fact.um 3/15 - Sonderausgabe Natur(schutz) im Klimawandel

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fact um
November 2015, Jahrgang 18, Verlagspostamt 1080 Wien, Zulassungsnummer: GZ 02Z031827 M
Foto: Pasterze, © Bernd Thaller/flickr, CC BY-NC 2.0
Die Zeitschrift des Umweltdachverbandes
3/2015
Natur(schutz) im Klimawandel
J
Der Klimawandel: Bedrohung Nummer 1 für die Vielfalt an Arten und Lebensräumen. Zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels
müssen Klimaschutz und Naturschutz daher Hand in Hand gehen. Offensichtlich? Ja, aber leider noch nicht selbstverständlich ...
ahrhunderthochwasser, „Rekordsommer
2015“ & Co.: Der Klimawandel infolge erhöhter
Treibhausgasemissionen, v. a. wegen der Verbrennung fossiler Energieträger, schreitet voran – in
Österreich besonders stark. Während weltweit die
Temperatur seit Mitte des 19. Jahrhunderts um 0,9°C
gestiegen ist, verzeichnen wir hierzulande im gleichen
Zeitraum einen durchschnittlichen Jahrestemperaturanstieg von 2°C! Die Eindämmung des Klimawandels
zählt zu den großen Herausforderungen der heimischen Klimaschutzpolitik. Ein entschlossenes Verfolgen ambitionierter Ziele in Sachen Treibhausgasreduktion, Energieeffizienz und Umstieg auf erneuerba-
re Energieträger ist dringend vonnöten, um einen tatsächlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Biologische Vielfalt: Immunsystem stärken
Doch Klimawandelbekämpfung endet nicht bei der
Verabschiedung politischer Ziele für Wirtschaft und
Industrie. Schließlich bringen veränderte klimatische
Bedingungen einen immensen Anpassungsbedarf für
unsere gesamte Umwelt mit sich. In der Österreichischen Biodiversitätsstrategie 2020+ wird der Klimawandel als wesentliche Gefährdung der Biodiversität
(u. a. der Vielfalt an Arten und Lebensräumen) erkannt. Der aktuelle Bericht Österreichs über den Zu-
editorial
Werte Leserinnen und Leser!
Michael ProschekHauptmann,
Geschäftsführer
Umweltdachverband
Foto: © UWD
Der Klimawandel betrifft alle Bereiche menschlichen Handelns. Er hat
Auswirkungen auf Energie, Verkehr,
Finanz, Umwelt, Soziales und Gesundheit. Diese Spezialausgabe
widmet sich dem Naturschutz im
Klimawandel. Der Schutz von Landschaften, Gewässern und der Artenvielfalt ist integraler Bestandteil
effektiven Klimaschutzes. Hitze und
Dürre erzwingen den Rückzug heimischer Pflanzen und Tiere. Bioinvasoren rücken nach. Auch die intensive Land(aus)nutzung gefährdet
wertvolle Böden und Retentionsgebiete. Die Wiederherstellung gesunder Naturflächen, Fließgewässer und Wälder als CO2-Speicher
ist somit Natur- und Klimaschutz,
Vermeidung von und Anpassung an
den Klimawandel. Nutzen wir diese
Synergien, um eine Allianz aus ökologisch Notwendigem und politisch
Machbarem zu bilden!
Andrä Rupprechter,
Bundesminister für
Land- und
Forstwirtschaft,
Umwelt und
Wasserwirtschaft
Foto: © BMLFUW/Haiden
Erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft, Projektleitung Abteilung I/4
Der Klimawandel ist Realität!
Speziell der Sommer 2015 ließ uns
das spüren, denken wir nur an die
Dürreschäden in Millionenhöhe.
Der Temperaturanstieg in Österreich liegt über dem globalen
Schnitt. Gerade der Alpenraum reagiert sensibel auf Temperaturveränderungen. Damit ist auch der
Naturschutz aufgerufen, sich aktiv
mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen und Anpassungsstrategien mitzutragen. Mein Ziel ist es,
kommenden Generationen ein lebenswertes Österreich zu hinterlassen. Dafür müssen wir uns den
Herausforderungen des Klimaschutzes stellen. Die Durchsetzung
engagierter nationaler und internationaler Klimaziele ist notwendig.
Von der bevorstehenden Weltklimakonferenz erwarte ich mir deutliche Unterstützung mit einem
starken Klimaschutz-Abkommen.
stand europaweit bedeutender Arten und Lebensräume an die EU-Kommission zeichnet ein besorgniserregendes Bild: Nur 14 % aller bewerteten Lebensraumtypen und 16 % der Tier- und Pflanzenarten weisen einen günstigen Erhaltungszustand auf.
Die Gefährdungsursache wird vor allem in massivem
Lebensraumverlust gesehen. Um die Funktionsfähigkeit vieler Ökosysteme – und damit nicht zuletzt ihrer Fähigkeit, für den Menschen wichtige Dienstleistungen wie Erosionsschutz oder sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen – auch unter geänderten
Umweltbedingungen nachhaltig zu sichern, gilt es, die
biologische Vielfalt bestmöglich zu erhalten. Dies
nicht zuletzt, weil nur intakte Ökosysteme mit einem
„gesunden Immunsystem“ die Widerstandsfähigkeit
der Lebensgemeinschaften gegenüber Veränderungen garantieren können.
Klimaschutz – Risiken und Nebenwirkungen
auf Kosten der Natur
Die Aufgabe des Erhalts wertvoller Lebensräume
und Arten wird durch die Notwendigkeit, den Treibhausgasausstoß zu reduzieren und im Sinne des Klimaschutzes verstärkt auf erneuerbare, nachhaltige
Energiesysteme wie Solarenergie, Wind- und Wasserkraft oder Biomasse zu setzen, zusätzlich strapaziert. Denn auch der Ausbau der erneuerbaren
Energien kann Spuren in der Natur hinterlassen, v. a.
wenn dieser droht, immer mehr in geschützte bzw.
schützenswerte Lebensräume vorzudringen, wie
z. B. eine Vielzahl aktueller Wasserkraftwerksplanungen zeigt. Kurz gesagt: Auch Klimaschutz kann
mit Risiken und Nebenwirkungen auf Kosten der
Natur verbunden sein. Um dem Verlust an wertvollen Lebensräumen und Arten Einhalt zu gebieten, ist
es daher unumgänglich, den Ausbau erneuerbarer
Energieträger nur unter Berücksichtigung des Naturschutzes vorzunehmen.
Klimaschutz = Naturschutz = Klimaschutz
Vor diesem Hintergrund wird also in Zukunft die
Frage nicht lauten dürfen: „Natur- oder Klimaschutz?“ Betrachtet man den Klimawandel und dessen Gefahren für Natur und Lebewesen, dann gilt
unweigerlich „Klimaschutz = Naturschutz“ – und
umgekehrt! Um dieser Sichtweise jedoch gerecht zu
werden, ist es dringend notwendig, den heimischen
Naturschutz neu zu überdenken. Denn: Was bedeuten die Folgen des fortschreitenden Klimawandels
für die heimische Naturschutzpraxis? Wie können
Naturschutzmaßnahmen auch einen Beitrag zum
Klimaschutz leisten? Und wie kann umgekehrt Klimaschutz dem Naturschutz unter die Arme greifen? Bis
dato spielte der Naturschutz im Kontext der aktuellen heimischen Klimaschutzpolitik nur eine marginale Rolle. Es liegt aber – wie so oft – auch hier nicht
nur an der Politik, den Lebensraum Österreich fit für
zukünftige Belastungen in Folge des Klimawandels zu
machen, sondern insbesondere an vielen einzelnen
AkteurInnen, die durch konkrete Maßnahmen und
Projekte ihren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels sowie zur Anpassung an dessen Folgen
leisten.
Diese aktuelle fact.um-Sonderausgabe will aufzeigen, wie sehr die Folgen des Klimawandels unsere
heimische Natur bereits verändert haben (und sie
noch verändern werden), sowie Anstoß dazu geben,
aus einem durchaus vorhandenen Pool an Möglichkeiten und Ideen zu schöpfen, damit Klima- und Naturschutz im Sinne einer lebenswerten Zukunft
Hand in Hand gehen können. l
Liebe BriefträgerInnen!
Falls verzogen, bitte mit
neuer Anschrift retour an:
Umweltdachverband
Strozzigasse 10/7-9
1080 Wien
fact.um | 23/2015
Alpen: Gletscherschmelze & Artensterben
Der Alpenraum ist vom Klimawandel besonders stark betroffen. In den letzten 100
Jahren stieg die Temperatur im globalen
Vergleich überdurchschnittlich stark an.
Diese Erwärmung äußert sich u. a. durch einen dramatischen Gletscherschwund. So hat die Pasterze
als größter Gletscher Österreichs seit dem Jahr
1856 fast die Hälfte ihrer Fläche eingebüßt. Noch
in diesem Jahrhundert könnte der Großteil der Alpengletscher vollständig verschwunden sein. Eine
Entwicklung, die zusammen mit dem Abtauen von
Permafrostböden dramatische Folgen nach sich
zieht: Erhöhte Schmelzwassermengen führen vermehrt zu Überschwemmungen, abgetaute und aufgeweichte Böden zu Muren und Erdrutschen und
das Verschwinden der Frischwasserspeicher könnte in Folge sogar Trinkwasserengpässe auslösen.
Auch in der Pflanzen- und Tierwelt der Alpen ma-
chen sich die klimatischen Veränderungen schon
bemerkbar. Seit einigen Jahrzehnten ist – national
wie auch weltweit – ein Anstieg der Waldgrenzen
im Gebirge zu beobachten. Stark an ihre Umgebung angepasste Pflanzen- und Tierarten sind gezwungen, in höhere Lagen abzuwandern. Für fast
50 % der europäischen Gebirgspflanzen besteht
ein hohes Aussterberisiko. Weitere direkte
menschliche Eingriffe in den Alpenraum sind in jedem Fall nur unter Wahrung des Naturschutzes
umzusetzen. Das gilt sowohl für zweifelhafte touristische Projekte, wie die Erschließung neuer Skigebiete und den Ausbau von Beschneiungsanlagen,
als auch für die Errichtung neuer Wasserkraftwerke und den Bau von Windrädern in Höhenlagen. l
webtipp: www.alpenverein.at/portal/naturumwelt/energiewende/Energie_Hauptseite.php
Foto: © Julie/flickr, CC BY-NC-ND 2.0
Boden: Versiegelung & Trockenheit
Österreich verbaut sich seine Zukunft.
Jeden Tag muss eine Fläche von über 20
Hektar fruchtbaren Bodens für Verkehr,
Wirtschaft und Wohnraum Platz machen
und kann so auch nicht mehr als CO2-Senke
dienen. Die Funktion des Bodens als Kohlenstoffspeicher ist vielen nicht bewusst, dabei binden
Erdreich und Bodendeckung in Europa eine bedeutende Menge an Kohlenstoff. Diese Funktion
kann allerdings nur ein unverbauter und gesunder
Boden erfüllen. Ein solcher zeichnet sich durch ei-
ne unglaubliche Vielfalt von Klein- und Kleinstlebewesen aus. Während diese von biologischer
Landwirtschaft nur wenig beeinflusst werden, zerstört exzessiver Anbau das natürliche Gleichgewicht, laugt die Erde aus und kann im schlimmsten
Fall zu Unfruchtbarkeit und Erosion führen. Solche
folgenschweren Szenarien müssen unbedingt verhindert werden, denn schon jetzt steht die Landwirtschaft aufgrund des unerbittlichen Flächenverdrängungswettbewerbes vor einer fast unlösbaren
Aufgabe: Auf immer kleinerer Fläche sollen genügend Lebensmittel für immer mehr Menschen erzeugt werden.
Eine weitere Auswirkung der zunehmenden Verbauung: Versiegelte Böden können Niederschläge
nicht mehr aufnehmen. Diese fließen an der Oberfläche ab, was einerseits den Grundwasserhaushalt negativ beeinflusst und im schlimmsten Fall zu
Überschwemmungen führen kann. l
webtipps: www.bodeninfo.net; www.umweltbildung.at/service/broschuere-bodenreich.html
Wasser: Hochwasser & Verbauung
Wasser ist die Grundlage allen Lebens. Umso schwerer wiegen die Veränderungen von
Wasserkreislauf und Gewässern durch den
Klimawandel. In Österreich macht sich die Beschleunigung des globalen hydrologischen Zyklus
durch eine starke Verschiebung der Niederschlagsmengen zwischen den Jahreszeiten bemerkbar:
Schon jetzt ist in den Wintermonaten eine Erhöhung der Niederschlags-Gesamtmenge, im Sommer ein Rückgang zu beobachten. Dazu kommt das
vermehrte Auftreten einzelner extrem hoher Niederschlagsereignisse sowie das rasante Abschmelzen von Gletschern und eine frühere Schneeschmelze. Die meisten Hochwasserschutzmaßnahmen greifen jedoch zu kurz, indem sie Flüsse weiter
einengen, wodurch Abflüsse beschleunigt und die
teils verheerenden Auswirkungen nur auf weiter
flussabwärts liegende Stellen verlagert werden.
Hinzu kommt, dass sich etwa die mittlere Temperatur der Donau seit Anfang des 20. Jahrhunderts um
1,6°C erhöht hat. Wie stark Flora und Fauna von
diesen Veränderungen betroffen sind, lässt sich mitunter daran ablesen, dass bis heute fast 40 % der ursprünglich einheimischen Fischarten ausgestorben
sind und sich aktuell nur 37 % der Gewässer in einem guten ökologischen Zustand befinden. Insgesamt zeichnen diese Entwicklungen kein rosiges
Bild der Zukunft unserer Gewässerlandschaft – es
besteht dringender Handlungsbedarf! l
webtipp: http://wisa.bmlfuw.gv.at/fachinformation/hochwasserrisiko.html
Foto: Riesen Chinaschilf, © National Rural/flickr, CC BY 2.0
Neobiota: Verdrängung & Verwilderung
Die zunehmende Verbreitung invasiver
Pflanzen- und Tierarten gilt weltweit als eine der größten Bedrohungen der biologischen Vielfalt – und wird durch den Klimawandel zusätzlich beschleunigt. Denn: Die in
der Regel durch den Menschen in fremde Ökosysteme eingeschleppten Neobiota kommen mit Veränderungen ihres Lebensraums meist besser zurecht als einheimische Arten.
Problematisch werden Neobiota, wenn sie angestammte Arten verdrängen und ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen, so wie es etwa
der als „Killer Shrimp“ bekannte Große Höckerflohkrebs tut. Ursprünglich aus dem Schwarzmeerraum stammend, hat er sich Anfang der 90erJahre bis nach Österreich ausgebreitet und vertreibt nicht nur einheimische Flohkrebsarten, son-
Nicht um jeden Preis
Erneuerbare Energien sind die Hoffnungsträger der Energiewende.
Doch wir dürfen dabei nicht übersehen, dass es gilt, die Anforderungen des
Klimaschutzes mit den Anliegen des Natur- und Umweltschutzes zu verbinden.
Foto: © Craebby Crabbson/flickr, CC BY-NC 2.0
hotspots der klimawandelfolgen
D
ie Endlichkeit fossiler Energieträger und die Bedrohung durch den fortschreitenden Klimawandel bringen Erneuerbare hoch in Kurs. Eine
erfolgreiche Klimapolitik sollte aber nicht nur auf erneuerbare, sondern vor allem auf naturverträgliche Energie
setzen. Eine Herausforderung, die es zu meistern gilt.
Gut geplant ist halb gewonnen
Laut Ökostrombericht konnte Windkraft in den vergangenen Jahren den größten Zuwachs am Anteil Erneuerbarer erzielen. Bald dürfte das tausendste Windrad in
Österreich ans Netz gehen. Und werden Regionen mit
viel Wind noch besser genutzt, könnte die Windkraft
2030 ein Viertel des Stromverbrauchs decken. Allerdings sollte der zweifellos notwendige Ausbau der Erneuerbaren Hand in Hand mit der Natur erfolgen.
Denn aus Naturschutzsicht können etwa Windkraftanlagen mitunter negative Folgewirkungen auf Vogelbestände und Fledermausvorkommen nach sich ziehen.
Zudem sind Probleme der Fragmentierung und des
Funktionsverlustes von Lebensräumen zu beachten. Ein
weiterer Ausbau sollte daher nur an geeigneten naturverträglichen Standorten erfolgen. Ein dienliches Instrument, um gröbste Zielkonflikte zu vermeiden, ist ein planerischer Zugang mit der Berücksichtigung von Eignungs- und Ausschlussgebieten. Dabei wird der Konflikt
zwischen Naturschutz und Ausbau der Erneuerbaren
vom Einzelfall auf das Niveau einer gesamthaften Bedeutung verschoben. Versachlichte Kompromisse werden
einfacher möglich, Entscheidungen nachvollziehbar.
Revitalisierung & Effizienzsteigerung
Wasserkraft liefert hierzulande aktuell den größten Anteil an erneuerbarer Energie. Im Gegensatz zu anderen
nachhaltigen Energiegewinnungssystemen, wie besonders Photovoltaik, ist sie bereits stark ausgebaut. Jedoch
können Wasserkraftwerke tiefgreifende und zum Teil
weit über den jeweiligen Kraftwerksstandort hinausrei-
chende Probleme hinsichtlich der Ökologie der Gewässerlandschaft und des Naturhaushalts verursachen. Der
weitere Ausbau wird somit die Rücksichtnahme auf gewässerökologisch sensible Strecken erfordern, um
Ökosysteme so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.
Bevor neue Kraftwerke an unberührten Standorten gebaut werden, sollten jedoch bereits energiewirtschaftlich erschlossene Fließgewässerabschnitte ausgebaut
und die Möglichkeiten zur Revitalisierung und Effizienzsteigerung ausgeschöpft werden. Zudem werden im
Waldland Österreich aktuell 20 Millionen Kubikmeter
Holz für die thermische Verwertung genutzt. Ein Vorteil für das Klima, keine Frage. Allerdings ist es in diesem
Fall wünschenswert, darauf zu achten, dass die vermehrte Nutzung von Restholz und Biomasse so gestaltet wird, dass die Nährstoffbilanzen der Waldböden
ausgeglichen bleiben und Biodiversität im Wald auch
künftig Platz hat.
(Natur)schutz in die Klimapolitik!
Intakte Natur und gesunde Lebensräume mit sauberem Wasser, lebendigen Böden und vielfältigen Pflanzen- und Tierarten sind ebenso Bedingungen für eine
nachhaltige Entwicklung wie eine erneuerbare Energieversorgung. Ein naturverträglicher Ausbau der Erneuerbaren ist deshalb unabdingbar. Doch der Weg aus
dem Teufelskreis des steigenden Energiebedarfs einerseits und der begrenzten ökologisch verträglichen Ausbaumöglichkeiten andererseits führt nur über klare politische Entscheidungen: Es braucht eine drastische Reduktion des Energieverbrauchs, die von Umweltverbänden geforderte Ausweisung von Tabuzonen und eine überregionale strategische Planung zur Festlegung
geeigneter Ausbaustandorte, welche die Nutzung der
Erneuerbaren mit Natur- und Landschaftsschutzinteressen in Einklang bringt. l
webtipp: www.umweltdachverband.at
klimaschutz im internationalen fokus: kurz & bündig
Weltklimakonferenz für 2°C-Ziel
M
dern ist als Fressfeind auch eine Gefahr für andere
Kleinlebewesen sowie Fischlaich und -larven.
Paradoxerweise führt sogar der Versuch der Bekämpfung des Klimawandels durch den vermehrten Einsatz nachwachsender Rohstoffe zu unabschätzbaren ökologischen Folgen: Europaweit
wird derzeit beim Anbau von sogenannten Biokraftstoffen vermehrt auf Neophyten gesetzt. So
weisen etwa Riesen-Chinaschilf und Elefantengras
Eigenschaften wie schnelles Wachstum und geringe Ansprüche an Nährstoffe und Wasserhaushalt
auf. Das macht sie einerseits zu perfekten Nutzpflanzen für die Biomasse-Produktion, bedingt andererseits aber die hohe Gefahr großflächiger Verwilderung und Verdrängung anderer Arten. l
webtipp: www.umweltbundesamt.at/neobiota
it der 1992 bei der UN-Konferenz über
Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro
verabschiedeten Klimarahmenkonvention
erkennt die internationale Staatengemeinschaft weltweite Klimaänderungen als menschenverursachtes,
ernstes Problem an und verpflichtet sich zum Handeln.
196 Vertragsparteien – darunter Hauptverursacher der
CO2-Emissionen wie die USA, Russland, die EU und
China – haben die Klimarahmenkonvention mittlerweile
ratifiziert und damit die völkerrechtliche Basis für globalen Klimaschutz geschaffen.
Die Vertragsstaaten verpflichten sich dazu, „die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, das eine gefährliche menschliche
Beeinflussung des Klimasystems vermeidet“. Konkret gilt
es, die globale Temperaturerhöhung durch zahlreiche
Maßnahmen auf +2°C einzudämmen und so den Klimawandel auf einem für Mensch und Umwelt erträglichen
Niveau zu halten.
Coming up: COP 21 in Paris
Höchstes Gremium der Klimarahmenkonvention ist die
Vertragsstaaten- oder Weltklimakonferenz (Conference of the Parties, COP), die jährlich zusammentritt.
Ziel der diesjährigen 21. Zusammenkunft von 30. November bis 11. Dezember in Paris (COP 21), bei der insgesamt 40.000 TeilnehmerInnen erwartet werden, ist –
aufbauend auf dem 2005 in Kraft getretenen Kyoto-Abkommen – ein universelles, rechtlich verbindliches Abkommen effektiven Bekämpfung des Klimawandels. Dazu gilt es, den Weg hin zu einer entkarbonisierten Wirtschaft und Gesellschaft zu ebnen. Um die globale Erwärmung auf 2°C zu begrenzen, muss ein neues Abkommen
sowohl den Kampf gegen als auch die Anpassung an den
Klimawandel in den Fokus nehmen. l
webtipps: http://unfccc.int/meetings/paris_
nov_2015/meeting/8926.php; www.cop21paris.org/
about/cop21; www.facebook.com/COP21fr
3/2015
3| fact.um
buch- und
broschürentipps
Foto: © Schangli/flickr, CC BY 2.0
Der Klimawandel ist vorerst nicht zu stoppen, viele Auswirkungen werden wir erst
in den kommenden Jahrzehnten spüren.
Die Broschüre „Klimawandel – Was tun?“
des BMLFUW ist ein Wegweiser für den
Umgang mit den zu erwartenden Folgen.
Konkrete Tipps und Ratschläge helfen dabei, Klimawandelanpassungsstrategien in
das persönliche Lebensumfeld einzubringen. Die Vorschläge decken praktisch alle
Lebens- und Wirtschaftsbereiche ab und
umfassen sowohl kleine Maßnahmen, als
auch einen Blick auf das große Ganze. l
Klimaziele: Mehr Effizienz, bitte!
webtipp: www.bmlfuw.gv.at/publi-
kationen/umwelt/klimawandel.html
es tut sich was im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung in Österreich! Dennoch gilt: Die nationalen Ziele
könnten wesentlich ambitionierter sein, in praktisch allen Bereichen gibt es noch ungenutzte Potenziale.
D
as Klimapaket 2009 der Europäischen Union
gibt Österreich folgende „Klimaziele“ vor, die
es bis 2020 zu erreichen gilt: 20 % mehr Energieeffizienz sowie ca. 1/5 weniger Treibhausgase im Vergleich zu 2005 und 34 % Anteil erneuerbarer Energien
am Gesamtenergieverbrauch. Als topographisch günstig
gelegenes Land wird die Alpenrepublik wegen der bereits sehr stark ausgebauten Wasserkraft den Anteil an
Erneuerbaren von 34 % bis zum Jahr 2020 erreichen
können. Ambivalent stellt sich die Situation bei der angestrebten Verminderung des Ausstoßes von Treibhausgasen dar, deren weitaus größten Anteil mit etwa 85 %
CO2 ausmacht. Der Kohlendioxid-Ausstoß Österreichs,
großteils verursacht durch die Verwendung fossiler
Brennstoffe, vor allem in den Bereichen Verkehr und Industrie, erfuhr von 1990 bis 2005 einen Anstieg um etwa 28,5 %. Seither sind die Emissionen zwar rückläufig,
lagen 2013 jedoch immer noch um 9 % über dem Ausgangswert von 1990. Der dem Emissionshandel unterliegende Treibhausgasausstoß (von Großemittenten wie
Kraftwerken und Industrieanlagen) wird bis 2020 voraussichtlich zielgemäß um 21 % im Vergleich zu 2005 reduziert werden können, wohingegen das Minus16 %-Ziel bei Sektoren außerhalb des Emissionshandelssystems (Verkehr, Gebäude sowie KMU) unter den
derzeitigen Rahmenbedingungen nicht erreicht werden
wird. Österreich hat großes Potenzial, mit erhöhten Anstrengungen in diesem Bereich maßgeblich die Erreichung der internationalen Klimaziele zu unterstützen.
Im Dienste des Klimaschutzes
In ihrem eigenen Wirkungsbereich setzen die Bundesländer sowie das Bundesministerium für Landund Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
(BMLFUW) bereits zahlreiche Maßnahmen und unterstützen Wissenschaft und Wirtschaft dabei, ihren Beitrag zu den nationalen Klimaschutzbemühungen zu leisten. So zum Beispiel die Initiative „klima:aktiv“, deren
Ziel die rasche und breite Markteinführung klimafreundlicher Technologien und Dienstleistungen ist.
Forschungs- oder klimafreundliche Verkehrsprojekte
werden auch durch den „Klima- und Energiefonds“ getragen. Außerdem ermöglicht das ACRP (Austrian Climate Research Programme) die Förderung von Grundlagenforschung zum Klimawandel. Die Bundesländer
tragen neben ihren eigenen Klima- und Energiestrategien mit Hochwasserschutzprojekten (Schaffung von Retentionsgebieten) genauso bei wie mit Schutzgebietsvernetzungen (Alpen-Karpaten-Korridor). Des Weiteren wird in vielen Bereichen aktiv geforscht, um nachhaltige Lösungen für die Zukunft bieten zu können (z. B. zu
den Auswirkungen von Gewässertemperaturänderungen auf die Fischfauna).
Latte für Klimaziele noch höher setzen!
In Zeiten, in denen bereits viele Länder – darunter auch
Kohlegiganten und Schwellenländer – aus verschiedenen Gründen ihren Umgang mit dem Klimawandel
überdenken, werden auch hierzulande vereinzelt
Maßnahmen gesetzt, viele Potenziale liegen allerdings
noch brach. So zum Beispiel betreffend die steuerlichen
Begünstigungen von Diesel oder Dienstwagen. Zwar
gibt es seit dem Jahr 2011 das österreichische Klimaschutzgesetz und das daraus resultierende Maßnahmenprogramm von Bund und Ländern, jedoch darf in
Erwartung der Ergebnisse der diesjährigen Weltklimakonferenz in Paris nicht außer Acht gelassen werden,
dass dem Klimawandel auf nationaler Ebene noch konkreter zu begegnen ist. Werden jetzt keine weiteren
Maßnahmen gesetzt, wird es für die Zeit nach 2020
schwierig werden, ambitioniertere Quoten zu erbringen.
Alternativmaßnahmen: Effizienz & Einsparung
Für eine lebenswerte Zukunft wird ein noch konsequenteres und koordinierteres Zusammenwirken im
Bereich Klimaschutz notwendig sein. Derzeit noch vernachlässigt sind vor allem die Effizienz und die Verringerung des Energie- und Ressourcenkonsums, wobei gerade hier maßgebliche Potenziale schlummern. Sollte es
Österreich nicht gelingen, den Gesamtenergieverbrauch drastisch zu reduzieren, werden die erneuerbaren Energien alleine den Bedarf nicht decken können. In
diesem Sinne sollten politische Synergien genutzt werden, um Effizienz und vor allem auch die bisher wenig
behandelte Verbrauchsreduktion voranzutreiben. l
webtipp: www.bmwfw.gv.at/umwelt/klimaschutz.
html
Das Austrian Climate Research Programme (ACRP) erforscht nationale Ausprägungen und Auswirkungen des Klimawandels
und erstellt darauf aufbauend Analysen und
Maßnahmenvorschläge für Politik und Gesellschaft. In der Broschürenreihe „ACRP
in essence“ werden ausgewählte Forschungsberichte vorgestellt, die eine
Grundlage für die notwendigen Schritte in
Richtung Klimawandelanpassung bilden.
Bisher sind sechs Ausgaben erschienen,
unter anderem zu Biodiversität, Landwirtschaft und Gesundheit. l
webtipp: www.klimafonds.gv.at/
service/broschueren/acrp-in-essence
webtipps
Sachstandsbericht Österreich:
www.ccca.ac.at/de/apcc/oesterreichischer-sachstandsbericht-klimawandel-2014-infos-und-materialien
Klimawandel und Folgen: www.
umweltbundesamt.at/umweltsituation/klima/klimawandel
CO2-Rechner: www.umweltbildung.at/online-materialien/interaktive-tools/co2-rechner.html
österreichische klimawandelanpassungsstrategie
Verschränkung von Klima- und Biodiversitätsschutz
Foto: Vorderer Langbathsee, © Bernd Thaller/flickr, CC BY-NC 2.0
I
m Jahr 2007 initiierte Österreich unter der Federführung des BMLFUW
einen Prozess zur Entwicklung einer
Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. 2012 wurde die „Österreichische Klimawandelanpassungsstrategie“
mit der Zielsetzung, nachteilige Auswirkungen des Klimawandels auf Umwelt,
Gesellschaft und Wirtschaft zu vermeiden und die sich ergebenden Chancen zu
nutzen, im Ministerrat beschlossen. Die
Klimawandelanpassungsstrategie gibt
nicht nur einen umfassenden Überblick
über die verschiedensten Einflüsse des
Klimawandels auf unterschiedliche Aktivitätsfelder. In einem Aktionsplan werden auch konkrete Handlungsempfehlungen, unter anderem für die Bereiche
Landwirtschaft, Tourismus, Energie,
Raumordnung, Verkehr, aber auch Biodiversität ausgesprochen. Als wesentliche Gefahren für die natürlichen Ökosysteme identifiziert die Strategie den
Temperaturanstieg und dadurch bedingte Veränderungen in den Vegetationsperioden, Dürreperioden, eine Verringerung der Artenvielfalt, eine Abnahme des Schneeanteils in tiefen und mittleren Lagen, eine Abnahme der Frosttage, einen Anstieg der Wassertemperaturen, den Verlust von Lebensräumen
und Arten sowie die Ausbreitung invasiver Arten.
Erste Erfolge und offene Tasks
Der Ausbau des Wissenstandes zu den
Auswirkungen des Klimawandels, die Integration von Klimawandel in Natur-
schutzkonzepte, die Förderung nachhaltiger Freizeitaktivitäten oder die Verbesserung der Vernetzung von Lebensräumen und Schutzgebieten zählen zu den
Maßnahmen, die laut Strategie den Effekt
des Klimawandels auf unsere Umwelt abmildern können. Zur Umsetzung dieser
Maßnahmen angesprochen werden u. a.
die Bundesländer, Bildungseinrichtungen,
Interessenvertretungen, die Energiewirtschaft sowie LandnutzerInnen und
NGOs. Eine Auswahl an Best PracticeBeispielen unterstreicht die zentrale Botschaft der Strategie, dass Anpassung eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und
einer gut aufeinander abgestimmten
Vorgehensweise bedarf – sowohl zwischen den betroffenen Bereichen als
auch zwischen den Handelnden. Erste
Erfolge des Aktionsplans lassen sich aus
dem Entwurf des Fortschrittsberichts
Klimawandelanpassung des BMLFUW
ablesen. So ist zum Beispiel bereits österreichweit ein Rückgang des aufgeforsteten Fichten- und ein Anstieg des natürlichen Laubholzanteils zu beobachten,
wurden vermehrt Retentionsräume
zum Schutz vor Überschwemmungen
geschaffen oder der Ausbau des Anteils
von biologisch bewirtschafteten Flächen
gefördert.
Die Klimawandelanpassungsstrategie
bietet allen Interessierten einen anschaulichen Leitfaden zur Verschränkung von
Klima- und Biodiversitätsschutz. l
webtipp: www.klimawandel-anpassung.at
fact.um | 43/2015
intakte ökosysteme sind von elementarer Bedeutung für den
Menschen und für das Klima. Es zeigt sich: Die Umsetzung von
Naturschutzmaßnahmen, die auch dem Klima gut tun, ist gar nicht so schwer!
Foto: Sonnentau, © helst1/flickr, CC BY-NC-ND 2.0
entziehen diese der Atmosphäre und sind daher auch
wichtige Klimaregulatoren. Alleine in den obersten 50
Zentimetern Boden speichern diese faszinierenden Lebensräume rund 150 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar –
mehr als jedes andere Ökosystem. Grund dafür: Abgestorbenes Pflanzenmaterial wird wegen des ständigen
Wassereinflusses und damit verbundenen Sauerstoffmangels nicht abgebaut, sondern als Torf konserviert.
Durch die Speicherung von CO2 als Torf tragen Moore
also in hohem Ausmaß langfristig zum Klimaschutz bei.
E
ines steht fest: Die Natur versorgt uns mit lebensnotwendigen Kostbarkeiten. Sie stellt Trinkwasser bereit, bietet natürlichen Hochwasserund Erosionsschutz, sorgt für Bodenbildung und Befruchtung der Nutzpflanzen, reguliert den Wasserhaushalt u. v. m. Damit die Natur diese Leistungen erbringen
kann, braucht es intakte Ökosysteme. Diese spielen auch
punkto Klimaschutz eine wesentliche Rolle. Am Beispiel
der rund vier Millionen Hektar großen heimischen Wälder betrachtet: Die grünen Lungen der Alpenrepublik
speichern fast 800 Millionen Tonnen Kohlenstoff. Das ist
40 mal so viel wie hierzulande jährlich an Treibhausgasen
produziert wird. Die bedeutende Rolle der Wälder und
ihrer Böden als Speicher des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 ist somit klar, ihre Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung ohne Alternative.
Kohlenstoffspeicher vom Feinsten
Doch nicht nur die Wälder stehen in Sachen Kohlenstoffspeicherung an vorderster Front: Auch Moore
speichern riesige Mengen an Wasser und Kohlenstoff,
Kostengünstige Klimaschutzmaßnahme
Allerdings sind 90 % der ursprünglichen Moorflächen
Österreichs bereits verloren, 2/3 der bestehenden
Moorgebiete beeinträchtigt. Durch ausbleibende Niederschläge, wie sie in verschiedenen Klimamodellen
dargestellt sind, könnten in Zukunft vor allem die Hochmoore zusätzlich in Bedrängnis kommen. Modellrechnungen des Umweltbundesamtes zeigen, dass 85 % der
Hochmoore in der Mitte des 21. Jahrhunderts bei einem Anstieg der Jahresmitteltemperatur um etwa
2,3°C einem hohen Risiko ausgesetzt sein werden. Die
gute Nachricht: Für den Erhalt der Kohlenstoffvorräte
der Moore braucht es keine aufwändige Technologie.
Einfache Holzdämme genügen, um den Wasserhaushalt
von Mooren wiederherzustellen und ihnen ihre CO2Speicherfähigkeit zurückzugeben. Was Moorschutz zusätzlich attraktiv macht, ist der vielfältige Zusatznutzen
intakter Moore als Wasserspeicher und als unersetzlicher Lebensraum vieler geschützter Tiere und Pflanzen. Alles in allem ist Moorschutz eine der kostengünstigsten Klimaschutzmaßnahmen überhaupt.
Bewahrung von Ökosystemen essenziell
Fazit: Funktionierende Ökosysteme, die per se bereits
kostenlos (!) so hervorragende Leistungen für uns Menschen erbringen, haben auch großes klimaschützendes
Potenzial, leiden allerdings selbst zunehmend unter
dem fortschreitenden Klimawandel. Umso wichtiger ist
es, die Bedeutung von Ökosystemen und Biodiversität
für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel noch stärker als bisher zu berücksichtigen und
ihren Schutz weiter zu fördern. l
Starkes Team: Sonnenkraft & Artenschutz
Ein perfektes Beispiel für ein gelungenes Zusammenspiel von Natur- und Klimaschutz
ist das BürgerInnen-Solarkraftwerk in
Wien-Liesing. Die von Wien Energie betriebene
und mithilfe von BürgerInnen-Beteiligung finanzierte Photovoltaik-Anlage erzeugt auf einer Fläche von
7.400 m2 nachhaltige Energie für 400 Haushalte und
bietet auf ihrem Areal obendrein einen naturnahen
Lebensraum, in dem sich schützenswerte Tierarten
wie Heuschrecken, Schnirkelschnecken, Nachtpfauenaugen, Eidechsen und Feldhamster zu Hause
fühlen. Die begrünte Fläche unter und zwischen
den Solarpaneelen und das steinige Bodenmaterial
des Untergrundes sorgen für naturgemäße Bedin-
gungen, die in der Stadt ansonsten selten sind und
die durch verschiedene Pflegemaßnahmen noch
weiter gefördert werden.
Vor allem in Ostösterreich haben Interessierte
auch die Möglichkeit, in Windräder zu investieren
und damit den Ausbau erneuerbarer Energie zu
unterstützen. In der Regel erwirbt man dabei Anteile, erhält dafür eine fixe jährliche Vergütung und
am Ende der Laufzeit das gesamte angelegte Geld
zurück. Eine lohnende Investition für alle, die nicht
die Möglichkeit haben, eine eigene Anlage zu errichten. l
webtipp: www.buergerkraftwerke.at
Lokaler Klimaschutz mit globaler Wirkung
Verkehrskonzept. Anstatt versiegelter Parkplätze
und zubetonierter Wege bestehen die meisten
Untergründe aus Schotter oder Belägen mit offenen Fugen, wodurch der Boden weiterhin als Lebensraum dienen und Wasser versickern kann.
Mit einheimischen Pflanzen begrünte Flächen, Fassaden und Dächer, Trockenmauern sowie mehrere Naturteiche bieten sowohl Tieren einen naturnahen Lebens- als auch den hier arbeitenden Menschen Erholungsraum. Neben Rankweil führen
952 weitere Gemeinden, sowie zusätzlich 968 Betriebe und 470 Schulen und Bildungseinrichtungen
im Rahmen des Klimabündnisses bereits lokale
Klimaschutzmaßnahmen durch, die auch der Natur und der Bevölkerung gut tun – und fördern übrigens gleichzeitig den Erhalt des Regenwaldes in
Südamerika durch Unterstützung indigener PartnerInnen. l
Foto: © Marktgemeinde Rankweil
Moorschutz & more
best practice im natur- und klimaschutz
Als „globale Partnerschaft zum Schutz des
Weltklimas“ versteht sich das Klimabündnis Österreich. Die Vorarlberger Klimabündnis-Gemeinde Rankweil zum Beispiel
zeigt, wie Klimaschutz auch bei größeren
Bauvorhaben funktionieren kann. Das Stichwort dabei lautet „naturnahe Flächengestaltung“.
Auf rund 20 Hektar Gesamtfläche entsteht in
Rankweil ein innovativer Arbeitsraum mit insgesamt 34 Betriebsflächen samt naturnahen Grünflächen, nachhaltigem Energie- und durchdachtem
webtipp: www.klimabuendnis.at
Gemeinsam Garteln für Klima & Natur
Klimaschutz beginnt bei jedem Einzelnen.
So unwichtig uns viele Maßnahmen oft vorkommen mögen, in Summe haben sie große
Effekte. Tipps und Anregungen für die verschiedensten Lebensbereiche liefert etwa die Initiative
„klimaaktiv“ des BMLFUW. Egal, ob durch bewusstes Einkaufen, die Nutzung von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, nachhaltiges Bauen oder
Energiesparen – an Möglichkeiten, selbst etwas für
den Klimaschutz zu tun, mangelt es nicht.
Dass man gemeinsam noch mehr erreichen kann,
beweisen zahlreiche Privatinitiativen in ganz Öster-
reich. So etwa die Bewegung der Food-Coops. In
diesen Einkaufsgemeinschaften schließen sich Personen zusammen, um Lebensmittel von regionalen
ProduzentInnen zu kaufen und bringen sich dabei
selbst in Organisation, Transport und Verteilung
ein. Noch einen Schritt weiter gehen in Gemeinschaftsgärten und Urban Gardening engagierte
Menschen: Sie bauen ihr Gemüse selbst an. Nachhaltigkeit und Bewusstseinsbildung sind so nicht
nur Theorie, sondern gelebte Praxis. l
webtipps: www.klimaaktiv.at; www.foodcoops.at
Foto: Privat
Naturschutz als unerlässlicher Partner der Klimapolitik
Die Folgen des immer rasanteren Klimawandels sind unabsehbar, aber
jedenfalls dramatisch. Daher ist ambitionierter Klimaschutz auf nationaler und internationaler Ebene dringend nötig – und genau dazu kann
der Naturschutz wesentlich beitragen. Viele Lebensräume wie Wälder
und Moore entziehen der Atmosphäre große Mengen Kohlendioxid,
speichern diese in der Biomasse und tragen so kostengünstig zum Klimaschutz bei. Nachhaltige Waldbewirtschaftung, die Extensivierung
von Grünland, der Schutz und die Renaturierung von Feuchtgebieten
Franz Essl, und eine konservierende Bodenbearbeitung haben beträchtliche positiUmweltbundesamt & ve Auswirkungen auf die Treibhausgasbilanz. Viele der bewährten NaUniversität Wien turschutzmaßnahmen werden künftig an Bedeutung gewinnen. Dies
auch deshalb, da nur intakte Lebensräume der zusätzlichen Belastung,
der sie durch den Klimawandel ausgesetzt sind, widerstehen können.
Zusätzlich kommen Naturschutzmaßnahmen einer kleinteiligen und
nachhaltigen Landwirtschaft zugute – deren Bewahrung ein erklärtes
Ziel der nationalen Agrarpolitik ist. Und: Viele dieser Maßnahmen sind
weitaus kostengünstiger als andere Maßnahmen des Klimaschutzes!
Der Naturschutz ist also ein unerlässlicher Partner der Klimapolitik –
und dies muss in Österreich viel stärker als bislang gelebt werden, etwa
im Agrar-Umweltprogramm ÖPUL. Aber, es gibt sie schon: erfolgreiche
Modellprojekte, wie etwa in den letzten Jahren von den Österreichischen Bundesforsten und dem Land Oberösterreich im Salzkammergut
umgesetzte Moorschutzprojekte. Nun ist es nötig, Naturschutz und
Klimawandel gesamtheitlich zu betrachten – durch gemeinsame Förderprogramme und durch Änderungen im Bewusstsein. l
Foto: © ZAMG
ansichten: partnerschaft natur- und klimaschutz
Michael
Staudinger,
Zentralanstalt für
Meteorologie und
Geodynamik
(ZAMG)
webtipp: www.umweltbundesamt.at
impressum
Herausgeber und Medieninhaber: Umweltdachverband,
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Inhaltliche Verantwortung: Umweltdachverband
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fact.um richtet sich an EntscheidungsträgerInnen und Interessierte im Natur- und
Umweltschutzbereich.
Erscheinungsweise: 4 x jährlich. Auflage: 33.000 Exemplare. Erscheinungsort: Wien.
termine
Fragiles Gleichgewicht in der Natur vorsorgend erhalten
Ökologie ist ein Gleichgewicht von vielen Systemen, die sich gegenseitig
tolerieren, unterstützen oder in Konkurrenz zueinander stehen. Dieses
Gleichgewicht kann sich im Lauf der Zeit ändern; deshalb kommen und
verschwinden Arten in einem bestimmten Gebiet. Unsere Kulturen und
Lebenseinstellungen haben sich über die letzten Jahrhunderte auf dieses
Gleichgewicht in den Alpen eingestellt und die Reichhaltigkeit der Natur nützen und schätzen gelernt.
Bringt man dieses Gleichgewicht durch den vom Menschen verursachten Klimawandel zum Kippen, so sind die Konsequenzen viel drastischer als das für die einzelnen AkteurInnen vorstellbar ist: Die Auswirkungen treten zwar nur langsam ein, sind aber auf Jahrzehnte unumkehrbar. Noch heikler ist es, dass wir alle mit unserem gewohnten Lebensstil von den stärksten Auswirkungen relativ weit entfernt sind. Dadurch wird das Prinzip von Ursache und Wirkung nicht mehr direkt erleb- und begreifbar. Unnotwendiger Innenstadtverkehr mit SUVs beispielsweise wird erst Jahre später durch das Verschwinden von Gletschern sichtbar.
Klimaschutz bedeutet daher, das fragile Gleichgewicht in der Natur vorsorgend zu erhalten und mit Rücksicht auf die komplexen Vorgänge
vorsichtig und schonend mit Ressourcen umzugehen, Entscheidungen
mit langfristiger Perspektive zu treffen und heute zu investieren, um
kommenden Generationen die Natur und die Vielfalt und Schönheit
der alpinen Landschaft zu erhalten. Klimaschutz bedeutet, heikle Entscheidungen zu treffen: Aber wann hatten wir schon die Gelegenheit,
die kommenden hundert Jahre gemeinsam zu gestalten? l
webtipp: www.zamg.ac.at
gedruckt nach
der Richtlinie „Druckerzeugnisse“
des Österreichischen Umweltzeichens
Druckerei Janetschek GmbH, UW-Nr. 637
Der Umweltdachverband ist ausgezeichnet
mit dem Österreichischen Umweltzeichen
für Bildungseinrichtungen.
Print
kompensiert
Id-Nr. 1550905
www.druckmedien.at
30. Nov.-11. Dez. 2015
COP 21 – 21. Sitzung der
„Conference of the Parties to the
United Nations Framework
Convention on Climate Change“,
Paris (Frankreich)
infos www.cop21paris.org
28.-31. Jänner 2016
Bauen & Energie 2016, Wien
infos www.bmlfuw.gv.at/kalender/
umwelt/BauenEnergie2016.html
24. Februar 2016
World Sustainable Energy Days 2016
infos www.bmlfuw.gv.at/kalender/
umwelt/WorldSustainable2016.html
26. Feb.-28. März 2016
Energiesparmesse Wels 2016
infos www.bmlfuw.gv.at/kalender/
umwelt/EnergiemesseWels2016.html
6.-8. April 2016
17. Österreichischer Klimatag, Graz
infos www.ccca.ac.at/de/
ccca-aktivitaeten/oesterr-klimatag/
klimatag-2016
webtipp: mehr aktuelle Termine
auf www.umweltdachverband.at
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