Multiresistente Erreger auf dem VormarschNeue Erkenntnisse zur Infektionsprophylaxe und Auswirkungen auf die textilen Dienstleistungen Jahrestagung der Gütegemeinschaft Wäschepflege Kassel Sonnabend, 17. Oktober 2015 11:30 - 12:30 Uhr Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow Chefarzt des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Vivantes Kliniken Berlin Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Hygieniker Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene Multiresistente Keime auf dem Vormarsch Was heißt das ? 1950 bis 2015 Lösungen Infektionserreger Was kann der Asylbewerber mitbringen? Liste des DRK Liste des RKI Liste der Gütegemeinschaft Gefährliche Erreger……… Infektionskrankheiten hatten noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allen anderen Erkrankungen hinsichtlich Morbidität und Mortalität die größte epidemiologische Bedeutung. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts kam es aufgrund verbesserter Hygiene-Bedingungen, Fortschritte in Diagnostik, Therapie und Immunprophylaxe zu einem bislang in der Menschheitsgeschichte nie erreichten Erfolg bei der Verhütung, Erkennung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten [1]. Im Mai 1945 fand die bisher größte traumatische Epidemie - der 2. Weltkrieg - sein Ende. Schlußfolgerungen waren auch aus chirurgischer Sicht zu ziehen. In Deutschland hat man zu diesem Zeitpunkt verschmutzte Trümmerwunden durch Wundauf- und -ausschneidung und nachhaltende Offenhaltung behandelt. Ziel war die saubere Sekundärheilung, unterstützt von Nähten im Granulationsstadium. 1944 erfolgte erstmalig ein Großeinsatz von Penicillin durch USamerikanische Chirurgen und man schloß nach zeitgerechtem Debridement die Wunde locker, beschickte sie lokal über Drains mit Penicillin-Lösung und gab Penicillin auch systemisch. Trümmerwunden übelster Art, die vorher niemand zu schließen gewagt hätte, heilten nun primär [2]. 1948 erschienen erste Berichte über die Anwendung von Penicillin in der Chirurgie mit "erstaunlichen, zum Teil lebensrettenden Erfolgen" (von Oeynhausen, 1948). 1951/52 wurde das Antibiotikasortiment um Streptomycin erweitert und es standen dann Aureomycin, Chloramphenikol, später dann auch Neomycin, Tretracyclin, Polymyxin und Bacitracin zur Verfügung. Antibiotika halfen offenbar bei allen Problemen der Infektionschirurgie, man mußte sie nur hoch genug dosieren, was bei Penicillin möglich war, bei den nachfolgenden Breitbandantibiotika aber schon auf Schwierigkeiten stieß. Die Antibiotika-Euphorie hatte die gesamte klinische Medizin ergriffen. Bald gingen die Überlegungen in der operativen Medizin auch dahin, Antibiotika prophylaktisch einzusetzen. Das gefährliche an diesem Glauben an die Wirksamkeit der Antibiotika war, daß die bewährten Prinzipien der Anti- und Aseptik ins Wanken gerieten. Man glaubte, hygienische Nachlässigkeiten durch die prophylaktisch gegebenen Antibiotika ausgleichen zu können. Bereits Anfang der 50er Jahre zeigte sich als erstes unerwartetes Ergebnis kritikloser Antibiotikaanwendung die Resistenz von Staphylokokken gegen Penicillin. Die jetzt zunehmend verordneten Breitspektrum-Antibiotika erwiesen sich als nicht frei von toxischen und allergischen Nebenwirkungen. Schon 1957 wurde eine Einschränkung des Antibiotikaverbrauchs und dafür die Beachtung der Regeln der Krankenhaushygiene gefordert. Hinweise, daß die Wundinfektionsraten nach aseptischen Operationen trotz Antibiotika in US-amerikanischen Kliniken nicht abgenommen habe, sondern signifikant angestiegen sei, wurden überhört. Die empfohlene prospektive Erfassung der Wundinfektionen im eigenen Krankengut wurde unterlassen. Anfang der 60er Jahre kamen aber aus den USA bereits die ersten Nachrichten über den Staphylokokken-Hospitalismus: Epidemieartige Häufungen von tödlichen Sepsisfällen, bei deren bakteriologischer Überprüfung schwere Lücken in der Anti- und Aseptik zutage traten und die Bedeutung der "Hauskeime" für neu in das Krankenhaus aufgenommene Patienten erkennbar war. Ab Mitte der 60er Jahre wurde ein Wechsel erkennbar von den grampositiven zu den gramnegativen Erregern unter Rückgang der Staphylokokken und Hervortreten von E. coli, Klebsiellen, Enterobacter, Proteus und Pseudomonas aeruginosa. Da alle diese Keime auch Endotoxinbildner sind, zeigte sich neben der Sepsis auch der septische Schock. Bis Anfang der 80er Jahre war man aber immer noch der Auffassung, daß der Kampf gegen die Infektionskrankheiten gewonnen sei und neue Infektionskrankheiten zukünftig durch Entwicklung von Impfstoffen vermieden oder durch Einsatz neuer Antibiotika behandelt werden könnten. Infolge dieser jahrelang vorherrschenden Situationsbeurteilung und der dadurch bedingten Selbstzufriedenheit und Gleichgültigkeit wurden Finanzmittel, die für die Verhütung, Erkennung, Überwachung und Forschung benötigt wurden, weltweit kontinuierlich gekürzt. Inzwischen ist es weltweit - auch in den entwickelten Ländern - zum Auftreten neuer Infektionserreger gekommen, alte, unter Kontrolle geglaubte Infektionserreger flammen wieder auf; Antibiotikaresistenzen, auch gegen neu entwickelte Antibiotika nehmen immer rascher zu [3]. Das Auftreten und die Verbreitung multiresistenter bakterieller Infektionserreger betrifft besonders Krankenhäuser und vor allem Intensivtherapieeinheiten. Im Vordergrund stehen dabei • Oxacillin-resistente Staphylokokken (MRSA) • mehrfach-resistente koagulasenegative Staphylokokken • mehrfach- und gegen Glykopeptide resistente Enterokokken • mehrfach-resistente Enterobacter • Citrobacter • Serratia (Charite ) • multiresistente Acinetobacter baumannii (Kiel ) • Pseudomonas aeruginosa [4] Das Personal streut die nosokomialen Infektionserreger in einem ihm unbekannten Umfang, was gerade eine gezielte Bekämpfung der nosokomialen Infektion erheblich erschwert. Wie am Beispiel der MRSA ersichtlich, wird ihre Ausbreitung durch Fehler in der Krankenhaushygiene und unpassendem Chemotherapeutikaeinsatz begünstigt. In besonderem Umfang sind hierbei Intensivtherapiestationen, aber auch andere Bereiche des Krankenhauses mit breitem Antibiotikaeinsatz betroffen. Die Verbreitung dieser Erreger im Krankenhaus - also Kleinraumepidemien werden in den meisten Fällen durch grundlegende Hygienefehler verursacht. Wenn die Antibiotika versagen und keine chemotherapeutische Möglichkeit mehr vorhanden ist, kann nur noch durch die strikte Einhaltung der Regeln der Hygiene eine Verbreitung der Infektionskrankheiten unterbunden werden. Zum jetzigen Zeitpunkt (1996 ) muß mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß die zunehmende Bedrohung durch antibiotikaresistente Mikroorganismen danach ruft, neue und wirksamere Chemotherapeutika zu entwickeln. Da aber derartige Substanzen bisher nicht verfügbar sind, hat die Einhaltung der Grundregeln der Hygiene als wichtigstes Instrument zur Vermeidung von Infektionskrankheiten und Epidemien zu gelten. Dazu gehören: * Desinfektion * Sterilisation * das Tragen von Schutzkleidung * (Handschuhe, Mund-/Nasen-Schutz, Haarschutz, Schutzkittel) * die bauliche Gestaltung unter hygienischen Gesichtspunkten Infektionen werden durch Obwohl die dargestellten Verhältnisse allen Fachleuten bestens bekannt sind, müssen wir im Deutschen Ärzteblatt [9] lesen, daß die politisch Verantwortlichen zu der Auffassung gekommen sind, daß die Richtlinien für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention "so zu überarbeiten sind, daß deren Anwendung in der Praxis deutlich erleichtert wird". Weitere strenge Vorschriften und Kontrollen seien nicht erforderlich. Kliniker, Hygieniker und Mikrobiologen müssen gemeinsam die längst bekannten Strategien umsetzen und danach handeln. Nur dann ist es möglich, die Postantibiotika-Ära aufzuschieben oder noch besser - zu verhindern. Die vor uns liegende und bereits tickende Zeitbombe zu entschärfen, ist jedoch nicht nur Aufgabe der Mediziner, sondern wird auch in entscheidendem Maße von politischen Entscheidungen abhängen. Fehlende Investitionen oder gar Einsparungen auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene und Infektionsprävention würden uns im Bereich der Infektionen ins vorige Jahrhundert zurückversetzen. 34. Jahrestagung Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie Donnerstag, 10. Oktober 1996 12.30 Uhr "Die Postantibiotika-Ära" Klaus-Dieter Zastrow, Berlin Bremen CHARITE LEIPZIG über 120 Erkrankte über 60 Todesfälle Kiel Chronologie 11.12.2014 Pressemitteilung UKSH 23.01.2015 • 74-jähriger Mann (Türkeiurlauber) →UKSH Notfallaufnahme (Verlegung aus dem türkischen Krankenhaus) → Intensivstation → Mehrbettzimmer Hygieneplan Vivantes Maßnahmen beim Auftreten von multiresistenten gramnegativen Erregern (MRGN) Tabellarische Maßnahmen-Übersicht für Risikobereiche und Normalpflegestationen auf den Seiten 5 und 6 Falls operative Eingriffe bei MRGN-Patienten nicht verschoben werden können, sind diese Patienten im OP-Bereich der Gruppe IV zuzuordnen und dementsprechend einzuplanen. Bei Vorliegen eines Antibiogramms mit dem Nachweis eines 3MRGN oder 4MRGN ist bei besiedelten und infizierten Patienten wie folgt vorzugehen: Allgemein gültige Maßnahmen, sofern erforderlich (siehe Tabellen auf Seite 5 und 6) Isolierungsmaßnahmen: - Unterbringung im Isolierzimmer mit eigener Sanitäreinheit und Vorraum mit Schleusen-funktion (falls nicht vorhanden, Isolierung im normalen Einzelzimmer) - Zimmerkennzeichnung vornehmen - Tür stets geschlossen halten, Patient darf das Zimmer nicht verlassen. Ausnahmen sind im Einzelfall mit dem Institut für Hygiene und Umweltmedizin abzustimmen. - Patient erhält das „Informationsblatt für Patienten mit MRGN“ - Besucher und stationsfremdes Personal müssen auf die Einhaltung der notwendigen Schutzmaßnahmen hingewiesen werden. Bei Bedarf sind diesen Personen die Maß-nahmen zu erläutern. - Notwendige Untersuchungen oder Eingriffe sollen, soweit möglich und vertretbar, im Patientenzimmer stattfinden. Desinfektion und Reinigung: - Alle Flächen, mit denen der Patient Kontakt hatte (z. B. Telefon, Klingel, Fernbedienung, Türklinken, Bettgestell, Nachttisch, Nassbereich) sind einzubeziehen. - Alle Geräte und Pflegeutensilien verbleiben im Patientenzimmer und - werden einmal täglich desinfiziert. - Instrumente, Beatmungsschläuche usw. werden trocken in einen Entsorgungscontainer abgelegt, dieser wird der Aufbereitung verschlossen zugeführt Die Schmutzwäsche wird in den hausüblichen textilen Wäschesäcken gesammelt, diese sind vor dem Abtransport fest zu verschließen und auf kürzestem Weg der Wäscheentsorgung zuzuführen (Diese Wäsche ist keine Infektionswäsche!). Lösung: Die entscheidende Sofortmaßnahme ist die Therapie ausschließlich nach Antibiogramm Diagnose: Infektion Therapie nach Antibiogramm • Entnahme des infektiösen Materials • Blut, Urin, Wundabstrich, Trachealsekret, • Anlage einer Kultur mit Antibiogramm • Antibiogramm erhält der behandelnde Arzt • Patient erhält Rezept mit Antibiogramm • Patient geht mit Antibiogramm zur Apotheke Patient bekommt immer ein wirksames Antibiotikum Infektionserreger Was kann der Asylbewerber mitbringen? Liste des DRK Liste des RKI Liste der Gütegemeinschaft Gefährliche Erreger……… RKI- Mitteilung nur durch fäkal verunreinigte Lebensmittel , fäkal - oral Amöbenleberabszess Typhus Tröpfchen Meningitis Tuberkulöse Meningitis Andere bakterielle Meningitiden Läuserückfallfieber Läuse Fleckfieber /Flecktyphus Läuse nicht von Mensch zu Mensch Malaria Leptospirose Leptospiren Tetanus Viszerale Leishmaniose Virusbedingte hämorrhagische Fieber Blut / Tröpfchen Lassafieber Krim-Kongo-Fieber DRK-Empfehlung Handlungshilfe für DRK-Einsatzkräfte, die mit der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen und Asylsuchenden betraut sind bzw. im Einsatzgeschehen dort eingesetzt werden. Fäkal-Oral • Hepatitis A • Poliomyelitis Tröpfchen • Masern • Diphtherie • Tuberkulose • Kopfläuse • Krätze (Skabies) Blut / Geschlechtsverkehr • Hepatitis B • Hepatitis C • HIV, Aids Meldepflicht Krankheit Hämorrhagische Fieber, Ebolafieber, Lassa-Fieber, Marburg-Virus Hantavirus Erregerhaltiges Material Sekrete von Nagern? Übertragung Inaktivierung durch Tröpfchen, Staub, Blut Wäsche Erkrankungs -fälle in Deutschland ErregerVET nachweis & Infektion 32 B Verbrennung X 164 X Krankheit Erregerhaltige s Material Übertragung durch Poliomyelitis Wasser, Wasser, Kinderlähmung Fäkalien Fäkalien Inaktivi erung B Wäsche Verbren nung Meldepflicht Erkrankungs - fälle Erregerin VE nachweis Deutschland T & Infektion 0 X X Impfung Meldepflicht Krankheit Läusebefall Pediculosis Erregerhaltiges Material Übertragung Inaktivierung durch Haare, Kleidung direkt, Therenger misch Kontakt Wäsche Standard Erkrankungsfälle in Deutschland VET Unbekannt Erregernachweis & Infektion Krankheit Erregerhal tiges Material Meldepflicht Übertragung durch KontaminierLeptospirose tes Verletzung Wasser, Urin Inaktivierung A Verfahren In der Wäscherei RKIVerfahren Erkrankungsfälle in Deutschland 92 VET Erregernachweis & Infektion X Meldepflicht Krankheit Erregerhaltige s Material Übertragung durch Blut, Meningokokken Liquor, Nasen- Tröpfchen RachenMeningitis Sekrete Tuberkulose Respirat orische Tröpfchen Sekrete, Staub Inaktivierung Wäsche Erkrankungsfälle in Deutschland VET A RKIVerfa hren 485 X A RKIVerfa hren 4.390 X Erregernachweis & Infektion X Krankheit Paratyphus Typhus abdominalis Erregerhaltiges Material Übertragung durch Inaktivierung Verfahren In der Wäscherei Erkrankungsfälle in Deutschla nd Meldepflicht VET Erregernachweis & Infektion Fäces Nahrung Wasser, Fäkalien A Standard 74 X X Fäces Lebens mittel, Wasser, Fäkalien A RKIVerfahren 63 X X Meldepflicht Krankheit Erregerhaltiges Material Übertragung durch Inaktivierung Verfahren In der Wäscherei Erkrankungs fälle in Deutschland VET AIDS / HIV Blut Blut, GV B Standard Erregernachweis & Infektion Meldepflicht Krankheit Amöbiasis (Amöbenruhr) [bei Zysten thermisches Verfahren] Erregerhaltiges Material Fäces von Erkrankten Übertragung durch Nahrung, Wasser Inaktivierung Thermisch Verfahren In der Wäscherei Standard Erkrankungsfälle in Deutschland unbekannt VET Erregernachweis & Infektion Meldepflicht Krankheit Fleckfieber , Rückfallfieber thermisches Verfahren (Entlausung der Wäsche) Erregerhaltiges Material Läuse Übertragung durch Läuse Inaktivierung Thermisch Verfahren in der Wäscherei Standard Erkrankungsfälle in Deutschland VET unbekannt Erregernachweis & Infektion X Meldepflicht Krankheit Hepatitis B Hepatitis C / D / E Erregerhaltiges Material Blut, Sperma Blut, Sperma Übertragung Inaktivierung durch Blut, GV Blut, GV Verfahren In der Wäscherei Erkrankungsfälle in Deutschland VET Erregernachweis & Infektion B Standard, RKIVerfahren, wenn blutig 817 X X B Standard, RKIVerfahren, wenn blutig 5.277 X X Meldepflicht Krankheit Erregerhaltiges Übertragung Inaktivierung Material durch Verfahren in der Wäscherei Erkrankungsfälle in Deutschland VET Krätze / Skabies Milben Milben Thermisch Standard unbekannt Erregernachweis & Infektion Meldepflicht Krankheit Erregerhaltiges Material Übertragung durch Inaktivierung Verfahren in der Wäscherei Erkrankungsfälle in Deutschland MRSA Respiratorische Sekrete Tröpfchen / Schmierinfektion A Standard unbekannt Masern Respiratorische Sekrete Tröpfchen / Schmierinfektion B Standard 572 V E T X Erregernachweis & Infektion X Auswirkungen auf die textilen Dienstleistungen ? Gefährliche Erreger in der Wäscherei Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!