Theoretische Physik III (Elektrodynamik) Prof. Dr. Th. Feldmann 10. Mai 2013 Kurzzusammenfassung – Vorlesung 9 vom 7.5.2013 Beispiel: Randbedingung auf Kugel mit Radius R • Betrachte Randbedingung der Form ! φ(r = R, θ) = V (θ) = ∞ X V` P` (cos θ) , `=0 ohne weitere Ladungen innerhalb der Kugel. • Damit φ regulär bei r → 0 ist, müssen alle B` = 0 sein. Die Randbedingungen sind dann erfüllt für Z 1 2` + 1 1 ` A` = V` /R = d cos θ P` (cos θ) V (θ) . 2 R` −1 (1) Beispiel: Punktladung bei ~x0 Behauptung: ∞ ` X r< 1 = P (cos θ) , `+1 ` |~x − ~x0 | r > `=0 (2) wobei θ den Winkel zwischen ~x und ~x0 bezeichnet, und als Abkürzung die Notation r< = min(|~x|, |~x0 |) , r> = max(|~x|, |~x0 |) (3) eingeführt wurde. Beweis: • O.B.d.A. lege ~x0 in die x3 -Richtung, so dass θ gerade der Polarwinkel ist. Damit gilt gemäß unserer allgemeinen Überlegungen (Azimuthalsymmetrie) ∞ X 1 ` −(`+1) = A r + B r P` (cos θ) . ` ` |~x − ~x0 | `=0 1 (4) • Speziell bei θ = 0 gilt P` (1) = 1 und |~x − ~x0 | = |r − r0 |. Je nachdem, welcher der beiden Beträge größer ist, können wir entwickeln (geometrische Reihe) ∞ ` ∞ X 1 1 X r0 0 Falls r > r : = = (r0 )` r−(`+1) |r − r0 | r `=0 r `=0 (d.h. A` = 0 und B` = (r0 )` ) (5) ∞ ∞ 1 X r ` X ` 0 −(`+1) 1 0 = 0 = Falls r < r : r (r ) |r − r0 | r `=0 r0 `=0 (d.h. A` = (r0 )−(`+1) und B` = 0) (6) Das wird gerade durch obige abkürzende Schreibweise reproduziert. • Entsprechend ergibt Legendre-Entwicklung der dazugehörigen Greenschen Funktion ∞ ` 1 X r< 1 P (cos θ) = − G0 (~x, ~x ) = − `+1 ` 4π |~x − ~x0 | 4π `=0 r> 0 (7) Das singuläre Verhalten bei ~x = ~x0 wird dabei auf der rechten Seite durch die Tatsache reproduziert, dass die geometrische Reihe für r = r0 nicht konvergiert. Allgemeiner Fall (keine Azimuthalsymmetrie, m 6= 0) Für die Lösung der verallgemeinerten Legendre-Gleichung, m d m2 2 dP` (x) (1 − x ) + `(` + 1) − P m (x) = 0 , dx dx 1 − x2 ` (8) ergeben sich die sog. “assoziierte Legendre-Polynome”, welche sich aus den gewöhnlichen Legendre-Polynomen konstruieren lassen, gemäß, m > 0 : P`m (x) = (−1)m (1 − x2 )m/2 −m < 0 : P`−m (x) = (−1)m dm P` (x) , dxm (` − m)! m P (x) . (` + m)! ` (9) • Reguläre Lösungen für x ∈ [−1, 1] erhält man nur, falls m = −`, −` + 1, . . . , 0, 1, . . . , ` − 1, ` d.h. für gegebenes ` gibt es (2` + 1) mögliche Werte von m. Fasse Winkelabhängigkeit zu sog. “Kugelflächenfunktionen” (“spherical harmonics”) zusammen, 1/2 2` + 1 (l − m)! m (10) Y` (θ, ϕ) = P`m (cos θ) eimϕ , 4π (l + m)! 2 so dass die Y`m “Eigenfunktionen” des Winkelanteils des Laplace-Operators sind, 1 1 m m m 2 ˜ Y` (θ, ϕ) := ∆ ∂θ (sin θ∂θ ) + 2 ∂ϕ Y` (θ, ϕ) = −`(` + 1) Y` (θ, ϕ) (11) sin θ sin θ Eigenschaften: • Komplexe Konjugation: Y`−m (θ, ϕ) = (−1)m (Y`m (θ, ϕ))∗ . (12) • Normierung: Z 2π Z 1 0 = δ``0 δmm0 . d cos θ (Y`m (θ, ϕ))∗ Y`m 0 (θ, ϕ) dϕ (13) −1 0 Vollständigkeit: ∞ X ` X (Y`m (θ, ϕ))∗ Y`m (θ0 , ϕ0 ) = δ(ϕ − ϕ0 ) δ(cos θ − cos θ0 ) ≡ δ (2) (Ω − Ω0 ) . `=0 m=−` (14) D.h. jede Funktion f (θ, ϕ) kann nach Kugelflächenfunktionen entwickelt werden. • Explizit: 1 ` = 0 : Y00 = √ . 4π 3 3 1 ` = 1 : Y1 = − √ sin θ eiϕ , Y10 = √ cos θ , . . . 4πr r8π 1 15 15 sin2 θ e2iϕ , Y21 = − sin θ cos θ eiϕ , ` = 2 : Y22 = 4 2π 8π r Y20 = 5 4π 3 1 cos2 θ − 2 2 Somit lautet die allgemeine Lösung der Laplace-Gleichung in Kugelkoordinaten φ(r, θ, ϕ) = ∞ X ` X A`m r` + B`m r−(`+1) Y`m (θ, ϕ) , `=0 m=−` wobei die Koeffizienten A`m und B`m wieder aus den Randbedingungen und Betrachtungen zur Regularität/Stetigkeit der Lösungen zu bestimmen sind. • Additionstheorem für Kugelflächenfunktionen:1 ` X ∗ Y`m (θ0 , ϕ0 )Y`m (θ, ϕ) = m=−` 1 Einen Beweis findet man z.B. in [Jackson, Kap. 3.6]. 3 2` + 1 P` (cos γ) , 4π (15) , ... wobei γ der Winkel zwischen den beiden Richtungsvektoren ~er (θ, ϕ) und ~e0r (θ0 , ϕ0 ) ist, d.h. obige Gleichung lässt sich auch lesen als ` X 0 ∗ Y`m (~er )Y`m (~er ) = m=−` 2` + 1 0 P` (~er · ~er ) , 4π (16) • Damit lässt sich die Greensche Funktion G0 (~x, ~x0 ) in Kugelkoordinaten für allgemeine Richtungen von ~x und ~x0 ausdrücken: ∞ X ` ` X r< 1 1 = − Y ∗ (θ0 , ϕ0 ) Y`m (θ, ϕ) . (17) G0 (~x, ~x ) = − `+1 `m 4π |~x − ~x0 | 2` + 1 r > `=0 m=−` 0 Multipolentwicklung Betrachte (kompakte) Ladungsverteilung ρ(~x0 ) in großem Abstand |~x| |~x0 |. Ziel: Systematische Klassifizierung der Abweichung von idealer symmetrischer Kugelform. • Ausgangspunkt: Z φ(~x) = q 1 ≈ + O(r0 /r) d3 x0 ρ(~x0 ) 0 |~x − ~x | r {z } | {z } | =q ≈ 1/|~x| = 1/r (18) • Entwicklung des Coulomb-Terms in kartesischen Koordinaten liefert (vgl. Übung) φ(~x) = xi xj q Pi x i 1 + 3 + Qij 5 + . . . r r 2 r (19) mit Z Z Qij = q = d3 x0 ρ(~x0 ) Z Pi = d3 x0 x0i ρ(~x0 ) : Ladung (“Monopol”) (20) : “Dipolmoment” (Vektor) (21) d3 x0 3x0i x0j − (r0 )2 δij ρ(~x0 ) : “Quadrupolmoment” (Tensor) (22) • Alternativ: Entwicklung nach Kugelflächenfunktionen (für r = r> > r0 = r< ) liefert φ(~x) = ∞ X ` X 1 4π Y`m (θ, ϕ) q`m , `+1 2` + 1 r `=0 m=−` Z mit “sphärischen Multipolen”: q`m = (entspricht gerade B`m = 4π 2`+1 ∗ d3 x0 ρ(~x0 ) (r0 )` Y`m (θ0 , ϕ0 ) (24) q`m und A`m = 0 in allgemeiner Zerlegung). 4 (23)