0 Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen 01 Lernziele Nach Durchsicht dieses Kapitels werden Sie ein besseres Verständnis der Grundlagen der Biodiversität entwickelt und das Konzept der Ökosystemdienstleistungen kennengelernt haben sowie auf dem aktuellen Stand des Wissens in beiden Bereichen sein. Sie werden die Unterschiede zwischen Habitaten und Ökosystemen sowie deren Bedeutung für das Leben verschiedener Arten verstehen. Sie erkennen, wie wertvoll die Wechselbeziehungen zwischen Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen sind, und lernen einen Ansatz zur Berücksichtigung von Ökosystemen in Politik und Planungspraxis kennen. Dieses fachspezifische Hintergrundwissen wird Sie dazu befähigen, die Förderung der Biodiversität bei Planungsaufgaben zu berücksichtigen und in Ihre alltägliche Arbeit zu integrieren. Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Die Grundbausteine der Biodiversität Die biologische Vielfalt stellt die Gesamtheit des Lebens auf der Erde dar. Dazu zählen sämtliche Tier- und Pflanzenarten, Pilze und Mikroorganismen sowie ihre Lebensräume. Auch wir sind Bestandteil dieser Biodiversität und bilden zusammen mit der Natur in all ihrer Vielfalt die Struktur des Lebens, das uns umgibt. Biodiversität hat viele verschiedene Aufgaben. Von besonderem Interesse für den Menschen sind die Dienstleistungen, die uns die Natur bietet. Wie ein Haus aus verschiedenen Elementen besteht, die ein Ganzes bilden (Ziegel, Zement, Fenster), um uns Schutz zu bieten, setzt sich auch die biologische Vielfalt aus grundlegenden Bausteinen zusammen, die ihr Funktionieren ermöglicht. Die Grundbausteine der Biodiversität sind: Arten bzw. Spezies, Lebensräume bzw. Habitate, Ökosysteme und Gene. Arten Habitate Ökosysteme Arten/Spezies Weltweit wurden bisher um die 1,75 Millionen Spezies verzeichnet, und es wird vermutet, dass Gene es sich dabei lediglich um 13 % der Gesamtzahl der Arten handelt, die derzeit auf der Erde leben. Abgesehen von den Mikroorganismen bilden dabei die Insekten die wichtigste und vielfältigste Gruppe. Andere vielfältige Gruppen sind beispielsweise Pilze, Pflanzen, Flechten und Moose. Es ist daher wichtig, sich nicht nur auf die charismatischeren Arten zu konzentrieren. Jede Spezies übernimmt eine bestimmte Funktion und ist ein entscheidender Bestandteil der ‚Struktur des Lebens‘, von der wir abhängig sind. Lebensräume/Habitate Verschiedene Pflanzen- und Tierarten treffen in unterschiedlichen Kombinationen aufeinander und bilden ökologische Gemeinschaften und Habitate. Sie entstehen im Verlauf von vielen tausend Jahren als Reaktion auf lokale Umweltbedingungen wie Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit und Klima. Auch der Mensch hat Habitate geformt und geschaffen, die einen hohen Wert für die biologische Vielfalt aufweisen. Nicht nur einzelne Arten sind dabei von Bedeutung, sondern auch typische und atypische Artenkombinationen innerhalb von Habitaten sind essenzielle Elemente der Biodiversität. Wichtige Habitate können überall vorkommen: in einem naturbelassenen Bestand eines Waldes eines streng geschützten Nationalparks, auf einer artenreichen Wiese oder an den Abstellgleisen einer Bahnlinie am Rande eines Stadtzentrums. Habitate werden klassifiziert, um ihren Wert und ihre Bedeutung zu ermitteln, ihre Hauptunterschiede zu erfassen und zu einem effektiveren Management vor Ort beizutragen. Diese Klassifizierung stützt sich auf Daten über die verschiedenen Spezies, aus denen sich ein Habitat zusammensetzt, und/ oder seine strukturellen bzw. chemischen Eigenschaften. In Europa folgt die Habitatklassifizierung meist der EUNIS-Klassifizierung der Europäischen Union. 18 Semi-natürliche Habitate bedürfen zur Erhaltung ihrer biologischen Vielfalt normalerweise der Bewirtschaftung durch kundige Fachkräfte, ein falsches Management kann sich schädlich auswirken. Kalk-Halbtrockenrasen beispielsweise müssen zu bestimmten Zeiten im Jahr abgeweidet werden, können aber durch ganzjähriges Abweiden oder den Einsatz von Dünger geschädigt werden. Planen für mehr Biodiversität Einige der wichtigsten Bereiche für die Biodiversität sind jene, die nicht vom Menschen verändert oder verwaltet werden, z. B. die Wildnis. Solche Gebiete werden gewöhnlich geschützt, indem der Einfluss auf sie so gering wie möglich gehalten wird. In vielen Gebieten jedoch, einschließlich in einem Großteil von Westeuropa, gibt es nur noch wenig oder gar keine Wildnis mehr. Stattdessen ist im Zuge der Zunahme und Ausdehnung menschlicher Aktivitäten ein Netz semi-natürlicher Habitate entstanden. Dazu gehören beispielsweise Hutewälder, Niedermoore und Heidelandschaften. Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Die EUNIS-Klassifizierung Das European Nature Information System (EUNIS) umfasst zahlreiche Informationen über Spezies, Habitattypen und Standorte. Es trägt zur Einhaltung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie der Vogelschutzrichtlinie der EU bei und enthält spezielle Angaben aus internationalen Roten Listen. Durch die Berücksichtigung von EUNIS in Planungsdokumenten können kommunale und globale Ziele miteinander verbunden werden. http://eunis.eea.europa.eu/ Vom praktischen Standpunkt aus betrachtet sind die Identifizierung und die Bewirtschaftung von Habitaten einfacher zu bewerkstelligen, wenn man sich auf einzelne Arten konzentriert. Die Festlegung von Werten und Prioritäten ermöglicht jedoch ein effektiveres Management, weil wichtige Pflanzenhabitate (z. B. ‚Wald mit Pinus albicaulis – Weißstämmige Kiefer‘) sowie die aufrechtzuerhaltenden Schlüsselprozesse (z. B. ‚natürliche Regeneration von Waldbäumen‘) leichter erkennbar sind. Selbst Arten, die einander äußerlich ähneln, beispielsweise verschiedene Fledermausarten, haben sich unabhängig voneinander spezialisiert und haben daher sehr unterschiedliche Anforderungen an ihre Habitate bezüglich Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung, Rastplätze etc. Zur Entwicklung umfassender Schutzstrategien ist das Wissen über diese spezifischen Habitatanforderungen im gesamten Lebenszyklus einer Art unerlässlich. Ökosysteme Ein Ökosystem kann ein oder mehrere verschiedene Habitate umfassen. Es bildet die Gesamtsumme der Interaktionen aller Spezies (d.h. Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen) und ihrer physikalischen Umgebung an einem bestimmten Ort. Ökosysteme können sich auf alle Ebenen beziehen: auf einen einzelnen verrottenden Baumstumpf in einem Wald, auf ein ganzes Flusseinzugsgebiet oder im Falle wandernder Spezies sogar auf mehrere Kontinente. Die Interaktionen und physikalischen Prozesse dienen der Aufrechterhaltung von Arten und Lebensräumen als auch der für den Menschen lebenswichtigen ‚Güter und Dienstleistungen‘. Wenn beispielsweise die Nahrungszyklen um einen See herum durch den Einsatz von zuviel Kunstdünger gestört werden, kann dies zu einer massiven Ausbreitung von Cyanobakterien führen, die nicht nur die biologische Große Hufeisennase Habitat: Hecken Hutzen: Futtersuche entlang des Heckenrandes Management: Heckenschnitt minimal halten, nur im Winter durchführen Zwergfledermaus Habitat: Flüsse und Seen Nutzen: nistet an Gewässerufern und ernährt sich von Larven aus dem Wasser Management: Fluktuationen des Wasserstands minimieren Kleinabendsegler Habitat: Strände Nutzen: ernährt sich von Insekten aus Treibholz Management: Belassen von Material natürlichen Ursprungs am Strand Weitere Informationen über Fledermaushabitate und ihr Management finden Sie bei Entwhistle, A et al. (2001): Habitat Management for Bats: A Guide for land managers, land owners and their advisors unter: http://jncc.defra.gov.uk/pdf/habitat_management_for_bats.pdf 19 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Schutz der genetischen Vielfalt alter Schafrassen in Nordwesteuropa Alte Schafrassen sind an verschiedenen geografischen Orten zu finden, wo sie sich an ihre jeweilige Umwelt angepasst haben. Durch den Rückgang kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe sind ihre genetische Vielfalt und ihr Überleben gefährdet. Das wird auf lange Sicht Auswirkungen auf die Nahrungsmittelsicherheit und die Fortführung kleinangelegter Landwirtschaftssysteme mit geringem Input haben. www.heritagesheep.eu Vielfalt des Sees reduzieren, sondern auch für das Vieh schädlich sind und Fische vergiften, die anderweitig dem Menschen als Nahrung dienen können. Das bedeutet einen Verlust von Gütern und Dienstleistungen, die andernfalls beispielsweise zur Ernährung oder als sauberes Wasser zur Verfügung stünden. Gene Sämtliche Lebensformen auf der Erde, seien es Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere oder Menschen, enthalten Gene. Sie bestimmen letztendlich die Fähigkeit von Spezies, Habitaten und Ökosystemen, sich an Umweltveränderungen anzupassen. Gene sind die Grundbausteine des Lebens. Selbst wenn die Angehörigen einer Spezies gleich aussehen mögen, können sich lokale Rassen auf unterschiedliche Weise an das Überleben in einer bestimmten Umwelt angepasst haben. Genetische Vielfalt ist die Summe der genetischen Informationen, die in den Genen einzelner Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen enthalten sind. Jede Spezies speichert eine enorme Menge genetischer Informationen in Form von Merkmalen und Eigenschaften. Die Anzahl der Gene reicht von etwa 1.000 in Bakterien bis hin zu mehr als 400.000 in vielen Samenpflanzen. Jede Art besteht aus zahlreichen Individuen, von denen nahezu keine genetisch identisch sind. Pictures © Saxifraga Dieses Phänomen ist oft bei einheimischen Anbausorten zu beobachten, die bessere Erträge erzielen und resistenter gegen Krankheiten sind als die gleiche Sorte, die anderswo gezüchtet wurde. Unterarten und Formen der Drohnen-Ragwurz (Ophrys holoserica) zeigen die genetische Variabilität innerhalb einer Art 20 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Durch Isolation über einen langen Zeitraum hinweg können endemische Arten entstehen, die es nirgendwo anders gibt. Diese sind von besonderer Bedeutung, da ihr Verschwinden von einem Ort ihrem Aussterben gleichkommt, weil sie nirgendwo anders auf der Welt zu finden sind. Zum Zweck der Erhaltung von Arten ist es besonders wichtig, Habitate miteinander zu verbinden. Spezies, die in einem Gebiet aufgrund von Habitatverlusten zurückgehen, können sich mit der Zeit in anderen Gebieten ansiedeln, wodurch sich die Population erholen kann. Auf diese Weise können sowohl die Artenvielfalt als auch einzelne Arten über größere Gebiete hinweg geschützt werden. Dadurch bleibt der Genpool gesund und ist weniger anfällig für Invasionen, Krankheiten und schädliche Eigenschaften. Eine für Schutzmaßnahmen wichtige Schlussfolgerung ist, dass eine gefährdete Art, selbst wenn sie vor dem Aussterben bewahrt wird, dennoch einen Teil ihrer internen Vielfalt eingebüßt haben kann. Wenn sich solche Populationen wieder ausbreiten, werden sie genetisch einheitlicher sein als ihre Vorfahren und die anschließende Inzucht in kleinen Populationen kann zu reduzierter Fruchtbarkeit und höherer Krankheitsanfälligkeit führen. Die genetische Differenzierung innerhalb von Spezies ist das Ergebnis der sexuellen Reproduktion, bei der genetische Unterschiede zwischen Individuen im Ergebnis kombiniert werden. Dadurch entstehen neue Genkombinationen bzw. Genveränderungen in der DNA aufgrund von Mutationen. Genetische Vielfalt wird normalerweise im Zusammenhang mit der Landwirtschaft und dem Erhalt der Nahrungsmittelsicherheit genannt. Das hängt damit zusammen, dass die Welternährung aufgrund der genetischen Beeinträchtigung mehrerer Nutzpflanzen bereits jetzt von nur einigen wenigen Arten abhängig ist. Derzeit sind es lediglich etwas mehr als 100 Nutzpflanzenarten, die 90 % der „... Der Rückgang von biologischer Nahrungsmittelversorgung ausmachen, und insgesamt drei Vielfalt führt oft zu einer Reduzierung Feldfrüchte (Reis, Mais und Weizen), die 69 % der Kalorien und 56 % der Proteine liefern, die vom Menschen aus Pflanzen geder Produktivität von Ökosystemen. wonnen werden. Dadurch wird der Naturreichtum an Warum ist Biodiversität wichtig? Europas natürliche Umwelt ist für uns alle von großer Bedeutung. Die Schönheit unserer Landschaften und unserer Flora und Fauna inspiriert uns und bereichert unser Leben. Sie bilden einen wichtigen Bestandteil unserer nationalen und regionalen Identität. Allerdings ist unsere Umwelt mehr, als wir auf den ersten Blick sehen, denn Biodiversität formt die ‚Struktur des Lebens‘, das uns umgibt, von der kleinsten Bakterie im Boden bis hin zum größten Tier im Wald. Auch wenn wir es ohne Weiteres nicht schätzen, versorgt uns die biologische Vielfalt mit vielen Dingen, die uns am Leben erhalten. Kurz gesagt: Der Schutz unserer Arten und ihrer Lebensräume verbessert auch unsere Lebensqualität und unseren Lebensstandard. Jedes Lebewesen hat seinen Platz im ‚Gleichgewicht der Natur‘ und eine Störung dieses Gleichgewichts kann unvorstellbare Gütern und Dienstleistungen verringert, von dem wir uns fortwährend bedienen. Ökosysteme werden so destabilisiert und ihre Fähigkeit, mit Umweltkatastrophen wie Überschwemmungen, Dürren und Hurrikans sowie durch Menschen verursachten Belastungen wie Umweltverschmutzung und Klimawandel umzugehen, wird geschwächt. Bereits jetzt geben wir riesige Summen infolge von Flut- und Sturmschäden aus, die durch Entwaldung verschärft wurden; und diese Schäden werden im Zuge der globalen Erwärmung voraussichtlich weiter zunehmen ...“ aus: Biodiversitätskonvention, www.cbd.int 21 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Folgen haben. Im Verlauf der Geschichte sind gut dokumentierte Fälle zu finden, wo Gemeinschaften und ganze Zivilisationen zusammengebrochen sind, weil sie ökologische Grenzen überschritten hatten. In den vergangenen 50 Jahren sind Ökosysteme durch den Menschen schneller und umfassender als je zuvor in der Geschichte der Menschheit verändert worden, um den steigenden Bedarf an Nahrung, Frischwasser, Holz, Brennstoff und Materialien zur Kleidungsherstellung zu decken. Das hat zu einem massiven und größtenteils nicht umkehrbaren Verlust der Vielfalt des Lebens auf der Erde geführt. Die Intensivierung der Landwirtschaft beispielsweise wird als eine der Ursachen für den enormen Rückgang von Bestäubern in Nordwesteuropa angesehen. Da fast zwei Drittel aller Nutzpflanzen auf Bestäubung angewiesen sind, kann diese Entwicklung, wenn sie nicht gestoppt wird, die Nahrungsmittelsicherheit in Zukunft ernsthaft gefährden. Exkurs: Bestäuber und Bestäubung – Sind die Bestäuber bedroht? Laut einem Bericht des Europäischen Pflanzenschutzverbandes (European Crop Protection Association: http://www.ecpa.eu/article/environmental-protection/pollinators-and-agriculturereport) sind ca. 70 % der Nutzpflanzen weltweit von Insektenbestäubung abhängig. Das trägt mit geschätzten 153 Milliarden Euro zur globalen Wirtschaft bei und entspricht etwa 9 % der landwirtschaftlichen Produktion. In Europa übernehmen vor allem verschiedenste Bienenarten, Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten die Bestäubung und leisten damit einen unerlässlichen kollektiven Beitrag zu unserer Ernährung. Der Bericht erklärt die Vielfalt und die Funktionen der Bestäuberinsekten, beschreibt die Bedeutung der Bestäubung für die Landwirtschaft, beleuchtet den Rückgang der Bestäuberpopulationen und sucht nach Möglichkeiten, diese Entwicklung umzukehren, beispielsweise durch Agrarmaßnahmen, um Bestäuberspezies zu fördern. Viele Maßnahmen sind relativ leicht umzusetzen, beispielsweise die Aussaat von mehr Blütenpflanzen. Die Hauptursachen für den Rückgang der Bestäuber sind dem Bericht zufolge auf den Menschen zurückzuführen: Natürlich • Parasitismus • Wettbewerb Durch den Menschen • System und Durchführung des Feldfruchtanbaues • Feldbegrenzungen • Pestizide • Rückgang blumenreicher Biotope • Klimawandel • Marktwandel • Politische Vorgaben und Richtlinien • Globalisierung Überschwemmungen, Hungersnöte, Missernten und selbst Haiattacken an belebten Stränden können allesamt das Ergebnis des Schadens sein, den menschliches Handeln an Ökosystemen verursacht hat. Deshalb werden Ökosystemen und ihren Dienstleistungen in zunehmendem Maße Werte zugeschrieben. 22 Wir müssen uns die Tatsache bewusst machen, dass biologische Vielfalt nicht einfach eine Anzahl von Arten umfasst, die in einem bestimmten Gebiet vorkommen. Biodiversität stellt uns die ‚grüne Infrastruktur‘ zur Verfügung, die unsere wirtschaftliche Entwicklung und das menschliche Wohlbefinden unterstützt. Das geschieht überall, nicht nur in Nationalparks und Schutzgebieten. Ökosysteme und Ökosystemdienstleistungen Mehr zur europäischen und internationalen Bedeutung biologischer Vielfalt Im Jahr 2012 wurde ein internationales Gremium zur wissenschaftlichen Politikberatung zum Thema biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen etabliert. Das IPBES baut auf dem „Millenium Ecosystem Assessment“, der bislang umfassendsten Studie zum Zustand und den Entwicklungstrends der Ökosysteme der Erde, und den darauf folgenden Prozessen auf. www.ipbes.net Das Europäische Informationssystem für Biodiversität (BISE) ist die offizielle Informationsquelle der Europäischen Kommission zur Biodiversität. http://biodiversity.europa.eu © Thierry Degen, METL-MEDDE Ein Ökosystem kann als eine Einheit betrachtet werden, in der zahlreiche lebende Organismen miteinander und mit ihrer chemischen und physikalischen Umwelt interagieren. Die sich daraus ergebenden natürlichen Prozesse etablieren eine Reihe komplexer ökologischer Gleichgewichte. Ökosysteme können auf vielen Ebenen funktionieren, angefangen von langlebigen globalen Systemen wie Ozeanen bis hin zu sehr kleinen, lokal begrenzten oder vorübergehenden Systemen wie Trinkwasserspeichern, die nur für einen kurzen Zeitraum angelegt werden (Parliamentary Office of Science and Technology 2007). Geflutete Gärten am Fluss Clain in Poitiers (Frankreich) 23 Planen für mehr Biodiversität Wir Menschen neigen dazu, uns in gewisser Weise als unabhängig von unserer natürlichen Umwelt zu betrachten. In Wirklichkeit jedoch ist unser Schicksal untrennbar mit der biologischen Vielfalt verbunden. Sie versorgt uns mit Nahrungsmitteln und Brennstoff, mit Fasern für unsere Kleidung und Baumaterialien für unsere Häuser, und sie sorgt für die Bestäubung unserer Nutzpflanzen durch Bestäuberinsekten. Bei nachhaltiger Nutzung stellt die Biodiversität eine erneuerbare Ressource dar, die hoffentlich noch lange erhalten bleibt, nachdem unsere endlichen Ressourcen aufgebraucht sind. Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Kernpunkte Folgende Kernpunkte sind im Zusammenhang mit biologischer Vielfalt zu berücksichtigen: • Zur biologischen Vielfalt gehören alle Formen des Lebens: genetische Vielfalt — einer Population oder eines einzelnen Lebewesens innerhalb einer Art; Artenvielfalt — zwischen Arten in einem Ökosystem; Ökosystemvielfalt — die Vielzahl der Ökosysteme auf der Erde. • Die Menschen gehören zum ‚Netzwerk des Lebens‘. • Die derzeitige Rate aussterbender Arten ist die höchste, die jemals verzeichnet wurde. • Der Verlust von Schlüsselarten kann zu einem ökologischen Zusammenbruch führen. • Wachstum ohne Nachhaltigkeit hat schon ganze Zivilisationen zerstört. • Biologische Vielfalt bietet uns wichtige ‚Güter und Dienstleistungen‘. • Biodiversität tritt auf verschiedenen räumlichen Ebenen auf. • Es ist wichtig, die Bedeutung der Biodiversitätsgüter vor Ort zu verstehen. • Durch Ihre Planung können Sie dazu beitragen, Arten, Lebensräume, Ökosysteme und Gene zu erhalten! Die UN-Studie „Millennium Ecosystem Assessment“ Vielfältiger (gesell­ schaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer) Nutzen der begrünten Dächer in Düsseldorf Die nützlichen Auswirkungen begrünter Dächer auf die Anpassung an den Klimawandel, die Wasserwirtschaft und die öffentliche Gesundheit in städtischen Bereichen werden zunehmend erkannt: Grüne Dächer bieten eine kostengünstige Isolierung vor sommerlicher Hitze (und winterlicher Kälte), sie nehmen Niederschlag auf und absorbieren zusätzliches Wasser wie ein Schwamm, um es dann langsam ins städtische Abwassersystem abzugeben. Zudem reinigen sie die Luft von kleinen Partikeln. Neben diesem ‚messbaren‘ sozioökonomischen Nutzen erhöhen sie auch die Lebensqualität, indem sie den Stadtbewohnern ein attraktives grünes Bild und einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren kleine geeignete Lebensräume bieten. Die Stadt Düsseldorf hat diese vielfältigen Vorteile begrünter Dächer erkannt und fördert mithilfe einer Kampagne aktiv die Begrünung von Dächern durch Anwohner und Firmen. Sie stellt, da die begrünten Dächer einen Nutzen für die gesamte Öffentlichkeit haben, zur Unterstützung der damit verbundenen Investitionen nicht nur Fördermittel bereit, sondern hat die Begrünung von Dächern auch in ihre Bauordnungsbestimmungen für neue Konstruktionen integriert und untersucht derzeit die Möglichkeit, für die Besitzer von Häusern mit begrünten Dächern eine Befreiung von der Abwassersteuer einzuführen. Die Studie ‚Millennium Ecosystem Assessment‘ (MA) wurde im Jahr 2000 vom damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan mit seinem Bericht „Wir, die Menschen: Die Rolle der Vereinten Nationen im 21. Jahrhundert“ vor der UN-Vollversammlung ins Leben gerufen. Im Untersuchungszeitraum von 2001 bis 2005 wurden darin die Auswirkungen der Veränderungen von Ökosystemen auf das menschliche Wohlbefinden untersucht. Die Ergebnisse zeigten deutlich die Bedeutung von Ökosystemen und ihren Dienstleistungen für das menschliche Wohl. Weiterhin wurde nachgewiesen, dass auf globaler Ebene viele dieser Dienstleistungen degradiert oder bereits ganz verloren sind. Dieses Ergebnis wird von der neusten wissenschaftlichen Bewertung des Zustandes und der Entwicklung der Ökosysteme der Erde und ihrer Dienstleistungen (z. B. sauberes Wasser, Nahrungsmittel, Regulierung von Überflutungen und im Freizeitbereich) untermauert. Die MA untersuchte außerdem die Möglichkeiten, die 24 Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Sowohl die Interaktionen von Organismen untereinander als auch mit ihrer physikalischen Umgebung resultieren in ökologischen Prozessen, die auf verschiedenen Ebenen wirken und für die Gesellschaft wertvolle Ökosystemdienstleistungen liefern. In der Studie „Millennium Eco­ sys­ tem Assessment“ wurden diese Ökosys­tem­ dienst­ leistungen in vier große Kate­ gorien eingeteilt, wobei die „unterstützenden“ Dienstleistungen die ande­ ren Dienstleistungs­kategorien untermauern. Planen für mehr Biodiversität Eine Schlüsselerkenntnis der MA ist, dass es einen deutlichen Wandel in der Politik geben muss, um die Degradation von Ökosystemen umkehren zu können, damit sie uns die Dienstleistungen liefern können, die wir derzeit brauchen und auf die auch zukünftige Generationen angewiesen sind. Hauptergebnisse der UN-Studie „Millennium Ecosystem Assessment“: • In den vergangenen 50 Jahren sind Ökosysteme durch den Menschen schneller und umfassender verändert worden als je zuvor in einem vergleichbaren Zeitraum der Geschichte der Menschheit. • Diese Veränderungen haben zu hohen Gewinnen hinsichtlich des menschlichen Wohlbefindens und der Wirtschaftsentwicklung beigetragen, gleichzeitig aber hohe Kosten in Form der Degradation zahlreicher Ökosystemdienstleistungen und der Verschlimmerung der Armut für einige Bevölkerungsgruppen gefordert. • Werden diese Probleme nicht bekämpft, können zukünftige Generationen deutlich weniger Nutzen aus Ökosystemen ziehen. • Die Degradation von Ökosystemdienstleistungen könnte sich in den kommenden 50 Jahren deutlich verschlimmern. • Die Umkehrung der Degradation von Ökosystemen bei gleichzeitiger Deckung der steigenden Nachfrage nach ihren Dienstleistungen kann teilweise durch einige Szenarien erreicht werden, die in der Studie erfasst sind. Die Voraussetzung dafür ist allerdings ein deutliches, derzeit allerdings noch nicht erkennbares Umdenken sowohl im politischen und institutionellen Bereich als auch in der Praxis. Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis nachhaltige Nutzung von Ökosystemen wiederherzustellen, zu bewahren oder zu verbessern. Unterstützend Schaffung & Erneuerung der Bodenfruchtbarkeit Sauerstoffproduktion Entgiftung & Zersetzung von Abfall Bestäubung Bereitstellend Nahrung Fasern Brennstoff Wasser Schutz & Baumaterial Temperaturextreme Schädlings- und Krankheitsbekämpfung Regulierend Stabilisierung des Klimas Luft- und Wasserreinigung Abschwächung Fluten, Wind & Trockenheit Kulturell Bildung Erholung Ästhetik Wohlbefinden 25 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Die folgende Grafik zeigt, wie stark die Kategorien der Ökosystemdienstleistungen mit den Komponenten des menschlichen Wohlbefindens verbunden sind. Es wird deutlich, in welchem Maße sozioökonomische Faktoren diese Verbindung herbeiführen können, z. B. erhöht die Möglichkeit, einen Ersatz für eine degradierte Ökosystemdienstleistung zu kaufen, das Potenzial für eine Vermittlung. Wie stark die Verbindungen tatsächlich sind, ist für verschiedene Ökosysteme und Bereiche unterschiedlich. Neben dem hier dargestellten Einfluss von Ökosystemdienstleistungen auf das Wohlbefinden des Menschen beeinflussen auch andere Faktoren — darunter auch andere Umweltfaktoren sowie wirtschaftliche, gesellschaftliche, technische und kulturelle Faktoren — das menschliche Wohlbefinden, und Ökosysteme wiederum sind von Veränderungen des menschlichen Wohlbefindens betroffen. Millenium Ecosystem Assessment (http://www.maweb.org) 26 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Hochwasserschutz als Möglichkeit zur Stärkung des landesweiten ökologischen Netzwerks (Niederlande) Infolge des Klimawandels und der damit verbundenen häufigeren und heftigeren Regenfälle sowie längerer Trockenperioden ergaben sich aufgrund der steigenden Überflutungsgefahr im holländischen Flussgebiet ‚Rivierengebied‘ besondere Herausforderungen für das Wassermanagement. So müssen in Zeiten großer Niederschlagsmengen Möglichkeiten zur umfangreicheren Wasserspeicherung gefunden werden. Der Wasserverband beschloss, eine gründliche Studie bezüglich der Wasserspeicherungsoptionen durchzuführen und mithilfe eines partizipativen Prozesses unter Einbeziehung der Betroffenen die beste Option auszuwählen. Die multifunktionale Lösung dieser Herausforderung führte schließlich zur Stärkung des ökologischen Netzwerks der Region entlang der sich verbindenden Wasserwege. Maßnahmen zur Wasserspeicherung sollten die Wasserqualität so effektiv wie möglich verbessern. Solche positiven Nebeneffekte (und die damit verbundenen Einsparungen bezüglich Raum und Ausgaben) waren für die Entscheidungsträger sehr interessant: Es ergaben sich genügend verfügbarer Wasserspeicherplatz und ein Beitrag zur biologischen Vielfalt. Der Prozess zeigt, dass im Rahmen einer umweltgerechten Planungspraxis gute Ergebnisse für räumliche Herausforderungen erzielt werden können, wenn wissenschaftlich begründete Lösungen mit Anspruchsgruppen diskutiert werden. Die Verbindung zwischen Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen Veränderungen der Biodiversität beeinflussen die Fähigkeit von Ökosystemen, Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und sich von Störungen zu erholen. Wenn eine Art an einem bestimmten Ort verloren geht (selbst wenn sie anderswo erhalten bleibt) oder an einem anderen Ort angesiedelt wird, verändern sich die verschiedenen Ökosystemdienstleistungen, die mit dieser Art zusammenhängen. Allgemeiner ausgedrückt: Wenn ein Habitat umgewandelt wird, ändern sich eine Reihe von Ökosystemdienstleistungen, die mit den an diesem Ort vertretenen Arten in Verbindung stehen, was oft direkte und unmittelbare Auswirkungen auf menschliche Aktivitäten hat. Veränderungen der biologischen Vielfalt haben über einen längeren Zeitraum hinweg auch zahlreiche indirekte Auswirkungen auf Ökosystemdienstleistungen: Sie können beispielsweise die Fähigkeit von Ökosystemen beeinflussen, sich an Umweltveränderungen anzupassen, was unverhältnismäßig großen und manchmal unwiderruflichen Schaden für Ökosystemprozesse hervorrufen kann, oder das Verbreitungspotenzial ansteckender Krankheiten beeinflussen. In Agrarsystemen können sie das Risiko von Missernten in einer variablen Umwelt erhöhen und die möglichen Auswirkungen von Schädlingen und Krankheitserregern modifizieren. Der Ökosystemansatz Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studie der UN ist, dass schen Entscheidungsträgern und in der Praxis geben muss, wie gen wird. Ökosysteme stellen ein gemeinsames Motiv für die zur Erhaltung der biologischen Vielfalt dar. Sie liefern nicht es ein Umdenken bei politimit Ökosystemen umgeganAufstellung eines Konzeptes nur den Kontext für einen 27 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Parc du Chemin-de-l’Île (Frankreich) Laurent Mignaux, METL-MEDDE Der Parc du Chemin-de-l‘Île befindet sich auf einer Industriebrache. Er ist Teil einer großen urbanen Rekultivierungsmaßnahme, die La Défense (einen Pariser Geschäftsbezirk) und Nanterre (einen Pariser Vorort) miteinander verbindet. Am Eingang des Parks wurde ein Feuchtgebiet geschaffen. Das Wasser der Seine wird mittels einer Archimedesschraube stromaufwärts befördert. Es wird gereinigt, indem es sieben verschiedene Becken durchfließt, die einen Wasserfall bilden. Die Pflanzen zur Verschönerung der Becken wurden den Veränderungen der Wasserqualität gemäß gewählt. In den Becken wird das Seinewasser gefiltert, das dann zur Nutzung im Park und den Gärten zur Verfügung steht. Damit wird ein wichtiger Beitrag zum Gewässerschutz geleistet. Während das Wasser, das direkt aus der Seine kommt, mit organischen Stoffen, Stickstoff, Phosphor und Krankheitserregern belastet ist und eine Wasserqualität der Kategorie 3 hat, erreicht es am Ende des Zyklus Badewasserqualität. Es kommen Fische vor, die eine Klassifizierung der Wasserqualität nach 1B erlauben. Im Park finden sich viele malerische Plätze, an denen man verweilen, die Umgebung genießen sowie mehrere zeitgenössische Skulpturen bewundern kann. Zur Förderung der Nutzung durch die Öffentlichkeit sind viele zusätzliche Anlagen in Planung, darunter eine Hundewiese, ein Informationszentrum, eine Gaststätte, weitere Gärten und Spielplätze. effektiveren Biodiversitätsschutz, sondern bieten auch eine Möglichkeit der Integration der menschlichen Gesellschaft durch das Modell der Güter und Leistungen. Um dies zu fördern hat die Biodiversitätskonvention einen Ökosystemansatz entwickelt, der in direktem Zusammenhang mit der Arbeit kommunaler Behörden und Planer steht. Dieser Ökosystemansatz ist eine Strategie für das integrierte Management von Land, Wasser und lebenden Ressourcen im Sinne ihrer Erhaltung und einer nachhaltigen, gerechten Nutzung. Er besteht aus zwölf komplementären und miteinander verbundenen Prinzipien (CBD, 2012): Prinzip 1: Die Ziele des Managements von Land, Wasser und lebenden Ressourcen obliegen einer gesellschaftlichen Entscheidung. Prinzip 2: Das Management sollte so weit wie möglich dezentralisiert gestaltet werden. Prinzip 3: Die Manager von Ökosystemen soll­ ten die Auswirkungen (reale und potenzielle) ihrer Aktivitäten auf angrenzende und andere Ökosysteme einbeziehen. Prinzip 4: Da durch das Management ein Ertrag erwirtschaftet werden kann, müssen Ökosysteme im Allge­ meinen in einem ökonomischen Zusammenhang begriffen und dementsprechend verwaltet werden. Prinzip 5: Der Schutz der Strukturen und Funktionen von Ökosystemen zur Erhaltung von Ökosystemleistungen sollte eines der Hauptziele des Ökosystemansatzes sein. Prinzip 6: Ökosysteme müssen innerhalb der Grenzen ihrer Funktionsweisen bewirtschaftet werden. Die natürliche Marschvegetation filtert Verschmutzungen aus dem Wasser der Seine 28 Der Ökosystemansatz sollte angemessene räumliche und zeitliche Bemes­ sungen berücksichtigen. Prinzip 8: In Anbetracht variierender Zeiträume und der Verzögerungen von Auswirkungen, die für Ökosystemprozesse charakteristisch sind, sollten die Zielsetzungen für das Ökosystemmanagement langfristig ausgerichtet sein. Prinzip 9: Das Management muss anerkennen, dass Veränderungen unvermeidbar sind. Planen für mehr Biodiversität Prinzip 7: Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Prinzip 10: Der Ökosystemansatz sollte ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Schutz und der Nutzung der biologischen Vielfalt anstreben sowie beide Aspekte integrieren. Prinzip 11: Der Ökosystemansatz sollte einschlägige Informationen jeglicher Art einschließlich wissenschaftliche, traditionelle und einheimische Kenntnisse sowie Innovationen und Praktiken berücksichtigen. Prinzip 12: Der Ökosystemansatz sollte alle einschlägigen Bereiche der Gesellschaft und der wissenschaftlichen Disziplinen einbeziehen. Diese zwölf Prinzipien werden durch ,Leitlinien’ ergänzt, wodurch die Ratschläge präzisiert werden sollen. Darin finden sich zahlreiche Stichpunkte, die als „Checkliste“ innerhalb einer ökosystembasierten Planungspraxis dienen können: 1. Konzentration auf die funktionalen Beziehungen und Prozesse innerhalb des Ökosystems; z. B. findet sich in größeren Gebieten eine höhere Anzahl an Arten, was wiederum ein breiteres Angebot an wirtschaftlichem Nutzen bringt. 2. Sicherstellung, dass jene, die Funktionen verbessern, direkt daraus Nutzen ziehen können, z. B. durch Zahlungen an Personen, die auf ihrem Land zum Hochwasserschutz beitragen. 3. Beseitigung von ,schlechten Anreizen’, die zum Biodiversitätsverlust und zur Degradation von Ökosystemdienstleistungen führen, z. B. der Subventionierung der Trockenlegung von Feuchtgebieten. 4. Durchführung adaptiver Managementmaßnahmen, um den Erhalt von Biodiversität und lebenswichtigen Ökosystemdienstleistungen sicherzustellen, d.h. das Management ändern, wenn die gewünschten Biodiversitäts- und Ökosystemdienstleistungsziele nicht erreicht werden. 5. Durchführung von Managementmaßnahmen in einer dem jeweiligen Sachverhalt angemessenem Größenordnung, z. B. auf einen einzelnen Bauernhof, einen ganzen Berg, eine Gemeinde oder ein ganzes Land zugeschnitten. 6. Gewährleistung fachbereichsübergreifender Zusammenarbeit, beispielsweise durch Integration des Ökosystemansatzes in Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei und andere die biologische Vielfalt beeinflussende Produktionssysteme. Diese Prinzipien und Richtlinien werden durch eine Reihe von Kompetenzen ergänzt, die ohnehin zum Handwerkszeug eines jeden Raumplaners zählen sollten. 29 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Aufbau von Kompetenzen Information & Forschung Monitoring & Prüfung Steuerung Einbindung der Interessensgruppen Aktuelles GIS* Rahmenbedingungen flexibilisieren Politische Rahmenbedingungen Partnerschaften Lücken erkennen Vorgehensweise Ansprechbarkeit Politische Unterstützung Transparenz Ergebnisse * GIS – Geoinformationssystem Den letzten Baustein im Ökosystemansatz stellt die Führung bzw. Steuerung dar. Es ist unerlässlich, dass Handlungsbevollmächtigte öffentlicher Stellen oder von Nicht-Regierungsorganisationen, die für das Prozessmanagement verantwortlich sind, die Aktivitäten der Menschen derart lenken, dass diese auf das jeweilige anvisierte Ziel fokussiert bleiben und dieses auch erreichen. Dazu gehört auch die Schaffung einer Umwelt, in der die Menschen zur Selbstmotivation angeregt und dazu ermächtigt werden, Entscheidungen zu Angelegenheiten, die sie betreffen, selbst zu fällen. Bewertung der Vorteile grüner Infrastruktur und ihre Förderung Im Nordwesten Englands kristallisierte sich das Thema der grünen Infrastruktur bei der Arbeit mit den beiden Gemeindewäldern – Red Rose Forest und The Mersey Forest – heraus. Dabei wurden Erfahrungen mit grüner Infrastruktur (GI) aus Südostengland berücksichtigt, um den Anforderungen der Regionen Liverpool und Manchester City gerecht zu werden. Die Forstverwaltung der Gemeinde hatte die Aufgabe, mit Hilfe ihrer Forstpläne einerseits eine Veränderung in der Politik vor Ort zu erwirken und andererseits Möglichkeiten für die langfristige Nutzung der Wälder zu schaffen. Eine wichtige Frage war die nach der bestmöglichen Koordination der Aktivitäten, um Umweltthemen bereichsübergreifend angehen zu können. Auch eine neue Herangehensweise bei der Diskussion mit dem Nicht-Umweltsektor wurde als Priorität angesehen. GI ermöglichte die Entwicklung eines Ansatzes, der einerseits von Nicht-Umweltschützern besser verstanden wurde und andererseits mögliche Lösungen für einige der schwierigsten und teuersten gesellschaftlichen Fragen auf lange Sicht liefern konnte, z. B. zur Anpassung an den vorausgesagten Klimawandel, zur Bewältigung eines schlechten Gesundheitszustandes und zur Verbesserung der Lebensqualität. Die GI-Agenda entwickelte eine Reihe von „Ressourcen“, welche die Arbeit unterstützten, das Konzept der GI in der Region zu fördern und bekannt zu machen. 30 Weitere Informationen zum Ökosystemansatz erhalten Sie unter http://www.cbd.int/ecosystem/sourcebook/ beginner-guide/. Dort finden Sie eine Benutzeranleitung für Anfänger und Fortgeschrittene (auf Englisch). Grüne Infrastruktur „Grüne Infrastruktur“ (GI) ist ein Mittel zur zukünftigen Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Umwelt. Durch den Einsatz einer multifunktionalen Landnutzungplanung soll eine effiziente Landnutzung erreicht werden. Das Konzept der GI soll funktionierende Ökosysteme und natürliche Systeme beim Management grundlegender Ökosystemdienstleistungen wie Wasser, sauberer Luft, Boden und dem Erhalt der biologischen Vielfalt unterstützen. Die Entwicklung und Umsetzung grüner Infrastruktur ermöglicht die Schaffung neuer seminatürlicher Habitate, was insbesondere im urbanen Bereich von Bedeutung sein kann, wo Habitate oft zerschnitten, degradiert und vernachlässigt sind. In ländlichen Gebieten kann GI besonders zur strategischen Verbesserung und Vervielfältigung des Nutzens von Habitaten beitragen. Außerdem kann sie das Handwerkszeug für einen integrierten Ansatz in der Landnutzungsplanung unter Einbeziehung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Faktoren bereitstellen. Solche ökologischen Verbindungsmöglichkeiten sind zur Unterstützung widerstandsfähiger Populationen in Zukunft unerlässlich. Sie spielen hinsichtlich der Auswirkungen der Zerschneidung von Lebensräumen einerseits und der neuen Herausforderungen für unsere Flora und Fauna angesichts des Klimawandels andererseits eine besonders entscheidende Rolle. Viele unserer europäischen Städte und Dörfer Bäume und Hecken sind Teil der grünen Infrastruktur einer sind mit beliebig angeordneten Bäumen, intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft und bieten zusätzliche Parks, Gärten, Parzellen, Friedhöfen, Wäldern, Biotopverbundkorridore zwischen verbliebenen natürlichen Habitaten grünen Korridoren, Abstellgleisen, Flüssen und Wasserstraßen ausgestattet. Diese wertvollen Grünflächen werden sowohl innerhalb städtischer Gebiete als auch zwischen ihnen und darüber hinaus oft vernachlässigt und sind schlecht miteinander verbunden. Das Problem besteht größtenteils darin, dass GI oft mehr als Verpflichtung und Last angesehen wird, anstatt darin ein Mittel für die Bereitstellung lebenswichtiger Ökosystemdienstleistungen zu erkennen. Um den integrierten Ansatz der grünen Infrastruktur umsetzen zu können, müssen wichtige Interessensgruppen sowie die Entscheidungsträger durch einen partizipatorischen Prozess einbezogen werden. Wie Ökosysteme funktionieren Das Verständnis der ökologischen Prozesse, die den Ökosystemdienstleistungen zugrunde liegen, ist die Voraussetzung für eine bessere Planung ihres Managements und ihrer Nutzung. Es ist zunehmend wissenschaftlich belegt, dass der Verlust von biologischer Vielfalt die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen in gleicher Weise beeinträchtigt wie der Klimawandel, die Verschmutzung und andere bedeutende Arten der Umweltbelastungen. 31 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Bei strategischer Planung kann GI zur Reduzierung der Zerschneidung von Lebensräumen beitragen, indem existierende Habitatfragmente durch die Schaffung neuer Habitatelemente oder die Verbesserung existierender Wildkorridore (beispielsweise von Flusskorridoren) miteinander verbunden werden. Dies ist von besonders großer Bedeutung, wenn damit Fragmente in einem größeren Maßstab mit einem breiteren ökologischen Netz wieder vernetzt werden können. Solche neuen oder verbesserten ökologischen Korridore ermöglichen es der Flora und Fauna, sich in der Landschaft fortzubewegen und sämtliche verfügbaren Habitatflächen oder Trittsteine zu nutzen, was auch den genetischen Austausch zwischen Populationen verbessert. © Laurent Mignaux/METL-MEDDE Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Aufwertung einer biologisch vielfältigen Kulturlandschaft: Castellberg-Projekt (Deutschland) Die steilen, nach Süden und Südosten ausgerichteten Weinberge des Castellberges mit Mauern und Treppen aus Steinen, die durch schwere körperliche Arbeit von Weinbauern und Handwerkern errichtet wurden, sind ein wertvolles kulturelles Erbe. Durch Verwitterung waren etwa ein Drittel der Trockensteinmauern und alle Treppen beschädigt und an vielen Stellen instabil. Die Bewirtschaftung der steilen Weinberghänge war teilweise akut gefährdet. Die Restaurierung dieses Weinbergs mit seinen Trockensteinmauern und Steintreppen wurde auf Initiative des Arbeitskreises „Natur und Umwelt“ und der Gemeinde Ballrechten-Dottingen gemeinsam mit den Weinbauern, dem Land Baden-Württemberg (Regierungsbezirke Freiburg und Stuttgart), dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und dem Institut für Landespflege der AlbertLudwigs-Universität Freiburg umgesetzt. Die Strukturen (Wege, Trockensteinmauern und Treppen) des Weinbergs wurden restauriert und erhalten, damit der Weinanbau fortgesetzt werden konnte. Die Bedeutung des Weinbergs als Lebensraum für mehrere gefährdete Tier- und Pflanzenarten (darunter viele FFH-Arten) konnte erhalten werden. Zusätzlich wurde durch Maßnahmen der Kommunikation und öffentlicher Partizipation die Einstellung der Bevölkerung den Konzepten des Umweltschutzes und dem Erhalt historischer Denkmäler gegenüber verbessert (v.a. für Kinder von spezieller Bedeutung). Was die Entscheidungsträger vor Ort am meisten beeinflusste, war die Erfahrung, dass große Projekte realisierbar sind, sobald sich alle Beteiligten auf ein größeres Ganzes konzentrieren und nicht allein auf ihre eigenen Interessen fokussieren. 32 Die Verbindung zwischen Biodiversität und Resilienz konnte für eine begrenzte Anzahl von Ökosystemen aufgezeigt werden, für andere aber ist sie schwer nachweisbar, insbesondere für große, miteinander wechselseitig verbundene Ökosysteme und ihre Dienstleistungen. In Westeuropa sind sämtliche Ökosysteme direkt oder indirekt vom Menschen geformt, und alle Menschen, reich wie arm, auf dem Land wie in der Stadt, sind von der Fähigkeit der Ökosysteme abhängig, essenzielle Ökosystemdienstleistungen zu generieren. In diesem Sinne sind Menschen und Ökosysteme voneinander abhängige sozioökologische Systeme. Das Ökosystemkonzept beschreibt die Wechselbeziehungen zwischen lebenden Organismen (einschließlich des Menschen) und der nicht-lebenden Umwelt. Mit seiner Hilfe kann die Bereitstellung von Dienstleistungen durch die Umwelt, die einerseits dem Menschen nützen, andererseits jedoch auch einen Preis von ihm fordern, ganzheitlich verstanden werden. Veränderungen biologischer Vielfalt beeinflussen das Funktionieren von Ökosystemen auf mindestens drei Wegen: 1. Erhöhung der Vielfalt führt oft zu einer erhöhten Produktivität aufgrund komplementärer Eigenschaften von Arten bei der Ressourcennutzung und die Produktivität selbst unterstützt zahlreiche Ökosystemdienstleistungen; 2.Erhöhung der Vielfalt führt zu einer erhöhten Reaktionsvielfalt (der Fülle von Eigenschaften, die mit der Reaktion von Arten der gleichen funktionalen Gruppe auf Umweltfaktoren in Verbindung stehen), was beim Auftreten von Umweltveränderungen mit der Zeit zu geringeren Schwankungen der Funktionsfähigkeit des Ökosystems führt; 3.spezifische Effekte aufgrund der Eigenschaften von Schlüsselarten und einzigartigen Eigenschaftskombinationen, deren Folge der Verlust einer Art sein kann, im Vergleich zum zufälligen Verlust einer Spezies. Ökosysteme liefern vielfältige Dienstleistungen, die auf komplexe Weise interagieren, wobei zwischen bestimmten Leistungen negative und positive Wechselbeziehungen bestehen. Die Generierung vieler Dienstleistungen variiert demzufolge in gegenseitiger Abhängigkeit, aber wenn ein Ökosystem hauptsächlich im Interesse einer einzelnen Dienstleistung bewirtschaftet wird (z. B. zur Nahrungsmittelproduktion), sind andere Dienstleistungen fast immer negativ betroffen. Ökosysteme sind komplexe dynamische Systeme, die über bestimmte Zeiträume hinweg ihre Zustände ändern. Als Reaktion © Laurent Mignaux/METL-MEDDE Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Bocage in der Normandie (Frankreich) als Beispiel für eine multifunktionale Landschaft Die Fähigkeit eines Ökosystems, ein bestimmtes Ausmaß einer Art von Störung absorbieren zu können, heißt Ökosystem-Resilienz. Die Resilienz eines Ökosystems kann durch graduelle Veränderungen reduziert werden, wodurch seine Fähigkeit, Störungen zu absorbieren, verringert und die Wahrscheinlichkeit abrupter Veränderungen erhöht wird. Zwar kann die Resilienz von Ökosystemen mithilfe einfacher theoretischer mathematischer Modelle errechnet werden. Diese Modelle können aber nicht als praktisches Prognosewerkzeug auf alle Laurent Mignaux, METL-MEDDE auf verschiedene Arten von Störungen wie Artenverlust, Feuer, veränderte Nährstoffe, Trockenheit oder Ernten können Ökosysteme in einen Alternativzustand übergehen, sich beispielsweise von einem Wald in eine Wiese umwandeln. Diese Umwandlung kann abrupt oder, wie im Falle der Wüstenbildung, als Reaktion auf steigenden Druck über einen langen Zeitraum hinweg nach und nach erfolgen. Der Punkt, an dem sich die Umwandlung vollzieht, wird auch als Schwellenwert des Ökosystems bezeichnet. Ist dieser Punkt erreicht, kann die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen wie der Nahrungsmittelproduktion durch die Veränderungen der ökologischen Prozesse betroffen sein (Parliamentary Office of Science and Technology 2007). Ein semi-natürlicher Fluss in der Bretagne (Frankreich) 33 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Ökosysteme angewendet werden, um ihre tatsächlichen Grenzen oder die drohende Überschreitung des Schwellenwertes anzuzeigen. Derzeit ist es nicht möglich, Ökosysteme quantitativ als stabil, gesund oder resilient zu klassifizieren. Außerdem ist die wissenschaftliche Definition der Termini umstritten. Ökosysteme sind in unterschiedlichem Maße in der Lage, sich vor natürlichen und menschengemachten Veränderungen zu schützen bzw. sich an sie anzupassen und nach Veränderungen wieder zu erholen (Resilienz). Wenn sie einer großen Veränderung ausgesetzt sind, können Ökosysteme den Schwellenwert überschreiten und in einen anderen, oftmals weniger wünschenswerten ökologischen Zustand oder Verlauf übergehen. Es ist eine große Herausforderung, das Management von Ökosystemen so zu gestalten, dass die Resilienz erhalten bleibt und unerwünschte Übergänge vermieden werden. Im Einzelnen betrachtet gilt als nachgewiesen, dass die Biodiversität für die Bereitstellung einiger — wenn auch nicht aller — Dienstleistungen eine zentrale Rolle spielt. Ökosysteme müssen in einer Weise bewirtschaftet werden, dass sie vielfältige Dienstleistungen bieten, um das menschliche Wohlbefinden aufrechtzuerhalten. Landschaften und Gewässer müssen davor bewahrt werden, gefährliche Grenzwerte zu überschreiten. Es kann mit hoher Sicherheit festgestellt werden, dass die Erhaltung funktionierender Ökosysteme, die vielfältige Dienstleistungen zur Verfügung stellen können, generell einer Politik bedarf, die langfristig Biodiversität aufrechterhält, auch wenn nur an einer einzigen Dienstleistung Interesse besteht. Lerninhalte im Überblick: • Biodiversität umfasst alle Formen und Varianten des Lebens auf der Erde. • Sie besteht aus den Grundbausteinen: Gene, Arten/Spezies, Lebensräume/Habitate und Ökosysteme. • Sie schließt sämtliche Interaktionen zwischen diesen Bausteinen und mit der nicht-lebenden Umwelt ein. • Biodiversität tritt auf verschiedenen Organisationsstufen auf. • Biodiversität erhöht die Stabilität und Resilienz von Ökosystemen und macht sie damit widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse. • Sie stellt eine breite Palette von Ökosystemdienstleistungen und Gütern zur Verfügung. • Diese Dienstleistungen sind für das lebenserhaltende System, von dem die Menschheit mit ihren Grundbedürfnissen beispielsweise nach sauberer Luft, sauberem Wasser, Nahrungsmitteln, Fasern und (Klima-)Regulierung abhängt, unerlässlich. • Diese Dienstleistungen und Güter sind von enormem ökonomischem Wert (materiell wie immateriell). • Das Wissen über die Bedeutung ortsspezifischer Biodiversitätsgüter ist unabdinglich. • Sämtliche Planungen müssen die Erhaltung von Genen, Arten, Habitaten und Ökosystemen vorsehen. • Der Ökosystemansatz und die grüne Infrastruktur bieten einen Rahmen für die Umsetzung eines umweltorientierten Ansatzes, der Biodiversität, Ökosystemdienstleistungen sowie soziale und wirtschaftliche Aspekte in sich vereint. • Die Partizipation von betroffenen Akteuren ist oft ein entscheidender Faktor für den Erfolg bei der Umsetzung eines umfassenden integrierten Ökosystemansatzes. 34 Planen für mehr Biodiversität Schulung zur Förderung der biologischen Vielfalt im Rahmen der kommunalen Planungspraxis Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verstehen Quellenangaben und Literaturhinweise Jones-Walters, Lawrence, Roger Catchpole, Aleksandra Mladenovic, Aysegul Cil, Mark Snethlage, Kristijan Civic, Andrew Schrauwen, Srdjan Susic, and Sasa Solujic. 2010. Local Biodiversity Action Planning for Southeastern Europe. Tilburg: ECNC-European Centre for Nature Conservation. http://www. ecnc.org/publications/technicalreports/local-biodiversity-action-planning. Parliamentary Office of Science and Technology. 2007. Ecosystem Services. Postnote. London: Parliamentary Office of Science and Technology. http://www.parliament.uk/documents/post/postpn281.pdf. Secretariat of the Convention on Biological Diversity. About Biodiversity. http://www.cbd.int/2010/ biodiversity/#tab=0. TEEB. 2010. The Economics of Ecosystems and Biodiversity for Local and Regional Policy Makers. http:// www.teebweb.org/ForLocalandRegionalPolicy/LocalandRegionalPolicyMakersChapterDrafts/tabid/29433/Default.aspx. UNEP. 2005. Millennium Ecosystem Assessment. http://www.millenniumassessment.org/en/index.html. 35