Die Ärztevereinigung Horgen Hirzel Oberrieden informiert Angststörungen – Wenn Angst zur Krankheit wird Bei einer Angsterkrankung kommt es in bestimmten Situationen oder sogar scheinbar grundlos zu starken Angstanfällen, die mit verschiedenen psychischen und körperlichen Symptomen einhergehen. Die Behandlung von Angsterkrankungen erfolgt durch eine massgeschneiderte Psychotherapie, die allenfalls in Kombination mit Medikamenten bei den meisten Patienten zu einer Heilung führt. Angst ist eine natürliche Reaktion, die bei jedem Menschen in einer bedrohlichen Situation auftritt. Die Angst kann aber auch ein krankhaftes Ausmass annehmen, indem bereits in ungefährlichen Situationen oder sogar ohne jegliche Bedrohung eine starke Angstreaktion ausgelöst wird. Derartige Angsterkrankungen kommen bei ungefähr 15 Prozent der Bevölkerung vor, wobei Frauen ungefähr dreimal häufiger betroffen sind als Männer. Falls eine Angststörung frühzeitig erkannt wird, handelt es sich in der Regel um eine sehr gut behandelbare Erkrankung. Entstehung von Angsterkrankungen Aufgrund der heutigen Erkenntnisse spielen bei der Entstehung von Angsterkrankungen stark belastende Lebensumstände, traumatisierende Kindheitserlebnisse oder bestimmte Eltern-KindInteraktionen sowie eine angeborene Bereitschaft für Angstanfälle infolge einer Störung des komplexen Gleichgewichtes der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin eine Rolle. Bei Personen mit solchen Belastungen kann sich im Laufe des Lebens eine Angststörung entwickeln, bei der bereits geringe äussere oder innere Reize einen Angstanfall hervorrufen können. Während eines Angstanfalls kommt es infolge der Übererregung des autonomen Nervensystems zur Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Noradrenalin, wodurch verschiedene Symptome wie Herzklopfen, Brustschmerzen, Erstickungsgefühl, Schwindel und Zittern verursacht werden. Unterschiedliche Angststörungen Bei einer Phobie handelt es sich um eine auf eine bestimmte Situation bezogene, zwanghafte Angst, die von den Betroffenen trotz des Wissens um deren Unsinnigkeit nicht unterdrückt -2werden kann. Dabei fürchten sich Personen mit einer sozialen Phobie vor Begegnungen mit anderen Menschen, bei denen sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen oder sich einer abwertenden Beurteilung durch Dritte ausgesetzt fühlen. So kann bei Personen mit einer sozialen Phobie bereits der Gedanke, vor Publikum einen Vortrag zu halten, starke Ängste mit Erröten, Händezittern, Übelkeit und Harndrang auslösen. Im Falle der Agoraphobie besteht eine unbegründete Angst vor allen Situationen, in denen sich der Betroffene ausserhalb der gewohnten Umgebung aufhält und die Fluchtmöglichkeiten eingeschränkt sind. Bei den an Agoraphobie leidenden Personen kommt es beispielsweise auf öffentlichen Plätzen, in Menschenmengen oder in Kaufhäusern und Aufzügen zu Angstzuständen, die sich mit Engegefühl, Herzklopfen, Schwindel und Schweissausbrüchen äussern. Die Agoraphobie ist vielfach von einer Panikstörung begleitet, bei der es ohne äusseren Anlass immer wieder zu massiven Angstanfällen kommt. Bei diesen Panikattacken sind die körperlichen Symptome wie Herzrasen, Beklemmungsgefühle und Atemnot so stark ausgeprägt, dass viele Patienten hinter den Beschwerden eine ernsthafte Erkrankung vermuten und Todesängste empfinden. Vermeidungsverhalten Aus Furcht vor weiteren Anfällen mit den beängstigenden körperlichen Symptomen meiden die betroffenen Personen alle Situationen, die bei ihnen einen Angstanfall auslösen könnten. Dieses Vermeidungsverhalten führt zu einer stetigen Verstärkung der Angst und teilweise auch zu einer Erweiterung des Spektrums der angstauslösenden Situationen, so dass die Lebensführung der Betroffenen zunehmend beeinträchtigt und schliesslich die Bewältigung der Alltagsaktivitäten verunmöglicht wird. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung kommt es bei vielen Patienten zu Depressionen oder zu Alkohol- und Medikamentenmissbrauch, wodurch der soziale Rückzug noch verstärkt wird. Regulation des biochemischen Gleichgewichtes Die Behandlung von Angststörungen beruht auf der individuell angepassten Psychotherapie und – bei starken Symptomen – auf der medikamentösen Therapie, womit bei den meisten Patienten eine Heilung erreicht werden kann. Für die medikamentöse Therapie der Angsterkrankungen werden heute vor allem Antidepressiva eingesetzt, welche die Wiederaufnahme von Serotonin und teilweise auch von Noradrenalin in die Nervenzellen des Gehirns hemmen. Durch die Regulation des Gleichgewichtes dieser Botenstoffe wird die Angst reduziert und gleichzeitig eine allenfalls vorhandene Depression gelindert, so dass die Voraussetzungen für eine Verhaltenstherapie deutlich verbessert werden. -3- Überwindung der Ängste Im Rahmen der Psychotherapie wird der Patient eingehend über seine Erkrankung und die Entstehung der körperlichen Symptome informiert, damit er zu verstehen lernt, dass die Beschwerden nach einer gewissen Zeit jeweils wieder abklingen und die befürchteten Konsequenzen ausbleiben. Bei der Verhaltenstherapie wird der Patient entweder auf der Vorstellungsebene oder in der Realität schrittweise mit den angstauslösenden Situationen konfrontiert, um dabei das Nachlassen der körperlichen Symptome zu erfahren. Mit der Erkenntnis, dass es sich beim Angstanfall lediglich um eine vorübergehende Reaktion ohne weitere Folgen handelt, verliert der Patient allmählich seine Ängste und ist schliesslich von seiner Angststörung geheilt. Angststörungen sind bei einer frühzeitigen Diagnose gut behandelbare Erkrankungen Falls bei Ihnen mehrere der folgenden Aussagen zutreffen, sollten Sie sich wegen einer möglichen Angsterkrankung an Ihren Arzt oder einen Psychiater wenden: – Beschäftigen Sie sich mehrmals täglich in Gedanken mit Ihren Ängsten? – Fühlen Sie sich durch Ihre Ängste in Ihrer normalen Lebensführung eingeschränkt? – Leiden Sie an einer gedrückten Stimmung oder an Depressionen? – Bekämpfen Sie Ihre Ängste mit Alkohol, Medikamenten oder Drogen? – Treten bei Ihnen wiederholt körperliche Beschwerden wie Herzrasen, Beklemmungsgefühle und Atemnot auf? Dr. med. Kurt April Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie