglichen therapeutischen Interventionen auf. Da in dieser Arbeit gezeigt wurde, dass die Aktivierung von Mikroglia als starker Störfaktor auf die elektrophysiologischen Eigenschaften der Astrozyten wirkt, ergibt sich hier ein wichtiger Angriffspunkt. Beispielsweise wurde gezeigt, dass das Opioid-Derivat Naloxone die LPSinduzierte Aktivierung von Mikroglia verhindert, indem es die Bindungsstelle von LPS an der Zellmembran blockiert. Der Einsatz von Naloxone in einer mit LPS inkubierten gemischten Neuronen-Glia-Kultur führte zu einer signifikant geringeren Freisetzung von Zytokinen, NO und Superoxiden durch Mikroglia und zu einer geringeren Sterblichkeit dopaminerger Neurone, die normalerweise durch den hohen Mikrogliaanteil der Substanzia Nigra besonders empfindlich auf LPS reagieren (Liu et al., 2000; Kim et al., 2000). Da Naloxone sich durch geringe Toxizität und wenige unerwünschte Wirkungen auszeichnet, könnte es sich als vielversprechender Therapieansatz erweisen. So könnte es z.B. in der Akuttherapie der bakteriellen Meningitis durch schnellen Wirkungseintritt die akute Symptomatik verbessern und epileptische Anfälle verhindern, noch bevor die antibiotische Therapie ihre 74 Wirkung erzielen kann. Allerdings kann Naloxone nur die Mikrogliaktivierung speziell durch LPS unterbinden, nicht aber die Aktivierung durch andere Einflüsse, wie es z.B. bei HIV-Enzephalitis oder MS der Fall ist. Ebenfalls über die Hemmung der Mikroglia-Aktivierung neuroprotektiv wirkt Vitamin E. Li et al. zeigten 2001, dass durch vorherige Inkubation mit Vitamin E die LPS-induzierte Aktivierung der Mikroglia und die konsekutive Ausschüttung von Entzündungsmediatoren gehemmt werden konnten. Dieses führte in der untersuchten Mikroglia-Neuronen-Ko-Kultur zu einer signifikanten Verminderung des entzündungsbedingten Absterben von Neuronen. Die Autoren kamen zu der Annahme, dass Vit. E in die Signalkaskade der Mikroglia-Aktivierung eingreift und sie somit behindert. Möglicherweise könnte dieser Angriffspunkt in der Signalkaskade auch unabhängig vom Aktivierungsreiz, in diesem Fall LPS, sein. Hierdurch würden sich die therapeutischen Einsatzmöglichkeiten von Vit. E im Gegensatz zu Naloxone auf eine große Anzahl von Erkrankungen wie MS, Alzheimer, Virus-Enzephalitiden, Tumoren oder Infarkte erweitern, bei denen die Mikroglia-Aktivierung durch andere Faktoren als LPS ausgelöst wird. Bereits im klinischen Einsatz bewährt haben sich rekombinante Antikörper gegen TNF-α, die z.B. in der Therapie der Autoimmunerkrankungen Morbus Crohn und Rheumatoide Arthritis mit Erfolg eingesetzt werden. Leider zeigte sich der TNF-α-Antikörper bis jetzt für die Behandlung entzündlicher Erkrankungen des ZNS wegen zu starker neurologischer Nebenwirkungen nicht geeignet. Dennoch ergibt sich hier ein interessanter Angriffspunkt; auch die Entwicklung von Antikörpern gegen weitere Zytokine könnte vielversprechend sein. 75 Ausblick Die in dieser Arbeit ermittelten Ergebnisse bieten viele Ansätze für weitere Forschungsarbeiten. So wäre es beispielsweise interessant, die Auswirkungen der aktivierten Mikroglia auf die extrazelluläre Ka+-Konzentration zu messen, um festzustellen, wie stark die Pufferleistung der Astrozyten wirklich beeinträchtigt wird. Analog zu dem bereits genannten Experiment von Janigro et al. (1997) könnte untersucht werden, ob auch durch Zugabe von aktivierter Mikroglia epileptische Aktivität ausgelöst werden kann. Hierfür könnte man allerdings nicht die RGCs oder primäre Astrozytenkulturen einsetzen, sondern müsste wie die Autoren mit Slices arbeiten, die auch noch die Neuronen enthalten. Besonders viele Ansatzpunkte für weitere Forschungsarbeiten bietet die Frage nach dem tatsächlichen Effektorstoff, der von den Mikroglia freigesetzt wird und dann zur Depolarisation führt. In dieser Arbeit wurden verschiedene Theorien dafür aufgestellt, denen man in weiteren Untersuchungen detaillierter nachgehen könnte. Auch der Wirkmechanismus des Effektorstoffes an der Zellmembran, wodurch letztendlich die Depolarisation ausgelöst wird, ist noch nicht sicher geklärt. Um diesen weiter zu erforschen, müssten die in Frage kommenden Kanäle und Transporter systematisch getestet werden. Dazu könnte man die RGCs zusätzlich mit verschiedenen Substanzen wie z.B. Kanalblockern inkubieren und beobachten, ob hierdurch eine Veränderung der Depolarisation bewirkt wird. Dieses würde dann auf einen durch die bestimmte Substanz beeinflussten Wirkmechanismus hinweisen. So wäre es z.B. sehr interessant zu untersuchen, ob die Depolarisation Na+oder Ka+- abhängig ist und sich durch Konzentrationsänderungen dieser Ionen oder die Zugabe des Na-Kanal-Blockers Amilorid beeinflussen lässt. Durch die zusätzliche Inkubation mit einem PCK-Antagonisten könnte man feststellen, ob auch hier der Wirkmechanismus über eine Aktivierung der 76 Protein-Kinase C abläuft, wie es für die Wirkung von TNF-α bewiesen wurde. Mittels des Protein-Synthese-Inhibitors Cycloheximide ließe sich herausfinden, ob die De-Novo-Synthese von Protein für die Auslösung der Depolarisation erforderlich ist. Auch könnte man versuchen, die Depolarisation durch den Einsatz von Medikamenten zu blockieren. Beispielsweise könnte getestet werden, ob Glukokortikoide wie z.B. Dexamethason den Effekt abschwächen können. Da aber Glukokortikoide auf mehrere verschiedene Arten hemmend auf das Immunsystem wirken, kann hierdurch nicht auf den Wirkmechanismus rückgeschlossen werden. Das oben erwähnte Naloxone sollte erwartungsgemäß durch Blockade des LPS-Rezeptors an Mikroglia hemmend auf die LPS-induzierte Mikroglia-Aktivierung wirken und so die Depolarisation abschwächen. Eine weitere Möglichkeit wäre zu testen, ob der Effekt auch eintritt, wenn sich die Mikroglia nicht im direkten Kontakt mit den RGCs befinden, sondern von diesen z.B. durch einen Filter getrennt sind, wie es in der Arbeit von Rouch et al. (2002) untersucht wurde. Hierbei könnte festgestellt werden, ob membran-assoziierte Faktoren der Mikroglia für die Depolarisation notwendig sind oder nur lösliche Substanzen, die ins Medium abgegeben werden, zum Effekt führen. Die alleinige Inkubation der RGCs mit Mikrogliakonditionierten Medium reicht zur Untersuchung dieses Sachverhaltes nicht aus, da man nicht wissen kann, ob die im Medium gelösten Substanzen nicht schon nach kurzer Zeit von den RGCs abgebaut werden oder aber auf andere Weise ihre Wirksamkeit verlieren. Man müsste bei diesem Versuch also sicherstellen, dass das Medium fortlaufend über 24 Std. frisch von den Mikroglia konditioniert wird. Im Hinblick auf die festgestellten veränderten Kopplungseigenschaften der RGCs könnte man im Bereich der Tumorforschung untersuchen, ob die RGCs durch andere Stoffe, wie z.B. Zytostatika, entkoppelt werden können und in 77 welchem Maß die funktionelle Kopplung mit dem Wachstumsverhalten der Glia-Zelllinie zusammenhängt. Zusammenfassung Diese Arbeit hat gezeigt, dass LPS als potenter Stimulus die Umwandlung von Mikroglia in den aktivierten Typ induziert und diese daraufhin über einen noch nicht vollständig geklärten Wirkmechanismus eine Depolarisation des Ruhemembranpotentials von Astrozyten bewirkt. Die Bedeutung der Mikroglia in der Pathophysiologie des ZNS wurde durch diese Ergebnisse nachdrücklich unterstrichen. Es konnten wichtige Anhaltspunkte dafür gefunden werden, dass aktivierte Mikroglia in entzündlichen Erkrankungen des ZNS, insbesondere der bakteriellen Meningitis, durch Störung der elektrophysiologischen Eigenschaften von Astrozyten eine wesentliche pathogenetische Rolle spielen. Des weiteren ergaben sich aus den in dieser Arbeit durchgeführten Versuchen neue Hinweise zum Wirkmechanismus von LPS. Die gewonnenen Ergebnisse lassen vermuten, dass LPS nicht direkt eine Depolarisation des Membranpotentials von Astrozyten bewirkt, sondern indirekt über die Aktivierung von Mikroglia seine Wirkung entfaltet. Aus dieser These ergeben sich neue Erklärungsmodelle insbesondere zur Pathophysiologie der bakteriellen Meningitis. Den Mikroglia, als unerlässliche Vermittler der durch LPS ausgelösten Entzündungswirkung kommt hierbei eine noch größere Bedeutung als bisher angenommen zu. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen zum besseren Verständnis von entzündlichen Erkrankungen des ZNS bei und könnten somit für die Entwicklung neuer Therapieoptionen von Nutzen sein. 78 Literaturverzeichnis Aloisi, F. (2001). Immune function of microglia. Glia, 36(2), 165-179. Anderson, M. (1993). Management of cerebral infection. J Neurol Neurosurg Psychiatry, 56(12), 1243-1258. Arditi, M., Manogue, K. R., Caplan, M., & Yogev, R. (1990). 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Herzlichen Dank an Lothar Möller für die Durchsicht des Textes und ganz besonders an Jörg Lücke für seine Hilfe und Unterstützung während des gesamten Entstehungsprozesses dieser Arbeit. 87 Lebenslauf Persönliche Daten: Möller, Anna Caroline Wihelmstr. 66 44137 Dortmund Telefon: 0231/1656246 Geboren am 11.04.1979 in Köln Familienstand: ledig Staatsangehörigkeit: deutsch Schulausbildung: 1985-1989: Grundschule, Halle (Westf.) 1989-1998: Kreisgymnasium Halle (Westf.), Abschluss: Abitur (Note: 1,9) Studium: Seit April 1999: Studium der Humanmedizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Frühjahr 2001: Ärztliche Vorprüfung (Note: 2,0) Frühjahr 2002: Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Note: 2,0) Juli 2002: Beginn der Doktorarbeit bei PD Dr. Pedro Faustmann, Universität Bochum Frühjahr 2004: Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Note: 1,66) April 2004 - März 2005: Praktisches Jahr im Klinikum Dortmund (Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Münster) Freiwilliges Soziales Jahr: August 1998 - März 1999 im Johannes-Hospital, Bielefeld Fremdsprachenkenntnisse: Englisch fließend in Wort und Schrift, gute Kenntnisse in Französisch 88