Einführung in die Internationale Nomenklatur Jutta Davidson Charles River Deutschland Technical Manager Historischer Überblick • Regeln für Nomenklatur der Mausgenetik wurden bereits in 1940 durch Dunn, Gruneberg, und Snell publiziert – Updates erfolgten durch „the International Committee for Standardized Genetic Nomenclature in Mice“ • Regeln für Nomenklatur der Rattengenetik wurden zuerst 1995 durch Levan et. al. publiziert – Updates durch „the Rat Genome and Nomenclature Committee“ Gegenwärtige Situation • In 2003 beschlossen beide Committes, die Regeln und Richtlinien zu vereinheitlichen Rules for Nomenclature of Mouse and Rat Strains Rules for Nomenclature of Genes, Genetic Markers, Alleles, and Mutations in Mouse and Rat • Jüngster Update Januar 2009 Warum Standardisierte Nomenklatur ? • Große Vielfalt an Laborratten und - Mäusen • Notwendigkeit zu kategorisieren • Eindeutige Identifizierung eines bestimmten Stammes • Eindeutige Identifizierung eines bestimmten Gens, Genorts oder Symbols – und damit assoziierter Allele, Varianten und Mutationen • Reproduzierbare Ergebnisse • Gemeinsames Merkmal: Labor Codes Registrierte Labor Codes • Identifizieren Züchter, Institut, Labor oder Wissenschaftler, der Ratten- oder Mäusestamm züchtet oder hält, oder DNA Marker oder Mutationen entwickelt hat. • Werden durch MGD oder durch das „Institute for Laboratory Animal Research“ (ILAR) vergeben. • Beispiele: – – – – J Crl Unc Mpin The Jackson Laboratory Charles River Laboratories University of North Carolina Max Planck Institute for Neurobiology Rules for Nomenclature of Mouse and Rat Strains Stamm Kategorien • Outbreds • Coisogenics • Inbreds • Consomics (Chromosome Substitution) • Hybrids • Recombinant Inbreds (RI) • Spontaneous Mutants • Genetically Engineered Mutants • Recombinant Congenics (RC) • Conplastis • Congenics Auszuchtstämme • Die internationale, standardisierte Nomenklatur für Auszuchtstämme von Labortieren wurde durch ein ICLAS Committee festgelegt. • Festing et. al. (1972) Z. Versuchstierkunde 15, 297-331 • <<Labor Code>> : <<Stammname>> Crl:CD1(ICR) Inzuchtstämme • Ein Stamm gilt dann als Inzucht, wenn er mindestens für 20 oder mehr aufeinander folgende Generationen durch Bruder x Schwester Verpaarungen gehalten wurde, und auf ein einziges Ahnenzuchtpaar zurückgeführt werden kann. • Zu diesem Zeitpunkt hat das Genom des einzelnen Individuums nur noch eine RestHeterozygotie von durchschnittlich 0.01 %. Nomenklatur der Inzuchtstämme • Begründet auf Fellfarbe C57BL: a/a nonagouti (black) • Begründet auf Herkunft SJL: Swiss, Jim Lambert • Begründet auf Phänotyp NOD: Non-Obese Diabetic Mutationen Passieren • Etablierte Inzuchtstämme können sich im Laufe der Zeit zu genetisch unterschiedlichen Unterstämmen (Substrains) entwickeln – Geschlossene Zucht für mehr als 20 Generationen – Genetische Unterschiede sind nachgewiesen und publiziert Nomenklatur der Inzuchtstämme • Die Entstehung von Unterstämmen durch genetische Drift erfordert, dass diese durch einen Zusatz des Laborcodes zum Inzuchtnamen unterschieden werden können, da durch die genetische Drift Mutationen entstanden sein können, die den Phänotyp wesentlich beeinflussen können. Beispiel C57BL/6J C57BL/6JOlaHsd mit Deletion in Synuclein alpha Hybrid Nomenklatur Für die Bezeichnung von Hybriden werden anerkannte Abkürzungen der Elternstämme verwendet. Für Eindeutigkeit sollten die vollständigen Stammbezeichnungen der verwendeten Elternstämme jedoch in jeder Veröffentlichung bei der ersten Verwendung der Abkürzungen genannt werden. Beispiele anerkannter Abkürzungen: AKR AK BALB/c C C57BL/6 B6 C57BL/10 B10 C57L L C3H C3 CBA CB DBA D SJL J Hybride • F1 Hybride – Nachkommen zweier Inzuchtstämme D2B6F1 DBA/2 Weibchen x C57BL/6 Männchen B6D2F1 C57BL/6 Weibchen x DBA/2 Männchen • F2 Hybride – Nachkommen der F1 Hybride D2B6F2 D2B6F1 Weibchen x D2B6F1 Männchen B6D2F2 B6D2F1 Weibchen x B6D2F1 Männchen C57BL/6J X nonagouti (black) 129P3/JEms white-bellied agouti chinchilla Aw/Aw p Tyrc-ch/p Tyrc-ch a/a B6129PF1 X Aw/a p Tyrc-ch/+ + white-bellied agouti B6129PF2 segregieren für Aw, a, p und Tyrc-ch multiple Fell Farben (28) B6129PF1 Aw/a p Tyrc-ch/+ + white-bellied agouti Rules for Nomenclature of Genes, Genetic Markers, Alleles, and Mutations in Mouse and Rat Gene • Ein Gen ist eine funktionelle Einheit, die typischerweise für ein Protein oder eine RNA codiert, deren Vererbung experimentell verfolgt werden kann. • Ein Gensymbol soll – – – – – Aus 3-5 Zeichen bestehen Nur römische Buchstaben und arabische Zahlen beinhalten Mit einem Großbuchstaben beginnen, gefolgt von Kleinbuchstaben Keine Gewebespezifizierung oder Molekulargewichte beinhalten Kursiv geschrieben werden Genetische Marker • Ein genetischer Marker ist ein Mittel, durch das ein Gen identifiziert werden kann und ist abhängig von einem Test, z. B. auf Protein- oder DNABasis. Er ist auch abhängig vom Vorhandensein genetischer Variation. • Typische DNA Marker – Restriction Fragment Length Polymorphism (RFLP) – Microsatellite Polymorphism (STR oder MIT) – Single Nucleotide Polymorphism (SNP) Allele • Die zwei homologen Gene der männlichen und weiblichen Autosomen werden jeweils als Allel bezeichnet. Ein einzelnes Chromosom kann nur jeweils ein Allel tragen. (Ausnahmen: Deletionen, Duplikationen) Von autosomalen Genen existieren 2 Allele (Ausnahme: Trisomien). • Beide Allele identisch = homozygot • Beide Allele verschieden = heterozygot • Nur ein Allel vorhanden = hemizygot – Allele auf Sexchromosomen, Transgene Allel Nomenklatur • Allele – Beginnen mit Buchstaben – Bestehen aus alphanumerischen Zeichen – Stehen hochgestellt hinter Genbezeichnung – Werden kursiv geschrieben – Groß-Klein-Schreibung reflektiert Vererbungsmodus Dominant-Rezessiv Allele Genotyp Phänotyp • Dominant D/D D/+ +/+ betroffen betroffen nicht betroffen D/D D/+ +/+ betroffen weniger betroffen nicht betroffen r/r r/+ +/+ betroffen nicht betroffen nicht betroffen • SemiDominant • Rezessiv Mutationen – mutierte Allele • Führen zu vom Wildtyp verschiedenen Allelen • Spontane, induzierte, oder gezielt gentechnisch erzeugte Mutationen werden daher auch wie Allele des betreffenden Gens benannt. Nomenklatur für Spontane Mutationen 129P3-Leprdb-3J/J Alte Nomenklatur: 129/J-db3J • 129P3: genetischer Hintergrundstamm • Lepr : Genort, Symbolname • db-3J : mutiertes Allel, 3. Remutation, aufgetreten bei The Jackson Laboratory • J: Labor Code The Jackson Laboratory Congene Stämme • Allele werden durch Rückkreuzung auf einen anderen Inzuchtstamm übertragen Intensität der Phänotyps ist abhängig Vom genetischen Hintergrund ! Congene Stämme • Erzeugt durch wiederholte Rückkreuzungen mit einem Inzuchtstamm unter Selektion für einen bestimmten Marker des Donor Stammes • Vollständig congen = Minimum von 10 Rückkreuzungsgenerationen (N10) • Incipient congenic = N5-N9 Zygotiegrad Rückkreuzung Gemischter Incipient Congenic Hintergrund (N1-N4) (N5-N9) 98.4% 100 87.5% 90 (N10+) 99.2% 99.95% 99.99% 99.6% 99.8% 93.8% 99.91% 96.9% 80 99.98% 75% 70 60 Congen Homozygotie 50% 50 Heterozygotie 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Rückkreuzungsgeneration 10 11 12 13 Linked DNA Carryover Mutant Allele N5 ±20 cM N10 ±10 cM N12 ±8.3 cM N20 ±2.5 cM Nomenklatur für Congene Stämme mit Spontanen Mutationen Alte Nomenklatur : C57BL/6J-Lepob Neue Nomenklatur B6.V-Lepob /J • • • • • B6 : genetischer Hintergrund C57BL/6J V: Donor Stamm V/Le Lep : Gensymbol ob: mutiertes Allel J: Labor Code The Jackson Laboratory Congene Nomenklatur Neue Nomenklatur alte Nomenklatur B6.Cg-Igha Thy1a Gpi1a /J C57BL/6-Igha Thy1a Gpi1a • B6 = C57BL/6 : genetischer Hintergrund Cg : Congen • • Igha Thy1a Gpi1a : variante Allele • J: Labor Code The Jackson Laboratory Dieser Stamm wurde nicht durch Rückkreuzungen, sondern durch Verpaaren von drei individuellen congenen Stämmen erzeugt, die die varianten Allele bereits auf einem C57BL/6J genetischen Hintergrund trugen: B6.C-Igha B6.PL- Thy1a B6.CAST- Gpi1a immunoglobulin heavy chain complex thymus cell antigen 1, theta glucose phosphate isomerase 1 Gentechnisch Erzeugte Mutationen • Transgene - Hinzufügen neuen genetischen Materials • Gezielte (Targeted) Mutationen - Gezielte Veränderung eines Gens durch Homologe Rekombination mittels ES Zelllinien • Chemisch Induzierte Mutationen - Zufällige Veränderungen des genetischen Materials via Chemikalien (oder Bestrahlung) A -> G Nomenklatur für Transgene Mäuse C57BL/6-Tg(ACTB-EGFP)1Osb/J • C57BL/6: genetischer Hintergrund Stamm • Tg: Transgen • (ACTB-EGFP): offizielles Gensymbol der inserierten DNA – Anmerkung: die Bezeichnungen der Promotoren (ACTB) werden bei Linien hinzugefügt, die sich durch gewebespezifische Expression unterscheiden. • 1: Founder Linien Nummer • Osb: Labor Code des Ursprungslabors – • Dr. Masaru Okabe, Osaka University J: Labor Code des Tierzüchters – The Jackson Laboratory Nomenklatur für „Targeted Mutations“ Knock-out Modell * Knock-in Modell * * Gefloxtes Modell Funktionale Genanalyse Zielgen Validierung Screening auf Substanz Spezifität SNP in vivo Validierung Tiermodel humaner Erkrankungen Funktionale Analyse von Isoformen Markierung des Zielgens für weitere Manipulationen Kreuzung mit cre-trangenen Mäusen Nomenklatur für „Targeted Mutations“ B6.129P2-Apoa1tm1Unc/J • B6 : genetischer Hintergrundstamm • 129P2: Donor Stamm (der ES Zelllinie E14TG2a) • Apoa1: Genort • tm1: „targeted mutation“, Konstrukt # 2 • Unc: • J: Labor Code des Ursprungslabors Labor Code Züchter/Halter Humanized Mouse Models • Weitere Form des „Knock-ins“ Humanized mouse model • Maus Gen ersetzt durch humanes Gen • Humanes Gen unter der Kontrolle des Maus Promoters • Expressionsmuster ist physiologisch relevant Gemischter vs Congener Hintergrund B6;129P2-Apoa1tm1Unc/J B6.129P2-Apoa1tm1Unc/J Alte Nomenklatur: C57BL/6-Apoa1tm1Unc • B6: genetischer Hintergrund Stamm • . : insipient congenic (N=5) oder vollständig congen (N=10) • ; : genetischer Mischhintergrund • 129P2: Donor Stamm (der ES Zelllinie E14TG2a) Transgene von “Targeted Mutations” unterscheiden • C57BL/6-Tg(APOA1)1Rub/J • B6.129P2-Apoa1tm1Unc/J • B6.Cg-Tg(GFAP-APOE4)1Hol Apoetm1Unc/J Cre x Lox Mäuse X Cre loxP Exon 1 1 23 4 5 6 loxP I II IV III loxP II III IV Nomenklatur "Cre" x "floxed" • Das knock-in der loxP Signalstellen folgt den Regeln für Targeted Mutations (tm). • Falls durch Verpaarung mit einer Cre exprimierenden, transgenen Maus ein zweites vererbbares Allel generiert wurde, wird die tm – Nomenklatur beibehalten, und eine Seriennummer angehängt. • Falls die Verpaarung mit einer Cre exprimierenden, transgenen Maus zu somatischen Veränderungen in den Nachkommen führt, die nicht keimbahngängig sind, wird keine neue Nomenklatur vergeben. Nomenklatur "Cre" x "floxed" • Beispiel: Tfamtm1Lrsn and Tfamtm1.1Lrsn. • In diesem Bespiel bezeichnet Tfamtm1Lrsn die gezielte Mutation bei der loxP in das Tfam Gen inseriert wurde. • Tfamtm1.1Lrsn bezeichnet ein neues keimbahngängiges, also auf Nachkommen übertragbares Allel, das durch Verpaarung mit einer cre-exprimierenden Maus erzeugt wurde. Quellen für Nomenklatur Regeln und Empfehlungen • Institute for Laboratory Animal Research (ILAR) http://dels.nas.edu/ilar_n/ilarhome/register_lc.shtml. • Nomenklatur Tutorial jaxmice.jax.org/subscribe/nomenclature • MGI Homepage http://www.informatics.jax.org/ • MGI Maus Nomenklatur Homepage www.informatics.jax.org/nomen/ http://www.informatics.jax.org/mgihome//nomen/index.shtml • Checklist for Proposing a Locus Symbol http://www.informatics.jax.org/mgihome//nomen/checklist.shtml#check • Hilfestellung unter e-mail [email protected] • RGD rgd.mcw.edu/nomen/rules-for-nomen.shtml • RATMAP www.ratmap.gen.gu.se • Gesellschaft für Versuchstierkunde – Ausschuss für Genetik und Labortierzucht www.gv-solas.de/auss/gen-korr.html