Fachhochschul-Marketing: Ansätze und Thesen

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Fachhochschul-Marketing
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Fachhochschul-Marketing: Ansätze und Thesen
Das Marketing wird an Fachhochschulen nicht nur eine Disziplin sein, die
den Studierenden unterrichtet wird, sondern stellt eine Management-Funktion dar, die mit einer bedürfnisorientierten Ausrichtung verknüpft ist.
Der Artikel zeigt
1. in welchen Märkten sich Fachhochschulen bewegen,
2. wie sich eine Marktorientierung von anderen Orientierungen unterscheidet,
3. welche Erkenntnisse des strategischen Marketings auf FH übertragen
werden können,
4. wie das Dreieck des Dienstleistungsmarketings als Rahmen für den
Einsatz der Marketing-Instrumente dient und schliesst mit
5. Thesen zum Marketing an FH.
1. Märkte für FH
Marketing beschäftigt sich in einem umfassenden Verständnis mit der
Gestaltung von freiwilligen Austauschbeziehungen zwischen mindestens
zwei Partnern. Als Marktpartner von FH können genannt werden:
• Studierende in den FH-Studiengängen und Nachdiplom-Studierende
• Studierende und Teilnehmende in Kursen und Seminaren
• Unternehmen, die Absolvierende rekrutieren
• Unternehmen, die Dienstleistungen in Anspruch nehmen
• Unternehmen als Partner für mPU und aF+E
• Dozierende, Forschende als Arbeitnehmer
• Öffentlichkeit, Wählende als Anspruchsgruppen, welche mittels Steuern
mitfinanzieren
• Gesetzgeber, Finanzierer, Sponsoren.
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Fachhochschulen sind also einerseits Anbieter von Leistungen, andererseits
auch Nachfrager, insbesondere von Arbeitskräften. Da die FH in vielfältigen
Austauschbeziehungen mit ihrer Umwelt stehen, ist es legitim ist,
Marketing-Ansätze auf FH zu übertragen.
2. Marketing-Konzept
Der Begriff Marketing-Konzept hat zwei Bedeutungen. Die erste entsteht
aus dem amerikanischen "concept of marketing"(Houston 1986, Kotler
1972), welches ein Paradigma beschreibt. Die zweite Bedeutung, auf die
hier nicht eingangen wird, lässt sich synonym mit "Marketing-Konzeption"
verwenden (Becker 1993).
2.1. Kundenorientierung
Kennzeichen des Marketing-Konzeptes ist die Kundenorientierung. Ausgangspunkt der Überlegungen bildet das Bedürfnis der potenziellen Zielkunden. Das Unternehmen muss Produkte und Dienstleistungen anbieten,
welche diese Bedürfnisse zu einem akzeptablen Preis und in der gewünschten Qualität befriedigen. Peter Drucker hat es so formuliert:
“Wenn wir verstehen wollen, was ein Geschäft darstellt, dann müssen wir
uns fragen, welchen Zweck es erfüllt. Und es gibt nur eine gültige Definition
dessen, was ein Geschäft bezweckt: es schafft Kunden. Es sind die Kunden,
die bestimmen, was ein Geschäft ist . Sie alleine sind bereit für die Güter
und Dienstleistungen zu bezahlen um damit Ressourcen in Vermögen, Dinge
in Güter zu verwandeln. Marketing ist derart grundlegend, dass es mit einer
guten Verkaufsmannschaft nicht getan ist. Marketing ist nicht bloss breiter
als Verkauf, es ist als blosse Aktivität gar nicht zu fassen. Es umfasst das
gesamte Geschäft. Man sieht das Geschäft aus der alles entscheidenden
Perspektive, nämlich aus der Sicht der Kunden.”(Drucker 1954).
Übertragen auf Fachhochschulen bedeutet Drucker's Postulat, dass die
Leistungen, welche angeboten werden, nach den Bedürfnissen ausgerichtet
sein sollen. So "selbstverständlich" diese Bedürfnisorientierung klingen mag,
zeigt die Praxis, dass sie häufiger propagiert als tatsächlich gelebt wird.
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Kritische Fälle sind immer dort zu suchen, wo bestimmte Leistungen
abgeschafft werden sollen, weil der Bedürfnisnachweis nicht mehr gelingt.
Die Kundenorientierung darf hingegen nicht mit einer "Diktatur der Kundenwünsche" verwechselt werden (Goland/ Finkelman 1990). Kunden sind
in ihren Wünschen gleichermassen unwissend wie unersättlich. Unwissend
sind sie, weil sie sich häufig nicht vorstellen können, welche Leistungen ihre
latenten Bedürfnisse tatsächlich zu befriedigen vermögen. Unersättlich sind
sie, wenn die Erhebung der Wünsche losgelöst von der Zahlungsbereitschaft
geschieht. Ein Beispiel hierfür wäre eine Befragung im Stile: "Würden Sie
die Einführung des Viertelstunden-Taktes des Intercity-Zuges von A nach B
begrüssen?"
Ebenfalls darf man nicht erhoffen, mit Befragungen im Sinne von Marktforschungsstudien und Zufriedenheitsmessungen die Forderung nach einer
Kundenorientierung erfüllt zu haben. Wenngleich diese Instrumente wertvolle Hinweise und Analysen liefern können, gehört das Erkennen von
Bedürfnissen als Voraussetzung für eine erfolgreiche Leistungsgestaltung zu
den prioritären Managementaufgaben.
Eine einseitige Kundenorientierung erzeugt "blinde Flecken", wenn sie nicht
durch eine Konkurrenzorientierung und eine Kompetenzorientierung ergänzt
wird.
2.2. Konkurrenzorientierung
Sobald Nachfrager für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse eine Wahl haben,
entsteht eine Konkurrenzsituation. Eine Interessentin kann sich an
verschiedenen Schulen weiterbilden. Ähnliche Studiengänge im In- und
Ausland können sich konkurrenzieren, aber auch Lehrmittel zum Selbststudium sind als Substitutionskonkurrenz zu betrachten.
Das Modell der Wettbewerbskräfte (Porter 1980) lässt sich auch auf die FH
anwenden (Gomez 1995, Senn 1999). Die fünf genannten Wettbewerbskräfte lassen sich wie folgt umschreiben:
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1. Rivalität innerhalb der Branche: Welche anderen FH bieten ähnliche
Studiengänge an oder konkurrenzieren mit ähnlichen Themen um die
Anerkennung als Kompetenzzentrum?
2. Substitutionsangebote: Welche Angebote befriedigen ähnliche Bedürfnisse wie FH?
3. Potentielle neue Wettbewerber: Welche Anbieter könnten neu in den
Markt eintreten und FH-Studiengänge, Beratungsleistungen und Forschungsprojekte anbieten?
4. Lieferantenmacht: Wie können FH-Dozierende und -Forschende rekrutiert und gefördert werden, so dass kein Nachfrageüberhang entsteht?
5. Nachfragermacht: Welchen Nachfragern kann eine Leistung angeboten
werden, für welche kein Überangebot besteht?
Porter's Modell führt zur Hypothese, dass die Rentabilität, welche innerhalb
einer Branche erzielt werden kann, abhängig ist von der Existenz und Stärke
der Wettbewerbskräfte. Da die "Rentabilität" keine primäre Zielgrösse von
Fachhochschulen darstellt, liegt die Bedeutung von Wettbewerbskräften in
der Einengung des Handlungsspielraumes. Bezogen auf das Marketing
bedeutet dies, dass die FH bei der Wahl ihrer Märkte Wettbewerbskräfte
analysieren muss, um ein Verlust an Handlungsspielraum zu verhindern,
bzw. neue Handlungsspielräume zu gewinnen.
2.3. Kompetenzorientierung
Parallel zur Aussensicht der Kunden- und Konkurrenzorientierung ist eine
Innensicht notwendig. Die Frage lautet hier nicht, "in welchen attraktiven
Märkten sollen wir konkurrenzieren?", sondern "welches sind unsere aktuellen oder potenziellen Kompetenzen oder Fähigkeiten um als FH langfristig
attraktive Angebote zu erzeugen?" (Prahalad/ Hamel 1990). Diese
Kompetenzorientierung stellt nicht das Marketing-Konzept in Frage, sondern
ergänzt es mit
• umfassenden Restriktionen,
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• Evaluationskriterien für strategische Entscheide (z.B. bei Kooperationen)
und
• Zielgrössen und Prioritäten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine umfassende Orientierung
durch die gleichzeitige Betrachtung von Kunden, Konkurrenz und Kompetenzen erfolgen kann.
3. Marketing-Strategie
Die Marketing-Strategie einer FH kann einerseits als funktionale Teilstrategie der FH-Gesamtstrategie verstanden werden. In diesem Verständnis ist
sie ein abgeleitetes Element des Ganzen.
Die Marketing-Strategie kann andererseits als FH-Strategie mit der Betonung der Austauschbeziehungen aufgefasst werden. In dieser Betrachtungsweise stellt sich die Frage, inwieweit Methoden und Ansätze des
strategischen Marketings (Biggadike 1981) auf die FH übertragen werden
können und sollen. Im folgenden werden vier Ansätze behandelt, die für FH
relevant sind.
3.1. Positionierung
Der Begriff der Positionierung hat in der Strategielehre traditionell eine
andere Bedeutung als im Marketing. Unter der Positionierung wird die Wahl
von Produkt-/Markt-Feldern, in welchen sich das Unternehmen bewegt
(Mintzberg 1994, Porter 1980).
Im Marketing wird der Begriff eher als Entscheid zur Marktbearbeitung
verstanden, indem sich die Positionierung auf die Wahrnehmung der Kunden
bezieht. Die Frage ist nicht, welche Märkte das Unternehmen auswählt,
sondern wie das Unternehmen und seine Angebote im Markt
wahrgenommen werden (Ries/ Trout 1972). Die Notwendigkeit der Positionierung lässt sich historisch erklären. Nach der Wachstumsphase der 50er
Jahre, welche durch einen Nachfrageüberhang gekennzeichnet waren,
tauchten in den 60er Jahren erste Sättigungserscheinungen und Überkapa-
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zitäten auf. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, ersannen Marketingleute für ihre Angebote einzigartige Verkaufsversprechen (Unique Selling
Proposition, USP). Da USP rasch kopiert wurden, war eine Profilierung und
damit eine Positionierung über Leistungsmerkmale sehr schwierig.
Die Tatsache jedoch, dass sich die individuelle Wahrnehmung von Kunden
äusserst vielschichtig zusammensetzt und mit Kommunikationsmassnahmen
unmittelbar beeinflusst werden können, wird im Marketing gezielt genutzt.
Die Positionierung "in den Köpfen der Kunden" geschieht über einzigartige
Kommunikation (Unique Advertising Proposition, UAP).
Unternehmen, die als Marketing-Anfänger bezeichnet werden müssen,
verkennen oft die grosse Diskrepanz zwischen dem, was ist (z. B. wissenschaftliche Leistungen einer Fachhochschule), und dem, was der Kunde
wahrnimmt (die HWV hat einen neuen Namen).
Die Ausbildungstätigkeit einer Fachhochschule darf deshalb den "Lehrauftrag" nicht länger auf den Unterricht beschränken. Die Positionierung der
eigenen Fachhochschule in den Köpfen der Adressaten ist auch eine Form
des Lernens, die aktiv gestaltet werden muss.
3.2. Segmentierung
Im Marketing spricht man von Segmenten, um Gruppen von Nachfragern zu
bezeichnen, die sich durch ähnliche Bedürfnisse auszeichnen. Die Segmentierung basiert auf der Erkenntnis, dass es "den Kunden" nicht gibt.
Wenn der Durchschnittsabsolvent eines Nachdiplomstudiums 35-jährig ist
dann können das lauter 35-Jährige oder je zur Hälfte 28- und 42-Jährige
sein. Nach dieser Überlegung müsste jeder Kunde individuell angesprochen
werden. Da es jedoch sehr aufwändig und kaum bezahlbar ist, für jede
Nachfragerin ein massgeschneidertes Angebot zu entwickeln, wählt man
eine sinnvolle Segmentierung als Mittelweg.
Auf der strategischen Ebene müssen FH und ihre Institutionen ihre Grobsegmente definieren. Ein solches Grobsegment stellen beispielsweise die
Studierenden dar. Diese Gruppe setzt sich wiederum zusammen aus mehreren Feinsegmenten. Die Marketing-Literatur kennt verschiedene Seg-
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mentierungskriterien, die situativ auf die Problemstellung bezogen einzeln
oder in Kombination angewandt werden können (Meffert 1998).
Abbildung 1
Mögliche Segmentierungskriterien für FH-Studierende
Soziodemographische
Kriterien
Demografische Merkmale
Geschlecht, Alter
Familienstand
Zahl der Kinder
Haushaltsgrösse
Sozialökonomische
Kriterien
bisheriger Beruf,
Ausbildung
Einkommen
Geografische Kriterien
Region
Stadt
Quartier
Psychografische Kriterien
Verhaltensorientierte
Kriterien
Persönlichkeitsmerkmale
Aktivitäten, Interessen,
allgemeine Einstellungen,
Lebensstil
Angebotsspezifische
Merkmale
Wahrnehmung, Motive,
spezifische Einstellungen,
Nutzenvorstellungen
(Benefits),
Weiterbildungsmotivation
Entscheidungsverhalten
Evaluationen
Qualitätskriterien
Mediennutzung
Auswahlverfahren
Gruppeneinfluss
Restriktionen
Sprache,
Ausbildungsdauer,
Zeitaufwand
Bildungsverlauf
sukzessiv, parallel
sprunghaft
Zielorientiertierung
Neigungsorientierung
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Die Segmentierung hat zum Ziel, die Angebote bedürfnisgerecht zu konzipieren und zu vermarkten. Zum Beispiel kann eine Analyse im Nachdiplommarkt ergeben, dass eine wachsendes Segment von Damen und Herren
nicht mehr bereit ist, ihr Wochenende, das sie mit der Familie verbringt, für
die Weiterbildung zu opfern. Diesem Segment können Abendkurse oder
Wochentagsseminare angeboten werden.
Die systematische und periodische Auseinandersetzung mit der Frage der
Segmentierung zwingt eine FH, sich mit den Bedürfnissen ihrer Anspruchsgruppen kontinuierlich auseinanderzusetzen. Neben der Möglichkeit
der differenzierten Marktbearbeitung liegt hier der grosse Nutzen der
Segmentierung.
3.3. Lebenszyklus
Produkte durchlaufen idealtypisch einen Lebenszyklus, der sich in fünf
Phasen unterteilen lässt: Einführung, Wachstum, Reife, Rückgang, Termination (Smallwood 1973). Diese Phasen lassen sich auch für die Angebote
von FH ausmachen. Trotz der mannigfaltigen Kritik am Konzept des Produktlebenszykluses (vgl.Gardner 1987), hilft es dem Management die Dynamik der Märkte zu erkennen, zu verstehen und zu antizipieren. Die
Kommunikationsmassnahmen in der Reife beispielsweise richten sich an
eine andere Zielgruppe, enthalten eine andere Botschaft und werden mit
anderen Medien übertragen als in der Einführung. FH, die sich in ihrer
Vorgeschichte daran gewöhnen konnten, Studiengänge über Jahre und
Jahrzehnte mit Anpassungen anzubieten, werden sich mit der Realität von
verkürztem Produktlebenszyklus auseinandersetzen müssen. Für verschiedene Studiengänge wird es einerseits entscheidend sein, wer zuerst am
Markt auftritt. Zeitbasierte Strategien (Stalk 1988) führen zu einer Verkürzung der "time-to-market". Andererseits werden die Zyklen für die eingeführten Angebote ebenfalls kürzer werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass
innerhalb einer Zeitspanne von fünf Jahren mehr als die Hälfte der eigenen
Angebote ausgetauscht werden muss, da der Markt permanent neue Felder
in der Aus- und Weiterbildung erschlossen haben möchte. Als Beispiele
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wären hier zu nennen E-commerce, Internet Enabler, Kulturmanagement
oder Dienstleistungsmarketing.
3.4. Portfoliotheorie
Die Angebote einer FH bilden in ihrer Gesamtheit ein Portfolio, das sich
laufend verändert (siehe oben). Die Marketingstrategie muss sich mit dem
Management des Portfolios und nicht bloss mit dem Management der einzelnen Angebote auseinander setzen. "Die FH-Strategie entspricht nicht
einfach dem formalen Additiv der Teilschulstrategien (bzw. der Institutsund Diplomlehrgangstrategie)" (Senn 1999). Da die Produktlebenszyklen
tendenziell immer kürzer werden, wird es immer wichtiger, über ein ausbalanciertes Portfolio zu verfügen. Ausbalanciert ist ein Portfolio zum Beispiel dann, wenn die reifen Produkte genügend Mittel generieren, um die
Nachwuchsprodukte und die Innovationen zu finanzieren. Es kann also nicht
darum gehen, möglichst viele Innovationen auf den Markt zu werfen oder
möglichst lange an den "Flagschiff"-Angeboten festzuhalten.
Entscheidend für eine erfolgreiche Marketing-Strategie wird es sein, dieses
Portfolio optimal mit Positionierung, mit der Segmentierung und mit dem
Produktlebenszyklus zu verbinden.
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4. Marketing-Instrumente
Die Marketing-Instrumente werden häufig nach den 4P's (McCarthy 1964)
gegliedert:
• Product (Leistungspolitik),
• Price (Konditionenpolitik),
• Place (Distributionspolitik) und
• Promotion (Kommunikationspolitik).
Diese Gliederung eignet sich hervorragend um die wesentlichen Funktionen
des Marketings für Konsumgüter abzubilden. Bei Dienstleistungen hingegen,
wie sie eine FH erbringt, findet das Marketing nicht primär zwischen der
anbietenden Organisation und der Kundin oder dem Kunden statt, sondern
zwischen den Mitarbeitenden und den Kunden. Das "Produkt" der FH
entsteht im wesentlichen bei der Interaktion zwischen den Mitarbeitenden
(Dozenten, Beraterinnen etc.) und den Kunden (Studierende).
Es macht deshalb Sinn, das Dreieck des Dienstleistungsmarketings
(Grönroos 1984) als Orientierungsrahmen für den Einsatz der MarketingInstrumente anzuwenden (Senn 1999).
Im Dreieck zwischen der FH, den Kunden/Studierenden und den Mitarbeitenden/Dozierenden können die folgenden Dimensionen unterschieden
werden:
• Externes Marketing,
• internes Marketing und
• interaktives Marketing.
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Abbildung 2: Dreieck des Dienstleistungsmarketings
FH
Internes
Marketing
Mitarbeiter
Dozierende
Externes
Marketing
Interaktives
Marketing
Kunden
Studierende
4.1. Internes Marketing
Ziel des internen Marketings ist es, die Mitarbeitenden auf die Interaktion
mit dem Kunden optimal vorzubereiten. Das heisst, dass die Mitarbeitenden
“im Moment der Wahrheit”, also beim Kundenkontakt, den bestmöglichen
Service bieten
• können (Fähigkeit, Wissen, Know How);
• wollen (Motivation, Einstellung, Wille);
• dürfen (Kompetenzen und Entscheidungsmacht).
Neben konkreten Massnahmen geht es beim internen Marketing um die
Gestaltung einer Unternehmungskultur, einer Philosophie, nach der sich alle
Bemühungen auf den “Moment der Wahrheit” (Grönroos 1990) konzentrieren.
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Als Instrumente des internen Marketings werden folgende Punkte genannt
(vgl. (Bruhn 1995, Grönroos 1981, Schulze/ Stauss 1990, Stauss 1992).
• Internes Training. Es dient der Einführung von Neulingen und der permanenten Schulung der Mitarbeitenden.
• Interne interaktive Kommunikation. Damit wird der kontinuierliche Dialog zwischen dem Management und den Mitarbeitenden an der Front
sichergestellt.
• Interne Massenkommunikation. Regelmässige Berichterstattung, z.B. am
“schwarzen Brett” oder in der Mitarbeiterzeitung fördern sowohl den
Wissensstand als auch die Motivation an der Front.
• Personalmanagement. Die Bewerberauswahl, Stellenbesetzungen und
Beförderungen richten sich nach dem Ziel, den bestmöglichen Kundennutzen zu erzielen.
• Werbung. Auch wenn die Werbung vorwiegend dem externen Marketing
dient, so ist ihre Wirkung auf die eigenen Mitarbeitenden der Unternehmung nicht zu unterschätzen. Insbesondere übernimmt sie eine
wichtige Identifikationsfunktion.
• Interne Marktforschung. Mit systematischen persönlichen und schriftlichen Befragungen, eingebauten Feedbacks usw. geht das Management
auf die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden und Dozierenden
ein.
4.2. Interaktives Marketing
Interaktives Marketing hat zum Ziel, die Anbieter-Nachfrager-Interaktion
bei der Erstellung der Dienstleistung möglichst optimal zu gestalten
(Suprenant/ Solomon/ Czepiel 1985).
Aus vielen Untersuchungen ist bekannt, dass Kunden die Dienstleistungen
nicht nur aufgrund des Resultats, sondern auch aufgrund des Prozesses
beurteilen (Grönroos 1984, Hansen 1989).
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Schulen sind sich der Bedeutung dieser Interaktionen bewusst. Allerdings
wird der Marketing-Aspekt in diesen Mitarbeiter-Kunden-, bzw. Dozierende-Studierende-Interaktionen unterschätzt.
4.3. Externes Marketing
Aus der Vielzahl der Instrumente, die dem externen Marketing zugeordnet
werden können (Verkauf, Verkaufsförderung, Werbung, Preisbildung,
Produktgestaltung u.a.), wird im Rahmen dieses Beitrages die MarketingKommunikation der FH im Vordergrund stehen.
Die Nichtgreifbarkeit und Nichtsichtbarkeit der Dienstleistung stellt besondere Anforderungen an die Kommunikationsstrategie. Häufig wird
deshalb nicht eine Marktleistung ins Zentrum gestellt, sondern das konkrete
Nutzenversprechen. Da Dienstleistungen aus den erwähnten Gründen kaum
standardisierbar sind, ist das vom Kunden wahrgenommene Risiko höher als
bei physischen Produkten. Deshalb ist gerade bei Dienstleistungen das
Image der Unternehmung (Wehrli 1991), die Reputation seiner Mitarbeiter
entscheidend wichtig (Firnstahl 1989).
Basis der Kommunikation sind die schriftlichen Unterlagen, deren professionelle Gestaltung für eine erfolgreiche Marketing-Kommunikation zwingend ist. Genannt werden Broschüren, Jahresberichte, Kursdokumentationen, Präsentationsunterlagen, Korrespondenz u.a. Darauf aufbauen muss
eine konsistente Medienarbeit, welche für die Bildung der öffentlichen
Meinung von grosser Bedeutung sein kann.
Als Medium der Kommunikation wird das Internet künftig weit mehr als die
elektronische Variante des Gedruckten darstellen (Bitner/ Meuter 1997,
Dyson 1997, Schwartz 1997, Seybold 1998). Die Interaktivität des Mediums
wird das Kommunikationsverhalten, aber auch die Kommunikationsinhalte
beeinflussen (Postman 1992). Der Dialog zwischen allen Partnern im obigen
Dreieck des Dienstleistungsmarketings wird eine neue Qualität erhalten, für
die zum jetzigen Zeitpunkt die wenigsten FH wohl vorbereitet sind.
Ein weitere Aspekt betrifft den Kommunikationsfluss. Die Wirkung der
Kommunikation ist einerseits direkt, d.h. beim Empfänger der Botschaft.
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Andererseits sind gerade FH prädestiniert für die Nutzung des Multiplikatoren-Effekts der Mund-zu-Mund-Werbung (Kim/ Kardes/ Herr 1991,
Reingen/ Johnson Brown 1987). Ehemalige Studierende sind Träger und
Präger des Images, welches eine FH im Markt geniesst. Die indirekte
Kommunikation ist deshalb so wirkungsvoll, weil sie ein hohes Mass an
Glaubwürdigkeit besitzt.
Da FH mit ihren Strukturen und Angeboten komplexe Gebilde darstellen,
liegt eine zentrale Aufgabe der Marketing-Kommunikation in der Vereinfachung. Der Empfänger einer Botschaft muss die Information rasch und
ohne Mühe richtig einordnen können. Ein Nachdiplomstudium in Reengineering (NDR) am Institut für Prozessorganisation (IPO) der Hochschule für
Wirtschaft (HSW) an der Fachhochschule Nordschweiz (FHN) lässt sich nur
sinnvoll vermarkten, wenn die Angebote und Träger der Angebote als
"Marken" eine klare Begriffswelt beim Empfänger bedeuten. Die Bedeutung
von starken Marken kann nicht überschätzt werden (Aaker 1995). Leider
neigen Kommunikationsverantwortliche dazu, die Kontinuität eines
langfristigen Markenaufbaus der aktuellen Themenstellung unterzuordnen.
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5. Thesen
Die nachstehenden Thesen sind als Anregungen, nicht als Schlussfolgerung
zu verstehen. Sie versuchen nicht, das heutige FH-Marketing kritisch zu
reflektieren, sondern projizieren Marketing-Ansätze auf die Situation von
FH im Allgemeinen.
1. Der Aufbau von "Marken", die in den Köpfen der Zielgruppen stark
verankert sind, ist eine der Hauptaufgabe des FH-Marketings.
2. FH betreiben ein "People"-Business. Die Identifikation der Zielgruppe
mit der FH muss nicht nur über Angebote, sondern verstärkt über Menschen geschehen.
3. Absolventinnen und Absolventen sind die wertvollsten und glaubwürdigsten Multiplikatoren für eine starke Markenpositionierung.
4. Das Internet wird das wichtigste Medium der Marketing-Kommunikation
werden.
5. Nicht der Absatzmarkt, d.h. die Vermarktung der Angebote, sondern der
Beschaffungsmarkt, d.h. der Arbeitsmarkt, wird zum Engpassfaktor. Das
Beschaffungsmarketing für FH wird entscheidend wichtig werden.
6. Mit den steigenden Anforderungen an das FH-Marketing wird der Ressourcenbedarf steigen. Dadurch findet eine Professionalisierung des
Marketings statt.
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6. Checkliste: Marketing-Fitnesstest
Beurteilen Sie, ob die folgenden Aussagen auf Ihre FH, auf Ihr Institut oder
auf Ihre Angebote zutreffen.
Ja
Nein
Wir beobachten unsere Konkurrenten systematisch und
werten die gewonnenen Informationen regelmässig aus.
m
m
Wir kennen die Marktgrössen für unsere Angebote
(Demografie, Marktpotential, -volumen und -anteil) in
Mengen und in Werten.
m
m
Wir kennen die Bedürfnisse unserer Kunden und erkennen Veränderungen systematisch.
m
m
Unsere wichtigsten Märkte haben wir bedürfnisorientiert segmentiert.
m
m
Unsere Marken-Positionierung ist eine strategische
Aufgabe des Marketings.
m
m
Unsere Marketingmassnahmen werden mittelfristig
geplant nach den Dimensionen Angebot, Zielgruppe,
Botschaft, Medien, Verantwortlichkeit, Budget.
m
m
Ein Marketing-Controlling misst die Wirkung der
Marketing-Massnahmen.
m
m
Wir investieren genügend Mittel, um das Internet als
interaktives Medium zu nutzen.
m
m
Wir betreiben auf dem Stellenmarkt ein systematisches
Beschaffungsmarketing.
m
m
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Stefan Michel
Autor
Stefan Michel, 1967, Dr. oec. publ., Lehrbeauftragter der Universität Zürich,
seit 1998 Dozent für Marketing und Kursleiter NDK Dienstleistungsmarketing am IBR der Hochschule für Wirtschaft Luzern.
Miteigentümer des Beratungsunternehmen Dr. Michel & Partner GmbH in
Cham, VR-Präsident der Airôtel Rümlang AG, Dozent und Prüfungsexperten für verschiedene Marketing-Ausbildungen.
1987-1992 Studium in Zürich, 1993-1996 Mitglied des Kaders der Bank
Leu AG, Zürich, 1995 Management-Nachwuchstalent "Bilanz", 1996 Promotion summa cum laude mit der Dissertation "Prosuming-Marketing",
Förderpreis des Verbandes Schweizer Sozial- und Marktforscher SMS,
1997 Forschungsaufenthalte an der Arizona State University und der University of Edinburgh.
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