Wirkung jenseits der Klicks

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thema der woche
HORIZONT 9/2010
4. März 2010
Wirkung jenseits der Klicks
Werbungtreibende sollen im Web für mehr Effizienz auch mehr zahlen / Argumente liefert die Messung von Branding-Kampagnen
Die Rabattschere im Internet wird 2010
weiter aufgehen, wenn es nicht gelingt,
Image, Awareness und Kaufbereitschaft
im Web zu messen. Vermarkter und
Verbände intensivieren die Forschung.
L
eistung muss belohnt werden.
Das gilt auch im Online-Werbemarkt, wohin Werbekunden große Teile ihres Mediabudgets verschoben haben und wo um Rabatte und
Konditionen gefeilscht wird. Das Gegenmittel ist bekannt, wird aber noch zu selten verschrieben: Wer aus dieser Preisspirale ausbrechen will, muss seine Werbeleistung im Web besser nachweisen.
Genau das forcieren nun Verbände
und Vermarkter. Dass es längst nicht
mehr genügt, reine Klicks und Conversion Rates auszuweisen, hat sich herumgesprochen. Vor allem für Markenartikler, die ihre Produkte nicht über das Web
verkaufen, ist die Branding-Dimension
elementar. Ist die Imagewirkung erst einmal bewiesen, so umgekehrt die Hoffnung der Vermarkter, wird auch der Kunde bereit sein, wieder mehr zu zahlen.
Überangebot an Werbeinventar
Denn der Preisverfall im Web ist dramatisch. Von bis zu 30 Prozent gegenüber
dem Vorjahr geht Matthias Ehrlich, Chef
von United Internet Media, aus (HORIZONT 49/2009). Selbst bei optimistischeren Prognosen – zu denen die Mehrzahl
der befragten Vermarkter tendiert – wird
klar: Die Rabattschere geht im Jahr 2010
weiter auf, wenn es nicht gelingt, durch
bessere Leistungsnachweise den Preisverfall zu stoppen.
Martin Lütgenau, Geschäftsführer von
Tomorrow Focus, geht von einer stabilen
TKP-Entwicklung in den nächsten Monaten und Jahren aus, sofern weitere Effizienz-Nachweise vorliegen. Mehr sogar:
Unter anderem durch den Einsatz von Behavioral Advertising, also Werbung auf Basis von Verhaltensdaten der Nutzer, könnten Streuverluste und ineffiziente Mehrfachkontakte vermieden werden: „Diese
Effizienz unterstützt die Stabilität der Preise und rechtfertigt sogar eine Steigerung.“
Das eigentliche Problem des Internets
ist das Überangebot an Werbeinventar.
Da es nur eine Handvoll Websites ins
Kombinierte Messung: Seat zahlt auf TKPBasis für die gemessenen Ad Impressions und
zusätzlich für jeden generierten Lead
„Relevant Set“ der Konsumenten schafft,
ist nicht jedes Werbeumfeld gleich wertvoll und hochwertiges Inventar oft
schwer zu identifizieren. Marketingentscheider achten nun verstärkt auch in den
digitalen Medien darauf, dass das Umfeld
zur Marke passt. Der Anbieter-Wettbewerb führt zu guten Ergebnissen: Die
Werbeumfelder redaktionell hochwertiger Websites werden stark nachgefragt,
daher können hier oft schon gute TKPs
erzielt werden. Und zwar auch langfristig,
so Arne Wolter von G+J EMS. „Auch deshalb, weil sich darin ihre relative Knappheit widerspiegelt.“
Und noch einen Vorteil hat die Werbung in redaktionellen Umfeldern:
Durch Nachweise von Kaufbereitschaft
und Awareness können sich die Verlagswebsites besser von reinen E-Mail-Portalen abgrenzen. Das Image der redaktionellen Website färbt positiv auf die beworbene Marke ab. „Damit bieten wir
signifikant bessere Kontaktqualitäten als
zum Beispiel Freemailer oder Communities“, so Boris Lücke, Leiter Bauer Media
Online. Ein Problem, mit dem auch der
OVK zu kämpfen haben dürfte: Schließlich muss der Verband die Interessen aller
Mitglieder, also auch der Freemailer, unter einen Hut bringen. „Das ist sicher
nicht trivial“, räumt Wolter ein. Aber es
geht ums große Ganze: Wenn der Nachweis vorliegt, dass Onlinewerbung qualitativ wirkt, nützt das allen Anbietern.
Mehr dazu unter:
horizont.net/wirkung0910
Der Online-Vermarkterkreis OVK,
der für 2010 einen Anstieg der Nettowerbeeinnahmen um 5 bis 6 Prozent prognostiziert, hat eine Studie aufgesetzt, um
die Brandingeffekte von Web-Kampagnen besser nachzuweisen (HORIZONT 7/
2010). Auch der VDZ steuert eigene Forschungsreihen bei. Parallel dazu führen
Verlagsvermarkter Erhebungen durch.
Vermarkter forschen selbst
Tomorrow Focus zum Beispiel hat die
Studienserie „Branding supports Performance“ ins Leben gerufen, die nachweist,
wie Branding-Werbung auf den Abverkauf wirkt. „Wir haben unter anderem
messen können, dass durch den Einsatz
von Display-Branding-Werbung die
Suchanfragen bei Google zunehmen und
die Conversions deutlich ansteigen“, sagt
Lütgenau von Tomorrow Focus.
Auch G+J EMS und Spiegel QC forschen intensiv an dem Thema: In der
zweiten Jahreshälfte, spätestens zur
Dmexco im September, soll die zweite
Auflage der Studie „Editorial Brand Impact“ vorliegen. Spiegel QC selbst hat ein
Repertoire verschiedener Forschungsinstrumente entwickelt, etwa eine Befragungs-Software, ein über ein 15000 Per-
sonen umfassendes Online-Panel und ein
gattungsübergreifendes Werbetracking.
Sie sollen Veränderungen des Markenimages oder der Einstellungen gegenüber
den beworbenen Produkten sichtbar machen. Auch Werte wie Sympathie und
Markenpräferenz sind für Norbert Facklam, Leiter Vermarktung von Spiegel QC,
„wesentliche Indikatoren“ für die Beurteilung eines Kampagnenerfolgs. Macht
Spiegel QC damit nicht die Hausaufgaben der Mediaagenturen und Kunden?
„Nein, es liegt in unserem ureigenen Interesse, die Wirkungsweise unserer Medien
und der darin geschalteten Werbung zu
verstehen und zu belegen“, so Facklam.
Axel Springer erhebt die BrandingWirkung von Displaykampagnen – unabhängig davon, ob das Kampagnenziel
eher Branding oder Performance ist, weil
so wichtige Detailinformationen ermittelt werden können. Außerdem könne
dadurch auch die Wirkung von Performancekampagnen verbessert werden, so
Christian Griesbach, General Manager
Digital Sales bei Axel Springer Media Impact. Das Unternehmen vermarktet
sämtliche redaktionellen Web-Angebote
als „Premium-Umfelder“ und hat dazu
die Websites in unterschiedliche Qualitätsstufen kategorisiert.
Dennoch: Klassische Performancewerbeformen wie Lead-Generierung
werden auch in Zukunft nicht komplett
ausgedient haben. Schon deshalb, weil
das Erfolgsrisiko nicht beim Auftraggeber, sondern beim Dienstleister liegt.
Kombi-Modelle haben Zukunft
Mathias Seidler, Geschäftsführer der
Agentur für Online-Performance-Marketing Net Dialogs, plädiert für eine
Kombination von Performance- und
Branding-Maßnahmen. „Beide Marketingziele können mit einer Kampagne erreicht werden, daher ist es sinnvoll, neben
Brand-Awareness auch Leads für Anschlusskommunikation zu generieren.“
Das Unternehmen hat dazu das Werbeformat „Expandable Banner“ entwickelt:
Wenn man mit der Maus über den großflächigen Banner fährt, öffnet sich ein
Formular zur Kontaktanbahnung. Über
verschiedene „Reiter“ können ein Video
und Produktinformationen abgerufen
werden. Seat bewirbt so aktuell sein neues
Modell Exeo. Ein Kampagnensteuerungstool ermittelt, wie viele Ad Impressions im autoaffinen Umfeld das Werbemittel liefert (Awareness), und zählt die
im Formular generierten Kontaktadressen für eine Probefahrt (Performance).
Die bessere Werbewirkung von Branding-Kampagnen im Internet hat aber
zumindest für die Vermarkter von klassischen Verlagen einen Haken: Je besser sie
die Online-Werbeleistung in ihren Markenumfeldern nachweisen, desto eher
schwächen sie Print.
SILJA ELFERS
„Wer versäumt, sein Image online aufzubauen, ist nicht mehr wettbewerbsfähig“
Dan Beltramo, CEO des US-Unternehmens Vizu.com, misst Brandingkampagnen im Internet, darunter Kriterien wie Kaufabsicht und Awareness / System arbeitet in Echtzeit
Ihr Unternehmen hat ein System entwickelt, mit dem die Effizienz von Online-Brandingkampagnen nachgewiesen
wird. Warum ist das wichtig? Schon sehr
bald werden die meisten Marken nicht
mehr wettbewerbsfähig sein, wenn sie
nicht in der Lage sind, online ihr Image
aufzubauen. Imagekampagnen zu messen ist unser Brot-und-Butter-Geschäft
und es wird immer wichtiger für Werbekunden, dies auch online zu erfassen, weil
die Konsumenten im Web einen Großteil
ihrer Medienzeit verbringen.
Wie funktioniert der Ad Catalyst? Unser
System misst, wie wirksam Online-Brandingkampagnen die Meinung der Konsumenten beeinflussen. Das System arbeitet in Echtzeit, sodass Kunden das Maximale aus ihrem Werbeeinsatz herausholen. Dazu werden rund 1 Prozent der
Seitenbesucher gebeten, jeweils eine Fra-
ge – die nach Kampagnenziel variiert –
zur gezeigten Werbung zu beantworten.
Hieraus lassen sich stabile statistische
Werte zur Ad Performance erheben.
Ein Beispiel, bitte. Der Ad Catalyst ver-
gleicht die Meinung derjenigen, die die
Chance hatten, die Werbung zu sehen,
mit einer statistisch ähnlichen Kontrollgruppe, die diese Werbung nicht gesehen
hat. Diesen Wahrnehmungsunterschied
bezeichnen wir als Brand Lift. Wenn beispielsweise 15 Prozent der Testgruppe
und 10 Prozent der Kontrollgruppe Produkt X als günstig beurteilen, liegt der
Brand Lift bei 50 Prozent.
Klickmessungen zu nutzen, um Imageund Markenaufbau von Kampagnen zu
messen, ist demnach falsch. Das ist eine
Altlast der Direct-Response-OnlineWelt. Schlimmer noch, es ist ein ungeeig-
netes Messinstrument: Versucht man mit
Click-through-Rates Brandingkampagen
zu messen, führt das zu falschen Ergebnissen und bewirkt oft, dass Kreativ- und
Mediaagenturen sowie Onlinevermarkter ihren Kunden weiterhin suboptimale
Werbestrategien
vorschlagen.
Langfristig kann das der
Marke schaden und extrem teuer werden.
Für wen lohnen sich
Klick-Messungen denn
überhaupt noch? Klick-
und Conversion Rates zu
zählen macht nur Sinn für
Werbekunden, die ihre Produkte oder Services primär
online verkaufen –
was die wenigsten
tun. Für Kunden,
die offline ver-
kaufen, ist es dagegen wichtig, herauszufinden, ob ihre Onlinewerbung Aufmerksamkeit, Kaufabsichten, Präferenzen oder positive Assoziationen weckt.
Und diese Kriterien kann Ad Catalyst erfassen? Das System ist sehr flexibel
und kann fast jedes Branding-Ziel
messen. Ich empfehle unseren
Kunden, sich auf ein Hauptziel
zu konzentrieren – entweder
Aufmerksamkeit, Kaufabsicht
oder Präferenzen. Rund 50 Prozent unserer Kunden konzentrieren sich auf die Kaufabsicht.
Hat sich der Return on Investment dadurch verbessert? Wir haDan Beltramo,
CEO von Vizu.com
ben für die wichtigsten Brands weltweit
und die größten Websites weltweit Kampagnenmessungen durchgeführt. Meistens konnten wir den ROI um rund 20
Prozent verbessern. Nachhaltige Verbesserungen gelingen in erster Linie durch
tägliche Messungen der Werbewirkung.
Sind Werbekunden denn bereit, für bessere Werbewirkung mehr zu zahlen? Auf
jeden Fall. Mediaagenturen stehen unter
hohem Druck, ihren Kunden beweisen zu
müssen, dass ihre Kontrollsysteme die
Kundenergebnisse konstant verbessern.
Verlage, die ihren Mediaagenturen diese
Daten liefern, tragen dazu bei, dass die
Kunden gut dastehen und dafür besser
zahlen. Viele unserer Verlagskunden nutzen die Daten auch, um Premium-Werbepakete zu schnüren, um gegenüber
ihren Agenturen Premium-Preise rechtfertigen zu können.
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