schriftliche hausarbeit im studienfach diagnostik und intervention

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SCHRIFTLICHE HAUSARBEIT IM STUDIENFACH
DIAGNOSTIK UND INTERVENTION
- Klinische Test- und Fragebogenverfahren -
SYMPTOMATIK UND SCREENING
SOMATOFORMER STÖRUNGEN
Autor:
Anja Koch
Betreuer: Carola Nisch
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Psychologie
im Februar 2003
Anja Koch
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
Inhaltsverzeichnis
1
1. Somatoforme Störungen
2
1.1 Klassifikation und Diagnose Somatoformer Störungen
2
1.1.1 Somatisierungsstörung
3
1.1.2 Undifferenzierte Somatoforme Störung
3
1.1.3 Konversionsstörung
3
1.1.4 Schmerzstörung
4
1.1.5 Hypochondrie
4
1.1.6 Körperdysmorphe Störung
5
1.1.7 Nicht näher bezeichnete Somatoforme Störung
5
1.2 Ätiologie
5
1.3 Therapie
6
2. Screening für Somatoforme Störungen (SOMS)
7
2.1 Die Ziele des SOMS
7
2.2 Zur Methodik des SOMS
7
2.2.1 Die Entwicklung des Fragebogens
7
2.2.2 Die Bedeutung der Items
8
2.2.3 Die Auswertung
9
2.3 Die Validierung des SOMS
9
2.3.1 Die Stichprobe
10
2.3.2 Ergebnisse
10
2.4 SOMS und Diagnose?
11
Literatur
12
1
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
1. Somatoforme Störungen
Die Somatoformen Störungen sind aufgrund ihres heterogenen Symptombildes eine
Erkrankungsgruppe, die vor allem in den allgemeinärztlichen Praxen zu beobachten
ist. Denn ein gemeinsames Merkmal der Somatoformen Störungen ist das
Vorhandensein von körperlichen Symptomen (deshalb der Begriff Somatoforme
Störung), die eine pathophysiologische Erkrankung nahe legen. Für diese Symptome
lassen sich allerdings mit den bisherigen medizinischen Untersuchungstechniken keine
organischen Befunde oder bekannte pathophysiologische Veränderungen
diagnostizieren. Ebenso können die körperlichen Störungen nicht auf die Wirkung
bestimmter Substanzen zurückgeführt werden, noch können andere psychische
Erkrankungen, wie z.B. Angsterkrankungen oder Phobien, die oftmals ausgeprägten
Symptomatiken der Patienten erklären. Des weiteren müssen die Krankheitszeichen in
medizinisch bedeutsamer Weise, Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen,
beruflichen oder anderen wichtigen Lebensbereichen verursachen. Im Gegensatz zur
Vorgetäuschten Störung bzw. Simulation sind die Symptome nicht absichtlich erzeugt,
unterstehen also keiner willentlichen Kontrolle. Eine wesentliche Notwendigkeit zur
Diagnostik Somatoformer Störungen stellt die Bedingung dar, jegliche medizinische
Krankheitsfaktoren oder substanzinduzierte Ursachen der körperlichen Symptome aus
zu schließen. Die Somatoformen Störungen lassen sich am treffendsten mittels
psychologischer Konstrukte erfassen und werden somit den „Psychischen Störungen“
zugeordnet. Bevor ein Patient mit Somatoformen Störungen diese Diagnose erfährt,
hat er allerdings oftmals einen Spiesrutenlauf durch viele Arztpraxen, Krankenhäuser
oder alternative Heilverfahren durchlaufen, ohne genaues über seinen Zustand,
geschweige denn Linderung zu erfahren.
1.1
Klassifikation und Diagnose Somatoformer Störungen
Nach Hoffmann (1998) umfasst der Oberbegriff Somatoformen Störungen drei große
nosologische
Gruppen,
das
polysymptomatische
2
Störungsbild,
die
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
Konversionssymptome und die funktionellen bzw. psychovegetativen Störungen.
Sowohl DSM IV, als auch das ICD 10 nehmen davon abweichende Klassifikationen
und Spezifikationen vor. Dem Screening für Somatoforme Störungen (SOMS)
unterliegen die Diagnosekriterien des DSM. Deshalb werden im folgendem die
Unterteilungen der Somatoformen Störungen nach den DSM IV Kriterien aufgezeigt.
1.1.1 Somatisierungsstörung
Dieses Störungsbild stellt ein Muster rezidivierender polysymptomatischer und
klinisch bedeutsamer Beschwerden dar. Weitere wesentliche Kriterien sind eine
langjährige Vorgeschichte mit vielen körperlichen Beschwerden, die vor dem 30.
Lebensjahr begannen, seit mehreren Jahre auftreten und zu deutlichen
Beeinträchtigungen führen oder die zum Aufsuchen einer ärztlichen oder alternativen
Behandlung führten.
Die körperliche Beschwerden oder auch Funktionsstörungen müssen in ihrem
Verlauf jede der folgenden Symptome umfassen: Schmerzsymptome in vier Körperoder Funktionsbereichen, zwei gastrointestinale Beschwerden, ein sexuelles und ein
pseudoneurologisches Symptom. Die Krankheitszeichen sind dabei chronisch,
fluktuierend und nur selten setzt eine vollständige Remission ein. Die Prävalenz wird
für Frauen mit 0,2-2%, bei Männern mit kleiner als 0,2% angegeben. Der Beginn
dieser Erkrankung liegt meist in der Adoleszenz und dem frühen Erwachsenenalter
(Comer, 2001).
1.1.2 Undifferenzierte Somatoforme Störung
Die Symptomatik der Undifferenzierten Somatoformen Störung liegt außerhalb der
Kriterien für die Somatisierungsstörung. Diese Erkrankung bildet somit eine
Restkategorie der Somatisierungsstörung. Die Patienten geben eine oder mehrere
körperliche, seit mindestens 6 Monaten bestehende somatische Beschwerde(n) an.
Besonders häufig werden von den Patienten chronische Müdigkeit oder
Appetitlosigkeit beklagt. Der Verlauf dieser Störung ist schwer voraussagbar und
3
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
differentialdiagnostisch sind besonders Angst- und Anpassungstörungen, sowie
affektive Störungen auszuschließen.
1.1.3 Konversionsstörung
Hauptmerkmal dieser Störung sind Symptome und Ausfälle der Sensorik und / oder
der Willkürmotorik, die eine neurologische Erkrankung nahe legen, wobei aber
Muskelapparat und Sinnesorgane keine pathologischen Veränderungen aufweisen.
Das klinische Bild dieser Gruppe der Somatoformen Störungen ist geprägt
durch pseudoneurologische Beschwerden. Auftreten können hierbei motorische
Konversionssymptome, wie Koordinationsstörungen, Harnverhalt, Sprechstörungen
oder vollständige Lähmungen, aber auch sensorische Symptome, wie Doppelbilder,
Verlust des Berührungs- und Schmerzempfinden oder Taubheit werden von Patienten
berichtet. Krampfanfälle oder eine Mischung verschiedener Symptome werden ebenso
im Zusammenhang mit Konversionsstörungen beschrieben. Ein Zusammenhang
zwischen psychischen Faktoren und den Symptomen wird bei diesem Krankheitsbild
besonders betont, denn diese massiven Symptome entwickeln sich oft als Folge
extremer psychosozialer Belastung und sollen eine symbolische Lösung eines
unbewussten Konfliktes darstellen. Der Konflikt wird durch die Verschiebung auf die
körperliche Ebene außerhalb des Bewusstseins gehalten.
Die Prävalenz wird mit einer Spannbreite von 11 bis 300 Betroffenen von
100.000 Personen der Allgemeinpopulation angegeben. Dabei sind Frauen bis zu
zehnmal häufiger betroffenen als Männer.
1.1.4 Schmerzstörung
Diese Diagnose erhalten Patienten, die an schweren oder lang anhaltenden, also an
klinisch bedeutsamen Schmerzen leiden. Hauptursache sind psychische Faktoren, die
Beginn, Schweregrad, Exazerbation oder Aufrechterhaltung der Schmerzen bedingen.
Häufig entwickelt sich eine Schmerzstörung nach einer durchstandener
Krankheit oder nach einem schweren Trauma oder Unfall.
4
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
1.1.5 Hypochondrie
Hypochondrie ist die übermäßige Beschäftigung mit der Angst oder die absolute
Überzeugung, eine ernsthafte Krankheit zu haben. Als Ursache gilt hierbei eine
Fehlinterpretation von körperlichen Symptome und Funktionen. Allerdings nimmt
diese Befürchtung keine wahnhafte Gestalt an. 3% der Bevölkerung leiden an dieser
Somatoformen Störung, wobei das Geschlechterverhältnis mit 1:1 angegeben wird.
Ohne Therapie ist der Verlauf der Erkrankung chronisch. Als Komplikation gilt, dass
sich die Betroffenen komplett ihrem „eingebildeten“ Leiden widmen und ein Leben als
Schwerbehinderte führen, zurückgezogen in Haus und Bett leben und an massiven
Begleitsymptomen wie Angst und Depressionen leiden.
1.1.6 Körperdysmorphe Störung
Die Dysmorphophobie ist die übermäßige Beschäftigung mit einem eingebildeten oder
überbewerteten körperlichen Makel. Dabei klagen die Betroffenen nicht nur über das
eigene Aussehen, wie Form der Nase, Größe der Brüste, Körpergewicht oder
Gesichtsfalten. Ebenso werden der eigene Geruch des Atems, des Körpers oder der
Haarwuchs beanstandet. Patienten mit dieser Störung leben oft in sozialer Isolation
und vermeiden persönliche Kontakte außerhalb der Familie. Ebenso sind die
Betroffenen einem hohen Suizidrisiko ausgesetzt. Die Lebenszeitprävalenz wird mit
2% angegeben. Die körperdysmorphe Störung kommt bei Männern und Frauen im
Verhältnis von 1:1 vor.
1.1.7 Nicht näher bezeichnete Somatoforme Störung
Diese Untergruppe der Somatoformen Störungen dient dem DSM IV zur Codierung
derjenigen Störungen, die nicht die Kriterien für eine der (spezifischen) Somatoformen
Störungen erfüllen. In diese Kategorie fallen Störungen mit nicht erklärbaren
körperlichen Beschwerden von weniger als 6 Monaten Dauer, die nicht auf andere
psychische Störungen zurückzuführen sind.
5
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
1.2
Ätiologie
Für die Somatoformen Störungen besteht kein einheitliches Genesemodell und für die
Entwicklung derartiger Beschwerden werden verschiedene Ursachen und Faktoren
herangezogen. Erklärungen für diese Störungen liefern unter anderen
psychoanalytische, verhaltenstherapeutische und kognitive Theorien. Aber keine dieser
Theorien kann empirisch belegt werden und so bleibt die Entwicklung Somatoformer
Störungen weit gehend unverstanden (Comer, 2001). Plausibel klingt, dass durch
biographische Belastungen im Rahmen posttraumatische Belastungsstörungen
schwerwiegende körperliche Symptome ausgebildet werden. Auch die
Fehlinterpretation körperlicher Vorgänge, krankheitsbezogene Lernerfahrungen,
bereits bei Elternteilen beobachteter primärer und sekundärer Krankheitsgewinn und
physiologische Reaktionsbereitschaft können die Basis Somatoformer Störungen sein.
Häufig werden auch Persönlichkeitszüge mit psychischen Krankheitsprozessen in
Verbindung gebracht. Rief & Hiller (1992) verweisen darauf, dass die Kombination
aus hoher Introversion und ausgeprägtem Neurotizismus mit der Manifestierung
funktioneller Störungen korreliert. Als aufrechterhaltende Faktoren einer
Somatoformen Störung gelten geringes Selbstkonzept, ängstliche Interpretation
körperlicher
Wahrnehmungen,
Reaktionen
von
Ärzten
und
Umfeld,
Katastrophisierungstendenz, sowie erlebter Krankheitsgewinn. Biologische oder
genetische Faktoren Somatoformer Störungen konnten bis jetzt nicht identifiziert
werden (Comer, 2001).
1.3
Therapie
In der Regel dauert es 6 - 12 Jahre, bevor Patienten mit Somatoformen Störungen in
eine fachgerechte psychotherapeutische Behandlung kommen (Mayer, 2003), denn
diese Art der Behandlung gilt für diese Patienten nur als allerletztes Mittel, um sich
von ihren Beschwerden zu befreien.
Einzeltherapeutische Interventionen bestehen je nach Störung und
Ausprägungsgrad aus Verhaltensanalyse und der Auflösung aufrechterhaltender
6
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
Faktoren oder kognitiver Umstrukturierung mit dem Aufgreifen katastrophisierender
Gedanken (Mayer, 2003). Bei anderen Therapieformen kommen Einsicht, Suggestion,
Verstärkung oder Konfrontation zur Anwendung (Cormer, 2001). Als erfolgreich
erwiesen
haben
sich
Entspannungs-
und
Imaginationstechniken,
Stressbewältigungstraining und Training zum Erwerb sozialer Kompetenzen. Auch
Antidepressiva, besonders selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, werden
erfolgreich bei der Behandlung körperdysmorpher und Schmerzstörungen eingesetzt.
2. SCREENING FÜR SOMATOFORME STÖRUNGEN (SOMS)
2.1
Die Ziele des SOMS
Angestrebt wurde ein einfaches, schnell anwendbares psychometrisches Verfahren, das
es ermöglicht, schnell aus einer größeren Stichprobe jene Personen zu identifizieren,
bei denen Verdacht auf eine Somatoforme Störung besteht. Eben dieses ScreeningVerfahren sollte als Grundlage zur Identifizierung und Selektion von Personen mit
Somatoformen Störungen dienen, um folgend genauere klinisch-psychologische
Untersuchungen bei Patienten mit Somatoformen Störungen durchführen zu können.
Abgesehen von den Leiden der Patienten sehen die Autoren des SOMS (Rief,
Schäfer & Fichter, 1992) die Probleme der Somatoformen Störungen vor allem in den
gesundheitspolitischen Kosten. Tatsächlich scheinen laut einer Studie von Smith et al.
(allerdings bereits 1986 publiziert, in Rief, Schäfer & Fichter 1992 zitiert) die
Krankenkassenkosten von Patienten mit Somatoformen Störungen um das sechs bis
vierzehnfache höher zu liegen, als vergleichbare Pro-Kopf-Ausgaben bei anderen
Patienten in ambulanter und stationärer Behandlung. Um diese Patienten in
Allgemeinarztpraxen, chirurgischen und internistischen Einrichtungen schneller
selektieren zu können und ihnen eine adäquate Behandlung zu kommen zu lassen,
wurde das Screening für Somatoforme Störungen entwickelt.
7
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
2.2
Zur Methodik des SOMS
2.2.1 Die Entwicklung des Fragebogens
Entwickelt wurde das SOMS als ein Selbstbeurteilungsfragebogen, basierend auf den
Diagnosekriterien des DSM-III-R für Somatoforme Störungen. Dabei wurde der
Fragebogen so kreiert, dass die Symptome über 53 Items direkt abgefragt werden
können. Die Antwortskala besteht aus einfachen ja / nein Antworten, mit Ausnahme
einer Zeitangabe über die Dauer und Chronifizierung der Beschwerden, die das
Zeitkriterium des DSM-III-R für die Somatisierungsstörung, die Undifferenzierten
Somatoformen Störungen und andere Somatisierungsstörungen bestimmt.
Den SOMS gibt es für 2 Jahre rückblickend, aber auch für die Anamnese der
letzten 7 Tage.
2.2.2 Die Bedeutung der Items
Wie bereits erwähnt, besteht das SOMS aus 53 Items. Jedoch lässt sich die Anzahl der
Items in Cluster mit je eigener Bedeutung unterteilen. Die Zusammensetzung und die
Bedeutung der einzelnen Fragen werden folgend erläutert
Item 1-35 stellen den so genannten „Somatisierungsindex“ dar. Diese Skala
basiert auf den DSM-III-R-Kriterien für die Somatisierungsstörung und wurde eins-zueins aus dem Klassifikationssystem übernommen. Im DSM-III-R war die
Somatisierungsstörung definiert als eine psychische Erkrankung mit rezidivierenden
und vielgestaltigen körperlichen Beschwerden. Für diese Unterform der Somatoformen
Beschwerden gibt das DSM-III-R eine Symptomliste mit 35 Krankheitszeichen vor,
von denen der leidende Patienten mindestens 13 als für sich zutreffend beschreiben
muss. Des weiteren unterteilt sich der „Somatisierungsindex“ in einen
geschlechtsunabhängigen Teil (Item 1-31) und einen Abschnitt, welcher nur auf
Frauen zugeschnitten ist (Item 32-35). Im ersten Teil wird nach dem Vorhandensein
verschiedener körperlicher Leiden gefragt, wie gastrointestinale Störungen (z.B.
Diarrhoe), Schmerzen (z.B. Rückenschmerzen), kardiopulmonale Beschwerden (z.B.
Herzklopfen), pseudoneurologische Störungen (z.B.
8
Lähmungen
oder
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Muskelschwäche) und Sexualstörungen (z.B. sexuelle Gleichgültigkeit). Die
frauenspezifischen Symptome beziehen sich u.a auf unregelmäßige bzw. verstärkte
Regelblutung oder Erbrechen während der Schwangerschaft.
Die Items 1-42 bilden die Skala „Allgemeine Beschwerdeanzahl“. Diese dient
der (Differential-) Diagnose Undifferenzierter Somatoformer Störungen. Da weitere
körperliche Symptome bei Undifferenzierten Somatoformen Störungen, aber auch bei
Angsterkrankungen auftreten, wurden bis dato noch nicht abgefragte Symptome als
Items 36-42 aufgenommen. In diesen sieben Items wird nach unspezifischen
Störungen wie Appetitverlust, Obstipation und auffallender Müdigkeit gefragt.
Erkundigt wird sich aber auch nach Anzeichen einer Angst- oder Panikstörung, z.B.
verstärktes Zittern oder Beben und verstärktes Schwitzen ohne Hitzeeinwirkung
Die folgenden Fragen, Item 43-53, bilden Einschluss- bzw. Ausschlusskriterien
für anderen psychische Erkrankungen oder Untergruppen der Somatoforme Störungen.
Mit den Items 43-48 wird eine Überprüfung der Kriterien einer
Somatisierungsstörung durchgeführt. Es erfolgt eine Eingrenzung der
Ausschlusskriterien, z.B. durch direkte Fragen nach Panikattacken. Ebenso wird aber
auch das Zeitkriterium überprüft, in dem der Patient Beginn und Dauer seiner
Störungen angeben soll.
Item 49 und 50 gelten der Diagnose hypochondrischer Störungen. So wird
direkt gefragt:„Sind Sie der festen Überzeugung eine schwere Krankheit zu haben,
ohne dass bisher von einem Arzt eine ausreichende Erklärung gefunden wurde?“.
Mittels Item 51 und 52 können Somatoforme Schmerzstörungen identifiziert
werden, z.B. durch die Frage„Haben sie Schmerzen, die sie stark beschäftigen?“.
Der Diagnose körperdysmorpher Störung dient Frage 53. „Halten Sie
bestimmte Körperteile an sich für missgestaltet, obwohl andere nicht dieser Meinung
sind?“
9
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
2.2.3 Die Auswertung
Die Auswertung erfolgt pro Proband und kann eine erste Verdachtsdiagnose unter
Beachtung der Ausschluss- und Zeitkriterien, sowie der möglichen Untergruppe
ergeben. Sowohl der „Somatisierungsindex“, als auch die „Allgemeine
Beschwerdeanzahl“ werden individuell über die positiv beantworteten Items
aufsummiert.
2.3
Die Validierung des SOMS
2.3.1 Die Stichprobe
Genannter Fragebogen wurde an 131 Patienten einer medizinisch-somatischen Klinik
verteilt, auf Stationen für psychiatrische (Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen)
und psychosomatische Erkrankungen. Ebenso waren von diesen Probanden noch zwei
andere Fragebögen zu bearbeiten, der Freiburger Persönlichkeitsinventar / FPI-R
(misst u.a. „Gesundheitssorgen“ & „körperliche Beschwerden) und die SymptomCheck-List / SCL-90R (misst „Somatisierung“ innerhalb der letzten 7 Tage).
Die Rücklaufrate betrug 83%, von 131 Fragebögen flossen 109 in die
Auswertung ein. 36 Männer und 73 Frauen nahmen an dieser Untersuchung teil. Der
Mittelwert des Alters der Probanden war 40 Jahre, die Altersspanne lag zwischen 20 –
61 Jahren.
2.3.2 Ergebnisse
Die durchschnittliche Symptomzahl für den „Somatisierungsindex“ lag bei 11,35. Der
Mittelwert für die „Allgemeine Beschwerdeanzahl“ betrug 14,91.
Von den 109 Patienten gaben allerdings 44 an, dass ihre körperlichen
Symptome während Angst- oder Panikattacken auftreten. Nach DSM-III-R ist dieses
ein Ausschlusskriterium für Somatoforme Störungen. Ebenso gaben 7 Patienten
überhaupt keine Beschwerden an. 17 der restlichen Probanden fielen ebenso aus der
Stichprobe heraus, denn eine körperliche Ursache ihrer Störungen konnte aufgrund
einer ärztlichen Untersuchung nicht ausgeschlossen werden.
10
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
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Letztendlich erfüllten 41 Patienten das Kriterium für Somatoforme Störungen,
das à priori auf mindestens 4 Symptome bei den Männern und 6 bei den Frauen
festgelegt wurde. Das Kriterium für eine Somatisierungsstörung wurde vom DSM-IIIR mit 13 Symptomen auf der „Somatisierungsskala“ übernommen.
Mit den übrigen Probanden wurde das „Strukturierte Klinische Interview für
DSM-III-R“ (SKID) geführt. Bei 30 der 41 Patienten (73%) bestätigte der SKID die
Diagnose einer Somatoformen Störung. 6 der 11 Fehldiagnosen waren auf Patienten
rückführbar, für die der SKID eine Angststörung ergab, welche aber das SOMS-Item
„Traten die geschilderten Beschwerden in erster Linie während Panikattacken /
Angstanfällen auf?“ nicht bejaht hatten.
Die Korrelationen mit den anderen Skalen wurde als ausreichend bewertet. Sie
lag für den Freiburger Persönlichkeitsinventar / FPI-R, in Übereinstimmung mit dem
Faktor „körperliche Beschwerden“, bei r=.38, bei der Symptom-Check-List / SCL-90R
bezüglich des Faktor „Somatisierung“ bei r=.50.
Auch die Faktorenanalyse ergab einen Hauptfaktor, der das Konzept der
Somatoformen Störungen als Gesamtstörung und nicht als verschiedene bzw.
organbezogene Störungen begreift.
Zur Reliabilität ergab sich für die „Allgemeine Beschwerdeanzahl“ (Item 1-42)
ein Wert für die interne Konsistenz von Cronbachs α=.87 (0.89 bei Männern, 0.87 bei
Frauen). Der „Somatisierungsindex“ (Item 1-35) weißt eine interne Konsistenz von
α=.85 (0.87 bei Männern, 0.84 bei Frauen) auf. Die durch eine spätere Untersuchung
erfolgte Berechnung der Retestreliabilität ergab für die „allgemeine
Beschwerdeanzahl“ ein r=.87 und für den „Somatisierungsindex“ ein r = .85.
Weitere Berechnungen mittels t- und χ2-Test ergaben signifikante Unterschiede
in der Gesamtzahl der mittleren Summenwerte der Symptome zwischen Patienten mit
Somatoformen Störungen und Patienten mit anderen psychischen Störungen. Mit
einem Signifikanzniveau von p<.01 für die Skala „Somatisierungsindex “ gaben
Patienten mit Somatoformen Störungen (SFD) eine durchschnittliche Symptomanzahl
von 14 an, Patienten ohne diese Erkrankung nur 10. Die „Allgemeine
11
SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
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Beschwerdeanzahl“ ergab für Patienten mit SFD eine durchschnittliche
Symptomanzahl von 17,7, bei Patienten ohne SFD nur 13,9 (p<.01). Die wesentlichen
Krankheitszeichen, in denen sich die beiden Gruppen unterschieden, waren hierbei
Herzklopfen, Ohnmacht, Gelenkschmerzen und Erbrechen, die bei Patienten mit
Somatoformen Störungen deutlich häufiger genannt wurden.
2.4
SOMS & Diagnose?
Validität und Reliabilitätswerte sind beim „Screening für Somatoforme Störungen“
durchaus als positiv zu bewerten. Das Selbsteinschätzungsverfahren hat sich als
psychometrisches Verfahren bezüglich der Quantifizierung Somatoformer Störungen
bewährt. Eventuell kann man über die Art der Angaben der Patienten auch Hinweise
bekommen, an welcher Somatoformen Störung der Patient leidet, aber an sich kann
keine genaue Diagnose vorgenommen werden, sondern nur der Verdacht einer
Somatoformen Störung geäußert werden, was den Ansprüchen eines reinen
Suchinstrumentes genügt.
Im Vergleich zu anderen Skalen, wie dem Freiburger Persönlichkeitsinventar
FPI-R, diskriminiert das SOMS am besten zwischen Personen mit Somatoformen
Störungen und Patienten ohne SFD bzw. anderen psychischen Störungen.
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SYMPTOMATIK UND SCREENING SOMATOFORMER STÖRUNGEN
ANJA KOCH
Literatur
Cormer, R. J. (2001). Klinische Psychologie.
Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag
Hoffmann, S. O. Somatisierungsstörungen und Somatoforme Störungen – Herkunft
der Konzepte und ihre Abbildung in den neuen diagnostischen Glossaren und
Diagnostik In G. Rudolf & P. Henningsen (Hrsg.) Somatoforme Störungen –
Theoretisches Verständnis und therapeutische Praxis.
Stuttgart: Schattauer
Mayer, K. C. (2003). Somatoforme Störungen.
http://www.neuro24.de/somatoforme_st_rungen.htm
Rief, W. & Hiller, W. (1992). Somatoforme Störungen – Körperliche Symptome und
organische Ursache.
Bern: Verlag Hans Huber
Rief, W., Schäfer, S. & Fichter, M. M. (1992). SOMS: ein Screening-Verfahren zur
Identifizierung von Personen mit Somatoformen Störungen. Diagnostica, 1992, 38,
Heft 3, 228-241
13
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