Rundschau - BIOspektrum

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Rundschau
200
B I O S P E K T R U M • 3. 0 1 • 7. J A H R G A N G
Journal Club
mit Lothar Jaenicke
Poliovirus
blockiert
Kern-Importmechanismen
A Im Cytoplasma Poliovirus-infizierter
Zellen kommt es zu einer Akkumulation
zahlreicher nukleärer Proteine. Nach Erkenntnissen von K. E. Gustin und P. Sarnow
(EMBO J. 20 (2001) 240-249) geschieht dies
durch Hemmung einiger Transportwege
zwischen Cytosol und Zellkern. So wird zum
Beispiel der klassische Importin-β-abhängige sowie der durch Transportin vermittelte
Kern-Importmechanismus wirkungsvoll
durch eine Poliovirus-Infektion inhibiert.
Dies zeigen Untersuchungen mit verschiedenen Reporterproteinen, die diese Wege
benutzen. Die Ursache hierfür scheinen Störungen innerhalb der Kernporenkomplexe
zu sein. Durch Immunblot-Analysen von
Gesamtzell-Lysaten konnte nachgewiesen
werden, dass es im Verlauf der Virus-Infektion zum Abbau einiger Nukleoporine, wie
Nup153 und p62 kommt. In vitro Import
Experimente zeigen außerdem, dass nukleäre Proteine mit der klassischen Kernlokalisierungssequenz in Anwesenheit von Polioviren nicht mehr an die cytoplasmatische
Seite der Porenkomplexe binden können.
Die Blockierung von Kern-Importmechanismen könnte unter anderem eine Strategie
des Virus darstellen, der Immunantwort des
Wirtes zu entkommen, indem der Transport
von Signalproteinen in den Zellkern verhindert wird.
P. Jacoby, Marburg
ATP-Greifzangen-Enzyme
A Eine ganze Reihe von Synthetasen haben als Mechanismus die Aktivierung einer
Carbonsäure in Form des Acyl-Phosphats
und im aktiven Zentrum eine „ATP-GreifFalte“, die eine topologische Abwandlung
der Rossmann-Faltung von XDPY-nutzenden Enzymen ist. Zu ihnen gehören Carboxybiotin-, Carbamoylphosphat-, SuccinylCoA- oder Glutathion-Synthetase, und ihre
Zahl wächst mit intensiverem Studium von
Übertragungsreaktionen. So wurde nun auch
in der bakteriellen (und pflanzlichen) Purinsynthese die Formylierung von Glycinamidribotid (GAR) zu Formyl-GAR als durch ein
solches Enzym (PurT) bewirkt gefunden,
das demnach als Intermediat Formyl-Phosphat (OCH-P) nutzt und nicht Formyl-Tetrahydrofolat, wie PurN der Tiere. (Deren
Purinsynthese hat 10 Stufen, die der anderen Organismen 11, nämlich zusätzlich die
durch PurK – ein ATP-Greiffalten-Enzym!
– katalysierte Carboxylierung von Aminoimidazol-Ribotid (AIR) zu einem 5-Carbamat, statt am Ring zu 4-Carboxy-AIR.)
ATP-Greiffalten-Enzyme bestehen aus
den drei Domänen A,B,C. Die ATP-Zange
liegt zwischen B und C. Nach der Strukturanalyse des Ternärkomplexes von PurT mit
nicht-spaltbaren ATP-Analoga und GAR
durch J.B. Thoden, S. Firestine, A. Nixon,
S.J. Benkovic, H.M. Holden (Biochemistry 39
(2000) 8791 - 8802) ist die Bindetasche für
Formiat nahe dem End-P von ATP und wird
durch die beiden ATP-komplexierenden
Mg2+, dem essentiellen R363 und der funktionellen NH2-Gruppe des GAR gebildet,
die wiederum über Wasserbrücken zwischen
S161 und D286 eingeschirrt ist. Im Reaktionsknäuel bewirkt die Spaltung der βγ-Pyrophosphat-Bindung eine Verschiebung des
Mg2+-Formyl-Phosphats, sodass dessen Carbonylgruppe in die Nähe der nukleophilen
Aminogruppe kommt. Sie wird durch D268
deprotoniert und reagiert dann mit der Carbonylgruppe zu Formyl-GAR, und Phosphat
wird frei.
Zweizustandsmodell
erklärt die Wirkung von
Peptid-Antibiotika
A Breitenwirksame antibiotische Peptide
sind in allen Lebewesen gen-codierte Abwehrstoffe, typischerweise 20 bis 40 Aminosäuren lang, α- oder β-gefaltet. Ihre Bildung
wird von Fall zu Fall rasch abgerufen oder
sie werden in Vesikeln oder Granula gespeichert, aus denen sie bei Bedarf schnell durch
Exocytose freigesetzt werden. Die Peptide
sind zu Membranstärke gefaltet und machen
diese permeabel, sodass die Bakterien binnen Minuten „auslaufen“. Spezifische Re-
zeptoren sind deshalb nicht nötig. Wie aber
unterscheidet der Abwehrmechanismus
„selbst“ und „fremd“? Zur Antwort schlägt
H.W. Huang (Biochemistry 39 (2000) 8347 8352) ein Zweistufenmodell vor, das vom
Verhältnis Peptid/Lipid (P/L) gesteuert
wird. Bei niedrigem P/L adsorbiert das Peptid inaktiv an die Kopfgruppen der Membranlipide (S-Zustand); oberhalb einer kritischen Schwelle, bei P*/L, aggregieren die
Peptidmoleküle zu einer multiplen Pore,
einem Loch in der Doppelschicht (I-Zustand). Die Empfindlichkeit einer Zelle
hängt demnach von der Lipidzusammensetzung der Membran ab und erklärt zufriedenstellend, weshalb Bindungsaffinität und antibakterielle Wirksamkeit nicht direkt zusammenhängen. Diese qualitativen Vorstellungen müssen nun quantifiziert werden.
Ein Arbeitsmodell der
Metallotransferasen
übertrumpft die Natur
A Zweiatomige Moleküle (H2, N2, O2) können als „energiereich“ betrachtet werden, da
ihre Bindungsenergie eine hohe Treibkraft
darstellt, durch die, bei geeigneter Kopplung, neue Bindungen unter Energiefreisetzung gebildet werden können. Dass das
trotzdem nicht leicht geschieht, liegt an der
kinetischen Barriere der homolytischen
Spaltung. Wenn aber ein Übergangsmetall
(-Komplex) mit seinen Metall/Atom-Bindungen zwischengeschaltet wird, wie in zellulären Hydrogenasen, Nitrogenasen, Monooxi- und Peroxidasen, katalysiert dies die
Reaktion. In solchen Komplexen bleibt das
koordinierte Atom durch Innenschalen-Effekte reaktiv; zugleich kann dadurch die Reaktion elektrisch oder geometrisch gesteuert werden. Bei den natürlichen Übergangsmetallkatalysen biochemischer Reaktionen
wird meist nur eines der aktivierbaren Atome genutzt, das andere vergeudet. C.E.
MacBeth et al., A.S. Borovik (Science 289
(2000) 938 - 941) stellen mit dem EisenKomplex des dreizähnigen Tris-(N-ethylenN´-tert-butylharnstoffs=M) ein interessantes
Modell her, in dem beide Hälften des zweiatomigen Reaktanden genutzt werden. Der
[FeII(M)2-]-Komplex reagiert mit O2 zu 2
Molekülen des Komplexes [FeIV=O(M)]2-;
dieser gibt unter Abgang von H• den Komplex [FeIII-OH(M)]2-, der schließlich durch
intramolekularen H+-Transfer aus dem Hydroxo-Liganden auf eine Base in der Außenschale zum [FeIII=O(M)]2--Komplex umgewandelt wird, der kristallographisch durch
die 1.8Å lange Fe-O Bindung charakterisiert
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wurde. Die Wasserstoffatome können intakt
oder als Proton plus Elektron übertragen
werden. Das ist für die kinetische Reaktionsführung von Bedeutung, da H+-Acceptoren eng in die Außenschale der reaktiven
Metallionen-Zentren gebunden sind, H •
nicht. Auf diese Weise können manche Enzyme entweder Innen- oder Außenschalenchemie mit ihrem Zentralmetall treiben,
aber kaum eines nutzt die volle Bindungsenergie.
Polyphosphate als
Gelegenheit für
Opportunisten
A Anorganische lineare Polyphosphate finden sich als Energiespeicher in sämtlichen
Klassen von Lebewesen. Sie werden durch
die Polyphosphatkinase gebildet. Über die
Energiespeicherung hinaus haben sie auch
spezifische Funktionen bei Gram(+) und
Gram(-) Mikroorganismen: Sie helfen an
Nahrungsmängel zu adaptieren, sie zu strategischer Stärke zu sammeln, Umweltstress
zu widerstehen und – bei opportunistischen
Pathogenen – sich an immun-ungeschützte
Zellen anzulagern. Bei dem Allerweltskeim
Pseudomonas aeruginosa ist Polyphosphat nötig für die Bewegung, die Synthese von
eventuellen Virulenzfaktoren, wie Elastase
und Rhamnolipiden, die Bildung von klebenden Biofilmen. Das Gemeinsame ist vermutlich die Aggregation zu effektiver Zahl
durch N-acylierte L-Homoserin-haltige
„Quorum“-Sensoren. Wenn es gelingt, Polyphosphatkinase zu hemmen (oder ihr Produkt schneller zu hydrolysieren), könnte
man darauf eine wirksame Infektionsbekämpfung solcher schwieriger Bakterien
gründen. (M.H. Rashid et al., A. Kornberg, Proc.
Natl. Acad. Sci. USA 97 (2000) 9636 - 9641)
Der Parzenfaden am
Enzym
A Manche regulatorischen Proteine und
Rezeptoren müssen instabil sein, damit das
von ihnen ausgehende Signal gekappt wird.
Das Strukturelement der Kurzlebigkeit
muss im Protein konstituent sein. Für die
mikrosomale ∆9-Stearoyl-CoA-Desaturase
wurde von H. Mziaut, G. Korza und J. Ozols
(Proc. Natl. Acad. Sci. USA 97 (2000) 8883 8888) der Lebensfaden am N-Terminus der
Kette in einem 33er Peptid gefunden. Das
Enzym ist der Schlüssel für die Zellmembranfluidität und damit des Im- und Exports. Es ist eine Einfachkette von 358 Aminosäuren (Rattenleber), die sich durch drei
Kompartimente zwischen Cytosol und ERLumen spannt. Mit Hilfe von NADH/FAD/
Cytochrom b5 bildet es aus gestrecktem
Stearoyl-CoA gespreiztes Oleyl-CoA und
erweicht dadurch die Doppelschicht. Es
wird energisch durch den Fettgehalt der
Nahrung reguliert. Nach Bedarf wird es aus
dem ER ins Cytosol rücktransportiert und
über das Ubiquitin/Proteasomsystem abgebaut. Die fluoreszenzanalytische Untersuchung des Transports von Grünfluoreszenzprotein (GFP) mit modifizierter Desaturase
zeigte, dass Änderungen im N-Terminus
das Enzym stabilisieren, also unregulierbar
machen. Pfropft man das 33er Segment des
N-Terminus auf das an sich stabile GFP,
wird dieses rasch abgebaut, aber nicht,
wenn das Stück im ER-Lumen lokalisiert
bleibt.
Pyruvat primordialbiogenetisch in der
Eisen/Schwefel-Welt
Primordialbiologisch wird dadurch eine ganz
wesentliche Lücke geschlossen, denn vom
Pyruvat zu Aminosäuren ist es nur ein Schritt
und der rückläufige katalytische Citratzyklus
(rCC) kann die übrigen Synthons für alle
Biomoleküle liefern, wie es jüngst von H.J.
Morowitz (mit G.D. Cody, Proc. Natl. Acad. Sci.
USA, 97 (2000) 7704 - 7708) diskutiert wird.
Hier wird ein Mittelweg zwischen heterotopher und autotropher Biogenese eingeschlagen und ein Reaktionsnetzwerk mit bevorzugten Strängen postuliert, das die Barriere
zwischen Umwelt und Zelle überbrückt.
Der rCC bildet alle Intermediate aus CO2
und Energie und ist in anaeroben und aeroben Lebewesen bewiesen (zuerst: M.C.
Evans, B.B. Buchanan, D.L. Arnon, Proc, Natl.
Acad. Sci. USA 55 (1966) 928 - 934). Im autokatalytischen Netzwerk des rCC wird an
Citrat als regeneriertem Carrier aus 6 CO2 +
9 H2 Citrat plus 5 H2O gebildet, also CO2 in
komplexeren Verbindungen fixiert. Wenn es
aber keine Auswahlregeln gibt, entsteht ein
Chaos von 10000 kombinatorisch möglichen
CxHyOz (C = 1 bis 6)-Verbindungen, also
nichts Brauchbares. Im biologischen Milieu
lässt sich diese Vielfalt vernünftig einschränken, denn die Stoffe müssen einigermaßen
stabil und H2O-löslich sein. Dann bleiben
153 Kombinationen, und die Hauptprodukte werden durch Zähmen der Kombinatorik
mittels Autokatalyse in Richtung der rCCGlieder kanalisiert. – Wie allerdings aus der
nicht-enzymatisch katalysierten Kombinatorik die Enzymkette wird, ist eine andere
Sache, aber, wenn sie erst einmal begonnen
hat, nach dem Schema der Mutationen vorstellbar.
A In der unbeantworteten Frage nach der
Entstehung des Lebens stehen sich zwei
Vorstellungen gegenüber: Die heterotrophe
„Millersche“ ist die Polykondensation von
präbiotischen Molekülen in einer hochkonzentrierten Ursuppe ohne Enzyme bei erträglichen Umweltverhältnissen; die autotrophe „Wächtershäusersche“ postuliert eine
Fe/S-Welt, in der C1-Körper (vor allem CO)
unter höchstem Druck in hydrothermalen
Magma-Vents zu C-C-Ketten zusammentreten. Hierfür gibt es vernünftige experimentelle Daten (C. Huber, G. Wächtershäuser, Science 281 (1998) 670 - 672) und nun einen
bemerkenswerten Neubefund (G.D. Cody et
al., Science 289 (2000) 1337 - 1340): Ausgerechnet das hitzelabile Pyruvat entsteht als
wesentliches Produkt beim thermischen
Lysieren von Formiat (zu CO plus H2O) in
Gegenwart von C9-SH an einer reinen FeSOberfläche bei 250°/200MPa (= 20000 Atm).
Das ist in jeder Beziehung überraschend und
durchaus nicht bloß eine Variante von „Miller“, sondern gibt interessante Möglichkeiten, Hochdruckreaktionen zu diskutieren.
Staphylokokken-Sortase
ist absolut nötig für die
manifeste Infektion
A Gram-positive Bakterien besitzen Oberflächenproteine, durch die sie mit der Umwelt in Beziehung treten. Sie müssen also
die dicke Teichonsäuren-monierte Peptidoglykan-Zellwand durchdringen, um bis an
und durch die Cytoplasmamembran zur Signalverarbeitung zu gelangen. Man kennt
bisher fünf prinzipielle Typen von solchen
Wechselwirkungsproteinen: bei Listeria monocytogenes die in der Membran lipidverankerte Actin-Polymerase ActA und die über
GW-Wiederholsequenzen an Lipoteichonsäuren adsorbierte, nur wenig exponierte
IniB; bei Streptococcus pneumoniae die Amidase LytA, die locker an Cholingruppen der
Teicholipide gebunden ist; bei Staphylococ-
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cus aureus die Plasmid-codierte β-Lactamase
BlaZ, die ebenfalls nur wenig fest gebunden ist und daher leicht ausgeschieden wird,
sowie – hier am interessantesten – das Immunglobulin Protein A (J. Sjöquist, J. Movitz,
I.-B. Johanson, Eur. J. Biochem. 30 (1972) 190
- 194), das an die Peptidoglycan-Querbrükken covalent vernetzt ist, weit aus der Zelle
herausragt und das wesentliche Kommunikationsmolekül im Infektionsvorgang ist.
Protein A wird als Vorläufer synthetisiert,
der eine N-terminale Signalpeptidsequenz
und ein C-terminales Sortiersignal mit dem
Motiv LPXTG trägt. Nach dem Aufsetzen
auf die Sekretionsschiene leitet das Sortiersignal Protein A zur Bakterienhülle. Dort
wird das LPXTG-Ende zwischen T und G
gespalten. Die freigesetzte Carboxylgruppe
von T bildet eine Amidbindung mit der
Aminogruppe der Pentaglycin-Netzbrücke
und bindet so das C-Ende von Protein A fest
an das bakterielle Peptidoglycan (S.K. Mazmanian, G. Liu, E.R. Jensen, E. Lenoy, O.
Schneewind, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 97
(2000) 5510 - 5515).
Das katalysierende Enzym ist die „Sortase“, ein 206 Aminosäure-Protein im periplasmatischen Raum mit einem N-terminalen Signalpeptid, das als Membrananker
dient. Cys184 ist essentiell im aktiven Zentrum. Insofern ähnelt es einer Caspase. Die
covalente Bindung von Protein A durch die
Protease/Transpeptidase-Reaktion der Sortase und die Affinität der aus der Zellwand
herausragenden Domäne für Oberflächenmoleküle des Gegenparts oder Wirts sind die
Komponenten für die Entwicklung einer
Staphylokokken-Sepsis. Die Sortase bietet
sich dem unternehmenden Geist natürlich
sofort als Ziel der Therapie an.
Wechselwirkungs-vermit-
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ruht darauf, dass sie an spezifisch-purinreiche Stellen in der kleinen Rinne der DNADoppelhelix binden, die konformative Änderungen eingehen können. Diese Bindung
ist aber nicht die eigentliche Determinante
der Wirkung. Sie ist, trotz aller Reaktionsfähigkeit des Hemmstoffs, nicht covalent, sondern erst die anschließende sigmatrope
Umlagerung im Wechselwirkungskomplex
des Endiyns zu einer Chinon-Struktur bewirkt die oxidative Spaltung einer benachbarten Desoxyribose und damit den Schnitt
durch die DNA-Kette an dieser Stelle. Die
Dynamik der Ansteuerung, Anlagerung und
gegenseitigen Wechselbeziehungen von
Pharmakon und Ziel-Makromolekül klärten
nun A.A. Salzberg und P.C. Dedon (Biochemistry 39 (2000) 7605 - 7612). Sie stellten
durch Tempern von komplementären markierten Allpurin- oder Tripurin-Tetranukleotiden, Ligieren und pUC19-Klonieren passend distanzierte Modell-DNA-Folgen her
und ließen diese mit Calicheamicin reagieren. Die Test-DNA ist linear, aber im Komplex mit dem Antibioticum in der kleinen
Rinne krümmt sich die Zielstelle, sodass sie
mit T4-DNA-Ligase ringgeschlossen werden kann. Die Reaktion wurde durch GelMobilitätsanalyse verfolgt. Die Ergebnisse
entsprechen einem induced fit-Mechanismus
bei der Komplexierung zwischen den beiden Reaktanden. Offenbar haben die 3'Enden von Oligopurintrakten besondere
konformative Eigenschaften. Die Deformierung der DNA, die Peilung, die Umwandlungen sind zusammengesetzte Vorgänge
und hängen von den relativen Energiekosten ab (die bei Tetra-A am niedrigsten
sind) und zu denen molekulare Widerstände, elektrostatische und hydrophobe Wechselwirkungen hinzukommen. Es ist also
nicht zu erwarten, dass die Menge an Krümmung an allen Bindestellen gleich ist, wohl
aber der generelle Mechanismus.
telte Passung setzt DNA
Pheromon-Bindeproteine
das Messer an die Kehle
für plus- und minus-Signal
A Endiyn-Antibiotica sind seit etwa zehn
A Pheromone werden aus der Gasphase an
Jahren bekannt. Sie stammen aus niederen
Pilzen und zeigen auffallende Antitumorwirkung durch oxidative Schnitte in die DNAKetten. Chemisch sind sie äußerst merkwürdige carbocyclische Zwölfringketone, substituiert mit Acylthiovinylkette, Amino- und
zwei Hydroxygruppen, von denen eine mit
ungewöhnlich verknüpften Oligoaminosacchariden glykosyliert ist, die wiederum über
Thioesterbrücken mit persubstituierten Aromaten verbunden sind, also außerordentlich
gewinkelt, verzweigt, reaktiv und amphiphil.
Ihre (verständlich hohe Gift-)Wirkung be-
Bindeproteinen zu den Sinnesorganen gebracht. Diese gelösten Pheromon-Bindeproteine im flüssigkeitsgefüllten Sensillenraum
der Schmetterlings-Antennen zeigen die zu
erwartende Stereospezifität für den hochhydrophoben Lockstoff. Stets findet sich
dort neben dem Transporter für das Wirkstoff-Enantiomer auch ein Binder für den
Antipoden, der oft ein starker Antagonist ist.
Um den Reiz wirksam an die sensorischen
Neuronen abgeben zu können, muss die
Bindung trotz der schwierigen Verteilungsverhältnisse reversibel sein. Dies wurde nun
mit dem Disparlure-Bindeprotein des
Schwammspinners Lymantria dispar von E.
Plettner, J. Lazar, E.G. und G.D. Prestwich
(Biochemistry 39 (2000) 8953 - 8962) durch
Bindestudien mit den in E. coli exprimierten Bindeproteinen in einer Miniaturtechnik bewiesen. Bindeprotein-1 bindet das
(-)-Disparlure, den Antagonisten; Bindeprotein-2 (+)-Disparlure, den Agonisten, durchaus spezifisch gegenüber der Bindung an
inerte Oberflächen und konzentrationsabhängig. Qualitativ gleich binden die entsprechenden Bindeproteine aus dem wilden Seidenspinner Antheraea polyphemus, aber wesentlich schwächer. Das gebotene Bindemodell berücksichtigt in relativ trivialer Weise
die Verhältnisse zwischen Molekülgestalt
und Bindezentrum auf dem Protein: Je eine
Bindetasche unterschiedlicher Ausdehnung
und Polarität für die beiden lipophilen
Schwänze und eine Erkennungstasche für
den Epoxy-Knick im Molekül. Damit kann
sich dann auch jedes ähnlich gebaute Molekül abfinden – und tut es auch in Konkurrenzbindungsstudien mit z.B. Hexadeca6Z,11Z-dienyl-1-acetat. Die Erkenntnisse
entsprechen den Postulaten von K.E. Kaissling (in D.B. Leidebrand, I.U. Hall, ed.: Receptors for Neurotransmitters, Hormones and Pheromones in Insects, Amsterdam 1980, p. 261 282) und (noch früher) den Überlegungen
bei Gametenpheromonen (L. Jaenicke, Naturwissensch. 75 (1975) 69-75), aber mit ausgefeilter Technik.
Signaltransduktion durch
das Prionprotein PrPc
A Das Scrapie-Prion-Protein PrPsc und die
übertragbaren Spongiformen Enzephalopathien hängen zusammen, aber welche physiologische Funktion die nicht-pathogenen
Prion-Iso-c Proteine (PrP) , wie PrPc haben,
ist unbekannt. PrPc ist ein über Glycosylphosphoinosit an die Zelloberflächenmembran verankertes Protein. Es bindet Cu2+,
reguliert dessen präsynaptische Konzentration und kontrolliert die Synapsen-Funktion und -Transmission. Alles in allem also
ist eine Stellung in einer Zellkommunikationskette auszumachen. Tatsächlich bindet der 37k-Lamininrezeptor PrPc.
Mit diesem Konzept untersuchten S.
Mouillet-Richards und Mitarbeiter (Science
289 (2000) 1925 - 1928) durch ein neuronales Differenzierungesmodell mit dem ICI1Klon, einer auf PrP-Bildung konstitutiv
festgelegten neuroektodermalen Vorläuferzelle der Maus mit Epithel-Morphologie
aber ohne Neuronenfunktion, die PrPc-abhängige Signaltransduktion durch Antikör-
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per-vermittelte Vernetzung. Im Experiment wird PrPc CaveolinA-abhängig mit der
löslichen intrazellulären Tyrosinkinase Fyn
– möglicherweise durch Vermittlung von
Clathrin – gebunden. Fyn wird dadurch
aktiv. Dies gilt aber nur für voll ausdifferenzierte serotoninerge und noradrenalinerge Nachkommenzellen, vor allem an Neuriten. Demnach ist PrPc ein Signaltransduktionsprotein. Diese Reaktion und die Reifung der Zellen gehen zusammen. Wichtig
ist nun, zu verstehen, weshalb die Anhäufung von PrPsc mit der Signalfunktion von
PrPc interferiert.
So wird die
Proteinsynthese genarrt
A Homocystein ist mit Methionin, Isoleucin und Leucin strukturähnlich. Es schädigt
die Proteinsynthese wird aber nicht erkennbar eingebaut. Zwar wird es durch die Activasen für die genannten Aminosäuren mit
deren tRNAs verküpft, aber vor der Translation zum Thiolacton ungewandelt und eliminiert, da seine Seitenkette nicht mit den
Synthetasen interagiert und wegredigiert
wird. Man kennt die relevanten Aminosäuren der Bindestellen für die funktionellen
Gruppen, die Seitenkette und die Thioesterbildung im Ediervorgang (H. Jakubowski,
Nucleic Acids Res. 24 (1996) 2505 - 2510). Der
gleiche Autor (J. Biol. Chem 275 (2000) 21813
- 21816) hatte nun den raffinierten Gedanken, die Homocystein-Seitenkette reversibel so zu modifizieren, dass die SH-Gruppe
neutralisiert wird, um die Editase/Synthetase zu übertölpeln. Das ist ihm durch SNitrosierung mit NaNO2 bei pH 1 gelungen.
S-Nitrosohomocystein wird auf tRNA transferiert und in Protein von E. coli, aber auch
von Reticulocyten-Lysaten dem Angebot an
mRNA entsprechend zu Homocystein-Peptiden translatiert. Da Nitrosierung auch unter natürlichen Bedingungen nicht unwahrscheinlich ist und das Produkt sehr stabil,
könnte es durchaus möglich sein, dass die
Pathogenität dieser Aminosäure so zu erklären ist.
Mitochondrien-bürtige
Sauerstoffradikale stabilisieren Hypoxiefaktoren
A Sauerstoffmangel (Hypoxie) induziert
im Gewebe eine Anzahl Genprodukte, die
gegenregulierend wirken, z.B. Erythrozyten-
vermehrendes Erythropoietin, Kapillarwachstum-induzierenden Angiogenfaktor
(VEGF) oder Dopamin-bildende Tyrosinhydroxylase in den Carotissinuskörpern, sowie
Vermehrung der Glukose-Transporter und
Glykolyse-Enzyme. Die Gene wiederum
stehen unter der Kontrolle des Hypoxie-induzierenden Faktors 1 (HIF-1). Dessen Sauerstoffsonde kann ein Eisen (Häm- oder Fe/
S-Cluster)-Protein sein oder eine durch Sauerstoffradikale (ROS) angeregte Flavoprotein/NAD(P)H-Oxidase (s. G.L. Semenza, Cell
98 (1999) 281 - 284). N.S. Chandell et al., P.T
Schumacker (J. Biol. Chem. 275 (2000) 25130
- 25138) zeigen dafür einen Weg: Hypoxie
stimuliert die Bildung von ROS am Komplex III in den Mitochondrien. Sie diffundieren ins Cytosol, werden dort durch Superoxiddismutase in H2O2 umgewandelt, das
die Phosphoinosit-3-Kinasen (PI3K) und
Phosphatasen der Membran aktiviert, wodurch HIF-1 stabilisiert wird. Dieser bindet
an DNA-Abschnitte und aktiviert dort die
Expression der verschiedenen HypoxieFaktoren. Diesen Vorstellungen entsprechend kopiert CoCl2, das (ähnlich wie Fe2+)
H 2 O2 chemisch binden kann, ohne Mitochondrien die Wirkung einer Hypoxie;
ebenso Desferridoxamin, dies aber nur mit
aktiven PI3K und Pasen. Katalase verhindert die Hypoxie-Antwort. Isolierte Mitochondrien und das Bakterium Paracoccus
denitrificans vermehren die Bildung von
ROS. Zur Stabilisierung der HIF-1 bei Hypoxie sind also die in der Cytochromoxidase anfallenden ROS nötig und ausreichend.
Proteinkinase C wird
oxidativ Zink-reguliert
A Redox-Regulierung von Rezeptoren,
Signaltransduktionskaskaden und Transkriptionsfaktoren kennt man qualitativ (s.
S.H. Landers, FASEB J., 11 (1997) 118 124), aber den Mechanismus dieses physiologisch (und folglich auch pathologisch)
wichtigen Vorgangs haben nun L.T. Knapp
und E. Klann (J. Biol. Chem. 275 (2000)
24136 - 24145) in einer reversiblen Zinkfinger-Thiol/Disulfid-Reaktion plausibel
gemacht. Proteinkinase C wirkt bei der
Kontrolle von Zellproliferation, Zelldifferenzierung, Synapsentransmission, Lernen,
Gedächtnis und Immunantwort. Sie selbst
wird, wie der Name sagt, durch Ca2+ aber
auch durch Cofaktoren aus lysierten Membranlipiden reguliert. Das gilt für alle ihre
Isoformen, die mindestens eine Cysteinreiche Zink-Binderegion enthalten. Superoxid (das aus den Xanthin/XanthinoxidaseSystem bereitgestellt wurde) oxidiert diese Thiole zu verbrückten Disulfiden, wodurch das Zn2+ frei und die Aktivität der
Proteinkinase C verstärkt wird. Den gleichen Effekt haben Zink-Chelatoren in Hippocampus-Homogenaten und -Schnitten.
Aus diesen wurde das nach Oxidation autonom aktive Enzym durch DEAE-Cellulosechromatographie isoliert. Das Prinzip ist
nicht spezifisch für Proteinkinasen C, sondern gilt auch für Metallothioneine, Rezeptoren von Retinol und Glukocorticoiden,
Alkoholdehydrogenase oder Aspartat-CarbamoyItransferase, kurz für solche Enzyme,
in denen Zinkionen im Zentrum der Aktivität oder Faltung stehen.
Actin-Tyrosinphosphorylierung weckt die Mimose
aus dem Schlaf
A Bei Tieren gehört Tyrosin-Phosphorylierung zur Signalschaltung. Man kennt sie
auch beim Schleimpilz Dictyostelium als
Formgeber und Sporenaktivator, aber dieser steht als Protist im Graubereich zwischen Tier und Pflanze. Nun zeigen jedoch
K. Kameyama et al. (Nature 407 (2000) 37)
durch Immunblotting mit spezifischen Antikörpern gegen Actin und Phosphotyrosin,
dass die Schlafstellung der Fiederblätter
der Sinnespflanze Mimosa pudica nach taktiler Reizung (deren primären Auslöser man
nicht kennt – es wurden diverse Signalstoffe postuliert – in deren Verlauf aber Ca2+Konzentrationen variieren) durch TyrosinPhosphorylierung des. Actins in den Motorzellen des Pulvinargelenks gesteuert
wird. Der Neigungswinkel ist der Stärke
der Tyrosin-Phosphorylierung umgekehrt
proportional. Phenylarsinoxid, ein Inhibitor der Protein-phosphatase, hemmt mit der
persistierenden Actin-Phosphorylierung die
Schlafreaktion der Fiederblätter. Möglicherweise kontrolliert eine analoge Reaktion auch die Nebenzellen des Spaltöffungsapparats der Blätter. – Diese Extrapolation ist so naheliegend, dass sie bereits
wenige Wochen später in Erfüllung gegangen ist: Um- und Innenweltspezifische
Reize lösen CaIcium-Oszillationen aus,
durch die die Stomata geschlossen werden
(G.J. Allen et al., J.I. Schroeder, Science 289
(2000) 2338 - 2342).
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Topologische
Informierung durch
Chaperon-Einlagerung
A Die Grundfrage, wie sich Proteine in
ihre 3D-Struktur falten, wurde von C. Anfinsen auf die Sequenz zurückgeführt. Das
gilt aber nicht für das Geschehen bei der
Ausbildung von Modulen im Aufbau komplexer makromolekularer Strukturen, zum
Beispiel der 1-Pili auf der Oberfläche von
Gram(-)-Bakterien wie E. coli, mit deren
PapG-Lektin diese an ZelloberflächenRezeptoren binden. In diesem Fall ist zusätzliche Formgebung durch Hilfsproteine
nötig, die wie Korsettstangen wirken, wie
M.M. Barnhardt, et al. C. Frieden und S.J.
Hultgren (Proc. Natl. Acad. Sci. USA 97
(2000) 7709 - 7714) berichten: Die Biogenese und die Faltung der Pilus-Untereinheiten geschieht konzertiert durch Donator/Strang-Komplementierung und -Austausch. Die sterische Information liegt nicht
allein in der Polypeptidsequenz, wird auch
nicht ATP-abhängig durch ein GroEL-Aggregat eingeknetet, sondern wird vorübergehend von einem in der Synthese befindlichen Polypeptidstrang auf ein kleines periplasmatisches PapD-artiges ChaperonProtein übertragen. Dies enthält zwei Igähnliche Domänen in einer BumerangForm und konjugiert mit einer definierten
Sequenz mit der Pilus-Untereinheit vor der
Assemblierung. Die Information sitzt auf
einer Strecke von 13 Aminosäuren am CTerminus und kann separat eingesetzt werden. Dann erfolgt spontane Faltung. Das
Mini-Chaperon unterscheidet sich nicht
nur in der Größe, sondern auch im Mechanismus von den bekannten Hsp60-Proteinen. Die mit den 1-Pili angehefteten Bakterien können auch in die Epithelzellen
eindringen, wo sie den Abwehrkräften weniger ausgesetzt sind, sodass es zu einer
(stummen) Dauerinfektion kommt, die sich
plötzlich wieder ausbreiten kann (M. Milvey, J.D. Schilling, J.J. Martinez, S.J. Hultgren,
l.c. 8829 - 8835).
Die Hälfte der Polypeptide
sind Fehlgeburten
A Wachsende Polypeptidketten, die gerade aus dem Ribosom austreten und noch
nicht nativ gefaltet sind, können hydrophobe Stellen nach außen kehren, ganz wie verbrauchte und denaturierte Proteine, die
B I O S P E K T R U M • 3. 0 1 • 7. J A H R G A N G
vom Ubiquitin(Ub)-System (s. A. Herschko,
A. Ciechanower, Annu. Rev. Biochem. 67 (1998)
425 - 479) als Abbausignale („Degrons“) erkannt und entsprechend behandelt werden.
Die wachsenden Ketten können durch
Chaperone oder durch Unterlaufen dieser
Gefahr entgehen, indem sie sich rascher
falten, als die Ub-gelenkten Proteine
(UBPs) angreifen können.
G.C. Turner und A. Varshavsky (Science
289 (2000) 2117 - 2120) gehen dieser Frage
mit Hilfe der Ub-Sandwich-Technik nach.
Diese besteht darin, dass man (als mRNAs)
zwischen zwei Proteine bekannter Abbaugeschwindigkeit (A, C) über Ub-Brücken
ein zu prüfendes Protein (B) linear fusioniert, so dass ein Dreidecker A-Ub-B-UbC-Ub im ribosomalen in vivo-Proteinsynthesesystem der Hefe exprimiert wird. Mit
UBPs wird dieses Dreidomänenprotein am
Carboxy-Terminus des Ub hydrolysiert, so
dass die drei Fragmente A-Ub, B-Ub, CUb entstehen. Man kann aus deren relativen Anteilen die kinetische Konkurrenz
zwischen cotranslationaler UBP-Spaltung
an B-Ub/C-Ub und cotranslationälem Abbau der gesamten wachsenden B-Ub-C-UbKette durch das Proteasom quantifizieren.
Als B-Domänen wurden verwendet: E.
coli-β-Galase; Sindbis-Virus-RNA-Polymerase; Hefe-Ura3Protein. Die Synthese (Geschwindigkeit ca. 5 Reste/sec) wurde nach
einem Markierungspuls von 45sec durch
Cycloheximid gestoppt und die UBPs mit
N-Ethylmaleinimid inaktiviert, dann das
Ergebnis durch Gelelektrophorese ermittelt.
Mehr als 50% der wachsenden Proteinmoleküle, die ein aminoterminales Abbausignal enthalten, werden während der
Translation abgebaut, so dass sie niemals
zur Ausreifung kommen. Die Faltung von
Proteinen, normal oder abnormal, steht in
kinetischem Wettlauf mit cotranslationalen
Abbaumarkierungen und vorzeitiger Rezyklisierung. Kleine Proteine scheinen weniger gefährdet zu sein. Da die Faltung eines
Proteinmoleküls während oder kurz nach
dem Austritt aus dem Ribosomenkanal
stattfindet, kann der cotranslationale Abbau
eine Art Qualitätskontrolle sein, die solche
Proteine eliminiert, die sich nicht rasch
genug „richtig“ gefaltet haben.
Die Topologie des
Ubiquitin-Transfers
A Viele Proteine, besonders Signalfaktor
(PDGF, EGF, CSF-1)-Rezeptor-Tyrosinkinasen, werden durch Ubiquitin (Ub)-Markierung zum Abbau, das heißt in diesem Fall
zur Beendigung der Signalwirkung, freigegeben. Der Vorgang besteht aus drei Enzymkatalysierten Schritten: E1 aktiviert freies
Ub und konjugiert es als Thioester mit dem
Ziel-Cystein von E2 (es gibt mehr als 60 E2
beim Menschen, alle mit konserviertem katalytisch aktivem Kern). Der E1-Ub-E2Komplex wird durch ein Mitglied des E3Clans (der sehr groß und verschiedenartig
ist) auf das jeweils zugehörige Substratprotein übertragen. Zwar binden alle E3 ein
spezifisches E2 und ihr Substrat, aber man
kann zwei Allgemeintypen unterscheiden:
HECT-E3 transacylieren aktiviertes Ub auf
ein Lysin des Substrats; RING-E3, das sind
solche mit einer E2 bindenden Zn-stabilsierten RING-Finger-Domäne, ubiquitinieren
Lysin auf unbekannte Weise, der nun H.
Zhen et al., N.P. Pavletich (Cell 102 (2000)
533 - 539) durch Röntgenanalyse nachgegangen sind. Ein RING-E3 ist das Cb1-Protoonkogen mit einer Gesamtlänge von 906 Aminosäuren. Die essentielle 46kDa-Hälfte ist
#46 - 447. Sie wurde in E. coli überexprimiert,
mit dem Ubch7-Protein vom Menschen)
und der chemisch synthetisierten 11-Äminosäure-Erkennungsstelle des Tyrosin-phosphorylierenden ZAP70-Proteins gemischt
und kristallisiert. Die Kristallstruktur des
sehr kompakten ternären Komplexes zeigt,
dass der RING-Finger im typischen ββαβMuster den hydrophoben Kern ausmacht,
der direkt mit dem E2-Protein wechselwirkt.
Er bildet eine flache Grube, in die jeweils
drei Aminosäurereste der zwei Schlaufen
von E2 eintauchen. Dies dürfte die Auswahlstelle der relativen Spezifitäten sein. Die
Bindung von E2 ist zwar der entsprechenden HECT-Situation topologisch sehr ähnlich, aber die Primär- und Tertiärstrukturen
sind völlig ohne Beziehung zueinander und,
wie angedeutet, arbeiten sie auch unterschiedlich. Die Bindung von Ub an E2 bewirkt eine funktionelle Konformationsänderung des E3/E2-Komplexes, vielleicht durch
Tyrosinphosphorylierung. In der Gesamtreaktion bringt E3 nicht nur die Partner zusammen, sondern kanalisiert das Substrat
zwischen essentiellem Cystein auf der einen
Seite und der entgegengesetzt stehenden
Phosphorylierungsstelle auf der Oberfläche
des starren Komplexes. Hier ist ein durchgehender Kanal, dessen Ufer besonders gut
konserviert sind. E3 bildet so das Gerüst für
optimale Ubiquitinylierung.
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