Künneth-Formel und Poincaré -Polynom Tobias Zwingmann 28.05.2012 0 Motivation Angenommen man kennt die Kohomologiegruppen von zwei topologischen Räumen und Y. Wie lauten dann die von X X ×Y? Die Künneth-Formel gibt darauf eine Antwort. Im Folgenden seien X und Y stets topologische Räume, A ⊂ X, B ⊂ Y , sowie R ein Ring. 1 Künneth-Formel 1.1 Denition: Die Abbildung × H k (X; R) × H l (Y ; R) − → H k+l (X × Y ; R) bzw. im relativen Fall × H k (X, A; R) × H l (Y, B; R) − → H k+l (X × Y, X × B ∪ A × Y ; R) mit die a × b = p∗1 (a) ^ p∗2 (b) heiÿt Kreuzprodukt Projektionen von X × Y auf X, Y sind. oder äuÿeres Cup-Produkt, Diese Denition kann man auf den Kohomologiering H∗ wobei p1 , p2 erweitern durch × H ∗ (X; R) × H ∗ (Y ; R) − → H ∗ (X × Y ; R) und die selbe Abbildungsvorschrift wie oben. Das Kreuzprodukt ist bilinear, da das Cup-Produkt distributiv ist. Meist ist es aber kein Isomorphismus, was aber für die Berechnung der Kohomologie von wäre. Die Lösung des Problems liegt im Tensorprodukt. 1 X ×Y hilfreich 1.2 Denition: Die Abbildung × H ∗ (X; R) ⊗ H ∗ (Y ; R) − → H ∗ (X × Y ; R) a ⊗ b 7→ a × b heiÿt (ebenfalls) Kreuzprodukt. 1.3 Lemma: Das Kreuzprodukt ist ein Ringhomomorphismus via |x| wobei die Dimension von x (a ⊗ b)(c ⊗ d) = (−1)|b||c| ac ⊗ bd, beschreibt. Beweis. (−1)|b||c| ac × bd = (−1)|b||c| p∗1 (a ^ c) ^ p∗2 (b ^ d) = (−1)|b||c| p∗1 (a) ^ p∗1 (c) ^ p∗2 (b) ^ p∗2 (d) antikom− = mutativ p∗1 (a) ^ p∗2 (b) ^ p∗1 (c) ^ p∗2 (d) = (a × b)(c × d), also genau das Produkt der Bilder von a⊗b und c ⊗ d. 1.4 Denition: k k Eine k -Zelle ist ein topologischer Raum, der zu B := [0, 1] homoömorph ist. Eine oene k -Zelle ist ein topologischer Raum, der zum Inneren von B k homöomorph ist. Ein CW-Komplex (closure-nite, weak-topology) oder Zellkomplex ist ein HausdorRaum • X, der in oene Zellen (ci )i∈I zerfällt, wobei gilt: k -Zelle ci ∈ X existiert eine charakteristische Funktion fi : B k → X , sodass Int Bi homöomorph auf ci und der Rand ∂Bi eine Vereinigung von endlich vielen Zellen mit Dimension kleiner k stetig abgebildet wird. Zu jeder • M ⊂X ist abgeschlossen ⇔ M ∩ fi (B k ) ist abgeschlossen 1.5 Satz: Das Kreuzprodukt ist ein Ringisomorphismus, wenn erzeuges R-Modul ist und 1.6 Bemerkung: sind, durch den • • X, Y für alle k∈N ein endlich CW-Komplexe sind. Später kann man auf die Forderung, dass zellulären Approximationssatz Die Bedingung, dass H k (Y ; R) ∀i ∈ I . X, Y CW-Komplexe verzichten. H k (Y ; R) endlich erzeugt sein muss, kann nicht immer entfal- len. • Im relativen Fall gilt: × H ∗ (X, A; R) ⊗R H ∗ (Y, B; R) − → H ∗ (X × Y, X × B ∪ A × Y ; R) ist ein Ringisomork phismus, wenn H (Y, B; R) für alle k ∈ N ein endlich erzeugtes, freies R-Modul ist. 2 Beweis. Idee: L i n−i (Y ; R)] Y die Funktoren hn (X, A) := i [(H (X, A; R) ⊗R H n n und k (X, A) := H (X × Y, A × Y ; R). Das relative Kreuzprodukt induziert eine Abbiln n dung µ : h (X, A) → k (X, A), von der man zeigen kann, dass sie ein Isomorphismus ist. ∗ ∗ Man zeigt dann, dass h , k Kohomologie-Theorien sind und µ eine natürliche TransforBetrachte für xiertes mation im Sinne der Kategorientheorie. 1.7 Denition: Sei V ein K-Vektorraum n-dimensionaler K. KP n := {U ⊂ V |dim(U ) = 1} heiÿt K = C oder K = R ist KP n für alle n eine über einem Körper projektiver Raum. Für Mannigfaltigkeit. Deniere dann KP ∞ := S n n∈N KP . Dies ist sinnvoll, da KP 1 ⊂ KP 2 ⊂ . . . eine steigende Folge von Räumen bzw. Mannigfaltigkeiten ist. 1.8 Bemerkung: Dazu äquivalent: Betrachte S n ∈ Kn+1 . Identiziere dann Antipoden miteinander; die zwei Schnittpunk- te jeder Ursprungsgeraden mit schreiben: Sn bezeichnen also den gleichen Punkt. Man kann also n KP n = S (x ∼ −x). 1.9 Lemma: Es gilt: H ∗ (RP n ; Z2 ) w Z2 [α](αn+1 ) H ∗ (RP ∞ ; Z2 ) w Z2 [α] Beweis. Idee: en−1 von H n−i (RP n ; Z2 ) und einen Erzeuger ei von H i (RP n ; Z2 ) n n ist en−1 ^ ei ein Erzeuger von H (RP ; Z2 ). Diese Idee benutzt die geometrische Strukn tur des RP . Zeige für einen Erzeuger 1.10 Beispiel: Mit der Künneth-Formel gilt: H ∗ (RP n × RP n ; Z2 ) w H ∗ (RP n ; Z2 ) ⊗Z2 H ∗ (RP n ; Z2 ) w Z2 [α](αn+1 ) ⊗Z2 Z2 [α](β n+1 ) w Z2 [α, β](αn+1 , β n+1 ) Per Induktion folgt dann: n H ∗ (RP × .{z . . × RP n}; Z2 ) w Z2 [α1 , . . . , αk ](αn+1 , . . . , αn+1 ) | 1 k−mal 3 k bzw. ∞ H ∗ (RP × .{z . . × RP ∞}; Z2 ) w Z2 [α1 , . . . , αk ] | k−mal 1.11 Lemma: (Aus der Zahlentheorie) In Z2 [x] gilt Beweis. (1 + (1 + x)n = 1 + xn genau dann, wenn n eine Potenz von 2 ist. Es soll gelten: ! x)n = Schreibe 1 + xn (⇒ nk = 0 in Z2 ∀0 < k < n). n = n1 + n2 + . . . + nk , wobei ni eine Potenz von 2 ist, n1 < . . . < n k . Dann gilt: (1 + x)n = (1 + x)n1 (1 + x)n2 . . . (1 + x)nk = (1 + xn1 )(1 + xn2 ) . . . (1 + xnk ), da quadrieren bei ergibt dann Z2 -Koezienten ein additiver Homomorphismus ist. Ausmultiplizieren ni ≥ 2ni−1 (es lässt sich also nichts zusammenfassen). Es muss l Gleichheit also k = 1 gelten, demnach ist n = 2 für ein l ∈ N. 2k wegen obiger Terme, da 1.12 Denition: Seien A 6= ∅ eine Algebra (mit 1), a, b ∈ A. A heiÿt Divisionsalgebra, falls die Gleichungen a · x = b und y · a = b eindeutige Lösungen x, y ∈ A besitzen. Insbesondere ist eine Divisionsalgebra nullteilerfrei. 1.13 Satz: Hat Rn Beweis. die Struktur einer Divisionsalgebra für ein Schreibe Pn für RP n . Wir können n>2 n ∈ N, dann ist n eine Potenz von 2. annehmen. n Habe R die Struktur einer Divisionsalgebra für n ∈ N. n−1 × S n−1 → S n−1 , g(x, y) = xy . g ist stetig und wohldeniert (keine Deniere g : S |xy| (−x)y = −(xy) = x(−y), folgt g(−x, y) = −g(x, y) = g(x, −y). g induziert also eine Abbildung h : P n × P n → P n , diese wiederum ∗ 1 n−1 ; Z ) → H 1 (P n−1 × P n−1 ; Z ). eine Abbildung h : H (P 2 2 ∗ 1 n−1 ; Z ) und α, β die Wir zeigen nun: h (γ) = α + β für einen Erzeuger γ von H (P 2 n−1 n−1 Pullbacks von γ unter den Projektionen p1 , p2 : P ×P → P n−1 , p1 (x, y) = x, p2 (x, y) = y . n−1 eine Kurve mit λ(0) = x, λ(1) = −x. Für festes y geht dann die Kurve Sei λ : I → S s 7→ g(λ(s), y) von g(x, y) nach g(−x, y) = −g(x, y), diese bildet also eine nichttriviale geschlossene Kurve. Daher bildet h eine (nichttriviale, geschlossene) Kurve im ersten n−1 × P n−1 auf eine (nichttriviale, geschlossene) Kurve in P n−1 ab. Faktor von P Das selbe Argument gilt für den zweiten Faktor (xiere x), also ist h|S1 ∨S1 homotop zu n−1 als 1-Skelett einbettet. der Abbildung, die jedes S1 von S1 ∨ S1 in den P 1 n−1 und Da die Einschränkung auf das 1-Skelett ein Isomorphismus auf H (−; Z2 ) für P Nullteiler, Bilinearität der Multiplikation). Da 4 P n−1 × P n−1 ist, folgt h∗ (γ) = α + β . n = 0 (es gilt H 1 (P n − 1; Z ) ' Z2 [x] Weiter gilt γ 2 (xn ) nach ∗ n 0 = h (γ) = (α + β) . Mit Lemma 1.11 folgt die Behauptung. Lemma 1.9), also folgt 1.14 Satz: R und sind die einzigen endlich-dimensionalen Divisionsalgebren über C R, die kommu- tativ sind und eine Identität besitzen. Beweis. Habe Rn die Struktur einer Divisionsalgebra. x2 n−1 . . Oensichtlich ist f (x) = f (−x) ∀x ∈ S |x2 | ⇒ f induziert eine Quotientenabbildung f¯ : P n−1 → P n−1 . f¯ ist injektiv, denn für x, y ∈ P n−1 gilt: Deniere f: S n−1 → S n−1 , f (x) = 2 2 2 f (x) = f (y) ⇒ x = α y mit α= |x2 | |y 2 | 12 >0 ⇔ x2 − α 2 y 2 = 0 ⇔ (x + αy)(x − αy) = 0 keineN T ⇒ x = ±αy |x|, |y| = 1 und α ∈ R, folgt x = ±y , also ist f¯ injektiv. Nun ist f¯ eine injektive Abbildung zwischen kompakten Hausdor-Räumen, muss also ein Homöomorphismus auf bild(f¯) sein. Nach Proposition 2b.4 (hier nicht weiter ausgeführt) n−1 ' S n−1 für n > 1. ist f¯ surjektiv ⇒ P ⇒ n = 2, denn für n > 2 hätten P n−1 und S n−1 verschiedene Homologiegruppen, ein Da Widerspruch. Es bleibt also zu zeigen, dass eine zu C 2-dimensionale Algebra A mit Identität isomorph ist. Dies ist elementare Algebra: j ∈ A \ {α · 1|α ∈ R} und wir schreiben j 2 = a + bJ (Basisdarstellung) mit a, b ∈ R. b 2 b2 2 Dann ist (j − ) = a + 2 4 , also können wir j = a ∈ R annehmen. Angenommen a ≥ 0, 2 2 dann ist j = c für ein c ∈ R. Also gilt (j − c)(j + c) = 0 ⇒ j = ±c, ein Widerspruch. 2 2 2 Also muss j = −c gelten. Durch Reskalierung von j können wir j = −1 annehmen, also ist A isomorph zu C. Sei 2 Betti-Zahlen und Poincaré-Polynom 2.1 Denition: Deniere bn (X) := rank Hn (X). bn (X) heiÿt n-te Bettizahl von X. 5 2.2 Bemerkung: Äquivalente Denition: bn (X) = rank H n (X; Z) = dimQ H n (X; Q) = dimQ (H n (X; Z) ⊗Z Q) Die Bettizahl vergisst den Torsionsanteil von Hn (X), ist also ein Informationsverlust. 2.3 Denition: Deniere PX (z) := ∞ X bk (X)z k k=0 als das Poincaré-Polynom Poincaré-Reihe ) von X . (bzw. genauer die 2.4 Lemma: Für topologische Räume X, Y mit endlich erzeugter Kohomologie gilt: PX×Y = PX · PY . Beweis. PX (z)PY (z) = X dimQ H k (X; Q)z k · k dimQ H l (Y ; Q)z l l = XX = X X k X k dimQ H (X; Q)H l (Y ; Q)z k+l l dimQ H k (X; Q)dimQ H l (Y ; Q)z k+l n k+l=n ! = X = X dimQ n M H k (X; Q) ⊗Q H l (Y ; Q) z n k+l=n dimQ H n (X × Y ; Q)z n n = PX×Y (z) 2.5 Beispiel: Seien X = Y = Sk. ( 1 bn (S k ) = 0 falls n=0∨n=k sonst ⇒ PS k (z) = 1 + z n . Für k = 1 gilt PT 2 (z) = PS 1 ×S 1 (z) = PS 1 (z)PS 1 (z) = (1 + z)2 = 1 + 2z + z 2 6 2.6 Lemma: Die Poincaré-Polynome der kompakten, einfachen Lie-Gruppen sind: PSU (n+1) (x) = (1 + x3 )(1 + x5 ) . . . (1 + x2n+1 ) PSO(2n+1) (x) = (1 + x3 )(1 + x7 ) . . . (1 + x4n+1 ) PSp(n) (x) = (1 + x3 )(1 + x7 ) . . . (1 + x4n+1 ) PSO(2n) (x) = (1 + x3 )(1 + x7 ) . . . (1 + x2n−1 )(1 + x4n−5 ) PG2 (x) = (1 + x3 )(1 + x11 ) PF 4 (x) = (1 + x3 )(1 + x11 )(1 + x15 )(1 + x23 ) PE6 (x) = (1 + x3 )(1 + x9 )(1 + x11 )(1 + x15 )(1 + x17 )(1 + x23 ) PE7 (x) = (1 + x3 )(1 + x11 )(1 + x15 )(1 + x19 )(1 + x23 )(1 + x27 )(1 + x35 ) PE8 (x) = (1 + x3 )(1 + x15 )(1 + x23 )(1 + x27 )(1 + x35 )(1 + x39 )(1 + x47 )(1 + x59 ) Beweis. Dies sei dem Leser überlassen... 7