Objekt: HORX - Ausgabennummer: 009 - Seite: X004/ 4 - Datum: 02.03.10 - Uhrzeit: 20:57’52’’ - Belichter: DIERICH- Farbigkeit: CMYK- Weitere Auszüge: Diese Farbe: Cyan Black Yellow Magenta 4 thema der woche HORIZONT 9/2010 4. März 2010 Wirkung jenseits der Klicks Werbungtreibende sollen im Web für mehr Effizienz auch mehr zahlen / Argumente liefert die Messung von Branding-Kampagnen Die Rabattschere im Internet wird 2010 weiter aufgehen, wenn es nicht gelingt, Image, Awareness und Kaufbereitschaft im Web zu messen. Vermarkter und Verbände intensivieren die Forschung. L eistung muss belohnt werden. Das gilt auch im Online-Werbemarkt, wohin Werbekunden große Teile ihres Mediabudgets verschoben haben und wo um Rabatte und Konditionen gefeilscht wird. Das Gegenmittel ist bekannt, wird aber noch zu selten verschrieben: Wer aus dieser Preisspirale ausbrechen will, muss seine Werbeleistung im Web besser nachweisen. Genau das forcieren nun Verbände und Vermarkter. Dass es längst nicht mehr genügt, reine Klicks und Conversion Rates auszuweisen, hat sich herumgesprochen. Vor allem für Markenartikler, die ihre Produkte nicht über das Web verkaufen, ist die Branding-Dimension elementar. Ist die Imagewirkung erst einmal bewiesen, so umgekehrt die Hoffnung der Vermarkter, wird auch der Kunde bereit sein, wieder mehr zu zahlen. Überangebot an Werbeinventar Denn der Preisverfall im Web ist dramatisch. Von bis zu 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr geht Matthias Ehrlich, Chef von United Internet Media, aus (HORIZONT 49/2009). Selbst bei optimistischeren Prognosen – zu denen die Mehrzahl der befragten Vermarkter tendiert – wird klar: Die Rabattschere geht im Jahr 2010 weiter auf, wenn es nicht gelingt, durch bessere Leistungsnachweise den Preisverfall zu stoppen. Martin Lütgenau, Geschäftsführer von Tomorrow Focus, geht von einer stabilen TKP-Entwicklung in den nächsten Monaten und Jahren aus, sofern weitere Effizienz-Nachweise vorliegen. Mehr sogar: Unter anderem durch den Einsatz von Behavioral Advertising, also Werbung auf Basis von Verhaltensdaten der Nutzer, könnten Streuverluste und ineffiziente Mehrfachkontakte vermieden werden: „Diese Effizienz unterstützt die Stabilität der Preise und rechtfertigt sogar eine Steigerung.“ Das eigentliche Problem des Internets ist das Überangebot an Werbeinventar. Da es nur eine Handvoll Websites ins Kombinierte Messung: Seat zahlt auf TKPBasis für die gemessenen Ad Impressions und zusätzlich für jeden generierten Lead „Relevant Set“ der Konsumenten schafft, ist nicht jedes Werbeumfeld gleich wertvoll und hochwertiges Inventar oft schwer zu identifizieren. Marketingentscheider achten nun verstärkt auch in den digitalen Medien darauf, dass das Umfeld zur Marke passt. Der Anbieter-Wettbewerb führt zu guten Ergebnissen: Die Werbeumfelder redaktionell hochwertiger Websites werden stark nachgefragt, daher können hier oft schon gute TKPs erzielt werden. Und zwar auch langfristig, so Arne Wolter von G+J EMS. „Auch deshalb, weil sich darin ihre relative Knappheit widerspiegelt.“ Und noch einen Vorteil hat die Werbung in redaktionellen Umfeldern: Durch Nachweise von Kaufbereitschaft und Awareness können sich die Verlagswebsites besser von reinen E-Mail-Portalen abgrenzen. Das Image der redaktionellen Website färbt positiv auf die beworbene Marke ab. „Damit bieten wir signifikant bessere Kontaktqualitäten als zum Beispiel Freemailer oder Communities“, so Boris Lücke, Leiter Bauer Media Online. Ein Problem, mit dem auch der OVK zu kämpfen haben dürfte: Schließlich muss der Verband die Interessen aller Mitglieder, also auch der Freemailer, unter einen Hut bringen. „Das ist sicher nicht trivial“, räumt Wolter ein. Aber es geht ums große Ganze: Wenn der Nachweis vorliegt, dass Onlinewerbung qualitativ wirkt, nützt das allen Anbietern. Mehr dazu unter: horizont.net/wirkung0910 Der Online-Vermarkterkreis OVK, der für 2010 einen Anstieg der Nettowerbeeinnahmen um 5 bis 6 Prozent prognostiziert, hat eine Studie aufgesetzt, um die Brandingeffekte von Web-Kampagnen besser nachzuweisen (HORIZONT 7/ 2010). Auch der VDZ steuert eigene Forschungsreihen bei. Parallel dazu führen Verlagsvermarkter Erhebungen durch. Vermarkter forschen selbst Tomorrow Focus zum Beispiel hat die Studienserie „Branding supports Performance“ ins Leben gerufen, die nachweist, wie Branding-Werbung auf den Abverkauf wirkt. „Wir haben unter anderem messen können, dass durch den Einsatz von Display-Branding-Werbung die Suchanfragen bei Google zunehmen und die Conversions deutlich ansteigen“, sagt Lütgenau von Tomorrow Focus. Auch G+J EMS und Spiegel QC forschen intensiv an dem Thema: In der zweiten Jahreshälfte, spätestens zur Dmexco im September, soll die zweite Auflage der Studie „Editorial Brand Impact“ vorliegen. Spiegel QC selbst hat ein Repertoire verschiedener Forschungsinstrumente entwickelt, etwa eine Befragungs-Software, ein über ein 15000 Per- sonen umfassendes Online-Panel und ein gattungsübergreifendes Werbetracking. Sie sollen Veränderungen des Markenimages oder der Einstellungen gegenüber den beworbenen Produkten sichtbar machen. Auch Werte wie Sympathie und Markenpräferenz sind für Norbert Facklam, Leiter Vermarktung von Spiegel QC, „wesentliche Indikatoren“ für die Beurteilung eines Kampagnenerfolgs. Macht Spiegel QC damit nicht die Hausaufgaben der Mediaagenturen und Kunden? „Nein, es liegt in unserem ureigenen Interesse, die Wirkungsweise unserer Medien und der darin geschalteten Werbung zu verstehen und zu belegen“, so Facklam. Axel Springer erhebt die BrandingWirkung von Displaykampagnen – unabhängig davon, ob das Kampagnenziel eher Branding oder Performance ist, weil so wichtige Detailinformationen ermittelt werden können. Außerdem könne dadurch auch die Wirkung von Performancekampagnen verbessert werden, so Christian Griesbach, General Manager Digital Sales bei Axel Springer Media Impact. Das Unternehmen vermarktet sämtliche redaktionellen Web-Angebote als „Premium-Umfelder“ und hat dazu die Websites in unterschiedliche Qualitätsstufen kategorisiert. Dennoch: Klassische Performancewerbeformen wie Lead-Generierung werden auch in Zukunft nicht komplett ausgedient haben. Schon deshalb, weil das Erfolgsrisiko nicht beim Auftraggeber, sondern beim Dienstleister liegt. Kombi-Modelle haben Zukunft Mathias Seidler, Geschäftsführer der Agentur für Online-Performance-Marketing Net Dialogs, plädiert für eine Kombination von Performance- und Branding-Maßnahmen. „Beide Marketingziele können mit einer Kampagne erreicht werden, daher ist es sinnvoll, neben Brand-Awareness auch Leads für Anschlusskommunikation zu generieren.“ Das Unternehmen hat dazu das Werbeformat „Expandable Banner“ entwickelt: Wenn man mit der Maus über den großflächigen Banner fährt, öffnet sich ein Formular zur Kontaktanbahnung. Über verschiedene „Reiter“ können ein Video und Produktinformationen abgerufen werden. Seat bewirbt so aktuell sein neues Modell Exeo. Ein Kampagnensteuerungstool ermittelt, wie viele Ad Impressions im autoaffinen Umfeld das Werbemittel liefert (Awareness), und zählt die im Formular generierten Kontaktadressen für eine Probefahrt (Performance). Die bessere Werbewirkung von Branding-Kampagnen im Internet hat aber zumindest für die Vermarkter von klassischen Verlagen einen Haken: Je besser sie die Online-Werbeleistung in ihren Markenumfeldern nachweisen, desto eher schwächen sie Print. SILJA ELFERS „Wer versäumt, sein Image online aufzubauen, ist nicht mehr wettbewerbsfähig“ Dan Beltramo, CEO des US-Unternehmens Vizu.com, misst Brandingkampagnen im Internet, darunter Kriterien wie Kaufabsicht und Awareness / System arbeitet in Echtzeit Ihr Unternehmen hat ein System entwickelt, mit dem die Effizienz von Online-Brandingkampagnen nachgewiesen wird. Warum ist das wichtig? Schon sehr bald werden die meisten Marken nicht mehr wettbewerbsfähig sein, wenn sie nicht in der Lage sind, online ihr Image aufzubauen. Imagekampagnen zu messen ist unser Brot-und-Butter-Geschäft und es wird immer wichtiger für Werbekunden, dies auch online zu erfassen, weil die Konsumenten im Web einen Großteil ihrer Medienzeit verbringen. Wie funktioniert der Ad Catalyst? Unser System misst, wie wirksam Online-Brandingkampagnen die Meinung der Konsumenten beeinflussen. Das System arbeitet in Echtzeit, sodass Kunden das Maximale aus ihrem Werbeeinsatz herausholen. Dazu werden rund 1 Prozent der Seitenbesucher gebeten, jeweils eine Fra- ge – die nach Kampagnenziel variiert – zur gezeigten Werbung zu beantworten. Hieraus lassen sich stabile statistische Werte zur Ad Performance erheben. Ein Beispiel, bitte. Der Ad Catalyst ver- gleicht die Meinung derjenigen, die die Chance hatten, die Werbung zu sehen, mit einer statistisch ähnlichen Kontrollgruppe, die diese Werbung nicht gesehen hat. Diesen Wahrnehmungsunterschied bezeichnen wir als Brand Lift. Wenn beispielsweise 15 Prozent der Testgruppe und 10 Prozent der Kontrollgruppe Produkt X als günstig beurteilen, liegt der Brand Lift bei 50 Prozent. Klickmessungen zu nutzen, um Imageund Markenaufbau von Kampagnen zu messen, ist demnach falsch. Das ist eine Altlast der Direct-Response-OnlineWelt. Schlimmer noch, es ist ein ungeeig- netes Messinstrument: Versucht man mit Click-through-Rates Brandingkampagen zu messen, führt das zu falschen Ergebnissen und bewirkt oft, dass Kreativ- und Mediaagenturen sowie Onlinevermarkter ihren Kunden weiterhin suboptimale Werbestrategien vorschlagen. Langfristig kann das der Marke schaden und extrem teuer werden. Für wen lohnen sich Klick-Messungen denn überhaupt noch? Klick- und Conversion Rates zu zählen macht nur Sinn für Werbekunden, die ihre Produkte oder Services primär online verkaufen – was die wenigsten tun. Für Kunden, die offline ver- kaufen, ist es dagegen wichtig, herauszufinden, ob ihre Onlinewerbung Aufmerksamkeit, Kaufabsichten, Präferenzen oder positive Assoziationen weckt. Und diese Kriterien kann Ad Catalyst erfassen? Das System ist sehr flexibel und kann fast jedes Branding-Ziel messen. Ich empfehle unseren Kunden, sich auf ein Hauptziel zu konzentrieren – entweder Aufmerksamkeit, Kaufabsicht oder Präferenzen. Rund 50 Prozent unserer Kunden konzentrieren sich auf die Kaufabsicht. Hat sich der Return on Investment dadurch verbessert? Wir haDan Beltramo, CEO von Vizu.com ben für die wichtigsten Brands weltweit und die größten Websites weltweit Kampagnenmessungen durchgeführt. Meistens konnten wir den ROI um rund 20 Prozent verbessern. Nachhaltige Verbesserungen gelingen in erster Linie durch tägliche Messungen der Werbewirkung. Sind Werbekunden denn bereit, für bessere Werbewirkung mehr zu zahlen? Auf jeden Fall. Mediaagenturen stehen unter hohem Druck, ihren Kunden beweisen zu müssen, dass ihre Kontrollsysteme die Kundenergebnisse konstant verbessern. Verlage, die ihren Mediaagenturen diese Daten liefern, tragen dazu bei, dass die Kunden gut dastehen und dafür besser zahlen. Viele unserer Verlagskunden nutzen die Daten auch, um Premium-Werbepakete zu schnüren, um gegenüber ihren Agenturen Premium-Preise rechtfertigen zu können. SE