Fachhochschul-Marketing 1 Fachhochschul-Marketing: Ansätze und Thesen Das Marketing wird an Fachhochschulen nicht nur eine Disziplin sein, die den Studierenden unterrichtet wird, sondern stellt eine Management-Funktion dar, die mit einer bedürfnisorientierten Ausrichtung verknüpft ist. Der Artikel zeigt 1. in welchen Märkten sich Fachhochschulen bewegen, 2. wie sich eine Marktorientierung von anderen Orientierungen unterscheidet, 3. welche Erkenntnisse des strategischen Marketings auf FH übertragen werden können, 4. wie das Dreieck des Dienstleistungsmarketings als Rahmen für den Einsatz der Marketing-Instrumente dient und schliesst mit 5. Thesen zum Marketing an FH. 1. Märkte für FH Marketing beschäftigt sich in einem umfassenden Verständnis mit der Gestaltung von freiwilligen Austauschbeziehungen zwischen mindestens zwei Partnern. Als Marktpartner von FH können genannt werden: • Studierende in den FH-Studiengängen und Nachdiplom-Studierende • Studierende und Teilnehmende in Kursen und Seminaren • Unternehmen, die Absolvierende rekrutieren • Unternehmen, die Dienstleistungen in Anspruch nehmen • Unternehmen als Partner für mPU und aF+E • Dozierende, Forschende als Arbeitnehmer • Öffentlichkeit, Wählende als Anspruchsgruppen, welche mittels Steuern mitfinanzieren • Gesetzgeber, Finanzierer, Sponsoren. 2 Stefan Michel Fachhochschulen sind also einerseits Anbieter von Leistungen, andererseits auch Nachfrager, insbesondere von Arbeitskräften. Da die FH in vielfältigen Austauschbeziehungen mit ihrer Umwelt stehen, ist es legitim ist, Marketing-Ansätze auf FH zu übertragen. 2. Marketing-Konzept Der Begriff Marketing-Konzept hat zwei Bedeutungen. Die erste entsteht aus dem amerikanischen "concept of marketing"(Houston 1986, Kotler 1972), welches ein Paradigma beschreibt. Die zweite Bedeutung, auf die hier nicht eingangen wird, lässt sich synonym mit "Marketing-Konzeption" verwenden (Becker 1993). 2.1. Kundenorientierung Kennzeichen des Marketing-Konzeptes ist die Kundenorientierung. Ausgangspunkt der Überlegungen bildet das Bedürfnis der potenziellen Zielkunden. Das Unternehmen muss Produkte und Dienstleistungen anbieten, welche diese Bedürfnisse zu einem akzeptablen Preis und in der gewünschten Qualität befriedigen. Peter Drucker hat es so formuliert: “Wenn wir verstehen wollen, was ein Geschäft darstellt, dann müssen wir uns fragen, welchen Zweck es erfüllt. Und es gibt nur eine gültige Definition dessen, was ein Geschäft bezweckt: es schafft Kunden. Es sind die Kunden, die bestimmen, was ein Geschäft ist . Sie alleine sind bereit für die Güter und Dienstleistungen zu bezahlen um damit Ressourcen in Vermögen, Dinge in Güter zu verwandeln. Marketing ist derart grundlegend, dass es mit einer guten Verkaufsmannschaft nicht getan ist. Marketing ist nicht bloss breiter als Verkauf, es ist als blosse Aktivität gar nicht zu fassen. Es umfasst das gesamte Geschäft. Man sieht das Geschäft aus der alles entscheidenden Perspektive, nämlich aus der Sicht der Kunden.”(Drucker 1954). Übertragen auf Fachhochschulen bedeutet Drucker's Postulat, dass die Leistungen, welche angeboten werden, nach den Bedürfnissen ausgerichtet sein sollen. So "selbstverständlich" diese Bedürfnisorientierung klingen mag, zeigt die Praxis, dass sie häufiger propagiert als tatsächlich gelebt wird. Fachhochschul-Marketing 3 Kritische Fälle sind immer dort zu suchen, wo bestimmte Leistungen abgeschafft werden sollen, weil der Bedürfnisnachweis nicht mehr gelingt. Die Kundenorientierung darf hingegen nicht mit einer "Diktatur der Kundenwünsche" verwechselt werden (Goland/ Finkelman 1990). Kunden sind in ihren Wünschen gleichermassen unwissend wie unersättlich. Unwissend sind sie, weil sie sich häufig nicht vorstellen können, welche Leistungen ihre latenten Bedürfnisse tatsächlich zu befriedigen vermögen. Unersättlich sind sie, wenn die Erhebung der Wünsche losgelöst von der Zahlungsbereitschaft geschieht. Ein Beispiel hierfür wäre eine Befragung im Stile: "Würden Sie die Einführung des Viertelstunden-Taktes des Intercity-Zuges von A nach B begrüssen?" Ebenfalls darf man nicht erhoffen, mit Befragungen im Sinne von Marktforschungsstudien und Zufriedenheitsmessungen die Forderung nach einer Kundenorientierung erfüllt zu haben. Wenngleich diese Instrumente wertvolle Hinweise und Analysen liefern können, gehört das Erkennen von Bedürfnissen als Voraussetzung für eine erfolgreiche Leistungsgestaltung zu den prioritären Managementaufgaben. Eine einseitige Kundenorientierung erzeugt "blinde Flecken", wenn sie nicht durch eine Konkurrenzorientierung und eine Kompetenzorientierung ergänzt wird. 2.2. Konkurrenzorientierung Sobald Nachfrager für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse eine Wahl haben, entsteht eine Konkurrenzsituation. Eine Interessentin kann sich an verschiedenen Schulen weiterbilden. Ähnliche Studiengänge im In- und Ausland können sich konkurrenzieren, aber auch Lehrmittel zum Selbststudium sind als Substitutionskonkurrenz zu betrachten. Das Modell der Wettbewerbskräfte (Porter 1980) lässt sich auch auf die FH anwenden (Gomez 1995, Senn 1999). Die fünf genannten Wettbewerbskräfte lassen sich wie folgt umschreiben: 4 Stefan Michel 1. Rivalität innerhalb der Branche: Welche anderen FH bieten ähnliche Studiengänge an oder konkurrenzieren mit ähnlichen Themen um die Anerkennung als Kompetenzzentrum? 2. Substitutionsangebote: Welche Angebote befriedigen ähnliche Bedürfnisse wie FH? 3. Potentielle neue Wettbewerber: Welche Anbieter könnten neu in den Markt eintreten und FH-Studiengänge, Beratungsleistungen und Forschungsprojekte anbieten? 4. Lieferantenmacht: Wie können FH-Dozierende und -Forschende rekrutiert und gefördert werden, so dass kein Nachfrageüberhang entsteht? 5. Nachfragermacht: Welchen Nachfragern kann eine Leistung angeboten werden, für welche kein Überangebot besteht? Porter's Modell führt zur Hypothese, dass die Rentabilität, welche innerhalb einer Branche erzielt werden kann, abhängig ist von der Existenz und Stärke der Wettbewerbskräfte. Da die "Rentabilität" keine primäre Zielgrösse von Fachhochschulen darstellt, liegt die Bedeutung von Wettbewerbskräften in der Einengung des Handlungsspielraumes. Bezogen auf das Marketing bedeutet dies, dass die FH bei der Wahl ihrer Märkte Wettbewerbskräfte analysieren muss, um ein Verlust an Handlungsspielraum zu verhindern, bzw. neue Handlungsspielräume zu gewinnen. 2.3. Kompetenzorientierung Parallel zur Aussensicht der Kunden- und Konkurrenzorientierung ist eine Innensicht notwendig. Die Frage lautet hier nicht, "in welchen attraktiven Märkten sollen wir konkurrenzieren?", sondern "welches sind unsere aktuellen oder potenziellen Kompetenzen oder Fähigkeiten um als FH langfristig attraktive Angebote zu erzeugen?" (Prahalad/ Hamel 1990). Diese Kompetenzorientierung stellt nicht das Marketing-Konzept in Frage, sondern ergänzt es mit • umfassenden Restriktionen, Fachhochschul-Marketing 5 • Evaluationskriterien für strategische Entscheide (z.B. bei Kooperationen) und • Zielgrössen und Prioritäten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine umfassende Orientierung durch die gleichzeitige Betrachtung von Kunden, Konkurrenz und Kompetenzen erfolgen kann. 3. Marketing-Strategie Die Marketing-Strategie einer FH kann einerseits als funktionale Teilstrategie der FH-Gesamtstrategie verstanden werden. In diesem Verständnis ist sie ein abgeleitetes Element des Ganzen. Die Marketing-Strategie kann andererseits als FH-Strategie mit der Betonung der Austauschbeziehungen aufgefasst werden. In dieser Betrachtungsweise stellt sich die Frage, inwieweit Methoden und Ansätze des strategischen Marketings (Biggadike 1981) auf die FH übertragen werden können und sollen. Im folgenden werden vier Ansätze behandelt, die für FH relevant sind. 3.1. Positionierung Der Begriff der Positionierung hat in der Strategielehre traditionell eine andere Bedeutung als im Marketing. Unter der Positionierung wird die Wahl von Produkt-/Markt-Feldern, in welchen sich das Unternehmen bewegt (Mintzberg 1994, Porter 1980). Im Marketing wird der Begriff eher als Entscheid zur Marktbearbeitung verstanden, indem sich die Positionierung auf die Wahrnehmung der Kunden bezieht. Die Frage ist nicht, welche Märkte das Unternehmen auswählt, sondern wie das Unternehmen und seine Angebote im Markt wahrgenommen werden (Ries/ Trout 1972). Die Notwendigkeit der Positionierung lässt sich historisch erklären. Nach der Wachstumsphase der 50er Jahre, welche durch einen Nachfrageüberhang gekennzeichnet waren, tauchten in den 60er Jahren erste Sättigungserscheinungen und Überkapa- 6 Stefan Michel zitäten auf. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, ersannen Marketingleute für ihre Angebote einzigartige Verkaufsversprechen (Unique Selling Proposition, USP). Da USP rasch kopiert wurden, war eine Profilierung und damit eine Positionierung über Leistungsmerkmale sehr schwierig. Die Tatsache jedoch, dass sich die individuelle Wahrnehmung von Kunden äusserst vielschichtig zusammensetzt und mit Kommunikationsmassnahmen unmittelbar beeinflusst werden können, wird im Marketing gezielt genutzt. Die Positionierung "in den Köpfen der Kunden" geschieht über einzigartige Kommunikation (Unique Advertising Proposition, UAP). Unternehmen, die als Marketing-Anfänger bezeichnet werden müssen, verkennen oft die grosse Diskrepanz zwischen dem, was ist (z. B. wissenschaftliche Leistungen einer Fachhochschule), und dem, was der Kunde wahrnimmt (die HWV hat einen neuen Namen). Die Ausbildungstätigkeit einer Fachhochschule darf deshalb den "Lehrauftrag" nicht länger auf den Unterricht beschränken. Die Positionierung der eigenen Fachhochschule in den Köpfen der Adressaten ist auch eine Form des Lernens, die aktiv gestaltet werden muss. 3.2. Segmentierung Im Marketing spricht man von Segmenten, um Gruppen von Nachfragern zu bezeichnen, die sich durch ähnliche Bedürfnisse auszeichnen. Die Segmentierung basiert auf der Erkenntnis, dass es "den Kunden" nicht gibt. Wenn der Durchschnittsabsolvent eines Nachdiplomstudiums 35-jährig ist dann können das lauter 35-Jährige oder je zur Hälfte 28- und 42-Jährige sein. Nach dieser Überlegung müsste jeder Kunde individuell angesprochen werden. Da es jedoch sehr aufwändig und kaum bezahlbar ist, für jede Nachfragerin ein massgeschneidertes Angebot zu entwickeln, wählt man eine sinnvolle Segmentierung als Mittelweg. Auf der strategischen Ebene müssen FH und ihre Institutionen ihre Grobsegmente definieren. Ein solches Grobsegment stellen beispielsweise die Studierenden dar. Diese Gruppe setzt sich wiederum zusammen aus mehreren Feinsegmenten. Die Marketing-Literatur kennt verschiedene Seg- Fachhochschul-Marketing 7 mentierungskriterien, die situativ auf die Problemstellung bezogen einzeln oder in Kombination angewandt werden können (Meffert 1998). Abbildung 1 Mögliche Segmentierungskriterien für FH-Studierende Soziodemographische Kriterien Demografische Merkmale Geschlecht, Alter Familienstand Zahl der Kinder Haushaltsgrösse Sozialökonomische Kriterien bisheriger Beruf, Ausbildung Einkommen Geografische Kriterien Region Stadt Quartier Psychografische Kriterien Verhaltensorientierte Kriterien Persönlichkeitsmerkmale Aktivitäten, Interessen, allgemeine Einstellungen, Lebensstil Angebotsspezifische Merkmale Wahrnehmung, Motive, spezifische Einstellungen, Nutzenvorstellungen (Benefits), Weiterbildungsmotivation Entscheidungsverhalten Evaluationen Qualitätskriterien Mediennutzung Auswahlverfahren Gruppeneinfluss Restriktionen Sprache, Ausbildungsdauer, Zeitaufwand Bildungsverlauf sukzessiv, parallel sprunghaft Zielorientiertierung Neigungsorientierung 8 Stefan Michel Die Segmentierung hat zum Ziel, die Angebote bedürfnisgerecht zu konzipieren und zu vermarkten. Zum Beispiel kann eine Analyse im Nachdiplommarkt ergeben, dass eine wachsendes Segment von Damen und Herren nicht mehr bereit ist, ihr Wochenende, das sie mit der Familie verbringt, für die Weiterbildung zu opfern. Diesem Segment können Abendkurse oder Wochentagsseminare angeboten werden. Die systematische und periodische Auseinandersetzung mit der Frage der Segmentierung zwingt eine FH, sich mit den Bedürfnissen ihrer Anspruchsgruppen kontinuierlich auseinanderzusetzen. Neben der Möglichkeit der differenzierten Marktbearbeitung liegt hier der grosse Nutzen der Segmentierung. 3.3. Lebenszyklus Produkte durchlaufen idealtypisch einen Lebenszyklus, der sich in fünf Phasen unterteilen lässt: Einführung, Wachstum, Reife, Rückgang, Termination (Smallwood 1973). Diese Phasen lassen sich auch für die Angebote von FH ausmachen. Trotz der mannigfaltigen Kritik am Konzept des Produktlebenszykluses (vgl.Gardner 1987), hilft es dem Management die Dynamik der Märkte zu erkennen, zu verstehen und zu antizipieren. Die Kommunikationsmassnahmen in der Reife beispielsweise richten sich an eine andere Zielgruppe, enthalten eine andere Botschaft und werden mit anderen Medien übertragen als in der Einführung. FH, die sich in ihrer Vorgeschichte daran gewöhnen konnten, Studiengänge über Jahre und Jahrzehnte mit Anpassungen anzubieten, werden sich mit der Realität von verkürztem Produktlebenszyklus auseinandersetzen müssen. Für verschiedene Studiengänge wird es einerseits entscheidend sein, wer zuerst am Markt auftritt. Zeitbasierte Strategien (Stalk 1988) führen zu einer Verkürzung der "time-to-market". Andererseits werden die Zyklen für die eingeführten Angebote ebenfalls kürzer werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass innerhalb einer Zeitspanne von fünf Jahren mehr als die Hälfte der eigenen Angebote ausgetauscht werden muss, da der Markt permanent neue Felder in der Aus- und Weiterbildung erschlossen haben möchte. Als Beispiele Fachhochschul-Marketing 9 wären hier zu nennen E-commerce, Internet Enabler, Kulturmanagement oder Dienstleistungsmarketing. 3.4. Portfoliotheorie Die Angebote einer FH bilden in ihrer Gesamtheit ein Portfolio, das sich laufend verändert (siehe oben). Die Marketingstrategie muss sich mit dem Management des Portfolios und nicht bloss mit dem Management der einzelnen Angebote auseinander setzen. "Die FH-Strategie entspricht nicht einfach dem formalen Additiv der Teilschulstrategien (bzw. der Institutsund Diplomlehrgangstrategie)" (Senn 1999). Da die Produktlebenszyklen tendenziell immer kürzer werden, wird es immer wichtiger, über ein ausbalanciertes Portfolio zu verfügen. Ausbalanciert ist ein Portfolio zum Beispiel dann, wenn die reifen Produkte genügend Mittel generieren, um die Nachwuchsprodukte und die Innovationen zu finanzieren. Es kann also nicht darum gehen, möglichst viele Innovationen auf den Markt zu werfen oder möglichst lange an den "Flagschiff"-Angeboten festzuhalten. Entscheidend für eine erfolgreiche Marketing-Strategie wird es sein, dieses Portfolio optimal mit Positionierung, mit der Segmentierung und mit dem Produktlebenszyklus zu verbinden. 10 Stefan Michel 4. Marketing-Instrumente Die Marketing-Instrumente werden häufig nach den 4P's (McCarthy 1964) gegliedert: • Product (Leistungspolitik), • Price (Konditionenpolitik), • Place (Distributionspolitik) und • Promotion (Kommunikationspolitik). Diese Gliederung eignet sich hervorragend um die wesentlichen Funktionen des Marketings für Konsumgüter abzubilden. Bei Dienstleistungen hingegen, wie sie eine FH erbringt, findet das Marketing nicht primär zwischen der anbietenden Organisation und der Kundin oder dem Kunden statt, sondern zwischen den Mitarbeitenden und den Kunden. Das "Produkt" der FH entsteht im wesentlichen bei der Interaktion zwischen den Mitarbeitenden (Dozenten, Beraterinnen etc.) und den Kunden (Studierende). Es macht deshalb Sinn, das Dreieck des Dienstleistungsmarketings (Grönroos 1984) als Orientierungsrahmen für den Einsatz der MarketingInstrumente anzuwenden (Senn 1999). Im Dreieck zwischen der FH, den Kunden/Studierenden und den Mitarbeitenden/Dozierenden können die folgenden Dimensionen unterschieden werden: • Externes Marketing, • internes Marketing und • interaktives Marketing. Fachhochschul-Marketing 11 Abbildung 2: Dreieck des Dienstleistungsmarketings FH Internes Marketing Mitarbeiter Dozierende Externes Marketing Interaktives Marketing Kunden Studierende 4.1. Internes Marketing Ziel des internen Marketings ist es, die Mitarbeitenden auf die Interaktion mit dem Kunden optimal vorzubereiten. Das heisst, dass die Mitarbeitenden “im Moment der Wahrheit”, also beim Kundenkontakt, den bestmöglichen Service bieten • können (Fähigkeit, Wissen, Know How); • wollen (Motivation, Einstellung, Wille); • dürfen (Kompetenzen und Entscheidungsmacht). Neben konkreten Massnahmen geht es beim internen Marketing um die Gestaltung einer Unternehmungskultur, einer Philosophie, nach der sich alle Bemühungen auf den “Moment der Wahrheit” (Grönroos 1990) konzentrieren. 12 Stefan Michel Als Instrumente des internen Marketings werden folgende Punkte genannt (vgl. (Bruhn 1995, Grönroos 1981, Schulze/ Stauss 1990, Stauss 1992). • Internes Training. Es dient der Einführung von Neulingen und der permanenten Schulung der Mitarbeitenden. • Interne interaktive Kommunikation. Damit wird der kontinuierliche Dialog zwischen dem Management und den Mitarbeitenden an der Front sichergestellt. • Interne Massenkommunikation. Regelmässige Berichterstattung, z.B. am “schwarzen Brett” oder in der Mitarbeiterzeitung fördern sowohl den Wissensstand als auch die Motivation an der Front. • Personalmanagement. Die Bewerberauswahl, Stellenbesetzungen und Beförderungen richten sich nach dem Ziel, den bestmöglichen Kundennutzen zu erzielen. • Werbung. Auch wenn die Werbung vorwiegend dem externen Marketing dient, so ist ihre Wirkung auf die eigenen Mitarbeitenden der Unternehmung nicht zu unterschätzen. Insbesondere übernimmt sie eine wichtige Identifikationsfunktion. • Interne Marktforschung. Mit systematischen persönlichen und schriftlichen Befragungen, eingebauten Feedbacks usw. geht das Management auf die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden und Dozierenden ein. 4.2. Interaktives Marketing Interaktives Marketing hat zum Ziel, die Anbieter-Nachfrager-Interaktion bei der Erstellung der Dienstleistung möglichst optimal zu gestalten (Suprenant/ Solomon/ Czepiel 1985). Aus vielen Untersuchungen ist bekannt, dass Kunden die Dienstleistungen nicht nur aufgrund des Resultats, sondern auch aufgrund des Prozesses beurteilen (Grönroos 1984, Hansen 1989). Fachhochschul-Marketing 13 Schulen sind sich der Bedeutung dieser Interaktionen bewusst. Allerdings wird der Marketing-Aspekt in diesen Mitarbeiter-Kunden-, bzw. Dozierende-Studierende-Interaktionen unterschätzt. 4.3. Externes Marketing Aus der Vielzahl der Instrumente, die dem externen Marketing zugeordnet werden können (Verkauf, Verkaufsförderung, Werbung, Preisbildung, Produktgestaltung u.a.), wird im Rahmen dieses Beitrages die MarketingKommunikation der FH im Vordergrund stehen. Die Nichtgreifbarkeit und Nichtsichtbarkeit der Dienstleistung stellt besondere Anforderungen an die Kommunikationsstrategie. Häufig wird deshalb nicht eine Marktleistung ins Zentrum gestellt, sondern das konkrete Nutzenversprechen. Da Dienstleistungen aus den erwähnten Gründen kaum standardisierbar sind, ist das vom Kunden wahrgenommene Risiko höher als bei physischen Produkten. Deshalb ist gerade bei Dienstleistungen das Image der Unternehmung (Wehrli 1991), die Reputation seiner Mitarbeiter entscheidend wichtig (Firnstahl 1989). Basis der Kommunikation sind die schriftlichen Unterlagen, deren professionelle Gestaltung für eine erfolgreiche Marketing-Kommunikation zwingend ist. Genannt werden Broschüren, Jahresberichte, Kursdokumentationen, Präsentationsunterlagen, Korrespondenz u.a. Darauf aufbauen muss eine konsistente Medienarbeit, welche für die Bildung der öffentlichen Meinung von grosser Bedeutung sein kann. Als Medium der Kommunikation wird das Internet künftig weit mehr als die elektronische Variante des Gedruckten darstellen (Bitner/ Meuter 1997, Dyson 1997, Schwartz 1997, Seybold 1998). Die Interaktivität des Mediums wird das Kommunikationsverhalten, aber auch die Kommunikationsinhalte beeinflussen (Postman 1992). Der Dialog zwischen allen Partnern im obigen Dreieck des Dienstleistungsmarketings wird eine neue Qualität erhalten, für die zum jetzigen Zeitpunkt die wenigsten FH wohl vorbereitet sind. Ein weitere Aspekt betrifft den Kommunikationsfluss. Die Wirkung der Kommunikation ist einerseits direkt, d.h. beim Empfänger der Botschaft. 14 Stefan Michel Andererseits sind gerade FH prädestiniert für die Nutzung des Multiplikatoren-Effekts der Mund-zu-Mund-Werbung (Kim/ Kardes/ Herr 1991, Reingen/ Johnson Brown 1987). Ehemalige Studierende sind Träger und Präger des Images, welches eine FH im Markt geniesst. Die indirekte Kommunikation ist deshalb so wirkungsvoll, weil sie ein hohes Mass an Glaubwürdigkeit besitzt. Da FH mit ihren Strukturen und Angeboten komplexe Gebilde darstellen, liegt eine zentrale Aufgabe der Marketing-Kommunikation in der Vereinfachung. Der Empfänger einer Botschaft muss die Information rasch und ohne Mühe richtig einordnen können. Ein Nachdiplomstudium in Reengineering (NDR) am Institut für Prozessorganisation (IPO) der Hochschule für Wirtschaft (HSW) an der Fachhochschule Nordschweiz (FHN) lässt sich nur sinnvoll vermarkten, wenn die Angebote und Träger der Angebote als "Marken" eine klare Begriffswelt beim Empfänger bedeuten. Die Bedeutung von starken Marken kann nicht überschätzt werden (Aaker 1995). Leider neigen Kommunikationsverantwortliche dazu, die Kontinuität eines langfristigen Markenaufbaus der aktuellen Themenstellung unterzuordnen. Fachhochschul-Marketing 15 5. Thesen Die nachstehenden Thesen sind als Anregungen, nicht als Schlussfolgerung zu verstehen. Sie versuchen nicht, das heutige FH-Marketing kritisch zu reflektieren, sondern projizieren Marketing-Ansätze auf die Situation von FH im Allgemeinen. 1. Der Aufbau von "Marken", die in den Köpfen der Zielgruppen stark verankert sind, ist eine der Hauptaufgabe des FH-Marketings. 2. FH betreiben ein "People"-Business. Die Identifikation der Zielgruppe mit der FH muss nicht nur über Angebote, sondern verstärkt über Menschen geschehen. 3. Absolventinnen und Absolventen sind die wertvollsten und glaubwürdigsten Multiplikatoren für eine starke Markenpositionierung. 4. Das Internet wird das wichtigste Medium der Marketing-Kommunikation werden. 5. Nicht der Absatzmarkt, d.h. die Vermarktung der Angebote, sondern der Beschaffungsmarkt, d.h. der Arbeitsmarkt, wird zum Engpassfaktor. Das Beschaffungsmarketing für FH wird entscheidend wichtig werden. 6. Mit den steigenden Anforderungen an das FH-Marketing wird der Ressourcenbedarf steigen. Dadurch findet eine Professionalisierung des Marketings statt. 16 Stefan Michel 6. Checkliste: Marketing-Fitnesstest Beurteilen Sie, ob die folgenden Aussagen auf Ihre FH, auf Ihr Institut oder auf Ihre Angebote zutreffen. Ja Nein Wir beobachten unsere Konkurrenten systematisch und werten die gewonnenen Informationen regelmässig aus. m m Wir kennen die Marktgrössen für unsere Angebote (Demografie, Marktpotential, -volumen und -anteil) in Mengen und in Werten. m m Wir kennen die Bedürfnisse unserer Kunden und erkennen Veränderungen systematisch. m m Unsere wichtigsten Märkte haben wir bedürfnisorientiert segmentiert. m m Unsere Marken-Positionierung ist eine strategische Aufgabe des Marketings. m m Unsere Marketingmassnahmen werden mittelfristig geplant nach den Dimensionen Angebot, Zielgruppe, Botschaft, Medien, Verantwortlichkeit, Budget. m m Ein Marketing-Controlling misst die Wirkung der Marketing-Massnahmen. m m Wir investieren genügend Mittel, um das Internet als interaktives Medium zu nutzen. m m Wir betreiben auf dem Stellenmarkt ein systematisches Beschaffungsmarketing. m m Fachhochschul-Marketing 17 Literatur Aaker, David A.: Strategic Market Management, New York et al.: John Wiley, 1995. 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Miteigentümer des Beratungsunternehmen Dr. Michel & Partner GmbH in Cham, VR-Präsident der Airôtel Rümlang AG, Dozent und Prüfungsexperten für verschiedene Marketing-Ausbildungen. 1987-1992 Studium in Zürich, 1993-1996 Mitglied des Kaders der Bank Leu AG, Zürich, 1995 Management-Nachwuchstalent "Bilanz", 1996 Promotion summa cum laude mit der Dissertation "Prosuming-Marketing", Förderpreis des Verbandes Schweizer Sozial- und Marktforscher SMS, 1997 Forschungsaufenthalte an der Arizona State University und der University of Edinburgh.