Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen Klassifikation, Diagnostik, Intervention Fribourg SS 2007 Lic. phil. Daniela Bleisch Papini Dr. phil. Romaine Schnyder Inhalt, 16.3.09 Diagnostik 17.15 - 17.35 17.35 - 18.35 18.35 - 18.50 18.50 - 19.45 Präsentation I: Klassifikation & Diagnostik (Leitlinien Teil I) & Gegenüberstellung Spez.Ph. Komplexität der Diagnosestellung Pause Problem- und Verhaltensanalyse: SORC anhand eines Fallbeispiels Selbststudiums-Auftrag erklären Einführung in die Verhaltensanalyse Verhaltensanalyse als komplexer Problemlöseprozess Einführung in die Verhaltensanalyse Anmeldung Abschluss Therapeutischer Prozess Vorphase Beziehungsaufbau, Anamnese, Verhaltensanalyse Intervention Exposition, Verstärkung, kognitive Techniken Die Verhaltensanalyse beantwortet folgende Fragen: • Wie ist der Entwicklungsstand des Kindes? • Welche Störung liegt vor? • Unter welchen Bedingungen wurde das Verhalten erworben? • Unter welchen Bedingungen wird die Störung aufrechterhalten? • Welche Verhaltensmuster bedürfen einer Änderung? • Welches sind die Methoden, um die erwünschten Verhaltensveränderungen zu erzielen? Elemente der Verhaltensanalyse Symptome einer Person beschreiben und klassifizieren Eigenschaftsdiagnostik Unter welchen Bedingungen wurde das Verhalten erworben? Problemanalyse Unter welchen Bedingungen wird die Störung aufrechterhalten? Welche Verhaltensmuster bedürfen einer Änderung? Welches sind die Methoden um Verhaltensveränderungen zu erzielen? Problemanalyse Zielanalyse Therapieplanung Klinische Fragebogen und Interviews bei Angststörungen Eigenschaftsdiagnostik Klinische Fragebogen und Interviews: Angststörungen Kinder DIPS Inteviewleitfäden für Spezifische Phobie, Agoraphobie, Panikstörung, Trennungsangst, GAS, Soziale Phobie, PTBS DISYPS-KJ Fragebogen: Trennungsangst, Spezifische Phobie, Soziale Phobie, GAS PHOKI Phobie-Fragebogen Kinder DIPS Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter Unnewehr, Schneider, Margraf (Hrsg.), 1998 • • • • • differenzierte Beschreibung der Symptome Genaue Angaben von Ein-, Ausschluss- und Zeitkriterien Grundlage bildet das DSM-IV und das ICD-10 Durchführungsdauer: bis zu 60 Minuten Aufbau: – Interviewleitfaden für die Kinderversion – Interviewleitfaden für die Elternversion Kinder DIPS • Untersuchungen zeigten: – schlechte Übereinstimmungskoeffizienten zwischen der Eltern- und Kindbefragung bei Angststörungen – Kinder gaben signifikant häufiger Angststörungen an als die Eltern • Erklärungsversuch: Für Eltern ist es schwierig, die innere Befindlichkeit des Kindes einzuschätzen Somit ist der Einbezug des Kindes wichtig Kinder DIPS • Angststörungen im Kinder DIPS – – – – – – – – – Störungen mit Trennungsangst Panikanfall Paniksyndrom Agoraphobie ohne Paniksyndrom in der Anamnese/Paniksyndrom mit Agoraphobie Spezifische Phobie Sozialphobie Zwangssyndrom Generalisierte Angststörung Posttraumatische Belastungsstörung Kinder DIPS Syndromspezifische Fragen: • Die ersten Fragen dienen zur Selektion – Fühlst du dich in Situationen, in denen du mit anderen zusammen bist (…), ängstlich, nervös, sehr aufgeregt? – Machst du dir Sorgen, dass du etwas sagen … könntest, dass dir peinlich sein könnte …? – Falls gegenwärtig NEIN: Früher? Falls NEIN, weiter zu Zwangssyndrom (S. 30) Falls JA, weitere Fragen stellen DISYPS-KJ Diagnostiksystem für psychische Störungen im Kindes- & Jugendalter nach ICD-10 / DSM-IV Döpfner, Lehmkuhl, 2000 • Für den Bereich der Angststörungen existiert: – Diagnose-Checkliste (DCL-ANG) – Fremdbeurteilungsbogen (FBB-ANG) – Selbstbeurteilungsbogen (SBB-ANG) DISYPS-KJ Diagnose-Checkliste für folgende Angststörungen (DCL-ANG): • Störung mit Trennungsangst (ICD-10 und DSM-IV) • Generalisierte Angststörung des Kindesalters (ICD-10) bzw. generalisierte Angststörung (DSM-IV) • Phobische Störung des Kindesalters (ICD-10) • Störung mit sozialer Ängstlichkeit (ICD10) • Soziale Phobie (DSM-IV) • Spezifische Phobie (DSM-IV) DISYPS-KJ Fremdbeurteilungsbogen (FBB-ANG) und Selbstbeurteilungsbogen (SBB-ANG) • Altersgruppe: – FBB für Altersgruppe 4 -18 – SBB für Altersgruppe 11 - 18 • Bestehen aus je 31 Items, die Symptomkriterien erheben • 15 Items für Trennungsangst und generalisierte Angststörung • Orientierende Symptomkriterien für soziale Angst, spezifische Phobie, Agoraphobie DISYPS-KJ Fremdbeurteilungsbogen (FBB-ANG) und Selbstbeurteilungsbogen (SBB-ANG) • Zusatz – Items: – A1: subjektiver Leidensdruck – A2: Klinische Bedeutsamkeit (nur FBB) – B1-B3: Störungsdauer, Beziehungsfähigkeit, Auslöser • Beurteilt wird immer der Schweregrad und die Problemstärke DISYPS-KJ Analyse auf Item-Ebene • Betrifft alle Items mit Ausprägungsgrad 2 oder 3 (ziemlich oder sehr problematisch) des FBB oder SBB Weitere Exploration des Patienten oder der Bezugsperson wird vorgeschlagen PHOKI Phobiefragebogen für Kinder Ollendick, 1983 (FSSC-R), Döpfner et al., 2000 • • • • • Zur Zeit einer der einzigen Phobiefragebogen Alter 8 – 18 Jahre Selbstbeurteilung Skala mit 96 Situationen 3-stufige Skala PHOKI 7 Subskalen: • Angst vor Bedrohlichem und Unheimlichen • vor körperlichen Gefahren und Tod • Trennungsängste • soziale Ängste • Tierphobien • vor medizinische Eingriffe • Schul- und Leistungsangst AFS Angstfragebogen für Schüler Wieczerkowski et al., 1974 • 9-17 Jahre • Selbsturteil • Skalen: Prüfungsangst, manifeste Angst, Schulunlust Einführung Problemanalyse SORKC-Schema Problemanalyse (SORKC) • Das SORKC-Schema (Kanfer & Philipps, 1975) bildet die Basis der Problemanalyse und dient der Erklärung von Verhalten und der Therapieplanung. • Mit dem SORKC-Schema wird eine Mikroanalyse von Verhalten (Verhalten in Situationen) durchgeführt. • • SORKC (Perrez, Petermann, Linden/Hautzinger) Synonym verwendete Begriffe: Funktionale Bedingungsanalyse, Verhaltensanalyse, funktionale Analyse, SORCK Problemanalyse (SORKC) Mit dem SORKC werden folgende Fragen beantwortet: • Wie ist das Verhalten entstanden? • Wie wird das Verhalten aufrechterhalten? • Welchen Nutzen hat der Patient oder andere von der Störung? • Wo sind die therapeutischen Interventionsmöglichkeiten? • Wie hoch ist der Leidensdruck und die Einsicht in die Störung? Fallbeispiel Lina (14 J.) • Anstehende Trennungssituationen (von Km, am Abend, Lager, Kollegin besuchen...) lösen Angst aus. L. schläft mind. 3 Näche pro Woche bei ihren Eltern im Zimmer. • L. nimmt sich regelmässig vor, sich zu trennen, schafft es aber dann doch nicht. Km gibt nach. • Hintergrund stellt eine Trennungsangst dar die bereits seit dem Vorschulalter besteht. • Die Km ist eher ängstlich und überbehütend. S Stimuli: • Erfassung von verhaltensauslösenden Reizen • Äussere und innere Reize werden berücksichtigt. Innere Reize können Kognitionen oder Emotionen darstellen (z.B. auch Flashbacks bei PTBS), äussere Reize z.B. Trennungssituationen etc. • CS (konditionierte, gelernte Qualität) • UCS (unkonditionierte, ungelernte Qualität) O Organismusvariable • Erfassung von überdauernden Dispositionen psychischer und physischer Art: – Wichtige körperliche Rahmenbedingungen (chronische Krankheiten und Behinderungen) – Kognitive Schemata und Attributionsmuster – Erfülltheit der psychologischen Grundbedürfnisse (nach Bindung, Lustgewinn, Selbstwerterhöhung-/schutz, Kontrolle und Orientierung) – Übergreifende Verhaltenspläne – Entwicklungs- und Intelligenzniveau/Lernstörungen R Reaktion Erfassung von • behavioralen Variablen (z.B. Klammern, Weinen, Schreien, weglaufen) • physiologischen Variablen (z.B. Schweiss, erhöhter Puls, Zittern), • emotionalen Variablen (z.B. Angst/Panik) • kognitiven Variablen (z.B. Die Lehrerin bringt mich um, macht mir weh, schimpft mit mir) K Kontingenz • Erfassung von zeitlichem Zusammenhang zwischen dem operanten Verhalten und den verschiedenen Konsequenzen • Begriffe: – Kontiguität (Zeitintervall zwischen R und C) – Wiederholung der Verstärkung (kontinuierliche vs. intermittierende Verstärkung) C Konsequenz Hinzufügen/ Auftreten Positive Positive, angenehme Reize Verstärkung Negative, aversive Reize C+ Folge: R Bestrafung II CFolge: R Wegnehmen/ Aufhören Bestrafung I C+ Folge: R Negative Verstärkung CFolge: R C Konsequenz • kurz.,- mittel-, langfristige Konsequenzen • Interne und externe Konsequenzen Gruppenarbeit Problem- und Verhaltensanalyse: SORKC anhand eines Fallbeispiels erstellen Anmeldung: 2006 Genogramm 1994, 1998, 1999 1953 2000 1963 1996 Windphobie 1964 2000 Persönliche Anamnese SS Km Angst vor Geburt, sonst o.B. Geburt Postn. Adap. Zangengeburt, G: 2900; L: 51 cm gut, pflegeleicht Essv. /Sprache. o.B. Motorik Spielg./Kiga vorsichtig, zurückhaltend, sonst o.B. o.B. Schule •1. Kl. & 3. Kl.: Mobbingsituation in Klasse •Sehr strenge Lehrperson in 1. Klasse Testpsychologische Abklärung Intelligenz K-ABC Gesamtintelligenz (SIF): 97 Wahrnehmung/ Aufmerksamkeitstests/LRS/Rechnen REY, Benton, Mottier, DAT, o.B. SLRT, Zareki Rechnen auffällig Strukturiertes Interview Kinder-DIPS Spezifische Phobie Angstspezifische Fragebogen PHOKI Spezifische Phobie Fremdbeurteilungsbögen CBCL, TRS, etc. Ängstlich-depressives Verhalten Anmeldungsgrund • Km und Sv haben sich einen Camper gekauft • 14 Tage Ferien in Italien, Familie freut sich darauf • Anreise verläuft gut, Kinder fühlen sich sofort wohl • In der dritten Nacht beginnt es zu winden • Familie bricht am 4. Tag Ferien ab wegen J. • Camper wird verkauft • Km und Sv sind ratlos Gruppenarbeit SORKC erstellen (ca. 15 Min.) Besprechung im Plenum (ca. 15 Min.) S O R1 C1 R2 C2 R3 J wacht nachts im Camper auf und hört den Wind Neurotische Persönlichkeit Genetische Prädisposition für Ängstlichkeit (Km) Wenig Selbstvertrauen E: Angst K: Bewertung der Situation als bedrohlich, gefährlich & Befürchtung, dass etwas schlimme s geschehen wird P: Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Zittern B: Weinen und Schreien C+: Mutter nimmt J in den Arm und versucht sie zu beruhigen C+: Stiefvater versucht J ebenfalls zu beruhigen E: Angst K: Bewertung der Situation als bedrohlich, g efährlich & Befürchtung, dass etwas schlimmes geschehen wird P: Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Zittern, Schwitzen B: heftigeres Weinen und Schreien C-: Eltern versprechen J, dass sie die ganze Nacht wach bleiben und morgen sofort nach Hause fahren Kurzfristig: Leichte Angstabnahme und Beruhigung Langfristig: Die Fluchtreaktion wird durch negative Verstärkung (Wegfall der Angst) etabliert. Situation 1 Situation 2 Organismus variable Reaktion 1 Reaktion 2 Konsequenz Reaktion 3 J hört, wie verschiedene Personen erzählen, dass der Wind sehr gefährlich sein kann J spielt draussen, es beginnt zu stärker zu winden Neurotische Persönlichkeit Genetische Prädisposition für Ängstlichkeit (Km) Wenig Selbstvertrauen E: Verunsicherung, leichte Angst K: Bewertung der Situ ation als möglicherweise bedrohlich P: unklar, evt. Herzrasen B: hört auf zu spielen B: Nach Hause rennen/Fluchtreaktion E: Angst nimmt ab K: Die Bewertung des Windes als bedrohlich bleibt erhalten P: Die physiologischen Reaktionen nehmen ab C+: Mutter sagt J , dass J Zuhause sicher sei und es gut ist, dass wenn sie Angst hat, sie nach Hause kommt E: Erleichterung K: G ut, dass ich nach Hause gerannt bin, hier bin ich sicher P: Physiologisch ruhig B: Rückzug Auftrag Selbststudium II Kinder-DIPS -- Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter Von: Unnewehr, S. / Schneider, S. / Margraf, J. (1998) Schwerpunkt auf allgemeinen Teil und Angststörungen Alle GruppenPräsentation Schriftliche Arbeit (Einzelarbeit) Befassen Vorbereiten einer 15 min. GruppenPräsentation Abgabe einer Zusammenfassung des KinderDips Auftrag Selbststudium II Kinder-DIPS -- Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter Von: Unnewehr, S. / Schneider, S. / Margraf, J. (1998) Schwerpunkt auf allgemeinen Teil und Angststörungen: S. 1ff Einleitung S. 12 ff Entwicklung des Kinder-DIPS S. 52 ff Eltern-Kind-Übereinstimmung mit dem Kinder-DIPS S. 62 ff Durchführung und Auswertung des Kinder-DIPS S. 71 ff Glossar der diagnostizierbaren Angststörungen S. 79 ff Differentialdiagnostische Aspekte Interviewleitfäden Kinderversion (nur Angststörungen) - nicht zusammenfassen