Produktionsprogrammplanung

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Produktionsprogrammplanung
I.
Einordnung/Überblick
II.
Operative Produktionsprogrammplanung bei
Alternativproduktion
III.
Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug als spezifisches Problem bei der Produktionsprogrammplanung
1. Strategische, taktische und operative Make-or-buyEntscheidungen
2. Anlässe für Make-or-buy-Entscheidungen
3. Alternative Bereitstellungsmöglichkeiten bzw.
Integrationsformen
4. Gründe für und gegen Eigenfertigung bzw. Fremdbezug
5. Ansätze zur Wahl eines Bereitstellungsweges auf der
strategischen Ebene
6. Ansätze zur Wahl eines Bereitstellungsweges auf der
operativen und taktischen Ebene
Literaturhinweise zum Thema „Make-or-buy-Entscheidungen“
ARNOLDS, H.; HEEGE, F.; TUSSING, W.: Materialwirtschaft und Einkauf,
10. Aufl., Wiesbaden 2001, S. 327-357
Betz, S.: Gestaltung der Leistungstiefe als strategisches Problem, in: Die
Betriebswirtschaft, 56. Jg. (1996), S. 399-412
GÖTZE, U.; MIKUS, B.: Strategisches Management, Chemnitz 1999, Kap. 5.4.1
KRUSCHWITZ, L.: Eigenerzeugung oder Beschaffung? Eigenverwendung oder Absatz?
Zweckmäßige Optimierungsmethoden für industrielle Entscheidungsalternativen,
Berlin 1971
MÄNNEL, W.: Grundfragen des Kostenvergleichs zwischen Eigenfertigung und
Fremdbezug (I), in: Kostenrechnungspraxis (1971), S. 147-154
MÄNNEL, W.: Die Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug: Theoretische
Grundlagen - Praktische Fälle, 2. Aufl., Stuttgart 1981
MIKUS, B.: Make-or-buy-Entscheidungen. Führungsprozesse, Risikomanagement und
Modellanalysen, Diss., 2. Aufl., Chemnitz 2001
PICOT, A.: Ein neuer Ansatz zur Gestaltung der Leistungstiefe, in: ZfbF, 43. Jg.
(1991), S. 336-357
REICHMANN, T.; PALLOKS, M.: Make-or-Buy-Entscheidungen. Was darf der Fremdbezug kosten, wenn die eigenen Kosten weiterlaufen?, in: Controlling (1995), Heft 1,
S. 4-11
WEIß, M.: Planung der Fertigungstiefe. Ein hierarchischer Ansatz, Diss., Wiesbaden
1993
Aufteilung von Wertaktivitäten zwischen Unternehmen
Wertschöpfungsprozeß von Produktfeldern
Rohstoffgewinnung
Produktfeld 1
X
Rohstoffaufbereitung
X
EndZwischen- Zwischenproduktprodukt- produktfertigung
montage montage
X
X
Produktfeld 2
...
X
X
X
Produktfeld 3
X
Produktfeld 4
Unternehmen
x-1
X
Unternehmen
x
X
Unternehmen
x+1
Quelle: Zu einer ähnlichen Darstellung vgl. Schneider, D.; Baur, C.; Hopfmann, L.: ReDesign der Wertkette durch Make or Buy. Konzepte und Fallstudien, Wiesbaden
1994, S. 14.
Anlässe für Make-or-buy-Entscheidungen
-
bei qualitativen oder quantitativen Änderungen des Bedarfs an
Produktionsfaktoren
-
unabhängig vom Bedarf, wenn sich die Bestimmungsgrößen, die für
die in der Vergangenheit getroffene Make-or-buy-Entscheidung
ausschlaggebend waren, verändern, z.B.
• Veränderung der Beschäftigungslage sowohl auf dem Markt
(konjunkturelle Entwicklung) als auch im Unternehmen selbst (und
dadurch bewirkte Kapazitätsengpässe oder -überschüsse),
• Änderungen der Eigenfertigungs- oder Fremdbezugskosten,
• Erfordernis von Ersatzinvestitionen,
• Auslaufen von Verträgen, z.B. Miet-, Pacht- und Anstellungsverträgen
sowie Rahmenvereinbarungen mit Lieferanten,
• Abnahme der Liefer-/Produktionszuverlässigkeit, z.B. häufig auftretende Terminüberschreitungen oder Qualitätsmängel,
• Markteintritt neuer bzw. Marktaustritt bestehender Lieferanten,
• zunehmende Internationalisierung des Unternehmens (z.B. Standortverlagerungen der Produktionsstätten des Unternehmens ins
Ausland und dadurch ggf. Beschaffungsmöglichkeit bei Lieferanten
vor Ort),
• zunehmender Konkurrenz- und Kostendruck
• veränderte Anforderungen an Qualität und Flexibilität von Seiten der
Kunden (z.B. Zunahme der Variantenvielfalt, kleinere Stückzahlen,
kürzere Lieferzeiten) sowie
• Veränderung der rechtlichen Verbindungen zu anderen Unternehmen
(z.B. neue Muttergesellschaft oder Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens) und dadurch andere Arbeitsteilung.
Integrations- bzw. Koordinationsformen
Eigenfertigung
Zwischenformen
Partielle Integration
Kapitalbeteiligung
Langfristige Kooperationsabkommen
Zunehmender
Grad an
marktlicher
Koordination
Fremdbezug
Langfristige (Rahmen)Verträge
Mittelfristige vertragliche Regelungen
Fremdbezug auf der Basis spontaner
Marktbeziehungen
Quelle: Vgl. zu einer ähnlichen Darstellung Picot, A.: Ein neuer Ansatz zur Gestaltung
der Leistungstiefe, in: ZfbF, 43. Jg., 1991, S. 340.
Gründe für und gegen Eigenfertigung bzw. Fremdbezug
Zielgröße
Kosten und
Erlöse
Gründe für Eigenfertigung
• Vermeidung von Lieferantengewinnen
• Einsparung von Verpackungs- und
außerbetrieblichen Transportkosten
• Unabhängigkeit von Preiserhöhungen
durch den Lieferanten
• Steuerliche oder sonstige Vergünstigungen
• Vermeidung von Leerkosten durch
Auslastung vorhandener Personal- und
Sachmittelkapazitäten
Gründe für Fremdbezug
• Spezialisierungsvorteile der Lieferanten
(z.B. geringe Herstellkosten durch
Massenfertigung, Lern- und
Erfahrungseffekte, bessere Anlagen)
• Lohnkostenvorteil der Lieferanten (evtl.
günstige Importmöglichkeiten)
• Vermeidung von Entwicklungskosten
• Einsparung von Lagerhaltungskosten
• Geringer Fixkostenanteil und Vermeidung von Investitionen
• Hohe Opportunitätskosten bei Eigenfertigung und Vollbeschäftigung
• Möglichkeit der Ergänzung des Absatzsortiments oder einer Absatzvolumenerhöhung ohne entsprechenden
Aufbau von Fertigungskapazitäten
• Abwicklung von Gegengeschäften
Qualität
• Möglichkeit laufender Qualitätskontrollen während der Fertigung
• Aneignung spezifischen ProduktionsKnow-hows
• Nutzung von Patenten sowie vorhandenem Know-how und Erfahrungen
• Enge Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Fertigung
• Nutzung des Know-hows und der Erfahrungen der Lieferanten
• Einsatz von Spezialmaschinen
• Intensivere Forschung & Entwicklung
der Lieferanten
Zeit
• Vermeidung langer Liefer- und Trans- • Lieferabruf nach Bedarf, dadurch Verportzeiten
meidung von Terminschwierigkeiten
bei Bedarfsschwankungen
• Schnelle Reaktionsmöglichkeit bei
Modelländerungen, Bedarfsschwankun- • Beseitigung von Terminengpässen im
gen oder Terminverschiebungen durch
Fertigungsbereich
kürzere Informations- und Organisa• Lange Fertigungsdauer bei Eigenfertitionswege
gung
• Bessere Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der Termineinhaltung
Risiko
• Geheimhaltung von vorhandenem
Know-how und Neuentwicklungen
• Unabhängigkeit vom Lieferanten
• Reduzierung von Transportrisiken
• Ggf. Qualitätsrisiko beim Fremdbezug
• Risikostreuung durch Bezug von mehreren Lieferanten
• Niedriges Risiko bei Entwicklungsfehlschlägen und Nachfragesenkungen
Orientierung an den Kernkompetenzen
Kernkompetenzen:
„ ... Gesamtheiten von Technologien, Know-how, Prozessen und Einstellungen, die für den Kunden erkennbar wertvoll sind, gegenüber der Konkurrenz einmalig sind, schwer imitierbar sind und den Zugang zu einer
Vielzahl von Märkten eröffnen“ (Hinterhuber, H.H.: Strategische Unternehmungsführung, Bd. I, 6. Aufl., Berlin, New York 1996, S. 11)
Grundgedanke: Konzentration auf eigene Kernkompetenzen,
• um die Kompetenzen und Ressourcen von Lieferanten nutzen zu können und
• die eigenen Ressourcen in Fertigungsstufen zu lenken, die die Basis für
die Erzielung dauerhafter Wettbewerbsvorteile bilden können.
Handlungsempfehlungen:
hoch
Kundenwert
Selektive Strategie
Fremdbezug/
Eigenfertigung
Eigenfertigung
Selektive Strategie
Fremdbezug
Fremdbezug/
Eigenfertigung
niedrig
niedrig
hoch
relative Kompetenzstärke
Quelle: in modifizierter Form übernommen von Hinterhuber, H.H.: Strategische Unternehmungsführung, Bd. I, 6. Aufl., Berlin, New York 1996, S. 132.
Transaktionskostenansatz
Transaktionskosten:
Kosten, die im Rahmen einer arbeitsteiligen Leistungserstellung
durch die Organisation und Abwicklung des Übergangs eines Produkt(feld)es von einer Leistungsstufe zur nächsten verursacht
werden
Strategieempfehlungen für bisher eigenerstellte Leistungen
unter Berücksichtigung von Auslagerungsbarrieren
Eigenfertigung
hoch
Spezifität,
strategische
Bedeutung,
Unsicherheit,
Häufigkeit
mittel
(5)
Wettbewerbsposition
überprüfen, neue
Barrieren aufbauen
Eigenfertigung in
Frage stellen
(3)
Eigenfertigung
(6)
Kompetenz ausbauen
(4)
Eigenfertigung nur
mittelfristig beibehalten
Auslagerungsbarrieren
ggf. auf partielle
abbauen
Integration reduzieren
(1)
niedrig
Fremdbezug
(2)
Eigenfertigung nur
kurzfristig beibehalten
Auslagerungsbarrieren
abbauen
niedrig
hoch
Auslagerungsbarrieren
Quelle: Zusammengestellt auf der Basis von Picot, A.: Ein neuer Ansatz zur Gestaltung
der Leistungstiefe, in: ZfbF, 43. Jg. (1991), S. 352 und Gerhardt, T.; Nippa, M.;
Picot, A.: Die Optimierung der Leistungstiefe, in: Harvard Manager, 14. Jg.
(1992), Heft 3, S. 139
Ansätze zur Wahl eines Bereitstellungsweges auf der
operativen und taktischen Ebene
Gestaltungsmöglichkeiten von Entscheidungsmodellen
Kriterium
Ausprägungen
Alternativen
Einzelentscheidungen
Programmentscheidungen
(Bereitstellungsalternativen, Zeitpunkte für den Wechsel des Bereitstellungsweges,
Absatzmengen, (Des-)Investitionen, Lieferanten u. a.)
Ziele
ein Ziel
mehrere Ziele
Zeit
statisch
dynamisch
Modellbeispiele
Modelle zur kurzfristigen Kostenminimierung
bzw. Gewinnmaximierung
Modell
der Nutzwertanalyse
Modell zur Bestimmung eines kostenminimalen Fremdbezugs- und Produktionsprogramms
Kapitalwertmodell;
Vermögensendwertmodell
Fallstudie: Eigenfertigung oder Fremdbezug
Aufgabe 1
Ein Fahrradproduzent steht vor der Entscheidung, die für die Herstellung einer neuen Serie von
Damenfahrrädern benötigten Rahmen selbst zu fertigen oder von einem Zulieferer zu beschaffen.
Bei der Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug sollen lediglich die für die Bereitstellung
relevanten Kosten als Entscheidungskriterium herangezogen werden.
Die mengenabhängigen Eigenfertigungskosten betragen 65 GE (Geldeinheiten) pro Rahmen, die
mengenabhängigen Fremdbezugskosten, zusammengesetzt aus Kaufpreis und Nebenkosten, 75 GE.
Bei einer Eigenfertigung fallen außerdem 150.000 GE fixe Kosten an, bei einem Fremdbezug wird
mit fixen Kosten in Höhe von 20.000 GE gerechnet.
a) Welchen Bereitstellungsweg würden Sie wählen, wenn Sie einen Bedarf von 15.000 Fahrradrahmen pro Periode decken müssten?
b) Bei welcher kritischen Bedarfsmenge kommt es zu einem Wechsel der Vorteilhaftigkeit der
beiden Bereitstellungswege?
c) Könnte bei den angenommenen linearen Kostenverläufen auch eine Aufteilung der bereitzustellenden Menge auf Eigenfertigung und Fremdbezug sinnvoll sein, und falls ja, unter welchen
Bedingungen?
d) Gehen Sie davon aus, dass das Unternehmen sich entschlossen hat, in der Einführungsphase des
Produktes die Fahrradrahmen zunächst selbst herzustellen! Der Absatz der Fahrräder entwickelt
sich gut, und die prognostizierte Absatzmenge von 15.000 Fahrrädern pro Periode wird
übertroffen. Aufgrund der Mengensteigerung könnte es sein, dass der Lieferant seinen Preis
senken wird. Wie hoch ist bei einer bereitzustellenden Menge von 20.000 Fahrradrahmen der
kritische Beschaffungspreis, bei dessen Unterschreiten die Eigenfertigung unvorteilhaft würde,
unter der Annahme, dass die Fixkosten der Eigenfertigung bei einem Outsourcing
1. nicht abgebaut werden können?
2. sofort vollständig abgebaut werden können?
3. sofort zu einem Drittel abbaufähig sind und im weiteren Verlauf des Planungszeitraums nicht gesenkt werden können?
Aufgabe 2
Neben dieser speziellen Serie von Damenfahrrädern (V5) fertigt das Unternehmen noch vier weitere
Varianten von Damen- und Herrenfahrrädern (V1-V4). Die dafür erforderlichen Fahrradrahmen
werden in einer Fertigungsabteilung des Unternehmens lackiert. In dieser sind zwei identische
Lackieranlagen im Zwei-Schicht-Betrieb im Einsatz, die jeweils insgesamt über eine Kapazität von
3520 Stunden pro Periode verfügen. Bei Hinzunahme der Variante V5 in das Produktionsprogramm
reicht die Kapazität der Anlagen nicht mehr aus, um den gesamten Bedarf an Fahrradrahmen selbst
zu lackieren. Von einer Kapazitätserweiterung möchte man vorerst absehen und überprüft statt
dessen, wie viel eine Fremdvergabe der Lackierarbeiten kostet. Die variablen Stückkosten der
Fremdleistung (kFB) sowie die der Eigenfertigung (kEF), die zu bearbeitenden Mengen der
einzelnen Varianten (x) und die benötigte Lackierzeit pro Rahmen (c) können der folgenden Tabelle
entnommen werden.
V1
V2
V3
V4
V5
kFB [GE]
19
22,5
16,5
18
17,5
kEF [GE]
16
12
10
18
15
16.000
20.000
30.000
10.000
20.000
4
7
5
6
5
x [ME]
c [Minuten]
Es ist außerdem davon auszugehen, dass durch die Zusammenarbeit mit einer externen Lackiererei
keine weiteren Kosten neben den oben angegebenen variablen Fremdleistungskosten anfallen
werden und dass sich durch die Fremdvergabe von Lackierarbeiten keine fixen Kosten im
Unternehmen abbauen lassen.
a) Welche Anzahl von Rahmen der Variante V5 sollte im Unternehmen lackiert werden, wenn eine
Aufteilung der zu bearbeitenden Menge auf Eigenfertigung und Fremdfertigung möglich ist?
Gehen Sie anschließend davon aus, dass die Höhe der variablen Stückkosten der Fremdleistung
für Variante V5 unsicher ist. Welche Mengen der Variante V5 sollten in Abhängigkeit von
diesen variablen Kosten selbst lackiert werden?
b) Wie sollte sich das Produktionsprogramm der Lackieranlagen zusammensetzen, falls eine
Aufteilung der zu bearbeitenden Mengen an Fahrradrahmen auf Eigen- und Fremdfertigung aus
technischen Gründen bei keiner Variante möglich ist?
Wie hoch ist in diesem Fall die Preisobergrenze (kritischer Wert der variablen Stückkosten) für
die Fremdlackierung der Variante V5, bei deren Unterschreiten eine Eigenfertigung unvorteilhaft
wird?
c) Eine der beiden Lackieranlagen fällt plötzlich aus und lässt sich auch nicht mehr reparieren. Das
Unternehmen steht nun vor der Entscheidung, entweder eine neue Maschine zu kaufen oder aber
das Ausmaß der Fremdvergabe zu erhöhen. Eine neue Lackieranlage ist zu einem Preis von
600.000 GE erhältlich, ihre Kapazität entspricht der der alten Anlage. Der zugrunde zu legende
Planungszeitraum umfasst fünf Perioden; es wird erwartet, dass die andere Anlage weiterhin zur
Verfügung steht. Ein Liquidationserlös soll vernachlässigt werden. Vereinfachend wird unterstellt, dass die oben für eine Periode angegebenen Kosten und Bedarfsmengen über den
Planungszeitraum konstant bleiben. Diese Kosten sollen Auszahlungen entsprechen, die jeweils
am Periodenende anfallen. Der zu berücksichtigende Kalkulationszinssatz beträgt 10%. Für den
Fall einer Ersatzbeschaffung soll von dem in Aufgabenteil a) berechneten Produktionsprogramm
ausgegangen werden. Bereiten Sie die Entscheidung des Unternehmens mit Hilfe einer
geeigneten Rechnung vor.
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